Ekstase inklusive - Caitlin Crews - E-Book
SONDERANGEBOT

Ekstase inklusive E-Book

CAITLIN CREWS

0,0
3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nordlichter. Schnee. Geysire. Sozialforscherin Margot ist in den spektakulären Norden gereist, um sich mit der berüchtigt liberalen Datingkultur der Isländer zu beschäftigen. Doch in der Sekunde, als sie dem göttlichen Thor Ragnarsson begegnet, schießt sie alle rationalen Gedanken in den Wind … Eingeschneit in seinem Hotel Viking erforschen die beiden ganz neue Horizonte der Lust. Aber nach ekstatischen Nächten muss sich Margot fragen: Hat sie sich mehr Gefühle eingehandelt, als sie bewältigen kann?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 252

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



MIRA® TASCHENBUCH

Copyright © 2020 by MIRA Taschenbuch in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2018 by Caitlin Crews Originaltitel: „Unleashed“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DARE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./SARL Übersetzung: Senta Gardenin

Coverabbildung: shutterstock_AS Inc E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN E-Book 9783745751772

www.harpercollins.de Werden Sie Fan von MIRA Taschenbuch auf Facebook!

1. KAPITEL

„Tut mir sehr leid“, beteuerte die Empfangsdame. Sie legte eine perfekt manikürte Hand auf den glänzenden Marmortresen der Rezeption, wie um ihren Worten Gewicht zu verleihen. „Das Wetter ist umgeschlagen. Heute gibt es keine Möglichkeit mehr, nach Reykjavik zurückzufahren.“

Professor Margot Cavendish straffte die Schultern und zwang sich zu einem Lächeln. Um ihren Ärger nicht zu zeigen, ließ sie ihren Blick durch die elegante Lobby des Viking Hotels wandern. Immerhin war sie nicht wütend auf die arme Rezeptionistin – sondern auf sich selbst.

Schließlich hatte sie diesen Wetterumschwung mit eigenen Augen kommen sehen. Trotzdem hatte sie den weiten Weg bis zu dem abgelegenen Dorf gemacht. Und das, obwohl sie nicht einmal wusste, ob man sie empfangen würde.

Der Mann, den sie hier treffen wollte, hatte mit keinem Wort bestätigt, dass er mit ihr sprechen würde. Er hatte weder auf ihre E-Mail geantwortet noch ihren Anruf entgegengenommen, und vermutlich konnte er keine fünf Minuten aus seinem geschäftigen Leben zwischen Sünde und Verführung entbehren.

Und dennoch war sie hergekommen.

Das hatte sie nun davon, spontan zu sein, ermahnte sie sich selbst.

„Auf dem Weg hierher hat es geschneit“, begann sie sich zu verteidigen und sehnte sich bereits nach ihrem kleinen Apartment in Reykjavik, das sie während ihres Forschungssemesters bewohnte. „Die Straße war ein bisschen glatt, aber befahrbar.“

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Der Straßenabschnitt oben am Berg war tückisch gewesen, und der Taxifahrer hatte sein gesamtes Können unter Beweis stellen müssen.

Aber Margot, die die heftigen Schneestürme im mittleren Westen der USA gewöhnt war, hatte sich keine Sorgen gemacht. Verschneite Straßen waren in Iowa keine Seltenheit. Dort lehrte sie im Fachbereich Humanwissenschaften an der Universität, seit sie vor einigen Jahren ihren Doktor gemacht hatte.

Schnee machte ihr keine Angst. Andererseits hatte sie auch noch keinen Winter so nahe an der Arktis verbracht.

„Schneefall kann sich hier ganz schnell zu einem Sturm entwickeln“, sagte die Dame am Empfang entschuldigend und tippte gleichzeitig mit fliegenden Fingern auf der Tastatur, als ob sie genau diese Nachricht auch der breiten Öffentlichkeit kundtun müsse. Das kleine Schild an ihrer korrekt sitzenden Bluse verriet, dass sie Freya hieß. „Diese Winterstürme sind wirklich unberechenbar. Morgen früh ist womöglich alles wieder vorbei.“

„Morgen früh?“

Margots Stimme klang ungewohnt schrill in der gedämpften, exklusiven Atmosphäre der Lobby, und sie zog peinlich berührt den Kopf ein.

Dieses Hotel hatte etwas an sich, das ihr unter die Haut ging. Vielleicht lag es an dem gewaltigen Schauspiel von Feuer und Eis, das auf jeder freien Fläche und auf jedem Bildschirm dargestellt wurde. Oder an den zahlreichen Elfen, Trollen und Sagengestalten, die auf unterschiedliche Weise in das Interieur eingefügt waren.

Auf jeden Fall war es nicht das, was sie erwartet hatte. Denn für all die lustvollen Dinge, die hier hinter verschlossenen Türen vorgehen sollten, wirkte das Hotel überhaupt nicht zwielichtig oder gar schäbig.

Im Gegenteil: Es wirkte über alle Maßen stilvoll und elegant, und der Hotelbesitzer, der sich ziemlich bedeckt hielt, was sein Privatleben anging, hatte offenbar einen erlesenen Geschmack.

Margot entspannte bewusst die Schultern. „Sie schlagen mir jetzt aber nicht vor, hier zu übernachten?“

Das Wort hier hatte vielleicht ein bisschen überspitzt geklungen, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern.

Der ehemalige Besitzer des Hotel Viking war der legendäre Daniel St. George, der vor einigen Monaten bei einem dramatischen Autounfall in Deutschland ums Leben gekommen war.

Laut Testament fielen seine kleinen, aber exklusiven Luxushotels seinen Söhnen zu, die er angeblich rund um den Globus gezeugt, aber zu Lebzeiten nie anerkannt hatte.

Eines dieser bemerkenswerten Erbstücke war das Hotel Viking, ein sagenumwobenes Ressort am Ende der Welt, in dem angeblich keine Fantasie unerfüllt blieb. Bei gutem Wetter konnte man das international beliebte Hotel von Islands Hauptstadt Reykjavik aus in nur wenigen Stunden erreichen, daher hatte Margot beschlossen, sich persönlich ein Bild davon zu machen.

In ihrem neuesten Forschungsprojekt ging es um Island und seinen Ruf als das feministischste Land der Welt. Ihr Hauptinteresse galt dem Sex und der Frage, wie Islands berühmt-berüchtigte Abschlepp-Taktik durch Alkohol mit dieser feministischen Sichtweise zusammenpasste.

Denn Margots Ansicht nach widersprachen sich diese beiden Dinge absolut.

Seit einem Monat arbeitete Margot bereits in Reykjavik, sprach mit isländischen Kollegen an der hiesigen Uni und versuchte, so viele Einheimische wie möglich zu interviewen.

Sie passte ihre potenziellen Interview-Partner hauptsächlich in Laugavegur ab, der berühmten Partymeile, wo sich Reykjaviks wildes Nachtleben zwischen Bars und Nachtklubs abspielte.

Während ihrer Gespräche fiel ein Name immer wieder: Thor Ragnarsson. Der frisch gebackene Hotelbesitzer war offenbar der älteste Sohn des verstorbenen Daniel St. George, und hinter vorgehaltener Hand hieß es, er würde selbst all die pikanten Dinge praktizieren, wegen der die Gäste das Hotel aufsuchten.

Thor. Dieser Mann schien all das zu repräsentieren, was Margot an einem Mann nicht mochte. Sowohl im Bett als auch außerhalb.

Übermäßig sexuell orientiert. Zu körperbezogen.

Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte, was im persönlichen Sexleben dieses Mannes vor sich ging. Margot war lediglich daran interessiert, wie seine Meinung zu Sex im Allgemeinen war. Das war alles.

Natürlich war das alles. Auch wenn sie jetzt hier unerwartet festsaß.

Seine Sekretärin hatte alle Fragen nach einem Interview abgelehnt und ihre Anrufe nicht weitergeleitet. Also hatte Margot beschlossen, einfach hier aufzutauchen und zu sehen, ob sie vor Ort etwas erreichen konnte.

Allerdings war sie bisher nicht weiter als in die Lobby vorgedrungen.

Freya war zwar höflich, aber auch sehr resolut. Das musste sie wohl sein – in einem Hotel, das sich mit höchster Diskretion rühmte. Außerdem behauptete sie vehement, Mr. Ragnarsson sei unerreichbar und viel zu beschäftigt, selbst für ein fünfminütiges Interview.

Es war naiv gewesen, herzukommen.

Und jetzt musste Margot dafür bezahlen.

„Es gibt schlimmere Orte, um eingeschneit zu sein“, fuhr Freya jetzt fort. „Schließlich sind wir ein Hotel. Stellen Sie sich vor, Sie wären jetzt noch da draußen auf der Straße und müssten auf Hilfe warten. Oder sogar im Auto übernachten.“

„Ja, aber …“

„Warum setzen Sie sich nicht an unsere Bar?“, schlug Freya vor. „Nehmen Sie einen Drink. Entspannen Sie sich. Und ich werde nachsehen, wo wir Sie heute Nacht unterbringen können.“

Margot blieb im Grunde keine Wahl. Durch die Glastüren konnte sie sehen, wie der Schnee die Sicht verwirbelte; die Flocken fielen in immer dichteren Wolken.

Sie war schrecklich unvorsichtig gewesen. Hatte sich in Sicherheit gewiegt, weil sie bereits einen Monat auf Island war, und sich eingebildet, sie könne den Schnee und das Wetter ebenso gut einschätzen wie die Einheimischen.

Ihr war nicht einmal der Gedanke gekommen, dass sie im Fall eines Sturms in einem Sex-Hotel gefangen sein würde. Das ganze Gebäude kam ihr mit einem Mal schwer vor, verdichtet, angefüllt mit dunkler Leidenschaft und eindeutigen Absichten. Sie spürte es, auch wenn es dem Foyer nicht anzusehen war, mit seinem blanken Boden und den freundlichen Blumenbouquets.

Es war beinahe … beunruhigend.

In Margots Leben war Körperlichkeit eher nebensächlich. Sie war eine Intellektuelle, keine Frau der ungezügelten Leidenschaft. Sex spielte keine übergeordnete Rolle. Sie mochte ihn, ja, und im besten Fall machte er ihr sogar richtig Spaß.

Aber sie hungerte nicht danach. Und sie hatte gewiss nicht das Bedürfnis, in einem Hotel abzusteigen, in dem man choreografierten Sex haben konnte.

Was auch immer das bedeutete. Sex sollte schließlich nicht filmreif sein, sondern entspannt.

Diese Gedanken behielt sie allerdings lieber für sich. Sie nickte Freya zu und entfernte sich. Voll Befangenheit durchschritt sie die Lobby und ging auf die wuchtige Eingangstür der Bar zu, die an das Tor einer Wikingerbehausung erinnerte.

Und zum ersten Mal erlag sie dem Zauber dieses Ortes.

Das Hotel war wirklich wunderschön. Es vereinte die Kraft der uralten Stämme mit der Anmut der europäischen Architektur. Es war zugleich einladend und einschüchternd, elegant und rustikal, und sie fühlte sich plötzlich seltsam getröstet und … aufgehoben.

Hör auf damit, sagte sie sich. Auf keinen Fall würde sie sich von den Verlockungen dieses Ortes einlullen lassen. Sie war kein Gast hier. Sie brauchte kein heidnisches Vorspiel und eine Parade bis zum Höhepunkt, wenn sie ebenso gut schnell und unkompliziert zum Orgasmus kommen konnte – um sich dann wieder ihrer Arbeit zu widmen.

Sie war eine neutrale, akademische Beobachterin, mehr nicht.

Und es gefiel ihr nicht, dass sie sich selbst daran erinnern musste.

Fast so, als ob sie Angst davor hätte, was passieren könnte, wenn sie dem Charme dieses Ortes erlag. Denn die Versuchung war stark. Sie war wie ein Sog, der sie unwiderstehlich anzog, obwohl sie bisher nichts weiter getan hatte, als durch die Lobby zu gehen.

Gleich darauf ärgerte sie sich über diese Gedanken. Sie hatte keine Angst. Zu Hause hatte sie sich einen Lehrstuhl an der Uni erkämpft, sie war ordentliche Professorin und hatte ihr Leben fest in der Hand.

So fest, dass manche Männer nicht damit zurechtkamen. In ihren vergangenen beiden Beziehungen war ihre Unabhängigkeit immer wieder Thema gewesen, und am Ende war sie auch der Grund, warum sich die Männer von ihr getrennt hatten.

Die bin ich los, hatte Margot gedacht, nachdem der Schmerz nachgelassen hatte. Sie war es gewohnt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Und ihrer Meinung nach war Unabhängigkeit nichts, wofür man sich als Frau schämen musste.

In einem Sex-Hotel eingeschneit zu sein sollte jedenfalls kein Grund für sie sein, Angst zu haben. Oder ihre Unabhängigkeit einzubüßen.

Verärgert öffnete sie die schwere Doppeltür und betrat die Bar. Selten hatte sie so sehr nach einem Glas Wein verlangt wie jetzt.

Die Einrichtung hier war noch kunstvoller als im Foyer, und hier regierten warme Gold- und Rottöne. Gleichzeitig erinnerte sie der Stil an industrielle Architektur, und irgendwie gingen die Grenzen so fließend ineinander über, dass es eine harmonische Einheit bildete.

Das Licht war gedämpft und ließ der Vorstellungskraft viel Raum. In versteckten Sitzecken drückten sich zierliche Sessel in die Schatten. Ätherische, beinahe unirdische isländische Musik drang leise aus versteckten Boxen. Hier und da war ein Gesprächsfetzen zu vernehmen.

Die Gäste unterhielten sich, flirteten und taten womöglich noch mehr unter den schweren Holztischen, was den Augen verborgen blieb.

Hör auf, überall Sex zu wittern, ermahnte sie sich.

Sie ließ sich von dem freundlichen Barkeeper ein großes Glas Wein einschenken und trug es ans andere Ende der Bar zum Fenster, von wo aus sie den Sturm draußen beobachten konnte. Selbst wenn sie gewollt hätte, wäre es ihr nicht gelungen, Licht ins Dunkel des Beziehungsgeflechts der anderen Gäste zu bringen.

Stattdessen sah sie aus dem Fenster und weit hinab bis auf die wilde See, die in grauen Wellen gegen das vulkanisch schwarze Gestein rollte, so wie sie es seit Tausenden von Jahren tat.

Die restliche Welt versank immer tiefer im Schnee. Ein mächtiger Wind schlug die Flocken gegen die Scheiben, doch jetzt war er nicht mehr bedrohlich. Jetzt, da sie sich in die schweren, warmen, bequemen Polster sinken ließ.

Doch eine andere Art von Bedrohung schien sich zu nähern, und mit einem Mal begann ihre Haut zu prickeln, und die feinen Härchen an ihren Armen stellten sich auf.

„Entschuldigen Sie, ich …“

Margot versteifte sich am ganzen Körper. Sie hob abwehrend die Hand, ohne auch nur aufzusehen, und hoffte, den unerwünschten Avancen damit ein Ende zu setzen, bevor sie überhaupt beginnen konnten.

„Danke“, sagte sie betont lässig, „aber ich bleibe lieber für mich.“

„Sie sitzen in einem Hotel fest, mitten in einem Schneesturm am Ende der Welt“, erwiderte eine amüsierte Stimme, eindeutig männlich, und das perfekte Englisch mit dem isländischen Akzent wirkte wie eine sanfte Berührung. „Wird schwierig, noch mehr Einsamkeit zu finden.“

„Mir ist aber klar, dass das hier ein Sex-Hotel ist“, gab sie kühl zurück. Dann drehte sie sich um und sah ihr Gegenüber an. Sie hob den Blick. Noch höher. Und sah in ein Gesicht, das ebenso gut einem Wikingergott gehören könnte. „Aber ich fürchte, ich bin keine Sex-Touristin. Ich bin nur zufällig hier.“

Der Mann, der neben ihrem Sessel stand, begann zu lachen. Es war ein volles, tiefes Lachen, ein Lachen, das womöglich die Scheiben zum Bersten bringen könnte, so voll tönte es durch ihren Körper. Es erfasste ihr Zwerchfell, breitete sich in ihrem Magen aus und sickerte tiefer, bis es sich wie eine feuchte Hitze zwischen ihren Beinen einrichtete.

„Das hier ist kein Bordell“, sagte er, und das Lachen war noch immer aus seiner Stimme zu hören wie warmer, süßer Honig. Seine Stimme perlte über sie, und sie fühlte sich davon eingehüllt, von seiner Süße bestrichen, beinahe klebrig.

Plötzlich wünschte sie sich geradezu, zu den Gästen zu gehören. So wie er.

„Was haben Sie denn für finstere Geschichten gehört?“

„Der Ruf des Viking Hotels spricht für sich.“

Margot war es gewohnt, alleine zu verreisen. Für gewöhnlich reichten ein abweisender Gesichtsausdruck oder einige coole Worte, um ungewollte männliche Aufmerksamkeit abzuwenden. Vor allem hier in Island, das sich mit seiner Zivilisiertheit brüstete. Aber der Mann, der da vor ihr stand, war irgendwie … anders.

Zunächst einmal war er groß. Um nicht zu sagen kolossal. Zwar war Island voll mit großen, breitschultrigen, langbeinigen Männern, die alle ein bisschen an plündernde Wikinger erinnerten. Aber dieser Mann hatte noch etwas anderes an sich. Und zwar mehr.

Es war, als sei sein Körper bis zum Bersten mit Muskeln bepackt; nicht aufdringlich, aber kraftvoll. Statt angespannt wirkte er mehr als lässig. Völlig entspannt.

Margot war eine sehr gute Beobachterin von Menschen mit all ihren Facetten, und sie musste sich eingestehen: Dieser Mann war bei Weitem der beeindruckendste, dem sie je begegnet war.

Er war wunderschön. Sein Haar war von goldgelber Farbe und gerade so lang, dass man mit den Fingern hindurchstreichen konnte, um es in diese hübsche Unordnung zu bringen. Genau das hatte vermutlich jemand anders besorgt – wenn er seine Nächte in einem Hotel wie diesem verbrachte.

Trotzdem hatte er das Gesicht eines Heiligen.

Nordisch hohe Wangenknochen. Ein sinnlicher Mund.

Augen, die so blau waren, dass sie brannten.

Du liebe Zeit, sie brannte.

„Was genau haben Sie denn über das Hotel gehört?“, wollte er wissen, und sein Tonfall war so locker und zweideutig zugleich, dass es einem Kunststück gleichkam.

Margot versuchte, ihre gewohnt desinteressierte Miene aufzulegen – diese kühle, objektive, klinische Neugier, mit der sie sich Emotionen fernhielt. Doch es wollte ihr dieses Mal nicht gelingen.

Ihr Puls jagte viel zu schnell und fest. Ihre Finger spielten mit dem Weinglas. Sie ließ sich zurück in den Sessel sinken und sah ihn gespielt überrascht an.

„Das Hotel ist die erste Adresse für ansprechendes Vergnügen und international bekannt.“ Es klang fast wie ein Zitat von der Website. „Für jegliche Form des Vergnügens.“

„Vielleicht haben Sie das Wort Vergnügen missverstanden“, erwiderte er, doch Margot bezweifelte das. Dabei gab es nicht viel zu verstehen – vor allem, wenn es aus seinem Mund kam. Diesem sinnlichen Mund …

„Ein Sex-Hotel klingt nicht nach gegenseitigem Einverständnis. Es klingt nach Prostitution. Aber so etwas gibt es hier nicht. Das Viking Hotel richtet sich an mündige Erwachsene.“

„Und natürlich verschwimmen dabei niemals die Grenzen.“ Sie merkte selbst, dass sie in die Rolle des strengen Puritaners geschlüpft war – prüde, zugeknöpft und ablehnend.

„Manche Grenzen sollen ja verschwimmen.“ Es war, als würde das Nordlicht selbst in seinen Augen glühen, blau, eiskalt und sengend heiß zugleich. „Aber Grenzen sind schließlich keine Gesetze. Und das Gesetz – das werden Sie merken – wird hier sehr ernst genommen.“

Margot spürte, dass sie den Atem angehalten hatte. Sie holte tief Luft. Das war doch albern. Warum ließ sie sich von diesem Mann derart einschüchtern? Er machte sie nervös. Nein. Er machte sie … kribbelig. Unruhig. Zittrig.

Das liegt am Sturm, sagte sie sich. Daran, dass sie an der Situation nichts ändern konnte. Und sie hasste es, keine Kontrolle zu haben.

Deswegen fühlte sie sich so seltsam aufgebracht. Wie … elektrisiert. Dabei hatte sie gar kein Interesse an diesem Mann. Und an diesem Hotel. Sie wollte einfach nur ihre Arbeit machen.

Es war an der Zeit, ihn wieder wegzuschicken. „Und selbst wenn das hier ein Kloster wäre – ich habe kein Interesse.“

Das brachte ihn erneut zum Lachen, noch lauter als zuvor. Das Lachen berührte ihren Körper und leckte wie eine hungrige Flamme über ihre Haut.

„Ich bewundere Frauen, die so unumwunden ihre Meinung sagen. Dann gibt es keine Missverständnisse. Sie wären überrascht, wie wenige Menschen über dieses spezielle Talent verfügen.“

„Und trotzdem sind Sie noch hier.“

„Vergeben Sie mir“, sagte der Mann und schenkte ihr ein Lächeln, das irgendwie den Weg zwischen ihre Brüste fand. Und zwischen ihre Beine.

Auch wenn es das nicht sollte. Denn Margot mochte Sex nur so lange, wie er andauerte. Nicht davor oder danach, sodass er ihr Leben durcheinanderbrachte. Oder ihren Arbeitsplan. Aber das hier … Das mochte sie nicht.

„Ich bin nicht zu Ihnen gekommen, um Sie um einen schnellen kleinen Fick während des Sturms zu bitten, auch wenn es sich durchaus unterhaltsam anhört. Ich bin Thor Ragnarsson. Ich glaube, Sie sind hier, um mich zu sprechen.“

Er zog einen zweiten Sessel heran und ließ sich nieder, während Margot nichts anderes tun konnte, als ihn sprachlos anzustarren.

Ihr Herz schlug aufdringlich in ihrer Brust, und ihre Gedanken begannen zu kreisen. Wieso hatte sie ihn nicht gleich erkannt! Sie spürte, wie sich die Hitze auf ihrem Dekolleté ausbreitete.

Sie hatte Bilder gesehen, aber nicht aus dieser Perspektive: von unten, ihren Kopf nach hinten geneigt, als ob sie gleich seinen Schwanz in den Mund …

Unvermittelt heftig setzte sie sich gerade hin und spürte, wie ihre Ohren zu brennen begannen. Peinlich berührt, das war sie. Deswegen brannte ihre Haut. Deswegen brannte ihr gesamter Körper …

„Ja“, bestätigte sie mit spröder Stimme, bemüht, ihre Professionalität wiederzufinden. „Mr. Ragnarsson, natürlich. Ich habe versucht, Sie …“

„Das ist Island. Wir sind hier nicht so formell. Nenn mich Thor.“

Dabei war sein Blick so intensiv, als würde er seinen Namen als Geschenk darbringen, und Margot glaubte ihn zu schmecken, wie er süß und schwer auf ihrer Zunge lag. Thor.

Kein ungewöhnlicher Name, zumindest nicht hier. Aber dieser Mann lenkte ihre Gedanken nicht in gewöhnliche Bahnen. Sie dachte nicht an isländische Traditionen, sondern ausschließlich an den Gott – den Gott des Donners.

Den Sexgott, hatten sie ihn in Reykjavik genannt, und zwar jedes Mal mit diesem kurzen, wissenden Lachen.

Sie unterdrückte einen Schauer.

„Schön, Thor“, berichtigte sie sich. „Ich habe dir E-Mails geschickt und versucht dich anzurufen. Ich bin …“

„Ich weiß, wer du bist. Die amerikanische Professorin, die über Sex reden will.“

So, wie er es sagte, klang es irgendwie sehr unanständig – auch wenn es der Wahrheit entsprach.

„Sex im kulturellen Sinn, nicht im persönlichen“, verbesserte sie. „Damit das gleich klar ist.“

So aus der Nähe war sein Lächeln sogar noch anziehender. Hier, im Schutz der hohen Sessellehnen, die sie von der Bar abschirmten. Es war unmöglich, ihn nicht anzusehen, und seine Schönheit entsprach etwa der des Sturms da draußen: wild, ungezügelt und vollkommen. Als seien sie beide aus derselben Macht geschaffen. Aus derselben Wut.

„Ist notiert“, bemerkte er, und das Lachen schlich sich in seinen Blick.

Margot versuchte, es zu ignorieren und griff nach ihrer Tasche. Sie nahm ihr Notizbuch heraus und schlug es auf. „Ich habe einige Fragen an dich. Vor allem möchte ich wissen, wie dein Hotel zu der Vorstellung passt, Island sei eines der feministischsten Länder der Welt.“

Als sie den Blick wieder hob, war sie überrascht. Thor saß entspannt in seinem Sessel, lungerte fast gelangweilt darin, und seine Augen waren nicht auf ihr Notizbuch gerichtet, sondern auf sie. Er musterte sie aufmerksam, ganz so, als sei sie das Forschungsobjekt.

Das gefiel Margot ganz und gar nicht.

„Das ist eine sehr langweilige Frage.“

Nur mit Mühe löste sie den Blick von seinem Mund, bis ihr klar wurde, was er da gesagt hatte. „Entschuldigung?“

„Ist es wirklich das, was du wissen willst? Das hättest du auch in der E-Mail schreiben können. Stattdessen hast du den langen Weg von Reykjavik hierher gemacht. Hast versucht, mit meiner Empfangsdame zu diskutieren. Und all das, um so eine ermüdende Frage zu stellen?“

Etwas begann sich in ihrem tiefsten Inneren zu regen, und sie spürte die sanfte Hitze zwischen ihren Beinen.

„Ist das deine Antwort? Du findest Feminismus ermüdend?“

„Überhaupt nicht. Ich zelebriere ihn.“

So, wie er in seinem Sessel saß, mit dieser übermäßig lässigen Haltung, hätte er ebenso gut auf einem Thron sitzen können. Und sie war sich seiner Nähe sehr bewusst.

Wie sich das T-Shirt unter seiner Jacke an seine Muskeln schmiegte. Wie lang seine Beine in dem Sessel wirkten. Wie sich seine Hände auf der Lehne bewegten, seine zarten, eindeutig erfahrenen Finger.

Er wirkte wie ein Mann mit übergroßem Selbstbewusstsein, der glaubte, er könne jedes Spiel gewinnen – ganz egal in welcher Hinsicht.

Aber Margot hatte noch nie gerne verloren.

„Wie genau zelebrierst du Feminismus?“, fragte sie, ohne seinem Blick auszuweichen. Sie war die Professorin und er nichts als ein kleiner Perversling, ganz egal, welche Szenarien sich gerade in ihrem eigenen Kopf abspielten.

Wenn sie sich tatsächlich hingekniet hätte. Wenn er ein wenig näher kommen würde, ohne dass es hier hinten jemand sehen würde. Wenn er sie gegen die Scheibe drücken würde, um ihre erhitzte Haut an dem Glas abzukühlen …

Sie musste damit aufhören. „Indem du deine berühmten Sex-Partys feierst?“

„Es gibt nichts, was ich mehr liebe, als eine Frau, die sich genau kennt. Sowohl ihren Geist als auch ihren Körper“, sagte Thor, und er schenkte ihr ein Lächeln, das man gefährlich nennen konnte. Vielleicht kam es ihr auch bloß gefährlich vor, weil sie viel zu genau hinsah.

„Nichts ist anziehender als Gleichberechtigung. Vor allem im Bett.“

Margot musste sich zusammenreißen, um nicht wieder die Schultern hochzuziehen. Sie durfte gar nicht erst anfangen, sich ihn im Bett vorzustellen.

Aber sie konnte an nichts anderes mehr denken.

„Heißt das, für dich hat Feminismus nur mit sexuellen Vorlieben zu tun? Das ist alles?“

„Für mich gehört es dazu“, erwiderte er mit einem amüsierten Funkeln in seinen blauen Augen. „Aber für dich vielleicht nicht. Mein aufrichtiges Beileid.“

„Es wäre mir lieber, wenn wir dieses Gespräch auf einer professionellen Ebene halten“, sagte sie kühl, doch zum ersten Mal in ihrer gesamten akademischen Laufbahn war sie sich nicht mehr sicher, ob sie das wirklich wollte.

„Ich weiß alles über dein Forschungsprojekt, Dr. Cavendish“, erwiderte er, und so, wie er ihren Namen aussprach, hatte es beinahe etwas Belustigtes.

Vielleicht lag es nur daran, dass Isländer weder Nachnamen noch Titel benutzten, wenn sie miteinander sprachen. „Ich bin darüber unterrichtet worden, seit du einen Fuß auf unsere schöne Insel gesetzt hast.“

Margot runzelte die Stirn. „Unterrichtet?“

„Wenn ich den Eindruck gehabt hätte, dass deine Fragen meine Gäste stören könnten, hätte ich dich ermutigt, deine Nachforschungen woanders fortzuführen. Du verstehst.“

„Du denkst doch nicht …“

„Aber alles, was du gesammelt hast, waren Geschichten.“

Etwas an der Art, wie er das sagte, ließ sie innehalten. Stattdessen lehnte sie sich vor, begierig, mehr zu hören.

Moment mal. Was wollte sie denn eigentlich von ihm?

Ihn selbst?

Wenn Thor sie anlächelte, war es wie Blitz und Donner in einem, und sie wäre beinahe dahingeschmolzen.

„Hast du dich nie gefragt, was passieren würde, wenn du die Dinge nicht mehr aus zweiter Hand – sondern einfach mal selbst erfährst?“, fragte er müßig. Seine Stimme klang fast träge. Aber es war nichts träge an der Art, wie er sie ansah.

Sie lehnte sich wieder zurück. Bloß nicht nachgeben, bloß nicht fallen lassen – weder in seinen Blick, noch in die wilden, unmöglichen Fantasien, die sich in ihrem Geist abspielten.

Unmögliche, abgedrehte, perverse Fantasien, und seine Hände überall auf ihrem Körper. „Lass mich raten. Das ist der Moment, in dem du mir anbietest, mir bei meinen Forschungen zu helfen. Im Bett. Natürlich alles zu Studienzwecken.“

„Isländer ficken, Dr. Cavendish.“ Er lehnte sich träge zurück, doch sein Blick war eindringlich. „Sie verschwenden nicht so viel Zeit mit Reden. Erst ficken, und wenn das gut ist, dann vielleicht ein bisschen reden. Hast du das bei deinen Nachforschungen noch nicht herausgefunden?“

Sie versuchte, sich zusammenzureißen, und nickte. „Es ist genau diese Toleranz, die mich interessiert.“

„Es gibt Dinge, bei denen dir der Verstand nicht weiterhilft. Du wirst sehen, Sex ist eines davon.“

„Offenbar hat dir noch niemand gesagt, dass das mächtigste sexuelle Organ im Körper einer Frau ihr Gehirn ist.“

„Wenn du das sagst“, erwiderte Thor ganz offen amüsiert. „Aber ich hatte bereits ganz bemerkenswerte Erfolge mit der Klitoris.“

Mit dem Effekt, dass sie sein Lachen in ihrer spüren konnte …

„Was genau willst du mir hier anbieten?“, fragte sie schroff und kreuzte die Beine, um das heiße Pochen zu unterdrücken. „Wenn du mich angraben wolltest, hättest du das gleich von Anfang an sagen können.“

„Angraben“, wiederholte er nachdenklich, als ob ihm das Wort nicht geläufig wäre. „Als ob Anziehungskraft ein Überfall wäre. Betrachtest du Sex so – als Überfall? Ist das bei euch Amerikanern so? Oder nur bei dir?“

Margot gefiel es nicht, dass er in gewisser Weise sogar recht hatte. Sie wurde von einem leichten Schwindel erfasst. „Es ist bloß eine Redensart.“

„Und eine Akademikerin wie du liebt es, sich auf Redensarten zu stürzen und sie zu zerpflücken.“

„Die Akademikerin in mir liebt es, die Dinge objektiv anzugehen. Ganz im Gegensatz zu dir.“

„Was nutzt eine Forschung, die sich bloß in der Theorie abspielt?“, konterte er.

Margots Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Laut deiner Empfangsdame muss ich die Nacht hier verbringen. Vielleicht sogar noch eine zweite, wenn der Sturm nicht nachlässt. Also ist das der Preis für ein Zimmer hier? Sex mit dir?“

Nun wirkten seine Augen weniger amüsiert, sondern … dunkler. Fokussiert. Er sah sie lange an, ohne ein Wort zu sagen. Bewegte sich ein Muskel in seinem Kiefer?

Schließlich griff er in seine Tasche, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Er brachte einen wunderschönen, altmodischen Schlüssel zum Vorschein, dessen Kopf mit filigranen Verzierungen versehen war. Es hatte etwas Endgültiges, wie er den Schlüssel auf den Kaffeetisch zwischen ihnen legte.

„Das ist der Schlüssel zu deinem Zimmer“, sagte er ruhig.

Sie war fasziniert von dem Schauspiel, das sich in seinen Augen zeigte, denn trotz seiner sanften Stimme schienen dunkle Sturmwolken in seinem Blick aufzuziehen. „Es gibt keinen Preis. Du kannst bleiben, bis der Sturm wieder abklingt. Mit meinen besten Wünschen.“

„Habe ich … habe ich dich beleidigt?“, fragte sie, plötzlich zutiefst verunsichert, als ob seine Worte sie auf eine wilde Achterbahnfahrt der Gefühle geschickt hätten.

„Es war mein Fehler“, antwortete Thor, und sein Lächeln begann zu verblassen. „Ich habe nicht an die kulturellen Unterschiede gedacht. Isländer sprechen sehr offen über Sex. Ob man ihn hat oder nicht hat. Mit wem man ihn gern hätte oder nicht. Angebote werden gemacht, angenommen, abgelehnt. Es passiert überall und zu jeder Zeit. Ich bin davon ausgegangen, dass du damit vertraut bist, da du ja dieses Feld erforschst.“

Schon wieder fühlte Margot sich hilflos, und sie hasste dieses Gefühl. „Soll ich mich jetzt schlecht fühlen, weil ich so unvorbereitet und verklemmt bin?“

„Denk über mich, was immer du möchtest“, entgegnete Thor. Seine Stimme war jetzt dunkler, tiefer, und sie schien bis in ihr Innerstes zu dringen, wo sie sich ausbreitete und Stellen berührte, die sie nicht hätte berühren dürfen.

Plötzlich wünschte sie sich, sie wäre jemand anders. Jemand, für den Sex mehr als bloß angenehm war.

„Ich erwarte keine Bezahlung für Freundlichkeit. Es beleidigt mich, wenn du anders darüber denkst, aber ich verstehe das. Du kommst aus einem Land, wo Sexualität ganz anders aufgefasst wird. Als etwas Feindliches. Etwas, gegen das man sich wehren muss. Deswegen wehrst du dich, auch wenn du im tiefsten Inneren vielleicht etwas ganz anderes willst.“

Margots Lippen und ihr Hals fühlten sich mit einem Mal unendlich trocken an. Er dagegen schien völlig entspannt, und er hob die Schultern, als wäre es überhaupt nichts Ungewöhnliches, sein Gegenüber so offen zu analysieren.

„Ich nehme an, du kannst mir genau sagen, was ich im tiefsten Inneren will“, versuchte sie zu spotten.

„Ich glaube, es war kein Zufall, dass du ausgerechnet in mein Sex-Hotel gekommen bist.“ So, wie er Sex-Hotel betonte, hätte er genauso gut scharfe Messer benutzen können. „Am Tag eines Schneesturms.“

„Du denkst, es wäre meine Absicht gewesen, hier eingeschneit zu werden?“ Margot lachte, auch wenn es in ihren eigenen Ohren ziemlich gezwungen klang. „Für das hier? Für dich?“

Er lachte nicht. „Ich mag Sex. Ich habe keine Angst davor.“

„Ich habe auch keine Angst vor Sex.“

Aber es fühlte sich an wie Leugnen, und plötzlich wünschte sie, sie hätte es nicht gesagt. Vor allem, da seine blauen Augen aufzuleuchten schienen.

„Vielleicht ist das so. Vielleicht aber auch nicht.“ Wieder hob er die Schultern. „Bisher weiß ich bloß, dass du gerne beobachtest. Und ich könnte dir etwas anderes bieten. Ein bisschen Feldforschung.“

„Feldforschung?“ Sie kniff die Augen zusammen. „Soll das ein Witz sein?“

„Ich mache keine Witze“, sagte er todernst. „Dafür bin ich viel zu pervers. Musst du jemanden erst kennenlernen, bevor du mit ihm ins Bett gehst?“

„Du sagst das, als ob das etwas Schlechtes wäre.“

„Überhaupt nicht“, gab Thor zurück. „Aber in Island zäumen wir das Pferd von hinten auf. Ich könnte hier sitzen und dir meine Lebensgeschichte erzählen, oder du kommst mit in meine Wohnung, und ich zeige sie dir. Entweder wird die Chemie zwischen uns stimmen, oder eben nicht. Und dann wird sich jede deiner Fragen von selbst beantworten.“

„Weil du so unglaublich gut im Bett bist.“

Thor lachte, dieses Mal leiser und womöglich ein bisschen flüchtiger. „Ich glaube nicht an gut im Bett. Entweder passen Menschen zusammen, oder sie tun es nicht. Wer für die eine Frau ein Sexgott ist, kann für eine andere eine Niete sein. Es geht bloß um die Chemie.“

„Und wenn es zwischen uns keine Chemie gibt?“

Da begann er zu lächeln, und es fühlte sich an wie flüssiges Feuer. Dann lehnte er sich vor und legte die Hand mit der offenen Handfläche nach oben auf den Tisch.

„Vielleicht gibt es keine.“ Er nickte in Richtung seiner ausgestreckten Hand. „Warum berührst du mich nicht, um es herauszufinden.“

Margot versuchte sich zusammenzureißen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann ein Mann sie das letzte Mal so mühelos durcheinandergebracht hatte.

War das etwa Chemie? Oder ließ sie sich von diesem Möchtegern-Wikinger bloß die Sinne vernebeln?

Jedenfalls musste sie das Gespräch wieder unter Kontrolle bringen, bevor es noch weiter in die falsche Richtung driftete.

Aber Margot war niemand, der eine Herausforderung ausschlug.

Und anstatt noch länger darüber nachzudenken, streckte sie den Arm aus und ließ ihre Hand in seine gleiten.