Ein Zahn stirbt selten allein! - Michael Riedel - E-Book

Ein Zahn stirbt selten allein! E-Book

Michael Riedel

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Beschreibung

Wie hängen Herzinfarkte mit Karies zusammen? Wie ein kaputtes Knie mit dem knirschenden Kiefer? Für so ziemlich jedes Organ unseres Körpers gibt es irgendeinen speziellen Arzt. Der Zahnarzt wird so nur aufgesucht, wenn es um Zähne oder Kiefer geht. Doch wer schon mal chronisch krank war – oder einfach nur vom "falschen Arzt" behandelt wurde – weiß, dass unser Körper mehr als die Summe seiner Teile ist. Die heutige (westliche) Medizin wird leider von Ärzten dominiert, die zu wenig über den eigenen "Tellerrand" hinaus schauen. Daher bleiben ganzkörperliche Zusammenhänge oft auf der Strecke. Da hilft auch der Fachjargon nicht, mit dem so mancher Mediziner über diesen Umstand hinweg täuschen will. Aber kann ein einzelner Arzt überhaupt ganzkörperlichen Zusammenhängen gerecht werden? Eine einfache Darstellung solcher komplexen Zusammenhänge war jedenfalls dringend nötig. Fand zumindest der Münchner Zahnarzt Michael Riedel, der sich seit Jahrzehnten kontinuierlich weiterbildet – unter anderem mit Schwerpunkt CMD (Craniomanibuläre Dysfunktion). Weil sich in unserem Mund eben doch der ganze Körper spiegelt und die Wissenschaft nicht stillsteht. Daher dieses Buch! Es ist der Versuch, der thematischen Komplexität zum Trotz, einer bloß eindimensionalen Betrachtung unserer Körperfunktionen die Stirn zu bieten. Manche Zusammenhänge sind einfach verblüffend! Wenn wir sie kennen, können wir Probleme unseres Körpers besser verstehen, und sie lösen! Der Zahnarzt Michael Riedel, der Buchautor Ulrich Pfeiffer (eigentlich ein Zahnarzt-Hasser). Zwei alte Schulfreunde. Was dieses Duo stark macht, ist der Balanceakt zwischen medizinischem Fachgesimpel und unbedarfter Patientensicht. Versüßt wird das Buch mit zahlreichen Illustrationen.

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Ein Zahn stirbt selten allein!

Michael Riedel und Ulrich Pfeiffer

Erstauflage

© 2023 Michael Riedel, Ulrich Pfeiffer

Illustrationen, Umschlag, Layout und Satz: Hannes Pfeiffer

ISBN (Softcover): 978-3-347-95684-1

ISBN (e-book): 978-3-347-95685-8

Druck und Distribution im Auftrag von tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte sind die Autoren verantwortlich. Nur autorisierte Versionen sind erlaubt. Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag von: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Ein paar Worte vorweg von Ulrich Pfeiffer…

Das Autoren-Team

„DER IST JA GAR KEIN DOKTOR!“

WER SICH SELBST LOBT…

EIN INTERVIEW MIT DEM ZAHNARZT MICHAEL RIEDEL

Zahnärztlicher Alltag

WENN ICH EINS HASSE, SIND DAS ZAHNÄRZTE!

ANGST BEIM ZAHNARZT

DAS BILDEN SIE SICH NUR EIN!

„SIE HABEN 16 LÖCHER!“

WENN ICH ZUM ZAHNARZT GEHE, FINDET DER FAST IMMER WAS

ICH PFLEGE MEINE ZÄHNE DOCH IMMER!

BITTE NICHT RÖNTGEN

DAS KRATZEN MIT DEM HAKEN

ICH HABE ANGST VOR SPRITZEN

SCHMERZEN BEI DER BEHANDLUNG

WURZELKANALBEHANDLUNG TUT HÖLLISCH WEH!

DER ZAHNARZT LÄSST MICH WÜRGEN

KINDER BEIM ZAHNARZT

MÄNNER BEIM ZAHNARZT

FRAUEN BEIM ZAHNARZT

„ZIEHEN SIE MIR EINFACH ALLE ZÄHNE!“

ALTERSTYPISCHER ZUSTAND

WIE LANGE HÄLT EINE ZAHNFÜLLUNG?

WARUM WERDEN BEIM ZAHNARZT FOTOS GEMACHT?

ZAHNFARBEN

Grundlagen

DER ZAHN

HALTEN ZÄHNE BIS 120?

BILDUNG FÜR DIE ZÄHNE?

ZAHNEN

WARUM JEDER ZAHN EINEN PARTNER HABEN SOLLTE

ZAHNHÄLSE

GEMISCHTWARENLADEN MUND: DIE MATERIALIEN FÜR ZAHNERSATZ

BRÜCKE, KRONE, INLAY, FÜLLUNG, ONLAY, PROTHESE

VENEERS

STIFTZAHN

IMPLANTAT

CHRONISCHE ENTZÜNDUNG UND ZAHNHERDE

GUMMIZELT IM MUND?

BAD VIBRATIONS – BOHRER FÜR JEDEN ZWECK

BETÄUBUNG: LACHGAS ODER LIEBER HYPNOSE?

DIE MIKROSKOPISCHE LUPENBRILLE

DIGITALES 3D-RÖNTGEN

Zahnpflege

KARIES DURCH GENE?

ZAHNZWISCHENRÄUME: DAS PARADIES FÜR KARIESBAKTERIEN

PUTZTECHNIKEN IM WANDEL DER ZEIT

ZAHNBÜRSTE, ZAHNSEIDE, INTERDENTALBÜRSTCHEN

WELCHE ZAHNPASTA IST DIE RICHTIGE?

NUR ALLE 48 STUNDEN ZÄHNE PUTZEN?

MUNDFLORA UND SPEICHEL

KÜSSEN & MUNDHYGIENE, ZAHNSPANGE & XYLITKAUGUMMI

WARUM BLUTET ES BEI DER ZAHNREINIGUNG

PARODONTITIS UND ZAHNFLEISCHTASCHEN

APHTEN

WIE KINDER VOR KARIES SCHÜTZEN?

MEINE KINDER WOLLEN IHRE ZÄHNE NICHT PUTZEN

MACHEN FLUORIDE DUMM?

PFLEGEBEDÜRFTIGE UND MENSCHEN MIT BEHINDERUNG

PARKINSON UND KIEFERKLEMME

BULIMIE UND ZÄHNE

Lachen und Ästhetik

ICH TRAUE MICH NICHT ZU LACHEN

EIN DUNKLER ZAHN

ICH WILL HEIRATEN UND BRAUCHE SCHÖNE ZÄHNE

ROTWEIN, KAFFEE, TEE

MEIN MANN WEISS NICHT, DASS ICH EINE PROTHESE HABE

KOSMETISCHES BLEACHING VS. HOMEBLEACHING

PROFESSIONELLES BLEACHING UND PLOMBEN

OBERLIPPENFALTEN, MARIONETTENFALTEN, PLISSEEFALTEN

Ernährung

WAS IST GUT ODER SCHLECHT FÜR DIE ZÄHNE…

KAUEN UND ZAHNGESUNDHEIT

KLEINGEDRUCKTES AUF DER VERPACKUNG

ZÄHNE UND VITAMINE

ZUCKERERSATZSTOFFE

ZÄHNE UND GETRÄNKE

ORANGENSAFT ÄTZT ZÄHNE WEG?

EIN GANZ BESONDERES KRAUT: PETERSILIE

ENTHALTEN POMMES FRITES GENUG VITAMIN C?

ÜBERGEWICHT

DIÄTEN

Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

HÜFTGELENK, ATLAS UND ZÄHNE

DIE ZÄHNE, DER SCHLAF UND DAS BETT

MEINE VORDERZÄHNE WERDEN IMMER SCHIEFER

MEIN MUND GEHT NICHT ZU!

MEIN MUND GEHT NICHT AUF!

BREITMAULFROSCH ODER PFERDEGEBISS?

MEIN KIEFER KNIRSCHT UND KNACKT

OHRGERÄUSCHE

RÜCKENSCHMERZEN

KAUEN WIE DIE KUH ODER ZUBEISSEN WIE DER LÖWE

SPEICHELFLUSS UND SCHLUCKBESCHWERDEN

BABYS SCHLUCKEN ANDERS ALS ERWACHSENE

MEIN MANN SCHNARCHT – ICH WILL AUSZIEHEN

Wechselwirkung Zähne und Körper

ALLES FLIESST… AUCH DIE ZAHNSTELLUNG?

ZÄHNE UND POTENZ

JEDES KIND – EINEN ZAHN?

MUNDGERUCH

HERZINFARKT

SCHLAGANFALL

DIABETES

OSTEOPOROSE – ZÄHNE UND KNOCHENAUFBAU

NASE UND ZÄHNE

AUGEN UND ZÄHNE

RAUCHEN UND ZÄHNE

KREBS IM MUND

GEBISS UND WIRBELSÄULE

WANN BRAUCHE ICH WELCHEN ARZT?

MASSAGE

SCHILDDRÜSE UND ZÄHNE

ORTHOPÄDIE

BLUTER BEI DER ZAHNBEHANDLUNG

Kieferorthopädie

FEHLER BEI DEN ZAHNANLAGEN

DIE ZÄHNE SIND GERADE, ABER…

DA MÜSSEN WIR DEN KIEFER DANN ERST ZWEIMAL BRECHEN…

GEBISSFORMEN

BRAUCHE ICH EINE SPANGE?

RETAINER FOREVER!

WEISHEITSZÄHNE

OSTEOPATHIE

OSTEOPATHIE UND ZÄHNE

ATLAS UND KIEFERGELENK

MEIN ZAHNARZT LEGT MICH FLACH

HALBSEITIG SPASTISCH GELÄHMT

Besondere Anforderungen und Belastungen

DAS PROVISORIUM IST AB – WAS NUN?

FLECKEN AUF DEN BLEIBENDEN ZÄHNEN

BRAUNE FLECKEN UND BRÖCKELNDE ZÄHNE

SCHUTZSCHIENE FÜR KAMPFSPORT, SKI, FAHRRAD…

PROBLEMFALL ZAHNSCHMELZ

ZÄHNE FORMEN, ZUNGE SPALTEN, PIERCING

Unklare Symptome und Beschwerden

DA STIMMT WAS NICHT AM KOPF

MEINE ZÄHNE PASSEN NICHT AUFEINANDER

TEMPERATUREMPFINDLICHKEIT

ZAHNSCHMERZEN IM FLUGZEUG

PHANTOMSCHMERZEN

TRIGGERPUNKTE

ZAHNSCHMERZEN BEI NASENNEBENHÖHLENENTZÜNDUNG

MUNDBAKTERIEN UND DAS HERZ

ICH HAB’ JA SCHÖNE ZÄHNE– ABER SOLCHE SCHMERZEN!

SELBSTVERGIFTUNG UND ZAHNPLOMBEN

MEINE HÜFTE UND KNIE SCHMERZEN… AB ZUM ZAHNARZT?!?

Alternative Heilmethoden

BATTERIE IM MUND?

ICH HABE TOTE ZÄHNE IM MUND

ICH HABE ZÄHNE MIT AMALGAMFÜLLUNGEN

WEISHEITSZÄHNE UND ALLERGIEN

ALLERGIEN UND MATERIALIEN BEIM ZAHNARZT

HEILPRAKTIKER UND ZAHNÄRZTE

SURVIVALGUIDE NELKENÖL

ÖLZIEHEN GEGEN PARODONTITIS UND AROMATOGRAMM

KREIDE FRESSEN ODER NATRON?

Kosten und Versicherung

GEIZ IST GEIL?

PRIVATPATIENTEN KRIEGEN ALLES BEZAHLT

WARUM SO VIEL PAPIERKRAM?

MEIN ZAHNARZT FÄHRT PORSCHE

ICH KANN MIR ZAHNARZT NICHT LEISTEN

KASSENLEISTUNG NACH REGELKATALOG

SPRECHENDE MEDIZIN? – APPARATE STATT ÄRZTE?

WANN IST EINE ZAHNZUSATZVERSICHERUNG SINNVOLL?

GESUNDHEITS- ODER KRANKHEITSSYSTEM?

Begriffserklärungen

Quellen (medizinische Kästen)

Über die Autoren

Ein Zahn stirbt selten allein!

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Ein paar Worte vorweg von Ulrich Pfeiffer…

Über die Autoren

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Ein paar Worte vorweg von Ulrich Pfeiffer…

Ein Buch über Zähne? – Wer will denn sowas lesen, dachte auch ich mir, als dieses Thema an mich herangetragen wurde. Mein Leben lang habe ich es gehasst, zum Zahnarzt zu gehen. Ich mochte den Geruch in den Praxen nicht, nicht das surrende Geräusch der Bohrer und erst recht nicht die Spritzen und die Schmerzen, die spätestens dann einsetzten, wenn die Betäubung nachließ. Wie beneidete ich als kleiner Junge meinen älteren Bruder, der nie ein Loch in seinen Zähnen hatte! Und das, obwohl er das Gleiche aß wie ich und garantiert nicht besser als ich seine Zähne putzte.

Ist das nicht ungerecht? Aber in meiner Altersgruppe ging es damals Vielen wie mir. Das beim Zahnarzt gebohrt wurde, war normal. Nicht selbstverständlich war es, eine Spritze zu bekommen. Ich erinnere mich noch heute an einen Zahnarztbesuch, als ich etwa acht Jahre alt war. Der Doktor meinte vor der Behandlung zu mir, das Bohren würde schon nicht weh tun und ich sei doch schon ein großer Junge! Nun, es tat höllisch weh und der Schmerz hielt noch den ganzen Tag an. Das war 1968 und von dem Moment an waren Zahnärzte meine persönlichen Feinde. Und die Geschichte ging weiter. Mit zehn Jahren bin ich, nachdem mir der Zahnarzt mitteilte, er müsse mir drei Milchzähne ziehen, direkt vom Zahnarztstuhl geflohen.

Die Ironie des Schicksals ist, dass bereits seit vielen Jahrzehnten einer meiner besten Freunde Zahnarzt ist. Michael Riedel kenne ich bereits seit Beginn meiner Schulzeit. Oft hat er sich von mir schon vor einer Behandlung die Warnung anhören müssen, dass ich sofort zubeißen würde, wenn er mir Schmerzen verursacht – freilich, man könnte es als Drohung verstehen. Aber mittlerweile habe ich gelernt und bin zum Glück reicher an positiver Erfahrung auf dem Zahnarztstuhl. Ich habe erfahren, dass die Zahnmedizin von vor 50 Jahren fast nichts mehr zu tun hat mit den heutigen Methoden. (Methoden, die hier und da natürlich immer noch hinter den Möglichkeiten zurück bleiben.)

Ein weiterer Lernprozess war es, zu erkennen, wie wichtig die Gesundheit dieser kleinen Kauer im Mund für meinen ganzen Körpers ist. Denn unsere Zähne, wenn es ihnen schlecht geht, können bei anderen Organen in unserem Körper schwerwiegende Probleme verursachen. An die dahinter liegenden Zusammenhänge würden die wenigsten Menschen denken – mich eingeschlossen. Wenn ich nicht von meinem alten Schulfreund eines besseren belehrt worden wäre, wer weiß, wie es um mich stünde? Die aus dieser Freundschaft – man könnte sagen, der Symbiose zwischen einem Zahnarzt und einem (ehemaligen) Zahnarzt-Hasser – erwachsenen Einsichten sind Grund dieses Buches! Hätten Sie vermutet, dass Herzinfarkte sogar sehr häufig durch kranke Zähne verursacht werden?

Es liegt ja auf der Hand: Ich bin selbst kein Mediziner und fand es deshalb umso spannender, dieses Buch über Zähne zu schreiben. Die nötige Distanz und Skepsis zum Thema, um aus der Laien-Perspektive genau nachzufragen, sind mir damit gegeben. So glaube ich nichts, nur weil ein Arzt es mir weismachen will. Dieses Buch beleuchtet das Thema Zähne von allen Seiten und auch mit Blick auf so mancherlei entlegene Regionen und Warnsignale unseres Körpers. Da finden alternative Heilmethoden Platz, der Einfluss von Ernährung bis hin zur Osteopathie. In kurzen Einzelkapiteln – die Sie übrigens gar nicht chronologisch lesen müssen – werden viele Einzelthemen angesprochen. Zur ergänzenden Unterhaltung gibt es im Buch verteilt kleine „überflüssige“ Informationen, erkennbar an der gepunkteten Umrandung. Die Erläuterung zu Fachbegriffen finden Sie im Anhang des Buches (Begriffserklärungen).

Dieses Buch entstand als ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Münchner Zahnarzt Michael Riedel. Ohne ihn wäre dieses Buch nicht möglich gewesen, mit ihm besprach und überprüfte ich die medizinischen Aspekte für die von mir geschriebenen Kapitel. (In den grauen Kästen in diesem Buch stehen übrigens vertiefende Infos, die Michael Riedel ergänzen oder besonders hervorheben wollte – ihr erkennt sie außerdem an seinem Piktogramm!) Sein außerordentliches medizinisches Wissen, die nie nachlassende Neugier bezüglich aktuellster Forschung und jahrzehntelange Erfahrung im zahnärztlichen Alltag sind die wesentliche Basis von sämtlichen Inhalten dieses Buches. Er musste oft bohrende Fragen von mir aushalten, wenn mir etwas einfach nicht einleuchtete. Denn ich wollte es immer genau wissen. Um es für uns Laien „schmackhaft“ zu machen – das war das Ziel!

Das Autoren-Team

„DER IST JA GAR KEIN DOKTOR!“

Dieses Buch ist vielleicht etwas ungewöhnlich, da es als gemeinsames Projekt von einem Zahnarzt und einem Nichtmediziner entstanden ist. Und dennoch geht es: um Zahnmedizin. Dabei lieferte Michael Riedel als Zahnarzt als Basis das Wissen und ich brachte es in eine literarische, gut verständliche Form, damit möglichst viele Menschen Lust haben, sich mit ihren Zähnen und den hier angesprochenen Zusammenhängen zu beschäftigen. Ich war, vielleicht wie Sie als Leser dieses Buches, der tendenziell Unwissende bei dem ganzen Thema. Gut zuhören musste ich, nachfragen, um dann das (meinerseits) neu erworbene Wissen in gut verdauliche Textportionen packen zu können. Aber ich erlebte es sogar als Vorteil, dass ich, obgleich mit grundlegenden Naturwissenschaften vertraut, von einer „akademisch-medizinischen Bildung“ unbelastet war. So kann ich näher bei all denen sein, die sonst mit Zahnmedizin wenig am Hut haben. Und vermutlich hatte ich ähnliches Wissen, gleiche Ängste und Vorurteile wie Sie, was das Thema Zähne und Gebiss betrifft.

Diese Sorgen sind für einen Zahnarzt wie Michael Riedel, wie ich in den vielen, diesem Buch zugrundeliegenden Gesprächen feststellen durfte, häufig gar nicht nachvollziehbar. Denn Vieles ist da einfach selbstverständlich; wobei er sicher zuweilen das Vorwissen der meisten Menschen über ihren eigenen Körper zu hoch ansetzte. An dieser Stelle setze ich, der „Unwissende“ an, und stellte ihm die Fragen, die wir Laien gerne beantwortet hätten, ohne in unverständlicher Fachsprache zu ertrinken.

WER SICH SELBST LOBT…

Ich kenne Michael Riedel schon lange. Auch als Zahnarzt. Und was mich immer wieder verblüfft, ist sein ungeheures medizinisches Wissen, was sich eben nicht nur auf Zahnmedizin bezieht. Wenn ich zu ihm mit einem Zahnproblem komme, dann ist bei seinen Überlegungen immer der ganze Körper des Patienten, der Mensch als Ganzes, relevant. Wie aus seinem Lebenslauf ersichtlich, hat er, für mich mittlerweile völlig nachvollziehbar, die unterschiedlichsten Fortbildungen auf der ganzen Welt gemacht. Nach Möglichkeit war er immer dabei, wenn es eine, seiner Meinung nach wichtige Entwicklung gab, die ihn als Zahnarzt tangierte. Das konnten Aspekte aus der Osteopathie, der Psychologie, aber auch alternative Heilmethoden zum Beispiel aus der chinesischen Medizin sein. Seine Intention war es stets, seine Patienten umfassend zu heilen, statt nur ihre Zähne zu „reparieren“. Wie kommt es, dass so ein Ansatz auch heute noch den meisten Zahnärzten fremd ist?

Aus Gesprächen mit einigen Patienten von Michael Riedel weiß ich, dass sie teilweise eine lange Odyssee von einem Zahnarzt zum nächsten hatten, bevor sie bei ihm gelandet sind. Michael Riedel hat nicht die Veranlagung, mit seinem medizinischen Ansatz „hausieren“ zu gehen. Seine Art, Patienten ganzheitlich zu sehen und zu behandeln ist nach persönlichem Anspruch selbstredend. Vielmehr kann er nicht ganz verstehen, warum die meisten Kollegen nicht einen ähnlichen Anspruch haben. Aber Michael Riedel macht sein Ding und redet nicht groß darüber. Außer, wenn man ihn danach fragt – das tat ich.

In diesem Buch soll gezeigt werden, was im Rahmen einer guten und ganzheitlichen Zahnbehandlung möglich ist, welch große Bedeutung Zähne für unsere Gesamtgesundheit haben und auch, was wir beim Zahnarzt nicht hinnehmen sollten. Immerhin, auf dem Behandlungsstuhl benehmen wir uns oft, den Körper ängstlich versteift und verkrampft, wie brave Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden. Aber kann das sinnvoll sein? Wehren wir uns doch lieber mit etwas Rundumwissen – um auch die richtigen Fragen an unseren Zahnarzt richten zu können, und uns auf der Schlachtbank ähem dem Zahnarztstuhl nicht alles gefallen zu lassen.

Ist ein kleines Beispiel aus nächster Verwandtschaft gefällig – von einem treu, seinem bisherigen Zahnarzt ergebenen Patienten? Nennen wir ihn schlicht Herr Pinguin. Durch einen Zufall landete Herr Pinguin in der Zahnarztpraxis Riedel und erfuhr bei der ganz normalen Gebissuntersuchung, dass er um ein Haar in Kürze zwei seiner Zähne verlieren würde, wenn man nicht umgehend handle. Schuld daran war eine weit fortgeschrittene Parodontitis (was das ist, wird später noch erklärt). Kann ja vorkommen, wird manch einer jetzt sagen. In diesem Fall war es aber ein höchst anständiger Patient, der alle sechs Monate zur Prophylaxe-Untersuchung bei dem Zahnarzt seines Vertrauens gegangen war. Damit die Frage: Darf so etwas vorkommen?

Hinter diesem Buch steht der Gedanke: Lasst uns lieber wappnen,damit wir für Warnzeichen und Zusammenhänge unseres Gebisses nicht blind bleiben. Dabei solll es auch in unbequemer Weise zum Nachdenken anregen.

EIN INTERVIEW MIT DEM ZAHNARZT MICHAEL RIEDEL

Ulrich Pfeiffer:Wir kennen uns bereits seit unserer gemeinsamen Schulzeit. In meiner Erinnerung warst Du in allen Schulfächern gut. Das Ungewöhnliche war immer, dass Du Lehrer mit Deinen Fragen aus dem Konzept bringen konntest, dass sie also in ihrem eigenen Fachgebiet auf Deine Fragen keine Antwort wussten. Manche gestanden dann sogar ein, dass das wirklich eine gute Frage sei, sie aber auch nicht wüssten, ob sich darum schon mal jemand Gedanken gemacht hätte. Wie kam es, dass Du dann ausgerechnet Zahnarzt geworden bist?

Michael Riedel: Tja, geplant hatte ich das nicht. Schon meine Oma hatte meistens ein Lexikon in Griffweite, da ich ihr immer mit „Warum-Fragen“ kam. Die Naturwissenschaften fand ich bereits als Kind spannend. Da ich aber gerne mit Menschen zusammen bin, kam ein Forschungslabor für mich nicht in Frage. Also war irgendwas Medizinisches naheliegend. Ich informierte mich unter anderem bei einem Zahntechniker über dessen Tätigkeit für einen der führenden Zahnärzte Deutschlands. Das war hochinteressant und so kam ich dann zur Zahnmedizin.

Ulrich Pfeiffer:Würdest Du heute noch genauso wählen?

Michael Riedel: Auf jeden Fall, für mich war das die richtige Entscheidung. Wobei ich damals nicht im Entferntesten ahnte, was in diesem medizinischen Spezialgebiet alles möglich wird.

Zahnarzt war für mich früher bohren, Schmerzen, Löcher stopfen. Das wäre wirklich das Allerletzte gewesen, was ich gemacht hätte.

Wenn es nur ums „Löcher stopfen“ gegangen wäre, hätte ich sicher bald das Interesse an der Zahnmedizin verloren. Aber ich hatte damals das Glück, dass meine Uni in Tübingen eine der ersten Universitäten in Europa war, wo man sich intensiver mit Implantologie und Parodontologie beschäftigte. Zudem hatte ich Gelegenheit, direkt an einem entsprechenden Forschungsprojekt bereits als Student mitzuarbeiten. Das war für mich damals sehr spannend Anfang der 1980er-Jahre.

Soweit ich weiß, hattest Du im Studium einen Professor, der weit über das Thema Zähne hinausdachte und den gesamten Körper berücksichtigte. Also die Zahnmedizin als Ganzes wörtlich nahm und auch die allgemeine Medizin mit einbezog.

Ja, eine Vorstufe dazu hieß Gnathologie, wobei das Thema in Deutschland noch relativ unbekannt war, hier wurde zu sehr zahnbezogen gedacht. Es wurde Einiges herumexperimentiert, da entsprechende wissenschaftliche Grundlagen fehlten.

Was für Dich, so wie ich Dich kenne, nicht akzeptabel war. Soweit ich mich erinnere, zog es Dich dann immer wieder in die USA?

Richtig. Die waren bei diesem Thema zu der Zeit schon ein bisschen weiter. Da gab es Mediziner wie Ian Stuart und insbesondere Robert Lee. Lee kann man als einen der Väter der Gnathologie sehen, da gab es viel für mich zu lernen, was weit über ein reguläres Studium hinausging.

Wie hast Du die ganzen Fortbildungen, Curricula und Studien neben Deiner normalen Zahnarztpraxis geschafft?

Ja, das war und ist nicht immer leicht. Aber ich kann nicht anders. Vielleicht bin ich etwas eigen, aber ich will meinen Patienten immer die individuell beste Lösung für ihr zahnmedizinisches Problem bieten. Und die Forschung und Entwicklung steht nie still. Die Gnathologie der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts hat mit der heutigen Funktionsdiagnostik eigentlich nur noch die zugrundeliegende Idee gemeinsam.

Wird das von Zahnärzten allgemein so gesehen?

Es wäre zu wünschen, leider sieht die Realität häufig so aus, dass viele Kollegen in den ersten Jahren nach dem Studium noch Fortbildungen besuchen, dies aber mit zunehmendem Alter nachlässt. Das wird mir immer wieder bewusst, wenn ich selber solche Weiterbildungsmaßnahmen nutze oder als Dozent tätig bin.

Ist denn in den letzten, sagen wir, 20 Jahren wirklich so viel in der Zahnmedizin passiert? Sind wir denn heutzutage wirklich zahnmedizinisch schlechter versorgt?

Nein, das kann man so natürlich nicht sagen. Ein guter Zahnarzt wird nicht infolge neuer Forschungen und Entwicklungen plötzlich ein schlechter Zahnarzt. Aber manch Einer sollte sich fragen, ob er seine Patienten nicht noch besser versorgen könnte. Es gibt kontinuierlich neue Entwicklungen, Viele davon enden natürlich auch in einer Sackgasse. Trotzdem lässt sich sagen, dass Manches, was vor einigen Jahren noch als die optimale zahnmedizinische Versorgung galt, sich später als falsch oder sogar schädlich herausgestellt hat.

Hast Du dafür ein Beispiel?

Die Auswirkungen von Stress auf unser Gebiss und unseren Kiefer waren vor 20 Jahren noch nicht so klar wie heutzutage. Man sah die Abnutzungen an Zähnen, die Rückbildung des Zahnfleisches und betrieb vorwiegend Symptombehandlung. Auch mit Zahnschienen wurde bereits gearbeitet: Vergleicht man das aber mit den heutigen Möglichkeiten, so wäre das von der Wissensbasis her, als würden wir die Pferdekutsche mit dem Auto vergleichen.

Das klingt provokativ…

Es ist so. Wir waren einfach noch nicht so weit, den Körper wirklich als Ganzes zu betrachten. Wir wussten letztendlich nichts Genaueres von den Folgen einer gestörten Kaumuskulatur zum Beispiel für unsere Hüfte oder unser Knie. Ärzte, die da Zusammenhänge erkennen wollten, wurden eher als Spinner abgetan. Heute weiß man, dass sie zum Teil völlig richtig mit derartigen kausalen Vermutungen lagen.

Da öffnet sich ja jetzt ein weites medizinisches Feld. Das kannst Du als Zahnarzt doch gar nicht alles abdecken, oder?

Nein, das ist natürlich nicht möglich. Ich habe ein Netzwerk von Ärzten aus unterschiedlichsten Fachrichtungen wie zum Beispiel HNO, Orthopädie, Osteopathie, Neurologie, Psychologie, mit denen ich in ständigem Austausch stehe und an die ich auch gegebenenfalls Patienten überweise. Diese Zusammenarbeit zum Wohl des Patienten finde ich sehr wichtig. Das eigene Fachgebiet darf nie als Grenze betrachtet werden. Wir Mediziner sollten uns immer wieder bewusst machen, dass keiner alles kann und es doch im Kern immer darum gehen sollte, einen Patienten von seinen wie auch immer gearteten Beschwerden zu heilen.

Der Arzt, der sich immer seinem sogenannten „Hippokratischen Eid“ verpflichtet fühlt?

Riedel: So wäre es zu wünschen. Vielleicht bin ich da zu idealistisch. Auch der Aderlass hat sich unter studierten Ärzten lange als die beste Lösung gehalten. Es wurde nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Aber die Realität ist natürlich – auch ein Arzt muss Geld verdienen, eine Praxis unterhalten; und das mit all den heute herrschenden bürokratischen und hygienischen Vorgaben, das ist eine große unternehmerische Herausforderung.

Also doch kein Porsche in der Garage?

Ja, dieses Urteil, wir Zahnärzte wären alle Großverdiener, hält sich hartnäckig. Wir haben in den letzten Jahren diverse Vorgaben für die Praxis erhalten, die letztendlich nicht immer kostendeckend zu erfüllen sind. Da steht ein Zahnarzt oft vor einem Dilemma, wenn er das Beste für seinen Patienten will, dies aber von der gesetzlichen Krankenkasse nicht bezahlt wird, da es mehr als nur eine Zahnreparatur ist. Wir dürfen zwar symptomatische Folgen behandeln, langfristige, ganzheitliche Heilungen durch Beseitigung der Ursachen sind dabei häufig aber nicht vorgesehen.

Also ich wünsche mir schon die bestmögliche Behandlung von einem Arzt.

Natürlich rede ich mit meinen Patienten darüber, ich zeige ihnen die verschiedenen Behandlungsoptionen, die mir zu einer Diagnose sinnvoll erscheinen. Jeder Patient ist anders, bei mir kann es keine pauschale Allgemeinlösung geben, ich stopfe nicht einfach nur ein Loch im Zahn. Eventuell gar in dem Bewusstsein, dass dann ein Patient spätestens in drei Jahren mit dem gleichen Problem wieder bei mir in der Praxis steht. Wer so handelt, erzeugt wissentlich Sollbruchstellen.

Wir Patienten können ja eigentlich nie wirklich beurteilen, wie gut unser zahnmedizinisches Problem gelöst wird. Ich habe früher auch schon bei einem wiederkehrenden Zahndefekt zu hören bekommen, dass mein Körper sich ja ständig verändern würde und dass dies jetzt eine neue Ursache hätte, man sich damit eben abfinden müsste.

In diesem erlernten Bewusstsein bekomme ich auch immer wieder Patienten. Die haben sich tatsächlich damit abgefunden, dass zum Beispiel der Kiefer immer wieder schmerzt oder in gewissen Abständen ein Zahn sich unangenehm meldet. Da ist einfach nicht nach der wirklichen Ursache gesucht worden. Zuweilen ist das tatsächlich nicht leicht. Wir Zahnärzte sollten uns der Tatsache bewusst sein, dass nicht die Kieferorthopädie, die Implantologie, die Prothetik, die Parodontologie, Wurzelbehandlungen oder gar Zahnfüllungen der zahnmedizinische Mittelpunkt sind, sondern lediglich Maßnahmen zur Symptombehandlung. Der Kern von allem ist die Funktion von den Zähnen im Ober- und Unterkiefer, also vom Gebiss und der gesamten Kaumuskulatur. Und dieser Bereich ist eng vernetzt mit dem Rest unseres Körpers.

So gesehen kann ich gut verstehen, dass eine Diagnose etwas länger dauert. Ich fühle mich etwas an die Fernsehserie „Dr. House“ erinnert. Da wird analysiert, probiert, verworfen, bis die Lösung da ist. Völlig offen ist aber stets, welche Therapie zu dem gewünschten Ergebnis führt. Das passiert im Allgemeinen unter Beteiligung mehrerer Spezialisten… ich möchte nicht wissen, was das in Realität kosten würde.

Das wäre unmöglich billig. Allerdings sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass eine jahrelange Odyssee zu Ärzten zwecks fortlaufender Symptombeseitigung langfristig gesehen auch nicht preiswert ist. Ich nutze da ein Bild, um diesen Sachverhalt meinen Patienten zu verdeutlichen. Stell Dir vor, Du bist eine Badewanne.

Durch einen Wasserhahn fließt Wasser in die Wanne, welches durch den Abfluss abfließen kann. Wenn wir gesund sind, ist das im Gleichgewicht. Soviel Wasser wie in die Wanne fließt, kann auch abfließen. Ein Ungleichgewicht entsteht, wenn zu viel Wasser aus dem Hahn kommt und die Wanne überläuft. Das Problem (Symptom) muss beseitigt werden, der Wasserhahn wird repariert. Das ist die klassische Form der Behandlung. Wenn nach einiger Zeit der gleiche Defekt wieder auftaucht, liegt die Ursache aber vermutlich woanders. Und es gibt eben nicht nur einen Wasserhahn, es gibt mehrere davon, die alle die Wanne überlaufen lassen (um bei dem Bild zu bleiben). Wir müssen den oder auch die schadhaften Hähne finden, um die Ursache zu beseitigen.

Also, wenn ich Dich richtig verstehe, dann stehen in Deinem Beispiel die Wasserhähne für verschiedene mögliche Ursachen, die zu einem bestimmten körperlichen Krankheitssymptom führen.

Genau. Ich schaue mir den Patienten als Ganzes an, befrage ihn zu weiteren Beschwerden und reduziere ihn nicht auf einen eventuell schmerzenden Zahn. Körper- und Kopfhaltung, Kiefermuskulatur, Zahnhalteapparat, Gebiss, Psyche – wir Menschen sind komplexe Wesen! Vielleicht besteht auch ein Bandscheibenproblem, eventuell sind die Beine verschieden lang, oder der Patient hat häufig Kopfschmerzen. Es gibt sehr viel, was dann gemeinsam mit dem Patienten zu ergründen ist. Wo immer im Körper sich „etwas verstellt“, muss an einer anderen Stelle ein Ausgleich dafür erzeugt werden. Es besteht aber nicht immer ein kausaler Zusammenhang. Da braucht es eben auch manchmal erfahrene medizinische Fachleute unterschiedlicher Fachrichtungen, um eine Krankheitsursache aufzuspüren. Unser Gebiss kann uns im Prinzip 120 Jahre ohne Einschränkungen erhalten bleiben. Darin, dazu einen Teil beizutragen, sehe ich meine ärztliche Aufgabe.

Da haben wir jetzt einige Themenfelder angeschnitten. Dieses Buch soll dazu dienen, sie weiter zu vertiefen und für mehr Klarheit rund um zahnmedizinische Zusammenhänge zu sorgen. Legen wir los!

Zahnärztlicher Alltag

WENN ICH EINS HASSE, SIND DAS ZAHNÄRZTE!

Mediziner sind Götter in weiß… kennen sie diesen Ausspruch über Ärzte? Anscheinend müssen Zahnärzte dabei die „hässlichen Entlein“ in ihrem Berufsstand sein. Denn sie werden nicht bewundert, sondern sind für viele Menschen ein notwendiges (aber eben auch nützliches) Übel. Zahnärzte fürchtet man, insbesondere ihre spitzen, kratzenden Instrumente und die surrenden Bohrer. An der Angst der Patienten sind die Zahnärzte selber nicht ganz unschuldig, könnte man sagen. Erst mit der Zeit hat der Berufsstand begriffen, dass eine klinisch steril und kalt anmutende Praxis nicht gerade einladend ist. Dann dieser besondere Geruch; obgleich unser Verstand weiß, dass dieser zur gängigen Desinfektion der Behandlungsplätze gehört. Aber auch der empathische Umgang mit Menschen ist nicht in allen Praxen gegeben. Oft wird einem auf dem Behandlungsstuhl das Gefühl vermittelt, dass man nur ein Objekt mit einem Mund ist. Der Arzt interessiert sich mit grausamer Einsilbigkeit nur für dessen Mangelware. Den Mund kann man dabei auch nicht weit genug aufmachen. Erklärt wird einem nur das Nötigste und das mit dem herablassenden Blick, der so viel sagt wie: Für die Zusammenhänge sind Sie eh zu blöd. Also klammert sich der Patient lieber ängstlich am Behandlungsstuhl fest, in der Hoffnung, es möge alles bald vorbei sein. Was bleibt ihm andres übrig?

Zugegeben, der Zahnarzt ist mit diesem Grad an Abneigung nicht allein. In ähnlicher Form sind ihr auch andere Berufsgruppen ausgesetzt. Im Laufe der Jahre ist es bei den Zahnärzten immerhin besser geworden. Dafür wurde Einiges am „Patienten-Erlebnis“ gefeilt. In den letzten Jahrzehnten entstehen immer mehr Praxen, die viel Wert auf einladende Räumlichkeiten legen. Zahnärzte und Mitarbeiter sind geschult im zwischenmenschlichen Umgang, insbesondere in der begleitenden Führung von „Angstpatienten“. Diese werden im wahrsten Sinne des Wortes an die Hand genommen und auf individuelle Befindlichkeiten sorgsam abgefragt. Ein „moderner“ Zahnarzt erläutert heutzutage dem Patienten vorab, wie die Zahnbehandlung ablaufen wird und beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten, die es gibt, um Schmerzen, zu vermeiden. Und so entwickeln sich auch Zahnärzte ganz allmählich hin zu sympathischen Ärzten – die Götter in Weiß sind dann weniger furchtbar. Oder?

DEN ERSTEN „ZAHNARZT“ DER WELTGESCHICHTE GAB ES IM ALTEN ÄGYPTEN

Der Ägypter Hesire, der etwa 2700 v. Chr. lebte, wird in alten Schriften außer mit der Bezeichnung „Arzt“ auch mit dem Titel „Zahnarzt“ beschrieben. Auf einem ägyptischen medizinischen Papyrus aus dem Jahre 1600 v. Chr. wird bereits die Behandlung von Karies und Parodontitis erläutert. Auch Unterkieferfrakturen wurden offensichtlich medizinisch versorgt. Nicht sicher sind sich die Archäologen allerdings, ob die Gebisskorrekturen nicht erst bei der Mumifizierung stattgefunden haben, da es für die alten Ägypter wichtig war, möglichst intakt in das Totenreich zu gehen.

ANGST BEIM ZAHNARZT

Ich kann das gut verstehen. Aufgrund früher prägender Erlebnisse fühle ich mich, selbst nach vielen Jahren mit – für eine Zahnbehandlung – relativ guten Erfahrungen, unwohl vor einem Zahnarzttermin und verkrampfe mich erst einmal, sobald ich als Patient auf dem Behandlungsstuhl liege. Reaktionen wie erhöhter Puls, starker Speichelfluss und Würgen, wenn der Mund geöffnet bleiben soll, sind bei mir dann nicht ungewöhnlich. Aber nun die gute Nachricht: Die Angst ist in den letzten Jahren geringer geworden. Da scheint besagter Zahnarzt etwas gut gemacht zu haben…

Die Angst und die daraus resultierende Vermeidung eines Zahnarzt-Besuches kann fatale Folgen haben, denn kariöse Zähne heilen leider nicht von selber. Die Folge: Eine Karies zerstört einen Zahn immer mehr, bis sie die Wurzel erreicht und Schmerzen verursacht. Selbst das vermag anscheinend bei manchen Menschen nicht ausreichen, die Angst zu überwinden, und man behilft sich mit Schmerzmitteln und Antibiotika. Mit den entsprechenden Folgen für Leber und Nieren.

Von ernsthaften Zahnproblemen betroffen sind beileibe nicht nur ältere Menschen, wie mancher denken mag. Da kommen manchmal junge attraktive Menschen in die Praxis und selbst einen Zahnarzt kann es schockieren, was er da zuweilen zu sehen bekommt. So schildert mir Michael Riedel einen konkreten Fall, wo eine 25-jährige, sehr ängstliche Frau nur noch verfaulte Zahnstummel im Mund hatte. Bis Zähne in diesen Zustand kommen, muss ein Patient schon einiges erduldet haben. Es wäre eine längerer Behandlungszeitraum geworden, was offensichtlich so beängstigend war, dass die Frau nach dieser Anamnese nie wieder in die Praxis kam. Irgendwann sind in so einem Fall die Zähne alle abgestorben. Sie lockern sich, fallen aus, der Kiefer bildet sich mit weiteren, daraus resultierenden körperlichen Folgen zurück.

Erfahrungen aus bereits erfolgten Zahnarztbehandlungen kursieren meistens so lange wie eindrücklich im persönlichen Umfeld. Da mag eine Wurzelbehandlung dreißig Jahre zurückliegen – ein Freund wird sie Ihnen auch nach vielen Jahren noch haarsträubend ausgeschmückt, bis in die kleinste Unannehmlichkeit, erzählen können. Natürlich auch, dass (trotz Spritze!) die Behandlung äußerst schmerzhaft gewesen sei. Vielleicht verständlich ist dann, dass so die Angst bei Patienten wie mir die Oberhand behält und ein Zahnarzt trotz aller Beschwichtigungen und Versprechen einen schweren Stand hat. Es mag ja wahr sein; eine Anästhesie, wie sie früher gesetzt wurde, wirkte vielleicht bei einer entzündeten Zahnwurzel nur unvollständig; sie half aber trotzdem schon dadurch, dass es bei der Behandlung nicht allzu stark blutete.

Zum Glück existieren heutzutage unterschiedlichste Methoden, um eine Behandlung für den Patienten viel angenehmer zu gestalten. Genannt seien an dieser Stelle neben Lachgas auch Hypnose, häufig parallel eingesetzt. Da kann die Behandlung dann tatsächlich ohne Schmerzen ablaufen. Versprochen!

Übrigens: Im Mittelalter sind vermutlich ein Drittel der Menschen an einem vereiterten Zahn gestorben, weil dieser nicht rechtzeitig gezogen wurde.

FINDET NEMO

Wer den Film „Findet Nemo“ (aus dem Jahr 2003) kennt, hat eine Zahnarztpraxis über die Film-Animationen aus einer ganz anderen Perspektive erlebt: Fische, die herrlich fachkundig eine Wurzelbehandlung kommentieren, dazu gibt es als Untermalung die passenden Schmerzensschreie des armen Patienten. Das kreischende Kind auf dem Zahnarztstuhl, als der Pelikan um den Behandlungsstuhl herumfliegt. Die Patienten im Wartezimmer, die schemenhaft durch das die Räume trennende Aquarium hindurch die chaotischen Vorgänge in dem Behandlungszimmer sehen können, untermalt von einer entsprechenden Geräuschkulisse. Zum Schluss die gelungene Flucht von Nemo über den Abfluss ins Meer. Der Autor dieser ganzen Szenen scheint eine sehr spezielle Beziehung zu Zahnarztbehandlungen zu pflegen. Unbedingt sehenswert, außer für Angstpatienten!

DAS BILDEN SIE SICH NUR EIN!

Stellen Sie sich vor, sie wachen nachts auf und haben Zahnschmerzen im Backenbereich. Am nächsten Morgen ist es wieder besser. Wunderbar, denken Sie, dann ist ja doch kein Zahnarztbesuch notwendig, schließlich hatten Sie ja auch erst vor wenigen Monaten eine Wurzelbehandlung in der nun schmerzenden Zahnregion. Vielleicht ist ein Tag Ruhe, dann spüren Sie wieder diesen Schmerz, noch aushaltbar aber eben unangenehm. Sie nehmen eine Tablette gegen Schmerzen und sie hilft, alles wieder bestens. So kann das über Wochen hinweg gehen. Irgendwann werden Sie dann doch vielleicht unsicher und machen einen Termin beim Zahnarzt.

Ausgerechnet an dem Tag tut dann eventuell gerade nichts weh, aber Termin ist Termin und so sitzen Sie mit weit geöffnetem Mund auf dem Behandlungsstuhl. Mit freundlich wissendem Blick untersucht der Arzt Ihre Zähne um Ihnen dann zu versichern, dass alles in Ordnung sei, man aber gerne nochmals röntgen könne. Gleichzeitig gibt er Ihnen mehr oder weniger klar zu verstehen, dass Sie als übersensible Person sich die Schmerzen vielleicht nur einbilden. Oder er äußert die Vermutung, dass nächtliches Knirschen der Auslöser der Beschwerden sein könnte. „Nett“ ist auch die Aussage, dass die Zahnbehandlung an dem entsprechenden Zahn ja noch nicht so lange zurückliege und es da schon manchmal zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen kann. Na klasse, wird man also zum Sensibelchen abgestempelt – man solle sich bloß nicht so anstellen!

Natürlich werden Schmerzen individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen und hängen auch von der Gesamtverfassung eines Menschen ab. Trotzdem wünscht man sich in so einem Fall eigentlich, ernst genommen zu werden. Aber der Zahnarzt bekommt täglich entsprechende Probleme zu hören und gerade in Hinsicht auf deren Herkunft lassen sich Schmerzen tatsächlich nicht immer so eindeutig zuordnen. Sie können aus einer zurückliegenden Behandlung resultieren, aber ebenso ganz andere Ursachen haben.

Ein Arzt ist kein Hellseher, er ist auf die Mithilfe des Patienten angewiesen. Am besten ist es, man schreibt sich auf, wann, unter welchen Umständen, wo genau und wie lange ein bestimmtes Symptom auftritt. Das ist für eine Diagnose des Arztes auf jedem Fall sehr hilfreich. Es kann so viele Ursachen für Schmerzen geben… also besser nicht lockerlassen und vielleicht wäre bei einem unklaren Sachverhalt ein 3D-Röntgenbild tatsächlich ganz sinnvoll.

MÜSSEN HAIE ZUM ZAHNARZT?

Aus diversen Filmen kennen wir das Gebiss von Haien – etwas, mit dem niemand nähere Bekanntschaft machen will, spätestens seit dem Filmklassiker „Der weiße Hai“. Wenn man sich dann noch vorstellt, dass es Haie gibt, die bis zu 30.000 Zähne im Laufe ihres Lebens bekommen! Die meisten Haie haben ein sogenanntes „Revolvergebiss“, sie können bei ihren Zähnen sozusagen „nachladen“. Wenn ein Zahn abbricht, nimmt ein nachfolgender seinen Platz ein. Das geht, weil hinter der vordersten, aufrecht stehenden und gut sichtbaren Zahnreihe weitere, liegende junge Zahnreihen angelegt sind die sich nach Bedarf aufrichten. Und die können jeden verloren Zahn ersetzen, das funktioniert, solange ein Hai lebt. Übrigens haben nicht alle Haie gefährlich scharfe Zähne wie der gefürchtete Weiße Hai. Der Walhai zum Beispiel, der sich von Plankton ernährt, filtert seine Nahrung mit 6000 winzigen Zähnchen aus dem Wasser. Auch die Anzahl der Zahnreihen, teilweise bis zu acht, kann bei den verschiedenen Hai-Arten stark variieren. Der Tigerhai hat nur eine Zahnreihe und benötigt etwa 1400 Zähne im Lauf seines Lebens. Der Zitronenhai wechselt seine Zähne jede Woche.

„SIE HABEN 16 LÖCHER!“

Hier kann ich mal wieder mit einem ganz persönlichen Erlebnis aufwarten. Die Angst, dass der Zahnbohrer notwendig wird und Schmerzen verursacht, treibt mich mindestens einmal pro Jahr zum Zahnarzt. Für diesen regelmäßigen Kontrollbesuch sorgte bereits meine Mutter, als ich noch ein Kind war. Diese Gewohnheit behielt ich auch als Erwachsener bei in dem Glauben, das dann nie etwas richtig schlimm an meinen Zähnen sein kann. Ich war umgezogen und suchte ortsbedingt einen neuen Zahnarzt auf. Wie immer in der Hoffnung, dass ich diesmal für meine gute Zahnpflege gelobt würde, was, wie ich zugeben muss, eher selten geschah. Aber weit gefehlt. Nach gründlicher Untersuchung und dem Röntgen meiner Zähne teilte mir der Doktor freundlich mit, ich hätte 16 Löcher. Ich dachte, der nimmt mich auf den Arm. Schließlich war ja meine Nervosität unübersehbar, so wie ich mich an den Lehnen des Behandlungsstuhls festklammerte. Aber er konnte es mir natürlich mit den Röntgenbildern beweisen. Meine Zähne stehen sehr dicht beieinander, entsprechend eng sind die Zahnzwischenräume. Beste Voraussetzungen für die Ansammlung von Bakterien, die mir den Zahnschmelz zerstört hatten. Und bei mir betraf es eben fast alle Zwischenräume. Glück im Unglück; es waren zu dem Zeitpunkt nur sehr kleine Löcher, aber sie mussten trotzdem behandelt werden. Meinem vorherigen Zahnarzt war dabei nicht mal ein Vorwurf zu machen, denn bei der normalen Routine-Untersuchung ohne Röntgen waren die Zahnschäden kaum erkennbar. Die Löcher hätten sich erst nach mehreren Jahren schmerzhaft bemerkbar gemacht.

Die Folge dieser Zahnlöcher war außerdem, dass ich mit einem für mich ganz neuen Zahnpflegemittel vertraut gemacht wurde, der Zahnseide. Wobei es bei meinen engstehenden Zähnen eine Qual war und ist, die Fäden zwischen den Zähnen durchzuziehen und es verlangte auch einiges an Übung. Nun ja, Nachlässigkeiten meinerseits wurden folgerichtig beim jährlichen Zahnarzttermin „bestraft“. Irgendwann begriff ich, dass es für mich doch am Besten ist, diese Zahnputzunterstützung einmal täglich zu nutzen, unangenehme Zahnbehandlungen wirken irgendwann selbst bei sehr uneinsichtigen Patienten nach.

DER KLEINE HORRORLADEN

Wer wissen will, warum jemand Zahnarzt wird, findet eine mögliche Antwort in der Gruselfilmparodie „Der kleine Horrorladen“ aus dem Jahr 1986. Darin erzählt ein Zahnarzt in dem Lied „Sohn, du wirst Zahnarzt“, das für seine Berufswahl ein wesentlicher Grund war, ungestört seine sadistischen Neigungen an den Patienten ausleben zu können. Masochisten kommen da voll auf ihre Kosten! Auch der Tod des Zahnarztes durch Lachgas hat für ängstliche Patienten wohl eher eine abschreckende Wirkung in Bezug auf den eigenen Zahnarztbesuch.

WENN ICH ZUM ZAHNARZT GEHE, FINDET DER FAST IMMER WAS

So eine Aussage lässt sich problemlos sehr bösartig auslegen. Zahnärzten wird ja zuweilen unterstellt, sie würden viel zu früh bohren, also wenn es noch gar nicht zwingend notwendig wäre. Und Patienten auch mal Zahnkronen verpassen, obgleich einem Zahn bislang auch mit einer einfachen Füllung geholfen gewesen wäre. Ein heikles Thema, denn der normale Patient hat wenig Chancen, zu einer Diagnose fundiert etwas beizutragen. Er kann seinem Zahnarzt nur vertrauen. Sie sollten sich aber nicht scheuen, eine zweite Meinung bei einem anderen Arzt einzuholen, wenn Sie unsicher sind und sich mit einem geplanten zahnärztlichen Eingriff unwohl fühlen. In der Vergangenheit entstand zuweilen der Eindruck, dass ein hoher Prozentsatz an Behandlungen in Form beziehungsweise Ausführung überzogen bis überflüssig waren. Vielleicht einer der Gründe, warum Krankenkassen im Laufe der Jahre immer restriktiver bei der Bezahlung von Behandlungen geworden sind?

Es kann aber auch sein, dass Sie Probleme oder gar Schmerzen an Ihrem Gebiss haben, Ihr Zahnarzt aber nichts findet. Auch in dem Fall ist die Einholung einer zweiten Diagnose bei einem anderen Arzt sinnvoll. Sonst kann es eventuell mal zu spät sein und aus einem relativ harmlosen Zahndefekt wird ein Zahnverlust.

Ein weiteres Thema ist die Parodontitis, welche leider immer noch von viel zu vielen Zahnärzten nicht ernst genug genommen wird. Irgendwann ist es dann zu spät und die ersten Zähne fallen aus. Dabei wäre es so leicht. Mit regelmäßiger professioneller Zahnreinigung hat der Zahnarzt auch Patienten mit tendenziell kritischer Mundflora und damit hoher Parodontitis-Anfälligkeit gut im Griff.

Ein weiteres Thema sind stressgeplagte Patienten, die sich durch Zahnknirschen abreagieren. Ein schwierig zu behandelndes Thema für so manchen Zahnarzt. Häufig werden nur die Folgen wie Zahnfleischrückgang und die Zerstörung der Zahnsubstanz behandelt anstatt an die Ursachen zu gehen. Bei den entsprechenden Funktionsstörungen im Kiefer kann eine Behandlung sich auch über Monate hinziehen. Eventuell lassen sich dadurch aber ganz andere, teilweise seit Jahren bestehende, körperliche Beschwerden beheben, wie sich immer wieder feststellen lässt.

Es lohnt sich also, den inneren Schweinehund zu überwinden und ein- bis zweimal im Jahr eine Zahnarztpraxis aufzusuchen. Im Idealfall nur, um die professionelle Zahnreinigung machen zu lassen. Und sollte der Zahnarzt auch sonst mal wieder was gefunden haben – genau hinterfragen und abklären, was es damit ursächlich auf sich hat.

ICH PFLEGE MEINE ZÄHNE DOCH IMMER!

Hören Sie auf, zu lügen! Unerhört, wie kann ich es wagen, denken Sie? Es ist nicht böse gemeint und vielleicht glauben sie wirklich, dass Sie Ihre Zähne optimal pflegen.

Sie kennen das sicher: Beim Zahnarzttermin werden Sie hinsichtlich vorhandener Probleme im Kieferbereich, eventueller Schmerzen und Putzgewohnheiten befragt, gleich zu Beginn. Da wir dazu neigen, freundlich und positiv zu antworten und auch von allzu viel Kritik verschont bleiben wollen, erläutern wir, wie vorbildlich wir mal wieder waren: regelmäßige Nutzung der Zahnseide und kleinlich-genaues Putzen mit der Zahnbürste. Und nun verrate ich Ihnen ein kleines Geheimnis. Ihre Zähne haben ein „Gedächtnis“, das optisch sichtbar ist. So hat eine jüngere Plaque-Ablagerung eine andere Färbung als eine ältere. Wenn Sie also erst zwei Tage vor dem Zahnarzttermin mal wieder die Zahnseide benutzt haben, dann wird das geschulte Auge des Zahnarztes dies sehen. Entsprechendes gilt für die Nutzung der Zahnbürste.

Also sagen Sie besser gleich, was Sache ist, es gibt fast nie einen Patienten, der alles richtig und vor allem kontinuierlich macht. Auch ich werde bei meiner professionellen Zahnreinigung nach einer ersten kurzen Mundraum-Sichtung immer nach meinen Gewohnheiten hinsichtlich Kaffee, Tee und Rotwein gefragt. Diese Getränke konsumiere ich gerne. Entsprechend sage ich, dass ich dies nur wegen Zahnverfärbungen diese Gewohnheit auch nicht ändern würde. Alles klar? Also „verbiegen“ Sie sich nicht, Sie müssen Ihrem Zahnarzt mit Ihren Ansichten nicht um jeden Preis gefallen.

Nachdem ich zunächst die undifferenzierte pauschale Keule geschwungen habe, will ich bei dem Thema jetzt trotzdem noch genauer anschauen. Ein großes Problem ist nämlich auch die manuelle und taktile Geschicklichkeit, die insbesondere bei älteren Menschen abnehmen kann, ebenso wie das Sehvermögen auf die Nähe. So ist es nicht verwunderlich, dass bei Menschen etwa ab 70 Jahren die Zahnhalskaries stark zunimmt. Diverse Faktoren mögen dann neben den Putzgewohnheiten ursächlich verantwortlich sein. Medikamente können zum Beispiel den Speichelfluss stark beeinflussen, wodurch es zu einer stärkeren Ablagerung von Bakterien an den Zähnen kommt. Einer der Gründe, warum bei Ihrem Zahnarztbesuch jedes Mal die Medikamenteneinnahme abgefragt wird. Je mehr Ihr Zahnarzt über Sie weiß, um so leichter kann eine fundierte Diagnose erstellt werden. Vertrauen und Offenheit kann da immer von Vorteil sein.

Jüngere Menschen sind aber nicht in jeder Hinsicht besser dran, denn das Gebiss „will“ in jedem Alter gepflegt werden. Bei Nachlässigkeiten entsteht da häufig die Flächen- und Zwischenraumkaries. Was dann kommt, ist aber eine Frage der Gewohnheit. Wie ging doch gleich die Regel? Machen Sie etwas 30 Tage nach der gleichen Methode und Sie verinnerlichen es dergestalt, dass Sie automatisch ohne nachzudenken nur noch so handeln. Ich habe meine Zahnpflege selber so „trainiert“ und es funktioniert – zum Glück, denn meine Zähne brauchen das.

BITTE NICHT RÖNTGEN

Wandern sie gerne? Machen sie gerne Urlaubsreisen per Flugzeug oder spielen sie Golf? Dann ist Röntgen beim Zahnarzt für sie ja wohl kein Problemthema. Denn dabei ist die Strahlung geringer als bei den genannten Freizeitaktivitäten. In unserer Umgebung „strahlt“ es praktisch überall und das hat entsprechend Auswirkungen auf unseren Körper. Sonne, Wasser, sogar Steine geben eine Strahlung ab. So wird ein Mensch pro Jahr durchschnittlich mit drei Millisievert (mSv) bestrahlt, wobei die Strahlenbelastung in Städten höher ist als auf dem Land. Ein gesunder Körper kann damit problemlos umgehen, sonst wäre die Menschheit schon längst ausgestorben.

Der Zahnarzt nutzt das Röntgen für die Diagnostik. Wobei Röntgen nicht gleich Röntgen ist. Arbeitet das Röntgengerät digital oder analog, also mit Film? Wie alt ist das Gerät, wie groß der bestrahlte Bereich und vor allem, wie lange wird bestrahlt? Heutzutage wird das Röntgenbild mit einer 1/500 Sekunde belichtet. In den 1980er-Jahren lag diese Zeit noch bei 0,8-1,2 Sekunden. Sie können sicher sein, kein Zahnarzt wird leichtfertig röntgen, er hat dazu eindeutige gesetzliche Vorgaben. Zudem wird jede Praxis in Deutschland vom TÜV regelmäßig aufgesucht und das Röntgengerät hinsichtlich seiner Strahlenkonstanz geprüft.

Gewisse Erkrankungen im Mundraum lassen sich bei der zahnärztlichen Anamnese nur schwer erkennen. So zum Beispiel Karies in den Zahnzwischenräumen, Parodontitis, Wurzelspitzenentzündungen, oder Knochenabbau aufgrund einer Entzündung. Für eine eindeutige Diagnose geht es manchmal nicht ohne eine Röntgenaufnahme. Und wer Implantate hat oder schon einmal eine Wurzelbehandlung hatte, sollte auf jedem Fall regelmäßig röntgen lassen, um Entzündungen ausschließen zu können.

Bei Zahnaufnahmen beträgt die Röntgenstrahlung weniger als 0,01 Millisievert. Zum Vergleich: Bei der Lendenwirbelsäule braucht es eine Strahlendosis von vier bis neun mSv. Dazu kommt noch, dass in den meisten Zahnarztpraxen mittlerweile digital geröntgt wird. Dabei beträgt die Strahlenenergie aufgrund der höheren Empfindlichkeit des bildspeichernden Mediums nur etwa ein Zehntel gegenüber dem klassischen analogen Verfahren. Das Röntgen findet zudem in speziellen Räumen statt und sie erhalten eine Strahlenschutzschürze für den restlichen Körper.

Noch mehr Erkenntnisse liefert die Digitale Volumentomographie (DVT). Gerade beim Setzen von Implantaten ist die dreidimensionale Betrachtung sehr hilfreich, da genau zu erkennen ist, wie viel Knochensubstanz im Kiefer vorhanden ist. Und wer sich Weisheitszähne entfernen lässt, kann dank dieser Technik relativ sicher sein, dass kein Nerv unabsichtlich geschädigt wird. Von denen verlaufen sehr Viele speziell im hinteren Kieferbereich. Zahnärztliche 3D-Aufnahmen sind auch sehr aufschlussreich, wenn es um die Funktion des Kiefergelenks geht, ein wichtiges Thema in Zeiten der fast schon normalen, infolge von Stress notwendigen Beißschienen.

Ein weiterer großer Vorteil der relativ jungen Technik der DVT-Röntgenaufnahmen ist es, dass sie eine 20-mal geringere Strahlenbelastung als eine normale CT-Aufnahmen aufweist. Und wenn es nur um einen kleinen Zahnbereich geht, wird zusätzlich mit speziellen Schablonen der zu bestrahlende Bereich eingegrenzt. Für Stellen im Gebiss, wo zum Beispiel wegen Karies eine Teilkrone angesetzt werden soll, reicht meist eine einfache Bissflügelaufnahme.

DAS KRATZEN MIT DEM HAKEN

Ich sollte es eigentlich besser wissen, aber dieses spezielle Instrument, die Zahnsonde, ist mir, genauso wie der Zahnbohrer, nach wie vor suspekt. Ich nenne das Teil immer nur den Haken, weil es mich an einarmige Seeräuber mit ihren gebogenen Handhaken erinnert. Offiziell heißt das gute Stück Sonde und gehört zum Grundinstrumentarium jeder Zahnarztpraxis.

Schon wenn ich auf dem Behandlungsstuhl Platz nehme, liegt es zusammen mit einem kleinen Mundspiegel und einer Pinzette für die Untersuchung meines Gebisses bereit. Ein Zahn nach dem anderen fährt der Zahnarzt damit entlang, sucht nach Rissen oder Löchern, schabt manchmal ein bisschen, drückt auf das Zahnfleisch oder fährt etwas darunter. Der Spiegel wandert dazu parallel durch meinen Mund und ermöglicht dem Zahnarzt eine bessere Sicht an schwer zugänglichen Stellen. Mit Hilfe der Pinzette werden eventuell vorhandene Fremdkörper entfernt (vielleicht doch nicht optimal vor der Behandlung die Zähne geputzt?) und in Verbindung mit Wattepellets die Zähne von Speichel befreit. Manchmal kommt die Sonde an Stellen, die etwas empfindlich reagieren und ich zucke zusammen. Das kennen Sie vermutlich auch. Ich verharre in völliger Starre und warte auf das ärztliche Urteil. Endlich ist die Untersuchung abgeschlossen und ich hoffe auf die Aussage, „alles in Ordnung“. Passiert so seit einigen Jahren zum Glück meistens, nachdem ich gelernt habe, die Zahnpflegehinweise zu befolgen und jährlich die Prophylaxe-Untersuchung zu machen. Nach diesem sehr subjektiv gefärbten Einstieg kann ich aber zugeben, dass ich schon lange nicht mehr so richtig zusammenzucken musste, weil die Sonde in kariösen Zahnschmelz eingedrungen ist.

Die Sonden gibt es in unterschiedlichsten Ausführungen. Sie bilden die Grundlage für weitere diagnostische Untersuchungen und Therapien. In jeder Praxis findet man die Sonden für die diversen Anwendungen sichelförmig, gebogen, abgewinkelt und angepasst für die Untersuchung von Hart- oder von Weichgewebe. Im Zahnschmelz lassen sich damit gut kariös erweichte Stellen aufspüren. Und wenn ich das Teil über die Zahnoberfläche kratzen höre, weiß ich, dass da wieder mal eine raue Stelle ist. Ganz wichtig sind Sonden bei der Überprüfung von Kronen und Inlays hinsichtlich des dichten Randabschlusses. Zahnfleischtaschen werden mit speziellen Parodontalsonden vermessen. Spezielle Markierungen auf dem Instrument sagen etwas über die Tiefe aus, wodurch das Stadium einer parodontalen Erkrankung diagnostiziert werden kann. Üblicherweise ist bei diesen speziellen Sonden das Ende nicht spitz, sondern mit einer kleinen Kugel versehen, um das Zahnfleisch nicht zu verletzen. Andere Spezialsonden sind zur Untersuchung von Wurzeln und Wurzelkanälen geeignet. Und auch wenn die Instrumente so selbstverständlich schon für die Untersuchung bereit liegen, auf eines können wir Patienten uns stets verlassen: Sie sind vorab desinfiziert und sterilisiert worden.

ICH HABE ANGST VOR SPRITZEN

Ich kann Spritzen nicht ausstehen. Entsprechend war bei mir als Kind die instinktive Reaktion, davonzulaufen, sobald ich eine Spritze sah. Sie sind kein so Hasenfuß? Um so besser, denn für die Betäubung und die daraus resultierende schmerzfreie Zahnbehandlung ist sie notwendig. Zu alternativen Betäubungsmethoden komme ich noch. Ein guter Zahnarzt wird spüren, welche Empfindungen beim Anblick der spitzen Nadel in Ihnen hochkommen und mit Ihnen darüber reden. Auch wenn es nicht ohne die Spritze geht, ein empathischer Zahnarzt wird Ihre Aufregung berücksichtigen und sehr vorsichtig vorgehen. Ich werde jedenfalls so behandelt und es hilft mir sehr. Spritzen finde ich trotzdem noch nicht angenehm, aber die „Erwachsenen-Vernunft“ hält mich auf dem Zahnarztstuhl. Also, wie macht das mein Zahnarzt: Zunächst gibt es etwas Leckeres… eine Oberflächenbetäubung mit Erdbeergeschmack, aufgetragen mit einem Wattestäbchen. Das nennt sich Topisches Anästhetikum. Kleine Pause, vielleicht etwas plaudern, dann kommt eine Spritze mit einer Minidosis, die ein bis zwei Millimeter in die Haut eindringt. Das spüre ich schon nicht mehr. Wieder kleine Pause, jetzt mache ich lieber die Augen zu, denn nun wird je nach Behandlung tiefer und mehr Anästhetikum gespritzt. Eventuell wird mehrmals und in verschiedene Richtungen eingestochen. Das geschieht schön langsam, damit es nicht zu unangenehm wird. Ja, langsam ist es besser, auch wenn ich dann länger die spitze Nadel in Mund haben muss – wobei ich diese objektiv betrachtet gar nicht mehr spüre. Schnelles Spritzen kann sehr unangenehm sein, weil zu schnell zu viel Flüssigkeit ins Gewebe gelangt.

Beim Unterkieferstamm wird jeweils am Ende eingespritzt. Beim Oberkiefer ist es komplizierter, da gibt es viele Nervenverästelungen und so muss jeder Zahn, an dem behandelt wird, einzeln gespritzt werden. Eventuell wird für den Oberkiefer in den relativ harten und für Flüssigkeit nicht sehr aufnahmefreudigen Gaumen eingespritzt, um eine Betäubung zu erreichen. Das kann zum Beispiel für eine optimale Anästhetisierung notwendig sein, wenn etwas hoch akut ist, also eine starke Entzündung vorliegt, ein Zahn gezogen werden muss oder eine chirurgische Parodontitis-Therapie geplant ist. Und was ich mir lieber nicht vorstellen mag – während der Behandlung bekommt man das zum Glück nicht so genau mit – bei einer Leitungsanästhesie, wie sie im Unterkiefer vorgenommen wird, schiebt der Zahnarzt die Spritzennadel ca. vier Zentimeter in Kiefer hinein.

Jede Nadel wird natürlich nur einmal benützt, entsprechend können bei einer umfangreicheren Behandlung auch mehrere Nadeln zum Einsatz kommen. Ziel ist immer, so wenig wie möglich, so viel wie nötig. So muss zuweilen auch nachgespritzt werden. Früher hat man oft Spritzen bekommen, die einen den ganzen Mund lahmgelegt haben und man noch Stunden nach dem Eingriff nichts im Mund-Kieferbereich gespürt hat. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Die Lippe und die Zunge muss nicht immer mitbetäubt werden, das passiert tendenziell eher, wenn zu viel eingespritzt wurde oder bei der Leitungsanästhesie. Bis dabei eine Betäubung einsetzt, können schon mal fünf Minuten vergehen. Die vollständige Wirkung einer Infiltrationsanästhesie