Elegien - Properz - E-Book

Elegien E-Book

Properz

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Beschreibung

Properz dichtete Elegien. Die aus Grabepigrammen entstandenen distychischen Lieder, die vorzüglich Themen über Liebe, Schmerz und Zurückweisung behandelten, waren Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. nach dem Dichter Catull eine neue Gattung römischer Dichtung geworden, in der sich viele jüngere Adlige versuchten. Dieser Band beinhaltet seine schönsten Schöpfungen.

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Elegien

Properz

Inhalt:

Propertius (Properz)

Elegien

Erstes Buch – das Cynthia-Buch

1

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Zweites Buch

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Drittes Buch

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Viertes Buch

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Fünftes Buch

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Elegien, Properz

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849633400

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Propertius (Properz)

Sextus, röm. Dichter, um 50–15 v. Chr., aus Umbrien, lebte seit früher Jugend in Rom und stand mit Mäcenas, Vergil und Ovid in Verkehr. Seine poetische Fähigkeit kam früh zur Entfaltung durch das Liebesverhältnis zu der schönen, feingebildeten Hetäre Hostia, die unter dem Namen Cynthia den Mittelpunkt seiner überwiegend erotischen Elegien (in 4 oder vielmehr 5 Büchern) bildet.[383] Seine Vorbilder waren die alexandrinischen Dichter Kallimachos und Philetas, mit denen er jedoch nur das Kunstreiche und Gelehrte in der Behandlung des Stoffes gemein hat. Denn er unterscheidet sich von ihnen wesentlich durch leidenschaftliche Wärme der Darstellung. Das 5. Buch nimmt eine besondere Stellung ein durch eine Reihe von Liedern, die Stoffe aus der römischen Geschichte und Sage, an denkwürdige Stätten und Kulte anknüpfend, behandeln, und in denen sich eine Detailschilderung alexandrinischen Stils mit hohem patriotischen Schwung auf das glücklichste vereinigt. In sprachlicher und metrischer Beziehung bereitet seine Poesie dem Fernerstehenden vielfache Schwierigkeiten; seine Ausdrucksweise ist oft hart und dunkel. Neuere Ausgaben von Lachmann (Leipz. 1816, Berl. 1829), Hertzberg (Halle 1843–1845, 3 Bde.), Haupt (mit Catull und Tibull, 5. Aufl., Leipz. 1885), L. Müller (ebenso, das. 1870), Bährens (das. 1880) und Rothstein (Berl. 1898). Übersetzungen von Knebel (Leipz. 1798 u. 1882), Voß (Braunschweig 1830), Hertzberg (Stuttg. 1838 u. 1855), Jacob (2. Aufl., das. 1868) und Vulpinus (das. 1889).

Elegien

Erstes Buch – das Cynthia-Buch

1

 Cynthia nahm Unselgen mich mit ihren Blicken gefangen,

  mich, den niemals zuvor Liebesgelüsten berührt.

 Nun aber senkte mir Amor die stolzen Blicke zu Boden,

  auf den Nacken den Fuß hat mir der Lose gesetzt,

 bis er, der Schalk, mich gelehrt, die züchtigen Mädchen zu meiden

  und zu leben fortan flatterndem, leichtem Genuß.

 Und so wühlet ein Jahr schon mit der Wahn in dem Busen,

  und die Himmlischen selbst wenden sich feindlich von mir.

 Keine Gefahren noch Mühen, mein Tullus, scheute Milanion,

  bis Atalantas Trotz, bis er die Spröde bezwang.

 Denn durch Parthenius' Höhlen pflegt er bald rasend zu irren,

  hat sich zum borstigen Wild bald als Genosse gesellt.

 Und von des Hyläus knorriger Keule wuchtig getroffen,

  ächzte er triefend von Blut auf dem arkadischen Fels.

 Also konnt er das spröde flüchtige Mädchen bezwingen:

  in der Liebe vermag Bitten und Dulden gar viel.

 Mich läßt leiden der Gott und läßt mich hilflos und ratlos,

  und er meidet den Pfad, den er mich einstmals geführt.

 Aber ihr, die ihr wisset den Mond herniederzuzaubern

  und auf magischem Herd eifrig die Sterne besprecht:

 wandelt nun, wenn ihrs vermöget, den Sinn meiner Herrin,

  Liebe mache sie bleich, bleicher als mich sie gemacht.

 Dann will ich gerne euch glauben, daß Sterne und Flüsse,

  daß ihr das himmlische Licht niederzuzaubern vermögt.

 Oder ihr, die ihr heut gar spät den Gefallenen mahnet,

  sucht, ihr Freunde, ein Heil meiner krankenden Brust.

 Gerne wollt ich Flammen ertragen und glühendes Eisen,

  dürft ich nur sagen all das, was der Zorn mir befiehlt.

 Führet mich weit durch weltferne Meere in weltferne Lande:

  es erfahre kein Weib, welches Land mir Asyl.

 Ihr bleibt da, wenn Amor eueren Bitten sich zuneigt,

  und von der Liebe beglückt, lebet in traulichem Bund.

 Mir beschert nur die Liebste schlaflose, bittere Nächte;

  Amor, der säumige Gott, gönnt mir nicht Ruhe noch Rast.

 Euch aber warn ich: fliehet dies Übel! Es bleibe ein Jeder

  treu der erkorenen Maid, wende sich nimmer von ihr!

 Wer aber weise sich dünkt und meinem Warnruf sein Ohr schließt,

  der wird, vom Leide geprüft, merken, wie treu ich gewarnt.

2

 Sage mir, Liebste, wozu der überflüssige Haarschmuck?

  an dem koischen Kleid soviel Falten wozu?

 Die orontäische Narde durchtränkt mit Duft deine Locken,

  Künsten der Fremde zulieb stellst du geputzt dich zur Schau.

 Durch erhandelte Künste zerstörst du natürliche Anmut,

  und dem reizenden Glied nimmst du die eigene Pracht.

 Deine Schönheit bedarf nicht der Kunst Mithilfe, das glaube;

  Amor, der nackte, mag nicht Reize, geschaffen durch Kunst.

 Sieh, wie in tausend Farben die Erde sich ziert ohne Künste

  und ohne Pflege wächst reicher der Efeu hervor;

 aus den einsamen Höhlen leuchtet hervor der Arbutus,

  Wege, die keiner gelehrt, geht der geschwätzige Quell.

 Reich an glitzernden Kieseln glänzen die schimmernden Ufer;

  süß ist der Vögel Gesang, kennen die Kunst sie auch nicht.

 Hilaira und Phoebe, Leucyppos' blühende Töchter,

  setzten gewiß nicht durch Putz Kastor und Pollux in Brand,

 nicht die Tochter Evens, die den buhlenden Phoebus verschmähte;

  Idas gab sie sich hin, der mit dem Gotte gekämpft.

 Nicht durch gleißenden Flitter betörte Hippodamia

  Pelops, den Fremdling, der sie weit in die Fremde entführt.

 Strahlend war ihr Gesicht, durch keine Künste verunziert;

  was die Natur ihnen gab, glich apellischer Kunst.

 Freilich, sie trugen nicht Sorge, Männer durch Blendwerk zu täuschen,

  Männer zu fangen in Hauf. Keuschheit war ihnen Zier.

 Ich aber fürchte nicht, dir minder als Jene zu gelten:

  schön genug ist die Maid, wenn sie nur Einem gefällt.

 Dir besonders hat Phoebus beschert die Gabe zu dichten,

  Kalliopea hat dir lächelnd die Leier gereicht;

 deinen lieblichen Worten eint sich bezwingende Anmut,

  wie sie Minerven ergötzt, wie sie der Venus so lieb.

 Drob sollst stets du mir lieb sein und meinem Leben ein Jubel;

  halte nur elenden Prunk ferne dem blühenden Leib.

3

 So von Sehnsucht verzehrt, verlassen auf einsamer Düne,

  lag Ariadne erschöpft, als sie Theseus verließ;

 schlafestrunken lag so die Tochter des Königs Cepheus,

  frei von Banden und Fels, wo sie des Todes geharrt;

 so sinkt ermattet vom rastlosen Tanz die Bakchantin,

  müde vom wirbelnden Reihn, taumelnd in Blumen dahin:

 so schien Cynthia mir zu atmen selige Ruhe,

  stützend das träumende Haupt leicht auf den wankenden Arm,

 als ich taumelnd dem Haus beim Scheine der flatternden Fackeln

  spät nach Mitternachtstund, trunken vom Weine, genaht.

 Aber noch recht bei Sinnen versucht ich behutsam zu schleichen;

  leise, ganz leis auf den Zehn will ich der Schlafenden nahn,

 hatten auch Liebe und Wein gewühlt in den lohenden Gluten

  (Amor und Bakchus, fürwahr! beide von zwingender Macht)

 und mich beide gedrängt zu umarmen das schlafende Mädchen

  und sie zu küssen darauf, Küsse zu fordern von ihr. –

 Dennoch wagte ich nicht, der Holdesten Ruhe zu stören,

  fürchtend den strafenden Zorn, den ich schon oftmals erfuhr.

 Und so ruhte mein Blick, sich weidend an blühenden   Reizen,

  gleich dem Argus, der einst Inachus' Tochter bewacht.

 Und von der eigenen Stirne löst ich sachte die Kränze,

  Cynthias Schläfen damit heute zu schmücken gewillt.

 Und mich freut es im Stillen, die losen Locken zu kräuseln,

  und in die offene Hand legte ich Äpfel hinein.

 Eitel war mein Verschenken undankbarem Schlafe. Die Gaben

  alle, sie rollten alsbald wieder am Busen herab.

 Und so oft der Schlafenden Brust aufwogte im Seufzen,

  bangte in Unruh mein Herz, eiteler Ahnungen voll:

 ob nicht böse Gesichte die Schlafende quälen und ängsten,

  jemand mit frecher Gewalt zwänge sie, seine zu sein,

 bis der eilende Mond ins stille Fenster sich legte

  und hellstaunenden Blicks eine Weile verzog.

 Seine Strahlen öffneten sacht die geschlossenen Augen.

  Und so sprach sie, den Arm weich in die Pfühle getaucht:

 »Also rächte mein Unrecht ein anderes Mädchen?

  schloß die Türe vor dir, hielt seinem Bette dich fern.

 Wo du nur hinbringst alle die Stunden, die mir nur du schuldest?

  Müde kommst du zurück, da schon die Sterne verblaßt.

 Undankbarer, es werden dir so bittere Nächte,

  wie der Unseligen mir du so oft sie gewährst!

 Mit der purpurenen Spindel täuscht ich den Schlaf, bald wieder

  sucht ich durch Leier und Lied fern ihn zu halten von mir,

 klagte im Stillen darob, daß ich schmerzlich deiner gewartet,

  während du ferne von mir Liebe bei Andern gesucht,

 bis der gütige Schlaf die Müde milde umfächelt,

  und der Weinenden mir Trost und Ruhe gebracht.«

4

 Bassus, was rühmst du mir immer der Mädchen soviele?

  Meiner Gebieterin just willst entfremden du mich?

 Warum gönnst du mirs nicht, all meine späteren Jahre

  treu zu verharren im Dienst, den mich die Liebste gelehrt?

 Ob du die Reize Antiopes preisest, der Götter Geliebten,

  ob Hermionens Gestalt Lob und Preis dir entlockt,

 oder sinds andere Mädchen, in grauer Vorzeit gefeiert:

  glaub mir: ihr Zauber entweicht, wenn sie nur Cynthia nahn.

 Wird zuletzt sie verglichen geringer, alltäglicher Schönheit,

  kann ein kurzsichtiger Blick häßlich sie finden gar bald.

 Nicht ihre Schönheit allein ists, die meine Liebe entflammte;

  süßere Reize noch gibts, drob wir in Liebe vergehn:

 nicht geheuchelte Gluten und vornehm gebildeter Liebreiz

  und die Freuden, die mir birgt ihr verschwiegenes Bett.

 Je mehr du dich ereiferst, uns auseinanderzubringen,

  um so fester einand halten wir Liebe und Treu.

 Doch dein Eifer, er soll dich einst reuen: bald weiß es mein Mädchen,

  und die Rasende, sie kennt nicht das Schweigen im Zorn,

 und sie duldet es nicht, daß ich zu dir mich geselle

  und sie kennt dich nicht mehr, deines Vergehens gedenk.

 Grollend trägt deinen Leumund sie hin von Mädchen zu Mädchen,

  daß dir keine fortan Liebe noch Lager gewährt.

 Jeden Altar wird Cynthia mit ihren Tränen benetzen,

  jeden heiligen Stein, wie er und wo er auch sei.

 Kein Verlust kann schwerer sie treffen: sie könnte entbehren

  alles, was lieb ihr und wert, meine Liebe nur nicht.

 Möge die Liebste mir immer so bleiben, gewährt es mir, Götter,

  niemals trübe mein Glück irgendein klagender Laut.

5

 Neidischer, lasse doch einmal dein lästig Geschwätze,

  lasse uns gehen den Weg, den uns das Schicksal gezeigt.

 Sage, was willst du, Unsinniger? Meine Qualen durchkosten?

  stürzst, Unsinniger, dich in den Abgrund der Not,

 drängst, Unbesonnener du, in versengende Gluten,

  gierig zu kosten den Trank, der nur ein tötendes Gift.

 Gleicht doch Cynthia nicht den gefälligen Dirnen der Straße:

  wenn du sie einmal erzürnst, kennt keine Grenze ihr Zorn.

 Scheint sie anfangs auch willig, nicht abhold deinem Verlangen,

  glaube mir: Leid ohne Maß hält sie dir später bereit.

 Dann ist dein Friede dahin, dein Schlaf, und nicht mehr dein sind die Augen;

  selbst den wildesten Mann zwingt in den Dienst ihre Macht.

 Ha, dann kommst du nicht selten schluchzend zu mir, wenn deine

  Lieb sie verschmäht: dein Trotz löst in Tränen sich auf.

 Schauder erfaßt dich und Zittern, im Weinen ersticken die Worte.

  und es zeichnet die Angst Furchen ins Antlitz dir ein,

 und vergebens suchen nach tröstenden Worten die Klagen,

  fragst, Unseliger, dich: »Wer und wo bin ich nun?«

 Dann erst erfährst du, wie sehr die Liebe wehtut und   martert

  und wie bitter es ist, weist uns die Liebste von sich.

 Nicht mehr wunderst du dich, warum stets bleich ich und bleicher,

  nicht mehr, was meinen Leib mählich zum Schatten gemacht.

 Daß du dem Adel entstammst, kann deiner Liebe nicht nützen:

  toter Ahnen Gebild achtet die Liebe gering.

 Dringt in den Haufen jedoch nur ein Laut von deinem Geheimnis,

  dann ist dein Name dem Tratsch nur ein willkommener Fraß.

 Dann aber suchst du bei mir nach Trost und Lindrung vergebens;

  such ich doch selber umsonst meinem Unheil ein Heil.

 Beide, die wir so bitter vom Leid der Liebe geprüft sind,

  weinen die Augen uns aus, Eins an des Andern Brust.

 Gib die Mühe drum auf, mein Gallus, Cynthias Macht zu versuchen:

  wer ihren Zauber beschwört, der ist verloren, ist hin.

6

 Tullus, mit dir vertraut ich mich sorglos Hadrias Wogen,

  nähme die stürmische Fahrt durch das Ägäische Meer,

 mit dir erstiege ich herzhaft die Gipfel Rhipäischer Berge,

  dir gesellt ich mich gern bis an das Ende der Welt:

 aber mich halten zurück hier des Mädchens Wort und Umarmung

  und ihr Flehn, wenn dabei bald sie erblaßt, bald erglüht.

 Ganze Nächte hindurch liebkost sie und nährt meine Gluten,

  klagt, es gäb keinen Gott, wenn ich sie ließe allein.

 Bald verweigert Gewähr sie, bald wieder droht sie ganz ernstlich,

  wie dem Undankbaren oft zürnende Mädchen es tun,

 und sie rührt mir das Herz. Ich kann ihr Klagen nicht hören.

  Nimmer leid ich den Mann, liebt er mit kühlem Bedacht.

 Sollt ich um diesen Preis Athen das geistreiche suchen,

  oder die uralte Pracht, wie sie Asien häuft,

 daß mir Cynthias Fluch folgt, wenn vom Ufer ich stoße,

  daß sie rasend vor Schmerz kratze das Antlitz sich wund,

 grolle, daß sie dem widrigen Winde die Küsse nur danke,

  klage: nichts wäre so hart, als wenn der Liebste nicht treu?

 Dein Teil sei: den würdigen Ohm übertreffen;

  der gekürzten Provinz gib ihre Rechte zurück.

 Warst du ja nimmer der Mann dem Liebesdienste zu huldgen;

  deine Sorge, dein Dienst galt nur dem mächtigen Rom.

 Möge Amor auch ferner vor jenem Schmerz dich behüten,

  der mir in Überfluß ward, Tränen erpreßte so oft!

 Mich aber laß bis ans Ende dienen der nichtigen Liebe;

  will es doch so mein Geschick, daß ich im Stillen vergeh.

 Freudig suchten wohl Manche vor mir den Tod in der Liebe,

  ihnen zähle man einst mich als Genossen auch bei.

 Mich hat das ewige Schicksal bestimmt, der Liebe zu dienen,

  ferne dem Waffengeklirr – hat mir den Kriegsruhm versagt.

 Du aber, wo du auch seist: im üppigen Ionien oder

  wo Paktolus sein Gold mitten durch Lydien führt,

 magst du Länder durchschweifen und tobende Meere durchfahren,

  stets willkommen bist du, froh als Gebieter begrüßt.

 Und wenn jemals du mein willst in stiller Stunde gedenken;

  wisse: ein hartes Geschick ward meinem Leben zuteil.

7

 Während du, Pontikus, Theben preisest in deinen Gesängen,

  wo ein unseliger Streit Bruder gen Bruder gehetzt,

 und – so wahr ich Properz – mit Homer um den Lorbeer wetteiferst,

  wenn die Geschicke nur hold dir und deinem Gesang:

 leb ich, wie ichs gewohnt, der Liebe und singe die Liebe,

  such ein gewinnendes Lied auf der Gebieterin Trotz.

 Nicht der Genius ists, dem ich diene: es machen beredt mich

  Schmerzen, die ich erfuhr, bilden sich selber das Lied.

 Das ist mein Leben und das ist sein Sinn und das ist mein Ruhm auch

  und das soll meinem Lied ewigen Namen verleihn.

 Einstens sagt man mirs nach: ihn liebte ein geistreiches Mädchen,

  dessen Launen so oft über Gebühr ihn gequält.

 Trost aus meinen Liedern hole dereinst der Verschmähte,

  Linderung finde sein Schmerz dran, was ich selber erlitt.

 Trifft aber einstmals auch dich der Pfeil des beflügelten Gottes

  – mögen die Götter, mein Freund, ferne dir halten das Leid! –

 ja, dann klagst du darob, daß das Heer und Lager der Sieben,

  das du begeistert besangst, Staub der Vergessenheit deckt,

 und vergebens sinnst du auf weiche, zärtliche Weisen:

  Amor flüstert so spät keine einzge dir zu.

 Dann erst fordern ihr Lob meine Lieder, die wenig dir galten;

  nennt man die Besten in Rom, werd ich als Erster genannt.

 Sinnend halten Verliebte an meinem Grabe und flüstern:

  »Sänger unserer Glut, herrlicher Dichter, du ruhst.«

 Du aber tu nicht zu vornehm, als müßtest mein Lied du verachten:

  spät kommt zuweilen der Gott, zehnfach fordert er dann.

8

 Bist du wirklich so grausam, und gilt mein Schmerz dir so wenig?

  daß dich Illyriens Eis, Rasende, fortlockt von mir?

 Und ist Jener, wer er auch sei, so lieb dir und teuer,

  daß du mir zu entfliehn, jeglichem Wind dich vertraust?

 Wagst dich hinaus auf die See mit ihrem unheimlichen Toben?

  und auf dem harten Verdeck glaubst du dich sicher genug?

 Kann dein zärtlicher Fuß auch schreiten auf eiskalten Wegen?

  kannst du ertragen den Schnee, die du Sonne nur kennst?

 Möge der Winter sich dehnen, mögen heulen die Winde

  und das harrende Schiff lange noch halten im Port,

 daß es nimmer sich löse von dem Tyrrhener Gestade!

  Möge mein Bitten und Flehn bis vor die Himmlischen gehn!

 Nimmer – so wünsch ich – möchten die heulenden Winde sich legen,

  daß sie dein wartendes Schiff führen hinaus in die Flut,

 und mich am einsamen Strande lassen vor Leide vergehen

  und in die Wogen hinaus schreien umsonst dich zurück.

 Doch, so sehr du auch, Falsche, an meiner Lieb dich versündigt,

  sei Galatea dem Schiff, sei der Reisenden hold,

 daß sie ohne Gefahr die keraunischen Klippen umsegle

  und auf spielender Flut Oriko's Hafen begrüßt.

 Nie wird ein anderes Mädchen deiner Lieb mich   entfremden,

  daß ich klage mein Leid irgend 'ner anderen Tür.

 Jeden Schiffer halt ich wohl an und frag einen Jeden:

  »Wißt ihr den Hafen, den Ort, wo meine Liebste verweilt?«

 Und drauf sag ich: »Möge wo immer mir auch die Liebste verweilen,

  Elis, Autaria mags sein – ich vergesse sie nie.«

* * *

* *

  Und Cynthia bleibt! Zu bleiben schwur sie mir!

   Neid frißt den Nebenbuhler, daß mein Bitten sie erhört;

   die Freuden, die sein böses Hoffen blähten,

   die eitlen sind dahin! denn Cynthia bleibt mein.

   Mir ist sie gut! Um mich ist Rom ihr lieb:

   wo ich nicht bin, ist keine Heimat ihr.

   Das enge Lager unsrer großen Liebe

   ist werter ihr als aller Glanz und Prunk.

   Ein fremd Begehren wollt mit Gold sie lohnen:

   sie bleibt bei mir das schnöde Gold verschmähend.

   Und nicht mit Gold und auch mit Perlen nicht

   gewann ich sie: Das Lied hat es vermocht.

   Ich danke, Musen, euch! ich danke dir, Apollo!

   Wie schwillt vor Freud mein überglücklich Herz:

   die Herrliche, die Einzige ist mein!

   Es hebt mein Glück mich über Sternen hoch!

   denn Cynthia bleibt mein.

   Kein Buhle kann fortan sie von mir locken:

   das soll ein süß Erinnern meinem Alter sein.

9

 Oftmals sagt ichs dir, Spötter: auch deine Stunde wird kommen

  und die Liebe, sie macht kleinlaut dereinst dich und zahm.

 Siehe: der einstmals Lose liegt nun dem Mädchen zu Füßen

  und den Freien beherrscht eine erhandelte Maid.

 Sicherer als ein Orakel erkenn ich die Liebegetroffnen:

  kundig bin ich und weiß, wen eine jede beherrscht.

 Tränen und Leid ohne Maßen kostet mir diese Erfahrung:

  gerne gäb ich sie hin, ließe mich Amor nur los!

 Sage, was nützt es dir jetzo zu dichten pathetische Weisen?

  was das schwungvolle Lied von der kadmeischen Burg?

 Mehr als Homer vermag in der Liebe ein Lied des Mimnermos:

  zärtliche Weisen sind lieb Amor, dem lieblichen Gott.

 Nun aber säume auch du nicht klagende Lieder zu dichten

  und zu singen, was süß liebende Mädchen ergreift.

 Fehlt es dir etwa an Stoff? o, du unsinniger Spötter,

  mitten im wallenden Strom suchst du gar Wasser zuletzt?

 Aber noch bist du nicht bleich, wohl sind noch fremd dir die Gluten

  und ein Fünkchen erst bloß kennst du der nahenden Pein.

 Sicherlich möchtest du lieber armenischen Tigern begegnen,

  lieber aufs stygische Rad ließest flechten du dich,

 als zu fühlen im Mark des Gottes sengende Pfeile

  und der zürnenden Maid immer zu Willen zu sein.

 Leichte, luftige Schwingen schenkt dir Amor mit einer

  und mit der anderen Hand drückt er dich mitten im Flug.

 Täusche dich nicht, wenn das Mädchen deinem Begehren gefällig:

  recht beginnt erst die Qual, wenn sie sich ganz dir ergibt.

 Nirgendshin darfst du versenden die schweifenden Blicke,

  nirgends durchwachen die Nacht, als wo es Amor gebeut.

 Dann erst erkennst du den Gott, wenn seine Pfeile dir inne.

  Wer du immer auch seist, schmeichelndem Kosen sei fern:

 Felsen rührt es vom Platze und Eichen entreißt es dem Boden –

  und du bötest ihm Trotz, armes menschliches Herz?

 Kommt ein Geständnis dir schwer, gestehe dennoch dein Fehlgehn:

  Liebespein wer erfuhr, dem ist Gestehen ein Trost.

10

 O der wonnigen Nacht, die euch zur Liebe geeint hat,

  da als Erster der Freund Tränen euch weinen ich sah!

 O wie gerne gedenk ich jener gesegneten Stunden,

  o wie wünsch ich so oft jene Nacht mir zurück,

 da ich im Arme des Mädchens dich, Gallus, vor Lust sah vergehen,

  und du von Lieb überhäuft stammelnd nach Worten gesucht.

 War auch der Schlummer bemüht, die Augen mir sachte zu schließen,

  mahnte Luna mich auch an die verrinnende Zeit:

 nicht vermocht ich zu scheiden von euch, von eurem Glücke,

  nicht von der lohenden Glut liebegeflüsterten Worts.

 Dank, mein Freund! in den Kreis deines Glückes zog dein Vertraun mich;

  für den verliehnen Genuß nimm nur ein Gegengeschenk:

 nicht nur weiß ich den Schmerz zu teilen und treu zu verwahren;

  etwas, das besser als Treu, bietet mein Herz dir dazu.

 Wenn sich zwei Liebende fliehn, ich führe sie wieder zusammen,