Ein Feuer machen - Jack London - E-Book

Ein Feuer machen E-Book

Jack London

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Beschreibung

Ein Feuer machen (To Build a Fire) ist die wohl bekannteste Erzählung des amerikanischen Schriftstellers Jack London. Ein Mann kämpft sich durch Schnee, Eis und die klirrende Kälte in den unendlichen Weiten des kanadischen Yukon. Um zu überleben, muss er ein Feuer machen. Ein gnadenloser Wettkampf Mensch gegen Natur beginnt. Erstmals liegt diese bewegende und packende Geschichte anlässlich des 100. Todestages von Jack London in einer aktuellen Neuübersetzung vor. Ergänzt wird die Erzählung durch eine Reisereportage von Wolfgang Tischer. Im Winter 2016 reiste Tischer in die legendäre Goldgräberstadt Dawson City, wo heute noch die Blockhütte von Jack London zu finden ist. Der Goldrausch führte Jack London 1897 in den eisigen Norden Kanadas. Der Winter dort, den er fast nicht überlebte, inspirierte Jack London zu seinen bekannten Werken wie »Der Ruf der Wildnis«, »Lockruf des Goldes« oder »Ein Feuer machen«.

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Seitenzahl: 51

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Jack London

Ein Feuer machen

Übersetzt von Wolfgang Tischer

Wolfgang Tischer

Die Reise zu Jack London

Auf Spurensuche im Yukon, Kanada

Mit zahlreichen Fotografien

literaturcafe.de

Deutsche Neuübersetzung 2016

Version 1.1

Die amerikanische Originalausgabe von »Ein Feuer machen« (spätere Version) erschien 1908 unter dem Titel »To Build a Fire« im The Century Magazine, New York.

© Copyright 2016 für die deutschsprachige Ausgabe:

literaturcafe.de

Wolfgang Tischer

Breite Straße 3

75387 Neubulach

literaturcafe.de

Alle Rechte vorbehalten.

Covergestaltung: Ralf Bremer, Goa, ralfbremer.com

Alle Fotos (soweit nicht anders vermerkt) von Wolfgang Tischer

Karte: OpenStreetMap.org

Jack London

Ein Feuer machen

Der Tag war kalt und grau angebrochen, außerordentlich kalt und grau, als der Mann den Hauptweg des Yukon verließ und den hohen Erdwall erklomm, wo ein schmaler und wenig begangener Pfad ostwärts durch den dichten Kiefernwald führte. Der Hang war steil, und oben hielt er inne, um zu verschnaufen, und rechtfertigte das vor sich selbst, indem er auf die Uhr schaute. Es war 9 Uhr morgens. Es gab keine Sonne oder die Ahnung von Sonne, obwohl keine einzige Wolke am Himmel stand. Es war ein klarer Tag, und doch schien ein unsichtbares Leichentuch über dem Antlitz der Dinge zu liegen, eine subtile Düsternis, die den Tag verdunkelte, was an der fehlenden Sonne lag. Doch das beunruhigte den Mann nicht. Er hatte sich an die fehlende Sonne gewöhnt. Es war einige Tage her, dass er die Sonne gesehen hatte, und er wusste, dass noch ein paar Tage vergehen würden, bevor das freundliche Rund in südlicher Richtung kurz über den Horizont blicken würde, um sofort wieder aus dem Sichtfeld zu verschwinden.

Der Mann warf einen Blick zurück auf den Weg, den er gekommen war. Dort lag der Yukon-Fluss, über eineinhalb Kilometer breit und verborgen unter meterdickem Eis. Auf dem Eis nochmals die gleiche Menge an Schnee. Alles war reines Weiß, das in sanften Wellen verlief, wo sich die gefrierenden Eisschichten übereinandergedrängt hatten. Im Norden und Süden war so weit das Auge reichte ein ununterbrochenes Weiß, bis auf eine dunkle haarfeine Linie, die sich um die mit Fichten bedeckte Insel im Süden wand und schlängelte und sich weiter in den Norden wand und schlängelte, wo sie hinter einer weiteren mit Fichten bedeckten Insel verschwand. Diese dunkle Haarlinie war der Weg – der Hauptweg –, der im Süden nach 800 Kilometern zum Chilkoot-Pass, zur Hafenstadt Dyea und zum Salzwasser führt und im Norden nach gut 100 Kilometern nach Dawson und immer weiter in den Norden 2.000 Kilometer nach Nulato und schließlich nach St. Michael an der Bering See, 2.000 Kilometer und nochmals 500 mehr.

Aber all das – der mysteriöse, weitreichende, haarfeine Weg, das Fehlen der Sonne am Himmel, die schreckliche Kälte, das alles erfassende Fremde und Unheimliche – beeindruckte den Mann nicht. Und das etwa nicht, weil er sich längst daran gewöhnt hätte. Er war neu in diesem Land, ein so genannter Cheechako, und dies war sein erster Winter. Das Verhängnisvolle an ihm war, dass er keine Vorstellungskraft besaß. Er begriff die Dinge des Lebens rasch und aufmerksam, aber eben nur die Dinge und nicht ihre Bedeutung. Fünfzig Grad Fahrenheit unter Null, bedeuteten 80 Grad irgendwas an Frost. Das waren rund minus 45 Grad Celsius. Solch eine Sache beeindruckte ihn, weil es kalt und ungemütlich war, aber das war es auch schon. Es führte nicht dazu, dass er sich Gedanken über die Schwächen warmblütiger Wesen machte und über die menschliche Vergänglichkeit im Allgemeinen, nur überlebensfähig in einem schmalen Grenzbereich zwischen Hitze und Kälte, und von dort führte es ihn auch nicht zu Mutmaßungen über die Unsterblichkeit und der Rolle der Menschheit im Universum. 45 Grad Celsius unter Null standen für beißenden Frost, der schmerzlich ist und gegen den man sich mit Fäustlingen, Ohrenschützern, warmen Schuhen und dicken Socken schützen musste. 45 Grad unter Null bedeuteten für ihn genau 45 Grad unter Null. Dass dies noch mehr bedeuten könnte, das war eine Vorstellung, die nicht in seinen Kopf drang.

Als er sich anschickte weiterzulaufen, spuckte er gedankenverloren aus. Es entstand ein scharfes, explosives Knacken, das ihn irritierte. Er spuckte erneut aus. Und wieder, noch in der Luft, bevor sie in den Schnee fiel, knackte die Spucke. Er wusste, dass bei minus 50 Grad die Spucke im Schnee knistern würde, aber die hier knisterte bereits in der Luft. Zweifelsohne war es kälter als 50 Grad unter Null – wie viel kälter, das wusste er nicht. Aber die Temperatur spielte keine Rolle. Er war auf dem Weg zum alten Goldgräbergrund am linken Arm des Henderson Flusses, an dem die Jungs bereits eingetroffen waren. Sie waren über die Kluft in der Indian-Creek-Region gekommen, während er den Umweg nahm, um zu schauen, ob man im Frühling Holz auf den Inseln des Yukon gewinnen könnte. Er würde gegen sechs Uhr abends im Lager eintreffen; ein klein wenig nach Einbruch der Dunkelheit, das mochte sein, aber die Jungs würden ja dort sein, ein Feuer wäre bereits entfacht und ein warmes Abendessen bereitet. Was das Mittagessen betraf, presste er die Hand gegen das hervorstehende Bündel unter seiner Jacke. Es befand sich auch unter seinem Hemd, eingewickelt in ein Taschentuch, direkt an der nackten Haut anliegend. Der einzige Weg, um das Brötchen am Gefrieren zu hindern. Er lächelte in sich hinein, als er an die Brötchen dachte, jedes aufgeschnitten und mit Fett bestrichen, jedes belegt mit einem großzügig geschnittenen Stück gebratenen Schinken.

Er tauchte zwischen den großen Fichten ein. Der Pfad war schwer auszumachen. 30 Zentimeter Schnee waren gefallen, seit der letzte Schlitten hier vorbeigekommen war, und er war froh, dass er keinen Schlitten hatte und mit leichtem Gepäck reiste. Tatsächlich trug er nichts bei sich außer dem ins Taschentuch eingewickelten Mittagessen. Allerdings war er dennoch etwas erstaunt über die Kälte. Ohne Frage ist es kalt, stellte er fest als er mit der behandschuhten Hand über die gefühllose Nase und die Wangenknochen strich. Er war ein Mann mit wärmendem Bart, aber die Behaarung im Gesicht schützte nicht die hohen Wangenknochen und die neugierige Nase, die in die frostige Luft ragte.

An die Fersen des Mannes hatte sich ein Hund geheftet, ein großer einheimischer Husky, der perfekte Wolfshund, grau meliert und ohne sichtbaren oder wesentlichen Unterschied zu seinem Bruder, dem wilden Wolf.

- Ende der Buchvorschau -

Impressum

Texte © Copyright by literaturcafe.de Wolfgang Tischer Breite Str. 3 75387 Neubulach

Bildmaterialien © Copyright by Wolfgang Tischer

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-3-7393-6716-3