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Sybille wird auf äußerst tragische Weise von ihrem Mann verlassen. Er hinterlässt ihr zwei Erwachsene Kinder sowie die Abzahlung der Schulden. Durch dieses Ereignis kommt sie an ihre physischen und psychischen Grenzen. Seitens ihrer Familie erfährt sie nur Demütigungen und keinerlei Hilfe. Lediglich ihre Freunde und Kinder stehen ihr zu Seite. Nach mehr als einem Jahr Chaos und vielen Problemen möchte sie wieder einen Mann kennenlernen. Sie entscheidet sich zur Suche auf einer kostenpflichtigen Online-Dating-Plattform. Jedoch erweist sich dieser Weg zu dem einen, passenden Partner als ungeheuer schwierig, langwierig und schier unmöglich. Eine kurze Liaison entwickelt sich zwar zu einer erotischen, jedoch gleichzeitig äußerst einseitigen Beziehung. Enttäuscht, genervt und frustriert, meldet sie sich wieder von diesem Dating Portal ab. Doch ohne die gewohnte Internetsuche gestaltet sich ihr Singledasein erheblich freud- und spannungsloser. Eines Abends surft sie gelangweilt und resignierend auf einer kostenlosen Online-Partnerbörse und entdeckt einen Mann, der ihrem verstorbenen Carlos unglaublich ähnlichsieht. Sie stellt fest, dass diese attraktive männliche Person, seinen Angaben zufolge, ausgezeichnet zur ihr passen würde. Mit einem Haken. Er lebt 1200 km von ihr entfernt. Trotzdem schickt sie ihm ein Lächeln und löst damit eine Welle unvorhersehbarer Ereignisse aus.
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Inhaltsverzeichnis
Der Abschluss
Welches Kind hätte nicht Grund, über seine Eltern zu weinen? (Friedrich Nietzsche)
Die Überwindung
Die Menschen suchen ihr Glück, ohne zu wissen, auf welche Art sie es finden können
(Voltaire)
Die Hoffnung
Alle Männer sind auf der Suche nach der idealen Frau, vor allem nach der Hochzeit.
(Helen Rowald)
Glück und Glas …
Wo viel Gefühl ist, ist auch viel Leid.
(Leonardo da Vinci)
Hund und Herr
Enttäuschungen helfen uns weiter, wenn wir es schaffen, sie hinter uns zu lassen.
(Ernst Ferstl)
Ein weiter Weg
Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten.
(Pearl S. Buck)
Das Land der Wälder und Schären
Ich habe keinen Mann so gehasst, dass ich ihm seine Diamanten zurückgegeben hätte!
(Zsa Zsa Gabor)
Es entwickelt sich
Wenn du mutig genug bist, LEBEWOHL zu sagen, wird das Leben dich mit einem neuen HALLO belohnen.
(Paulo Coelho)
Die Testphase
Neue Wege entstehen, indem wir sie gehen.
(Friedrich Nietzsche)
Der Abschied
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren. (van Gogh)
Gärtnern macht glücklich
Essen und Beischlaf sind die beiden großen Begierden des Mannes.
(Konfuzius)
Es kommt immer wieder anders.
In einer Partnerschaft muss man sich manchmal streiten, denn dadurch erfährt man mehr voneinander.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Neustart
Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sichere Weg zum Erfolg ist immer, es doch noch einmal zu versuchen.
(Thomas A. Edison)
Impressum
Scand Torg AB
Sybille wird auf äußerst tragische Weise von ihrem Mann verlassen. Er hinterlässt ihr zwei Erwachsene Kinder sowie die Abzahlung der Schulden. Durch dieses Ereignis kommt sie an ihre physischen und psychischen Grenzen. Seitens ihrer Familie erfährt sie nur Demütigungen und keinerlei Hilfe. Lediglich ihre Freunde und Kinder stehen ihr zu Seite.
Nach mehr als einem Jahr Chaos und vielen Problemen möchte sie wieder einen Mann kennenlernen. Sie entscheidet sich zur Suche auf einer kostenpflichtigen Online-Dating-Plattform. Jedoch erweist sich dieser Weg zu dem einen, passenden Partner als ungeheuer schwierig, langwierig und schier unmöglich. Eine kurze Liaison entwickelt sich zwar zu einer erotischen, jedoch gleichzeitig äußerst einseitigen Beziehung.
Enttäuscht, genervt und frustriert, meldet sie sich wieder von diesem Dating Portal ab. Doch ohne die gewohnte Internetsuche gestaltet sich ihr Singledasein erheblich freud- und spannungsloser.
Eines Abends surft sie gelangweilt und resignierend auf einer kostenlosen Online-Partnerbörse und entdeckt einen Mann, der ihrem verstorbenen Carlos unglaublich ähnlichsieht. Sie stellt fest, dass diese attraktive männliche Person, seinen Angaben zufolge, ausgezeichnet zur ihr passen würde. Mit einem Haken. Er lebt 1200 km von ihr entfernt.
Trotzdem schickt sie ihm ein Lächeln und löst damit eine Welle unvorhersehbarer Ereignisse aus.
Anne Jacobsson
EINS ZU EINER MILLION
Roman
Nach einer wahren Begebenheit
Original Ausgabe
Auflage November 2020
© 2020 Scand Torg AB
All rights reserved
Lektorat: Michael Thomas
Klövervägen 3
37692 Ringamåla – Svängsta
Sweden
ISBN 978-91-519-7696-9
Soll ich das wirklich tun? Diese Frage beschäftigt mich seit genau einer Woche. Carlos ist tot. Die ganze Zeit über hatte ich gehofft, er steht einfach wieder vor der Tür und sagt:
»Hallo Schatz, das war ein Missverständnis, ich war nur mal kurz weg.«
Blöd so etwas zu denken, aber im Film funktioniert es doch. Warum nicht bei mir? Es hat nicht funktioniert, Carlos ist weg und kommt nie, nie wieder. Das muss ich einfach akzeptieren. Ich versuche mir einzureden wir hatten eine schöne, lange Ehe und haben zwei wunderbare Kinder, mehr kann man vom Leben nicht erwarten. Irgendwann ist einfach Schluss. Bei manchen Menschen kommt dieser Schlussstrich früher als erwartet und genauso ein Mensch bin ich. Ich habe es nicht erwartet und muss damit lernen umzugehen.
Mein letztes Jahr war ein einziges Chaos. Carlos hat sich einfach aus dem Leben geschlichen. Aus seinem und aus meinem. Das war unfair. Es war so nicht geplant. Ich wollte mit diesem Mann, der keinesfalls fehlerfrei dennoch ein liebevoller Partner war, alt werden. Aber nein, er verschwindet von einer Minute zur nächsten. Ich bin eine starke Frau, doch das war selbst für mich zu viel. Er ließ alles stehen und liegen, sein vollkommen eingerichtetes Geschäft, von dem ich überhaupt nichts verstand und sowieso keinen Einblick hatte. Er hinterließ mir unbezahlte Steuern und unsere gemeinsamen Schulden, die ich nun allein zurückzahlen musste. Hätte er mich damals eingeweiht, es waren lediglich Zwanzigtausend Euro offen, es wäre eine Kleinigkeit gewesen, jedoch sagte er kein Wort und plötzlich stand der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Die Bank hatte seit Langem den Kredit an eine Inkassofirma abgetreten und das hieß, sie waren gnadenlos beim Geldeintreiben. Fünfzigtausend Euro wollte die Inkassofirma von uns haben. Carlos hatte den Vertrag nicht eingehalten. Er zahlte die Rate nicht pünktlich. Ich stellte ihn zur Rede und bekam die Antwort, er hätte nicht genügend Geld gehabt, obwohl ich die Miete und die Nebenkosten für unsere Wohnung zahlte. Nichtsdestotrotz hätte ich es geschafft zusätzlich diese Rate zu begleichen, wenn er nur ein Wort zu mir gesagt hätte. Hatte er nicht und ich war stinksauer. Ich erklärte ihm, dass er die Suppe jetzt selbst auslöffeln darf, die er uns eingebrockt hatte. Carlos war nie sehr gesprächig, jedoch sollten in einer Ehe grundsätzlich auch unangenehme Dinge zur Sprache kommen. Es kam zu keinem gemeinsamen Gespräch, stattdessen kam Carlos eines Abends einfach nicht mehr nach Hause, sondern das Kriseninterventions-Team der Polizei.
Wochen nach der Beerdigung bekam ich noch einmal Besuch von der die Polizei. Dieses Mal mit seinem Abschiedsbrief. Ich las den Brief und war so traurig und wütend, dass ich nicht wusste, ob ich das Geschirr zertrümmern oder lieber einen Heulkrampf kriegen sollte. Es war eine Offenbarung aus Traurigkeit und Unvermögen, Aufgabe und Resignation, die sich darin widerspiegelten. Carlos kam mit seiner und unserer Situation nicht mehr zurecht. Verstehen kann ich es bis heute nicht. Ich habe immer wieder Engpässe ausgleichen können und schwierige Situationen gemeistert. Warum hat er diesmal aufgegeben und mich einfach mit dem ganzen Schlamassel allein gelassen? Zweifellos erlebten wir viele schöne, gemeinsame Jahre und verbrachten einige Lebensabschnitte in anderen Ländern. Die Arbeit und unser Leben waren in der Regel angenehm und harmonisch. Sicher, es gab schwierige Zeiten, doch es fand sich immer eine alternative Wahl. In seinem Abschiedsbrief schrieb er:
»Ich weiß, du hättest wieder nach einer Lösung gesucht und zweifellos gefunden!«
Im Prinzip hätte ich die ganze Situation bereinigen können, wenngleich es eine schwere Angelegenheit geworden wäre, jetzt saß ich hier allein in meinem Dilemma.
So erschüttert wie ich, waren auch meine beiden Kinder, die im Ausland wohnten und sich Hals über Kopf in den Flieger setzten, um mir beizustehen und wichtige Dinge zu organisieren. Ich lebte in dieser Zeit wie in Trance und konnte nicht wirklich fassen, was offenbar passiert war und musste mir sogar Schlaftabletten und Psychopharmaka verschreiben lassen. Noch nie in meinem Leben nahm ich solche schrecklichen Medikamente ein. Es war eine furchtbare Zeit. In diesem Zusammenhang traf mich das Verhalten meine Familie mit voller Wucht. Um das Geld zurückzahlen zu können, benötigte ich einen Kredit. Einen Kredit bekommt man normalerweise nur, wenn Sicherheiten vorhanden sind. Außer meinem Job beim Staat gehört mir noch eine Haushälfte. Das Haus hatten meine Eltern vor vielen Jahren auf meine Schwester und mich übertragen. Mein Vater war vor langer Zeit verstorben und meine Mutter bewohnte das Haus allein. Sie genießt ein lebenslanges Wohnrecht, was ich ihr niemals streitig machen würde. Meine Bank wollte lediglich, dass meine Mutter an die zweite Stelle des Ranges im Grundbuch der Immobilie tritt und sie, die Bank, an Erster, um mir eine Hypothek zu bewilligen. Mir blieb nichts anderes übrig, als meine Mutter zu bitten, mir diesen Gefallen zu tun. Sie war nach unserem ersten gemeinsamen Telefongespräch bereit darauf einzugehen. Offenkundig kam danach meine jüngere Schwester ins Spiel. Sie stellte in aller Deutlichkeit klar, dass sie nicht damit einverstanden wäre und riet meiner Mutter von einer Änderung ab. Infolgedessen schlug meine Mutter meine Bitte aus und es blieb alles, wie es ursprünglich verabredet und beurkundet war. Ergo gab es keinen Kredit von der Bank.
Ich hatte mir längst einen Anwalt nehmen müssen, um die rechtlichen Dinge die mir Carlos hinterließ zu klären. Ebenso einen Steuerberater, der mir die nicht gezahlten Steuern berechnen musste. Diese Situation zog mir die Tausender nur so aus der Tasche. Eine Konstellation, die mich manchmal schlichtweg überforderte. Ich weinte und arbeitete viel. Meine Freundin Ille besitzt einen Laden, der sonntags geöffnet ist. Dort übernahm ich den Sonntagsverkauf. Ich arbeitete sehr gerne bei ihr. Im Prinzip sicherte mir diese zusätzliche Einnahme meine wöchentlichen Mahlzeiten. Ja, es war so schlimm. Mein ganzes Einkommen wurde für Miete, Nebenkosten und die Rückzahlungen der Schulden aufgebraucht. Ich verzweifelte nicht. Noch nicht.
Die Woche über arbeitete ich in der Klinik, erledigte am Samstag notwendige Besorgungen, putzte meine viel zu große Wohnung und betätigte mich sonntags als Verkäuferin. Die Wohnung musste ich schnellstens kündigen, da ich sie mir nicht mehr leisten konnte. Glücklicherweise erhielt ich unglaublich schnell ein Appartement für Staatsbedienstete zugewiesen. Es war klein, 45 qm, jedoch mit einem schönen Garten. Zugegeben, ich war sehr glücklich über diese Bleibe und wollte nur so schnell als möglich umziehen. Meine Schwester kam und half mir die alte Wohnung zu streichen, denn zu diesem Zeitpunkt lagen wir uns noch nicht wegen der Hypothek in den Haaren. Das war übrigens das letzte Mal, dass ich Hilfe von meiner Familie bekam. Danach wurde es richtig schlimm.
Nachdem ich den Umzug mit Unterstützung meiner Freunde hinter mich brachte und einen Großteil der Möbel weggab, war ich sehr erleichtert. Ein neues Kapitel meines einsamen Lebens begann. Es sollte nicht leichter werden. Meine Mutter ließ sich nicht erweichen an die zweite Stelle zu treten und auch eine andere Bank wollte mir den Kredit nicht zugestehen. Ich war wirklich verzweifelt. Mein Anwalt erklärte ihr in einem Schreiben noch einmal meine Situation und schrieb in aller Deutlichkeit von den großen Problemen, die ich bekommen werde. Bloß half dieses eindringliche Schreiben nichts. Ganz im Gegenteil, sie teilten mir ohne Umschweife mit, dass ich dann Privatinsolvenz anmelden sollte. Was das für mich für Folgen haben wird, war ihnen völlig egal. Ab jetzt hatte ich mit erheblichen Problemen zu kämpfen.
Als Erstes wurde mein Gehalt gepfändet. Ich bekam einen Anruf der Personalabteilung der Klinik. Die wollten wissen, was bei mir passiert war. Ich erklärte ihnen meine Situation und sie versprachen Hilfe. Bloß keine Privatinsolvenz, riet mir der Personalmitarbeiter, denn ich müsste dann das Haus an meine Mutter und Schwester zurückgeben. Daher wehte der Wind. Sie wollten das Haus von mir zurück. Tatsächlich stand das alles in der Urkunde, die ich mir am Abend noch einmal eingehend ansah. Es war zum Verzweifeln, ich wusste nicht was ich noch tun sollte. Meine Kinder hatten ihre eigenen Familien und konnten nicht einfach Fünfzigtausend Euro auf den Tisch blättern. Meinen Freunden gegenüber war ich sehr offen und erfuhr dadurch unermessliche Hilfe. Meine Freundin Alma versuchte es sogleich bei ihrer Bank mit einem Kredit, doch es drehte sich alles um die erste Stelle im Grundbuch. Es war wie verhext. Ohne meine Tabletten hätte ich kein Auge zu gemacht, dementgegen war ich nicht bereit, mir diese Demütigung einer Privatinsolvenz anzutun. Ich hatte einen unsäglichen Hass auf Carlos und kämpfte weiter. Der Personalberater der Klinik war sehr verständlich und wollte mir die Insolvenz unbedingt ersparen und erreichte inzwischen einen Termin für mich bei einer Genossenschaftsbank. Allein, aber ausgesprochen kampfeslustig machte ich mich auf den Weg. Es half nichts, schonungslos erklärte ich dem Direktor und zwei weiteren Mitarbeitern meine verfahrene Situation. Sie waren emotional sichtlich bewegt. Ich weinte nicht, sondern hatte mich vollkommen im Griff, denn mit Tränen erreicht man im Business nichts. Nach einer Stunde und drei Tassen Kaffee verließ ich die Bank. Man sagte mir, dass sie alles überdenken und mir telefonisch Bescheid geben würden. Tagtäglich wurde ich nervöser. In gewisser Weise hatte ich nicht viel Hoffnung auf einen guten Ausgang, gleichsam sehr viel zu verlieren. Gewissermaßen eine wertvolle Haushälfte, die ich keinesfalls zurückgeben will. Diese Bank war meine letzte Chance. Meiner Schwester und meiner Mutter war es gleichgültig, wie es mir ging. Letzten Endes war ich emotional von den Ereignissen derart beansprucht, dass ich sehr viel weinen musste. Ich weinte wegen Carlos, ich weinte über die Kaltherzigkeit meiner Familie und ich weinte über mein Alleinsein und mich. Es war unerträglich. Nur meine Kinder bauten mich auf. Sie riefen fast täglich an und erkundigten sich nach meinem Gemütszustand. Mir geht es soweit gut, sagte ich natürlich. Was sollte ich sie, die so weit entfernt wohnten, damit belasten? Dabei stand ich zweifellos kurz vor der Privatinsolvenz.
Ich bin ein Mensch, der korrekt seine Rechnungen und Steuern begleicht, der stets einen Ausweg aus vertrackten Situationen findet, der hilfsbereit und sehr verträglich ist. Mein Leben war geprägt von unglaublich interessanten und vielseitigen Jobs und ich konnte daher maßgeblich zum Familienunterhalt beitragen, wenn es bei Carlos irgendwie nicht so gut lief. Alles in Allem hatte ich diese Situation einfach nicht verdient. Nur half mir diese Lebens-Bilanz momentan überhaupt nicht weiter.
Plötzlich eines Mittags in der Klinik. Mein Telefon klingelte. Die Genossenschaftsbank war am anderen Ende der Leitung. Ich glaube mein Herz war kurz vor dem Stillstand und ich dachte noch, wo ist der verdammte Defibrillator. Es meldete sich der Chef für die spezielle Kundenberatung, so stand es auf seiner Visitenkarte. Er sagte mir der Kredit sei bewilligt und ich bekomme einen moderaten Abzahlungs-Plan und könnte das Darlehen, sobald das Haus einmal verkauft wird, sofort und ohne Bereitstellungszinsen zurückzahlen. Ich konnte kaum antworten. Der nette Herr meinte noch, ich glaube, ich habe es Plumpsen hören wie ihnen der Stein vom Herzen fiel. Ja, das kann ich nur bestätigen, ich war so erleichtert und hätte am liebsten einen Tanz aufgeführt. Von diesem Moment an war mein Leben wieder planbar.
Grundsätzlich arbeite ich sehr gerne, sparsam war ich aus der Not heraus dagegen blieb ich jetzt ein Mensch. Ein Mensch, der sein Leben wieder voll in den Griff bekommen wird. Das Damokles Schwert der Privatinsolvenz mit all seinen Folgen war verschwunden. Gott war ich glücklich und froh nach all den letzten schweren Monaten. Mein Leben konnte wieder lebenswert werden. Zu meiner Mutter und meiner Schwester suchte ich fortan keinen Kontakt mehr. Ich schickte meiner Mutter zwar zu den Feiertagen Blumen und Schokolade, jedoch erhielt ich nie eine Antwort. Sie hatten sich das alles so schön ausgedacht. Sybille muss das Haus zurückgeben, das hat sie nun davon, dass sie diesen Mann geheiratet hatte. Damals als ich sie über Carlos' plötzlichen Tod informierte, bekam ich statt Mitleid und Einfühlungsvermögen, nur Schimpftiraden zu hören. Meine Mutter diskreditierte ihn und seine Familie auf das Übelste. Sogar die Hochzeit, die über dreißig Jahre zurückliegt, wurde noch mit den Worten kommentiert: Wir hatten sowieso mehr dazu gezahlt als seine Familie. Was sollte ich darauf noch erwidern?
Soll ich das wirklich tun? Jetzt steht diese Frage wieder im Raum. Will ich das denn überhaupt? Meine Freundin Inge sagt:
»Bist du verrückt, sei froh, dass du allein bist, du kannst tun und lassen was du willst, brauchst nicht pünktlich das Essen auf den Tisch zu bringen kannst shoppen gehen, wann immer und solange du willst.«
Das Shoppen gehen ist momentan auf ein einziges Geschäft beschränkt. Nämlich, auf den Secondhand Laden, den ich ab und zu mit meiner Freundin Gabriela besuche, die ebenfalls nicht auf Rosen gebettet ist. Sie verdient ihr Geld als Hauswirtschafterin. Somit kann ich Inges Argument nicht gelten lassen. Hat sie trotzdem recht? Soll ich damit wieder anfangen? Nein, eigentlich will ich das nicht, es gibt jedoch andere Gründe. Im Bett allein? Bin ich dafür schon zu alt? Sollte es das gewesen sein mit der Liebe? Nein, bestimmt nicht. Dieses wunderbare Gefühl nie mehr erfahren dürfen? Für immer und ewig? Fraglos, ich brauche wieder einen Mann. Dieser Konflikt spukt ununterbrochen in meinem Kopf umher. Wenn ich ganz ehrlich bin, möchte ich ein nettes Sahne-Stückchen, das toll aussieht, mit seinem Charme Eisberge schmelzen lässt, seine Großzügigkeit nicht bei einer Kugel Nuss-Eis endet und im Bett mehr als die Missionarsstellung beherrscht. Lässt sich so ein Traummann finden? Klar, und ausgerechnet den will ich jetzt auf einer Dating-Plattform aufreißen? Ein völlig absurder Gedanke. Diese Supermänner sind längst in festen Händen oder schwul. Soll ich es trotzdem versuchen mit diesem modernen ONLINE DATING?
Inzwischen sitze ich zum wiederholten Mal vor meinem Computer und sollte ihn endlich mit meinen Daten füttern. Wie alt wie groß und schwer, welche Hobbys, welche Interessen, verheiratet, geschieden, verwitwet, wie viele Kinder ich habe und noch möchte, was meine Stärken und meine Schwächen sind und was mein Partner unbedingt mitbringen sollte und so weiter. Selbst eine Steuererklärung ist einfacher und die ist für mich der Horror schlechthin. Was wollen sie denn noch alles von mir wissen, diese Online-Dating Leute? Oder sitzt da gar keiner? Wahrscheinlich ist das nur ein blöder Computer, der solche bescheuerten Fragen an mich stellt. Ich könnte meine Krankenkassen Karte mit einlesen lassen, dann kennen sie gleich alle meine Wehwehchen. Das dürfte ungemein wichtig sein, schließlich handelt es sich um die Suche nach dem Alphatierchen, wenngleich eine Befruchtung in dem Sinne von mir nicht mehr gewünscht wird. Ich bin unschlüssig. Ach ja und nicht zu vergessen, die Bilder. Ich meine DIE BILDER. Sie sollen aktuell sein und eine positive Ausstrahlung vermitteln. So jedenfalls steht es in der Anlage:
Wie setze ich mich richtig in Szene?
Das ist geradezu grotesk und ich will das alles nicht. Zum x-ten Mal klappe ich mein Laptop zu und hole mir einen Kaffee aus der Küche.
Mein Telefon klingelt. Asta, eine meiner Kolleginnen hatte wieder einmal ein verpatztes Rendezvous. Sie betreibt seit längerer Zeit Online-Dating und verfügt über ein ungeheures Erfahrungspotential, doch Glück hatte sie bisher ganz und gar nicht. Auf Chaoten aller Couleur kann sie zurückblicken und letztendlich fand sie den ein oder anderen netten Mann jedoch ohne eine längere Beziehung einzugehen. Die meisten waren ihr zu kultiviert, denn sie sucht eher den etwas verruchten Typ Mann. Dieser Typus ist allerdings nicht mein Wunschkandidat. Ich schätze eher den liebevollen, charmanten Partner, der Stil und Benehmen hat. Leider ist diese Art Gentleman mit den Dinosauriern ausgestorben. Jeden Tag aufs Neue sammele ich meine Erfahrungen, wenn mir beispielsweise die Tür wieder vor der Nase zugeknallt wird, oder so ein ungehobelter Student, der die zukünftige Elite der Nation repräsentieren soll, mir den letzten Platz im Bus wegschnappt. Nein, auf diese Art Mann kann ich verzichten, dann lieber wieder Single.
Seit Längerem sehe ich sowieso überall nur Pärchen umherspazieren, zumindest kommt es mir seit Ewigkeiten so vor. In Wirklichkeit werden es rein statistisch gesehen genau so viele wie vor einem Jahr sein, gefühlt ist das für mich ganz anders. Deshalb fülle ich jetzt diesen verdammten Fragebogen aus. Seit einer viertel Stunde sitze ich bereits vor dem Laptop und mir fällt einfach nicht ein, was ich in dem Dating-Portal über mich schreiben soll. Letzten Endes weiß ich nicht was ich suche und was meine Vorteile sind. Möglicherweise wäre das der richtige Text:
Weiblich, verwitwet, berufstätig, äußerlich gut in Schuss, innerlich etwas aus der Bahn geworfen, massiv bestrebt alles wieder möglichst schnell auf Norm zu bringen, sucht einen wunderbaren Mann, mit dem sie die verbleibenden Jahre möglichst harmonisch verbringen kann. Bemerkenswert sollte er sein, um meine konkreten Erwartungen erfüllen zu können.
Diese Wünsche muss ich hier eindeutig und klar darlegen, sonst melden sich womöglich die völlig falschen Männer? So fülle ich den folgenden Fragebogen ehrlich und wunschgemäß aus:
Welche Eigenschaften erwarten Sie von ihrem
zukünftigen Partner, wie sollte er sein?
Liebevoll, zärtlich, großzügig, humorvoll,
intelligent, etwas sportlich, möglichst schlank
und auf jeden Fall weltgewandt und höflich
Darf er rauchen? Gelegentlich
Welche Religion? Ist mir egal.
Wie viele Kilometer von Ihrem Wohnort entfernt
sollte er wohnen? Ist mir egal.
Darf er Kinder haben? Ja
Darf er noch Kinderwünsche haben? Nein
Welches Alter sollte er haben? 55 bis 65
Welche Ausbildung sollte er haben?
Abitur, Studium, Berufsausbildung
Welchen Familienstand sollte er haben?
Verwitwet, geschieden
Was würden sie über sich selbst Aussagen?
Größe 165 cm, Gewicht 65 kg, Figur schlank,
Augenfarbe grün, Haarfarbe blond, Haarlänge
mittellang.
Welche Hobbys haben Sie?
Singen, Lesen, Musik hören,
Schwimmen, Schnorcheln, Tennis, TV sehen,
Theater und Oper.
Welche Musik mögen sie?
Klassik, Oldies, Rock, Blues, Country und wo
mir der Sinn nach steht.
Wie würden sie Ihre Vorteile beschreiben?
Kosmopolitisch, nicht ganz dumm, ausgeglichen,
humorvoll, musikalisch, liebevoll, nicht
nachtragend, großzügig und flexibel
So, geschafft. Jetzt noch zwei, drei Bilder einfügen, nur welche? Ein Porträtfoto und zwei hübsche Urlaubsfotos vielleicht? Natürlich nicht im Bikini in meinem Alter. Jetzt ist es wieder präsent. Ich bin zu alt für so ein Dating Portal. Trotzdem suche ich jetzt auf meinem Laptop hin und her, bis ich mich schlussendlich für drei, meiner Meinung nach, gut gelungene Fotos entschließe. Hochladen, fertig und alles abschicken. Sofort kommt eine Mail.
Danke für Ihre Anmeldung im Dating Portal, SUCHE UND FINDE
Ich habe es getan! Jetzt bekomme ich einen Zugangs-Code und kann mich unter meinem Pseudonym RUBINA anmelden. Umgehend lege ich los. Sofort erscheinen männliche Köpfe, die offensichtlich alle ihr Glück hier suchen.
Geben Sie bitte ihre Suchkriterien ein, kommt als Nächstes. Auch das mache ich.
Suche Mann von 55 bis 65 im Umkreis von 1000km.
Klick und weg. Es erscheint eine Übersicht von circa einhundertfünfzig Männern, die auf dieses Kriterium passen. Du meine Güte, das sind eine Menge. Ich hole mir ein Glas Cola und mache es mir auf meinem Sofa gemütlich, denn das scheint wohl eine längere Aktion zu werden. Kaum habe ich meinen Laptop wieder geöffnet, blinkt eine Anzeige auf. Sie haben Besuch. Ich öffne das Fenster und sehe das Porträt eines Mannes ohne Haare mit einem freundlichen Lächeln.
Er schreibt:
Habe Ihr Profil gesehen, sie sind mir sympathisch, würde gern mehr über sie erfahren, Liebe GrüßeHans–Rudi.
Aha, denke ich, so geht das also. Hans-Rudi habe ich offenkundig gefallen. Ich klicke auf Hans-Rudis Profil.
Es liest sich so:
Bin geschieden, habe 3 Kinder, eines lebt noch zu Hause. Ich arbeite als Einzelhandelskaufmann, wohne auf dem Land und bin etwas vollschlank. Meine Hobbys sind Blasmusik, Trachtenverein, Minigolf und Männergesangsverein. Schaue gern Krimis und liebe Wandern in den Bergen.
Oh ja, denke ich, der passt zu mir wie eine schwarze Perücke. Hans-Rudi ist ganz sicher nicht der Typ Mann, den ich mir als Partner vorstellen könnte und außerdem ziehe ich keineswegs aufs Land. Ich bin ein Stadtkind und Landleben ist für mich undenkbar, nur was sage ich jetzt Hans-Rudi? Grundsätzlich müsste ich nicht jede Anfrage beantworten, darum warte ich noch ab und durchkämme die ganzen einhundertfünfzig Angebote. Das ist Arbeit. Ich schaue mir vorab die Köpfe an. Dabei sortiere ich sofort Zweidrittel der wunderbaren, suchenden Geschöpfe aus. Man sollte nicht meinen, wie unterschiedlich Männer in dieser Altersspanne aussehen können. Die einen schauen furchtbar alt aus, die anderen stellen Bilder in das Portal, die leicht der Schwarz-Weiß-Zeit entstammen könnten. Irgendwo dazwischen finde ich die sehr attraktiven George Clooney Modelle. Was mir auffällt, die schöneren Männer leben komischerweise mindestens dreihundert bis sechshundert Kilometer weit entfernt. Heißt das, bei mir in der Gegend gibt es keine tollen Männer? Es wäre zu vermuten, dass diese bereits vergeben sind und hier gar nicht erst auftauchen? Nachdem ich von den einhundertfünfzig Kandidaten einhundert dreißig aussortiert habe, stürze ich mich auf die restlichen zwanzig potenziellen Alphatierchen.
Der erste Kandidat nennt sich Harley 60:
Graues Haar, blaue Augen, 179 cm, geschieden, zwei Kinder außer Haus, im Vorruhestand. Hobbys: Kegeln, Tauchen, Urlaub am Meer und Biking.Vorlieben: Lesen, Theater, Musik Country, Rock, Klassik, sucht Frau für ein gemeinsames Leben, die schlank, vorzeigbar ist und in High Heels als auch in Wanderschuhen eine gute Figur macht.
Was für ein bescheuerter Spruch denke ich. Harley 60 fällt weg. So ein blöder Typ, der ist nicht ganz dicht. Sofort wird Frau wieder auf das Aussehen reduziert. Weder auf Qualitäten noch Eigenschaften, die für ein gemeinsames Zusammenleben wichtig sein könnten, werden erwähnt. Oder fällt neuerdings das Tragen von High Heels unter besonders beziehungsfähig?
Harley 60, bei mir bist du chancenlos.
DELETE!
Da waren es nur noch 19.
Traummann 2014 sucht Traumfrau:
Er 61 Jahre, blond-grau-meliert, graue Augen, 183 cm, Sternzeichen Stier, noch berufstätig, selbstständig, geschieden, 2 Kinder außer Haus, wünscht keine weiteren Kinder, sucht Frau zwischen 38 und 48, modisch, elegant, schlank und sexuell vielseitig interessiert.
Was? Ist der noch ganz dicht? Er ist 61 Jahre und sucht eine zwanzig Jahre jüngere? Was für kranke Typen tummeln sich denn hier? Ich bin einigermaßen schockiert und sauer. Auf dem Bild wirkt er zwar sympathisch. Er steht elegant vor seinem dicken BMW mit einer imposanten Bergkulisse im Hintergrund. Das war wohl nichts. Warum erscheint dieser Typ eigentlich, wenn er eine so viel jüngere Lady sucht?
Egal, Traummann 2014, DELETE!
Da waren es nur noch 18
Maikäfer 48 sucht dich:
Bin pensionierter Staatsbeamter, 65 Jahre, verwitwet, 178 cm, schlank, mittelblond, grau-grüne Augen, Jungfrau, ein Kind im Ausland lebend, suche eine Frau in passendem Alter. Sie sollte weltoffen, gebildet, vielseitig interessiert und humorvoll sein. Meine Hobbys sind Reisen, mein Garten, lesen, Theater, Musik verschiedener Richtungen. Bin noch gut in Form und möchte gern eine ebensolchePartnerin.
Ja, das ist er. Sein Bild ist ansprechend. Er lacht auf dem Porträtfoto. Die andere Fotografie zeigt ihn in Aktion im Garten und er lacht ebenfalls. Auf dem Dritten rudert er auf einem See und er lacht wieder. Genau mein Wunschkandidat. Ich klicke alles durch. Er hat nur gute Eigenschaften und er reduziert die gesuchte Frau nicht auf Äußerlichkeiten. Jetzt muss ich irgendetwas unternehmen. Den Maikäfer möchte ich unbedingt kennenlernen. Auf dem Portal steht: Senden sie ihm ein Lächeln, wenn sie ihn mögen. Klick! Ein Lächeln geschickt. Ich habe mich getraut den ersten Schritt zu tun und einem wildfremden Mann ein Lächeln geschickt. Mein Bauch grummelt und ich fühle mich seltsam. Noch nie habe ich so etwas getan, einen wildfremden Mann kontaktiert, weder im richtigen noch virtuellen Leben. Jetzt bin ich ein richtiges Mitglied auf meiner neuen Dating-Plattform.
Ich brauche unbedingt einen Wein, es ist ja immerhin nach achtzehn Uhr. Aus Prinzip trinke ich keinen Alkohol vor dieser Zeit. Der Italienische entspricht gerade meiner Hochstimmung. Nachdem ich mir genüsslich ein Glas eingeschenkt habe, blinkt es auf meinem Laptop: Sie haben eine Nachricht ihr SUCHE UND FINDE Team.
Ich bin einigermaßen nervös, denn alles ist so anders und unwirklich, gewissermaßen ein neues Zeitalter in dem ich gelandet bin. Früher fand man einen Partner in der Disco, Kneipe, Eisdiele oder sonst einem realen Treffpunkt und heutzutage auf einem virtuellen Portal. Es kommen mir Zweifel, ob das überhaupt seriös und richtig ist was ich hier mache. Nicht kneifen, ich muss jetzt da durch, denke ich und öffne die Nachricht von Maikäfer 48.
Liebe Rubina, vielen Dank für das nette Lächeln, das du mir geschickt hast. Ich finde dein Profil sehr ansprechend und deine Bilder ebenso. Du scheinst eine sehr interessante und liebenswerte Frau zu ein. Wenn du magst, würde ich gern mehr über dich erfahren und freue mich wieder von dir zu hören. Liebe Grüße Maikäfer alias Jörg!
Wow, der Maikäfer hat geantwortet. Ich bin ganz hin und weg. Maikäfer Jörg mag mein Profil und ich seines. Bin ich wieder am Zug? Was hat mir meine erfahrene Freundin geraten? Antworte nicht zu schnell, lass dir etwas Zeit. O.K. das mache ich. In der Zwischenzeit ist eine weitere Partneranfrage in meinem Postkasten gelandet. Ich klicke sie an und ein ziemlich junger Mann zeigt seine feinen Gesichtszüge. Er schaut sehr gut aus.
Don Quichotte schreibt:
Finde dich toll, du bist eine klasse Frau. So etwas suche ich. Bin Single 38 Jahre, arbeite im Außendienst, bin viel unterwegs und habe wenig Zeit, eine Frau zu suchen. Mag Tanzen, schnelle Autos, Computer, Heavymetal Musik, Funk und Rock. Ich schätze Frauen in sehr kurzen Röcken mehr, als in Hosen und stehe auf Dessous.
He? Don Quichotte, hast du einen Knall? Du hast dich im Jahrgang vergriffen. Ich bin amüsiert. Der könnte mein Sohn sein, was zum Geier will dieses Bürschlein von mir? Etwas grotesk. Ich antworte ihm, weil ich denke, dass sich das so gehört.
Lieber Don Quichotte sehr schmeichelhaft dein Interesse an mir, nur der Altersunterschied ist viel zu groß. Um es direkt zu sagen, ich könnte deine Mutter sein. Also lieber nicht. Herzlichen Gruß Rubina.
Unglaublich, was denkt ein so junger Mann, der sich für eine Frau meines Alters interessiert? Der medizinische Fachbegriff lautet Gerontophilie. Für mich heißt das, keineswegs in Erwägung ziehen, aber der Maikäfer, der wäre was. Ich halte es nicht länger aus und muss ihm antworten, Ratschlag hin oder her. Was schreibe ich ihm? Etwas von mir, meinem Leben, nur nicht zu viel.
Lieber Jörg, ich freue mich, dass du Interesse an mir zeigst. Ich bin brandneu auf dem Portal und weiß eigentlich nicht viel über Online-Dating. Zu meiner Person kann ich dir folgendes schreiben: Bin seit zwei Jahren verwitwet, habe zwei erwachsene Kinder und vier Enkelkinder. Ich bin berufstätig und arbeite beim Staat als Angestellte. Bewohne eine kleine, nette Wohnung und darf einige sehr hilfsbereite Menschen als meine Freunde bezeichnen. Interessiere mich für Musik, warme Länder, lese viel und mag Satire Sendungen, die nicht unter die Gürtellinie zielen. Binpolitisch und wirtschaftlich interessiert, man kann mitmir gute Gespräche führen, aber auch herumblödeln. Ich bin äußerst vielseitig und habe lange Jahre in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet. Wäre das ein Anfang für eine weiterführende Konversation? Liebe Grüße Sybille alias Rubina
Klick und weg. Ganz schön mutig, ich schreibe einem fremden Menschen persönliche Dinge, die ihn vielleicht gar nicht interessieren, oder doch? Mal schauen, ob er sich wieder meldet. Jetzt bin ich richtig im Dating Fieber. Es macht plötzlich Spaß mit Fremden zu kommunizieren, selbst wenn es gelegentlich verwirrend ist. Ich klicke mich weiter durch die verbliebene Anzahl potenzieller Interessenten.
Homeless 78,geschieden 4 Kinder alle außer Haus, Akademiker, 62 Jahre, 181 cm, Haare grau, Bart grau, Augen blau, Schütze, vielseitig interessiert sucht auf diesem Weg eine passende Frau.
Homeless 78 sieht prinzipiell sehr nett aus, mit einem gepflegten Bart. Er passt äußerlich in mein Beuteschema und scheint relativ jung geblieben zu sein, nur zeigt er auf keinem Bild ein Lächeln. Noch nicht einmal ansatzweise. Er schaut für mich eher ein bisschen verbittert aus. Sein Profil fängt mit dem Satz an:
Nach einer schweren Enttäuschung suche ich dietreue, liebe Frau mit häuslichem Sinn und innerenWerten.