Ein Hauch von Frühling - Friederike von Buchner - E-Book

Ein Hauch von Frühling E-Book

Friederike von Buchner

0,0

Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Ronja schlenderte barfüßig über den Hof, die Hände tief in den Taschen ihrer grünen Latzhose vergraben. Dazu trug sie eine gelb-blau-karierte Bluse. Die Ärmel hatte sie bis über die Ellenbogen umgeschlagen. Ein Band hielt ihr langes, rotes, naturgelocktes Haar im Nacken zusammen. Neben der Stalltür schlüpfte sie in ihre rosafarbenen Plastikclogs mit Blümchenmuster. Zuerst blieb sie eine Weile in der Tür stehen, dann trat sie ein. Franziska kehrte den langen Mittelgang. Sie trug Kopfhörer. Das Kabel führte in die Brusttasche ihrer Latzhose. Ronja kam es vor, als würde Franziska in Abständen leise etwas vor sich hinsagen oder singen. Sie konnte aber nichts verstehen. »He, singst du? Was für Musik hörst du?«, rief Ronja. Franziska gab keine Antwort. »Blöde Kuh!«, schimpfte Ronja leise. »Wie kann man nur so nachtragend sein?« Ronja betrat den Stall. Sie setzte sich unweit der Tür auf einen Strohballen und schaute Franziska zu.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 128

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Toni der Hüttenwirt – 289 –

Ein Hauch von Frühling

Doch wie denkt Erikas Familie darüber?

Friederike von Buchner

Ronja schlenderte barfüßig über den Hof, die Hände tief in den Taschen ihrer grünen Latzhose vergraben. Dazu trug sie eine gelb-blau-karierte Bluse. Die Ärmel hatte sie bis über die Ellenbogen umgeschlagen. Ein Band hielt ihr langes, rotes, naturgelocktes Haar im Nacken zusammen. Neben der Stalltür schlüpfte sie in ihre rosafarbenen Plastikclogs mit Blümchenmuster. Zuerst blieb sie eine Weile in der Tür stehen, dann trat sie ein.

Franziska kehrte den langen Mittelgang. Sie trug Kopfhörer. Das Kabel führte in die Brusttasche ihrer Latzhose.

Ronja kam es vor, als würde Franziska in Abständen leise etwas vor sich hinsagen oder singen. Sie konnte aber nichts verstehen.

»He, singst du? Was für Musik hörst du?«, rief Ronja.

Franziska gab keine Antwort.

»Blöde Kuh!«, schimpfte Ronja leise. »Wie kann man nur so nachtragend sein?«

Ronja betrat den Stall. Sie setzte sich unweit der Tür auf einen Strohballen und schaute Franziska zu. Dabei schimpfte sie weiter leise vor sich hin.

Plötzlich stand ihr Vater in der Tür. Ronja hatte ihn nicht kommen gehört.

»Schlechte Laune?«, fragte er, als er ihre Schmollmine sah, die er nur allzu gut kannte.

Ronja rollte die Augen. Sie verließ den Stall und setzte sich auf den Brunnenrand. Ihr Vater folgte ihr.

»Papa, meine Laune ist unterirdisch«, stieß sie hervor.

»Unterirdisch?«, Simon schaute seine Tochter verwundert an. »Ist das etwas Gutes? Ich nehme eher an, es ist übel, nach deinem Geschichtsausdruck zu urteilen.«

»Genau! ›Unterirdisch‹ sagt man, wenn es ganz schlecht ist, wirklich grottenschlecht, unterirdisch eben. Und in dem Fall ist es tiefunterirdisch. So tief, dass man auf der anderen Seite der Erde wieder herauskommt, in Australien oder Neuseeland, wegen mir auch Südpol. Verstehst du?«

Simon Meininger unterdrückte ein Schmunzeln. »Mei, das muss wirklich schlimm sein. Was ist geschehen?«

»Es ist wegen Franziska. Sie redet nicht mit mir. Dabei war ich nett und habe sie nicht geärgert. Heiliges Ehrenwort!«, beteuerte sie. Dabei hob sie die Finger zum Schwur und legte sie auf ihr Herz. »Ich habe sie nur etwas gefragt. Aber sie hat mich nicht einmal angeschaut, mir noch nicht einmal einen Seitenblick zugeworfen. Sie tat so, als wäre ich nicht da, als gäbe es mich nicht. Ich bin Luft für sie, weniger als Luft. Es ist, als würde ich für Franziska gar nicht existieren«, sprudelte Ronja hervor.

Simon Meininger setzte sich neben sie auf den Brunnenrand. Er schwieg. Er wusste, dass es das Beste war, Ronja ausreden zu lassen. Dabei machte er sich Gedanken darüber, was schon wieder passiert sein konnte. Seine bald dreizehnjährige Tochter hatte einen verhängnisvollen Hang, sich in das Leben anderer einzumischen. Darin war sie kaum zu bremsen, und in letzter Zeit hatte das zu vielen Schwierigkeiten geführt. Er wusste, dass Ronjas Einmischungen und Manipulationen nicht aus Böswilligkeit geschahen. Aber das war nur ein schwacher Trost. Die Folgen ihres Verhaltens hatten Simon Meininger in vielen Nächten den Schlaf geraubt.

Den Hof, der einst den Bichlers gehörte, hatten die Meiningers nur gepachtet. Franziska und Sebastian, die nach dem tragischen Unfalltod ihrer Eltern von Toni und seiner Frau Anna adoptiert worden waren, hatten den Bichler-Hof geerbt. Da waren sie noch Kinder. Als Simon den Pachtvertrag mit Toni abgeschlossen hatte, war Toni noch der gesetzliche Vertreter der Geschwister. Aber inzwischen waren Franziska und Sebastian volljährig und damit Eigentümer des Hofs. Sebastian sahen die Meiningers selten. Er war Hotelfachmann und absolvierte gerade eine Zusatzausbildung auf der Hotelfachschule. Er war fest entschlossen, die Berghütte zu übernehmen. Bald würde er als Junior-Hüttenwirt auf die Berghütte kommen. Franziskas Herz war für die Landwirtschaft erblüht und für Lukas Meininger, Simons Ältesten, der in München Landwirtschaft studierte. Wahrscheinlich war beides wichtig, aber der Glanz in Franziskas Augen sprach Bände, wenn sie Lukas sah. Sicher hatte die heimliche Liebe zu ihm den Ausschlag gegeben. Lukas und Franziska verstanden sich gut. Neben seinem Studium hatte Lukas begonnen, eine seltene, fast ausgestorbene Schweinerasse zu züchten. Wenn Lukas unter der Woche in München war, hatte Franziska die kleinen Ferkel sorgfältig, geradezu liebevoll, versorgt. Simon Meininger war bekannt, dass Lukas und Franziska oft, bis spät in der Nacht irgendwo auf dem weitläufigen Gelände zusammen saßen und über Landwirtschaft sprachen. Franziska gefiel Lukas, das wusste Simon. Ihm war auch bekannt, dass Lukas sich ihr niemals zärtlich genähert hatte. Lukas war konservativ. Er hatte sich geschworen, zuerst eine berufliche Grundlage zu schaffen, bevor er Franziska seine Liebe gestehen wollte. Schließlich war Franziska die Miteigentümerin des Bichler Hofs, der ihr irgendwann ganz gehören würde. Darauf hatten sich die Geschwister geeinigt.

Franziska hatte sich fast drei Jahre hervorragend auf dem Hof eingefügt. Sie lebte auch dort in ihrem alten Kinderzimmer. Sie war fast ein Familienmitglied. Simon schätzte sie sehr. Sie war fleißig und bodenständig. Schon jetzt, während ihrer Lehrzeit, verkörperte sie die tüchtige Jungbäuerin.

Die Ruhe auf dem Hof nahm ein jähes Ende, als Lukas seine Studienfreundin Helene von Markschlotten mitbrachte. Er gab ihr einen Teil seiner Ferkel ab, als Forschungsobjekt, für ihre Studienzwecke. Außerdem arbeiteten sie als Gruppe an einer Aufgabe, die die Universität den Studenten gestellt hatte.

Helene, die Hella gerufen wurde, war eine Schönheit. Als einziges Kind einer sehr begüterten Familie, die, außer einem großen Gut, ein bekanntes Gestüt betrieb, strahlte Hella fast grenzenloses Selbstbewusstsein aus. Das wurde durch hochwertige, modische Kleidung, auffallendes Make-up und Sportwagen unterstrichen. Franziska hatte gleich erkannt, dass sie sich auf dieser Ebene nicht mit Hella messen konnte. So plagte sie die Eifersucht, die von Ronja noch geschürt wurde. Ronja schwärmte für die elegante und weltgewandte Hella. Hella hatte einen fröhlichen, übermütigen Charakter, wie er oft Menschen zu Eigen ist, deren gutsituiertes Leben ihnen erlaubt, alle Schwierigkeiten einfach hinweg zu wischen. Hella neigte dazu, jedem übermütig um den Hals zu fallen, wenn sie glücklich war. So tat sie es auch bei Lukas. Ronja, die ihn und Hella nicht aus den Augen gelassen hatte, hielt die Küsse auf Fotos fest und spielte sie Franziska zu. Die Folgen waren bedrohlich, wie Simon erfahren hatte. Franziska war entschlossen, den Pachtvertrag zu kündigen und den Hof, gleich nach ihrer Abschlussprüfung, selbst zu bewirtschaften. Simon wusste, dass Franziskas älterer Bruder Sebastian dagegen war. Aber es stellte sich für ihn immer wieder die Frage, wie lange Sebastian sich gegen den Wunsch seiner Schwester stellen würde. Je näher Franziskas Abschlussprüfung rückte und damit das Ende des Lehrverhältnisses, desto mehr Gedanken machte sich Simon Meininger. Dabei spielte es keine Rolle, dass Justus von Hovenwik, Hellas Liebster, den Meiningers erzählt hatte, dass er und Hella nach Hellas Examen heiraten würden. Die beiden hatten die Meiningers an einem Sonntag besucht. Jeder hatte sehen können, welch verliebtes und harmonisches Paar sie waren.

»Papa, hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Ronja und riss Simon Meininger aus seinen Gedanken.

»Sicher!«

Ronja schimpfte weiter. »Ich bin so sauer. Eigentlich bin ich doppelt sauer.«

»Doppelt sauer bist du, so, so. Ich kenne nur doppeltsaures Natron. Erkläre es mir! Vielleicht kann ich helfen?«

»Das kannst du nicht. Mach keine Versprechungen, die du nicht halten kannst, Papa«, sagte Ronja mit altklugem Unterton.

»Ronja, ich verspreche nichts, außer dass ich es versuchen will. Nun rede schon!«

Ronja seufzte. »Also, erstens bin ich ärgerlich, weil Franziska nicht mit mir spricht, aber das habe ich schon gesagt. Zweitens ist alles ein großer Schwindel, von wegen, wenn man sich entschuldigt, sei alles wieder gut. Ich habe mich bei Franziska entschuldigt. Okay, ich habe Mist gebaut. Aber Mist ist nicht nur Mist, sagst du immer, Papa. Er ist auch ein vorzügliches natürliches Düngemittel. Also, ich hatte Mist gebaut und mich bei Franziska entschuldigt. Sie hat gesagt, alles wäre vergeben und vergessen. Schmarrn! Wer es glaubt, wird selig. Ich glaube kein Wort mehr. Und zu dem Mist, den ich gebaut habe: So schlimm war er es nicht, jedenfalls habe ich Justus aufgescheucht, und er ist hergekommen. Jetzt wissen wir, dass Hella und Justus ein Paar sind. Deshalb verstehe ich nicht, dass Franziska immer noch schmollt. Es ist doch jetzt klar wie Kloßbrühe, dass Hella es nicht auf Lukas abgesehen hat. Also müsste Franziska doch froh sein. Also ich wäre es, wenn ich an ihrer Stelle wäre. Denn dass Franziska in Lukas verliebt ist, das kann jeder sehen. Es ist so, als würde es in großen, fetten Buchstaben auf ihrer Stirn stehen.«

Ronja errötete. Zu spät fiel ihr ein, dass es eigentlich ein Geheimnis bleiben sollte, dass sie Justus mit den, per Handy geschickten, Fotos aufgescheucht hatte. »Du weißt davon?«, fragte Ronja mit einem unschuldigen Augenaufschlag.

Simon Meininger schmunzelte. »Ja, ich habe da so was vernommen. Aber Justus ist nicht nachtragend. Er hat auch eine kleine Schwester. Sie heißt Edeltraud.«

»Ich weiß. Justus hat mir ein Bild von ihr gezeigt. Sie ist nett und sie hat ein Pferd. Ich möchte auch ein eigenes Pferd.«

»Wir werden sehen«, sagte Simon. »Vorher sind noch andere Dinge zu klären.«

Ronja seufzte wieder. Sie löste das Band und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Anschließend drehte sie mit den Fingern einer Hand eine Haarsträhne. Das war ein Angewohnheit, die ihr seit vielen Jahren zu Eigen war, wenn sie verlegen war.

»Papa, ich habe mich wirklich entschuldigt. Franziska ist so nachtragend, das geht auf keine Kuhhaut. Bitte, glaube mir!«, beteuerte sie.

»Warum nimmst du das Schlechteste an?«, fragte Simon. »Ich habe nicht den Eindruck, dass Franziska dir noch grollt. Beim Essen spricht sie doch mit dir.«

Ronja rollte die Augen.

»Papa«, sagte sie mit Nachdruck, »das ist etwas ganz Anderes. Da bist du und Mama dabei. Aber wenn ich mit ihr allein bin, dann ist sie ganz anders. Das kannst du mir glauben. Und jetzt schottet sie sich noch mit Kopfhörer ab.«

»Ich glaube dir, Ronja. Du erfindest zwar gern Geschichten, aber in dem Fall denke ich, dass es der Wahrheit entspricht. Vielleicht hat Franziska einen schlechten Tag?«

»Schmarrn! Hat sie nicht. Sie singt leise vor sich hin, denke ich. Sie arbeitet im Kuhstall und hat dabei Kopfhörer auf. Ich wollte nur wissen, was für Musik sie hört. Aber sie gab keine Antwort.«

Simon lachte. Er legte Ronja den Arm um die Schulter. »Ronja, vielleicht hat sie dich nicht gehört? Wenn du deine Kopfhörer aufhast und Musik hörst, dann muss ich brüllen, damit du mich hörst.«

»Mm, ja! Trotzdem ist es komisch«, beharrte Ronja darauf.

»Dann versuche es noch einmal. Los, zieh Leine! Ich muss rein ins Büro und mich an die Buchhaltung machen.«

Wenig motiviert ging Ronja zur Stalltür. Sie rief wieder nach Franziska und bekam keine Antwort.

»Blöde Kuh!«, schimpfte Ronja erneut leise.

Sie drehte sich auf dem Absatz herum und lief ihrem Vater nach. Sie erwischte ihn kurz vor der Haustür.

»Nix ist! Ich gebe auf.«

»Soll ich mal mit Franziska sprechen?«

»Nein, um Gotteswillen nicht! Wir dürfen sie nicht verärgern. Das hat mir Lukas erklärt, damit sie den Pachtvertrag nicht kündigt.«

Simon Meininger lächelte.

»Mache dir keine Sorgen, so schnell geht das nicht! Franziska kann uns nicht den Pachtvertrag kündigen. Ihr gehört der Bichler Hof nur zur Hälfte. Für alles, was den Hof betrifft, benötigt sie die Zustimmung ihres Bruders. Und Sebastian ist auf unserer Seite.«

Dabei versuchte er sehr überzeugend zu klingen, damit Ronja sich nicht beunruhigte.

»Das sagt Lukas auch. Aber er ist misstrauisch. Blut ist dicker als Wasser, sagt Lukas.«

»Ja, so sagt man. Aber es gibt auch noch eine andere Redewendung. ›Es ist noch nicht aller Tage Abend‹. Deshalb bewahre ich die Ruhe. Ich gebe dir jetzt einen Rat für dein Leben, Ronja. Es bringt nichts, sich um ungelegte Eier zu sorgen. Klar soll man sich Gedanken machen, aber es ist falsch, sich in Pessimismus hineinzusteigern. Wenn etwas passiert, dann, und wirklich erst dann, muss man sich ernsthaft Gedanken machen. Dann kann man kämpfen. Und kämpfen macht stark. Du bist dem Schicksal niemals völlig ausgeliefert, Ronja. Jeder hat sein Leben in der Hand. Und wenn es noch so schlimm wird, es gibt keinen Grund zur Verzweiflung. Dann ist vielleicht der Weg zu einem Ziel versperrt, das man angestrebt hat. Dann nimmt man einen anderen Weg oder sucht sich ein anderes, schöneres Ziel.«

Simon strich Ronja über das Haar. Er wunderte sich, dass sie sich nicht wehrte, da sie solche Liebkosungen seit einiger Zeit als Baby-Kram abtat. Es war für ihn ein Zeichen, wie unsicher sie war.

»Du musst Franziska sagen, dass wir hier nicht fort wollen!«, sagte Ronja leise.

»Wenn es zu einem Gespräch kommt, werde ich ihr es sagen.«

»Du hast mit Franziska noch nicht darüber gesprochen, Papa? Hast du keine Angst?«

Simon Meininger schaute seine Tochter an. »Was heißt Angst? Mir war immer bewusst, dass vielleicht, eines Tages, der Pachtvertrag nicht verlängert werden könnte. Aber bis zum Ende des Vertrages sind es noch einige Jahre.« Simon Meininger seufzte. »Ronja, man soll schlafende Hunde nicht wecken. Daran halte ich mich. Sei nicht in Sorge! Franziska ist im Prüfungsstress. Nach ihrer Abschlussprüfung werden wir ohnehin reden müssen. Bis dahin ist es nicht mehr lang.«

»Aber die Tage ziehen sich wie Gummi. Und Franziska ist so komisch. Das gefällt mir nicht. Wird sie Sebastian überreden können?«

»Du hast Angst?«

»Ja, Papa! Kannst du nicht irgendwie herausfinden, was Franziska denkt? Was sie vor hat? Wenn wir hier fort müssen, dann bin ich Schuld.«

»Ronja, sage so etwas nie wieder, nie!«, tadelte sie ihr Vater. »Ich verspreche dir, dass wir vor dem Ablauf des Pachtvertrags nicht von hier weichen. Die Suppe wird nie so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Nun beruhige dich.«

Ronja schmiegte sich kurz an ihren Vater. »Kannst du Franziska nicht ein bisserl aushorchen? Das kannst du. Das weiß ich. Franziska kann dich gut leiden.«

Simon schmunzelte. Er griff in seine Hosentasche und zog seinen Geldbeutel hervor. »Du brauchst etwas zur Aufmunterung, Ronja. Hier ist ein Schein. Jetzt schwingst du dich auf dein Mountain Bike und radelst zum Reiter Hof. Du leihst dir ein Pferd und machst dir einen schönen Tag.«

»Wirklich? Du bist toll! Danke! Dann ziehe ich mich schnell um. Sagst du Mama, dass sie mir etwas zu Essen und zu Trinken einpacken soll?«

Dann stürzte Ronja ins Haus und rannte die Treppe hinauf.

Simon Meininger lachte.

Es dauerte nicht lange, dann brauste Ronja auf dem Rad davon.

Simon Meininger ließ das Gespräch mit seiner Tochter keine Ruhe. Er ging auf die Suche nach Franziska. Sie putzte die Milchkammer.

Er rief, aber Franziska, die immer noch Kopfhörer trug, schien ihn nicht zu hören.

Simon ging zu ihr und tippte ihr auf die Schulter.

Franziska zuckte zusammen. Sie griff in die Latzhose, schaltete das Gerät aus, nahm die Kopfhörer von den Ohren und hängte sie sich um den Hals. »Es tut mir leid, Simon, ich habe dich nicht gehört.«

»Das habe ich bemerkt. Du warst in eine andere Welt eingetaucht. Was für Musik hörst du? Vielleicht geben die Kühe mehr Milch, wenn du sie laut mit Musik berieselst.«

Franziska lachte. »Ich habe davon gehört, dass Forschung gemacht wird, ob Musik einen Einfluss auf die Milchmenge hat. Aber das hier ist keine Musik.«

Simon Meininger schaute Franziska erstaunt an. »Was ist es dann?«

»Texte!«

»Oh, du hörst dir ein Hörspiel oder ein Hörbuch an.«

Franziska lächelte. Sie schaltete das Gerät ein und hielt Simon die Kopfhörer hin.

»Hier, du kannst reinhören«, sagte sie.

Er lauschte. »Dass es so etwas gibt, wusste ich nicht. Die Sprecherin hat sogar einen leicht süddeutschen Tonfall.«

Franziska lachte. »Du hast meine Stimme nicht erkannt?«

»Das bist du?«