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Seit über zehn Jahren ermittelt Kommissar Georges Dupin bereits in der Bretagne. Mit jedem neuen Fall verschlägt es ihn an einen anderen faszinierenden Ort dieser so vielfältigen Region. Mit dem Reiseführer »Dupins Bretagne« stellt Bestsellerautor Jean-Luc Bannalec die Schauplätze und Gegenden seiner Krimireihe vor und führt durch seine Bretagne. Von Dupins Stammrestaurant, dem Amiral, über die fantastischen Felsnadeln der Belle-Île, die ausgezeichneten Restaurants in den Gassen Saint-Malos und den mythischen Artuswald Brocéliande, bis hin zu den berühmten Salzgärten der Guérande – die Liste der bretonischen Lieblingsorte und -dinge, die der Kommissar während seinen Ermittlungen führt, ist mittlerweile so lang wie legendär. Der Reiseführer »Dupins Bretagne« versammelt nun all diese magischen Orte und enthält darüber hinaus viele weitere Empfehlungen und Geheimtipps von Jean-Luc Bannalec sowie Co-Autor und Bretagne-Experte Manfred Görgens: Hinweise auf malerische, stürmisch-wilde, romantische, noch zu entdeckende Gegenden der Bretagne, Spaziergänge, Tagestouren, Hotels, Restaurants, Bars, Manufakturen, kulinarische Spezialitäten und das bretonische Savoir-vivre. Begleitet werden die Texte von zahlreichen atmosphärischen Fotos, informativen Karten und praktischen Adressübersichten. Ein Buch zum Träumen, Planen und Verreisen. Ken emberr, bis bald – in der Bretagne!
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Seitenzahl: 318
Jean-Luc Bannalec
Ein Reiseführer
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Über Jean-Luc Bannalec
Über dieses Buch
Inhaltsverzeichnis
Impressum
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Jean-Luc Bannalec ist der Künstlername von Jörg Bong. Er ist in Frankfurt am Main und im südlichen Finistère zu Hause. Die ersten acht Bände der Krimireihe mit Kommissar Dupin wurden für das Fernsehen verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2016 wurde der Autor von der Region Bretagne mit dem Titel »Mécène de Bretagne« ausgezeichnet. Seit 2018 ist er Ehrenmitglied der Académie littéraire de Bretagne.
Manfred Görgens, geboren 1954 im Ruhrgebiet, bereist Frankreich seit der Schulzeit, später auch als Fotograf, Journalist und Buchautor, doch zog es ihn zunächst immer wieder in den Süden. Den ersten Auftrag für die Bretagne erhielt er um die Jahrtausendwende vom DuMont-Verlag und besucht die Region seither mindestens einmal im Jahr – nur um sich immer wieder neu in sie zu verlieben.
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Seit über zehn Jahren ermittelt Kommissar Georges Dupin bereits in der Bretagne. Mit jedem neuen Fall verschlägt es ihn an einen anderen faszinierenden Ort dieser so vielfältigen Region. Mit dem Reiseführer »Dupins Bretagne« stellt Bestsellerautor Jean-Luc Bannalec die Schauplätze und Gegenden seiner Krimireihe vor und führt durch seine Bretagne.
Von Dupins Stammrestaurant, dem Amiral, über die fantastischen Felsnadeln der Belle-Île, die ausgezeichneten Restaurants in den Gassen Saint-Malos und den mythischen Artuswald Brocéliande, bis hin zu den berühmten Salzgärten der Guérande – die Liste der bretonischen Lieblingsorte und -dinge, die der Kommissar während seinen Ermittlungen führt, ist mittlerweile so lang wie legendär.
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Gesamtkarte der Bretagne
Motto
Bretonische Momente
Der Aufbruch
DER SÜDEN
Von der Loire zur Guérande
Erholsamer Knotenpunkt
Hafen mit allen Wassern
Destination Plein Sud
Der idyllische Auftakt: Le Croisic
Festung im Salz: Guérande
Die großen Salzgärten
Zu den Salinen von Mesquer
Die Ruhe der Grande Brière
Tipps für Genießer
Golfe du Morbihan und Quiberon
Halbinsel Rhuys
Vannes und die Inseln
Am Auray
Carnacs steinerne Rätsel
Das bretonische Sonnenwunder: Die Ferienhalbinsel Quiberon
Tipps für Genießer
Belle-Île
Erst mal ankommen
Von Waterkant zu Waterkant
Bei Sarah am Westende
Ein Nachschlag bei den Nachbarn
Tipps für Genießer
Zwischen Étel und Bélon
Am Étel
Häfen der Kolonialzeit
Île de Groix
Gauguins Zuflucht an der Laïta
Austern am Bélon
Tipps für Genießer
Pont-Aven und Umgebung
Gastauftritt einer Lichtgestalt
Tummelplatz Gastronomie
Museale Träume
Talisman zwischen Keksen
Hinaus ins Grüne
Der Hafen und die Mühlen
Wilder Fjord des Aven
Südsee an der Bucht von Rospico
Tipps für Genießer
Dupins Kernland: Concarneau
Bollwerk auf der Insel
Die Neustadt
Am anderen Ufer des Moros
Tipps für Genießer
Von Cidre und Porzellan
Apfel mit Schwips
Die bretonische Riviera
Quimper – warum nicht mal Shopping?
Îles de Glénan: Die Hauptinsel
Îles de Glénan: Die Kammer und noch mehr
Tipps für Genießer
DER WESTEN
Die Bucht von Audierne
Kopflose Kirchen
»Papa Poydenot« und die Treppe von Eckmühl
Weltmeister und Ruinen
Audierne: Der unaufgeregte Fährhafen
Das bisschen Insel: Sein
Tipps für Genießer
Über Douarnenez nach Brest
Allerlei Kaps
Douarnenez, seine Seebären und Isolde
Kornischer Ableger: Locronan
Auf der Ferienhalbinsel Crozon
Drehort und Erdbeeren an der Rade
Test the Brest
Tipps für Genießer
Rings ums Pays des Abers
Inseln für Entdecker
Kloster und Leuchtturm – Glaube und Hoffnung
Von Aber zu Aber
Von der Jungfrau zum Gemüse
Unterwegs in die Stadt
Tipps für Genießer
Argoat – ein Stück Hinterland
Was der Tuchhandel hinterließ
Die höchsten Berge, die die Welt je gesehen hat
Von Stein und Blei
Das Mammutwerk
Tipps für Genießer
DER NORDEN
Von der Granitküste zum Cap Fréhel
Whisky, Wissenschaft und windige Geschäfte
Das Ferien-Triumvirat
Pilgerziel Schädel
Der bretonische Mustermord
Vom Tod und von der Endlichkeit des Strandlebens
Tipps für Genießer
Die Smaragdküste
Nobeladresse am Ärmelkanal: Dinard
Die Zwischenwelt
Festung der Seebären: St-Malo
Ein Leben am Fluss
Abt und Austern
Tipps für Genießer
Argoat – noch ein Stück Hinterland
Irrungen und Wirrungen
Ein Stein kommt ins Rollen: Paimpont und Comper
Zur heilenden Quelle
Einmal »Tal ohne Wiederkehr« und zurück
Tipps für Genießer
Reisetipps
Ortsregister
»Reist man über diese sich ungestüm in den Atlantik vorwagende, zerklüftete Halbinsel, meint man ständig, sich in verschiedenen Ländern zu bewegen.
Ein paar Kilometer genügen, und schon befindet man sich in einer anderen Welt.«
Aus dem Vorwort
Die Leuchttürme der Île Vierge
Es konnte nicht ausbleiben, irgendwann hatte sich die Existenz von Dupins legendärer »Liste« im Kommissariat herumgesprochen. Seine Mitarbeiterin – Chefin? – Nolwenn und sein erster Inspektor, Riwal, hatten, hocherfreut über Dupins bretonischen Enthusiasmus, das Ihre dazu beigetragen. Zur Liste seiner bretonischen Lieblingsorte, die er in seinem Kopf führte.
Sogar der Präfekt, Luc Locmariaquer, bekam irgendwann Wind von der Sache. Was bis zu diesem einen sonnigen Montag Anfang des Jahres nicht weiter schlimm gewesen war, da aber geschah das Unglück. Die neue, ambitionierte Tourismusbeauftragte des Departements hatte Locmariaquer um einen Antrittsbesuch gebeten. Bei einer Tarte Tatin, deren Konturen unter reichlich Vanillesoße zu erkennen waren, hatte sie ihm klargemacht, dass der Präfekt einen Beitrag zur Unterstützung der regionalen Wirtschaft und Preisung der Bretagne zu leisten habe.
Dummerweise war es ihr damit tatsächlich gelungen, Locmariaquers Eifer zu wecken. Was allerdings endete, wie es immer endete, wenn es um Locmariaquer und den Eifer ging: Andere mussten ran. Der Präfekt nämlich vereinigte auf eine kunstvoll ausbalancierte Weise zwei widersprüchliche Eigenschaften in sich. So hatte er einerseits ein untrügliches Gespür dafür, wenn es darum ging, seine Nase in Angelegenheiten zu stecken, die ihn rein gar nichts angingen, andererseits ließ sein gleichmütiges Schulterzucken nicht auf sich warten, wenn er einmal dringend gefragt war, tätigen Einsatz zu zeigen. Es lag doch nahe: Warum nicht »seinen Commissaire« heranziehen? Der sich nach einem Jahrzehnt bretonischen Dienstes – Locmariaquer musste sich langsam damit abfinden, den Zustand als dauerhaft einzustufen – anscheinend sehr ortskundig zu bewegen wusste. Prompt hatte er Dupin einbestellt. Der Kommissar hatte gebraucht, ehe er verstand, was der Präfekt von ihm wollte, wie gewöhnlich hatte dieser lange und verquast gesprochen. Als es ihm endlich gedämmert hatte, war er abrupt aufgestanden und mit den Worten »Auf keinen Fall, vergessen Sie es!« aus dem Büro des Präfekten gestürmt. Sie können sich die Szene wahrscheinlich lebhaft vorstellen. Warum in aller Welt sollte er ausgerechnet Locmariaquer die geheime Liste seiner Orte offenbaren?
Schon auf der Rückfahrt, wie für den Rest des Tages und an den Folgetagen, hatte ihn der Präfekt mit drohenden Tiraden überzogen, die sämtlich auf Dupins Anrufbeantworter landeten. Was sollte der Präfekt schon tun? Er würde ihm in dieser Angelegenheit keine Dienstanweisung geben können. Die aber kam dann doch, wenn auch von anderer Seite. »Selbstverständlich werden Sie das tun«, hatten Nolwenn und Riwal ihm mit strenger Miene entgegnet. »Hier geht es um Größeres als Sie, Monsieur le Commissaire – um den Ruhm der Bretagne! Da müssen Ihre persönlichen Befindlichkeiten einmal zurückstehen.« Als die beiden auch am nächsten Tag kurz vor der Mittagspause – auf der Terrasse des Amiral wartete ein großer Teller langoustines – erneut mit der Sache begonnen hatten und also abzusehen war, dass sie keine Ruhe geben würden, hatte Dupin schließlich das Handtuch geworfen.
Allein der Verkettungen obiger Umstände also verdankt sich das Buch, das Sie in den Händen halten. Im Kern ist es genau das: Dupins Liste seiner Lieblingsorte. Um ein ganzes Stück erweitert und ergänzt allerdings, eine Art Langfassung.
Natürlich ist es gewisserweise eine unmögliche Liste: Jeder beschworene Ort dieser Liste ist »der schönste«. Es ist absurd – aber Sie wissen auch: Dupin, der mürrische Schwärmer, verteidigt diese unmögliche Position leidenschaftlich! Denn im jeweiligen Moment sei die Empfindung jeweils genau diese: Schöner geht es nicht. Also sei jedes Schwärmen ganz aufrichtig. Zudem: Was könne er dafür, dass die Bretagne auch in dieser Hinsicht ein Wunder sei, dass es hier tatsächlich zahllose »schönste« Orte gebe? Eine eigentümliche Argumentation, die eher nach Inspektor Riwal klingt als nach Dupin. Doch über ein Jahrzehnt Bretagne hinterlässt seine Spuren, verändert auch einen bisher relativ vernünftigen Pariser.
Ein Moment der bretonischen Magie rührt ohne Zweifel von ihrer enormen Vielgestaltigkeit her. Was nicht bloß für die faszinierenden Unterschiedlichkeiten und unfassbar schnellen Wechsel ihrer Landschaften gilt, sondern für alles. Ihre Himmel, ihr Wetter, ihre Schätze, den Reichtum ihrer Geschichte und Kultur, ihre Legenden und Sagen, ihre Künste, ihre Gefühlswelten, ihre Flora und Fauna, ihre kulinarischen Spezialitäten, ihre äußerst diversen, lebendigen Wirtschaftszweige. Und sie gilt insbesondere für ihre Menschen.
Die Bretagne als Ganzes erfassen zu wollen, in ihrem Wesen, ist unmöglich. Aber sie lässt sich erleben. In einzelnen Momenten, wie Dupin es tut. In besonders bretonischen Momenten, die immer auch etwas vom Ganzen der Bretagne vermitteln. Besondere Spaziergänge, Strände, Cafés, Restaurants, außergewöhnliche Dinge und Manufakturen (so zum Beispiel für Fischkonserven, Salz, Schokolade, Kekse, Honig, Cidre, Whisky, Glas, Keramik, Kleidung, Seifen). Oder auch Orte mit außergewöhnlichem Licht, außergewöhnlicher Aura.
Objektiv ist die Bretagne alles andere als ein Gigant. Von Ost nach West breitet sie sich gerade mal über 250 km aus – mehr als 300 km sind es, wenn man ab Nantes misst, die Nordküste liegt von der Südküste maximal 150 km entfernt. An Landschaftsreichtum jedoch ist sie dann doch ein Gigant. Gäbe es eine Kennzahl zur »Vielfältigkeit der Natur pro Quadratkilometer«, läge die Bretagne weltweit an erster Stelle. Reist man über die sich ungestüm in den Atlantik vorwagende, zerklüftete Halbinsel, meint man ständig, sich in verschiedenen Ländern zu bewegen. Ein paar Kilometer genügen, und schon befindet man sich in einer anderen Welt. Insbesondere an den Küsten, dem »Land am Meer«, Armor auf Bretonisch. Allein 2700 km Küstenlinie, direkten Kontakt von Land und Meer, hat die Bretagne, mit jeweils ganz eigenen Landschaften. Und selbst diese einzelnen Landschaften sind nie dieselben. Unablässig wandeln sie sich im Wechsel der Gezeiten. Mal ist ein Strand Hunderte Meter breit, mit feinstem, weißem Südseesand, mal ist er Meeresboden. Ganze Landschaften tauchen ab und wieder auf, stetig werden neue gestaltet, in neuen Vermengungen von Meer und Land. Auch die jähen Wechsel des Wetters, des Himmels, der Beschaffenheit des Meeres und vor allem des Lichtes und der Farben verwandeln sie darüber hinaus.
Die andere – nicht minder magische – Bretagne ist das Argoat: das Inland. Ursprünglich und viel schöner: das »Land am Wald«. Von diesem Wald, der bis zur Zeit der Römer die gesamte innere Bretagne beherrschte, sind nur einzelne größere Teile übrig geblieben. So der uralte Zauberwald Brocéliande, wo zentrale Episoden der Artus-Geschichten angesiedelt sind – verwunschene Orte, die Sie erleben müssen. Wie auch die zahllosen geheimnisvollen Täler, Flussläufe, Bäche, das Argoat ist voller Wasser. Und natürlich müssen Sie die höchsten Berge der Bretagne erklimmen, in surreal anmutenden Moorlandschaften gelegen, die an die Highlands erinnern. Dort stehen Sie auf den erodierten Spitzen des mit fast 9000 Metern einst höchsten Gebirges der Erde.
In der Bretagne gibt es mehr Licht als anderswo. Es ist überwältigend, von unfasslicher Energie. Und durch seine Leuchtkraft gelangt man unmittelbar zu den außerordentlichen Farben, die nichts anderes sind als die Brechungen dieses besonderen Lichtes, zu Momenten eines wahren Farbenexzesses – man wird trunken, süchtig. Es ist, als wäre das für die Menschen sichtbare Farbspektrum hier ungleich breiter gefächert als anderswo, als würde das Licht in den endlosen Brechungen auf den immensen Wasserflächen rund um die bretonische Halbinsel feiner zerlegt. Das Ergebnis: Man sieht mehr Farben. Und eine Farbe, die es nur hier gibt: le glaz, sie steht für die gesamte Bretagne. Eine Naturfarbe, die im Bretonischen sowohl Blau, Grün als auch Grau bezeichnen kann, eine Mischung, die der Atlantik kreiert. Zur Farbe selbst gehört ihre mögliche Varianz, mal ist sie grüner, mal blauer, mal grauer. Das hängt von den unaufhörlichen Wechseln ab, ausdrücklich aber auch vom humeur des Betrachters. Das heißt: von seiner eigenen Seelenfarbe. Eine Farbe in Bewegung, ganz wie das Meer und der Himmel selbst. Am besten lässt sich dieses Farbenspiel auf einem Spaziergang oder einer Wanderung erleben, auf Wegen zu magischen bretonischen Momenten wie diesen.
Die Bretagne ist, Sie wissen es längst, auch kulinarisch ein Paradies. Ihre Delikatessen und Spezialitäten sind weltberühmt. Sitzen Sie in Paris, New York, London, Berlin – wo auch immer – in einem vorzüglichen Restaurant, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass vor dem, was die Küche aus dem Meer zubereitet hat, ein »bretonisch« steht, als Auszeichnung höchster Qualität: bretonischer Hummer, bretonische Seezunge, bretonische Austern. Allein der Atlantik bietet ein schier unerschöpfliches Reservoir an köstlichen Dingen: Pollack, Wolfsbarsch, Rotbarbe, Seezunge, Seeteufel, Steinbutt und viele andere delikate Fische, dazu eine üppige Vielfalt an Meeresfrüchten wie Muscheln, langoustines (Kaisergranat), Seespinnen, Krebsen und Krabben jeder Größe. Aber nicht nur das Meer, auch die saftigen Wiesen und fruchtbaren Felder bringen Wunderbares hervor: beste Artischocken, hervorragende Kartoffeln (vor allem die Princesse Amandine), die aromatischen rosa Zwiebeln aus Roscoff, zarte weiße Bohnen mit dem schönen Namen Coco de Paimpol. Unter dem Obst stechen die bretonischen Äpfel hervor, aus denen der Cidre gewonnen wird, oder die legendären Erdbeeren aus Plougastel. Die Kühe geben eine exzellente Milch, die zur – natürlich – besten Butter der Welt verarbeitet wird, welche wiederum die wichtigste Zutat für die köstlichen Crêpes, Kuchen und Kekse abgibt. Nicht zu vergessen das besonders feine Lammfleisch von den meeresnahen Wiesen, die so schmackhaften Hühner und die bretonischen Schweine, die auch zu außergewöhnlichen Würsten und Pasteten verarbeitet werden. Der unbeschreibliche Honig, die göttliche Schokolade.
Die Generalmaxime der bretonischen Küche ist, aus dem Einfachen, Ursprünglichen – dem Besten gleichwohl – etwas Großartiges entstehen zu lassen, dank eines enormen Savoir-faire und vieler exotischer Einflüsse. Und von simplen Köstlichkeiten bis zu ausgefeilten Finessen steht sie vor allem für eines: Frische!
Dupins Liste ist, wie man sagt, völlig selektiv und subjektiv, also ganz und gar Dupin. Unentschuldbar viel von der Bretagne fehlt auf ihr und natürlich kann das nicht angehen. Deswegen hat Manfred Görgens – professioneller Reiseführerautor vom DuMont Verlag – mitgeschrieben und eingegriffen: damit Sie das Buch tatsächlich als Reiseführer nutzen können, nicht bloß als punktuellen Tippgeber.
Natürlich würde ich Ihnen gerne noch einmal alles über die Bretagne erzählen, was schon in den Krimis steht – zumindest alle Orte nennen, die dort genannt sind –, aber eben auch noch zahllose mehr, solche, die dort nicht hineinpassten, zweifelsohne aber ebenso zu »den allerschönsten« zählen. Doch dann wäre aus diesem Reiseführer ein zwanzigbändiges Werk geworden – als hätte Riwal einen Bretagne-Reiseführer geschrieben. Also musste ich, schmerzlicherweise, einiges weglassen. Der Vorteil für Sie: Es gibt noch unendlich viel mehr zu sehen, zu erfahren, zu erleben und zu erschmecken als die paar Dinge, die in diesem Buch empfohlen werden.
Und noch ein Hinweis: Reisen Sie, wenn möglich, nicht bloß im Sommer in die Bretagne, versuchen Sie es auch im März, April, Mai, im September und Oktober …
Ich wünsche Ihnen wunderbare bretonische Momente!
Ihr Jean-Luc Bannalec
Es ist eine bretonische Frage der Ehre, verbunden mit einem Pferdefuß: Durch die Region führt keine Autobahn. Die Schuld – aus bretonischer Sicht das Privileg – geht auf das Konto von Anne, der letzten unabhängigen Herrscherin der Bretagne. Sie wollte ihr Land nur dann an die Krone abtreten, wenn sich Frankreichs König auf Zugeständnisse einließ. Das wirkt bis heute auch darin nach, dass in der Bretagne keine Straßenmaut erhoben werden darf. Weshalb im Gegenzug die privat wirtschaftenden Unternehmen keine Autobahnen bauen. Erwarten Sie auf Ihrer Anreise also keine Ausschilderung in die Region. Allenfalls auf den Mont St-Michel wird hingewiesen, weil der Klosterberg offiziell noch gerade eben zur Normandie gehört. Aber das ist ein eigenes Kapitel. Kein erfreuliches, nur wieder ein besonderes.
Kommissar Dupin, der Mann alter Pariser Schule, muss sich nach seiner Ankunft in der Bretagne immer wieder damit abfinden, dass so manche Gesetze aus seinem früheren Leben plötzlich ausgehebelt sind. Es gibt die schrulligen bretonischen Starrköpfe, die den reichen Schatz der Menhire immer noch als keltisches Erbe preisen. Es gibt die Sagen, die munter mit der Wahrheit verschmelzen. Es gibt die Menschen, die so viel Zeit haben, dass sie es sich leisten können, in Eigenregie nach König Artus zu forschen oder eine eigene Cola zu brauen.
Wie vieles bei Asterix ist ja das Festmahl zum guten Schluss kein Hirngespinst. Vielleicht nicht mit dem selbst gejagten Wildschwein und auch keinem gefesselten Barden in der Baumkrone. Aber doch eine ausgelassene Angelegenheit. Fest-Noz nennen die Bretonen es heute und sind nicht die Spur überrascht, dass die UNESCO es seit 2012 zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit rechnet. Auf rund eintausend solcher Veranstaltungen, verstreut über die gesamte Region, bringt es der Jahreskalender, oft stolpert man unbeabsichtigt einfach so hinein. Oder auch in einen pardon, eine Wallfahrt zu einem der angeblich 7777 Heiligen, von denen sich die meisten an Rom vorbeigemogelt haben. Anna etwa, die Mutter der Gottesmutter, ist einer verwickelten Legende nach Bretonin und wird in Ste-Anne-d’Auray verehrt.
In einer kurzen Szene beschäftigt sich die Verfilmung eines Dupin-Krimis mit der Frage, warum man wohl den Kommissar aus Paris in die Bretagne strafversetzt habe. Jeder Straßen- oder Schienenkilometer von der Hauptstadt her trägt uns aber näher an die Erkenntnis, dass von Strafe gar nicht die Rede sein kann. Der Himmel weitet sich, aus bleiernem Grau werden weiße Schäfchenwolken, das Licht klart auf, der Wind bläst schwere Gedanken davon. An einer Linie auf der Höhe von Nantes und Rennes ergibt sich der Wille vollends in das Abenteuer des unbekümmerten Geistes, der plötzlich vieles für möglich hält, was eben noch absurd erschien. Dupin aber, von Berufs wegen Aufklärer, muss sich zwangsläufig immer wieder die Frage stellen, wie weit er sich auf die Magie einlassen will. Ohne dass wir es so recht zu würdigen wissen: Er tut das für uns alle, die wir uns einen Urlaub lang der Verlockung eines anderen Daseins hingeben.
Von der Loire zur GuérandeGolfe du Morbihan und QuiberonBelle-ÎleZwischen Étel und BélonPont-Aven und UmgebungDupins Kernland: ConcarneauVon Cidre und Porzellan
Salzabbau in La Guérande
Blick auf Pornic
Eine Information der Form halber: Das Departement Loire-Atlantique gehört im administrativen Sinn nicht mehr zur Bretagne, seit es ihr im Zuge einer Verwaltungsreform Mitte des 20. Jahrhunderts entrissen wurde. Und das, obwohl die Region historisch angestammter Teil der Bretagne war – und immer noch dazugehört, so das Empfinden der meisten ihrer Einwohner. Das der Franzosen und der übrigen Welt ohnehin. Sie alle würden die Guérande oder Nantes, einst gar die stolze gesamtbretonische Hauptstadt, auch heute ganz selbstverständlich der Bretagne zurechnen.
Nehmen wir an, Sie hätten bei der Anreise den Weg entlang der Loire gewählt, über Hunderte von Kilometern vorbei an Schwerstgewichten der französischen Geschichte. Nördlich des Flusses das Land der Herbstwinde, des Bieres, der dunklen Schieferdächer, im Süden die Öffnung zur Sonne, zum Wein, zum grellen, weichen Tuffstein. Nach diesen Gegensätzen erwartet den Urlauber in der Bretagne ein drittes Kolorit, das weder dies noch jenes ist. Man spürt es erstmals in Pornic, einem kleinen Seebad an der atlantischen Jadeküste.
»Eine Spur zu hübsch«, fand Auguste Renoir die Gegend. Der damals schon geschätzte Maler verbrachte den Sommer 1892 in Pornic und auf der nahen Insel Noirmoutier und schuf dort eine Reihe farbenfroher Gemälde, unter denen ein Strandbild heute besondere Beliebtheit als Kunstdruck genießt. Zu sehen ist La Plage du Château, freilich ohne die Villa Malouine, obwohl sie schon damals das Panorama prägte. Renoir erschien der Prunkbau »zu italienisch«, also unterschlug er ihn. Anderen Gästen in Pornic, das bereits 1830 Kurort war, konnte es nicht exotisch genug zugehen, die Reichen unter ihnen ließen sich Villen in buntem Stilmix bauen. Lenin, oft als berühmter Besucher erwähnt, hielt sich nur für ein paar Tage des Jahres 1910 in Pornic auf (3, Rue Mon-Désir), Max Ernst blieb immerhin den ganzen Sommer 1925 (im heutigen Relais St-Gilles, 7, Rue Fernand de Mun). Von der Villenpracht, von Golfplatz, Casino und Jachthafen in den Schatten gestellt, finden sich in der Altstadt mit der Kirche St-Gilles (19. Jh.) und den Markthallen (16./17. Jh.) noch ein paar der gedrungenen Backsteinhäuser, in denen einst Fischer lebten.
Keim des Ortes ist das Château an der Hafeneinfahrt. Heute in Privatbesitz und nicht der Öffentlichkeit zugänglich, wurde es im 10. Jahrhundert als Wasserburg zum Schutz gegen die Normannen errichtet. Erster Hausherr war ein Alain Barbetorte (»Schiefbart«), der sich gegen die Invasoren behauptete und landeinwärts im heutigen Nantes ein Herzogtum begründete – ein folgenreiches Ereignis, denn westwärts entwickelte sich fortan eine eigensinnige politische Macht: die bretonische. Gilles de Rais oder Retz, Alains später Nachfolger und im Hundertjährigen Krieg Mitstreiter von Jeanne d’Arc, geriet zur tragischen Figur. Wegen des Vorwurfes von schwarzer Magie wurde er 1440 in Nantes hingerichtet. Als »Blaubart« geisterte Gilles durch Opern des 19. Jahrhunderts und fügte sich damit in die romantisierende Verwandlung des Schlosses von Pornic unter der Regie des Architekten Viollet-le-Duc.
Brücke über die Loire bei St-Nazaire
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Pornic eine Steingutfabrik, ihre Produkte füllen die Souvenirläden der Gegend. Die Thalassotherapie, ein Heilverfahren, für das Meerwasser verwendet wird, etablierte sich erst ab 1990. Wer Strände sucht, sei auf Dupins Spaziergang verwiesen (siehe hier), bevor es nordwärts zur Loire geht, um in St-Brévin-les-Pins ein Meisterwerk der Technik zu bestaunen. 3356 m lang und 61 m hoch ist die Brücke, die 1972–75 über die Flussmündung geschlagen wurde. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad sollte man sie wegen des Seitenwinds nicht queren, was auch bedeutet, dass ein Erinnerungsfoto vom Brückenscheitel über die Loire nur unter Lebensgefahr gelingt. Prägnanter ist ohnehin der Fernblick auf die Brücke, doch achte man dabei auf ein Kunstwerk nebenan: die 130 m lange Aluminiumschlange Serpent d’Océan an der Pointe du Nez-de-Chien. 2012 rückte der chinesische Künstler Huang Yong Ping dieses metallene Ungeheuer an die Stelle, wo Loire und Atlantik verschmelzen. Bei Ebbe wird das Schwanzende der Schlange gerade noch befeuchtet, bei Flut ragt einzig der Kopf noch aus dem Meer. Die Schlange ist Teil einer Kunstaktion namens »Estuaire«, bei der ab 2007 am Unterlauf der Loire dreißig spektakuläre Arbeiten mit Bezug zur eigentümlichen Landschaft des Mündungstrichters installiert wurden.
Napoleons Küstenpfad der Zöllner, der Sentier des Douaniers, führt heute als Fernwanderweg GR34 einmal um die gesamte Bretagne herum. Hunderte atemberaubende Kilometer Kontakt zwischen Land und Meer. Steigen Sie ein mit einem Spaziergang ab Plage Birochère, südlich vom Zentrum Pornics, und spazieren Sie vom Ort weg Richtung Südosten (im Sommer immer Badesachen dabeihaben). Das Wasser hat etwas leicht Milchiges durch den feinen Tonschlamm auf dem Boden der Bucht. Er macht das Wasser weich und sorgt im Sonnenlicht für mysteriöse grünlich-gräulich-bläuliche Töne, Farbtöne des Meeres, die Sie sonst nicht sehen in der Bretagne.
Warum die Bretagne hier beginnt? Mit einem Mal ist das Wilde da, das Raue, Schroffe, Freie, diese Urkraft – in der Natur, den Landschaften, im Meer. Noch nicht als Ganzes, aber in Momenten! Das spezifisch Bretonische, nicht leicht zu beschreiben, doch deutlich zu spüren. Richtung Süden ist die Welt flach, sanft, harmonisch, der Atlantik zwar auch gewaltig, aber anders. Das Wilde fehlt. Und genau dieses wird von hier an immer da sein, selbst wenn manche bretonische Landschaft an das Mittelmeer oder die Karibik erinnert.
Sie folgen einfach dem Fußweg, der sich, bis zu 20 m über dem Meer, in zahllosen Biegungen an der Küste entlangschlängelt. Linker Hand prachtvolle Villen, Jugendstil, diskret in kleinen Pinienwäldchen verborgen. Alle mit hübschen Namen, meist Frauennamen, wie Boote. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die gerade erfundene »Sommerfrische« erblühte, wurde auch Pornic zum Ferienörtchen und der Süden des Städtchens Residenz wohlhabender Pariser. Verglichen mit den Villen etwa in Dinard sind sie eher bescheiden, haben dafür aber umso mehr Charme und Flair. Charme ist überhaupt das Stichwort für den Spaziergang, alles hier hat einen eigenen sanften Charme, auch die zahlreichen kleinen, teils gut versteckten Strände, zu denen man vom Zöllnerweg hinabsteigen muss.
Alle hundert Meter stehen pêcheries im Meer, verwegene, grazile Holzkonstruktionen, zuweilen erscheinen sie wie Skulpturen oder gigantische Insekten. Kleine Fischerhütten auf sechs, sieben Meter hohen Stelzen, abenteuerlich in die Felsen gebaut, manchmal nur über Stege erreichbar, mit einem großen »Balkon« und einem hölzernen Kranarm. Daran ist ein Netz mit vier Verstrebungen fixiert, nicht größer als zehn Quadratmeter. Bei Ebbe stehen die Hütten auf Sand oder Fels, bei Flut im Meer. Dann lassen die Fischer die Netze herunter, warten kurz und ziehen sie abrupt wieder hoch. So fangen sie das, was an Meerestieren der Küste nahe kommt: anguille (Aal), chinchard (Bastardmakrele), crevette (Garnele), lieu jaune (Pollack) oder sole (Seezunge).
Ihren Rundgang beenden Sie am Ausgangspunkt, dem Strand Birochère. Dort wartet die Bar à vin et à mangerLe 21 (www.le21-pornic.fr). Sie sitzen 20 m über dem Meer, schauen in die Ferne, vor Ihnen eine Bucht mit kleinem Sandstrand, typisch für die Gegend. Nach dem Aperitif wechseln Sie an Ihren Tisch im urgemütlichen kleinen Restaurant, alles einfach, aber wunderschön. Vielleicht lassen Sie sich ja vom carré d’agneau brulé et épicé, jus d’agneau au tandoori, millefeuille de pomme de terre et poireau verführen (gewürztes, im Tandoori-Ofen gebackenes Lammkarree mit Jus, dazu Kartoffeln und Lauch im Blätterteig).
Man begegnet an Frankreichs Atlantikküste mehrfach dem Phänomen, dass die alten Hafenstädte ein gutes Stück landeinwärts liegen, im Schutz einer breiten Flussmündung. So verhält es sich in Bordeaux, so ist es in Nantes. Der Kolonialhandel mit Segelschiffen wurde dort abgewickelt, doch in der Neuzeit zählten die Vorteile einer strategisch günstigen Lage weniger, es überwogen die logistischen Nachteile. Der Hafenbetrieb verlagerte sich flussabwärts nach Paimbœuf und schließlich direkt an den Atlantik, nach St-Nazaire, wo die heute 71000 Einwohner unter anderem in den Werften oder beim Flugzeugbauer Airbus Arbeit finden. Auch wenn das erste Hafenbecken schon im 19. Jahrhundert entstand, hat sich in der Stadt nur wenig alte Bausubstanz erhalten, weil St-Nazaire als U-Boot-Festung der Nazis Ziel der Alliierten war. Die verbliebenen Bunker beherbergen heute vorbildlich gestaltete Museen zu Schiffsbau, Transatlantikfahrten, Emigration und Stadtgeschichte.
Cabane du pêcheur am Strand von Pornic
Mit seinem westlichen Vorort St-Marc kann St-Nazaire auch mit einem bedeutenden Ort der Kinogeschichte aufwarten. Als sich Frankreich zu Beginn der 1950er-Jahre von den Schrecken des Krieges zu erholen begann, drehte Regisseur und Schauspieler Jacques Tati »Die Ferien des Monsieur Hulot« und spießte darin die Kuriositäten des neuzeitlichen Ferienbetriebs auf. Viele Szenen entstanden zwar in Pariser Studios, doch Außenaufnahmen spielten rings um das Hôtel de la Plage in St-Marc. Es ist mittlerweile umfassend modernisiert und lässt wenig vom alten Flair erahnen, aber vor der Tür steht ein Monsieur Hulot aus Bronze, der seinen Körper entschieden gegen die Meeresbrise stemmt und doch machtlos dabei zusehen muss, wie ihm jährlich die metallene Pfeife geklaut wird.
In Pornic, am Rand des Muscadet-Gebietes, beschreitet ein paradiesisch gelegenes kleines Weingut unkonventionelle Wege des Kelterns: die Éco-Domaine La Fontaine (www.ecodomaine-la-fontaine.fr). Zum Bio-Weingut gesellen sich Bio-Gemüsegärten, große Kräuterbeete, zwei wunderbare Restaurants, ein Café, eine Boutique mit regionalen Köstlichkeiten und ein Chambre d’hôte; das alles 100 m vom Meer entfernt in schönster Landschaft. Viel Charme, eine – wie verzauberte – Welt für sich, ganze zwölf Hektar groß, Sie können überall flanieren. Großartig auch für Kinder, es gibt viele Tiere, auch welche zum Streicheln, wie die beiden bezaubernden Esel. Einige der Reben stehen dicht am Meer. Probieren Sie, ob Sie die leichte Jod-Note schmecken, die die Gischt zu den Trauben trägt. Die Experimentierfreude zeigt sich schon an den Rebsorten: Chenin blanc und Grolleau gris für den Weißwein, die man üblicherweise weiter östlich im Anjou antrifft, Cabernet Franc und Abouriou für den Roten, eher im Südwesten Frankreichs verbreitet.
Das da eben könnte Cannes gewesen sein. Oder Fréjus, Ste-Maxime, Antibes. Ein Ort an der Côte d’Azur jedenfalls. So sonnig, so quirlig, so dicht bebaut mit Bettenburgen und in zweiter Reihe so aristokratisch und mondän. Als im späten 19. Jahrhundert die Eisenbahn an der Bucht von La Baule-Escoublac anlangte, trafen auch die Urlauber ein. Beim Springreiter-Cup LonginesFEI weht heute noch ein royales Flair wie in Ascot, stets im Bewusstsein, dass die Rennbahn von Escoublac über ehemalige Salinen gebreitet wurde. Solche Natur lässt sich zähmen, aber nicht vertreiben. Also wird es Richtung Westen an der Côte Sauvage unweigerlich salzig, auch felsig, ein traumhafter Fleck Erde mit Blick auf den Horizont. In Batz-sur-Mer besteht die seltene Gelegenheit, alles mal von oben zu betrachten. Das Dorf hat nämlich nicht nur ein Museum zur Salzgewinnung und im alten Bunker, dem Grand Blockhaus, ein Museum zur Besatzungszeit zu bieten. Es preist vielmehr auch stolz den höchsten Punkt der Halbinsel an: den 70 m hohen Turm der Kirche St-Guénolé. Der Rundumblick lässt staunen, wie eng man zwischen den offenen Atlantik im Süden und die schillernden Salzmarschen im Norden gezwängt ist. Das Muster der Salinen zeigt sich als ein kleines Wunderwerk, ein uraltes Erbe von Menschenhand, eine Welt für sich, in der bretonisches Gold geschürft wird. Dupins dritter Fall spielt dort im Netz schmaler Straßen und Fußwege, umschwirrt von Legionen an Vögeln, vertieft in eine ungewöhnliche Handwerkstradition, gespiegelt von flirrenden Wasserbecken. Aber vor den kniffligen Mordfall ist für den Koffeinanbeter Dupin ein petit café gesetzt, möglichst auf einer Sonnenterrasse in Le Croisic. Den Weg dorthin sollten Autofahrer linksherum nehmen, vorbei am Menhir de la Pierre Longue und dem Fort de l’Océan. Wo könnte die Welt schöner sein?
»Es war annähernd Ebbe, die Motorboote lagen träge im letzten tiefgrünen algigen Wasser der alten Hafenanlage aus mächtigem, bemoostem Stein; die Segelboote standen hoch aufragend auf ihren Schwertern wie unbeirrbare Monumente der See. Das alles direkt vor Dupins Nase, aber vier, fünf Meter tiefer, sodass er jetzt vor allem ein Gewimmel von Masten und Stahlseilen sah. Bei Flut – und auch das mochte Dupin hier sehr – schaukelten die Boote auf derselben Höhe wie die Fußgänger und Cafébesucher. Das türkisfarbene Meer der Lagune hinter der Hafenanlage mit seinen walrückenartigen weißen Sandbänken war spiegelglatt, schläfrig noch von der Nacht. Der Himmel hoch und weit, strahlend blau. Ein besonderes Kristallblau heute.«
Bretonisches Gold, Seite 59/60
Auch wenn Trubel nicht jeden stört, auch wenn die endlos lange Zeile der Freizeitarchitektur ihren eigenen Reiz besitzt, auch wenn hinter der modern bebauten Strandpromenade noch reichlich Villen der Gründerzeit schlummern: La Baule wirkt nicht so glaubhaft bretonisch wie das 10 km westlich gelegene Le Croisic. Dort quert man vom großen Parkplatz am Place du 8 Mai aus eine üppig mit Blumen bestückte Brücke und sieht vor sich am Quai eine reiche Auswahl an Cafés und Restaurants – nur kein Grand Large, in dem Nolwenn ihren Vorgesetzten Dupin einquartiert hat. Das aber soll nicht weiter betrüben, denn die sole à la meunière, auf die der Kommissar sich freut, ist ein Klassiker und deshalb auch bei anderen guten Köchen des Ortes erhältlich. Für Dupin wird diese in gesalzener Butter goldbraun gebratene Seezunge Müllerin-Art so etwas wie das Warten auf Godot, weil ihn der Termindruck immer wieder vom Leckerbissen abhält.
Nun ist Le Croisic für Fisch heute nicht gar so bekannt wie für Langusten, rosa Krabben, Krebse oder Jakobsmuscheln, für die es am Hafen das alte Auktionshaus gibt, die Ancienne Criée. Dupin-Leser werden ahnen, dass es natürlich ein Bretone war, René Sibille aus Le Croisic, der 1850 die Krabbenreuse erfand. Da hatte der Hafen aber seine erste Blüte schon lange hinter sich. Weil die Ankerplätze beim Städtchen Guérande (siehe hier) ab dem späten Mittelalter versandeten, wanderten Fischerei und Salzhandel nach Le Croisic. Den Reichtum bezeugen u.a. das spätere Rathaus Hôtel d’Aiguillin von 1675 und drei Kirchen aus dem 15./16. Jahrhundert. Die Fischer zogen bei ihren Ausfahrten bis Neufundland, um Hering und Kabeljau zu fangen. Vom Salzhandel blieben als Kuriosum der Mont Lénigo und der Mont Esprit an den beiden Enden der Hafenpromenade: Die Segelschiffe, die das Salz an Bord nahmen, trugen auf der Hinreise Sand als Ballast, den sie im Hafen abluden und so die beiden Hügel auftürmten.
Badetauglicher Strand ist auf der Halbinsel rar. An der Nordostseite vereiteln Salinen das Vergnügen, im Süden mahnt die Wildheit der Felsküste zur Vorsicht. Der Plage St-Goustan bei der gleichnamigen Kapelle bietet sich als Kompromiss an und besitzt mit der Mojito Bar auch einen beliebten Treff für den Abend. Am Océarium vorbei, einem der größten privaten Aquarien Frankreichs (Avenue de St-Goustan, www.ocearium-croisic.fr), gelangt man vom Strand aus Richtung Süden in knapp dreißig Gehminuten zum Parc de Penn-Avel an der Côte Sauvage und kann dort die Flora des Mittelmeers genießen. Wer gut zu Fuß ist, wird aber die zweieinhalbstündige Runde um die Halbinsel reizvoller finden, vielleicht mit Start und Ziel am Bahnhof. Der wurde wegen Croisics Beliebtheit schon 1879 eröffnet und besitzt mit dem TGVAtlantique eine superschnelle Direktverbindung nach Paris.
»Das Krankenhaus lag auf einer kleinen Anhöhe direkt vor der Stadt, man hatte einen perfekten Blick auf das mittelalterliche stimmungsvolle Guérande – drastischer konnte der Kontrast zum sterilen grellen Licht und der funktionellen Neubau-Architektur der Klinik nicht sein. Dupin fühlte sich an die Ville Close in Concarneau erinnert, es hatte etwas Tröstliches, wie die gewaltigen Stadtmauern und Türme in warmem Licht erstrahlten.«
Bretonisches Gold, Seite 38
Kekse und Konserven. Als eifriger Souvenirjäger kauft man in der Bretagne das eine oder das andere oder beides, dazu vielleicht Keramik aus Quimper, einen verkorkten Cidre aus Fouesnant und einen Ringelpulli von Armor Lux.Doch verweilen wir bei den Dosen, oft kunstvoll bedruckt. Sie hatten wirtschaftliche Bedeutung für die bretonische Küste, manche Orte lebten überhaupt nur auf, weil es ab dem 19. Jahrhundert möglich war, die Fischfänge unter Blechverschluss haltbar zu machen. Die Straße der Ölsardinen begann entgegen John Steinbeck also nicht im Kramladen eines Chinesen in Monterey, sondern in Frankreich. Napoleon wollte, dass seinen Truppen Hunger erspart blieb, und spornte Erfinder an, eine Methode zur Konservierung von Speisen zu entwickeln. So kam es zur Blechdose, an der freilich auch Menschen starben. Denn verschlossen wurde sie anfangs mit aufgelötetem Blei, das zu Vergiftungen führte.
Blick auf Le Croisic
Die sanftere Methode war das Pökeln, erprobt über Jahrhunderte, gar Jahrtausende. Babylonier, Ägypter, Sumerer nutzten Salze, um bei Fleisch und Fisch das Verderben zu bremsen. Ob sie es ahnten oder nicht – Salz entzieht Wasser, auch den Mikroorganismen, die andernfalls Vorräte zersetzen würden. Die Methode funktioniert nicht zuverlässig, schafft aber eine Überbrückungszeit. Gewiss, Gold wiegt in jeder Hinsicht schwerer, nur kann man es nicht essen, sodass auch Salz zu einer Währung wurde – zum »Bretonischen Gold«. Eine Art Schlüssel zur Himmelspforte, und die Guérande hatte dank ihrer vorgelagerten Lagune eine Position an deren Türklinke.
Man benötigt ein wenig Starthilfe, um sich die einstige Bedeutung des Städtchens als Zentrum des Salzhandels ausmalen zu können. Freilich, wer aus Richtung St-Nazaire über flaches Land kilometerweit an Gräsern und niederem Gehölz entlangsteuert, staunt dann doch über dieses kleine Wunder inmitten der Salinen, der marais salants, wie man in Frankreich sagt. Als Route des Marais führt die D92 an den Salzgärten vorbei von Ost nach West. An den großen Salzgärten, muss man sagen, von den kleinen sei später die Rede.
Guérande heißt die gesamte Gemeinde, die etwa einhundert Dörfer und knapp 16000 Einwohner umfasst. Aber im engeren Sinne ist damit der alte Sitz der Salzbarone gemeint, eine Rundsiedlung mit trutziger Stadtmauer aus dem Mittelalter. Das Krankenhaus von 1858, in dem Kommissar Dupin eine Schusswunde verarzten lässt, liegt am südöstlichen Stadtrand, die Polizeistation wie auch ein Kino am nordöstlichen. Allerlei Modernes ist um den Ortskern gesprenkelt, nur darf man es getrost ignorieren und den Blick auf den mittelalterlichen Rundling lenken. Über 1333 m erstreckt sich die begehbare, in der Nacht illuminierte Stadtmauer, die den Wohlstand schützte. Heute schlägt ein ringförmiger Boulevard als Einbahnstraße einen Zirkel um das Prachtstück, dessen Steinquader sich hier und da im alten Wassergraben spiegeln. Zugang gewährt im Norden die Porte Vannetaise, von der eine historische Straße Richtung Vannes verläuft. Aus Richtung der Salinen findet man zusätzlich Einlass durch die Stadttore Saillé, St-Michel (darin heute das Musée du Pays de Guérande) und Bizienne. So kam die frische Salzware an der Südseite in die Stadt hinein, um nach Norden hin ausgeführt zu werden. Doch nur teilweise, denn es existierte ehemals auch ein Hafen mit eigenen Handelsschiffen, der jedoch verlandete.
Jean-Luc Bannalecs eindringlicher Tipp: Spazieren Sie nicht in der Mittagshitze, sondern bei Sonnenauf- oder -untergang über den Mauerring. Gebaut wurde der steinerne Kranz 1343–1488 und ergibt ein kleines Carcassonne, wie man hier sagt, nur dass es in Guérande echtes Mittelalter und nicht nachempfundenes aus dem 19. Jahrhundert ist. Es gab ältere Befestigungen, es gab auch frühchristliche Aktivitäten. Aber erst nach dem Ende des Erbfolgekrieges 1341–64 ließ es sich hier am Handel mit Wein und Salz verdienen. Die Mönche in der Gegend, die ihren Messwein brauchten und gern ein Zusatzschlückchen tranken, siedelten hier außerdem Reben an. Die Revolution aber setzte Kloster und Weinbau ein Ende, während dem Salz erst die vertrackten Konserven den Boden entzogen. Wenn hernach noch jemand vorbeischaute, waren es ab 1870 Urlauber aus La Baule, die zu Fuß in zwei Stunden zur imposanten Festung am Salzrand gelangten.
Solcher Pioniergeist ist mittlerweile erstickt, längst hat die Moderne den Besucherstrom anschwellen lassen. Man shoppt, isst und trinkt rings um den Place St-Aubin mit der gotischen Stiftskirche Collégiale St-Aubin, deren Turm einen Rundumblick bietet. Mittwochs und samstags schaut man gar hinab auf das Markttreiben, das sich von 8 bis 12:30 Uhr um die Kirche legt. Ein klassisch klassenloser Ort für alle ist gerne schon am frühen Morgen das zentrale café du coin: Chez Lucien.
Stadtmauer von La Guérande