Ein modischer Schachzug - Regine Müller - E-Book

Ein modischer Schachzug E-Book

Regine Müller

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Beschreibung

Merry Stenzel, die Tochter eines Wiener Modeunternehmers, steht nach dem Verkauf der Firma vor neuen Herausforderungen. Sie muss sich entscheiden. Bleibt sie oder arbeitet sie als Anwältin in einer Kanzlei? Der neue Besitzer Phillip Dreußig, erkennt nicht nur ihr kreatives Talent in Sachen Modedesign … Er versucht sie mit allen Mitteln zu halten. Bei einer Theaterprämiere ihrer Freundin Carlotta begegnet sie Andrej, einem russischen Diplomaten. Er führt sie in die Wiener Kunst- und Kulturszene ein. Aus der Bekanntschaft wird eine romantische Beziehung. Doch bald ziehen dunkle Wolken auf … "Ein modischer Schachzug" nimmt uns mit in die Welt der Mode und Kunst. Es ist ein Roman, der die Sehnsüchte und Alltagsprobleme aus der Sicht Merrys widerspiegelt und charmant, aber auch spannend unterhält.

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Man kann nicht in die Zukunft schauen,

aber man kann den Grund

für etwas Zukünftiges legen – denn

Zukunft kann man bauen.

Antoine de Saint – Exupery

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

NACHWORT

DANKSAGUNG

KAPITEL 1

Es ist schon spät und das Ziel noch 20 km entfernt. Meine Augen blinzeln vom grellen Licht der entgegenkommenden Fahrzeuge. Ich habe es gleich geschafft und morgen kann ich ausschlafen. Dieser Gedanke mobilisiert noch einige frische Kräfte. Endlich! Völlig erledigt mache ich Katzenwäsche und plumpse dann ins Bett.

Etwas macht mich munter. Ah, zum Glück liegt mein Handy im Wohnzimmer. Das Klingeln hört sich nicht ganz so, wie ein schriller Weckruf an. Frau Munziger, das wundert mich doch.

»Guten Morgen«, ich warte erst mal ab. Ihre Stimme klingt aufgeregt: »Gott sei Dank, Sie sind schon da! Ich weiß mir nicht mehr zu helfen und denke, ich versuche es zuerst bei Ihnen.« Nun werde ich stutzig. »Ist etwas passiert?«

»Das kann ich noch nicht sagen«, antwortet sie und fügt gleich an, »jedenfalls bis jetzt nicht.«

»Also dann erzählen Sie erst der Reihe nach.« Es ist wohl besser, ihr etwas Zeit zum Sammeln zu geben.

»Ihr Vater hat heute um 9.00 Uhr einen Termin mit Herrn Dreußig und ist noch nicht im Büro. Ich kann ihn weder zuhause noch auf dem Handy erreichen. Mir ist nicht bekannt, dass der Termin, aus irgendwelchen Gründen, ausfällt. Herr Dreußig ist bereits anwesend und wundert sich ebenfalls.« Ich schaue auf die Uhr – 9.05 Uhr.

»Angelika, bieten sie ihm einen Kaffee an. Ich versuche so schnell wie möglich zu kommen. Sagen Sie ihm das! Wenn er nicht warten möchte, vereinbaren wir später einen neuen Termin. Ich muss zuerst wissen, worum es eigentlich geht. Unterwegs versuche ich auch meinen Vater zu erreichen. Schätze, ich bin in einer halben Stunde da.«

»Na, so lange wird er wohl nicht warten, aber ich sage es ihm.«

Der Tag fängt schon mit unangenehmen Überraschungen an. Jetzt den Turbo rein. Alles nur sehr flüchtig, aber effizient. So habe ich es inzwischen gelernt. 35 Minuten später hetzte ich aus dem Fahrstuhl. Noch im Gehen rufe ich: »Tut mir aufrichtig leid, aber schneller ging es auch bei größter Anstrengung nicht.« Aus dem Sessel erhebt sich ein gutaussehender Mann mittleren Alters und streckt mir die Hand entgegen.

»Ganz schön viele Aufregungen an diesem Morgen. Ich bin Phillip Dreu-ßig und möchte mit Ihrem Vater heute über den Kaufvertrag verhandeln. Leider sind wir ratlos, was geschehen sein könnte.« Ich unterbreche Herrn Dreußig und bitte ihn ins Büro.

»Entschuldigen Sie. Ich habe keine Kenntnis davon, dass mein Vater etwas verkaufen will. Können Sie mir das bitte näher erklären?«

Er stutzt, überlegt und sagt betont langsam: »Nun in dem Fall sollte ich nicht vorgreifen und überlasse es Ihrem Vater, die Angelegenheit aufzuklären. Wenn das geschehen ist, bin ich gerne bereit, noch einmal wiederzukommen. Geben Sie mir dann Bescheid!« Er gibt mir die Hand, sieht mich sekundenlang stumm an und meint:

»Ich hoffe, Ihr Vater erfreut sich guter Gesundheit. Vielleicht hat er aber auch nur kalte Füße bekommen. Wir werden es bald erfahren.«

Er nickt mir noch einmal zu und geht aus dem Büro. Ich höre im Hintergrund, dass er sich bei der Sekretärin für den Kaffee bedankt und sich ebenfalls verabschiedet. Das kann doch alles nicht wahr sein! Was hat mein Vater ausgeheckt, als ich in der Schweiz im Urlaub war?

Anni fällt mir ein. Ich rufe die Haushälterin an und erfahre, dass er pünktlich das Haus verlassen hat. Meine Mutter weiß bestimmt auch nichts, denn sie ist ja noch in Basel bei ihrer Schwester.

Es passt so ganz und gar nicht zu ihm, keinen zu benachrichtigen. Ich traue mich nun doch bei der Polizei nachzufragen. Der Beamte stellt verschiedene Fragen. Es dauert etwas, aber dann kommt die Auskunft, dass er einen Autounfall hatte und ins Klinikum transportiert wurde. Jetzt macht sich die Angst in meinem Kopf breit, denn irgendwie habe ich das bereits geahnt. Ich gebe die Information an Frau Munziger weiter und bitte sie, alle Termine abzusagen. Sie erfährt später mehr.

Paps liegt auf der Herzstation. Nun ist mir flau in der Magengegend. Am Wasserspender bleibe ich stehen. Mein Frühstück ist ausgefallen – kein Wunder also.

Vor der Tür warte ich einen Moment und bereite mich mit Kittel und Maske vor. Meine Mimik, schießt es mir ein. Er soll nicht gleich mitbekommen, wie es mir selbst geht. Er dreht den Kopf nicht zu mir, als ich eintrete, sondern liegt ganz still, umgeben von den vielen Messgeräten und Monitoren, die man von Filmen kennt. Ich stehe stumm am Bettende. Kann er mich hören, wenn ich mit ihm spreche?

»PAPS, hörst du mich? Ich bin´s, Merry.« Die Schwester kommt herein und erklärt mir, dass er durch die Medikamente sicher noch nichts wahrnimmt. Sie führt mich zum Arzt. Warum ich keine Information bekam lag daran, dass schnell gehandelt werden musste und seine persönlichen Sachen nicht gleich gecheckt wurden.

Herzinfarkt am Steuer.

Der Arzt versichert mir, dass mein Vater noch an den Straßenrand fahren konnte und durch Hupsignale auf sich aufmerksam machte. Was hätte nicht alles passieren können, wenn ihm das nicht gelungen wäre – nicht auszudenken! Wir machen eine Zeit aus, damit ich mit ihm reden kann. Persönliche Dinge benötigt er auch. Doch erst muss ich alle informieren. Vor dem Telefongespräch mit meiner Mutter graut mir etwas. Sie regt sich leicht auf.

Ich hole tief Luft und sage es ihr so schonend, wie möglich. Kaum ausgeredet, kündigt sie schon ihre Anreise an. Na, ja, das hatte ich auch so erwartet. Ich versichere ihr, dass sie sich Zeit lassen kann und zuvor die weitere Pflege ihrer Schwester absichern soll. Wenn sie losstürzt, gefährdet sie sich vielleicht noch selbst.

An einem Café mache ich halt und bestelle mir ein kleines Frühstück. Es bringt ja nichts, mit leerem Magen Entscheidungen zu treffen. Was muss ich als Nächstes tun? Habe ich Vollmachten? Es ist jetzt noch nicht abzusehen, wie lange seine Behandlung dauert. Nun bin ich froh, dass Mama kommt. Wir können wenigstens reden, auch wenn sie mir sicher nicht alle Fragen beantworten kann.

Angelika Munziger wird eine große Hilfe sein und Vaters Vertrauter, Herr Schmitz. Etwas gestärkt und mit aufmunternden Ideen mache ich mich auf den Weg zum Büro.

Angelika informiert mich kurz über die Geschehnisse und beauftragt Herrn Schmitz, zu mir zu kommen. Herr Schmitz ist ein langjähriger Mitarbeiter und der Stellvertreter meines Vaters. Er kennt mich schon von Kindesbeinen an und verhält sich mir gegenüber etwas onkelhaft und tätschelt mir oft die Hand. Heute ist davon nichts zu spüren. Gefasst und mit ernstem Gesicht begrüßen wir uns. Natürlich, er weiß von Angelika, was los ist! Auf meine Fragen antwortet er präzise, als wäre ich der Boss.

Er hat den Kaufvertrag mit meinem Vater vorbereitet. Paps will also das Unternehmen verkaufen, weil er schon längere Zeit weiß, wie es um seine Gesundheit steht.

Ich bin sprachlos. Das hat er gut verheimlicht. Warum nur? Ich arbeite doch auch in dieser Firma mit und verliere dadurch vielleicht meinen Arbeitsplatz.

Herr Schmitz versichert mir schnell, der Vertrag hat Sonderbedingungen und mein Vater beabsichtigte mich darüber zu informieren und mein Einverständnis einzuholen, doch die Zeit drängte. Er wollte mir den Urlaub nicht verderben.

Das ist ja noch schöner, so wichtige Entscheidungen trifft man doch nicht über den Kopf der eigenen Tochter hinweg! Jetzt reagiere ich doch aufgebracht und laufe unruhig hin und her. Herr Schmitz beteuert erneut, dass Paps das Beste für mich ausgehandelt hat. Er spricht von einem Vertrag, der mich für mindestens drei Jahre als Anwältin für Wirtschaftsrecht an die Firma bindet. Dabei denkt er auch an meine kreative Seite und möchte mir weiterhin die Möglichkeit geben, bei den Entwürfen der Kollektionen mitzuwirken.

»Wird denn der neue Eigentümer nicht seine eigenen Ziele bezwecken? Ich kann mir das schwer vorstellen.«

»Ich glaube, in dem Punkt waren sie sich bereits einig«, meint Herr Schmitz.

»Aber ich weiß doch gar nicht, wie sich nach dem Verkauf alles entwickelt und kann dann vielleicht ganz andere Interessen haben. Meine Aktivitäten sind nur ein kleiner Beitrag, damit unser Familienunternehmen erfolgreich bleibt.

Die Kollektion ist fast fertig. Unsere Designerin hat bereits verschiedene Modelle vorgestellt. Die nächste Modenschau wird zeigen, ob viele Aufträge dazu kommen.« Herr Schmitz wiegt den Kopf hin und her. »Also, wie ich das sehe, kommt der Käufer nicht aus der Modebranche. Er ist Geschäftsführer einer Hotelkette und hegt wohl die Absicht, sich ein neues Standbein einzurichten. Näheres weiß ich leider nicht. Die Mitarbeiter bleiben, aber er kann ja auch später personelle Veränderungen planen.« Es wird immer verwirrter. Ich muss abwarten was Paps mir offenbart. Ich lasse mir von Angelika weitere Unterlagen aushändigen und starte eine interne Betriebsprüfung. Angelikas Sachkenntnisse zeigen mir deutlich, dass es nicht mehr so gut läuft, wie früher.

Das Krankenhaus meldet sich. Ich kann meinen Vater endlich besuchen. Ob er von allein das Thema anspricht? Beklommen betrete ich das Zimmer.

Er schaut mich bekümmert an. Ich sage erst mal nichts und gebe ihm einen Kuss. Dann nehme ich seine Hand, streichle sie und zwinkere ihm zu. »Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Wir sind sehr froh, dass du wieder bei uns bist.« Vater betrachtet mich prüfend. »Bist du wirklich froh, nachdem du Bescheid weißt?«

»Hättest du nur vorher die Katze aus dem Sack gelassen, ich

war ganz schön durcheinander. Wenn du mich ehrlich aufklärst, sammelst du wieder Pluspunkte bei mir.« Ich sehe ihn besorgt an.

»Aber nur, wenn ich dich damit nicht aufrege. Erzähle mir erst die Dinge, die ich wissen muss, um alles am Laufen zu halten.« Ich sehe, wie er erleichtert aufatmet, also keine Vorwürfe! Geduldig erklärt er mir dann die Zusammenhänge der Betriebsabläufe, in die ich vorher keinen Einblick hatte.

Als die Schwester wieder ins Zimmer kommt und mich vorwurfsvoll anblickt, verabschiede ich mich liebevoll und gebe Mama Entwarnung. Sie ist aber ohnehin bald in Wien und will am Abend bei ihm sein.

Im Flur steht ein Kaffeeautomat. Das ist jetzt meine Rettung. Ich setze mich kurz und genieße das schwarze Gebräu. Am besten ich fahre zuerst nach Hause und sortiere meine Informationen. Danach mache ich mir einen Plan für die nächsten Abläufe. Müde schließe ich für einen Moment die Augen und höre nur die Geräusche um mich herum.

Zuhause rufe ich Lotta, meine beste Freundin, an.

»Lotta, ich muss mich dringend bei dir ausheulen. Können wir uns im Café treffen?«

»Du Ärmste, hast wohl Liebeskummer? Du hast Glück, ich bin noch in den Proben und habe gerade eine kurze Pause. Bis heute Abend zur Vorstellung bleibt mir nur wenig Zeit. Ist es schlimm, brauchst du Ablenkung? Ich kann dir die Karte an der Kasse hinterlegen lassen. Wir können uns dann nach der Vorstellung sehen.«

Die gute Lotta, immer besorgt und hilfsbereit.

»Nein, nein, das hat Zeit. Mache dir bitte keine unnötigen Gedanken. Mir geht es gut. Es ist nur ein momentanes Stimmungstief.« Lotta schnauft: »Okay, dann morgen um 15.00 Uhr in unserem Café. Kannst du es einrichten?«

»Klar, danke dir!«

»Nun denke mal positiv. Es kommt schon wieder alles ins Lot. Wenn es ein Kerl ist – es gibt noch andere Männer.«

»Ich erzähle es dir morgen, jetzt hast du genug zu tun. Bussi.«

»Also gut, ja, die Probe geht gleich weiter. Bussi zurück.«

Auf Lotta kann ich mich verlassen, so wie sie sich auch auf mich. Wir kennen uns schon aus der Schulzeit. Sie war oft bei uns zu Hause. Lotta hatte schon immer ein Talent für darstellende Kunst und hat uns mit Dramatik oder Komik überrascht. Sie konnte schnell in verschiedene Rollen schlüpfen. Meine Begabung liegt mehr im bildnerischen Gestalten. Mode hat mich schon immer interessiert.

Wir haben uns Entwürfe ausgedacht und Kostüme angefertigt. Mein Zimmer glich manchmal einer Bühne, auf der unsere jugendlichen Träume gespielt wurden. Paps hat Lottas Talent schnell entdeckt und sie später beim Studium finanziell unterstützt. Ihre Eltern haben eine Bäckerei und hofften, dass Lotta in den Familienbetrieb einsteigt. Es war schon eine Enttäuschung für sie, als Lotta auf die Schauspielschule ging. Für sie hat es sich aber gelohnt. Lotta war mit Feuereifer bei der Sache.

Als auch mein Studium begann, hatte sie die Idee, eine WG zu gründen. Wir überredeten meinen Vater, uns im Dachgeschoss, im Werksgebäude, ein Atelier auszubauen. Dafür entwarfen wir einen Grundriss. Das Atelier ließen wir als Wohnzimmer und Kochbereich und die angrenzenden 2 Büros als Schlafzimmer herrichten. Der Sanitärbereich musste natürlich noch eingebaut werden. Das fand mein Vater aber nicht zu aufwendig und leitete alles in die Wege. Wir waren happy.

Bei der Einrichtung bekamen wir von Mama Unterstützung. Es wurde ein heller, moderner, aber auch einladender offener Wohnbereich.

Mit Lotta wird es nie langweilig. Wir hörten uns gegenseitig ab, wenn ich Paragrafen lernen musste und sie ihre Rolle. Ich war ihre Kritikerin und sie meine Aufmunterung, wenn ich mich manchmal fragte, warum ich dieses trockene Studium überhaupt weiter absolviere. Ich habe doch auch noch andere Interessen. Aber Paps wäre enttäuscht, wenn ich alles hinschmeiße. Er war stolz darauf, dass ich später in der Firma mitwirke und unsere Tradition weiterleben lasse. Und nun das!

Dank Lotta, die mich immer wieder ermutigt hat, dass meine gezeichneten Modelle tragbar wären, nähten wir auch für uns einige Sachen. Manches fand sogar Beachtung. Wir verrieten aber nie, dass es eigene Anfertigungen waren. Mein Interesse an Mode führte mich immer wieder in Ullas Abteilung. Sie ist unsere Chefdesignerin. Ulla ließ mir viele Freiheiten bei meinen ersten Versuchen, Kleidung zu entwerfen. Sie diskutierte mit mir über Passform, Schnitt und Stoffwahl. Ich bekam auch Einblick in besondere Nähtechniken. Die praktischen Arbeiten fielen mir leicht, mit den Modetrends machte ich mich abends vertraut. Ich lernte ständig dazu. Ulla lobte meine frischen Ideen.

Die Arbeit in unserer Firma ist vielseitig und macht mir Spaß. Es ging nicht nur um Vertragsentwürfe und Rechtsfragen, sondern auch um meine Ambitionen beim künstlerischen Gestalten. Ich halte inne: Es ist schon bezeichnend, welche Gedanken einem bei so wichtigen Ereignissen durch den Kopf gehen.

Der Rest des Tages verging schnell. Ich sah noch einige Unterlagen durch und lenkte mich mit einem Glas Rotwein und einer Quizshow im Fernsehen ab. Das Angebot meiner Mutter, den Abend mit ihr zu verbringen, lehnte ich ab, denn sie hat auch so den Kopf voll und braucht selbst Ruhe.

Frau Munziger sitzt schon am Schreibtisch, als ich pünktlich im Büro erscheine. Aufmunternd sage ich: »Guten Morgen Angelika, na, können wir heute ohne Aufregungen starten?« Sie lächelt mir zu und meint, dass hoffe sie doch stark. Der Vormittag vergeht ohne nennenswerte Störungen und ich freue mich schon auf die Begegnung mit Lotta. Ich gebe der Sekretärin Bescheid und gehe früher als geplant. Ein kleiner Bummel tut mir sicher gut. Am Theater lese ich den aktuellen Spielplan und entdecke bei einer neuen Inszenierung den Namen Carlotta Haller.

So eine Überraschung! Carlotta hat es geschafft, in einem der renommiertesten Theater Wiens eine Rolle zu bekommen. Das sind großartige Neuigkeiten. Auch Michael Leitner, Lottas Lebenspartner, spielt mit. So eine Geheimniskrämerin. Na, da gibt es viel Gesprächsstoff.

Ob das gestern die Generalprobe war? Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich natürlich hingegangen. Mal sehen, was sie zu erzählen hat.

Das Café ist gut besucht, aber ich finde noch einen kleinen Tisch etwas abseits. Das ist mir ganz recht, denn wir wollen ja ungestört sein. Die Zeit vertreibe ich mir mit einem Modejournal und einem Aperol Spritz. Lotta verspätet sich, aber das kenne ich ja. Sie eilt auf mich zu und umarmt mich überschwänglich. Ich betrachte sie eingehend. »Hast du mir etwas zu beichten?« Lotta lacht nur und meint: »Du hast es also gelesen, oder?«

»Na, ich möchte von dir die Neuigkeiten hören und nicht vom Theaterplakat erfahren.«

»Hast ja recht, aber du warst gestern irgendwie so niedergeschlagen, dass ich mir diese frohe Botschaft in aller Ausführlichkeit für heute aufgehoben habe. Es vergeht noch genug Zeit bis zur Premiere.«

»Oh, ich dachte, das war gestern die Generalprobe.«

»Nein der Aushang hängt erst kurze Zeit als Vorankündigung des Stücks.«

»Darauf müssen wir unbedingt anstoßen.« Ich bestelle einen weiteren Aperol Spritz.

»Wie bist du überhaupt zu der Rolle gekommen? Hattest du nicht eine Kleine in der Komödie im anderen Theater?«

»Ja, der Vertrag war aber nicht von Dauer. Seit 3 Wochen kann ich ein neues Engagement eingehen. Mir war das Glück hold. Eine Schauspielerin fiel langfristig aus und ich konnte schnell einspringen.« Sie zwinkert spitzbübisch. »Michael hatte dabei auch etwas die Finger im Spiel. Die Sprechproben verliefen erfolgreich und das war dann mein Einstieg.« Sie erzählt es mir ausführlich und ich freue mich über ihren neuen Vertrag. Das zeige ich ihr mit einer herzlichen Umarmung. Carlotta strahlt. »Doch nun zu dir. Was ist inzwischen passiert?« Ich berichte ihr von den jüngsten Ereignissen und dass ich mir nicht im Klaren bin, was als Nächstes geschehen wird.

Sie hört mir aufmerksam zu und unterbricht mich nicht. Dann holt sie tief Luft. »Ich kenne deinen Vater gut und glaube mir, er wird nichts entscheiden, was der Familie schaden könnte. Warte erst ab und höre dir alles in Ruhe an. Die wichtigsten Eckpunkte sind dir schon bekannt. Vielleicht ist es für dich am Ende gar nicht so schlecht, wie es sich gerade darstellt. Vertraue ihm!« Meine Lotta! – Sie weiß mal wieder Rat.

Am Abend fahre ich zu Mama raus. Meine Eltern wohnen etwas abseits von Wien, in einer schönen Villa umgeben von Weinbergen. Diese Gegend habe ich als Kind bereits geliebt. Die grünen Hänge, der Duft der Erde und wenn Weinlese ist, das fröhliche Lachen der Pflücker. Wir haben einige Freunde, die zu den Winzern gehören. Vater hat also immer einen guten Tropfen im Keller.

Nachdem ich das Tor passiert habe, fahre ich die breite Einfahrt, die von Rosen und anderen Blumen umsäumt ist, hinauf bis zur Treppe. Mama liebt es zwar nicht, wenn wir dort unsere Autos parken, aber ich will ja nicht zu lange bleiben. Anni muss mich gehört haben, sie kommt zur Haustür, die einladend offensteht.

»Na, welche Freude, Merry!« Das sagt sie so laut, dass auch Mama in der Diele erscheint.

»Lass dich ansehen. Alles gut?« Ich drücke beide und bestätige:

»Ja schon, nachdem ich den Schock jetzt verarbeitet habe.«

»Komm, lass uns einen Kaffee trinken und dann können wir plaudern.«

Wir gehen in den gemütlichen Wohnbereich mit der einladenden Sitzecke und dem offenen Terrassenbereich. Hier hat man einen Wahnsinnsblick auf die Weinhänge. Alles strahlt Ruhe und Harmonie aus.

Ich genieße es kurz und wende mich wieder meiner Mama zu. »Hast du dich bereits eingerichtet?«

»Ja, Merry, ich bin froh, wieder hier zu sein. Vielleicht hätte ich es eher bemerkt, dass dein Vater mit der Gesundheit Probleme hat. Ich mache mir schon Vorwürfe, aber ahnen konnten wir es beide nicht und Isabell brauchte mich nach ihrem Autounfall auch dringend. Zum Glück ist sie nun so weit, dass sie mit kleinen Hilfeleistungen mal allein zurechtkommt. Sie hat eine fürsorgliche Nachbarin, die ihr die Einkäufe abnimmt und mit dem Pflegedienst ist sie gut versorgt. Da kann ich beruhigt bei euch bleiben.«

»Mama, ich bin sehr froh, dass du jetzt hier bist. Mir brennen viele Fragen auf der Seele. Ich möchte gerne mit dir darüber reden, wie es nun weiter geht.«

Anni kommt mit dem Kaffee herein und bringt noch eine Schale mit Gebäck. Sie streichelt mir, wie früher über die Haare und lächelt mir zu. Anni weiß natürlich, was sie mir Gutes tun kann. Ich gebe ein Lächeln zurück und sie verlässt zufrieden den Raum.

»Mama, hat Paps mit dir über den Verkauf der Firma geredet?«

»Ich bin, wie du überrascht, habe aber jetzt über unsere vorherigen Gespräche nachgedacht und mehr auf seine Andeutungen geachtet. Er wollte zum Beispiel wissen, was wir gemeinsam tun könnten, wenn er mehr Zeit für mich hätte.«

»Was ist dir da eingefallen?«

»All die Wünsche über die wir schon mal gesprochen haben.

Spaziergänge, Reisen, Enkelkinder betreuen, Hobbys pflegen und vieles mehr.« Sie macht eine entsprechende Geste, – dass ihr bestimmt noch mehr einfallen würde.

»Wie war seine Reaktion?«

»Er hat gelacht und meinte, das sind schöne Dinge, die ihm auch gefallen könnten. Wir sind nicht weiter auf dieses Thema eingegangen, aber später hat er sich noch einmal dazu geäußert. Er beteuerte, dass wir doch ein gemütliches schönes Zuhause haben und wenn dann noch Enkel wären…«

»Da müsste er aber doch noch einige Jährchen warten«, entgegne ich.

»Na, vielleicht besteht ja Hoffnung, dass du bald den Mann fürs Leben kennenlernst. Ich würde es dir sehr wünschen. Karriere ist nicht alles, Merry.«

»Momentan ist da nichts in Aussicht. Aber wie stehst du eigentlich zu Paps Plänen?« Mama zögert. »Ich finde es nicht verkehrt, dass die Firma an einen potenziellen Käufer übergeben wird. Das, was dein Vater über Phillip Dreußig erzählt, klingt doch gut. Er hat Erfahrung, möchte neue Wege gehen und hat dich an seiner Seite. Du kennst die Materie und wirst für ihn sehr wertvoll werden.

Ich weiß, dass du die Tradition der »Stenzel Moden« nicht verändern möchtest, aber so ist nun mal das Leben. Wir sind in Wien recht erfolgreich und haben einen guten Absatz, aber international können wir nicht mithalten. Dein Vater erkennt das auch, aber ihm fehlt einfach die Kraft, um Neues aufzubauen. Das könntet ihr schaffen. Er glaubt an dich.«

»Ja, Lotta hat mir Ähnliches gesagt.«

»Du hast eine tolle Freundin, Merry.«

»Soll ich mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages noch warten, bis Paps das erledigt oder teile ich Herrn Dreußig schon mit, dass alles bleibt, wie mit ihm bereits besprochen?« Meine Mama entgegnet: »Wir fragen ihn morgen im Krankenhaus. Doch nun erzähle mir erst, welche Neuigkeiten es bei dir gibt! «

Sie erfährt von Lottas Theaterwechsel, dem gemeinsamen Engagement mit ihrem Lebenspartner, von meinem neuen Entwurf für ein Modellkleid und der Aussicht, die Premierenfeier mitzuerleben.

Die Zeit vergeht. Mama schlägt vor, hier zu übernachten. Das Auto draußen stört nicht. Die Aussicht auf einen geselligen Abend bei einem guten Wein und kuschliger Atmosphäre stimmt mich um.

KAPITEL 2

Phillip Dreußig sitzt in seinem Büro und schaut auf den Kaufvertrag. Wird die Tochter alles komplizierter machen? Er will die »Stenzel Moden« schon seit Langem und arbeitete darauf hin. Das Unternehmen passt genau in sein Konzept. Nicht zu viele Mitarbeiter, guter Ruf, keine veralteten Produktionsanlagen, familiäres Klima.

Hubertus Stenzels Infarkt hat alles noch beschleunigt. Nicht zu verachten – die Tochter. Das ist eigentlich für ihn das Zünglein an der Waage.

Bei einem Fototermin, in einem seiner Hotels, ist sie ihm bereits aufgefallen. Ihre grazile Gestalt, die glänzenden dunkelbraunen Haare und das Lächeln, das ihr Gesicht verzaubert.

Am See sollte ein Model ein weißes Kleid mit einem Schal aus durchsichtigem Material präsentieren. Der Fotograf fuchtelte mit den Armen und wirkte unzufrieden.

Er ging etwas näher, um den Dialog mitzukriegen. Das Model wirkte wütend, scheinbar erfüllte sie nicht seinen Erwartungen. Merry ging zu dem Mädchen und er hörte dann: »Das wirkt auf dem Foto alles zu aufgesetzt, deshalb ist Boris so ungehalten. Du stehst hier auf einem Steg – um dich herum Sonnenschein und frische Seeluft. Genieße es und lass beschwingt den Schal im Wind flattern. Öffne dein Lächeln und zeige Gefühle.«

Trotzig wollte das Model vom Steg eilen, doch Merry versperrte ihr den Weg.

»Das lernt ihr nicht auf der Model-Schule, ich weiß, aber wir möchten keine aufgesetzte Mimik, wie bei einer Puppe, sondern eine lebendige junge Frau, die diese wunderschöne Landschaft auch würdigt.« Sie nimmt ihr den Schal ab und schwingt ihn im Wind.

Es sieht aus, als würden ihre Beine gleich schweben. Ihr Lächeln erreicht die Augen und die Wirkung der Szene ist verblüffend. Das erkennt auch die junge Frau und imitiert diese Pose. Boris ist begeistert und wirft Merry einen Handkuss zu. Diese Frau hat es ihm sofort angetan. Ihre natürliche Anmut geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er muss ihr wieder begegnen. Im Hotel ist es ihm nicht gelungen. Sie war immer umringt von ihren Leuten und bei der nächsten Modenschau in Wien mehr hinter den Kulissen. So reifte in Ihm allmählich ein anderer Plan.

Ich arbeite an einem neuen Vertrag mit einem Stofflieferanten, doch meine Gedanken gehen plötzlich andere Wege. Der Abend mit meiner Mutter hat mir gutgetan. Ich denke daran, dass die Pläne meiner Eltern etwas Reales in ihrem Alter haben. Warum also nicht durch die Welt reisen und schöne gemeinsame Erlebnisse haben. Enkelkinder! Die meisten Mütter bekommen ihre Kinder vor dem 30. Lebensjahr. Meine biologische Uhr tickt bereits. Ich bin vor einem Monat 33 Jahre alt geworden. Da habe ich nicht mehr allzu viel Zeit. Klar, ab und zu gehe ich aus und flirte auch gerne, aber bisher ist mir noch kein Mann begegnet, der mir unter die Haut geht.

Es klopft, Angelika bringt mir einen Kaffee und bleibt abwartend stehen. »Merry, darf ich dich mal etwas Persönliches fragen?«

»Natürlich, wo drückt der Schuh?« Sie wirkt etwas verlegen.

»Ich habe doch einige Aussagen mitbekommen, als Herr Dreußig hier war. Muss ich mir Sorgen machen um meinen Arbeitsplatz?«

Ich sehe Angelika prüfend an. Kann ich mich auf ihre Loyalität verlassen oder ist schon etwas aus diesem Büro gedrungen? Ich mache daher einige Andeutungen. Angelika wird sehr verlegen und beichtet mir dann, dass sie ihrer Freundin, unterm Siegel der Verschwiegenheit, ihre Befürchtungen mitgeteilt hat. Das kennt man ja, was »Siegel der Verschwiegenheit« bei der Freundin mitunter bedeutet. Hinter vorgehaltener Hand kommt dann ein Lauffeuer zustande. Ich sage es ihr ziemlich deutlich und Angelika wird immer verlegener.

»Hoffentlich gibt es intern noch keine Gerüchte. Das führt zu einem großen Imageschaden. Wenn du irgendetwas mitbekommst, dann kläre das bitte sofort auf und gib mir Bescheid.«

»Aber was soll ich denn sagen?«

»Dass dir bisher keine Fakten bekannt sind.«

Nun hat sie auch nicht viel erfahren, das sehe ich an ihrem Gesichtsausdruck. Aber mehr werde ich derzeit nicht bekannt geben oder hat sie an der Tür gelauscht, als ich mit Phillip Dreußig in Vaters Büro war? Wenn ja, dann kann sie sich an 10 Fingern abzählen, dass ich den Informanten sofort erkenne und ihr Arbeitsplatz wirklich in Gefahr ist.

Ich rufe Mama an und sage ihr, dass ich in einer Stunde ins Krankenhaus fahre. Wir treffen uns dann dort.

Von meinem Gespräch mit Angelika sage ich vorerst nichts. Nun bin ich doch etwas misstrauisch, ob die Sekretärin meinen Anruf vielleicht mithört.

»Ich fahre jetzt ins Krankenhaus. Bitte rufe mich nur im Notfall an«, sage ich ihr im Hinausgehen.

»Selbstverständlich, bestelle Hubertus liebe Genesungswünsche von mir.«

»Danke, mache ich gerne«, antworte ich lächelnd.

Schon hat sich ihr besorgter Blick etwas geglättet.

Vater sieht ein wenig besser aus. Er empfängt uns mit Humor und meint, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis er wieder fit ist.

Alles nur Fassade, da sind Mama und ich uns mit einem Blick einig. Aber was soll‹s, wir spielen mit und heitern ihn auf. Als es dann doch um das Problem: Verkauf der Firma geht, wirkt er angespannt. Er begründet noch einmal, dass er die Kaufinteressenten unter die Lupe genommen hat.

»Wie hast du eigentlich publik gemacht, dass du Verkaufsabsichten hast?«, frage ich.

»Das ergab sich ganz zufällig bei der Modemesse in Brüssel in einem Gespräch mit Handelsvertretern. Herr Dreußig war auch in dieser Runde und hat mich einige Tage später kontaktiert.«

»Gab es denn noch andere Interessenten?«

»Da war ein Versandhausvertreter. Ich glaube, dass es ihm nur um unseren guten Namen ging. Was mit der Produktionsstätte wird, war alles sehr schwammig.«

»Hast du es in den Medien publik gemacht?«

Ich denke da an die Gerüchte in unserer Belegschaft.

»Nein, es war nur dieses eine Gespräch. Das kam aus einem Impuls heraus zustande, ohne nähere Erläuterungen.« Er erzählt mir Einzelheiten, an die er sich erinnert. Ich atme auf. Vielleicht kommen wir bis zur Klärung noch gut durch. Paps erklärt mir seinen Standpunkt und welche Bedingungen daran geknüpft sind. Ich stelle noch einige Fragen und bin etwas erleichtert. Zum Glück führt er die Verhandlung, möchte mich aber dabeihaben.

Das Vertragsmuster konnte ich bereits lesen. Die Tage vergingen wie im Fluge. Paps wurde aus dem Krankenhaus entlassen und ist jetzt in der Reha.

Mit Phillip Dreußig konnten wir uns darauf einigen, dass er etwas abwarten muss. Er zeigte sich erstaunlich einsichtig, fragte aber nach unseren weiteren Plänen. Ich berichtete ihm von der Vorbereitung der nächsten Modenschau und er schlug mir vor, sie im Meridian stattfinden zu lassen. Warum nicht! Ich wusste, dass es zu seiner Hotelkette gehört, fand aber keine Einwände. Dieser Kompromiss könnte uns erhebliche Kosten sparen. Mit neuem Elan machten wir uns an die Entwürfe. Ich schlug Ulla vor, die Kleiderlinie mal mit einem neuen Thema zu kreieren. So wie im Märchen, als sich die Prinzessin ein Kleid, wie die Nacht und den Tag wünschte.

Ulla schmunzelte, keine so verrückte Idee. Ich bezog noch die Jahreszeiten ein oder die Musik. Für mich entwarf ich ein Modell, das abstrakt ein Schachbrett darstellte, jedoch mit verschobenen Figuren und verschiedenen Farben. Um es besonders wirken zu lassen, wählte ich einen bootförmigen Ausschnitt und einen weichen fließenden Rock mit leichten Falten. Die Formen müssen wohl einzeln per Hand entstehen und werden sicher aufgenäht. Ich glaube nicht, dass dieser Stoffentwurf mit unserer Webtechnik entstehen kann. Aber da hatte ich mich getäuscht. Genial, was alles möglich ist. Am Schnitt wurden, dank Ulla, noch einige Änderungen vorgenommen, aber meine abstrakte Grundidee blieb erhalten. Für das Schnittmuster verwendete man als Prototyp meine Maße. Ulla bestand darauf, denn der Entwurf entsprach ja meinen Vorstellungen. Ich fühlte mich geehrt. Nun war ich mehr denn je daran interessiert, wie sich die Anfertigung vollzog. Wenn alles passt, könnte es ein neuer Durchbruch in der Modeszene sein. Alle Abteilungen arbeiten auf Hochtouren. Im nächsten Monat soll die Modenschau stattfinden. Zum Glück sind 80 % der Entwürfe bereits geschneidert. Unsere Extras befinden sind noch in der Endfertigung und es könnte sogar sein, dass wir gegebenenfalls den Termin verschieben müssen. Die Zeitkalkulation geht nicht ganz auf, aber ich bin optimistisch. Bisher lief alles wie am Schnürchen.

Ah, Herr Dreußig hat auch ein Anliegen! Ich nehme den Anruf entgegen und höre gespannt zu.

Fleißig, fleißig der Herr! Der Raum steht zur Verfügung und eine Buchung des Caterings ebenfalls. Nun muss noch der konkrete Termin bekannt sein. Das ist leider mein Problem. Ich bedanke mich und sichere ihm bald einen Rückruf zu.

In einer Besprechung mit meinen Mitarbeitern erfahre ich von den kleinen und größeren Problemen der Anfertigung und kann einige Details sofort klären. Die Termineinhaltung muss gewährleistet werden, das ist allen klar. Notfalls gibt es Sonderschichten in einzelnen Abteilungen. Bis wann ist es sicher? Wir legen das Wochenende fest.

Ulla fragt nach meinem Overall-Entwurf, den ich zur Theaterpremiere tragen möchte. Wir setzen uns in mein Büro und besprechen gemeinsam Material, Farbe, Accessoires und Maße. Sie möchte ihn morgen der Schnittmeisterin vorstellen. Hanna hat ein besonderes Händchen dafür, die technische Aufarbeitung am Computer zu optimieren. Ich sehe, es läuft!

Auch die neue Kollektion ist bereits auf den Weg gebracht und wird schon parallel dazu angefertigt. Vorausplanung ist wichtig, denn bis die Kleidung auf den Markt kommt, vergehen schließlich einige Monate.

Lotta ruft mich am Samstagvormittag an. Sie beklagt sich, dass sie so gar keine Zeit für ihre liebste Freundin hat.

Ich beruhige sie und erzähle ihr auch von meinem Arbeitsmarathon. Sie fragt nach der Modenschau und ich nach der Premiere. Bevor wir stundenlang telefonieren, machen wir einen Treff bei mir in der Wohnung aus. Da können wir uns entspannen.

Lotta kommt mit Blumen und Pralinen. Na, so eine Ehre. Ich setze Kaffee auf und sie erzählt mir von den Proben.

Das Stück ist von einem jungen Autor. Ich habe mich im Internet schon etwas mit der Handlung vertraut gemacht. Mit der Rolle der Linda kann sie sich gut identifizieren und Michael ist ihr Gegenspieler, der Student Jonas.

Sie berichtet von ihren hitzigen Diskussionen mit Michael, wenn es um die Einstudierung der Charaktere geht. Glücklicherweise steuert ihr Lebenspartner mit sachlichen Argumenten dagegen. Er bringt sie mit seiner ruhigen und liebevollen Art schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es ist zu merken, die beiden ergänzen sich nicht nur als Paar wirklich gut.

Ich zeige Lotta meine Entwürfe und sie gibt humorvoll ihren Kommentar dazu. Dann schildre ich ihr, wie schwierig es ist, den geplanten Termin einzuhalten. Das Datum konnte erst gestern festgelegt werden.

Als wir den Wein öffnen, fragt sie nach meinem Vater. Ich erzähle erleichtert: »Zum Glück geht es ihm immer besser und er kommt in der nächsten Woche aus der Reha.«

»Da müsst ihr ja nun den Verkauf einleiten«, meint Lotta.

»Ja, und ich befürchte, der schwierigste Part wird die Belegschaft sein. Bisher kursieren unterschwellig Gerüchte, aber nun gibt es ja die konkreten Fakten.«

»Dann hat sich eure Sekretärin an deine Weisung gehalten?«

»Ich glaube schon.«

»Ich kann euch nur wünschen, dass alles gut wird und du auch den Respekt bekommst, den du verdienst.« Lotta kann zwar meine inneren Zweifel nicht ganz ausräumen, aber es ist beruhigend zu wissen, dass sie für mich da ist.

Vater kommt schon am Sonntag aus der Reha und möchte mit mir reden. Ich fahre zu meinen Eltern und lasse mich mit Schweinebraten und gutem Wein verwöhnen.

Im Arbeitszimmer wird es dann ernst. Die Vollversammlung muss vorbereitet werden, einschließlich der Rede. Ich teile ihm alle Neuigkeiten mit.

Soll Herr Dreußig dabei sein? Vater meint, es ist besser, wenn er erst mit seinen Leuten redet und sie ehrlich über seine Gesundheit aufklärt. Ich bin auch seiner Meinung. Wir legen uns einen Terminplan zurecht. Alles wird gut! Mir fällt jetzt doch ein Stein vom Herzen. Die schwierigsten Dinge liegen nicht mehr in meiner Verantwortung.

Die Übernahme verlief nach Plan und es gab keine besorgniserregenden Diskussionen. Paps konnte seine Mitarbeiter davon überzeugen, dass er an ihre Treue und ihre wertvolle Arbeitskraft bei der Ausarbeitung der Verträge gedacht hat. Auch Herr Dreußig war mit unserem Vorgehen einverstanden und unterschrieb den Kaufvertrag.

So weit war nun alles geregelt. Als Herr Dreußig in sein Büro einzog, bat er Angelika und mich zu sich und stieß mit uns auf eine gute Zusammenarbeit an.

»Gar nicht unsympathisch«, meinte Angelika später. Ja, das finde ich auch. Er hat eine charmante Art und verhält sich aufgeschlossen, aber nicht autoritär. Das könnte eine gute Zusammenarbeit werden. Bleibt also abzuwarten.

Die Modenschau rückt immer näher. Jetzt helfe ich auch bei der Verpackung der Modelle. Unsere Models sind gebucht, die Bühne vorbereitet, das Catering bestellt und alle Mitarbeiter, die vor und hinter den Kulissen wirken, eingestimmt.

Heute ist Generalprobe. Meine Eltern und Carlotta sind ebenfalls dabei. Ich bin sehr aufgeregt, denn die Dinge lagen bisher in meiner Hand auch die Absprache mit dem Choreografen. Wenn das so läuft, wie jetzt, können wir nur begeistert sein. Lotta jubelt.

»Merry, die Kollektion ist bombig. Ich suche mir garantiert was aus.« Dann zwinkert sie mir zu. »Natürlich nur die Sachen, die ich mir leisten kann.« Ich schaue meine Eltern an. Mama strahlt ebenfalls und drückt mich liebevoll. »Dein Vater und ich sind stolz auf dich und dein Team. Ich habe auch zwei Kleider gefunden, die mir gut gefallen. Eins davon werde ich bestimmt bestellen.«

Ulla traut sich nun aus der Deckung und kommt mit strahlenden Augen zu uns.

»Ich habe es gehört. Hoffentlich kommen morgen ähnliche Reaktionen.«

Der große Tag ist da. Wie die Wiesel wird hinter den Kulissen gearbeitet. Das Bühnenlicht geht an und der Moderator begrüßt die Gäste. Ich weiß, dass wir viel Publikum haben und auch einige Prominenz aus Politik und Kultur. Sogar die Gattin des russischen Botschafters ist anwesend.

Das erste Model betritt den Laufsteg und geht mit gekonnten Schritten zum Publikum. Es ist ein Kostüm aus der Tageskollektion. Ich schaue neugierig zu den Zuschauern – wohlwollende Gesichter, leichtes Tuscheln, wie man es auch sonst so kennt. Das ist ein gutes Zeichen!

Als dann die Kleider mit unseren neuen Themen präsentiert werden, gibt es ein Raunen und kräftigen Beifall. Wir sind angekommen, juble ich innerlich und Phillip Dreußig, der an meiner Mimik sieht, was ich denke, nickt mir anerkennend zu.

Überall zufriedene Gesichter. Wir haben es geschafft! Unsere neue Produktlinie findet Anerkennung. Ulla hat heute ihren besonderen Tag.

Ich gönne es ihr von Herzen. Nun knallen die Sektkorken.

Die Modenschau fand auch einen Platz in den Wiener Medien. Das Arrangement und die einfallsreiche Themengarderobe werden besonders gewürdigt. Unsere Presse- und Versandabteilung meldet ein allgemeines Interesse über die Grenzen von Wien hinaus.

Phillip Dreußig ist zufrieden. Das war ein guter Start. Merry, ist eine engagierte und kompetente Geschäftsfrau und er wird ihr in seinem Unternehmen mehr Verantwortung übertragen. Da er schließlich öfter auf Reisen ist, sind zuverlässige Mitarbeiter wichtig. Doch nun muss er sehen, wie sie sich privat etwas näherkommen. Ein Geschäftsessen könnte der Anfang sein.

Nach der Feier ließ ich mir etwas Zeit, morgens im Büro präsent zu sein. Ich schaute zuvor in allen Abteilungen vorbei und gratulierte auch dort zu unserem Erfolg. Einige Mitarbeiter, die mich schon sehr lange kennen, scheuten sich nicht, mich zu drücken oder per Handschlag ihre Freude zu zeigen. Das macht eben unser familiäres Klima aus.

Angelika teilt mir nun mit, dass Herr Dreußig schon nach mir gefragt hat. Ich gehe gelassen in sein Büro. Er steht auf und gratuliert mit Blumen zu unserem Erfolg. Nun bin ich erst mal baff. Die Einladung zum Abendessen überrascht mich etwas.

Was soll’s, es gehört wohl dazu, wenn man die engste Mitarbeiterin näher kennenlernen möchte. Wir verabreden, uns im Restaurant zu treffen.

Hm, was ziehe ich an? Elegant oder doch etwas mehr geschäftsmäßig? Ich durchforste meine Garderobe. Ein Kleid mit schwarzer Grundfarbe, übersät mit kleinen Farbspritzern, als wären sie aus dem Schwarz herausgekratzt, findet meine Aufmerksamkeit. Der längliche Ausschnitt wird mit einer blauen Kante betont und in der Taille befinden sich farbige Muster, wie Luftschlangen.

Dazu mein dünner schwarzer Mantel – perfekt!

Der Kellner begleitet mich zum Tisch und Herr Dreußig empfängt mich stehend. Beinahe hätte er mir einen Handkuss gegeben. Ich sehe, dass er selbst etwas verunsichert ist.

Er betont, wie schön, dass wir uns nun näher kennenlernen, und wünscht sich ein anregendes Gespräch. Wir vertiefen uns in die Speisekarte und lassen uns die Aperitifs schmecken, die er vorab bestellt hat. Er betrachtet mich eingehend und sagt: »Ihr Kleid gefällt mir. Es regt die Fantasie an. Ich denke an Silvester und einen Nachthimmel voller leuchtenden Raketen.« Ich schmunzle: »Dann hat das Design seinen Zweck erfüllt. Wir möchten uns mit solchen Modekompositionen von anderen Marken abheben. Mehr das Grafische betonen und mit Themen und Farben variieren. Die Modenschau hat gezeigt, dass die Damen das durchaus gut finden. Ich habe den Markt analysiert und unsere Bestellliste mit speziell diesen Kleidern gecheckt. Unsere Idee gibt viel Spielraum auch für die Kinder – und Herrenmode. Haben Sie vor, diesen Bereich noch zu erweitern? Wir sind ja auf Damenmode spezialisiert.«

»Das klingt wirklich interessant, aber nein, ich möchte in den Hotelboutiquen nur exquisite Damenmode verkaufen, vielleicht mit passenden Taschen, Strümpfen, Tüchern oder mit Schmuck. Ich hatte auch schon mit Schuhen geliebäugelt. So als würde man sagen: Sie haben Theaterkarten, aber keine exquisite Garderobe? Kein Problem, in unserem Shop finden sie alles passend. In anderen Ländern sind solche Shops sehr beliebt. Für Schuhe fehlt allerdings die Lagerkapazität.«

»Interessant«, meine ich, »haben Sie dafür schon Mitarbeiter, die die Einrichtung der Boutiquen übernehmen?«

»Ja, das ist bereits geregelt, mir fehlen jedoch noch die Gestaltung der Warenpräsentation und die Auswahl der Kleidung. Da habe ich an Ihr Talent und Ihren Geschmack gedacht. Das wird sicher Neuland für Sie, aber ich glaube an Ihre Kreativität. Sie haben mir in der letzten Zeit bewiesen, wie Sie sich ins Zeug legen, wenn Sie für eine Sache brennen. Das veranlasst mich, Ihnen mein Vertrauen auszusprechen und diese Aufgabe zu übertragen.« Ich muss schlucken.

»Sie meinen wirklich, dass ich die Richtige bin?«

»Davon bin ich überzeugt. Denken Sie in Ruhe darüber nach, aber ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.«

Wir nehmen unser Essen ein und ich schweige eine Weile. Phillip Dreußig erhebt sein Glas und prostet mir zu:

»Auf Ihre neue Aufgabe! Übrigens, wir werden in Zukunft eng zusammenarbeiten. Ich möchte das steife SIE weglassen. Darf ich dich Merry nennen?« Ich habe nichts dagegen und so prosten wir uns erneut zu. Hoffentlich verzichtet er auf einen Kuss, schießt es durch meinen Kopf. Als hätte er meine Gedanken erraten, lächelte er mir zu. Wir fachsimpeln noch eine Weile herum.

Aus einer Laune heraus gebe ich ihm ein Kompliment für seinen guten Kleidungsstil. Nun entwickelt sich eine lockere ungezwungene Unterhaltung, wie es zur Auswahl unseres Unternehmens kam, die Beziehung zu meinem Vater und weitere Zukunftsvisionen.

Die Zeit flog dahin und nach der Verabschiedung mit einem freundlichen Händedruck, fahre ich mit dem Taxi zurück. Als ich am nächsten Morgen Angelika begegne, fragt sie, ob ich einen schönen Abend hatte. In dem Moment erscheint Phillip.

»Guten Morgen, meine Damen! Merry, ich komme nachher mal vorbei und bespreche mit dir die ersten Vorhaben für unser Projekt.« Angelika zieht die Augenbrauen hoch und sagt, als wir allein sind:

»Habe ich da etwas verpasst?«

»Na ja, wir haben gestern die Förmlichkeiten abgelegt.« Dann lasse ich sie mit ihrem fragenden Gesicht stehen und gehe in mein Büro. Später, als Phillip und ich die Einzelheiten besprechen, gibt es einen merkwürdigen Moment.

Er beugt sich über den Tisch und sieht mich tiefsinnig an. Wie in einem Bann kann ich dem Blick nicht widerstehen. Als er gerade etwas sagen will, klingelt das Telefon. Ich löse mich davon und deute auf die Nummer. »Das ist der Versand.«

Ich höre kurz zu und sage ihnen, dass ich später zurückrufe. Nun sind wir beide verunsichert. Phillip meint dann, ich könne mir ja erste Gedanken zu seinem Anliegen machen und verlässt das Zimmer.

Was war das eben? Kommen da Gefühle ins Spiel? Ich frage mich, ob er mehr, als nur meine Mitarbeit will. Das kommt für mich nicht infrage. Eine Beziehung mit meinem Chef ist für mich tabu.

Sei also auf der Hut, Merry, überlege ich!

Mit der Post flattern die Premiere Karten für meine Eltern und mich ins Haus. Lotta hat noch liebe Zeilen für einen schönen gemeinsamen Abend angefügt. Den werden wir bestimmt haben. Letzte Anprobe. Mein neues Kleid passt super und steht mir ausgezeichnet. Der weiße Grundton unterstreicht die Vielfalt der Muster und Farben wie eine Leinwand. Das fließende Material umschmeichelt meine Figur. Lotta kommt am Abend vorbei und fragt nach meiner Garderobe. Sie weiß noch nicht, was sie zur Feier anziehen soll. Wir stöbern in meinem Kleiderschrank nach einem passenden Kleid für sie. So ist Lotta wenigstens abgelenkt.

Ein Mädels- Abend tut immer gut, wenn man angespannt ist.

Ich treffe mich mit meinen Eltern vorm Theater und wir haben noch Zeit, ein Schlückchen zu trinken. Auch Lottas Eltern kommen nun. Unsere Mütter tauschen sich aus, wie bedeutsam diese Premiere ist. Dann schnurrt mein Handy.

»SOS, ich bin sehr nervös«, teilt mit Lotta aufgeregt mit. Ich schreibe ihr schnell.

»Warte einen Moment, ich gehe in eine Ecke, wo uns kaum jemand hört.« Dann schalte ich den Videoempfang an und sehe sie durch die Garderobe tigern. Ich sehe sie fast beschwörend an.

»Bleib ruhig! Du hast bei den Proben bewiesen, dass du alles beherrscht. Mach dich also jetzt nicht verrückt! Du setzt dich besser hin und trinkst etwas Wasser! Schließ die Augen und entspann dich. Wenn gar nichts hilft, sieh nur mich im Publikum an! Du bist jetzt Linda, blende alles andere aus.« Ich sehe, dass sie endlich auf dem Stuhl sitzt und trinkt.

»Ich muss jetzt los, damit wir rechtzeitig am Platz sind. Du weißt ja, wo wir sitzen! Alle freuen sich auf dich und glaub mir, nach den ersten Sätzen ist das Lampenfieber weg.« Lotta nickt nur. Sie wird es schon schaffen. Unsere Plätze sind im Parkett nahe an der Bühne. Wie schön, da brauche ich kein Opernglas. Die Vorstellung wird ein Erfolg. Viel Beifall mit mehreren Vorhängen belohnt die Theaterleute.

Meine Eltern nehmen nicht an der Premierenfeier teil. Für sie war das auch so ein gelungener Abend. Als ich Lotta und Michael dann in den anderen Räumen wieder begegne, umarme ich sie erst und zeige ihnen, was mir ihr Spiel und ihre Freundschaft bedeuten. Wir stoßen an und plaudern über einzelne Szenen. Lotta raunt mir leise zu. »Danke, dass du mich vorhin gerettet hast. Ich habe dich zuerst angeschaut und merkte, dass es wirkt. Dann lief es wie gewohnt.« Ich streiche ihr über den Arm.

»Freut mich, dazu sind ja Freundinnen da!« Nach einer Weile schlendere ich zum Buffet und später durch die Gänge. An einem Werk von Wassily Kandinsky bleibe ich längere Zeit stehen und betrachtete es intensiv. Hinter mir sagt jemand: »Als ob Sie gerade aus dem Bild gestiegen sind.« Ich antworte ihm spontan:

»Ähnliches habe ich eben auch festgestellt.« Nun drehe ich mich doch um und bin erstaunt. So einen interessanten Mann habe ich nicht erwartet. Sehr markante Nase, dunkles, leicht welliges Haar, etwas länger als üblich. Seine dunkelbraunen Augen sehen mich amüsiert an. Ich zwinkere ihm zu. »Nach ihrem leichten Akzent zu urteilen, möchte ich Ihnen russisch antworten. Bolschoi spasibo. – Treffe ich da ins Schwarze?«

»Sie treffen!«, sagt er überrascht.

»Darf ich mich vorstellen? Andrej Petrenko.«

»Angenehm, Merry Stenzel.« Er lächelt und gibt mir zu verstehen, dass er meinen Namen durchaus kennt, denn er war bei der Modenschau im Hotel Meridian auch dabei.

»Was macht ein Mann, wie Sie, auf einer Modenschau?«

»Ich bin Diplomat und arbeite als Verantwortlicher für den Bereich Kunst und Kultur. Die Modenschau hat eine gute Freundin, sehr interessiert. Ich habe sie dorthin begleitet. Sie ist übrigens sehr angetan von der Vielfalt und Eleganz der Modelle.« Er tritt ein Stück zurück und zeigt auf meine Figur. »Schauen Sie sich an, Sie wirken in Ihrem Kleid, als hätte sie ein Künstler geschaffen.« Ich lächle etwas überlegen. »Nun, erst einmal habe ich mein Kleid selbst entworfen und dabei nicht an ein Kunstwerk gedacht, sondern eher daran, meine Vorstellungen von Schach in Formen und Farben zu vereinen und die Linien, wie in der Mathematik zu strukturieren, aber doch eine bildhaft abstrakte Wirkung zu erreichen.«

Er schaut mich erstaunt an. Ob er sich über meine Aussage wundert? Doch seine Antwort folgt prompt. »Ich denke, Ähnliches hatte auch dieser Maler im Sinn. Wissen Sie, dass er mehrere Ideen entwarf und sie dann, nummerierte?«

»Ja, ich kenne einige Werke. Mir gefällt aber gerade an dieser Ausdrucksform, wie viele Themen harmonisch in Szene gesetzt werden, ohne unsere Betrachtungsweise direkt zu beeinflussen. Ich entdecke Elemente aus der Musik und grafische Darstellungen. Sogar nur angedeutete Gegenstände, wie das Schachbrett sind mit dem 2. Blick genauer zu erkennen. Sehen Sie, alles ist durch Linien und unterschiedliche Formen irgendwie miteinander verbunden«, dabei zeige ich auf einen Bildausschnitt.

»Ich finde, diese Kreise geben dem Ganzen den Ausdruck, alles gehört zusammen.«

»Also besser kann ich dieses Bild auch nicht beschreiben. Sie haben mir sogar neue Einblicke gegeben.« Er deutet mit einer Geste auf meine Figur.

»Und nun betrachten Sie noch einmal Ihr Kleid! Ich glaube sogar, dieser Künstler würde begeistert sein.« Die Schmeicheleien verunsichern mich etwas.

»Wir wollen das mal nicht überbewerten. Wichtig ist mir, dass es ein Unikat ist und ich mich darin wohlfühle.«

»Ich darf Ihnen noch einmal ein Kompliment aussprechen. Nicht nur das Kleid ist wunderschön. Ich bin über unsere Begegnung sehr erfreut. Doch nun hole ich uns erst ein Glas Sekt und wir können darauf anstoßen.«

Ich bleibe erstaunt, aber durchaus erfreut stehen und sinne vor mich hin. Der Mann hat was – gebildet, angenehmes Äußeres, charmant und ein interessanter Gesprächspartner. Weiter komme ich nicht mit meinen Gedanken, denn plötzlich steht Lotta neben mir.

»Unser Intendant möchte dich gerne sprechen.«

»Das ist aber ungewöhnlich. Normalerweise begibt sich der Mann zur Frau und gibt sein Anliegen kund, das klingt gerade wie eine Order.« Lotta versichert mir, dass es so nicht gemeint sei. Ich sehe sie fragend an. »Dir ist es wohl wichtig, dass wir dieses Gespräch führen? Gab es eine Andeutung, worum es geht?« Lotta wird verlegen. »Ich denke, es hat etwas mit der Beschaffung von Kostümen zu tun.«

»Ach so, es sind also geschäftliche Dinge. Na dann kann er ja noch etwas warten.« Da kommt Andrej mit unserem Getränk zurück.

»Darf ich bekannt machen: Andrej Petrenko und meine Freundin Carlotta Heller.«

Andrej strahlt sie an. »Wie schön, dass wir uns begegnen. Da kann ich Ihnen gleich sagen, wie gut mir diese Inszenierung gefallen hat. Die Figur der Linda ist Ihnen großartig gelungen.« Lotta ist sehr erfreut, bedankt sich und blickt mich an. Sie erwartet wohl doch eine Antwort von mir.

»Ich komme nachher mal zu eurem Theatervölkchen. Jetzt stoßen wir erst an.«

Da Andrej nur 2 Gläser in der Hand hält, reicht er seines Lotta. Sie lehnt aber ab und bringt als Vorwand, dass wir unser Beisammensein ruhig genießen sollen, und entfernt sich wieder. Wir trinken Brüderschaft ohne Kuss und unterhalten uns angeregt. Andrej erzählt etwas von seinem Wirkungskreis und fragt mich, wie ich seine Herkunft richtig einordnen konnte. Ich erzähle ihm von meiner Reise nach Moskau und von unserem georgischen Dolmetscher. In meiner Erinnerung hat er auch so markante Gesichtszüge. Das war einfach Intuition. Andrej ist beeindruckt und erklärt: »Meine Urgroßeltern sind Georgier. Meine Eltern leben in Moskau.« Langsam schlendern wir dabei in Richtung der Gesprächsgruppen. Als mich der Intendant wahrnimmt, kommt er zu mir.

»Schön, dass wir uns begegnen, Frau Stenzel, ich darf mich vorstellen: Oskar Zeiler. Ich habe großes Interesse daran, mit Ihnen geschäftlich zu reden.« Ich sehe ihn etwas erstaunt an. »Ist da nicht das Büro ein besserer Ort als hier, wo alle in Feierlaune sind?« Etwas verlegen antwortet er: »Da haben Sie in gewisser Weise recht, aber, wenn ich Sie schon persönlich treffe, da möchte ich mein Anliegen gerne vorbringen. Kommen Sie bitte, wir gehen in einen etwas ruhigeren Bereich.« Ich bin nicht begeistert, will es aber wegen Lotta nicht verderben.

Er erzählt mir von der nächsten Inszenierung und seiner Idee, dafür Kostüme aus unserer Kollektion auszuwählen. Dabei geht es ihm, durch die indirekte Werbung mit den Kostümen, um einen Preisnachlass. Ich verstehe schon sein Interesse, weise aber darauf hin, dass solche Verträge zwar von mir aufgesetzt werden, aber letztendlich der neue Eigentümer darüber entscheidet. Ich rate ihm, sich mit Herrn Dreußig in Verbindung zu setzen. Damit er aber vorab informiert ist, werde ich ihm von unserem Gespräch berichten. Er dankt mir und wir gehen wieder zu den anderen.

Lotta blickt mir erwartungsvoll entgegen. Ich zwinkere ihr zu. Andrej hat sich zurückgezogen. Es ist bereits spät.

Ich verabschiede mich von meinen Freunden und fahre nach Hause.

Das Wochenende verbringe ich bei meinen Eltern. Mama und ich machen einen langen Spaziergang in den Weinhängen und unterhalten uns angeregt über den gestrigen Abend und sonstigen Geschehnissen. Vater fachsimpelt am Abend mit mir über die neue Kollektion und stellt viele Fragen zu Neuerungen im Betriebsablauf.

Am Sonntag gehe ich mit Susi, dem Terrier meiner Eltern, auf Tour. Ich genieße es, mit ihr, kurze Strecken, um die Wette zu laufen oder Stöckchen zu schmeißen.

Das Herumbalgen tut uns beiden gut und Susi leckt ergeben meine Hand. Danach scharwenzelt sie stets erwartungsvoll um mich herum. Vater lacht. »Sie lässt dich bestimmt ungern gehen. Wir können leider nicht so mit ihr herumtollen, aber wir verstehen uns auch prächtig«, dabei knuddelt er Susi ausgiebig. Man sieht auch an ihrem treuen Hundeblick, wie sehr sich beide mögen. Die Hündin ist für meine Eltern ein Gewinn. Ihre Fürsorge, die langen Spaziergänge und die gegenseitige Zuneigung sind Balsam für die Seele. Ja, das waren wieder schöne Tage bei ihnen, versichere ich meinen Eltern.

KAPITEL 3

Die Woche beginnt mit einer Teambesprechung. Im Anschluss bitte ich noch Ulla zu mir. Wir wählen schon einige Favoriten für die Eröffnung der Boutique aus. Auch wenn noch nichts eingerichtet ist, kann es ja nicht schaden, vorbereitet zu sein. Ich schaue mir im Anschluss geeignete Ladenregale und Kleiderständer im Internet und in Katalogen an. Der Grundriss der Verkaufsfläche ist zwar bereits vorhanden, aber da fehlt noch einiges an Organisatorischem. Phillip teilt mir am Telefon mit, dass er 2 Wochen außer Haus ist und ich die Zügel in die Hand nehmen muss.

Na, toll! Dann hoffen wir mal, er ist bei größeren Problemen auch erreichbar.

Angelika klopft und bringt einen großen Frühlingsstrauß herein.

»Der ist aber schön«, sage ich spontan.

»Er wurde gerade von einem Boten abgegeben. Hier ist auch ein Schreiben dabei.«

»Danke!« Ich suche nach einer Vase. Angelika bleibt neugierig stehen. Den Brief lege ich auf den Tisch und sortiere die Blumen. Da merkt sie endlich, dass ich den Brief nicht in ihrer Gegenwart öffnen werde. Mein Herz klopft etwas schneller. Andrej oder Phillip? Es ist Andrej. Er dankt mir für den schönen Abend und lädt mich zu einem Abendessen ein. Jetzt erfahre ich auch seine Handynummer. Ich speichere sie und schreibe ihm.

Das ist heute ein besonderer Wochenstart. Vielen lieben Dank für den wunderschönen Blumengruß. Ich nehme deine Einladung gerne an. Wir treffen uns 19.30 Uhr dort. Ich freue mich auf dich.

Liebe Grüße Merry

Kaum abgesendet, kommt schon die Antwort.

Wunderbar. Bis bald!

Jetzt habe ich plötzlich Elan und die Dinge lösen sich fast von allein. Gegen Abend schneit Phillip in mein Büro. Er möchte mir noch einige Instruktionen geben, bevor er abreist. Ihm fallen die Blumen auf und er fragt scherzhaft: »Neuer Verehrer?« Ich gebe mich geheimnisvoll. »Wer weiß!« Er zeigt mit der Hand zur Vase.

»Schöner Strauß!«

»Ja, finde ich auch. Danke.« Nachdenklich geht Phillip aus dem Büro. Er albert mit Angelika herum und meint, dass sie gut auf ihre Chefin aufpassen soll, wenn er weg ist. Damit es nicht auffällt, erwähnt er ganz nebenbei den schönen Strauß. Seine Rechnung geht auf. Angelika erzählt nur zu bereitwillig, was sie weiß.

Kommt ihm nun kurz vor dem Ziel ein anderer Mann in die Quere? Vielleicht sollte er sich nicht mehr zu viel Zeit lassen, ihr seine Gefühle zu zeigen. Er wollte alles behutsam angehen, doch nun könnte die Sache aus dem Ruder geraten. Wenn er wieder zurück ist, muss er offensiver werden. Ist Mist, dass sein Vater ausgerechnet jetzt die Anteilseigner zusammenruft. Er ist nun mal der Geschäftsführer und da gibt es keine Ausrede.

Endlich Feierabend! Was ziehe ich an? Ich denke, das fragt sich wohl jede Frau vor einem Rendezvous. Eigentlich ist das gar nicht schwer – Garderobe habe ich genug. Ich schließe die Augen und fahre mit der Hand die Bügelreihe ab, sage irgendwo stopp und schaue, was da hängt. Mein Schachbrett-Kleid. Ich fasse es nicht. Ob es übersinnliche Mächte gibt? Also noch einmal! Diesmal ein blumiges Kleid mit dreiviertel Arm. Gar nicht so schlecht!

Ich habe dabei den Blumenstrauß im Kopf. Passt doch! Etwas Make-up und die Haare offen, rote Schuhe und rote Handtasche – fertig! So sehe ich flott aus. Meinen weißen Blazer kann ich ja dann ablegen. Ich rufe ein Taxi und lasse mich zum Restaurant bringen. Diese Gegend kenne ich nicht. Andrej erwartet wohl, dass ich pünktlich bin. Er steht bereits vor dem Eingang. Mit einem strahlenden Lächeln, der eine Prinzessin begrüßt, öffnet er mir die Tür und führt mich zu unserem Tisch. Ich sehe mich um. »Das ist eine sehr elegante Einrichtung, gefällt mir gut.«

»Freut mich.« Dann betrachtet er mich eingehend. Charmant macht er mir wieder Komplimente. Als hätte er mich durchschaut, stellt er fest: »Heute nicht abstrakt, sondern ein besonderer Blumenausschnitt aus einem wunderschönen Garten.« Natürlich denken wir wieder an ein bestimmtes Bildwerk, diesmal von Monet.

»Durchaus möglich. Vielleicht soll es aber eher eine Dankesgeste für die schönen Blumen sein.« Ich lächle ebenso charmant. »Es klingt ja, als hättest du dir wirklich Gedanken gemacht.«

»Sagen wir mal so, ich möchte dir zeigen, dass ich mich sehr gefreut habe.« Er küsst meine Hand.

»Das ist schön.«

Beim Essen plaudern wir über Kunst und Mode und ich erkenne immer mehr, wie bewandert er auf diesem Gebiet ist. Als ich nach seinen Plänen in Wien frage, schweigt er ein Weilchen.

»Ich denke, das ist kein Job bis zur Rente. Wenn du in der Politik arbeitest, kommt es auch schnell mal zum Umbruch. Jetzt gefällt mir meine Arbeit noch sehr gut, aber ich kann nicht einfach 5 Jahre in die Zukunft schauen.« Ich lege meine Hand auf seine. »Dann lass uns das Heute genießen.«

Für den ersten Abend nur zu zweit war dieses Treffen sehr angenehm.

»Ich möchte unbedingt ein Wiedersehen, Merry«, verabschiedet er mich. Ein Küsschen links und rechts und ein langer Blick. Ich nicke nur und sage: »Wir hören voneinander.«

Die Einrichtung der Boutique geht langsam voran. Ich habe einige Vorschläge für Möbel zusammengestellt und eine erste Auswahl der Bekleidung. Um passende Taschen, Handschuhe und Modeschmuck kümmert sich dann ein Handelsvertreter. Ich denke, unsere Ideen sind ganz gut. Mal sehen, was der Chef dazu meint.

Lotta ruft an und erkundigt sich nach dem Date gestern.

»Andrej ist ein interessanter Gesprächspartner, ich schätze auch seine humorvolle Art.«

»Hat denn dein Herz ein wenig geflattert?«, fragt mich Lotta.

»Etwas aufgeregt war ich vorher, aber während unserer lebhaften Unterhaltung verflüchtigte sich das. Wir werden uns wiedersehen und dann entscheidet sich wohl auch für uns beide, ob wir noch aneinander interessiert sind.«

»Das klingt recht nüchtern, also keine Liebe auf den ersten Blick?« Ich zögere mit meiner Antwort.

»Ich glaube, das hätte ich intensiver gespürt, aber sie kann sich ja noch entwickeln.«

»Dann drücke ich mal die Daumen. Hast du in den nächsten Tagen etwas Zeit für einen gemeinsamen Bummel? Nach den anstrengenden Proben möchte ich gerne mal wieder raus.«

»Wie wäre es mit einer Fahrt zu meinen Eltern und einem gemütlichen Kaffeeplausch? Die Weinhänge verlocken immer zu einem Spaziergang und Susi freut sich sicher auch herumtollen zu können.«

»Das ist super. Kannst du Freitagmittag aufhören, dann haben wir einen schönen Wochenausklang? Ich habe am Abend keine Vorstellung und Michael möchte zu seinen Eltern.«

»Gut, dass mein Chef außer Haus ist, das passt also!«, stelle ich schmunzelnd fest. Der Rest der Woche verlief routiniert. Andrej hat sich bis dato noch nicht gemeldet. Na, wer weiß!

Ich hole Lotta ab und wir fahren mit dem Cabrio aus der Stadt. Den Wind spüren wir kaum. Es ist ein herrliches Gefühl, die wärmende Frühlingssonne so zu genießen. Mein Seitenblick auf Lotta bestätigt das. Lotta nutzt unsere Fahrt und erzählt von ihrer Arbeit. Jetzt, wo es mehrere Vorstellungen in der Woche gibt, sind die Proben nicht mehr so zeitraubend. Es hat sich langsam etwas Routine entwickelt. Aber nicht während der Vorstellung, versichert sie mir, da gibt sie alles. Dann kommt sie noch einmal auf die Premiere zurück und ihr fast panisches Lampenfieber.

»Du hast mich wirklich gerettet, Merry. Michael konnte ich damit nicht behelligen, er brauchte seine Nerven für den eigenen Auftritt. Ich habe es ihm später erzählt. Er war froh, dass du da warst und die richtigen Worte gefunden hast.« Ich winke ab. »Mache keine große Sache draus, Lotta.«

Da taucht auch schon die Einfahrt auf. Wie schön, zahlreiche Frühblüher säumen die Allee, bis die Rosen in voller Blüte stehen. Mama begrüßte uns überschwänglich und führt uns in den gemütlichen Wohnbereich. Anni kommt mit strahlendem Lächeln auf uns zu. Sie verrät zwinkernd, unser Lieblingskuchen wartet bereits.

Man sieht an Lottas Lächeln, wie sehr sie das Gefühl genießt, zur Familie zu gehören.

Anni und Paps setzen sich zu uns und dann wird erst die Premiere ausgewertet. Anni drückt Lotta an ihre breite Brust und sagt: »Mein Mädchen!« Lotta erzählt uns, dass auch ihre Eltern sehr stolz auf sie beide sind und ihr Vater die Theaterkritiken alle ausgeschnitten hat. In der Bäckerei werden ihre Eltern oft nach den neuesten Theaternachrichten gefragt. Anni kann es nicht lassen. »Und wann können wir Hochzeit feiern?« Jetzt wird Lotta doch verlegen.

»Wir haben diesbezüglich noch keine Pläne. Erst mal bleibt alles so, wie es ist. Jeder bastelt an seiner Karriere und dann, wer weiß?«

»Du möchtest ihn wohl noch etwas länger auf die Probe stellen, stimmt's?«, entgegnet Anni verständnisvoll.