Endometriose -  - E-Book

Endometriose E-Book

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Beschreibung

Etwa jede 10. Frau im fruchtbaren Alter leidet an Endometriose. Trotz ihrer hohen klinischen Relevanz ist diese Erkrankung weitgehend unbekannt. Da die etablierte Schulmedizin keine dauerhafte Heilung anbieten kann, zeigt die Endometriose typischerweise einen chronisch-rezidivierenden Verlauf, weswegen die betroffenen Frauen oft nach alternativen Therapieoptionen suchen. Der Ratgeber beschreibt die Erkrankung und ihre schulmedizinischen Therapieformen sowie darüber hinausgehende Behandlungsmöglichkeiten wie Traditionelle Chinesische Medizin, Homöopathie, Phytotherapie und Ernährungsmedizin. Er geht auf psychosomatische sowie sozialmedizinische Aspekte ein und entwirft einen integrativen Behandlungsansatz.

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Inhalt

Cover

Titelei

Ein Wort zuvor

Die Herausgeber

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

1 Die Darstellung der Erkrankung

Definition

Die Anatomie des weiblichen Beckens

Der menstruelle Zyklus

Das Geschehen bei der Endometriose

Theorien zur Entstehung der Endometriose

Die Erscheinungsformen der Endometriose

Seltene Erscheinungsformen

Typische Beschwerden bei Endometriose (Symptome)

Der Verlauf der Endometriose

Die Diagnostik der Endometriose

Andere mögliche Erkrankungen, die bei Unterbauchbeschwerden zu berücksichtigen sind

Die Häufigkeit der Endometriose

Schweregradeinteilung für die Endometriose

2 Die operative Therapie der Endometriose

Einführung

Die spezielle chirurgische Therapie der Endometriose

Herde im Bauchfell

Endometriosezysten

Adenomyose

Komplikationen der Operation

Rückfall der Endometriose/chronische Schmerzen

Hormonbehandlung vor und nach einer Operation

Teenager als Endometriosepatientinnen

3 Die medikamentöse Therapie der Endometriose

Prinzipien der medikamentösen Therapie

Medikamente der hormonellen Therapie

Therapie mit Dienogest und anderen Gestagenen

Kombinierte hormonale Kontrazeptiva (KHK, »Pillen«)

Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analoga (GnRH-Analoga, GnRHa)

Nichthormonelle medikamentöse Therapiemöglichkeiten

Verhütung und off-label use

Endometriose bei Teenagern

Medikamentöse Therapie bestimmter Erscheinungsformen

4 Gezielte Schmerztherapie bei Endometriose

Schmerzentstehung und verstärkende Faktoren bei Endometriose

Biologische Schmerzursachen und Chronifizierungsprozesse

Psycho-Soziale Faktoren als Schmerzverstärker

Erkennen von Endometrioseschmerzen

Schmerztherapie

Multimodale Schmerztherapie

Ambulante und stationäre Behandlung

Selbstmedikation nein. Selbständigkeit ja.

Medikamentöse Schmerztherapie

Psychologische Behandlungsansätze

Physikalische komplementäre Therapien

5 Häufig gestellte Fragen in der Endometriosesprechstunde

Allgemein

Sexualität

Kinderwunsch

Medikamentöse Behandlung

Operation

Schmerz

Alternativen

6 Alternative Therapien bei Endometriose aus wissenschaftlicher Sicht

Fazit

7 Arzt- und Kliniksuche, Vorbereitung auf Arztbesuche

Das therapeutische Netzwerk

Arztbesuch

8 Physiotherapie: Heilsame Kräfte für den Körper

9 Entspannung in Ruhe und Bewegung: Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training und meditative Bewegungsverfahren

Klassische Entspannungsverfahren

Progressive Muskelentspannung

Autogenes Training

Meditative Bewegungsverfahren

Qigong und Taichi

Yoga

Weiterführende Informationen

10 Osteopathie: Heilen mit den Händen

Grundlagen der Osteopathie

Der Körper ist eine Einheit

Der Körper hat Selbstheilungskräfte

Die Struktur bestimmt die Funktion, die Funktion formt die Struktur

Die osteopathische Diagnose bei Endometriose

Die osteopathische Behandlung der Endometriose

Hilfe auch bei Kinderwunsch

11 Neuraltherapie, Therapeutische Lokalanästhesie (TLA): Nerven beruhigen und Entzündungen hemmen

Die Behandlung der Endometriose mit Neuraltherapie

1. Therapie im Frühstadium: Vorsorgliche Behandlung

2. Therapie nach durchgeführter Operation

3. Therapie im fortgeschrittenen Stadium: Schmerztherapie

Wie wird TLA/Neuraltherapie angewandt?

Wie geht eine neuraltherapeutische Behandlung vor sich?

12 Reflexzonentherapie am Fuß: Manuelle Behandlung mit individueller, tiefgreifender Wirkung

Grundlagen

Was können Patientinnen mit Endometriose von der Fußreflex erwarten?

Aufbau der Behandlungen

13 Ernährung und Endometriose: genussvoll vorbeugen und behandeln

Die entzündungshemmende Wirkung

Die schmerzlindernde Wirkung

Die Wirkung über das Mikrobiom

Die Wirkung über den Darm

Die Wirkung über Östrogen in der Ernährung

Fazit

14 Umwelteinflüsse und Nahrungsergänzungen: Was Sie schwächen und stärken kann

Umweltfaktoren können zur Endometriose-Entwicklung beitragen

Freie Radikale können den Körper schädigen

Zehn Tipps zum Schutz vor Umweltgiften

Nahrungsergänzungsmittel

Vitamin D

Magnesium

Omega-3-Fettsäuren

Antioxidantien

Sekundäre Pflanzenstoffe

Systemische Enzymtherapie

15 Phytotherapie: Die heilenden Kräfte der Pflanzen

Wichtigstes Ziel: Die Beschwerdefreiheit der Patientin

Was ist bei der Anwendung von Heilpflanzen zu beachten?

Dosierung und Zubereitung von Tees und Tinkturen

Zunächst wird der Körper entlastet

Allgemein regulierende Pflanzen

Die Behandlung der Symptome

16 Traditionelle Chinesische Medizin (TCM): Ein Erfahrungsschatz von Jahrtausenden

Die fünf Wandlungsphasen und ihre Entsprechungen

Die Praxis der chinesischen Medizin

Akupunktur und Moxibustion

Ernährung

Akupressur und Tuina

Chinesische Arzneimittelkunde

Qigong

Schröpfen

Endometriose aus Sicht der TCM

Nierenmangel

Therapieempfehlungen für eine Endometriosebehandlung mit TCM

Innere und äußere Harmonie suchen

Eine bekömmliche Ernährung wählen

Auf den Lebensstil achten

Schulmedizin oder TCM?

17 Homöopathie: Die Kraft der Potenzierung

Samuel Hahnemann legte den Grundstein

Ein Homöopath will es genau wissen

Homöopathie hilft bei Endometriose

Jedes Mittel wird individuell ausgewählt

Beispielhafte, homöopathische Behandlungen von Endometriosepatientinnen

Frau A., Lektorin, 30 Jahre alt

Frau K., 43 Jahre alt, verheiratet, eine Tochter, Geschäftsfrau

Das Arzneimittelbild von Calcium fluoricum (Flusspat)

18 Unterstützung der Krankheitsbewältigung

Die Wechselwirkungen zwischen Körper und Seele und ihre Diagnostik

Psychosoziale Belastungen durch die Endometriose

Somatopsychische Erkrankungen als Folge einer Endometriose

Besondere Belastung junger Frauen

Erleben und Bewältigung von Schmerzen

Schmerzen machen Angst

Schmerzwahrnehmung: Geprägt durch die frühe Lebensgeschichte

Unentbehrlich: Die Psychosomatische Grundversorgung

Hilfen zur Krankheitsbewältigung

Eine psychotherapeutische Behandlung kann empfehlenswert sein

Welche Psychotherapeuten gibt es?

Was Sie bei der Wahl der Therapie bedenken sollten

Welche Psychotherapieverfahren gibt es?

Ergänzende Therapien zur Krankheitsbewältigung

Schlussfolgerung

19 Partnerschaft und Sexualität

Therapie

20 Ganzheitliche Medizin

Wissenschaftliche Theorie zur Entstehung der Endometriose

Ganzheitliche Betrachtungen zur Entstehung der Endometriose

Der Ort des Geschehens

Der ganzheitliche Gedankengang

Wissenschaftliche Erkenntnisse

Ganzheitlich handeln und behandeln

21 Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion: Mit Schmerzen gelassener umgehen

Leben in der Gegenwart

Das MBSR-Kursprogramm

Positive Wirkungen bei chronischen Schmerzzuständen

22 Sinosomatics: Hypnotherapie trifft Chinesische Medizin

Konfliktbearbeitung in Trance

Auf die innere Stimme hören lernen

Wissenschaftliche Bestätigung des andauernd guten Ansprechens von Sinosomatics bei Endometriose-Patientinnen

23 Hypnotherapie, Kinesiologie, Energetische Psychologie und Quantenmedizin: Im Dialog mit dem Körper und dem Unbewussten

Hypnose und Hypnotherapie

Die Renaissance der Hypnose

Die moderne Hypnotherapie

Die Anerkennung der Hypnotherapie

Hypnotherapie in der Praxis: Die Schmerzbehandlung

Das innere Erleben in der Trance verändern

Die Selbsthypnosetechnik

Auswahl eines Hypnotherapeuten

Kinesiologie – Der Körper kennt die Wahrheit

Entwicklungen der Kinesiologie

Innere Blockaden aufspüren und lösen

Der kinesiologische Muskeltest

Die Psychokinesiologie – ungelöste seelische Konflikte auflösen

Energetische Psychologie (EP)

Die Wirkung der Energetischen Psychologie

Die Verfahren der Energetischen Psychologie

Der Behandlungsablauf am Beispiel der EFT-Methode

Indikationen der Energetischen Psychologie

Quantenheilung erleben

Heilung aus dem Bewusstsein – Die Anwendung in der Praxis

Unser Bewusstsein erschafft unsere Realität?

24 Methode Wildwuchs: Vertrauen Sie auf Ihre Selbstheilungskräfte

Innere Bilder als Kommunikationsmittel

Der Beratungszyklus der Methode Wildwuchs verläuft als Drei-Schritte-Programm

Kreieren Sie Ihr Gesundheitsprogramm

25 Möglichkeiten der Selbstheilung

Perspektivwechsel

Selbstheilungskraft und Bewusstsein

Die Zauberkraft des Placebos

Wege zum Selbst

Die Macht des Rituals

26 Lebenspflege: Gute Gewohnheiten, die ein gesundes Leben fördern

Sich genügend Schlaf gönnen

Sich bewegen

Sich vollwertig ernähren

Genügend gesundes Wasser trinken

Beziehungen pflegen und eine Aufgabe übernehmen

Pausen machen und sich unverplante Zeit gönnen

Lieben

27 Rehabilitation: Medizinische und psychosoziale Hilfen bei Endometriose

Fragen Sie nach einer Anschlussrehabilitation

Indikationen für eine Rehabilitation

Körperliche und psychosoziale Rehabilitationsziele bei Endometriose

Alle Therapien werden individuell auf Sie abgestimmt

28 Sozialmedizin: Welche Hilfen gibt es?

Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

Kostenübernahme

Leistungen und Risiken bei Arbeitsunfähigkeit

Gesetzliche Rentenversicherung (GRV)

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Berufsfördernde Leistungen)

Erwerbsminderungsrente

Versorgungsverwaltung

Teilhabe am Leben in der sozialen Gemeinschaft

Adoption

29 Kinderwunsch und Fruchtbarkeit bei Endometriose

Wie fruchtbar sind wir Menschen eigentlich?

Wie fruchtbar sind Frauen mit Endometriose?

Wie Endometriose die Fruchtbarkeit beeinträchtigt

Andere Ursachen für unerfüllten Kinderwunsch

Wege zur Diagnose

Mögliche Strategien der Behandlung

Aspekte der assistierten reproduktionsmedizinischen Techniken (ART)

Assistierte reproduktionsmedizinische Techniken (ART) bei Frauen mit Endometriose

Alternativen und Ganzheitlichkeit

30 Ergänzende Möglichkeiten zum Wunschkind

Stärken Sie Ihre Ressourcen

Werfen Sie einen Blick auf Ihr Leben

Vom Umgang mit Endometriose

Körper und Seele müssen sich erholen

Fruchtbarkeitsmassagen steigern das Wohlbefinden

Stärken Sie die Gebärmutter

Lösen Sie innere Konflikte

31 Den eigenen Weg finden

Variationsmöglichkeiten von Endometriose

Behandlungsmöglichkeiten bei Endometriose

Gesund werden ist möglich

Register

Rat + Hilfe

Fundiertes Wissen für Betroffene, Eltern und Angehörige –Medizinische und psychologische Ratgeber bei Kohlhammer

Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:

https://shop.kohlhammer.de/horizonte.html

Ewald BechererAdolf E. Schindler(Hrsg.)

Endometriose

Ganzheitlich verstehen und behandeln – Ein Ratgeber

4., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten verändern sich ständig. Verlag und Autoren tragen dafür Sorge, dass alle gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung hierfür kann jedoch nicht übernommen werden. Es empfiehlt sich, die Angaben anhand des Beipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.Abb. 1.1 und Abb. 1.2 illustriert von Irina Kart

4., erweiterte und überarbeitete Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-040668-1

E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-040669-8epub:ISBN 978-3-17-040670-4

Ein Wort zuvor

Die Endometriose ist eine rätselhafte Erkrankung, deren Ursache bis heute unbekannt ist. Sie zeigt vielfältige Erscheinungsformen und Verläufe. Gerade bei einer so vielschichtigen und oft chronischen Erkrankung ist es notwendig, ein individuell gestaltetes Therapiekonzept zu entwickeln.

In diesem Ratgeber haben wir für Sie ein einzigartig breites Spektrum der verschiedensten Sichtweisen und Behandlungsmöglichkeiten Ihrer Erkrankung zusammengeführt. Dabei war uns besonders wichtig, eine solide Brücke zu bauen zwischen der sogenannten Schulmedizin und den zahlreichen ergänzenden und alternativen Diagnose- und Therapieverfahren, die heute bei Endometriose erfolgreich eingesetzt werden können. Denn durch eine sorgfältige Auswahl und Kombination verschiedener Behandlungselemente und ein individuell auf die einzelne Patientin zugeschnittenes Therapiekonzept lassen sich unserer Erfahrung nach die besten Behandlungserfolge erzielen. Dieses Buch ist unser Plädoyer für eine ganzheitliche, am Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele orientierte Medizin.

Das außergewöhnliche Projekt eines solch umfangreichen Ratgebers konnten wir nur durch die engagierte Mitarbeit der einzelnen Autorinnen und Autoren verwirklichen, bei denen wir uns ganz herzlichen bedanken. Wir haben diese 4. Auflage erneut überarbeitet und ergänzt.

Mit diesem Buch möchten wir Sie darin unterstützen, Ihre eigene Erkrankung zu verstehen und eigene Behandlungswege zu finden, die Sie aus dem passiven und oft hilflosen Erdulden dieser Erkrankung herausführen. Die vielfältigen Informationen erlauben Ihnen, Ihre persönlichen Behandlungsziele zu definieren und aufbauend auf diesen individuell einzelne Therapieoptionen auszuwählen oder integrativ zu verbinden. Unser Anliegen ist es, Ihre Eigenkompetenz und Ihre Gesundheit zu stärken.

Die Autoren des Buches haben für personenbezogene Bezeichnungen wahlweise die feminine oder auch die maskuline Form verwendet – gemeint sind jeweils alle Geschlechtsformen (weiblich, männlich, divers), sofern nicht anders angegeben.

Titisee-Neustadt und Essen, im Herbst 2022Dr. med. Ewald Becherer und Prof. Dr. med. Adolf E. Schindler

Die Herausgeber

Dr. med. Ewald BechererFacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Homöopathie, NaturheilverfahrenPraxis für FrauenheilkundeHauptstraße 30, 79822 Titisee-NeustadtTelefon 07651 – 3000E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Dr. h. c. Adolf E. SchindlerFacharzt für Frauenheilkunde und GeburtshilfeEhemaliger Direktor des Zentrums für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums EssenDirektor des Instituts für Medizinische Forschung und FortbildungHufelandstraße 55, 45147 EssenE-Mail: [email protected]

Unter Mitarbeit vonDr. sc. hum. Karin Henke-WendtDiplom-Biologin und Wissenschaftsjournalistinwww.biomedpress.deWir bedanken uns für die wertvolle redaktionelle Unterstützung.

Zuschriften, Kritik und Anregungen sind uns willkommen.Bitte richten Sie diese an Dr. med. Ewald Becherer: [email protected]

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Dr. med. Ewald BechererFacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Homöopathie, NaturheilverfahrenPraxis für FrauenheilkundeHauptstraße 30, 79822 Titisee-Neustadtwww.dr-becherer.de

Heike BornDiplom-PsychologinPraxis für psychologische PsychotherapieBahnhofstraße 27 – 33, 65185 Wiesbadenwww.born-psychotherapie.de

Dr. med. Kai BornFacharzt für Psychosomatische Medizin und PsychotherapiePraxis für psychologische PsychotherapieBahnhofstraße 27 – 33, 65185 Wiesbadenwww.born-psychotherapie.de

Dr. med. Ute BullemerFachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Homöopathie,PsychotherapieLindwurmstraße 10, 80337 München

Dr. med. Claus-Peter CorneliusFacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Physikalische Therapie und Balneologie, Sozialmedizin, RehabilitationswesenRehabilitationsklinik für Orthopädie und Gynäkologie, Chefarzt GynäkologieKurpromenade 3, 06905 Bad Schmiedebergwww.eisenmoorbad.de

Dr. med. Corinna DiehlFachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ärztliches Qualitätsmanagement, Suchtmedizinische GrundversorgungKontakt über: [email protected]

Dr. med. Roswitha Engel-SzéchényiFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Psychotherapie,Sexualmedizin, PaartherapieStephanstraße 33, 70173 Stuttgartwww.engel-gyn.de

Joachim FaulstichAutor und Regisseur wissenschaftlicher Fernsehdokumentationen,BuchautorKanalweg 1B, 61118 Bad Vilbelwww.joachim-faulstich.de

Heide FischerÄrztinOtto-Wels-Str. 2, 79102 Freiburgwww.frauen-naturheilkunde.de

Prof. Dr. med. Ingrid GerhardFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Naturheilverfahren, UmweltmedizinAlbert Überle Straße 11, 69120 Heidelbergwww.netzwerk-frauengesundheit.com

Angelika KoppeGründerin der Methode WildwuchsLöwenbrucher Weg 812307 Berlin – Lichtenradewww.methode-wildwuchs.com

Dr. med. Christina KreinerFachärztin für Innere Medizin, Fachärztin für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Notfallmedizin, NaturheilverfahrenKontakt über: [email protected]

Dr. med. Johannes LatzelFacharzt für Allgemeinmedizin, MBSR-LehrerHartkirchweg 69b, 79111 Freiburgwww.tanzmitderstille.de

Hanne MarquardtHeilpraktikerin, Begründerin der Reflexzonentherapie am FußAusbildungszentrum Hanne-Marquardt-FußreflexProf.-Domagk-Weg 15, 78126 Königsfeld-Burgbergwww.fussreflex.de, www.verlaghannemarquardt.de

Prof. Dr. med. Karsten MünstedtFacharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Spezielle Operative Gynäkologie, Schwerpunkt Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Schwerpunkt gynäkologische OnkologieChefarzt der Frauenklinik OffenburgEbertplatz 12, 77654 Offenburgwww.ortenau-klinikum.de

Prof. apl. Dr. med. Dr. rer. nat. Mechthild Neises-RudolfFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Zusatzbezeichnung Psychotherapieapl. Professorin der Medizinischen Hochschule HannoverPrivatpraxis für Psychotherapie in AachenLemierser Berg 119, 52074 Aachenwww.mechthild-neises.de

Dr. med. Christiane NiehuesFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, SozialmedizinDeutsche Rentenversicherung BundHohenzollerndamm 46/47, 10704 Berlinwww.deutsche-rentenversicherung.de

Privatdozentin Dr. med. Roxana PopoviciFachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Schwerpunkt gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin kïz) kinderwunsch im zentrumBayerstraße 3, 80335 Münchenwww.kiiz.de

Peter Ringeisen D.O.Physiotherapeut, Osteopath, HeilpraktikerPerimedikum RingeisenMünsterer Straße 9, 65618 Niederselters/Taunuswww.perimedikum-ringeisen.de

Prof. Dr. Dr. h. c. Adolf E. SchindlerFacharzt für Frauenheilkunde und GeburtshilfeDirektor des Instituts für Medizinische Forschung und FortbildungUniversitätsklinikum EssenHufelandstraße 55, 45122 Essenwww.endometriose-sef.de

Dr. med. Annemarie Schweizer-ArauÄrztin für Psychotherapie, Traditionell Chinesische Medizin,HomöopathieHerrnstraße 7, 86911 Dießen am Ammerseewww.sart.de

Dr. med. Petra SchwinnFachärztin für Anästhesiologie, Spezielle SchmerztherapieOberärztin der Tagesklinik für SchmerztherapieKrankenhaus GmbH Landkreis Weilheim-SchongauMarie-Eberth-Str. 6, 86956 Schongauwww.meinkrankenhaus2030.de/gv/medizin/schmerz/tagesklinik-fuer-schmerztherapie/

Thomas TernesDiplom-Psychologe, Hypnotherapeut, HeilpraktikerPraxis für Hypnose, Psychosomatik und Ganzheitliche MedizinGoetheallee 25, 22765 Hamburgwww.praxis-ternes.de

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Rudolf TinnebergFacharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, MIC III, Schwerpunkte Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Weiterbildung Spezielle Operative Gynäkologieehemaliger Direktor der Frauenklinik der Justus-Liebig-Universität in GießenEndometriosezentrum am Krankenhaus NordwestSteinbacher Hohl 2 – 26, 60488 Frankfurtwww.krankenhaus-nordwest.de/geburt/chefarzt-und-team

Prof. Dr. med. Uwe Andreas UlrichFacharzt für Gynäkologie und GeburtshilfeSchwerpunkt: Gynäkologische OnkologieChefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Martin Luther Krankenhaus, Johannesstift DiakonieCaspar-Theyß-Straße 27 – 31, 14193 Berlinwww.pgdiakonie.de/martin-luther-krankenhaus/

Dr. med. Stefan WeinschenkFacharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, NaturheilverfahrenZentrum für gynäkologische SchmerzerkrankungenUniversitäts-Frauenklinik HeidelbergIm Neuenheimer Feld 44069120 Heidelbergwww.biogyn.de

Dr. med. Patrick WillimannFMH Anästhesiologie, FA FMH Interventionelle Schmerztherapie SSIPM, EDPM EuropeanDiploma of Pain Management ESRAÄrztlicher Leiter der SchmerzMedizinLuzern, Praxis und TagesklinikKreuzbuchstrasse 44, CH-6006 Luzern (Schweiz)www.schmerzmedizinluzern.ch

Birgit ZartHeilpraktikerinMozartallee 10, 14612 Falkenseewww.kinderwunschhilfe.de, www.die-fruchtbarkeitsmassage.de

1 Die Darstellung der Erkrankung

Prof. Dr. med. Uwe Andreas Ulrich

Definition

Unter »Endometriose« versteht man das Vorkommen von gebärmutterschleimhautähnlichem Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle. Der Terminus wird aus dem Griechischen hergeleitet (innen: endo-‍, ενδον und Gebärmutter: metra, μητρα). Dieses gebärmutterschleimhautähnliche Gewebe befindet sich sozusagen an »falscher Stelle«, denn nur innerhalb der Gebärmutterhöhle könnte es der ihm zugedachten Aufgabe nachkommen, dem frühen Embryo die Einnistung zu ermöglichen.

Bevor wir uns detailliert mit der Endometriose beschäftigen, erscheint es für das Verständnis der Abläufe von Vorteil, einen Abriss der Anatomie und Funktion der weiblichen Beckenorgane zu geben.

Die Anatomie des weiblichen Beckens

Die Organe im weiblichen Becken gehen eine enge räumliche Beziehung ein, weshalb organspezifische gynäkologische Erkrankungen nicht selten die Nachbarorgane in Mitleidenschaft ziehen (▶ Abb. 1.1). Zentral im Becken sitzt die Gebärmutter, davor – eng anliegend – die Blase und hinter jener der Enddarm. Genau dort, zwischen Enddarm und Hinterwand des Gebärmutterhalses, befindet sich die tiefste Stelle des Bauchraumes, der sog. Douglas'sche Raum. Die Gebärmutter hat eine birnenähnliche Form, wobei der dickere Teil dem Gebärmutterkörper und der schlanke Teil dem Gebärmutterhals entspricht. Sie ist mit verschiedenen Bändern im Becken befestigt. Je zwei Bänder geben Halt in Richtung Kreuzbein sowie in Richtung Leistenkanal. Der Gebärmutterkörper beherbergt die Gebärmutterhöhle, die innen mit der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ausgekleidet ist. Diese Schleimhaut besteht aus zwei Schichten: Einer oberflächlichen (Functionalis), die während der Blutung verloren geht, und einer tieferen (Basalis), aus der sich die neue Schleimhaut speist. Die Gebärmutterwand besteht zum größten Teil aus Muskulatur, wodurch sie die Fähigkeit hat, sich zusammenzuziehen, und ist außen, wie alle Genitalorgane im Becken, mit Bauchfell überzogen. Dieses Bauchfell bedeckt auch die Beckenwände und einen großen Teil des Enddarmes. Es handelt sich dabei um eine hauchdünne Gewebeschicht.

Abb. 1.1:Die weiblichen Geschlechtsorgane

Der Gebärmutterhals mündet in die Scheide; über ihn fließt das Menstrualblut aus dem Gebärmutterkörper nach außen. Die Scheidenhinterwand und die Vorderwand des tieferen Enddarms sind eng miteinander verbunden, sie werden nur durch eine schmale, feine Bindegewebeschicht getrennt, dem Septum rectovaginale. Bei der Ausbreitung der Endometriose spielt diese Schicht eine besondere Rolle.

Zu beiden Seiten der Gebärmutter befinden sich je ein Eierstock (lat.: ovarium) und ein Eileiter (lat.: tuba uterina). Der Eileiter stellt sich als eine schlanke, etwa 0,5 cm messende Röhre dar, die in der Gebärmutterhöhle entspringt und am Ende trichterförmig erweitert ist, um damit die gesprungene Eizelle aus dem Eierstock auffangen zu können. Die Vereinigung von Eizelle und Spermium findet im Eileiter statt, und die befruchtete Eizelle – bzw. der frühe Embryo – wandert im Eileiter in die Gebärmutterhöhle, um sich dort einzunisten. Mit der Gebärmutter und dem jeweiligen Eileiter innig verbunden stellen sich die Eierstöcke als weißliche ellipsoide Gebilde von 2,5 – 4 cm Größe dar. Sie erfüllen eine Doppelfunktion: Zum einen stellen sie die Eizellen für die Fortpflanzung bereit, zum anderen produzieren sie als Drüse die weiblichen Sexualhormone (die Östrogene und das Progesteron – das Gelbkörperhormon).

Entlang der Beckenwände und unterhalb des Bauchfells verlaufen wichtige Nerven und Blutgefäße. Um sie herum finden sich Lymphknoten und – sozusagen als »Kitt« – lockeres Bindegewebe.

Der menstruelle Zyklus

Das Reproduktionssystem der Frau unterliegt einem etwa vierwöchentlichen Zyklus, der nach außen durch die Regelblutung erkennbar wird. Aber sie ist, wenn man so will, nur der sichtbare Ausdruck einer Reihe von Ereignissen im Körper, die mit faszinierender Präzision ablaufen.

Im Eierstock reift mit jedem neuen Zyklus ein Eibläschen (Follikel) heran, welches eine Eizelle enthält. Östrogene werden parallel in wachsender Menge gebildet. Die Schleimhaut der Gebärmutter baut sich unter diesem Einfluss auf, d. h. sie nimmt an Dicke zu. Kommt es in der Zyklusmitte nach dem Eisprung zur Befruchtung und anschließend zu einer Schwangerschaft, erfährt der Körper der Frau das durch sehr frühe Signale aus dem Schwangerschaftsprodukt. Eines dieser Signale ist das sogenannte Choriongonadotropin (HCG), das seinerseits den Gelbkörper, der sich nach dem Eisprung aus dem geplatzten Eibläschen entwickelt hat, anfeuert, große Mengen an Östrogenen und Gelbkörperhormon zu produzieren. Beide Hormone sind für die Einnistung des Embryos und den Erhalt der jungen Schwangerschaft unerlässlich.

Bleibt eine Befruchtung aus, entsteht ebenfalls ein Gelbkörper, allerdings nur für etwa zwei Wochen. In dieser Phase wird vom Gelbkörper viel Gelbkörperhormon (Gestagen) gebildet, das die zweite Zyklushälfte dominiert und die unter dem Östrogeneinfluss aufgebaute Gebärmutterschleimhaut umwandelt (in der Fachsprache Transformation). Die Hormonproduktion des Gelbkörpers erlischt, die Blutung setzt ein und ein neuer Zyklus beginnt. Unter dem Einfluss von Östrogenen nimmt die Gebärmutterschleimhaut also an Stärke zu und wird andererseits durch das Gelbkörperhormon in spezifischer Weise umgewandelt. Überwiegt im Zyklus der Östrogeneinfluss – z. B., wenn kein Eisprung eintritt, und sich deshalb kein Gelbkörper bildet, können die Menstruationsblutungen durch die hoch aufgebaute Schleimhaut verzögert und stärker sein. Wenn die Gelbkörperhormonwirkung dominierte, wäre die Gebärmutterschleimhaut schmaler. Daran wollen wir uns bei der Erläuterung der Endometriose erinnern.

Nun ist die Feder für dieses präzise Uhrwerk aber nicht, wie man denken könnte, im Eierstock allein zu vermuten, sondern vor allem im Gehirn und der Hirnanhangsdrüse. Im Gehirn befindet sich eine Struktur (Hypothalamus), die wie ein Pulsgeber arbeitet und damit, um in unserem Bild zu bleiben, die Uhr aufzieht. Die gesendeten Impulse bewirken in der anatomisch unmittelbar benachbarten Hirnanhangsdrüse die Ausschüttung von Hormonen, die ihrerseits den Eierstock zur Produktion seiner Hormone anregen. Wir sehen, dass das Ganze wie eine Übertragungskette funktioniert. Als Übertragungsmedien wirken jeweils Hormone. Für die Übermittlung des anregenden Pulses vom Hypothalamus zur Hirnanhangsdrüse steht das sog. Freisetzungshormon (englisch: gonadotropin-releasing hormone, GnRH) bereit, das nur lokal in einen eigenen kleinen Blutkreislauf gegeben wird, der praktisch an der Hirnanhangsdrüse endet. Dieses GnRH wird für uns noch einmal interessant werden, wenn wir in Kapitel 3 die medikamentöse Behandlung der Endometriose besprechen.

Die Hormone der Hirnanhangsdrüse werden, wie bei den Hormondrüsen allgemein üblich, direkt in die Blutbahn ausgeschüttet und gelangen so zu den Eierstöcken. Es handelt sich um das Follikelstimulierende Hormon (FSH), das den Follikel reifen lässt, und das Luteinisierende Hormon (LH), welches den Eisprung unmittelbar auslöst.

Die einzelnen Hormonstationen sind wie ein Regelkreis aufeinander abgestimmt. Wenn sich wenig Östrogen im Blut befindet, wird das mit einem feinen Fühlersystem vom Hypothalamus registriert und es erfolgt als Reaktion die erhöhte Abgabe von GnRH. Dies bewirkt in der Folge wiederum die vermehrte Ausschüttung von FSH aus der Hirnanhangsdrüse. Ist eine ausreichende Östrogenproduktion erreicht, werden die Stimulationshormone zurückgenommen. In der Fachsprache wird das als eine Rückkopplung bezeichnet (engl.: feedback). Vielleicht kann man sich dieses Hormondrüsensystem in einem weiteren Bild wie ein Orchester denken. Stellen Sie sich vor, jeder Musiker (hier: die unterschiedlichen Drüsen) spielt so schnell oder langsam, wie es ihm gefällt. Man kann sich vorstellen, was dabei herauskommt. Ohne den Dirigenten, der den Takt angibt, würde das Musikstück (hier: der menstruelle Zyklus) wohl nicht gemeistert werden. Der Hypothalamus wäre damit so etwas wie der Dirigent des Hormonsystems. Ganz ähnlich funktioniert das übrigens auch für die Schilddrüse und die Nebennierenrinde.

Damit die Hormone an dem jeweiligen Gewebe (also z. B. das FSH am Eierstock und die Östrogene an der Gebärmutterschleimhaut) ihre Wirkung entfalten können, sind spezielle Andockstellen notwendig, die man als Rezeptoren bezeichnet. Mit diesen Rezeptoren verbinden sich die Hormone, damit sie ihre Botschaft überbringen können. Man hat diesen Zusammenhang oft mit einem Schloss und dem dazu passenden Schlüssel verglichen, wobei der Rezeptor dabei das Schloss und das Hormon der Schlüssel wäre. Ein Medikament, das ein Hormon ersetzen oder zumindest nachahmen soll, ist dann quasi ein »nachgefertigter« oder »Generalschlüssel«. Wenn er nicht passt, kann das Schloss nicht aufgeschlossen und somit die Botschaft nicht überbracht werden.

Die Menge an Rezeptoren im jeweiligen Gewebe ist von Individuum zu Individuum durchaus unterschiedlich und modifiziert die Wirkung von körpereigenen Hormonen oder hormonellen Medikamenten noch einmal auf dieser Ebene. Das erklärt, warum ein und dieselbe Hormonmenge bei verschiedenen Menschen unterschiedlich starke Effekte hervorrufen kann und warum Medikamente häufig individuell dosiert werden müssen.

Das Geschehen bei der Endometriose

Das Endometriosegewebe unterliegt ähnlich wie die eigentliche Gebärmutterschleimhaut – nur eben außerhalb der Gebärmutterhöhle – den beschriebenen hormonellen Veränderungen während des weiblichen Menstruationszyklus: Es baut sich zyklisch auf und geht mit Einsetzen der Regelblutung ab. Das Blut kann sich jedoch nicht nach außen entleeren und es staut sich an der entsprechenden Stelle. Als Folge können Entzündungen, Verwachsungen und Narben entstehen. Man kann sich gut vorstellen, dass solche Vorgänge im Körper der Frau auch in der Lage sind, unterschiedlich starke Beschwerden zu verursachen.

Die Endometrioseherde vermögen ein unterschiedliches Aussehen anzunehmen. In ihrer typischen Form unterscheidet man sog. aktive Herde, die oft rot oder weißlich (d. h. nicht pigmentiert) sind, von weniger aktiven, bräunlich-schwärzlichen Herden. Aktive Endometrioseherde zeichnen sich durch einen höheren Gehalt an Entzündungszellen und eine üppigere Ausstattung mit Blutgefäßen aus und stellen wohl die Frühformen einer Endometriose dar. Weniger aktive Herde können später auch in reizlose Narben übergehen. Östrogene stimulieren vorhandenes Endometriosegewebe in den meisten Fällen. Vielleicht erklärt eine variable Verteilung der Östrogenrezeptoren am Endometriosegewebe (s. o.) ein unterschiedliches Ansprechen auf eine hormonelle Therapie.

In der Sprechstunde hört man nicht selten die Frage, ob eine Endometriose bösartig werden kann. Das ist prinzipiell möglich, zur Beruhigung muss man hierzu aber ganz klar sagen, dass die Entartung einer Endometriose (z. B. im Eierstock oder im Gewebe zwischen Darm und Scheide) eine Rarität ist, die auch ein Spezialist nur eher selten zu sehen bekommt. Die Entstehung von Krebs der Gebärmutterschleimhaut an ihrem eigentlichen Platz, der Gebärmutterhöhle, ist im Vergleich dazu ungleich häufiger. Insofern wird eine Endometriose nicht entfernt, um einer Entartung vorzubeugen, wie man das gelegentlich hört. Gleichwohl ist Endometriosegewebe in der Lage, Organbarrieren zu überwinden und in Nachbargewebe- bzw. -organe hineinzuwachsen. Man nennt diesen Vorgang Infiltration.

Theorien zur Entstehung der Endometriose

Wie kommt es nun, dass sich Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedelt, wo sie ja nicht hingehört? Zumindest konnte bisher hinter dem Phänomen Endometriose kein biologischer Sinn erkannt werden. Zwar gibt es einige Vorstellungen davon, aber bewiesen ist keine. Schon seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts konkurrieren zwei Erklärungsmodelle: die Verschleppungstheorie und die Metaplasietheorie.

Die Verschleppungs- oder Transplantationstheorie basiert auf der Vorstellung, dass Menstrualblut über den Eileiter retrograd – also rückwärts – in die Bauchhöhle gelangt und dabei lebensfähige Gebärmutterschleimhautinseln mitnimmt, die sich dann unter gewissen Bedingungen im Bauchfell des Beckens einnisten. Diese Theorie vermag z. B. eine diffus ausgebreitete Bauchfellendometriose durchaus gut zu erklären oder auch die Manifestation in einer Kaiserschnitt- oder Dammschnittnarbe. Aber wie kommen nach dieser Vorstellung Herde in das Rippenfell (Pleura)? Außerdem tritt die retrograde Menstruation bei vielen Frauen auf, ohne dass sich eine Endometriose entwickelt. Wahrscheinlich ist hierfür eine besondere Bereitschaft des »Wirtsgewebes« notwendig.

Als Metaplasie bezeichnet man den Ersatz eines reifen Gewebes durch ein anderes. Bei der Endometriose bedeutete dies, dass sich z. B. aus ortsständigem Bauchfell Gebärmutterschleimhaut bildet. Aber dieser Metaplasie müsste sinnvollerweise ein Reiz oder Signal vorausgehen, der das Bauchfell veranlasste, so etwas zu tun. Ein solcher Reiz konnte bisher nicht identifiziert werden.

Einige Wissenschaftler halten eine Synthese aus beiden Theorien für besser geeignet, die Endometrioseentstehung zu interpretieren, andere wiederum favorisieren Störungen des Immunsystems als notwendige Voraussetzung für die Einnistung der Herde. Auch die Verbreitung von Gebärmutterschleimhautfragmenten über Blut- und Lymphbahnen – ganz ähnlich wie bei bösartigen Geschwülsten – wird diskutiert.

Bei der Menstruation wird nur die oberflächliche Schleimhautschicht (Functionalis) abgestoßen, nicht die tiefere Schicht (Basalis). In einer aktuellen Anschauung wird postuliert, dass für die Entstehung einer Endometriose allerdings die Basalis in die Bauchhöhle verschleppt werden müsse, da nur sie das Potenzial besitze, neue Schleimhaut aufzubauen. Bei Frauen mit Endometriose komme es bereits sehr früh im Zyklus – noch während der Menstruation – zu außergewöhnlich starken retrograden Kontraktionswellen im Uterus, die sonst biologisch nur zum Transport der Spermien in den Eileiter während der fruchtbaren Phase (Zyklusmitte) sinnvoll wären. Mit diesen retrograden Wellen gelange dann auch Basalis in den Bauchraum. Hier ergibt sich die Frage, warum diese außergewöhnlichen Kontraktionen der Gebärmutter, die dann später eine Endometriose zur Folge haben sollen, auftreten. Haben Frauen mit Endometriose häufig solche Kontraktionen oder führen letztere zu Endometriose? Eine vom Becken weit entfernte Endometriose lässt sich mit dieser Theorie ebenfalls nicht begründen.

Fasst man die bisherigen Forschungsergebnisse zusammen, ergibt sich – bei aller Unsicherheit – vielleicht folgendes Bild: Tatsächlich scheinen die genannten besonderen Kontraktionen der Gebärmutter gewissermaßen den Anstoß zu geben, in dessen Folge über eine Gewebsschädigung in einer besonderen Schicht zwischen Gebärmutterschleimhaut und -muskulatur Stammzellen in den Bauchraum gelangen, mit dem Potenzial, sich dort oder auch in der Gebärmuttermuskulatur selbst (Adenomyose) einnisten zu können. Wahrscheinlich sind genetische, möglicherweise auch epigenetische Veränderungen dabei eine Voraussetzung – also eine gewisse Veranlagung. Unterhalten wird der Krankheitsprozess, vor allem mit den Folgen der chronischen Schmerzen, durch immunologische und entzündliche Vorgänge, die in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Forscher gerückt sind. Schließlich müssen die Östrogene genannt werden, ohne die sich eine Endometriose, von Ausnahmen abgesehen, nicht entwickeln kann. Sie entstehen in hohen Konzentrationen am Ort der Herde (sog. lokale Hyperöstrogenisierung) und befeuern den Krankheitsprozess.

Abschließend muss ehrlicherweise eingestanden werden, dass die Ursache für die Entwicklung einer Endometriose trotz vieler Deutungsversuche wissenschaftlich noch nicht geklärt ist.

Die zuletzt beschriebene Theorie vor Augen, wollen wir das Problem der Endometriose-assoziierten Schmerzen streifen, denn vor allem diese lassen die Erkrankung für die Betroffenen zum Problem werden. Durch die begleitenden entzündlichen Reaktionen an den Endometrioseherden können vor Ort befindliche Nervenendigungen im Bauchfell oder an Organen (z. B. Darm und Blase) chronisch – vor allem auch zyklisch – gereizt werden. Ein Endometriosebefall an den Organen selbst führt zunächst zum sog. viszeralen-‍, d. h. Eingeweideschmerz. Letztlich resultiert aber häufig eine ständige Schmerzleitung zum Gehirn, die zur Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses führen kann. Das mag eine Erklärung dafür sein, warum selbst die komplette Entfernung eines schmerzverursachenden Gewebebezirkes oder Organs nicht zwangsläufig in kompletter Schmerzfreiheit resultieren muss. Die chronische Aktivierung der Beckennerven mag auch in Störungen der Schmerzwahrnehmung resultieren sowie in einer diffusen Übertragung des Schmerzes auf die Muskulatur im Becken. Dieser sog. somatische Schmerz wird häufig als dumpf beschrieben und zum Teil von vegetativen Symptomen begleitet. Mit der Zeit führen die unterschiedlichen Schmerzen durch die Endometriose gern ein Eigenleben (Schmerzgedächtnis) und verlassen die Zyklizität, weshalb sie dann nicht selten durch eine hormonelle Therapie nicht mehr so gut zu beeinflussen sind.

Die Erscheinungsformen der Endometriose

Verschiedene Gewebe und Organe im Bauch können von Endometriose befallen werden. Das betrifft in abnehmender Häufigkeit das Bauchfell, die Eierstöcke, die Scheide, die Muskelschicht der Gebärmutterwand, den Raum zwischen Scheide und Enddarmvorderwand, den Darm selbst, den Wurmfortsatz (Appendix), die Harnblase, den Bauchnabel, das Zwerchfell und selten Gewebe außerhalb der Bauchhöhle. So finden sich auch Herde im Rippenfell (Pleura), in der Lunge oder in der Nasenschleimhaut. Wenn die Endometriose Symptome verursacht, kann aufgrund der Schmerzen zwar Rückschluss auf die zu vermutende anatomische Lokalisation gezogen werden, aber im Einzelfall treten die Beschwerden durch Nervenfortleitung auch an vom Herd recht entfernter Stelle auf.

Je nach ihrer Lokalisation (▶ Abb. 1.2) nimmt die Endometriose vielfältige Formen mit den unterschiedlichsten Beschwerden an. Die Erscheinungsformen treten oft gemischt auf. Am häufigsten ist die Endometriose des Bauchfells. Die Herde befinden sich dabei vor allem an den Beckenwänden neben dem Eierstock, in den Bändern, die von der Gebärmutter zum Kreuzbein ziehen, dem Bauchfellüberzug der Blase oder im sogenannten Douglas'schen Raum. Eine Endometriose des Bauchfells kann letztlich nur durch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) diagnostiziert werden, wobei man die Herde entfernt und anschließend der mikroskopischen Untersuchung zuführt.

Die Endometriose der Eierstöcke zeigt sich häufig in der Bildung von Zysten. Das sind flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, die mit einer bestimmten Zellschicht ausgekleidet sind. In diesem Falle besteht die Zellschicht aus Endometriosegewebe. Weil nun das in den Zysten gestaute ältere Menstrualblut mit der Zeit eine bräunliche Farbe annimmt, werden diese Endometriosezysten (▶ Abb. 1.3) auch als »Schokoladenzysten« (▶ Abb. 1.4) bezeichnet. Sie können durch die wiederkehrenden Einblutungen bis zu zwölf Zentimeter groß werden.

Endometriose kann sich auch in tieferen Strukturen des kleinen Beckens, vor allem in der Trennschicht zwischen Scheide und Enddarm oder im oberen Gewölbe der Scheide, befinden. Der Enddarm und andere Strukturen wie z. B. der Harnleiter oder die Blase können dabei von der Endometriose durchsetzt werden. Man nennt sie dann tiefe infiltrierende Endometriose (TIE). Im fortgeschrittenen Stadium der TIE sind die Grenzen zwischen den Organen teilweise völlig aufgehoben, deren anatomische Integrität damit zerstört und ihre Funktion eingeschränkt oder sogar unmöglich. Darm und Harnleiter können dabei so verengt sein, dass der Transport von Stuhl und Urin nicht mehr regelrecht gewährleistet ist, was beim Harnleiter einen gefürchteten Harnaufstau in der Niere nach sich ziehen kann. Die Fortpflanzung ist durch eine solche Organdestruktion der Eierstöcke und Eileiter häufig kompromittiert. Auf diese schwere Form der Endometriose gehen wir im Kapitel zur Therapie (▶ Kap. 2) noch einmal ausführlich ein.

Abb. 1.2:Verschiedene Lokalisationen von Endometrioseherden

Bei der sog. Adenomyose infiltriert die Endometriose die Muskelschicht der Gebärmutterwand. Dies kann sich in äußerst heftigen Beschwerden vor und während der Regelblutung, in verstärkten Regelblutungen und ungewollter Kinderlosigkeitäußern. Allerdings findet man bei vielen Frauen, denen aus anderen Gründen die Gebärmutter entfernt wurde, zufällig eine Adenomyose anlässlich der mikroskopischen, pathologischen Untersuchung, sodass sich diese besondere Form der Endometriose dann in Abwesenheit von Beschwerden und ohne Sterilität als Befund – und nicht als Erkrankung – festhalten lässt.

Abb. 1.3:Typischer Aspekt einer Endometriosezyste in der vaginalen Ultraschalluntersuchung

Seltene Erscheinungsformen

Manchmal befindet sich Endometriose in der Nabelgrube, was durch dort lokalisierte zyklusabhängige Schmerzen, einen entsprechenden knotigen Befund oder durch Blutungen aus dem Nabel auffallen kann. Auch in alten Narben, z. B. nach einem Kaiserschnitt oder nach Dammschnitt im Zusammenhang mit einer Entbindung, kann sich Endometriose bilden. Gelegentlich sieht man sie bei der gynäkologischen Untersuchung am Gebärmutterhals.

Abb. 1.4:Typisches Bild einer sog. Schokoladenzyste

Typische Beschwerden bei Endometriose (Symptome)

Kardinalsymptom ist die schmerzhafte Regelblutung (Dysmenorrhoe). Die Blutung kann verstärkt oder verlängert sein. Daneben sind alle zyklusabhängigen Bauchschmerzen verdächtig auf eine Endometriose. Von vielen Patientinnen werden Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) oder auch beim Stuhlgang (Dyschezie) angegeben. Das erscheint besonders verständlich, wenn das Septum rectovaginale, die zum Kreuzbein ziehenden Bänder oder die Rektumvorderwand infiltriert sind. Aber auch ohne diesen Befall geben viele Frauen mit Bauchfellendometriose die genannten Beschwerden an.

Der Stuhlgang selbst ist bei Darmbefall u. U. unregelmäßig; auch die Konsistenz zwischen geformt und eher flüssig kann wechseln. Weiterhin finden sich Blähungen und schmerzhafte Darmkontraktionen (Tenesmen). Bei Blasenbefall kann das Wasserlassen schmerzhaft sein (Dysurie), daneben berichten viele Frauen mit Blasenendometriose über häufigeren Harndrang. Zyklische Blutbeimengungen zum Stuhl oder Urin sind auf eine Endometriose verdächtig, bei Darmendometriose aber viel seltener als angenommen. Bei Manifestationen im Nabel oder am Zwerchfell können die Beschwerden streng lokalisiert, aber auch ganz untypisch sein. Die Stärke der Schmerzen ist bei der Endometriose so unterschiedlich wie die Variabilität der Erkrankung selbst. Neben den Schmerzen sind viele Frauen mit Endometriose von ungewollter Kinderlosigkeit (Sterilität) betroffen.

Tiefer Befall entlang oder in der Nähe von Nervenstrukturen (Plexus sacralis) löst im Einzelfall Schmerzsensationen aus, die wegen des Ausstrahlens in den Oberschenkel, das Kreuzbein und die Wirbelsäule an eine orthopädische Ursache denken lassen und gelegentlich lange Zeit dafür gehalten werden. Überhaupt hält sich die Endometriose gern in der Umgebung von Nerven auf (oder es sprossen kleine Nerven in die Herde ein?), was vielleicht das häufigste Endometriosesymptom – den Schmerz – plausibel erscheinen lässt.

Der Verlauf der Endometriose

Der Verlauf der symptomatischen Endometriose ist von Fall zu Fall verschieden. Sie wird meistens schleichend beginnen und selten akut. Wir wissen viel zu wenig über den genauen zeitlichen Verlauf, denn wenn die Erkrankung anlässlich einer Bauchspiegelung festgestellt wird, gehen ja oft viele Jahre mit entsprechenden Beschwerden voraus, und retrospektiv ist es unmöglich, den Beginn der Erkrankung zu datieren. Die Endometriose ist bei der einen Patientin bereits im Pubertätsalter präsent – sie berichtet dann, dass die Schmerzen seit der ersten Periodenblutung (Menarche) bestanden (sog. primäre Dysmenorrhoe), eine andere Betroffene bekommt die Symptome vielleicht erst nach der Geburt des zweiten Kindes im Alter von über 30 Jahren.

Nicht nur zwischen einzelnen Betroffenen ist der Verlauf der Erkrankung sehr variabel, auch bei derselben Patientin sind unterschiedliche Phasen nicht selten. In der Wahrnehmung vieler Frauen ist die Endometriose zwangsläufig ein schicksalhaftes, chronisches Übel – und leider trifft diese Charakteristik oft zu. Aber es gibt Pausen und auch die spontane Besserung der Symptome. Vielen Patientinnen kann glücklicherweise eine anhaltende symptomarme und auch -freie Zeit unter entsprechender medikamentöser Behandlung ermöglicht werden, obwohl die Herde noch vorhanden sind. Der Charakter der Beschwerden ändert sich gelegentlich mit der Zeit; die anfangs meistens vorhandene Zyklizität kann einer zyklusunabhängigen Symptomatik als Ausdruck der Chronifizierung der Schmerzen weichen. In dieser Situation sind endometriosespezifische Therapieansätze u. U. nicht mehr so wirkungsvoll.

Insgesamt muss bei bis zu zwei Dritteln aller Betroffenen mit dem Wiederauftreten der Endometriose trotz Operation und medikamentöser Therapie gerechnet werden. Ob die Endometriose tatsächlich immer eine progressive, d. h. fortschreitende Erkrankung ist, wird kontrovers diskutiert, wobei nur wenige Experten diese Fragestellung wissenschaftlich untersucht haben. In einer italienischen Studie wurden vor einigen Jahren Patientinnen mit TIE lediglich beobachtet. Es kam in nur knapp 10 % zu einem Fortschreiten der Endometriose. Unabhängig davon gehört die symptomatische Endometriose zu den chronischen Erkrankungen. Viele Frauen müssen über Jahre mit ihrer Endometriose leben.

Bisher haben wir bewusst von der symptomatischen Endometriose gesprochen. Man schätzt aber, dass etwa die Hälfte der Frauen mit Endometriosebefall keine Beschwerden aufweist (ein solcher Befall kann z. B. als Zufallsbefund anlässlich einer anderer Gründe wegen durchgeführten Laparoskopie festgestellt werden). Wir haben für diese Beobachtung keine wissenschaftliche Erklärung. Es gibt auch keine Beziehung zwischen dem Ausmaß der Endometriose und der Stärke der Beschwerden. Eine Frau mit fortgeschrittener TIE, vielleicht sogar mit Darmbefall, ist u. U. völlig beschwerdefrei, während bei einer anderen Patientin mit nur wenigen kleinen Herden im Bauchfell eine schwere Symptomatik bestehen kann. Das berührt die für das Verständnis der Endometriose zentrale Frage, wann von einer Erkrankung im Wortsinn und wann eher von einem Befund gesprochen werden sollte. Für die Therapie – insbesondere, wenn eine Operation ansteht – ist die Beantwortung dieser Frage essenziell.

Die Diagnostik der Endometriose

Richtungsweisend ist zunächst einmal die genaue Erhebung der Krankengeschichte. Unter Umständen kann dabei ein Schmerztagebuch hilfreich sein. Die Art der Schmerzen und die Situationen, in denen sie auftreten, sollten genau analysiert werden. Als nächstes kann die gynäkologische Untersuchung wichtige Hinweise geben. Eine Endometriose in der Scheide – dann meistens im hinteren Scheidengewölbe – ist häufig sichtbar, Verhärtungen zwischen Gebärmutter, Scheide und Darm können getastet werden, und auch Schmerzen während der Untersuchung, z. B. beim Bewegen der Gebärmutter, können wichtige Hinweise liefern. Für den erfahrenen Arzt sind das Gespräch mit der Patientin und die körperliche vaginale und rektale Tastuntersuchung die entscheidenden diagnostischen Schritte insbesondere bei der Abklärung der schweren, tief infiltrierenden Endometriose vor der Laparoskopie. Alle anderen diagnostischen Maßnahmen, von der Kernspintomografie bis zur Darmspiegelung, treten dahinter zurück.

Bei der Diagnostik gynäkologischer Erkrankungen wird in der Regel eine Ultraschalluntersuchung mit einer speziellen vaginalen Sonde durchgeführt. Die häufigste Form der Endometriose – der Befall des Bauchfells – ist bei der Ultraschalluntersuchung allerdings nicht sichtbar. Endometriosezysten des Eierstocks lassen sich dagegen fast immer gut durch eine Ultraschalluntersuchung nachweisen, denn sie bieten ein typisches Erscheinungsbild, jedoch kommen auch andere Arten von Zysten oder selten auch Tumoren infrage. Deshalb kann die Verdachtsdiagnose nur durch eine Bauchspiegelung bestätigt werden. Auch eine Adenomyose lässt sich bei entsprechender Ausprägung im Ultraschall darstellen. Die Kernspintomografie liefert dafür ebenfalls gute Bilder. Dennoch ist es bei der Adenomyose in der Regel so, dass die definitive Diagnose sich nur an einer entfernten Gebärmutter bestätigen lässt. Zwar kann im Einzelfall durch Gewebeproben aus der Gebärmutter im Rahmen einer Bauchspiegelung die Adenomyose nachgewiesen werden, sollten dabei jedoch keine Endometrioseherde zur Darstellung kommen, ist der Befall an anderer Stelle nicht ausgeschlossen.

Abgesehen von schon bei der Untersuchung sichtbarer Endometriose im Scheidengewölbe oder im Nabel gilt die Bauchspiegelung (Laparoskopie) mit Gewebeprobe als die bisher einzige zuverlässige Methode für die Feststellung einer Endometriose. Beweisend ist letztlich der mikroskopische Befund. Aber natürlich ist zu bedenken, dass die Bauchspiegelung einen operativen Eingriff in Vollnarkose bedeutet, der immer auch mit Risiken behaftet ist. Während die Experten im deutschsprachigen Raum die Laparoskopie mit Gewebeentnahme zur Sicherung der Diagnose aktuell noch als Goldstandard beibehalten, hat die entsprechende Arbeitsgruppe der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) dagegen in ihrer Leitlinie die Forderung nach einer Bauchspiegelung nicht mehr erhoben und die Diagnosestellung nach gründlicher gynäkologischer Untersuchung unter Einschluss der Ultraschalltechnik als zunächst gleichwertig erachtet (Leitlinien der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe [DGGG, ÖGGG, SGGG] und der ESHRE, ESHRE Leitlinie: https://www.eshre.eu/Guidelines-and-Legal/Guidelines/Endometriosis-guideline.aspx; Deutschsprachige Leitlinie [DGGG, ÖGGG, SGGG]: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015 – 045.html). Bei der Laparoskopie wird in Narkose zunächst durch einen kleinen Schnitt eine spezielle Kanüle in die Nabelgrube eingeführt und darüber Kohlendioxid in den Bauch geleitet, um die Bauchdecken anzuheben. Anschließend wird durch den Nabelzugang eine Gerätehülse und durch diese eine Optik mit einer Kamera in den Bauchraum gebracht. Der Operateur verfolgt das Geschehen auf einem Monitor (praktisch wie bei einer Direktübertragung). Dadurch können das Bauchfell, die Gebärmutter, die Eileiter und Eierstöcke, der Darm und alle weiteren im Bauchraum sichtbaren Strukturen genau betrachtet werden. Man hat weiterhin die Möglichkeit, auffällige Herde mit feinen Instrumenten über weitere kleine Hautschnitte im Unterbauch zu entfernen und zur feingeweblichen (histologischen) Begutachtung einzuschicken. Dieser mikroskopische Nachweis ist nicht zuletzt auch zur Abgrenzung von möglichen anderen Erkrankungen zu fordern, denn nicht jeder Endometrioseverdacht bestätigt sich. Umgekehrt gibt es auch Veränderungen des Bauchfells, die zunächst nicht typisch für eine Endometriose sind, sich unter dem Mikroskop dann aber doch als eine solche erweisen.

Mit dieser laparoskopischen Technik sind auch umfangreiche Operationen