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Band 2 der erotischen Rough Rider Serie aus der Feder der NYT Bestseller Autorin Lorelei James. Seit dem Tod ihres Mannes kümmert sich Gemma Jensen allein um ihre Ranch. Doch als der Vormann sie verlässt, braucht sie dringend Hilfe. Annehmen möchte sie diese jedoch nur von einem Mann: Cash Big Crow. Er ist der Einzige, der es nach ihrem verstorbenen Ehemann wieder geschafft hatte, ihr Blut heiß durch ihre Adern zu peitschen. Cash weiß, dass er nun nicht nur Klartext mit ihr reden, sondern auch die Fronten ein für alle mal deutlich machen muss. Sonst hat er jegliche Chance auf Gemma verloren. Er nimmt die Stelle bei Gemma an, unter der Bedingung, dass sie zwar tagsüber der Boss ist, aber dass das Kommando hinter der Schlafzimmertür in seiner Hand liegt. Carter McKay ist Künstler und nimmt einen Sommerjob bei Gemma Jensen an, um ihr auf der Farm auszuhelfen, aber hautsächlich, um seine Arbeiten für die anstehende Kunstausstellung fertig zu bekommen. Nur fehlt es ihm derzeit an Inspiration. Bis Cash Big Crows Tochter Macie Honeycutt vor ihm steht, und er weiß, sie ist die Muse, auf die er schon so lange wartet. Er setzt alles daran, sie zu der seinen zu machen.
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Seitenzahl: 435
Rough Riders 2
Lorelei James
© 2016 Sieben Verlag, 64823 Groß-Umstadt © Covergestaltung Andrea Gunschera Aus dem Englischen von Sylvia Pranga Englische Originalausgabe © LJLA, LLC 2014
ISBN Taschenbuch: 9783864435669 ISBN eBook-PDF: 9783864435676 ISBN eBook-epub: 9783864435683
www.sieben-verlag.de
Für alle, die die wahre Liebe gefunden haben – ganz gleich in welchem Alter.
„Das Pferd hätte dich beinahe direkt in die Leichenhalle geworfen, Junge.“
Johlendes Cowboy-Gelächter hallte durch die staubige Luft. Gemma Jansen stand am Rand der Gruppe von Bronco-Reitern, die Blödsinn redeten, und wartete auf eine Gesprächspause. Die Stimme des Rodeo-Ansagers hallte in den Rängen der Arena wider, als er die Menge für den nächsten Wettkampf anstachelte: Stierringen.
„Gebrochen hab ich mir nix, aber der hat mir den Kiefer gelockert und ich hab ne Menge Staub geschluckt.“
Noch mehr männliches Gelächter.
Ein milchgesichtiger Junge stopfte sich einen Priem Kautabak in den Mund. „Mir ist so ein Buckler lieber als der letzte, den ich hatte. Verdammt. Dieser Bronco hätte nicht mal eine Babydecke abwerfen können.“
Gemma steckte die Hände in ihre Jeanstaschen, schlenderte näher und lehnte ihre Hüfte an die schmutzige Heckklappe. „Hallo, Jungs.“
Sofort strafften sich die schlaffen Haltungen. Ein paar der jüngeren Typen nahmen sogar die Hüte ab. Oh, ihre Mamas wären stolz auf diese Respektsbekundung. Gemma fühlte sich dabei jedoch … alt.
Fühlte? Zum Teufel, sie war alt genug, um die Mutter von jedem dieser Jungs zu sein.
Der drahtige Bronco-Reiter namens Jesse grinste sie an. „Hey, Miss Jansen. Sie sehen heute bildschön aus.“
Die anderen jungen Cowboys nickten und begutachteten sie anerkennend. Es machte ihr nichts aus. „Danke.“
„Ich habe Sie hier beim Circuit schon lange nicht mehr gesehen. Ist alles okay?“
„Ihr wisst ja, wie das ist. Ich habe mich um die Geschäfte auf der Ranch gekümmert.“
„Sie machen doch nicht etwa die ganze Arbeit allein, oder?“
„Ich versuche es zu vermeiden.“
„Gut zu hören.“ Jesse runzelte die Stirn und kratzte sich mit der Rückseite seines Lederhandschuhs das Kinn. „Da wir gerade davon sprechen … Wie kommt es, dass Sie dieses Jahr keine Tiere geliefert haben?“
„Dieselbe Frage habe ich mir auch gestellt. Keiner der Veranstalter kann mir eine gute Antwort darauf geben.“ „Entschuldigen Sie, dass ich das sage, aber das stinkt.“ Seine Augen glitzerten. „Ich hätte gern noch mal die Chance, diesen störrischen Bronco von Ihnen zu reiten.“
„Welchen?“
„Warpaint. Mann. Dieser Rotschimmel könnte einem Mann den Schnurrbart wegbocken.“
„Er brennt darauf, geritten zu werden. Vielleicht ergibt sich später im Jahr die Gelegenheit.“
„Ich freue mich darauf.“ Er musterte sie ein weiteres Mal unter der Krempe seines Stetsons hervor. „Also wandern Sie einfach herum, sehen gut aus und zeigen es den jungen Dingern, die nach Gürtelschnallen angeln?“
Was für ein Charmeur. Sie grinste. Die Augen des Jungen waren so braun wie das Süßholz, das er raspelte. „Nein. Eigentlich suche ich nach Cash Big Crow. Habt ihr ihn gesehen?“
Jesse zeigte auf einen Mann mit hängenden Schultern, der auf der Heckklappe eines verrosteten Pick-ups kauerte. „Frag Frank. Er behält alle Viehhändler im Auge.“
„Danke.“
Sie umrundete die Zaumzeugtaschen und Sättel und vermied die gigantischen Schlaglöcher in der behelfsmäßigen Straße.
Als sie den Pick-up erreichte, blinzelte der alte Indianer gegen den Zigarettenrauch, der in sein linkes Auge trieb. „Kann ich Ihnen helfen, Miss?“
Miss. Klar. So war sie seit Ewigkeiten nicht mehr genannt worden. „Ja. Ich suche nach Cash Big Crow.“
„Da sind Sie nicht die Einzige. Das Letzte, was ich gehört habe, ist, dass er sich in der Sanitätsstation befindet.“
Gemmas Magen zog sich zusammen. „Wurde er verletzt?“
„Weiß ich nicht genau.“
„Danke.“
Er nickte.
Sie hielt an, um zwei Kunstreiterinnen vorbeizulassen, die ganz in fließendem violetten Ornat gekleidet waren. Als sie den winzigen Raum unter den Tribünen erreichte, der als Sanitätsstation diente, traf sie dort nur einen gelangweilt aussehenden Rettungssanitäter an.
„Ist Cash Big Crow hier gewesen?“
Der Mann hob eine gepiercte Augenbraue. „Sie sind schon die Zweite, die mich das fragt. Niemand war in den letzten paar Stunden hier. Heute war es öde.“ Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Nacktmagazin auf dem Untersuchungstisch zu.
Verdammt. Wo konnte Cash sein? Hoffentlich war er nicht gegangen.
Gemma durchquerte den Bereich der Wettkämpfer und machte einen Bogen um das Wohnmobil, das das Rodeo-Hauptquartier beherbergte. Sie war schon sehr oft dort gewesen und hatte vergeblich versucht, die Organisatoren von Rodeos zu überzeugen, ihr eine Chance als Viehhändlerin zu geben.
Auch wenn die Weststaatler behaupteten, dass Vorurteile gegen Frauen aus ihrer Lebensart verbannt waren, es war einfach nicht wahr. Nachdem ihr Mann Steve gestorben war, war Gemma nach und nach von fast jedem Rodeo aus dem Viehhandel ausgeschlossen worden. Sie war wegen dieses Altherren-Systems mehr als frustriert, aber zu stur, um aufzugeben. In der Zwischenzeit forderte die Ranch ihre Aufmerksamkeit und sie konnte sich nicht darauf konzentrieren, ihren Rodeo-Viehbestand zu erweitern, bis sie nicht die Probleme dort gelöst hatte.
Eine graue Wolkenbank zog vorüber, bedeckte die Sonne und warf dunkle Schatten auf die kalkige vanillefarbige Erde. Sie sah zur Pferdekoppel gegenüber den Tribünen und bemerkte den stämmigen Cowboy, der sich an das weiße Metallgatter lehnte.
Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte ihn fast ein Jahr lang nicht gesehen, aber oft genug beobachtet, um sich zu erinnern, wie er von hinten aussah. Ein Zopf lag auf seinen breiten Schultern, der Rest seines kohlschwarzen Haars war unter einem abgewetzten Cowboyhut verborgen. Enge Jeans betonten seinen straffen Hintern. Seine Stiefelspitzen wiesen nach außen, weil er etwas krummbeinig war. Sie wusste, dass sein Gesicht ein bisschen verlebt, aber attraktiv war. Als sie sich ihm bis auf knapp zwanzig Meter genähert hatte, lächelte sie erwartungsvoll.
Das Lächeln erstarb, als sich Cash bei einem Ruf umwandte. Eine junge Frau warf sich in Cashs ausgestreckte Arme. Cash küsste die Frau und schwang sie im Kreis herum, was sie vor Freude quietschen ließ.
Gemma erstarrte und war unfähig, sich von diesem vertraut wirkenden Austausch wegzuschleichen. Cash setzte das heiße Mädel ab und drückte ihren kurvigen Körper fest an sich. Während sie wie ein Schnellfeuergewehr redete, bog er ihren Kopf zurück und strich ihr zärtlich ein paar Strähnen des langen braunen Haars zurück.
Gemmas Lippen prickelten bei der Erinnerung an die Zeit, als Cash sie so berührt hatte. Andächtig. Vertraut. Süß.
Sie hätte das haben können. Er hätte sie so ansehen können. Stattdessen lächelte er diese indianische Prinzessin an, als bedeute sie die Welt für ihn. Alter schützt vor Torheit nicht. Gemma wandte sich um, bereit, sich zurückzuziehen. Aber eine Windböe riss der jungen Frau den Strohhut vom Kopf und blies ihn direkt auf sie zu.
Cash jagte hinterher, bis er den Hut nur wenige Meter von Gemma entfernt fing. Sein Blick richtete sich auf die abgewetzten Spitzen von Gemmas schmutzigen Ropers und wanderte ihren Körper hinauf, bis er ihr in die Augen sah. „Gemma? Bist du’s wirklich?“
Statt eine schnippische Antwort zu geben, rannte Gemma davon. Cash rief ihren Namen, aber sie wurde nicht langsamer, bis sie in dem Bereich ankam, wo sie ihren Pferdeanhänger geparkt hatte. Sie lief im Zickzack durch den Irrgarten aus silbernem und schwarzem Stahl, bis sie ihren Anhänger gefunden hatte. Dann lehnte sie die Stirn an das aufgeheizte Metall und suchte nach ihrem Schlüssel.
Dummkopf, Dummkopf, Dummkopf. Verdammt. Warum hatte sie gehofft, dass Cash darauf warten würde, dass sie ihren Kopf klar bekam? Besonders, nachdem sie ihm gesagt hatte, dass sie sich nicht auf ihn einlassen wollte? Was hatte sie erwartet? Und warum, zum Teufel, war sie wie ein erschrockenes Fohlen losgerannt, als sie ihn gesehen hatte? Himmel, sie war achtundvierzig Jahre alt, nicht acht.
Trockenes Gras raschelte hinter ihr und sie wirbelte herum.
Cashs glänzende kaffeefarbene Augen starrten sie an. „Verdammt, Gemma, ich weiß, dass du mich rufen gehört hast. Warum bist du nicht stehen geblieben?“
„Weil ich nicht stören wollte.“
„Bei was denn stören?“
Sie drehte sich um und schob den Schlüssel in die Tür. „Zieh mich nicht auf, Cash.“
„Dich aufziehen? Ich weiß, dass ich nicht die hellste Leuchte bin, aber wovon, zum Teufel, sprichst du? Bei was stören?“ Er griff nach ihrer Schulter und zwang sie, ihn anzusehen.
„Du und …“
Genau in diesem Moment tauchte die wunderschöne indianische Prinzessin hinter Cash auf. Leise. Aufmerksam. Eine atemberaubende Vision von Jugend und Schönheit. Sie führte Gemma alles vor Augen, was sie nicht mehr hatte.
„Ich und wer?“, fragte er.
Sie. „Ist egal.“
„Ist es nicht. Ich habe dich fast ein Jahr lang nicht gesehen. Darum will ich wissen, warum du nach mir gesucht hast.“
Gemma presste die Lippen zusammen.
„Wenn du so versessen darauf warst, mich zu finden, warum bist du dann weggerannt, ohne ein Wort zu sagen?“
„Als ich dich fand, begriff ich, dass es ein schlechter Zeitpunkt war. Ich wollte dich und deine … Freundin nicht stören. Außerdem dachte ich mir, dass ich dich später noch sehen würde.“
Ein listiges Lächeln erhellte Cashs Gesicht. „Warum bin ich dann derjenige, der dich jagen musste?“
Mist.
„Weißt du, was ich denke?“ Sein Atem kitzelte ihr Ohr, als er flüsterte: „Ich glaube, du bist abgehauen, weil du eifersüchtig bist.“
Eifersüchtig? Eher gekränkt. Gemma hatte nicht übel Lust, unter den Pferdeanhänger zu kriechen und sich zu verstecken, bis Cash und sein Rodeo-Groupie verschwanden. Ihr gelang ein abfälliges Schnauben. „Eifersüchtig? Wohl kaum.“
„Wirklich? Willst du eine Erklärung für das, was du beim Pferdegehege gesehen hast?“
Ja. „Nein.“
„Oder soll ich dir meine Freundin vorstellen?“
Die Freundin schnappte nach Luft.
„Du schuldest mir nichts, Cash. Vergiss es einfach.“
Cash griff nach der Hand der jungen Frau und zog sie nach vorn. „Ich würde gern mehr von deiner eifersüchtigen Seite sehen, Gemma, aber so gemein bin ich nicht. Oder so geduldig. Gemma, darf ich dir meine Tochter vorstellen, Macie Honeycutt. Macie, Gemma Jansen.“
Erleichterung durchströmte Gemma.
„Ah. Du hast mir von ihr erzählt“, sagte Macie mit einem charmanten Lächeln, das sehr dem ihres Vaters ähnelte.
„Tochter?“, wiederholte Gemma.
Cash ließ sie nicht aus den Augen. „Ja.“
„Ich … ich wusste nicht, dass du Kinder hast.“
„Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt, Gem.“
Ein angespanntes Schweigen folgte.
„Okay, das ist jetzt nicht so wirklich spaßig“, sagte Macie.
„Macie, Süße, ich weiß, dass du gerade erst angekommen bist und wir viel nachzuholen haben. Aber ich wäre dankbar, wenn du ein bisschen spazieren gehen und am Haupteingang auf mich warten könntest. Ich muss unter vier Augen mit Miss Jansen reden.“
„Gut. Ich hasse es sowieso, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Aber sei nicht überrascht, wenn ich ein paar neue Freundschaften schließe.“
Er warf seiner Tochter einen warnenden Blick zu. „Bleib von den Cowboys weg, Macie. Ich meine es ernst.“
Macie verdrehte die Augen. „Wie du willst. Bis später.“ Sie verschwand um die Ecke. Sie waren allein.
„Bist du mit deinem Wutanfall fertig?“, fragte er sanft.
„Ich hatte keinen Wutanfall“, entgegnete Gemma.
„Was auch immer.“ Cash legte seine großen Hände auf ihre Schultern. „Also, so froh ich auch bin, dich wiederzusehen, ärgert es mich doch, dass du glaubst, ich könnte etwas mit einer Frau im Alter meiner Tochter haben.“
Die Wärme seiner Berührung sandte ein Kribbeln durch ihren Körper. „Soweit ich weiß, könnten die jungen Häschen, die einen erfahrenen Cowboy wie dich umschwärmen, genau dein Typ sein.“
„Falsch. Aber ich glaube nicht, dass du mich aufgestöbert hast, um mich dafür anzuscheißen, dass ich mit jemandem meinen Pferdeanhänger zum Schaukeln gebracht habe.“ Er ließ die Hände fallen. „Also, warum kommst du nicht auf den Punkt und sagst mir, warum du wirklich hier bist?“
Gemma musterte ihn. Die majestätische Knochenstruktur seines Gesichts betonte die faszinierende Kreuzschraffur seiner Fältchen, Kennzeichen all der Jahre, die er im Freien gearbeitet hatte. Als er lächelte, bildeten sich Falten um seine Augen und unterstrichen seine raue Attraktivität.
„Ich habe gehört, dass du nicht mehr hauptberuflich Rodeos reitest.“
„Ja? Von wem hast du das gehört?“
„Colby McKay.“ Sie zögerte. „Ist das wahr?“
„So ziemlich.“
„Warum? Ich hätte gedacht, dass du die goldene Gürtelschnalle und die silbernen Sporen jagst, bis du alt und grau bist.“
Cash schüttelte den Kopf. „Nachdem ich miterlebt habe, wie eine Verletzung Mike Morgans Karriere beendete und Colby verdammtes Glück hatte, zu überleben, dass ein Bulle über ihn trampelte, habe ich beschlossen aufzuhören, solange ich noch eine Wahl habe. In den letzten beiden Jahren habe ich mich beim Reiten die meiste Zeit ohnehin wie ein alter Mann gefühlt.“
„Und womit hast du dein Geld verdient?“
Seine Wangenknochen röteten sich und er hob sein Kinn ein Stück. „Mit was immer ich kann.“
„Zum Beispiel?“
„Ich habe zum Beispiel den Winter damit verbracht, Häuser im Reservat instand zu setzen. Dann habe ich einem Kumpel unten bei Hot Springs während der Kalbungszeit geholfen. Und vor Kurzem war ich Viehtreiber für den Bestand der Rodeo-Anbieter. Ich habe keinen festen Wohnort, also bin ich flexibel. Ich kann auf der Stelle überallhin gehen.“
Gemma sah über seine Verlegenheit hinweg. Es war für Cowboys eine Sache des Stolzes, ein eigenes Stück Land zu besitzen, einen Platz zu haben, den sie Zuhause nennen konnten, wenn die Straße zum Rodeo-Ruhm sie irgendwann nicht mehr rief. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, wieso hatte Cash eigentlich nie darüber gesprochen, warum er kein eigenes Land hatte? War das eine bewusste Entscheidung gewesen? „Heißt das, dass du lieber herumreist, statt ein regelmäßiges Einkommen zu haben?“
„Nein.“ Seine Augen wurden schmal. „Warum?“
„Der Grund für mein Kommen ist, dass ich dir einen Job anbieten wollte. Letzte Woche hat schon wieder ein Vorarbeiter gekündigt.“
„Sag mir nicht, dass du alles ganz allein machst.“
„Das meiste. Carter McKay hilft mir diesen Sommer. Aber nur in Teilzeit.“
„Carter McKay? Einer von Colbys Brüdern?“ Er zog die Brauen hinunter. „Ich kenne ihn nicht.“
„Er ist der Jüngste. Die letzten Jahre war er weg, auf dem College. Er arbeitet hart, ist aber nicht mit dem Herzen dabei. Ich brauche jemanden, auf den ich mich verlassen kann.“
„Und du denkst, dass ich derjenige bin?“
„Darum frage ich dich. Du weißt, wie man mit Vieh umgehen muss. Du weißt, dass die Arbeit auf einer Ranch hart ist. Und ich könnte eine Expertenmeinung bei den jungen, noch nicht gerittenen Broncos brauchen, von denen ich hoffe, sie in den Rodeo Circuit zu bekommen. Nicht, dass diese blasierten Bastarde, die sich Promoter nennen, mir eine Chance geben würden.“
Cash runzelte die Stirn.
„Außerdem habe ich festgestellt, dass ich Testosteron um mich herum brauche. Die Dinge laufen glatter, selbst wenn ein Mann nur mit geschlossenem Mund herumsteht und hübsch aussieht, während ich mich um die Verhandlungen kümmere.“
Er starrte sie lange wortlos an.
„Was?“
„Ich bin nicht hübsch und auch nicht daran interessiert, in der Gegend rumzustehen und meinen Mund zu halten. Das bin nicht ich.“
„Das habe ich auch nicht behauptet.“
Cash zog die Brauen hoch.
Zwei kurze Hornsignale kündigten das Wildpferdrennen in der Arena an. „Also, ich kann es mir nicht leisten, mehr als zweihundert Dollar pro Woche zu zahlen. Aber du würdest Kost und Logis bekommen und kannst so viele Pferde unterstellen, wie du willst. Ich vermute, dass du keinen Truck brauchst?“
„Nein.“
„Wir reden von sieben Tagen die Woche. Keine freien Tage bis Ende Oktober die Heu-Saison endet.“
„Ich weiß. Das ist nicht das erste Mal, dass mir so etwas angeboten wird.“
„Kürzlich?“
„Ja.“
Verdammt. War sie etwa zu spät?
„Natürlich habe ich das sofort abgelehnt.“
„Warum?“
„Ich war nicht an ihrem Angebot interessiert.“
„Interessiert dich denn das, was ich dir angeboten habe?“
Cash trat einen Erdklumpen unter den Anhänger. „Kommt drauf an.“
„Worauf?“
„Darauf, ob das Einzige, was du mir anbietest, ein Job ist.“
Ihr Puls beschleunigte sich. „Was sonst sollte es sein?“
„Gemma, du weißt, was ich sonst noch will. Was ich wollte, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Und wenn in deinem Bett zu sein – egal, ob irgendjemand weiß, dass ich da bin – nicht zum Deal gehört, dann bin ich nicht dabei.“
Das konnte man nicht missverstehen.
Mein Gott. War sie bereit, die Vergangenheit ruhen zu lassen? Sie und Steve Jansen waren sechsundzwanzig Jahre lang glücklich verheiratet gewesen. Seit drei Jahren war sie Witwe.
Während der vergangenen Monate war sie es müde geworden, allein zu sein und im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass Steve nicht wollen würde, dass sie ewig um ihn trauerte.
Aber warum wollte Cash sie? Er konnte doch jede Frau haben, jung, alt oder in der Mitte. War es einfach nur Lust? Sie machte sich nicht vor, dass sie eine alternde Schönheitskönigin war. Und sie war auch kein junger Hüpfer. Was war, wenn die Realität, ihren Körper und ihr Bett mit Cash Big Crow zu teilen, nicht mit ihrer Fantasie mithalten konnte? Noch schlimmer, was war, wenn sie ihn enttäuschte?
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
Gemma sah ihm in die Augen. „Solange du weißt, dass mein Bett zu teilen nichts an der Tatsache ändert, dass ich außerhalb des Bettes dein Boss bin.“
„Ach ja? Solange du nur weißt, dass ich im Bett der Boss bin, auch wenn ich meinen Gehaltsscheck von dir bekomme.“ Er neigte seinen Kopf, bis er nur noch Zentimeter von ihr entfernt war. „Sag mir nur eins.“
„Was?“
„Was hat sich verändert? Letzten Sommer, als wir miteinander herumgemacht haben, hast du es abrupt beendet.“ Seine braunen Augen blickten erwartungsvoll in ihre. „Warum?“
„Ich war noch nicht bereit weiterzumachen.“
„Und jetzt?“
„Bin ich es.“
„Zu allem, was mit mir zusammen zu sein bedeutet?“
„Und was bedeutet es, Cash?“
„Ich bin kein freundlicher Gentleman-Rancher. Man hat mich schon oft einen Wilden genannt. Und ich habe wilde Vorlieben. Denkst du, dass du damit umgehen kannst?“
Sie nickte mit mehr Selbstvertrauen, als sie fühlte.
„Dann weißt du, was du von mir zu erwarten hast, wenn die Schlafzimmertür sich schließt?“
„Äh, nein. Vielleicht sagst du es besser ganz deutlich.“
„Gehorsam. Vertrauen.“ Er fuhr mit einem Finger über ihre Wange. Die beiläufige Berührung hatte so viel unterschwellige Erotik, dass sie sie zittern ließ. „Ich habe dich letzten Sommer mit Channing reden gehört. Ich weiß, dass du … eine wilde Seite hast. Ich will der Mann sein, der diese Quelle anzapft, ich will dir etwas geben, was er nie getan hat.“
Ihr ganzer Körper erhitzte sich, als sie sich an das berauschende Gefühl erinnerte, im Namen der Lust alle Kontrolle aufzugeben. „Okay.“
„Gut.“ Etwas Animalisches glitzerte in seinen Augen. „Es wird auch Zeit. Auf diesen Tag habe ich zwei Jahre lang gewartet.“ Er zog sie an sich und drückte seine Lippen auf ihre.
Gemma erwartete einen harten, fordernden Kuss. Aber Cash drückte einfach seine Lippen auf ihren Mund und ließ sie dort. Eine schwielige Hand glitt zu ihrem Hals, sein Daumen tastete nach dem Puls in ihrer Kehle, wo ihr Blut wild klopfte. Die andere Hand umfing ihre Wange. Seine festen Lippen kosteten in kleinen Bissen ihren zitternden Mund. Von Mundwinkel zu Mundwinkel, von oben nach unten, ein gemächliches, aufreizendes Gleiten.
„Lass mich rein“, flüsterte er und rieb seinen Mund verführerisch über ihre Lippen. „Küss mich zurück, Gem.“
Ihre Zunge schoss hervor und erkundete die Form seiner warmen Lippen. Mmm. Er schmeckte so verführerisch und heiß, wie sie es in Erinnerung hatte.
Cash stöhnte und drängte sie gegen den Anhänger. Sein sanfter Kuss wurde hungrig. Sie schob die Finger in seine Gürtelschlaufen und hielt sich verzweifelt fest.
Ihr Kopf drehte sich wie eine Windmühle. So wie ihre Haut vibrierte, schien er jeden Zentimeter ihres nackten Fleisches zu berühren, doch seine Hände wanderten nicht. Er nahm sich viel Zeit damit, ihren Mund zu erkunden. Er prüfte die Beschleunigung ihres Herzschlags mit einer kleinen Bewegung seines Daumens, während ihr Kuss feuchter wurde. Heißer. Während sie feuchter und heißer wurde.
Cash zog sich langsam zurück, murmelte sanfte Worte an ihren entflammten Lippen. Es war gut, dass ihr Rücken am Wohnmobil abgestützt war, sonst wäre sie wohl mit dem Gesicht nach unten in das Pfennigkraut gefallen, das den Boden überwucherte. Sie blinzelte zu ihm hoch.
Sein Lächeln war gleichzeitig anmaßend und süß. „Bist du sicher, dass du bereit dafür bist?“
„Bist du sicher, dass du bereit für eine mürrische alte Witwe bist, die sich nicht mehr ändern lässt, du Jungspund?“
„Das ist nicht lustig.“
„Sollte es nicht sein.“
Cashs Lächeln verschwand und seine Augen wurden hart. „Wird das ein Thema sein? Alter ist nur eine Zahl, Gem. Ich bin achtunddreißig, du nicht. Na und?“
„Aber …“
„Würde es etwas ausmachen, wenn ich älter wäre als du?“
„Nein.“
„Dann hat es auch keine Bedeutung, dass du ein paar Jahre älter bist als ich.“ Er küsste sie heiß, ein verlockendes Versprechen. „Außerdem bist du sexy. Du erinnerst mich irgendwie an Madonna.“
„Die Popsängerin Madonna? Aber sie ist …“
„Heiß wie die Hölle.“ Er sah auf sie hinunter. „Ja, definitiv. Du siehst aus wie Madonna mit einem Cowboyhut. Und wenn ich unter allen Frauen wählen dürfte, einschließlich dem ‚material girl‘, würde ich immer noch dich nehmen.“
„Ich hatte vergessen, was du für ein Schmeichler bist.“ Sie lenkte das Gespräch zurück zum Geschäftlichen. „Ich fahre heute zurück zu meiner Ranch. Wann kannst du dort sein und anfangen?“
„Verdammt.“ Er runzelte die Stirn und trat einen Schritt zurück. „Ein einziger Kuss, und ich kann an nichts anderes mehr denken.“
„Was?“
„Macie. Wir hatten vor, den Sommer gemeinsam reisend zu verbringen. Seit ihre Mutter vor ein paar Jahren gestorben ist, hat sie sonst niemanden. Ich kann sie nicht einfach zur Seite schieben, zumal ich das schon ihr ganzes Leben lang getan habe.“
Ohne darüber nachzudenken, glättete sie die Sorgenfalten auf seiner Stirn. „Ich erwarte nicht, dass du sie ignorierst, Cash. Sie ist auch bei mir willkommen, wenn sie eine Weile bleiben will.“
„Es würde dir nichts ausmachen, wenn sie weiß, dass wir mehr als nur eine Geschäftsbeziehung haben?“
„Ich frage mich eher, ob es dich stört. Setzt es dich nicht unter Leistungsdruck, wenn du versuchst, mir alle meine schmutzigen sexuellen Wünsche zu erfüllen, während deine Tochter unter demselben Dach schläft?“
Cash erschauderte. „Ich denke, dass ich ihr vorerst mein Wohnmobil anbieten werde. Und wir parken es weit vom Haus entfernt.“
„Guter Plan. Allerdings, sollte sie sich dafür entscheiden zu bleiben, werde ich ihr Aufgaben zuweisen, damit sie sich ihren Unterhalt verdient.“
„Das wird kein Problem sein. Sie ist ein unabhängiges Mädchen, das keine Almosen annimmt.“
„Wie der Vater, so die Tochter, was?“
„Ja. Du wirst es nicht bedauern, mich aufgespürt zu haben.“ Cash rieb seine Wange an ihrer. Er küsste sie sanft unters Ohr und brummte: „Ich habe nicht übel Lust, jetzt mit dir im Wohnmobil zu verschwinden und dir jeden Faden vom Leib zu reißen.“
Wärme sammelte sich zwischen ihren Schenkeln.
„Aber da ich schon so lange scharf darauf bin, dich zu berühren, werde ich jetzt keine schnelle Nummer mit dir machen. Ich will mir dabei Zeit lassen. Es soll so lange dauern, bis die Sonne aufgeht. Du sollst kommen, bis die Sonne scheint.“
Er küsste sie hungrig. „Lass uns packen, Macie finden und losfahren.“
Gemma war nur zu gern bereit dazu.
Macie Honeycutt murmelte „Pass auf, Tex“, als ein weiterer Sattel fast gegen ihren Kopf knallte. Es war blöd, so klein zu sein. Sie duckte sich unter dem Zaun durch und machte einen Abstecher zum Biergarten.
Während sie in der Warteschlange stand, versuchte sie, nicht über die Situation mit ihrem Dad nachzudenken. Nachdem er von ihrem besonders schlechten Monat gehört hatte, hatte er darauf bestanden, dass sie sich beim Rodeo trafen. Warum? Soweit sie wusste, hatte er die Jagd nach dem Traum von der Goldenen Gürtelschnalle letztes Jahr aufgegeben.
Und was war das Erste gewesen, was er getan hatte, nachdem sie wie aus dem Nichts aufgetaucht war? Er hatte sie stehen lassen!
Das sollte dich nicht überraschen, Macie Blue. Du kannst dich nicht auf ihn verlassen. Begrenz den Schaden und hau ab.
Sie schottete sich gegen die Geisterstimme ihrer Mutter ab. Die Frau war seit vier Jahren tot und gab immer noch Urteile ab. Leider war es dasselbe vernichtende Urteil über Cash Big Crow, das Macie ihr Leben lang gehört hatte.
Macies Beziehung zu ihrem Vater war bestenfalls dürftig zu nennen. Er war nicht da gewesen, als sie aufwuchs, doch als sie älter wurde, hatte er sich bemüht, sie aufzuspüren.
Warum also hatte sie das widersinnige Bedürfnis, genau das Gegenteil von dem zu tun, was Daddy sagte? Es würde ihm recht geschehen, wenn sie einen heißblütigen, gut aussehenden Cowboy aufreißen würde, denn es schien so, als hätte er auch etwas aufgerissen.
Doch wegen der fast verehrenden Art, auf die er in den letzten Monaten über Gemma gesprochen hatte, überraschte es Macie nicht, dass Gemma wie eine ehemalige Rodeo-Schönheitskönigin aussah, die jeden, der sie schief ansah, mit der Pferdepeitsche verprügelte. Nur eine solche Frau würde ihren Vater zähmen können.
Der weißhaarige Mann hinter der Sperrholztrennwand riss sie aus ihren Gedanken. „Was willst du haben, Süße?“
„Bud Light. In einer Flasche.“
„Kann ich deinen Ausweis sehen?“
„Klar.“ Macie zog ihren Führerschein heraus und wartete darauf, dass der Mann eine schmierige Bemerkung über ihr Alter oder ihre Volkszugehörigkeit machen würde.
Aber der Kerl lächelte, öffnete den Deckel und schob die Flasche über den Tresen. „Vier fünfzig.“
Sie gab ihm einen Fünfer. „Behalten Sie den Rest.“ Sie ergatterte einen Platz am hinteren Tisch und legte ihre Füße auf den freien Stuhl neben sich, um die Gruppe Cowboys abzuhalten, die sie wie ein Stück erstklassiges Filet musterten.
Wie lange beabsichtigte ihr Dad, sie warten zu lassen?
Es war eigentlich egal. Es war ja nicht so, dass sie irgendwo anders hingehen könnte. Macie zog ihren Hut tiefer in die Stirn und nippte an ihrem Bier.
Ihr Leben war ein einziges Chaos. Vor zwei Monaten hatte sie ihren Freund beim Fremdgehen erwischt. Sie hätte wissen sollen, dass jemand mit einem Weichei-Namen wie Dante an beiden Ufern fischte. Sie hätte wissen müssen, da sie schon etwa zwei Monate miteinander ausgegangen waren und noch keinen Sex gehabt hatten, dass er schwul war.
Trotzdem schockte es sie, als sie ihn mit seinem Racquet Ball-Partner Dooce erwischte. Sie waren so beschäftigt damit gewesen, mit den Bällen des jeweils anderen zu spielen und ein „racquet“ zu machen, dass sie sie nicht bemerkten.
Von da an ging alles bergab. Ihr beste Freundin Kat zog aus ihrem gemeinsamen Apartment aus, um bei ihrem Freund zu leben. Zwei Wochen danach verlor Macie ihren Job als Kellnerin. Der Wichser von Kunde hatte es verdient, dass sie ihm einen Krug Eistee in den Schoß geschüttet hatte, nachdem er ihr an den Arsch gegrabscht hatte, auch wenn die Geschäftsleitung es für angebracht hielt, sie für das Getatsche des Idioten zu bestrafen. Kein Wunder, dass sie es vorzog, in der Küche zu arbeiten. Gemüse gab keine Widerworte.
Auf Drängen ihres Vaters, und weil der Mietvertrag für ihr Apartment ablief, hatte sie ihre paar Habseligkeiten in ihren Ford Escape gepackt und Denver verlassen. Ihre Möglichkeiten waren unbegrenzt. Sie war frei, zur Hälfte weiß und zweiundzwanzig. Sie konnte verdammt noch mal tun, was sie wollte.
Die Flasche verharrte auf halbem Weg zu ihrem Mund.
Mmm. Mmm. Und sie würde es sofort mit ihm tun. Er war der erste Mann, der seit dem Debakel mit Dante eine Regung in ihr auslöste. Sie mochte heiße Männer. Sie mochte heißen Sex. Und sie mochte vor allem die Kombination aus heißem Mann und heißem Sex.
Klar. Als ob sie jemals mutig genug sein würde, um etwas Perverses mit irgendeinem Mann zu probieren, schon gar nicht mit einem Mann, der so wie dieser aussah. Sie hatte eine große Klappe, aber es hatte vier Fahrten zum Laden für Erotikbedarf gebraucht, bis sie endlich einen Vibrator gekauft hatte.
Whoo-ee. Mit ihm würde sie keinen Vibrator brauchen. Dieser Typ war reiner, heißer Sex auf Beinen. Ihr Puls setzte aus, als der gut gebaute Mann in den Biergarten schlenderte. Aus der Entfernung war er lecker anzusehen, aus der Nähe war ein Gourmet-Mahl. Groß und auf schlanke Art muskulös, mit kantigen Gesichtszügen. Er hatte lockiges dunkelblondes Haar, das von braunen und goldenen Strähnen durchzogen wurde und lang genug war, um seinen Hemdkragen zu berühren. Ein leichter Bartschatten auf seinem kantigen Kinn ließ ihn wild und sexy aussehen, wie einen plündernden Wikinger. Seine Lippen waren zusammengepresst. Ooh. Ein grübelnder Bad Boy. Sie fragte sich, welche Farbe seine Augen hatten. Blau? Grün? Braun? Selbst mit diesem düsteren Blick war er ein Hingucker.
Während er auf sein Bier wartete, entdeckten ihn ein paar Blondinen.
Halb in ihrem Stuhl liegend, beobachtete Macie die sich entwickelnde Szene. Der Typ bemerkte die Aufmerksamkeit nicht, die er bei Frauen allen Alters und jeder Form und Größe in seinem Radius erregte. Er trank rasch sein Bier und war so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Die beiden Blonden blieben noch ein paar Minuten, bevor sie ihm folgten.
Der arme Kerl. Nichts war schlimmer als Rodeo-Groupies auf der Jagd nach einem „echten“ Cowboy. Er trug zwar nicht die übliche Cowboy-Kleidung, aber er zeigte das entsprechende Verhalten.
Macie trank ihr Bier aus und ging zum Bereich der Wettkämpfer. Wenn sie Glück hatte, war ihr Dad mit Herummachen fertig. Als der Wind unter ihren Hut fuhr, drückte sie ihn zusammen und warf ihn in den nächsten Abfalleimer. Sie hasste dieses billige Ding sowieso.
*
Carter McKay hockte auf dem Lattenzaun und wünschte, er wäre irgendwo anders, nur nicht auf dem Rodeo-Gelände. Es war nicht so, dass er nicht in die ländliche Umgebung passte. Im Gegenteil, er passte besser zu Außenplätzen mit schmutzigen Böden und Scheunen mit Viehverkauf als in die stickigen Klassenzimmer und protzigen Galerien, in denen er den Großteil der letzten acht Jahre verbracht hatte. Als der letzte McKay-Junge, der auf der Familien-Ranch geboren und aufgezogen wurde, sah er nicht nur wie ein Cowboy aus, er war ein Cowboy, durch und durch. Er war nur nicht dumm genug, auf einen Bullen zu klettern oder einen wilden Bronco zu reiten, nicht wegen des Nervenkitzels und auch nicht für noch so viel Geld. Nicht, dass man beim Rodeo nichts verdiente. Und es war auch nicht so, dass man als Künstler einen sicheren Beruf hatte.
Bestimmt verstand seine Familie seine Berufswahl nicht. Sicherlich hatte Stolz in den Augen seiner Eltern geglänzt, als er seinen Abschluss in Bildenden Künsten machte. Trotzdem hatten sie nicht gewusst, was sie mit ihm machen sollten. Das Problem war, dass auf der McKay-Ranch kein Maler gebraucht wurde, außer wenn eine der drei Holzscheunen einen neuen Anstrich brauchte. Selbst wenn er in den Viehbetrieb der Familie hätte einsteigen wollen, mit seinem Vater und seinen älteren Brüdern Colby, Cord, Colt und seinen Cousins Kade und Kane war jeder Aspekt des wachsenden Betriebs unter Kontrolle.
Also wusste Carter nichts mit sich anzufangen. Er war zu lange allein gewesen, um länger als ein, zwei Wochen zu Hause zu wohnen. Der Gedanke an seine Eltern, die jeden seiner Schritte überwachten, ließ ihn erschaudern. Und dann war da noch seine vorlaute kleine Schwester Keely, die ständig kicherte und ihn einen grübelnden „Künstler“ nannte. Er hatte sich gerächt, indem er ihren Lieblingsseidenrock benutzte, um seine Pinsel zu reinigen. Es war erschreckend, wie schnell er in kindisches Benehmen zurückgefallen war.
Zum Glück brauchte Gemma Jansen, eine alte Freundin der Familie, eine Teilzeithilfe auf ihrer Ranch. Er hatte einen Vertrag für den Sommer unterschrieben und seinen Künstlerbedarf, den Schweißkolben und seine wenigen Besitztümer zu einem kleinen Wohnwagen auf ihrem Besitz gebracht, wo es eine riesige Scheune gab, die er als Atelier nutzen konnte. Ein zusätzlicher Bonus? Ihr Land unterschied sich völlig von den spitzen, mit Salbei gepunkteten Hügeln der McKay-Ranch und gab ihm reichhaltiges neues Bildmaterial.
Während der letzten Wochen hatte er Skulpturen für seine Ausstellung fertiggestellt. Eine Serie miteinander verbundener Western-Stücke, verschiedene Stile, was auch Tonstücke an Bronzestatuen beinhaltete und geschweißte Metallarbeiten mit rostigen Teilen von ausrangierten Farmgerätschaften. Bisher waren die einzigen echten Bilder auf Leinwand Landschaften in Öl.
Langweilig.
Er brauchte Inspiration, etwas Neues, anderes. Der einzige Weg, die Leidenschaft zu finden, die seinen eigentümlichen künstlerischen Stil definierte, war an der Quelle aller Dinge zu beginnen, die das Western-Leben definierten: Rodeo. Die bodenständigen Menschen. Zuschauer, Familien der Cowboys und Cowgirls und der eiserne Wille der Wettkämpfer selbst. Das Vieh, wütende, geifernde Bullen, nervöse Broncos, die gegen Metallgatter traten, das unruhige Trampeln von Hufen hinter den Gattern. Das tiefe Brüllen der Stiere und Kälber in den Gehegen. Der intensive Geruch von Schweiß und Leder, Matsch und Dung, die erdrückende Hitze und das ständige Summen von Insekten. Heu und Liniment, Tabak und Bier. Die Aufregung. Wenn er die Hoffnung und Verzweiflung einfangen könnte, den Kummer und den Stolz dieser … Dinge, die in ihrer Gesamtheit das wahre Rodeo ausmachten, dann, ja dann hätte er etwas wirklich Einzigartiges geschaffen.
Carter schrieb es dem Schicksal zu, als Gemma ihn bat, sie zu der eintägigen Veranstaltung in Buffalo, South Dakota zu begleiten. Sie hatte ihm keinen klaren Grund für diese spontane Reise genannt und er hatte das Thema nicht weiter vertieft. Wegen ihrer unausgesprochenen Regel „kümmere dich um deinen eigenen Kram“ kamen er und Gemma so gut miteinander zurecht.
Nur die Landschaft stellte sich als Pleite heraus. Er hatte nichts gesehen, was seine Muse gereizt hätte. Also hatte er sich lieber eingeschlossen und eine Wachsform des Bildes geschnitzt, das ihn verfolgte. Es war weder ein ausgerissenes Pferd noch ein geschlagener Cowboy, sondern eine junge Frau mit langem, fließendem Haar in der Farbe von Mahagoni. Vor seinem inneren Auge vereinigte ihr kantiges Gesicht die interessante Kombination von Weiblichkeit und Wildheit. Ihre Haltung war stolz, doch auch zaghaft. Sie war schön. Rätselhaft. Gelassen. Und er war darauf fixiert, ihr Ebenbild bis ins kleinste Detail zu erschaffen. Braune Haut. Zarte Hände. Volle Lippen mit einem selbstbewussten, geheimnisvollen Lächeln.
Er sollte aufhören, Terpentin einzuatmen und häufiger rausgehen, wenn er von einer Fantasievorstellung besessen war. Die beiden kurvigen blonden Rodeo-Groupies, die zielstrebig auf ihn zukamen, entsprangen nicht seiner Fantasie. Er setzte sein Netter-Junge-Lächeln auf und fragte sich, ob es so falsch wirkte, wie es sich anfühlte.
„Guten Tag, Ladys.“
Die erste Blondine kicherte. „Das kann man wohl sagen. Bist du mit den Wettkämpfen durch, Cowboy?“
Kein Grund, nicht auf den Punkt zu kommen, wenn alle wussten, wie man Punkte machte. Oder eher, wenn jeder Punkte machen wollte.
„Nein, ich nehme kaum mehr an Wettkämpfen teil.“
Die zweite Blondine lehnte sich zu ihm. „Das ist aber schade. Ist es, weil du verletzt wurdest?“
„Ich habe mir mein Knie beim Bulldogging ruiniert.“ Der Zwischenfall mit einem ausgebrochenen Kalb während des Setzens der Brandzeichen hatte stattgefunden, als er zehn Jahre alt war. Diese Frauen würden nicht nach Einzelheiten fragen und er würde sie nicht freiwillig erzählen. Sie wollten die Illusion eines Cowboys, nicht die Realität. Und er wusste, wenn einer seiner Brüder hier wäre, würden die Mädchen ihm keinen zweiten Blick zuwerfen.
Etwas von ihrer Bewunderung schwand. Die zweite Blondine fixierte unverhohlen die Größe und Gravur seiner silbernen Gürtelschnalle. „Was für ein Jammer. Was machst du jetzt so?“
„Ich bin Künstler.“
„Tatsächlich?“, kam die gelangweilte Reaktion der zweiten Blondine. Sie zog am Arm der ersten Blondine. „Komm, Jen. Lass uns weiterschauen.“
„Warte mal. Auch wenn er nicht mehr an Rodeos teilnimmt, ist er ein heißer Typ. Ich hätte nichts gegen einen Proberitt mit ihm.“ Die erste Blondine zwinkerte ihm zu. „Du hast ein tolles Lächeln. Ich wette, du weißt genau, wie du deine Lippen einsetzen musst, was?“
„Willst du es herausfinden?“
Die zweite Blondine machte ein böses Gesicht. „Viel Spaß mit ihm. Wir treffen uns in einer Stunde beim Truck“, sagte sie und verschwand.
„Ich heiße Jen“, gurrte die erste Blondine und drückte ihren kurvigen Körper an seinen.
„Carter.“
„Also, Carter, bist du bereit für ein wildes Rodeo mit harten Bandagen?“ Ihre Hände glitten die Innenseiten seiner Beine hinauf. Sie fand die Wölbung hinter seinem Reißverschluss und strich darüber, bis sein bestes Stück zum Leben erwachte.
Whoa. Es war eine Weile her, dass er solche Spielchen gespielt hatte und anscheinend hatten sich die Regeln in Bezug auf das Tempo geändert. Jen drückte ihre Brüste gegen seinen Brustkorb und stellte sich auf die Spitzen ihrer hochhackigen Cowboystiefel, um in sein Ohr zu flüstern. „Mmm. Du bist aber ein Großer.“
Carter zog die Luft scharf ein, als sie weiterhin seinen Schwanz durch die Jeans hindurch bearbeitete. In der Öffentlichkeit. Er wich zurück. „Äh, danke.“
„Ich wette, ich weiß, was du willst. Natürlich werde ich mehr als acht Sekunden brauchen, um dir das zu beweisen.“ Sie kicherte. „Aber das ist okay. Du wirst es zu schätzen wissen, dass ich so gründlich bin.“
„Äh, ja, vielleicht sollten wir …“
„Es macht Spaß, über Dinge zu sprechen, die dich heißmachen und aus der Ruhe bringen. Die dich geil machen.“
Sie fuhr mit der Zunge über die Seite seines Halses. „Oh, du bist aber schrecklich still. Ein ganz Schüchterner. Groß und schüchtern. Meine Lieblingssorte.“ Sie schnalzte mit der Zunge. „Weißt du, jetzt muss ich einfach schmutzig reden, um dich aufzulockern, mein Verschämter. Also … denkst du daran, wie es wäre, wenn ich dir einen blase? Wie ich deinen großen Schwanz in meinem Mund rein- und rausgleiten lasse?“
Seine Zunge klebte an der Rückseite seiner Zähne fest. Unter seinem Hemdkragen wurde ihm sehr heiß. Aber der gierige Teil seines Gehirns erinnerte ihn, dass er seit Monaten keinen Sex gehabt hatte, und beschwor ein Bild herauf, wie sie vor ihm kniete und seine Jeans öffnete. Und er beobachtete, wie sich ihre eifrigen Lippen öffneten und sie seinen Schwanz bis zum Anschlag schluckte. Er sah seinen mit pinkfarbenem Lippenstift verschmierten Schwanz, wie er immer wieder in ihren prallen Mund glitt, bis er in dieser heißen, feuchten Höhle explodierte, er ihn herauszog und sein Sperma über ihr Kinn lief.
„Äh, ja. Das wäre gut.“
„Glaub mir, das wäre sehr gut.“ Ihre Zunge kreiste um seine Ohrmuschel, als würde sie seine Schwanzspitze lecken.
„Wenn ich deinen Schwanz schön nass mache. Und deine Hände halten dabei meine Haare so fest wie eine Bullenpeitsche. Deine Hüften stoßen gegen mein Gesicht, als würdest du einen Bronco reiten. Du drückst den Rücken durch und stößt rhythmisch weiter. Kannst du es nicht sehen? Kannst du es nicht fühlen?“
Carter konnte einfach nicht gehen. Und ganz sicher konnte er seinen Schwanz nicht davon abhalten, vor Verlangen zu pulsieren. „Warum …?“
Sie knabberte so fest an seinem Ohrläppchen, dass es beinah blutete. „Ah-ah-ah. Ich werde dich nicht so schnell kommen lassen, mein Verschämter. Ich werde mich zurückziehen. Meine Zähne einsetzen, wenn du deinen Schwanz rausziehst. Dann würde ich mit deinen Eiern spielen. An ihnen saugen. Sie über meine Zunge rollen lassen wie ein Bonbon. Mmm. Ich liebe Bonbons. Ich werde meine Hand benutzen, um ihn wieder richtig steif zu machen. Ganz langsam.“
Sein Schwanz pulsierte, als sie immer wieder ihre Fingernägel über die ganze Länge seines Schafts rieb. Er unterdrückte ein Stöhnen und war nicht sicher, ob es bestürzt oder anspornend war.
„Dann werde ich deinen Schwanz wieder in den Mund nehmen und dich kommen lassen. Ich werde jeden einzelnen heißen Tropfen schlucken, bis nichts mehr übrig ist.“
„Mein Gott.“ Das Mädel … machte ihm langsam Angst.
„Klingt das gut?“
„Äh …“
„Ich glaube, ich habe dich sprachlos gemacht, Cowboy.“ Jen trat zurück und leckte sich aufreizend über die Lippen. „Also was sagst du dazu, wenn wir deine gelähmte Zunge jetzt zum Leben erwecken?“
Er antwortete nicht.
Bei seiner wenig begeisterten Reaktion verzog sie verärgert das Gesicht. „Ich habe dir alles angeboten. Was willst du?“
Flüchten, dachte er, obwohl sein Schwanz etwas anderes vorhatte. Ein Sonnenstrahl lenkte seine Aufmerksamkeit zu einer Gestalt vor der Arena. Eine Frau mit langem, glänzendem Haar in der Farbe von poliertem Mahagoni. Die Frau zögerte eine Sekunde. Sie schien zu merken, dass er sie anstarrte. Dann drehte sie sich um. Ihre Augen trafen sich.
Alles in ihm erstarrte.
Sie war es, das Bild, das ihn verfolgt hatte. Genau hier. Aus Fleisch und Blut. Er konnte sie beobachten. Sie zeichnen. Mein Gott, er könnte ihre sonnenwarme braune Haut berühren. Ihren kurvigen Körper mit seinen Händen modellieren und ihn in Ton unsterblich machen. In Holz. In Stahl.
Dann verschwand sie wie eine Erscheinung in der Menge.
Carter sprang vom Zaun und rückte die weicher werdende Beule hinter seinem Reißverschluss zurecht.
„Hey, wo gehst du hin? Ich dachte, du wolltest ein Rodeo mit mir?“
„Tut mir leid. Ich muss mich mit jemandem wegen eines Pferds treffen.“ Er rannte der Frau nach, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Macie hatte das Rodeo-Gelände zur Hälfte überquert, als sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. Sie sah zum Paddock hinüber und entdeckte ihren grüblerischen Bad Boy, zwischen dessen weit gespreizten Schenkeln eine der Tussis stand. Aber er beachtete die Sichere-Sache- Blondine nicht. Er starrte Macie an. Intensiv. Innig. Hungrig.
Etwas Heißes und Elementares bildete sich zwischen ihnen. Als er in ihre Richtung kam, drängelte sie sich durch die Menschenmenge. Kaum dreißig Sekunden später fühlte sie sich herumgedreht und blickte in die blauesten Augen, die sie jemals gesehen hatte.
Der sexy grüblerische Mann sagte: „Du bist es.“ Seine rauen Hände umspannten ihr Gesicht. „Mein Gott, du bist genau so …“
Fassungslos stieß sie seine Hände weg. „Du kannst doch nicht einfach irgendeine Frau antatschen …“
„Du bist nicht irgendeine Frau. Ich habe dich angefasst, weil du mir den ganzen letzten Monat durch den Kopf gespukt bist und mich das verrückt gemacht hat. Wer bist du?“
Macie schnaubte. „Das ist der schlechteste Anmachspruch, den ich je gehört habe.“
Diese blauen, blauen Augen verengten sich. „Das war kein Anmachspruch.“
„Das ist gut, weil er nämlich nicht funktioniert.“
„Lass uns noch mal von vorn beginnen. Ich bin Künstler und ich würde gern …“
„… mir deine Skizzen zeigen?“ Sie kicherte.
„Ha, ha. Ich bin wirklich Künstler.“
„Ja? Der letzte Typ, mit dem ich zusammen war, auch. Das hatte ich schon alles, ich habe noch das Batik-T-Shirt und die Joint-Klammer als Beweis. Geh weiter, Picasso.“
„Bist du immer so eine Klugscheißerin?“
„Besser als ein Idiot. Und genau das bist du, wenn du glaubst, dass ich auf deine schwachsinnige Anmache reinfalle. Zieh ab.“
Er legte den Kopf auf die Seite. „Interessant.“
„Was?“
„Dass du das Gesicht einer indianischen Prinzessin und das Mundwerk eines Truckfahrers hast.“
Wider besseres Wissen lächelte Macie. „Ich muss zugeben, dass dieser Spruch besser war.“
„Ich mache hier keine Sprüche.“ Wieder ernst geworden, starrte er auf sie hinunter. „Wie heißt du?“
„Wie heißt du?“, konterte sie.
„Carter.“
Sie ahmte ihn nach und legte den Kopf auf die Seite. „Interessant.“
„Was?“
„Dass du das Gesicht eines Wikinger-Kriegers und den Namen eines Erdnussfarmers aus Georgia hast.“
Sein breites Grinsen, das tiefe Grübchen zum Vorschein brachte, warf sie fast aus der Bahn. Verdammt. Dieser Carter bedeutete Ärger zum Quadrat.
„Bist du immer so frech?“
Sie zuckte die Schultern. „Es ist eine Gabe.“
„Oder ein Fluch.“ Immer noch lächelnd neigte er sich zu ihr. „Also, wie heißt du denn nun?“
„Macie.“
„Hübsch. Ein bisschen seltsam, ein bisschen blumig. Aber es passt zu dir.“
Macie runzelte die Stirn. „War das eine Beleidigung?“
„Überhaupt nicht. Also, erstaunliche Macie. Bist du hier aus der Gegend?“
„Nein.“
„Nur auf der Durchreise?“
„Ja.“
„Mit wem? Allein oder mit deiner Familie?“
„Ein bisschen von beidem.“
Eine dunkelblonde Braue hob sich. „Das bedeutet?“
„Ich bin allein hergekommen, treffe mich aber mit meinem Dad. Wir gehen, wohin uns die Straße führt. Suchen nach Abenteuer und Arbeit.“ Ihr Verstand drängte sie zum Weggehen, aber ihre Beine gehorchten nicht. „Was ist mit dir? Bist du von hier?“
„Nein, ich bin nur für einen Tag hier. Ich bin aus Wyoming.“
„Wo du als Künstler arbeitest.“
„Ja.“
„Was ist dein Schwerpunkt?“ Sie hob die Hand. „Und wenn du jetzt weibliche Akte sagst, bin ich sofort weg.“
Ein raffiniertes Grinsen spielte um seine Lippen und ließ ihn verdammt anzüglich aussehen. „Ich erzähle dir genau, welche Form von Magie ich mit diesen Händen erschaffen kann, wenn ich dich zu einem Bier einladen darf.“
Oh ja. Dann könntest du mir vielleicht eine praktische Vorführung deiner magischen Hände geben.
Nein, eine ganz schlechte Idee, Macie.
„Ich passe.“
„Whoa.“ Sein starker Griff um ihren Unterarm hinderte sie an der Flucht. „Nur ein Bier. Das gibt mir die Gelegenheit zu erklären, warum ich dir gefolgt bin …“ Ein Klang zwischen Seufzen und Stöhnen grollte in seiner Brust. Dann zog er mit einer Fingerspitze die Kontur ihres Gesichtes nach, von ihrer Schläfe bis zu ihrem Kinn und die Kurve zu ihrer Kehle hinunter. „Verdammt. Du bist atemberaubend. Ich möchte dich so malen. Wenn Feuer und Interesse sich in deinen Augen bekämpfen.“
„Carter …“
„Sag das noch mal“, knurrte er. „Ich möchte meinen Namen von deinen süßen Lippen hören, während ich sie berühre.“ Die raue Kuppe seines Daumens fuhr langsam über ihre Unterlippe. Er starrte in ihre Augen. „So weich. So warm. Und sie passen perfekt zu meinen.“
Die Art, wie er sie ansah, erweckte in ihr plötzlich das Gefühl, als hätte sie einen Hitzschlag bekommen. Kein Mann hatte sich je so verhalten, als wollte er in ihren Kopf kriechen, ihre Seele als sein Eigentum markieren und ihren Körper für sich beanspruchen.
Du hast ihn gerade erst getroffen. Niemand fühlt so. Das ist ein Trick.
„Carter …“
„Sag Ja, Macie.“
„Zu was soll ich Ja sagen?“
„Zu allem, um was ich dich bitte.“ Ihr Magen schlug einen Salto. „Es klingt verrückt, wir haben uns gerade erst kennengelernt, aber ich kenne dich. Ich möchte …“
„Du möchtest was, Picasso?“, murmelte sie.
„Du spielst mit dem Feuer, wenn du mir so eine Frage stellst, Darling.“
„Warum?“
„Weil dich meine deutliche Antwort wie eine Jungfrau erröten und schreiend in die Black Hills flüchten lassen würde.“
Alles um sie herum – das Sonnenlicht, die blecherne Musik von der Kirmes, das Jubeln auf der Haupttribüne, der süßliche, fettige Geruch von frittierten Twinkies – trat in den Hintergrund.
Kühn sagte sie: „Stell mich auf die Probe.“
Carters zitternde Finger strichen eine Haarsträhne zurück, die ihr ins Gesicht geweht war. „Oh, das würde ich. Ich würde dich testen. Ich sehe, was deine Augen mir anbieten, und ich würde alles nehmen, ohne Entschuldigung.“
Du spielst absolut nicht in der Liga dieses Mannes, Macie. Hau hier ab.
„Und dann?“
„Dann würde ich dieses Verlangen, diese Leidenschaft, diese Besessenheit, diese Prüfung, diese Lust … an dich zurückgeben. Zehnfach.“
Pure sexuelle Hitze überlastete ihren Kreislauf. „Oh.“
„Ja, oh. Ist das nicht das, was du erwartet hast?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Weil diese Art von Faszination normalerweise nicht auf mich gerichtet ist.“
„Ganz direkt. Das mag ich. Ich hatte eher damit gerechnet, dass du dich zierst.“ Seine Finger fuhren fort, ihre feuchte Haut zu liebkosen. „Ich möchte dich malen, eine Skulptur von dir machen. Dich in jedes Medium übertragen.“
„Und das ist nicht nur ein Spruch?“
Er schüttelte den Kopf. „Es gibt einen Grund dafür, dass wir beide heute hier sind, Macie. Ich weiß nicht warum, aber ich werde nicht mit dem Schicksal hadern. Oder mein Glück infrage stellen.“
Eine heiße Zunge des Begehrens leckte an ihren Adern.
„Wie lautet deine Antwort?“
„Nimm deine verdammten Finger von meiner Tochter.“ Carter erstarrte.
„Weg damit oder sie sind ab, Söhnchen“, befahl Cash.
„Jetzt.“
Macie schreckte aus ihrer sexuellen Benommenheit auf. „Komm runter, Dad.“
„Den Teufel werde ich. Wer ist dieser Kerl?“
Gemma sagte: „Cash, warte …“
„Ich habe dir gesagt, du sollst dich fernhalten von …“
„… dir.“ Macie stampfte auf ihren Vater zu, bis sie fast Nase an Nase mit ihm stand. „Was ich getan habe. Du kannst mir nicht vorwerfen, dass ich nicht darauf warte, bis du mich wegschickst.“ Wieder einmal.
Cashs Augen und Stimme wurden weicher. „Oh, Süße, ich will dich doch nicht wegschicken.“ Er warf Carter einen düsteren Blick zu. „Aber es scheint, dass du entschlossen bist, mich wegen des erstbesten dahergelaufenen Möchtegern-Cowboys stehen zu lassen, was?“
Gemma räusperte sich.
Macie und Cash drehten sich beide um und sahen sie an. „Cash Big Crow, das ist Carter McKay. Carter, Cash ist der neue Vorarbeiter, den ich für die Bar 9 Ranch eingestellt habe. Ihr zwei werdet miteinander arbeiten.“
„Das ist doch wohl ein verdammter Witz“, brummelte Carter.
Macie runzelte die Stirn. Ihr Dad hatte einen Job angenommen? Und was wurde aus der Tour, die sie für diesen Sommer geplant hatten?
„McKay?“, wiederholte Cash. „Bist du mit diesen unmöglichen McKays oben aus Crook County verwandt?“
Carters Blick wurde hart.
„Cash! Wie kannst du so was sagen“, rügte Gemma. „Du bist seit Jahren mit Colby McKay befreundet.“
„Ich bin mit ihm befreundet, solange er und seine wilden Brüder nicht in der Nähe meiner einzigen Tochter sind.“
„Macie ist erwachsen“, betonte Carter.
„Stimmt“, sagte Gemma.
„Jesus, Gem.“ Er warf die Arme in die Luft. „Du weißt, was für einen schlechten Ruf die McKay-Jungs haben.“
„Bei allem Respekt, Sir, ich bin nicht wie meine Brüder.“
Cash wirbelte zu Carter herum. „Ach ja? Ich bin nicht so ein blöder Indianer. Ich bin mit Colby auf dem Rodeo Circuit gereist. Ich weiß, wie er ist … und Gleiches kommt von Gleichem. Also lass ich keinen McKay auf zwei Meilen an Macie heran.“
„Nun, das wird schwierig, da wir in den nächsten Monaten alle gemeinsam auf der Bar 9 leben werden“, sagte Gemma trocken.
„Alle? Ich auch?“, fragte Macie skeptisch. Ihr Blick schoss von Gemma zu ihrem Dad und zurück zu Gemma.
Gemma nickte. „Du bist herzlich willkommen und darfst so lange bleiben, wie du willst. Cash sagte, dass er seinen Wohnwagen für dich aufstellen wird. Ich muss aber dazusagen, dass du einige Arbeiten übernehmen müsstest, wenn du bei mir wohnst.“
In Macies Kopf drehte sich alles. Das ging ihr viel zu schnell: ihren Dad zu treffen, dass er ganz spontan einen neuen Job annahm, die Frau zu treffen, die sie verdächtigte, mehr zu sein als nur Dads neuer Boss, und versuchen herauszufinden, was für eine merkwürdige Verbindung zwischen ihr und Carter bestand, vor allem, ob diese Verbindung real war oder nur in ihrem Wunschdenken bestand.
Ihr Dad senkte die Stimme. „Die Wahrheit ist, dass ich diesen Job brauche. Aber ich möchte Zeit mit dir verbringen, deswegen bin ich hier. Können wir es für eine Weile versuchen und sehen, wie es klappt? Wenn es nicht funktioniert, können wir weitermachen wie geplant.“
Welche andere Wahl hatte sie? Außerdem … hätten sie so nicht einen neutralen Boden? Wenn der Versuch, ein Vater-Tochter-Verhältnis aufzubauen, nicht klappte, wäre es dann nicht einfacher, die Schuld auf äußere Faktoren zu schieben? Wie der Stress eines neuen Jobs oder eine romantische Beziehung oder ein ungewohntes Umfeld? Sie könnte gehen und er würde nicht gezwungen sein, ein gutes Job-Angebot aufzugeben. Sie schloss kurz die Augen. „Ich denke schon.“
„Dann sind wir uns ja einig“, sagte Carter. „Wir werden den ganzen Sommer eine große, glückliche Familie sein.“
Cash machte einen bedrohlichen Schritt auf Carter zu. „Du bist kein Teil der Familie. Wenn ich dich in der Nähe sehe, trete ich dir …“ Gemma griff nach Cashs Hemdsärmel und zog ihn außer Reichweite.
Während Gemma und Cash diskutierten, beobachtete Macie den grinsenden Carter. „Warum lächelst du so? Er würde dich am liebsten skalpieren.“
„Das habe ich gemerkt. Dein Dad ist ziemlich fürsorglich, was?“
Das war überraschend für sie.
Carter trat dicht zu ihr. „Ich bin neugierig, wo er deinen Keuschheitsgürtel aufbewahrt.“
„Sehr lustig.“
„Das wird er nicht denken, wenn er merkt, dass mich in diesem Sommer nichts von dir fernhalten wird, Macie.“ Die sexuelle Hitze in seinen Augen veränderte deren Farbe von Himmelblau zu Indigo. „Nichts.“
„Du bist ziemlich selbstsicher, was?“
„Ja. Und ich habe einige Gürtel und Seile, um dich genau da zu halten, wo ich dich haben will, falls du erst noch überzeugt werden musst.“
Süße, heiße Lust wallte durch sie hindurch.
Carters warme, feste Lippen streiften ihr Ohr. „Ich komme heute Nacht zu dir, okay?“
„Das ist keine gute Idee.“
„Es ist die beste Idee, die ich seit Langem hatte. Sei bereit.“
„Für was?“
„Für mich, den Mann, der dir alles geben wird, was du schon immer wolltest.“
Gemma und Carter waren auf dem Rückweg zur Bar 9 Ranch in ihre eigenen Gedanken versunken. Als sie die offenen, mit Salbeisträuchern bedeckten Ebenen von Wyoming erreichten, seufzte Gemma. „Tut mir leid, dass ich dir das zumute, Carter. Ich hatte befürchtet, wenn du wüsstest, dass ich nach einem anderen Vollzeit-Vorarbeiter suche …“
„… dass ich dich im Stich lasse? Komm schon, Gemma, du kennst mich doch. Ich hab versprochen, dass ich den ganzen Sommer da sein werde. Trotz der üblen Meinung, die Cash von den McKays hat, weißt du doch, dass wir immer unser Wort halten.“
„Das tut ihr.“
„Was ist dann los?“
Sie hielt ihren Blick auf das graue Band der holprigen Straße gerichtet. „Ich war nicht sicher, ob er Ja sagen würde.“
„Na und? Es ist ja nicht so, dass er der einzige Mann für diesen Job wäre. Verdammt, es gibt viele Kerle in der Gegend, die qualifizierter wären als er.“