Ein Landarzt - Kafka Franz - E-Book

Ein Landarzt E-Book

Kafka Franz

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Beschreibung

"Ein Landarzt", erschienen erstmals 1920, ist der zweite Erzählband Franz Kafkas nach "Betrachtung" und enthält kurze Prosatexte Franz Kafkas aus den Jahren 1914 bis 1917: "Der neue Advokat", "Ein Landarzt", "Auf der Galerie", "Ein altes Blatt", "Vor dem Gesetz", "Schakale und Araber", "Ein Besuch im Bergwerk", "Das nächste Dorf", "Eine kaiserliche Botschaft", "Die Sorge des Hausvaters", "Elf Söhne", "Ein Brudermord", "Ein Traum", "Ein Bericht für eine Akademie"

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Seitenzahl: 67

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LUNATA

Ein Landarzt

Prosatexte

Franz Kafka

Ein Landarzt

Prosatexte

© 1919 by Franz Kafka

Umschlagbild: Remigius Adrianus van Haanen

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Der neue Advokat

Ein Landarzt

Auf der Galerie

Ein altes Blatt

Vor dem Gesetz

Schakale und Araber

Ein Besuch im Bergwerk

Das nächste Dorf

Eine kaiserliche Botschaft

Die Sorge des Hausvaters

Elf Söhne

Ein Brudermord

Ein Traum

Ein Bericht für eine Akademie

Über den Autor

Meinem Vater

Der neue Advokat

Wir haben einen neuen Advokaten, den Dr. Bucephalus. In seinem Äußern erinnert wenig an die Zeit, da er noch Streitroß Alexanders von Macedonien war. Wer allerdings mit den Umständen vertraut ist, bemerkt einiges. Doch sah ich letzthin auf der Freitreppe selbst einen ganz einfältigen Gerichtsdiener mit dem Fachblick des kleinen Stammgastes der Wettrennen den Advokaten bestaunen, als dieser, hoch die Schenkel hebend, mit auf dem Marmor aufklingendem Schritt von Stufe zu Stufe stieg.

Im allgemeinen billigt das Barreau die Aufnahme des Bucephalus. Mit erstaunlicher Einsicht sagt man sich, daß Bucephalus bei der heutigen Gesellschaftsordnung in einer schwierigen Lage ist und daß er deshalb, sowie auch wegen seiner weltgeschichtlichen Bedeutung, jedenfalls Entgegenkommen verdient. Heute – das kann niemand leugnen – gibt es keinen großen Alexander. Zu morden verstehen zwar manche; auch an der Geschicklichkeit, mit der Lanze über den Bankettisch hinweg den Freund zu treffen, fehlt es nicht; und vielen ist Macedonien zu eng, so daß sie Philipp, den Vater, verfluchen – aber niemand, niemand kann nach Indien führen. Schon damals waren Indiens Tore unerreichbar, aber ihre Richtung war durch das Königsschwert bezeichnet. Heute sind die Tore ganz anderswohin und weiter und höher vertragen; niemand zeigt die Richtung; viele halten Schwerter, aber nur, um mit ihnen zu fuchteln; und der Blick, der ihnen folgen will, verwirrt sich.

Vielleicht ist es deshalb wirklich das Beste, sich, wie es Bucephalus getan hat, in die Gesetzbücher zu versenken. Frei, unbedrückt die Seiten von den Lenden des Reiters, bei stiller Lampe, fern dem Getöse der Alexanderschlacht, liest und wendet er die Blätter unserer alten Bücher.

Ein Landarzt