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Ein nicht alltäglicher Krimi mit besonderem Hintergrund, der Einblicke in das menschliche Sein vermittelt. Der Rechtsmediziner Henrik Fels hängt aufgrund einer Erkrankung seinen Job an den Nagel und ist fortan als Krimiautor erfolgreich. Seinem Hang als "forensisches Trüffelschwein" – so seine Kritiker und Kollegen – entsprechend, kann er es nicht lassen, Morde aufzuklären. So gerät der Protagonist immer wieder in verhängnisvolle Situationen, die nach Aufklärung schreien. Seine Reise führt ihn ins ferne Norwegen, das er liebt. Er ist auf der Flucht, vor der Liebe, seinen Fehlern und Schwächen. Zudem sollte er sich auf Anraten seines Arztes dringend erholen, aber er gerät in eine unglaubliche Mordserie.
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Seitenzahl: 32
Henrik hatte lange überlegt, ob er diesen Weg nun gehen sollte. Früher hatte er nie gezögert, er war immer sehr spontan und konsequent seine Wege gegangen. Nur diesmal war alles so ganz anders. Klar, er hatte früher auch bei seinen Wegen immer die Menschen in seinem Umfeld berücksichtigt und war meistens sehr nachsichtig gewesen; er tat selten Dinge, die andere bewusst verletzen sollten, aber dieses Mal schien es ihm egal. Er wirkte müde und abgespannt.
Er wollte bloß weg. Weg von dem Terror seiner Ex-Partnerin, weg von seiner Befindlichkeit, weg von neu aufkommenden, großen Emotionen. Weg von der Nähe des Gefühls zu sich. Was hatte er sich dabei nur gedacht, sich einfach zu verlieben? Hatte er überhaupt gedacht? Er hasste sich bei dem Gedanken, seinen Mund nicht gehalten zu haben und einfach …, wie konnte er nur … Ach, zum Teufel, dachte er. Die Karre war nun eh völlig im Dreck.
Er sah traurig aus, aber die Würfel waren gefallen. Tief in seinem Herzen hatte er keine Optionen mehr. Er wusste es und es war sowieso gerade alles egal. Er dachte grimmig: Eines Tages werde ich vermutlich alle Weisheiten der Welt aufgeschrieben haben und dann in die nächste Riesendummheit rennen. Er hatte viele Weisheiten aufgeschrieben und war gerade dabei, in eine Riesendummheit zu rennen, aber darüber machte er sich nicht wirklich Sorgen.
*
Er hatte alles gepackt für seine Reise, die ihn in den Norden führen würde. Warum gerade nach Norden, er hätte auch eine warme Region wählen können? Er dachte an Dubai.
Dubai … die Stadt der Superlative.
Das berühmte Burj Al Arab, in der Presse als einziges 7-Sterne-Hotel der Welt gefeiert, die weltgrößte Ski-Halle, mitten in der Wüste mit einer gesamten Schneefläche von 22.500 m2 … Wie könnte es da anders sein, als dass das mit Abstand höchste Gebäude gerade im Bau stand?
Außen verspiegelte Wolkenkratzer, im Inneren nach Themen angelegte Shoppingcenter, dominiert von klingenden Namen wie Gucci, Prada, Chanel.
Hier ist man jemand. Oder eben nicht.
In ersterem Fall ist die Chance sehr groß, einer der insgesamt 53.000 US-Dollar-Millionäre zu sein, die laut Angaben des World Wealth Report hier leben. Hauptsächlich Emirate, was die Zahl noch mehr ins Licht stellt, da die Bevölkerung Dubais zu rund 85 % aus Ausländern besteht. Einheimische und hochqualifizierte wie auch wohlkonstituierte Arbeitsmigranten auf der einen, indonesische Hausmädchen, die für rund 100 Euro im Monat 16 Stunden täglich arbeiten – ohne freie Tage oder Wochenenden, versteht sich –, auf der anderen Seite.
Seit dem Ölfund ‘66 boomt die Wirtschaft.
Glamour und Luxus haben Einzug gehalten in die ehemals kleine Ansiedlung von Fischern und Perlentauchern am Persischen Golf. So entstand eine Oase des formenreichen Materialismus mitten in der Wüste. Eine strahlende Glimmerwelt des Seins und Scheins.
Und alles, was glänzt, ist aus echtem Gold, auch die Sterne.
*
Dem gegenüber standen: die Größe, die Weite, die Stille. Ein Land aus Wasser, Wald und Stein. Das nördlichste Europas, dahinter kommt nur noch die Arktis. Berühmt für seine eindrucksvollen Fjordlandschaften, bekannt für Eis und Schnee.
Norwegen ist etwas anders. Und anders als Dubai allemal. Auf Rollrasen und rund um die Uhr bewässerte Palmenparks trifft man hier selten. Oslo hat weder eine „Mall of the Emirates“ noch liegen künstlich erschaffene Luxusinseln vor seiner Küste im Meer.
Oslo ist pur. Ohne Schnickschnack. In jeder Hinsicht.
Gläserne, stets wie frisch polierte Hochhausfronten sucht man hier vergebens, denn Oslo ist keine Hauptstadt, die einen mit ihren Sehenswürdigkeiten erschlägt. Eher zeichnet sich Oslo durch einen eklatanten Mangel an Eiffeltürmen, Big Bens und Towern aus. Doch wenn man sich Oslo vom Meer her nähert, geht einem das Herz auf, ob der unsagbaren Ausblicke, die der Fjord mit seinen wilden, zerklüfteten Naturschauspielen bietet.
Müsste man nach Paris durch einen hundert Kilometer langen Fjord, würden einem all die Sehenswürdigkeiten auch eher übertrieben vorkommen.
Wie die Stadt generell, so ist auch die Architektur. Pur und ohne Schnickschnack nämlich.
Den Besucher begrüßt am Hafen das Rathaus. Ein klotziger Backsteinbau, dessen realsozialistische Ausstrahlung nicht ansatzweise vermuten lässt, dass darin alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels nämlich, der Friedensnobelpreis verliehen wird.