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Treue, Heirat, Kinder? Cesare ist schockiert. Nach ihrer Liebesnacht will seine Angestellte alles - und reißt damit alte Wunden auf. Ein Jahr geht ins Land, bis er Emma in Paris wiedersieht und erkennt: Sie ist das Licht, das seinem Leben fehlt. Doch Emma lebt nicht mehr allein …
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Seitenzahl: 173
IMPRESSUM
Eine nacht, ein Jahr – ein Leben? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2013 by Jennie Lucas Originaltitel: „The Consequences of That Night“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 392 - 2014 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Johannes Martin
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733734633
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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Ein Baby.
Emma Hayes legte eine Hand auf ihren leicht gerundeten Bauch. Sie schwankte etwas, als der Doppeldeckerbus in den dichteren Verkehr der Londoner Innenstadt kam. Die Wolken hingen tief, es herrschte graues Regenwetter.
Ein Baby.
Seit zehn Wochen wagte sie nicht zu hoffen, ja, nicht einmal daran zu denken. Noch heute Morgen, auf dem Weg zum Arzt, hatte sie mit schlimmsten Ergebnissen gerechnet, die ihren ganzen Mut fordern würden. Stattdessen hatte er auf den Monitor des Sonografen gezeigt und gefragt: „Erkennen Sie den schnellen, regelmäßigen Herzschlag? ‚Hi, Mum … das bin ich.‘“
„Dann bin ich wirklich schwanger?“, hatte sie gefragt, und ihre Kehle war dabei ganz trocken gewesen.
„So schwanger, wie man es nur sein kann“, hatte der Arzt versichert und ihr durch die Gläser seiner Brille zugezwinkert.
„Und dem Baby geht es gut?“
„Alles läuft ganz nach Plan, Mrs Hayes. Sie können sich jetzt Ihrem Ehemann anvertrauen.“
Ihrem Ehemann. Die Worte klangen Emma noch in den Ohren, während sie sich in ihrem Sitz auf dem Oberdeck weiter zurücklehnte. Ihrem Ehemann. Wie sehr wünschte sie, dass es einen Mann gegeben hätte, der sie in einem gemütlichen kleinen Cottage erwartete und ihr bei der freudigen Nachricht jubelnd um den Hals fiel. Doch den gab es nicht. Sie hatte ihren Arzt belogen.
Da war nur ihr Boss, der vor knapp drei Monaten nach einer heißen Liebesnacht in der Morgendämmerung verschwunden war und sie allein in seinem breiten Bett zurückgelassen hatte. Demselben Bett, das sie seit sieben Jahren für ihn zurechtmachte und dessen Laken sie sogar bügelte.
„Ich weiß, das ist eigentlich die Aufgabe des Hausmädchens, aber es wäre mir lieber, wenn Sie es übernehmen. Niemand kann es so wie Sie, Miss Hayes.“
Und jetzt hatte sie weit mehr als das Bettenmachen übernommen!
Emma sah blinzelnd aus dem Fenster, während der rote Doppeldeckerbus durch die Kensington Road fuhr. Hinter den regennassen Scheiben tauchten schemenhaft die Umrisse der Royal Albert Hall auf. Emma rieb sich die Augen. Warum diese dummen Tränen? Sie wollte nicht weinen. Sie freute sich auf das Baby – ganz doll sogar. Jetzt brauchte sie nicht mehr zu befürchten, dass sie nie mehr ein Kind bekommen würde. Es kam ihr wie ein Wunder vor. Allerdings …
Cesare würde seinem Kind nie ein richtiger Vater sein – und ihr nie ein richtiger Ehemann, der sie mit einem Kuss begrüßte, wenn er von der Arbeit nach Hause kam und ihr Kind vorm Einschlafen zudeckte. Es war sinnlos, sich solchen Illusionen hinzugeben, denn Cesare Falconeri, italienischer Milliardär und Playboy, hatte nur zwei Leidenschaften. Erstens wollte er seine weltumspannende Hotelkette ständig erweitern, um immer mehr Macht und Einfluss zu gewinnen, und zweitens nutzte er jede freie Stunde, um schöne Frauen zu verführen. Das war sein Hobby. Er tat es, wie andere Männer Tennis oder Golf spielten.
Ihr aufregender italienischer Boss brach die anfälligen Herzen von Starlets, Supermodels und reichen Erbinnen mit seinem immer gleichen unwiderstehlichen und selbstsüchtigen Charme. Keine seiner Eroberungen bedeutete ihm etwas. Das wusste Emma am besten, denn als seiner Haushälterin fiel ihr die Aufgabe zu, am Morgen nach den One-Night-Stands für das Abschiedsgeschenk zu sorgen. Meist war es eine von den goldenen Armbanduhren von Cartier, die er massenweise einkaufte. Dazu gab es einen Strauß roter Rosen.
Der Bus fuhr jetzt schaukelnd durch Mayfair, vorbei an der hell erleuchteten Fassade des „Ritz“. Vom Oberdeck aus wirkten alle Fußgänger gleich. Sie trugen die typische elegante Londoner Herbstmode – also überwiegend Schwarz – und kämpften mit aufgespannten Schirmen gegen Regen und Wind.
Es war der erste November. Noch am Vortag hatte die milde Luft des Altweibersommers die Stadt liebevoll umschmeichelt. Es war wie ein Versprechen gewesen, aber über Nacht hatten Kälte und Nieselregen eingesetzt. Die eben noch so bunte, lebendige Stadt wirkte jetzt düster und melancholisch.
Oder befinde nur ich mich in dieser Stimmung? überlegte Emma.
Seit sie vor sieben Jahren angefangen hatte, für Cesare zu arbeiten – zunächst als Zimmermädchen in seinem New Yorker Hotel –, liebte sie ihn und tat alles, um das zu verbergen. Gefühle zu zeigen hatte sie sich abgewöhnt.
„Sie langweilen mich nie mit persönlichen Geschichten, Miss Hayes. Ich weiß so gut wie nichts über Sie.“ Er hatte gelächelt. „Vielen Dank.“
Inzwischen war sie achtundzwanzig Jahre alt. Vor drei Monaten hatte sie Urlaub genommen, um in Texas am Begräbnis ihrer Stiefmutter teilzunehmen. Nach ihrer Rückkehr hatte Cesare sie in seiner dunklen Küche überrascht – tränenüberströmt und mit einer ungeöffneten Flasche Tequila in der Hand. Einen Augenblick hatte er sie nur angestarrt und dann in die Arme genommen und an seine Brust gedrückt.
Vielleicht wollte er sie nur trösten, aber in dieser Nacht hatte er ihr die – nur für ihn bewahrte – Unschuld genommen und ihre graue, einsame Welt in ein loderndes Flammenmeer verwandelt.
Und jetzt hatte sich ein weiteres Wunder ereignet, das nicht weniger bestürzend war: Sie erwartete ein Kind von ihm.
Emma malte mit dem Zeigefinger ein Herz auf die beschlagene Scheibe. Wenn Cesare seinen Lebenswandel doch ändern würde! Wenn sie nur daran glauben könnte, dass er irgendwann gern Vater sein, sich vielleicht sogar in sie verlieben würde, wie sie sich in ihn verliebt hatte …
Seit Emma an jenem kalten Morgen allein in seinem Bett aufgewacht war, hielt sie seine Villa in Mayfair blitzsauber – immer in der Hoffnung, dass er nach Hause kommen würde. Doch dafür bestand auch heute keine Hoffnung. Sie wusste von seiner Sekretärin, dass er bereits seit zwei Tagen wieder in London war und in seiner Suite im „London Falconeri“ nahe dem Trafalgar Square, dem Flaggschiff seines Hotelimperiums, residierte.
Die Absicht, die dahintersteckte, war klar. Emma sollte wissen, dass sie ihm nichts bedeutete. Nicht mehr als die Models und Starlets, die sich routinemäßig in seinem Bett ablösten. Und doch gab es einen Unterschied. Keine von ihnen erwartete ein Kind von ihm.
Entgegen seiner Gewohnheit hatte er bei ihr kein Kondom benutzt. Sie hatte ihm in der Dunkelheit zugeflüstert, sie könne nicht schwanger werden, und er hatte ihr geglaubt. Wenn er jetzt erfuhr, dass die Nacht mit ihr nicht ohne Folgen geblieben war, würde er annehmen, dass sie ihn belogen hatte. Dass sie absichtlich schwanger geworden war, um ihn an sich zu binden. Dafür würde er sie hassen.
Dann verschweig es ihm, flüsterte eine ängstliche Stimme in ihr. Lauf weg. Nimm den Job in Paris an. Er braucht nie etwas zu erfahren.
Doch sie brachte es einfach nicht fertig, ihre Schwangerschaft geheim zu halten. Auch wenn die Chancen, dass er sich für das Kind interessieren würde, eins zu einer Million standen … War es nicht nur fair, den Versuch zu wagen?
Der Bus hielt. Mehrere Leute polterten lachend zum Oberdeck hinauf. Emma kam in die Wirklichkeit zurück und blickte aus dem Fenster.
„Halt … bitte warten Sie!“, rief sie plötzlich dem Busfahrer zu, während sie die Treppe hinuntersprang und dabei fast über ihre eigenen Füße stolperte. Der Mann tat ihr den Gefallen, und sie landete heil auf der Straße – direkt vor der imposanten grauen Steinfassade des Falconeri-Hotels. Sie hielt sich die Handtasche als Regenschutz über den Kopf und lief in die große Eingangshalle, wo sie die Tropfen von ihrem hellbraunen Regenmantel abschüttelte und weiter zum Lift eilte.
Im zehnten Stock stieg sie aus und ging zu der Suite am Ende des Flurs, die Cesare als Wohnung und Büro benutzte, wenn es abends spät geworden war. Das kam häufiger vor, denn er liebte es, mitten im Getriebe zu sein. Die Etage war nicht ausschließlich für ihn reserviert. Gäste, die tausend Pfund pro Nacht bezahlen konnten, durften sich dort ebenfalls einmieten.
Mit zittriger Hand klopfte sie an Cesares Tür. Drinnen ertönte ein Geräusch, und gleich darauf wurde die Tür aufgerissen. „Cesare, ich …“, begann Emma mit fliegendem Atem und verstummte sogleich wieder. Vor ihr stand nicht ihr Boss, sondern eine aufregende Blondine in fast durchsichtigen Dessous.
„Ja, bitte?“, fragte diese gelangweilt und lehnte sich gegen die Tür, als wäre sie hier zu Hause.
Es durchfuhr Emma eiskalt, als sie die Frau erkannte: Olga Lukin – das berühmte Model, mit dem sich Cesare im letzten Jahr wiederholt in der Öffentlichkeit gezeigt hatte. „Ist Mr Falconeri da?“, fragte sie mühsam beherrscht.
„Wer sind Sie?“
„Seine … Haushälterin.“
„Oh!“ Die junge Frau atmete erleichtert auf. „Er duscht gerade.“
„Er duscht?“, wiederholte Emma wie betäubt.
„Jaaa“, bestätigte Olga betont langsam. „Soll ich ihm etwas ausrichten?“
„Ich …“
„Es hat keinen Zweck, dass Sie warten.“ Olga drehte sich nach dem zerwühlten Bett um und lächelte lasziv. „Sobald er fertig ist, gehen wir aus.“ Sie beugte sich vor und setzte gedämpft, aber bühnenreif hinzu: „Nach der zweiten Nummer.“
Emma betrachtete Olgas gertenschlanke Figur und ihre ausgeprägten Wangenknochen. Sie sah fantastisch aus, genau wie eine Frau, die an den Arm und in das Bett eines Milliardärs passte. Sie hingegen …
Plötzlich fühlte sie sich klein und unbedeutend. Nicht übermäßig groß, etwas rundlich und kaum schön zu nennen. Ohne großen Sinn für Mode, mit Strickkleid, Regenmantel und festen Schuhen. Mit langem schwarzem Haar, dem sie nicht große Beachtung schenkte.
Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Wie hatte sie auch nur einen Augenblick annehmen können, Cesare würde eine Frau wie sie heiraten und in einem gemütlichen kleinen Cottage sein Kind mit ihr aufziehen? O nein! Er hatte in jener Nacht nur aus Mitleid mit ihr geschlafen.
„Nun?“, fragte Olga ungeduldig.
Emma schüttelte den Kopf. „Es gibt nichts auszurichten.“
„Na dann …“ Die junge Frau wollte die Tür schließen, aber ein lautes Geräusch verriet, dass Cesare aus der Dusche kam.
Er war nackt bis auf ein Handtuch, das er sich lose um die Hüften geschlungen hatte. Er griff nach einem zweiten Frotteetuch, um sein nasses Haar zu trocknen, hielt dann unvermittelt inne und warf Olga einen gereizten Blick zu. „Was, zum Teufel …“
In diesem Moment bemerkte er Emma und richtete sich zu voller Größe auf. Sein Gesicht wurde maskenhaft starr. „Ja, Miss Hayes?“
Miss Hayes? Seit fünf Jahren nannten sie einander beim Vornamen. Seit jener Nacht duzten sie sich sogar, und ausgerechnet jetzt kehrte er zu der förmlichen Anrede zurück. Etwas zerbrach in ihr, nachdem sie so lange ihre Gefühle unterdrückt hatte. Sie sah von ihm zu Olga und dann zu dem zerwühlten Bett.
„Willst du mir auf diese Weise zeigen, wo mein Platz ist?“, fragte sie mit Tränen in den Augen. „Was ist los mit dir, Cesare?“
Kaum waren die Worte heraus, wurde ihr klar, was sie gesagt und dabei das Wesentliche doch verschwiegen hatte. Entsetzt drehte sie sich um und rannte davon.
„Miss Hayes!“, hörte sie ihn rufen und dann: „Emma!“
Sie ließ sich jedoch nicht aufhalten. Mit tränennassen Augen lief sie zum Lift. Sie wollte nur noch allein sein, um sich ungestört auszuweinen. Sie würde sofort nach Paris fahren, wo sie ihn nie wiedersehen musste und ihre dummen Träume vergessen konnte.
Bevor Emma allerdings den Lift erreicht hatte, wurde sie von Cesare eingeholt. Er packte sie am Arm und riss sie herum.
„Was wollten Sie von mir, Miss Hayes?“, fragte er.
„Miss Hayes?“ Emma versuchte sich mit aller Macht von ihm loszumachen. „Willst du mich so zum Narren halten? Wir haben einander nackt gesehen!“
Cesare ließ sie frei. Ihr scharfer Ton verblüffte ihn. „Das erklärt nicht, warum du hier bist. Du hast mich noch nie so überfallen.“
Nein, und ich werde es nie wieder tun. „Entschuldige, dass ich dein Date gestört habe.“
„Es war kein … Ich weiß nicht, wie Olga in mein Zimmer gekommen ist. Sie muss sich eine Schlüsselkarte besorgt haben und heimlich hineingeschlüpft sein.“
„Natürlich.“
„Wir haben schon vor Monaten Schluss gemacht …“
„… und seid offenbar wieder zusammen.“
„Nicht, was mich betrifft.“
„Das glaube ich dir sogar.“ Emma wurde sarkastisch. „Einmal Sex, und die Beziehung ist beendet. Hast du es nicht immer so gehalten?“
„Bei uns beiden war es nicht nur Sex“, beteuerte er. „Hast du jemals eine Lüge von mir gehört?“
„Nein“, gab sie betroffen zu. Cesare sagte nie die Unwahrheit. Schließlich machte er seine Position immer mit brutaler Deutlichkeit klar. Keine Verpflichtung. Kein Versprechen. Keine Zukunft. Und doch gab es immer wieder Frauen, die sich das Gegenteil einredeten. Die glaubten, ihm wirklich etwas zu bedeuten, bis sie am nächsten Morgen allein aufwachten, sich von Emma das Frühstück servieren ließen, die Cartier-Uhr von ihr entgegennahmen und sich ihr dann schluchzend in die Arme warfen. „Aber das alles geht mich nichts an.“
„Allerdings nicht.“
Emma atmete tief durch. „Ich bin nur gekommen, um dir … um dir etwas zu sagen.“
Das gedimmte Flurlicht malte Schatten auf Cesares unrasiertes Gesicht und seine muskulöse, dunkel behaarte Brust. „Tu das nicht“, stieß er mit rauer Stimme hervor.
„Du weißt doch gar nicht, was ich dir mitteilen wollte.“
„Ich kann es mir denken. Du willst mir dein Herz ausschütten … deine Gefühle erklären. Bisher bist du so zurückhaltend gewesen, dass ich dich beinahe für gefühllos gehalten habe. Du arbeitest für mich … weiter nichts.“
Fast hätte Emma ihm laut ins Gesicht gelacht. Wenn du wüsstest, dachte sie. Ihm galt morgens ihr erster und abends ihr letzter Gedanke. Was braucht er? Was wünscht er? Was wird er morgen brauchen und wünschen? Nein, sie hatte nicht nur für ihn gearbeitet.
„Ich wollte keine Komplikationen“, fuhr er fort. „Deshalb sind wir so gut miteinander ausgekommen. Ich schätzte dich. Ich respektierte dich. Ich fing an, uns für … Freunde zu halten.“
Freunde. Gegen ihren Willen ließ Emma den Blick auf seiner kräftigen, sonnengebräunten Brust ruhen. Seine Größe, sein durchtrainierter Körper – alles an ihm strahlte vollkommene, provozierende Männlichkeit aus. Es machte ihm nicht das Geringste aus, dass er halb nackt in einem Hotelflur stand. Seine Haltung war so selbstsicher, als würde er den teuersten Maßanzug tragen. Einige Gäste waren inzwischen an ihnen vorbeigekommen und hatten sie verblüfft angestarrt. Welche Frau hätte gleichgültig an Cesare vorbeigehen können? Selbst Emma … sogar jetzt noch …
„Du bist im Begriff, das zu zerstören.“ Er sah sie kalt an. „Du willst mir offenbar sagen, dass du mehr für mich empfindest … dass du unsere gemeinsame Nacht nicht vergessen kannst. Wir haben uns doch geschworen, keine große Sache daraus zu machen, und jetzt kommst du, um mir deine verzweifelte Liebe zu erklären.“ Cesare verzog verächtlich die Lippen. „Und ich dachte, du seist anders, etwas Besonderes, aber du bist wie alle anderen.“
Seine heftigen Worte hallten im Flur wider. Im ersten Moment glaubte Emma keine Luft mehr zu bekommen, dann zwang sie sich, ihm offen ins Gesicht zu sehen.
„Ich müsste verrückt sein, dich zu lieben“, sagte sie mit verhaltener Leidenschaft. „Dazu kenne ich dich zu gut. Du wirst nie jemanden lieben … nie wieder.“
Cesare sah sie mit großen Augen an. „Dann … liebst du mich nicht?“ Das klang so hoffnungsvoll, dass Emma die Tränen kaum noch zurückhalten konnte.
„Ich müsste das dümmste Schaf auf der Welt sein.“
Der Blick seiner dunklen Augen wurde sanfter. „Ich möchte dich nicht verlieren, Emma. Du bist unersetzlich.“
„Wirklich?“
Er nickte. „Du bist die Einzige, die wirklich weiß, wie mein Bett gemacht werden soll. Die Einzige, die in meinem Haushalt für Ordnung sorgt. Ich brauche dich.“
„Oh.“
Diesmal war es wie ein Stich ins Herz. Er brauchte sie als Angestellte. Als Haushälterin war sie für ihn unersetzlich. Vor drei Monaten, als er sie in die Arme genommen und heiß geküsst hatte, war ihre Welt aus den Fugen geraten, aber für ihn hatte sich nichts verändert. Er betrachtete sie weiter als unauffälligen dienstbaren Geist, der keine Gefühle hatte und nur lebte, um seine Wünsche zu erfüllen. Wut stieg in ihr hoch.
„Also deshalb bist du vor drei Monaten weggerannt … weil du Angst hattest, ich könnte mich in dich verlieben, wenn ich in deinen Armen aufwachen würde.“
„Ich bin nicht weggerannt“, protestierte Cesare.
„Ich war allein, als ich aufwachte“, beharrte Emma und strich sich nervös über das Haar. „Du hast bedauert, mit mir geschlafen zu haben.“
„Wenn ich gewusst hätte, dass du noch unschuldig warst …“ Cesare verstummte unvermittelt, um tief einzuatmen. „Es hätte niemals passieren dürfen, aber die Spielregeln waren dir bekannt. Ich habe mich während der letzten Wochen bewusst zurückgehalten, um uns Zeit zu geben, darüber hinwegzukommen.“
„Du meinst, so zu tun, als wäre es nie passiert?“
„Es besteht kein Grund dafür, ein gutes Verhältnis durch den Leichtsinn einer einzigen Nacht zu gefährden.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, die sie im Schutz der Dunkelheit hitzig gestreichelt hatte. „Du bist die beste Haushälterin, die ich jemals gehabt habe, und das soll so bleiben. Diese Nacht hat uns beiden nichts bedeutet. Du warst unglücklich, und ich wollte dich trösten. Das ist alles.“
Damit versperrte er ihr den letzten Ausweg.
„Ich verstehe“, sagte sie bitter. „Ich soll weiter deine Socken zusammenrollen und dein Haus sauber halten. Wenn mir dabei die Nacht einfällt, in der du mir die Unschuld genommen hast, soll ich dankbar sein, dass ich einen so netten Boss habe, der seine Angestellten in der Not tröstet. Sie sind zu gütig, Mr Falconeri.“
Cesare runzelte die Stirn. „Dein Sarkasmus …“
„Danke, dass du dich meiner damals erbarmt hast“, fuhr sie in demselben Ton fort. „Es muss ein großes Opfer für dich gewesen sein, mich zu verführen, um meine Tränen zu stillen. Nochmals danke für dein Mitleid …“
Cesare packte jetzt ebenfalls die Wut. „Du hast noch nie gewagt, so mit mir zu sprechen. Was ist eigentlich in dich gefahren? Nichts hat sich geändert.“
„Weil du nicht den Willen dazu hast.“ Emma sah ihn flehentlich an. „Wenn du mich in Ruhe anhören würdest …“
Cesare wollte sie unterbrechen, wurde aber davon abgehalten, weil ein älteres Ehepaar sein Zimmer verließ und Zeuge der Szene wurde. Der weißhaarige Mann schien vor allem über Cesares Nacktheit schockiert zu sein, während seine Frau ihn interessiert durch ihre dicken Brillengläser betrachtete.
„Haben Sie die Güte, und lassen Sie uns bitte allein?“, fragte Cesare gereizt. „Wir würden uns gern ungestört unterhalten.“
„Ich bitte um Verzeihung.“ Der Mann eilte zum Lift und zog seine widerstrebende Frau hinter sich her, die es nicht lassen konnte, Cesare noch einen letzten bewundernden Blick zuzuwerfen.
Cesare wandte sich wieder Emma zu. „Für mich kann sich nichts ändern“, wiederholte er mit Nachdruck. „Begreifst du das nicht?“
Sie hatte es schon längst verstanden.
„Könnten wir nicht irgendwohin gehen, wo wir ungestört sind?“, fragte sie.
„Warum? Damit du mir deine ewige Liebe gestehen kannst?“ Sein Ton blieb scharf und gereizt. „Damit du mir einreden kannst, du seist die Frau, die mich lehren könnte, wieder zu lieben? Am Ende erwartest du vielleicht sogar, dass ich dir einen Heiratsantrag mache.“
Emma zuckte zusammen. „Darum geht es nicht.“
„Offenbar doch.“ Ihr Zusammenzucken war ihm Beweis genug. „Gerade du hättest es besser wissen müssen. Ich werde mich nicht ändern … weder für dich noch für sonst jemanden. Mit deinem lächerlichen Auftritt hast du nichts erreicht und nur unsere Freundschaft zerstört. Mir ist nicht klar, wie wir jetzt noch zusammenarbeiten können.“
„Glaubst du wirklich, dass ich weiter als Haushälterin für dich tätig sein will?“
Cesare sah sie kalt an. „Du brichst also dein Versprechen?“
Wieder zuckte sie zusammen. Von dem anderen, viel größeren Versprechen, das sie gebrochen hatte, ahnte er nichts. Von dem Versprechen in jener Nacht, dass sie nicht schwanger werden könnte …
Wie sollte sie ihm das jetzt noch beichten? Wie von ihrem gemeinsamen Kind erzählen, während er auf dem Flur halb nackt vor ihr stand und sie ansah, als verachtete er sie? Wenn sie wenigstens in sein Zimmer … Aber nein, das war ja schon von einer Blondine mit kalt blickenden Augen und durchsichtigen Dessous besetzt!
Plötzlich war alles klar. In Cesares Leben gab es keinen Platz für ein Baby, und sie, Emma, würde nur weiter die Fußböden scheuern und seine Bettlaken zusammenlegen.
„Wenn es nicht so bleiben kann, wie bisher …“