Eine Zukunft für uns zwei - Toni Waidacher - E-Book

Eine Zukunft für uns zwei E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Herzlich willkommen, Frau Kollegin, und auf eine gute Zusammenarbeit!« Professor Ulrich Bernhard, Leiter der renommierten Klinik ›Nonnenhöhe‹, in den Wachnertaler Alpen, begrüßte Katja Berlinger mit einem herzlichen Lächeln. »Vielen Dank«, nickte die Ärztin. »Ich freue mich sehr, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen.« Noch berühmter, als das Krankenhaus, war der ärztliche Direktor der ›Nonnenhöhe‹. Professor Bernhard galt als Koryphäe auf dem Gebiet der internistischen Medizin. Er hatte Patienten in aller Welt behandelt, und Generationen von Studenten als Doktorvater begleitet. Nicht wenige verglichen ihn mit dem legendären Professor Sauerbruch. Für Katja Berlinger war es wie eine Offenbarung gewesen, als sie die Nachricht erhielt, in diesem Haus arbeiten zu können. Die Begrüßung der Ärztin fand im Direktionszimmer statt. Zugegen waren auch der leitende Oberarzt Dr. Richard Hauser sowie der Verwaltungschef Hans Jürgen Weiler, der eben erst dazugestoßen war. Ulrich Bernhards Sekretärin hatte für Kaffee und belegte Brote gesorgt, und nachdem alle Formalitäten erledigt waren, ging man zum gemütlichen Teil über. Später begleitete der Verwaltungschef die junge Ärztin durch das Krankenhaus und zeigte ihr die einzelnen Stationen. Fast alle Ärzte und viele Angehörige der Pflegekräfte wohnten in der ›Nonnenhöhe‹, so auch Katja Berlinger, die am späten Vormittag endlich ihr Zimmer im dritten Stock der Klinik bezog. Zimmer? Ihr neues Zuhause erinnerte Katja eher an eine Suite in einem Luxushotel. Es war ein großer Raum, behaglich eingerichtet, der als Schlafzimmer vorgesehen war. Dann gab es einen Wohnbereich, der mit einer Küchenzeile ausgestattet war, sodass man sich selbst einen Kaffee, Tee oder eine kleine Mahlzeit kochen konnte.

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Der Bergpfarrer – 289 –

Eine Zukunft für uns zwei

... oder hat Florian ihr zu viel versprochen?

Toni Waidacher

»Herzlich willkommen, Frau Kollegin, und auf eine gute Zusammenarbeit!«

Professor Ulrich Bernhard, Leiter der renommierten Klinik ›Nonnenhöhe‹, in den Wachnertaler Alpen, begrüßte Katja Berlinger mit einem herzlichen Lächeln.

»Vielen Dank«, nickte die Ärztin. »Ich freue mich sehr, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen.«

Noch berühmter, als das Krankenhaus, war der ärztliche Direktor der ›Nonnenhöhe‹. Professor Bernhard galt als Koryphäe auf dem Gebiet der internistischen Medizin. Er hatte Patienten in aller Welt behandelt, und Generationen von Studenten als Doktorvater begleitet. Nicht wenige verglichen ihn mit dem legendären Professor Sauerbruch. Für Katja Berlinger war es wie eine Offenbarung gewesen, als sie die Nachricht erhielt, in diesem Haus arbeiten zu können.

Die Begrüßung der Ärztin fand im Direktionszimmer statt. Zugegen waren auch der leitende Oberarzt Dr. Richard Hauser sowie der Verwaltungschef Hans Jürgen Weiler, der eben erst dazugestoßen war. Ulrich Bernhards Sekretärin hatte für Kaffee und belegte Brote gesorgt, und nachdem alle Formalitäten erledigt waren, ging man zum gemütlichen Teil über.

Später begleitete der Verwaltungschef die junge Ärztin durch das Krankenhaus und zeigte ihr die einzelnen Stationen. Fast alle Ärzte und viele Angehörige der Pflegekräfte wohnten in der ›Nonnenhöhe‹, so auch Katja Berlinger, die am späten Vormittag endlich ihr Zimmer im dritten Stock der Klinik bezog.

Zimmer?

Ihr neues Zuhause erinnerte Katja eher an eine Suite in einem Luxushotel. Es war ein großer Raum, behaglich eingerichtet, der als Schlafzimmer vorgesehen war. Dann gab es einen Wohnbereich, der mit einer Küchenzeile ausgestattet war, sodass man sich selbst einen Kaffee, Tee oder eine kleine Mahlzeit kochen konnte. Ein kleiner Kühlschrank war ebenso vorhanden, wie Geschirr, Wasserkocher und Kaffeemaschine. Es war also nicht notwendig, jedes Mal in die Kantine hinunterzufahren, obwohl auch diese ganz anders war, als man sich die Räume für Gemeinschaftsverpflegung gemeinhin vorstellt. In der ›Nonnenhöhe‹ hatte man den Eindruck, ein Restaurant zu betreten, wenn man in die Kantine kam.

Katja hatte lediglich zwei große Reisetaschen dabei, die restlichen persönlichen Sachen kamen in den nächsten Tagen mit einem Paketdienst. Da sie bisher immer nur möbliert gewohnt hatte, gab es, abgesehen von einem Biedermeierschränkchen, keine anderen Möbel, die sie hätte unterbringen müssen. Das Schränkchen stand nun in München, im Haus ihrer Eltern.

Nachdem alles ausgepackt und verstaut war, öffnete Katja die Tür und trat hinaus auf den Balkon, der zu ihrem Zimmer gehörte. Tief atmete sie die frische, würzige Bergluft ein. Auf der Herfahrt hatte sie sich gefragt, wie jemand nur auf die Idee kommen konnte, so einen riesigen Klotz wie das Klinikgebäude mitten in die Berge zu setzen. Inzwischen hatte sie erfahren, dass die ›Nonnenhöhe‹ ursprünglich als Schönheitsklinik konzipiert gewesen war, errichtet von einer ebenso reichen, wie skrupellosen Unternehmerin, die es darauf angelegt hatte, den örtlichen Pfarrer zu verärgern. Allerdings hatte die Dame bei ihrem Feldzug gegen den Geistlichen nicht nur mit unfairen Mitteln wie Bestechung und Drohungen gekämpft, sie hatte ihren Kampf auch verloren und musste vor der Polizei ins Ausland flüchten. Das hatte zur Folge, dass der Klinikbetrieb eingestellt wurde, und Hunderte von Mitarbeitern von heute auf morgen auf der Straße standen.

Der Initiative des Pfarrers war es zu verdanken, dass Professor Bernhard, mit dem der Geistliche befreundet war, zusammen mit einem Konsortium renommierter Ärzte, das Haus übernahm und in eine allgemeine Klinik umwandelte, die eng mit den Krankenhäusern in Garmisch Partenkirchen und der Kreisstadt zusammenarbeitete. Zudem galt die ›Nonnenhöhe‹ in Fachkreisen als erste Adresse für ›Ärzte im Praktikum‹, die hier die besten Erfahrungen sammeln konnten.

Katja Berlinger holte ihr Handy aus dem Zimmer und setzte sich auf den Balkon; ein Tisch und zwei bequeme Korbstühle gehörten zur Ausstattung. Sie musste ihre Eltern anrufen und ihnen sagen, dass sie gut angekommen sei. Indes lief daheim nur der Anrufbeantworter, und so sprach die Ärztin ein paar Worte darauf und lehnte sich zufrieden zurück, das Gesicht der Sonne zugewendet.

Irgendwann schreckte Katja hoch und stellte erstaunt fest, dass sie richtig eingeschlafen war. Sie rieb sich die Augen und reckte die Arme.

Zu viele Dienste und zu wenig Schlaf, das war ihr Leben in den vergangenen Monaten gewesen. Aber das war nicht der Grund, warum sie in der Münchner Klinik gekündigt hatte. Ihr dortiger Chef hätte sie gerne behalten, schließlich war Katja Berlinger eine engagierte Ärztin, beliebt bei Patienten und Kollegen.

Vor allem bei einem von ihnen …

Dr. Fleischer, ebenfalls Internist und Chef der Station, hatte Katja einige Male ausgeführt. Sie fand ihn sympathisch, und irgendwie half seine Gesellschaft ihr, über ein anderes Problem hinwegzukommen – die Trennung von dem Mann, den sie wirklich von ganzem Herzen geliebt hatte und immer noch liebte. Und diese Liebe war das große Hindernis, das zwischen ihr und Michael Fleischer stand. Mehr als Freundschaft konnte Katja für ihn nicht empfinden, und als sie es ihm klipp und klar sagte, brach der Arzt regelrecht zusammen. Offenbar hatte er sich schon so in seine Liebe zu ihr hineingesteigert, dass er es nicht vertragen konnte, eine Abfuhr erhalten zu haben. Er ließ nicht locker und verfolgte sie regelrecht mit seinem Liebeswahn. Nachdem sie es noch einige Zeit ausgehalten hatte, konnte Katja es nicht mehr ertragen und beschloss, München zu verlassen. Sie hatte es erst im Guten versucht, hatte Michael dann mit gerichtlichen Schritten gedroht, doch die nächtlichen Anrufe, die unerwünschten Blumenlieferungen blieben nicht aus. Selbst als Michael Fleischer in der Klinik gekündigt wurde, und er sich anderswo eine neue Stellung suchte, gab er nicht auf. Katja sah als einzigen Ausweg einen Neuanfang fern der bayerischen Landeshauptstadt.

Jetzt hoffte sie, dass er ihr gelingen möge.

*

»Grüß Gott, Dr. Haller, und herzlich willkommen in St. Johann.«

Der junge Arzt lächelte.

»Den Doktor, den lassen S’ mal fort, Frau Stubler«, sagte er. »Florian genügt.«

Die Pensionswirtin lächelte ebenfalls.

»Dann bin ich die Ria für Sie.«

»Einverstanden.«

Florian nahm seine Reisetasche auf und folgte der Wirtin, die den Zimmerschlüssel vom Brett genommen hatte und voranging.

»So, da wären wir.«

Ria hatte aufgeschlossen und ließ dem Gast den Vortritt. Der Arzt betrat das Zimmer und nickte zufrieden.

»Sehr schön. Hier werd’ ich mich bestimmt wohlfühlen.«

»Das freut mich. Frühstück gibt’s ab sieben Uhr, bis um elf, außer Sie wollen eine Bergtour machen, dann müssten S’ mir am Abend vorher Bescheid sagen, damit ich Ihnen was herrichten kann. Der Zimmerschlüssel passt auch für die Haustür, wenn’s abends mal spät werden sollt’.«

»Prima, dann richte ich mich erst mal ein.«

Ria verabschiedete sich und ging wieder hinunter. Florian packte die Reisetasche aus und ging dann auf den Balkon hinaus.

Eine Bergtour?

Warum nicht, es war eine Ewigkeit her, dass er aufgestiegen war, und unter den Sachen, die er mit in den Urlaub genommen hatte, waren auch Wanderstiefel und wetterfeste Kleidung.

Aber jetzt wollte er sich erst einmal in aller Ruhe umschauen und mit dem Urlaubsort vertraut machen.

Florian erinnerte sich, ein Schild gesehen zu haben, das auf einen Biergarten hinwies. Auf dem Tischchen, das am Fenster stand, lagen einige Prospekte, Hinweise auf die Sehenswürdigkeiten von St. Johann und der näheren Umgebung. In einem davon entdeckte der Arzt eine Anzeige des hiesigen Hotels, das darin eben diesen Biergarten anpries.

Er schaute auf die Uhr. Für Bier war es noch zu früh, aber eine gute Tasse Kaffee konnte er jetzt gebrauchen. Florian war am frühen Morgen, es war fast noch Nacht gewesen, aus Hamburg losgefahren und hatte unterwegs nur zum Tanken angehalten. Vermutlich schmeckte der Kaffee hier besser, als jener, den er an den Raststätten getrunken hatte.

Er ging ins Bad, das zum Zimmer gehörte, und wusch sich die Hände. Dann warf er einen prüfenden Blick in den Spiegel und nickte zufrieden. Florian Haller war einen Meter einundachtzig groß und von schlanker Gestalt. Sein markantes Gesicht drückte Männlichkeit und Entschlossenheit aus. In Hamburg ging er von zu Hause zum Krankenhaus immer zu Fuß, wenn er einmal frei hatte, joggte er morgens um die Alster. Nachmittags fand man ihn meistens auf dem Tennisplatz oder im Schwimmbad. Florian fuhr sich noch einmal durch das dunkle, fast schwarze Haar, das zu dem hellblauen Polohemd, das er zu einer beigefarbenen Jeans trug, in einem interessanten Kontrast stand, und ging hinaus. Leichtfüßig lief er die Treppe hinunter und verließ die Pension.

Die Nachmittagswärme schlug ihm entgegen.

Vermutlich war das Thermometer bis knapp unter die Dreißiggradmarke geklettert. Kein Wölkchen stand an dem strahlend blauen Himmel, und nicht das geringste Lüftchen wehte. Im Biergarten war es entsprechend voll. Fast alle Tische waren mit Urlaubern besetzt, die bei kühlem Radler und üppigen Eisbechern Erfrischung suchten.

Florian setzte sich an einen der langen Tische, an denen die Gäste auf Bänken saßen, wie es in einem Biergarten eben üblich war. Man rutschte bereitwillig zusammen, um ihm noch Platz zu machen.

Der Kaffee war so, wie er ihn sich erhofft hatte, braun und heiß und sehr aromatisch. Der Arzt widerstand der Versuchung, sich ein Stück Torte zu bestellen, obgleich das, was auf den Kuchentellern, die an ihm vorübergetragen wurden, verlockend aussah. Stattdessen ließ er seinen Blick schweifen und dachte nach.

Urlaub – ja den hatte er sich verdient. In den letzten Wochen hatte Florian fast nur noch in Doppelschichten gearbeitet, weil in der Privatklinik wieder mal ein Mangel an Ärzten herrschte. Eigentlich ausgebildeter Internist, hatte der Arzt auch in der Notfallambulanz Dienst tun müssen und im Operationssaal.

Hinzu kamen private Probleme, die nicht gerade dazu beitrugen, dass er sich in den wenigen freien Stunden, die er hin und wieder hatte, wirklich erholen konnte. Im Grunde war es Florian immer noch ein Rätsel, das es mit seinem Urlaubsantrag doch noch geklappt hatte. Aber Sandra Keller, die Verwaltungschefin der Privatklinik Keller, und Tochter des Gründers, hatte es möglich gemacht.

Der Lärm um ihn herum riss Florian aus seinen Gedanken. Eine Gruppe Urlauber stürmte den Biergarten. Er trank rasch aus und bezahlte. Erst einmal in die Pension zurück und endlich schlafen – mindestens acht Stunden!

Es wurden vierzehn Stunden.

Als Florian Haller aufwachte und zur Uhr blickte, konnte er gar nicht glauben, dass es schon so spät war. Kurz nach sechs hatte er sich hingelegt, einen Roman in der Hand. Jetzt lag das Buch neben ihm, und die kleine Nachtischlampe brannte immer noch. Draußen war es längst hell geworden, und durch das halb geöffnete Fenster drang fröhliches Vogelgezwitscher herein. Von irgendwoher erklang das Klappern von Geschirr, und die Zeiger der Uhr standen auf halb neun …

Himmel, hatte das gutgetan!

Florian schwang sich aus dem Bett und ging unter die Dusche. Erfrischt kam er wieder aus dem Bad und schlüpfte in ein leichtes Hemd und in bequeme Jeans. An den Füßen trug er leichte Slipper, als er die Treppe hinunterging, auf Socken hatte er verzichtet.

»Grüß Gott, Florian«, begrüßte die Pensionswirtin ihn. »Haben S’ gut geschlafen?«

»Danke, Ria«, nickte er. »Ich habe sogar ganz prächtig geschlafen.«

Ria deutete auf die breite offene Tür, die ins Freie führte.

»Dann geh’n S’ nur gleich hinaus. Ich hab’ auf der Terrasse gedeckt. Was möchten S’ denn trinken? Kaffee oder Tee? Und wie wollen S’ das Frühstücksei gekocht haben?«

Er bestellte Tee, und das Ei sollte fünf Minuten gekocht werden. Auf der Terrasse saßen die anderen Gäste und ließen sich schmecken, was die Wirtin ihnen auftischte. Florian grüßte in die Runde und nahm an dem einzigen Tisch Platz, der für eine Person gedeckt war. Aus der Halle hatte er sich eine Tageszeitung mitgenommen, von der mehrere Exemplare für die Gäste der Pension bereitlagen. Rasch überflog er die Schlagzeilen und legte die Zeitung wieder aus der Hand, denn Ria Stubler brachte schon ein großes Tablett, das sie auf seinem Tisch absetzte.

Der Arzt bekam große Augen.

»Das ist doch wohl net alles für mich …, oder?«, fragte er ungläubig.

Neben der Kaffeekanne stand ein Brotkorb mit frischen Semmeln, Laugengebäck und Bauernbrot auf dem Tablett, dazu eine üppige Wurst- und Käseplatte, weiterhin etliche Schüsselchen mit Quark, Joghurt, Müsli und verschiedenen Marmeladen.

Ria Stubler schmunzelte. »Langen S’ nur tüchtig zu«, meinte sie. »Der Hunger kommt beim Essen. Das macht unsre gute Landluft. Und wenn S’ mögen, dann können S’ sich auch noch für später eine Brotzeit machen, dann brauchen S’ net so oft zum Essen ins Wirtshaus gehen, das schont die Reisekasse. Papier zum Einwickeln bring’ ich Ihnen.«

Sie nickte ihm aufmunternd zu und wünschte einen guten Appetit.

»Das Ei kommt gleich!«, rief die Wirtin ihm noch zu, ehe sie wieder im Haus verschwand.

Florian Haller schaute noch einmal auf den gedeckten Tisch und erinnerte sich mit Grausen an das Sandwich, das er gestern irgendwo zwischen Würzburg und München an einer Raststätte gekauft hatte. Dann schenkte er sich Kaffee ein und nahm eine Semmel aus dem Korb. Ganz rösch war sie und innen noch ein wenig warm. Die Butter schmolz fast, als er sie aufstrich.

Ja, das war ein Frühstück!

Oft kam es nicht vor, dass er in Hotels oder Pensionen übernachtete, aber nirgendwo war ihm so etwas Gutes vorgesetzt worden. Der Kaffee stand dem im Biergarten in nichts nach, das Ei war perfekt gekocht, und alles andere schmeckte so frisch und köstlich, als hätte eine treu sorgende Mutter es für ihre Familie hergerichtet.

»Na ja, eigentlich sind die Gäste ja so etwas wie meine Familie«, lächelte Ria später, als der Arzt sich für das Frühstück bedankte und ihr sagte, was er während des Essens gedacht hatte.

Seit mehr als vierzig Jahren betrieb sie nun die Pension, im Tannenweg, in St. Johann. Zuerst zusammen mit ihrem Mann, als der dann starb, musste sie sich entscheiden, aufzuhören oder weiterzumachen.

»Ich hab’s nie bereut«, sagte sie. Ria beugte sich interessiert vor. »Was haben S’ sich denn für heut’ vorgenommen?«, fragte sie. »Vielleicht einen Ausflug? Oder wollen S’ sich hier ein bissel umschau’n? St. Johann hat so einiges zu bieten. Vor allem einen Besuch in der Kirche sollten S’ sich net entgeh’n lassen.«

Florian Haller nickte.

»Ja, daran hab’ ich tatsächlich gedacht. Aber erst einmal will ich zur Touristeninformation. Vielleicht hab’ ich Glück und kann mich noch zu einer Bergtour anmelden.«

Ria Stubler machte ein skeptisches Gesicht.

»Versuchen können Sie’s ja«, meinte sie. »Aber ich glaub’ net, dass da noch was frei ist. Da kann ich Ihnen einen viel besseren Rat geben …

Nun staunte der junge Arzt nicht weniger, als ihm vorhin das üppige Frühstück serviert wurde. Ria Stubler erzählte ihm nämlich, dass er den Pfarrer fragen solle, wann der mal wieder einen Aufstieg geplant habe.«

»Ja, arbeitet Ihr Pfarrer denn nebenher als Bergführer?«, fragte er ungläubig.

Die Pensionswirtin schmunzelte.