Enemies abroad - R.S. Grey - E-Book

Enemies abroad E-Book

R. S. Grey

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Beschreibung

Audrey und Noah hassen sich und machen sich den Arbeitsalltag an der Lindale Middle School gegenseitig zur Hölle. Und jedes Jahr freuen sie sich auf die Sommerferien, um  den anderen nicht ertragen müssen.

Der Schuldirektor stellt jedoch in diesem Jahr einen üppigen Bonus in Aussicht. Die Bedingung: eine achte Klasse als Aufsichtspersonal drei Wochen nach Rom zu begleiten.

Weder Audrey noch Noah möchten sich diese Chance entgehen lassen und als keiner von beiden nachgibt, sagen beide zu. Was soll schon passieren, wenn sie rund um die Uhr in einem fremden Land zusammen sind und eine Horde Teenager beaufsichtigen müssen?

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Audrey und Noah hassen sich und machen sich den Arbeitsalltag an der Lindale Middle School gegenseitig zur Hölle. Und jedes Jahr freuen sie sich auf die Sommerferien, um  den anderen nicht ertragen müssen.

Der Schuldirektor stellt jedoch in diesem Jahr einen üppigen Bonus in Aussicht. Die Bedingung: eine achte Klasse als Aufsichtspersonal drei Wochen nach Rom zu begleiten.

Weder Audrey noch Noah möchten sich diese Chance entgehen lassen und als keiner von beiden nachgibt, sagen beide zu. Was soll schon passieren, wenn sie rund um die Uhr in einem fremden Land zusammen sind und eine Horde Teenager beaufsichtigen müssen?

Über R.S. Grey

R. S. Grey ist eine US-amerikanische Schriftstellerin. Mit ihren erfolgreichen Romanen steht sie regelmäßig auf der USA Today Bestsellerliste. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und ihren zwei Hunden in Texas. 

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R.S. Grey

Enemies abroad

Aus dem Amerikanischen von Anne Morgenrau

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Kapitel dreiundzwanzig

EPILOG

Dank

Impressum

Lust auf more?

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Kapitel eins

Heute Morgen bin ich in meinem Element. Der Direktor hat das komplette Kollegium zu einer Konferenz vor dem Unterricht einbestellt, so dass wir alle im Morgengrauen aufstehen mussten, um rechtzeitig da zu sein. Im Gegensatz zu meinen Kolleginnen und Kollegen bin ich bereits hellwach. Ich kümmere mich um den Tisch mit den Erfrischungen, den ich freiwillig aufgebaut habe. Ich habe bei Starbucks eine Kanne Kaffee besorgt und mehrere Dutzend Donuts mitgebracht. Inmitten des Kuchensortiments steht ein Tablett mit kunstvoll glasierten Vanilleplätzchen, die mit Zuckerguss und handgemalten Maskottchen der Lindale Middle School verziert sind. Go Lizards!

»Wow, Audrey, da hast du dich ja wirklich selbst übertroffen.«

Ich schwelge im Lob meiner Arbeitskollegen.

»Die besten Plätzchen hier in der Gegend«, sagt jemand und nimmt sich augenzwinkernd ein zweites.

Mein Lächeln scheint eine Dauereinrichtung zu werden.

Aber plötzlich verblasst es.

Noah Peterson betritt den Raum, und mich wundert, dass seine Ankunft nicht von Donnergrollen und Rauchschwaden begleitet wird. Wenigstens Unheil verkündende Musik sollte gespielt werden.

Er hat bereits eine Thermoskanne Kaffee und einen Frühstückstaco in der Hand. Es gibt keinen Grund, warum er zu meinem Tisch kommen sollte. Eigentlich sollte er sich einen Platz in der Nähe der Tür suchen und dort geduldig auf den Beginn des Meetings warten, aber er kann sich einfach nicht zurückhalten.

Ich drehe mich um und rücke die Servietten zurecht, die bereits als ordentliche Fächer auf dem Tisch liegen.

Im Nu ist Peterson bei mir, denn er ist riesig und überbrückt die Entfernung mit wenigen großen Schritten.

Betont gelangweilt, als wollte ich sagen: Ach, du bist es nur. Schade eigentlich, blicke ich zu ihm auf.

»Morgen, Noah. Was hast du in der Thermoskanne da?«, frage ich ihn. »Diesel? Batteriesäure? Menschliches Blut?«

Okay, offensichtlich kann ich mich auch nicht zusammenreißen.

Jeden Morgen wache ich auf und denke: Guten Morgen allerseits, ausgenommen Noah Peterson.

Er deutet auf ein Vanilleplätzchen.

»Was soll das sein?«

Er weiß genau, was das Dekor darstellen soll – schließlich habe ich Stunden damit verbracht, die Plätzchen möglichst makellos zu glasieren –, trotzdem höre ich mich antworten: »Eine Eidechse.«

»Oh, alles klar.«

Meine Augen sind Schlitze. »Das ist ja wohl kaum zu übersehen.«

Er legt den Kopf schief, blinzelt und tut so, als betrachte er das Plätzchen noch genauer. »Ich finde, es sieht eher wie eine Schlange aus.«

Er nimmt ein Plätzchen und zeigt es einer Kollegin, um eine zweite Meinung zu hören.

»Oh, süße Schlange«, sagt sie und bestätigt Noahs Meinung, ohne es zu wissen.

Ich balle die Fäuste. »Okay, du bekommst keine Kekse.«

Sein Blick wirkt jetzt belustigt, denn er weiß, dass er gewonnen hat. »Ich dachte, die wären für alle da.«

»Nicht für dich.«

»Den hier habe ich schon angefasst.«

Ich nehme Noah den Keks aus der Hand, werfe ihn in den Mülleimer neben dem Tisch, in dem er mit einem dumpfen Geräusch landet, und lasse ihn einfach stehen.

Na super.

Jetzt muss ich meine mentale Strichliste der Tage ohne Zwischenfälle mal wieder auf null setzen. Dabei wäre es ein Rekord gewesen: zwei Tage.

Trotzdem bereue ich es nicht. Ich habe diese Plätzchen nicht für Noah gebacken. Er verdient es nicht, meine köstlichen Leckereien zu probieren.

Das Meeting müsste gleich beginnen, aber der Konferenztisch ist noch ziemlich leer. Die meisten Lehrkräfte lungern lieber vor dem Raum herum und verlieren sich in der Menge, damit Direktor O’Malley ihnen keine unbequemen Fragen stellt.

Ich nehme Platz und lege sorgfältig meine Stifte und meinen personalisierten Notizblock vor mir auf den Tisch.

Eigentum von Ms. Cohen.

Ich bin mir Noahs Anwesenheit deutlich bewusst, als er mir schräg gegenüber Platz nimmt. Rasch sind auch die Plätze neben ihm belegt.

Noah Peterson ist alles, was ich nicht bin: locker, unbeschwert und von allen bewundert.

Sein Bild schafft es in jedem Frühling in das Jahrbuch, noch dazu mit der Auszeichnung Lindales coolster Lehrer. Ich bekomme nie eine Auszeichnung, nicht mal eine von den langweiligen.

Offenbar bin ich eine, die »sich Mühe gibt«, wie es eine andere Lehrerin mal liebevoll ausgedrückt hat, als sie nicht bemerkt hatte, dass ich noch im Lehrerzimmer war, um mein kalorienarmes Frühstück zu verspeisen. Ich bin die Kollegin, die ekelhaft früh bei Meetings erscheint und freiwillig länger bleibt, um eine Fahrgemeinschaft zu bilden. In meinem Klassenraum sieht es aus wie nach einer Explosion im Spielwarenladen. Es gibt aufwendig bestückte Pinnwände, inspirierende Poster, Belohnungslisten. Meine Schüler haben kaum Platz zum Sitzen.

Als Noah zu Beginn des Schuljahrs zum ersten Mal meinen Klassenraum betrat, zog er die Augenbrauen fast bis zum Haaransatz hoch.

»Wow … diesmal ist es sogar für deine Verhältnisse viel, und das soll kein Kompliment sein.«

Ich zog es vor, seinen spöttischen Tonfall zu ignorieren und stattdessen zu lächeln, als hätte er gerade etwas wahnsinnig Nettes gesagt. Etwas wie: Audrey, du bist meine Heldin. Niemand ist cleverer und cooler als du.

»Danke.«

»Wie lange hast du dafür gebraucht?«

»Ist fast alles gekauft.«

Nach dieser Lüge stieß ich den Müllereimer unauffällig mit dem Fuß an, damit die leere Klebestift-Packung mit der Aufschrift Jetzt 200 Stück! unter dem Pult verschwand. Ich hielt die rechte Hand hinter dem Rücken, um das Pflaster an meinem rechten Daumen vor ihm zu verstecken. Plotter-Verletzung.

»Ist das ein Eiffelturm aus Pappmaché?«

»Äh … ja. Findet man heute alles im Internet.«

Für den Eiffelturm habe ich eine ganze Woche gebraucht. Er nimmt eine komplette Ecke des Klassenraums ein, und darunter können sich die Kinder in weiche Kissen und Decken kuscheln und lesen.

Was machen eigentlich andere Leute in den Sommerferien?

Jetzt betritt Direktor O’Malley den Konferenzraum, einen Becher Kaffee von der Tankstelle und einen rasselnden Schlüsselring in Händen. Er trägt einen ausgeblichenen grauen Anzug und eine gemusterte Krawatte aus den Neunzigerjahren. Er ist klein und gedrungen und hat einen Rettungsring um die Taille. Die wenigen Haarsträhnen auf seinem Kopf kämpfen verzweifelt um ihr Leben.

Wenn er eine Gesamtkonferenz einberuft, wissen wir, dass wir Sitzfleisch brauchen werden. Wie ein betrunkener Onkel, der bei einer Hochzeit das Mikro ergattert, weiß auch Direktor O’Malley die Dinge in die Länge zu ziehen. Er besitzt die unheimliche Fähigkeit, aus einer kurzen Ankündigung eine stundenlange, ausufernde Rede zu machen.

Als es um die Effizienz der Essensausgabe geht, schalte ich kurz ab, und als ich wieder zuhöre, ist er bereits bei einem völlig anderen Thema angelangt.

»Wenn Sie Ihren Tag in Angriff nehmen, versuchen Sie doch einmal, die Buchstaben des Wortes LEHRER zu verkörpern. Leidenschaftlich. Energiegeladen. Rege. Ehrfurchtgebietend …«

»Sie haben das H vergessen!«, ruft jemand.

Direktor O’Malley verstummt und fängt an, seine Worte noch einmal durchzugehen und die einzelnen Buchstaben an seinen Wurstfingern abzuhaken.

O mein Gott.

»Steht H nicht für harte Arbeit?«, fragt jemand anders.

»Ich dachte, eher für Hilfsbereitschaft«, meldet sich Noah zu Wort, der genau weiß, was er da tut.

In den nächsten zehn Minuten läuft die Konferenz komplett aus dem Ruder, denn Direktor O’Malley lässt uns darüber abstimmen, ob H für Hilfsbereitschaft oder für harte Arbeit stehen soll.

Das Ergebnis ist ein Unentschieden, da schreitet Konrektorin Trammell ein – der wahre Kopf hinter dem ganzen Betrieb hier – und schlägt höflich vor, zum nächsten Punkt der Tagesordnung überzugehen.

»Ach ja.« Direktor O’Malley räuspert sich, ehe er in ungewohnt feierlichem Tonfall fortfährt: »Ich muss Ihnen eine traurige Mitteilung machen. Unsere liebe Mrs. Mann hatte gestern einen Motorradunfall.«

Alle im Raum halten die Luft an, und dann wollen sie Details wissen.

»O mein Gott!«

»Arme Mrs. Mann!«

»Wurde sie von einem Motorrad angefahren?«

»Sie hat das Motorrad gefahren«, stellt Direktor O’Malley klar.

Nicht zu fassen.

Mrs. Mann ist eine sechzigjährige Sozialkunde-Lehrerin, die mit nassen Klamotten vierzig Kilo wiegt. Ihre Garderobe stammt aus einem Katalog für Amische. Sie schreit die Schüler an, wenn sie durch die Flure rennen, schimpft aber, wenn sie zu spät kommen. Einmal hat sie mich wegen meiner schlechten Körperhaltung getadelt.

»Sie gehört zu einem Motorradclub für Damen über sechzig. Kutten, Abzeichen … das volle Programm. Jedenfalls hat sie sich gestern bei einem kleinen Zusammenstoß mit einem Eiswagen das Handgelenk gebrochen. Mit vollständiger Genesung ist zu rechnen, trotzdem bringt der Unfall die Pläne für die Romreise in diesem Sommer durcheinander.«

Mrs. Mann und ihr Gatte – ein Geschichtsprofessor am örtlichen College – fahren jedes Jahr freiwillig mit einer zehnköpfigen Gruppe Mittelstufenschülern für drei Wochen nach Italien, und jedes Jahr denke ich: Besser sie als ich. Welcher geistig gesunde Mensch verbringt einen Teil seiner Sommerferien damit, in einem fremden Land eine Horde Dreizehnjähriger zu beaufsichtigen?

»Die Schüler für die diesjährige Reise wurden bereits ausgewählt, und Sie haben vermutlich gesehen, wie sie sich auf dem Schulgelände ins Zeug legen, um Spendengelder zu sammeln.« O’Malley klopft sich auf den Bauch. »Bei ihren Schokoriegeln habe ich einmal zu oft zugelangt, aber wissen Sie … die Dinger heißen nicht umsonst World’s Finest Chocolate. Ich kann ihnen einfach nicht widerstehen.«

Offenbar hat Konrektorin Trammell bemerkt, dass sie jetzt besser übernehmen sollte, denn sie meldet sich höflich lächelnd zu Wort. Ohne sie würde hier alles aus den Fugen geraten.

»Wir suchen zwei Lehrkräfte, die das Ehepaar Mann bei dieser Reise vertreten können. Sie erstreckt sich über drei Wochen im Juli. Gibt es Freiwillige?«

Keine Reaktion.

Konrektorin Trammell lässt den Blick durch den Raum schweifen, und wir schauen überall hin, nur nicht zu ihr.

»Mrs. Vincent?«, fragt sie mit hoffnungsvoller Stimme.

Mrs. Vincent ist Spanischlehrerein und ein Sprachgenie. Sie spricht ungefähr acht Fremdsprachen, auch Italienisch.

Abwehrend hebt sie die Hände. »Ach, schade, ich kann leider nicht!« Sie findet es kein bisschen schade. »Das ist bestimmt ein großer Spaß. Rom in der Sommerhitze … da bin ich doch dabei!«, sagt sie mit kaum verhohlenem Sarkasmus. »Aber ich werde voraussichtlich Ende August mein Baby zur Welt bringen, und ich bezweifle, dass meine Gynäkologin es gutheißen wird, wenn ich in diesem späten Stadium der Schwangerschaft nach Übersee reise.«

Alle schwangeren Lehrerinnen in diesem Raum seufzen vor Erleichterung. Die perfekte Entschuldigung.

Wäre ich doch nur schwanger.

Oder verheiratet.

Oder in irgendeiner Art von Beziehung.

Meine einzige verbindliche Beziehung ist zurzeit die zu meinem Textilreiniger. Niemand, wirklich niemand, entfernt Schokoladenflecken derart gründlich wie er.

Konrektorin Trammell schürzt die Lippen. »Nun gut. Falls jemand von Ihnen seine Meinung ändert, lassen Sie es mich bitte wissen. Bis Freitag müssen wir zwei Begleitpersonen gefunden haben, andernfalls müssen wir den Schülern mitteilen, dass die Reise abgesagt ist. Es würde ihnen wirklich das Herz brechen.«

Mrs. Trammell fährt schweres Geschütz auf, um uns umzustimmen.

Für einen Augenblick werde ich beinahe weich. Vielleicht sollte ich mitfahren. Was für eine wundervolle Gelegenheit für diese Teenager, die Welt zu erkunden und ihren Horizont zu erweitern!

Dann fällt mir ein, wie Danny gestern in der dritten Pause gefurzt hat. Der Geruch war dermaßen widerlich, dass ich die Klasse evakuieren musste, bis ein Hausmeister kommen und die Fenster öffnen konnte, um durchzulüften. Ich wette, es stinkt immer noch.

Und schon erstarrt mein Herz zu Eis. Wenn die Reise abgesagt wird, rollen wir einfach einen alten Fernseher rein und zeigen den Schülern einen unscharfen Dokumentarfilm über die Ewige Stadt. Das muss reichen.

Nach der Konferenz stehe ich auf und packe meine Sachen ein, nicht ohne das oberste Blatt meines Notizblocks abzureißen, um es später in den Müll zu werfen. Da ich früh geahnt habe, dass Notizen bei dieser Konferenz überflüssig sein würden, habe ich stattdessen Männchen auf die Ränder gemalt. Hübsche kleine Szenen aus einer heilen Welt, in der Noah vom Blitz erschlagen wird. In das Löwengehege im Zoo fällt. Oder in Tränen ausbricht, weil seine Motorkontrollleuchte angeht.

Scherzend und plaudernd verlassen die Lehrkräfte den Raum. Als ich aufblicke, geht Noah auf der anderen Seite an dem Konferenztisch vorbei. Urplötzlich bleibt er stehen, wippt auf den Fersen zurück und blickt zu mir herüber.

»Ehrlich gesagt bin ich erstaunt, dass du dich nicht erboten hast, nach Rom zu fahren«, sagt er. »Absolut untypisch für dich.«

»Ich habe diesen Sommer schon etwas vor.«

Um ihn nicht zu weiteren Kommentaren zu ermutigen, gehe ich zu dem Tisch mit den Erfrischungen, um das übrig gebliebene Gebäck einzupacken. Er umrundet den Tisch und folgt mir.

»Na klar. Hast du schon die Raumdekoration fürs nächste Jahr geplant? Ich habe gehört, dass in der ganzen Stadt kaum noch Bastelpapier zu bekommen ist.«

Ich gehe meiner Arbeit nach, als störte mich seine Anwesenheit nicht im Geringsten. Angesichts seiner Körpergröße ist das allerdings nicht ganz einfach. Er ist fast eins neunzig groß. Eigentlich müsste er schlaksig und ungelenk sein, aber nein, er ist breitschultrig – und er steht mir im Weg.

Ich klimpere mit den Wimpern, als wollte ich mit ihm flirten. »Und was ist mit dir? Was wirst du den ganzen Sommer über tun ohne Kinder, die du terrorisieren kannst?«

»Meine Schüler lieben mich.«

Das stimmt.

Noah hat den Klassenraum neben meinem, uns trennt nur eine Wand. Ich höre es jedes Mal, wenn er seine Klasse zum Lachen bringt.

Um mir keine Blöße zu geben, stoße ich trotzdem ein ungläubiges Schnauben aus und lege den Kopf schief, um in seine unglaublich hässlichen braunen Augen zu schauen.

»Über deine Witze lachen sie nur aus Mitleid.«

»Ich bin wahnsinnig komisch.«

»Du meinst wohl wahnsinnig nervtötend.«

Nur mit Mühe unterdrückt er ein Lächeln. Ich beuge mich vor, will ihn scheitern sehen. Als er merkt, dass er kurz davor ist, mir diesen Gefallen zu tun, setzt er sein Gesicht auf Werkseinstellung zurück.

Nach der Konferenz gehe ich davon aus, nichts mehr über die Romreise zu hören, ja, ich habe sie bereits komplett vergessen, als ich später am Abend eine E-Mail zu dem Thema erhalte. Ich bin allein in meiner Wohnung, bereite genug Essen für fünf Personen zu und überlege, wie viele Tage ich übrig gebliebenes Pilzrisotto essen kann, ohne dass mir schon beim Gedanken daran schlecht wird. Mein Handy pingt, und mein Herz macht einen Satz.

Hoffentlich ist es eine Textnachricht. Egal, von wem.

Ich bin jetzt siebenundzwanzig, und meine Freundinnen, bislang standhafte Singles, fallen nacheinander um wie die Fliegen. Auf jeder Familienfeier bekundet mir irgendein wohlmeinender Verwandter sein Mitgefühl.

»Deine Zeit wird noch kommen, Schätzchen.«

Äh, vielen Dank, Tante Marge, aber eigentlich möchte ich einfach nur in Ruhe meinen Kürbiskuchen essen, wenn das okay für dich ist?

Meine Freundinnen heiraten nicht nur, sie fangen auch noch an, sich fortzupflanzen.

Lustige, feuchtfröhliche Brunches werden durch Spieltreffen im Park und Yogakurse für Babys ersetzt. Ich nehme daran teil, so gut ich kann. Ich hänge mich voll rein, um die beste Tante aller Zeiten zu sein, aber tatsächlich entwickelt sich das Leben meiner Freundinnen in eine neue Richtung, während meines im alten Gleis weiterläuft.

Als ich sehe, dass der Signalton des Handys eine E-Mail von der Arbeit angekündigt hat, will ich sie erst überhaupt nicht lesen. Ich habe bereits einen Krimi am Bett liegen und muss noch einen Stapel Hausaufgaben benoten, aber dann erregt die Betreffzeile meine Aufmerksamkeit.

Bonus für Rombegleitung!

Bonus?!

Ich öffne die Mail und stöhne, als ich sehe, wie lang sie ist. Jede Menge Details zu der Reise: Daten, Vorgaben, Richtlinien. Blablabla. Mich interessiert nur eines, und das steht ganz unten.

Nachdem Mr. und Mrs. Mann die Reise in den vergangenen fünfzehn Jahren jeden Sommer begleitet haben, wünschen sie sich sehr, dass diese Tradition fortgeführt wird und sich zwei interessierte Aufsichtspersonen finden, die an ihre Stelle treten. Als sie hörten, dass es bisher keine Interessenten gibt, haben sie großzügigerweise beschlossen, als Anreiz finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich zur Erstattung der Reisekosten wird jeder Aufsichtsperson ein Bonus in Höhe von 2.500 Dollar gewährt.

Bei Interesse wenden Sie sich bitte vor dem 20. Mai an das Büro von Direktor O’Malley.

Nun … das ändert einiges.

Ich lege mein Handy auf den Tisch und überlege.

2.500 Dollar sind nicht zu verachten. Ein derartiger Betrag fällt mir nur selten in den Schoß. Mein Lehrerinnengehalt reicht für eine Zweizimmerwohnung, eine bescheidene Lebensführung und einen monatlichen Sparbetrag von 100 Dollar. Ich schwimme also nicht gerade im Geld.

Gleichzeitig weiß ich nicht, ob 2.500 Dollar ausreichen, damit ich drei Wochen mit einem Trupp Mittelstufenschüler im Ausland verbringe.

Unentschlossen gehe ich mit einer Schale Risotto zum Sofa hinüber und esse, während ich meinen Kalender durchsehe.

Mal sehen, im Juli sind am 6. der Geburtstag meines Vaters und am 13. ein Termin zur Zahnreinigung eingetragen. Unter dem 20. steht etwas von Strandwochenende mit Jeff, aber Jeff und ich haben uns vor einem Jahr getrennt, also weiß ich nicht, was er noch in meinem Kalender zu suchen hat.

Ich streiche den Termin durch, und schon habe ich in diesem Monat noch weniger vor als bisher.

Manche Leute würden das zutiefst deprimierend finden.

Ich finde es nur etwas deprimierend.

So viele Tage ohne jede Verpflichtung. Ich könnte in einen offenen Gully fallen, und mich würde wochenlang niemand als vermisst melden.

Ich muss meine Freundinnen und meine Familie nicht mal fragen, um zu wissen, wozu sie mir raten würden.

Meine Mom würde sagen: Mach es! Sorg für frischen Wind! Verlass deine Komfortzone!

Meine Freundinnen würden sagen: Denk nur an all die heißen Italiener! Vielleicht findest du deinen Seelenverwandten!

Mein Vater würde sagen: Rom?! Ich habe auf History gerade eine Doku über den Vesuv gesehen, er kann jederzeit ausbrechen. Bleib lieber in den Staaten. Du willst doch nicht wie diese armen Leute in Pompeji enden.

Ich seufze resigniert und klappe meinen Laptop zu.

Dann ist es also beschlossen. Gleich morgen früh schaue ich bei Direktor O’Malleys Büro vorbei.

So wie es aussieht, reise ich nach Rom.

Kapitel zwei

Falls ihr euch fragt, warum die Situation zwischen Noah und mir so angespannt ist. Nun, die Antwort ist ganz einfach: Wir sind wie Öl und Wasser. Wir passen nicht zueinander. Öl und Wasser sollten sich einfach in Ruhe lassen, aber in diesem Fall gefällt es dem Öl, das Wasser zu piesacken. Dabei hat das Wasser keinerlei Unrecht begangen. Das Wasser ist eine gute Lehrerin, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmert. Das Öl ist hier der Schurke, nicht das Wasser.

Wir arbeiten seit zwei Jahren zusammen, und ich habe den Überblick über unsere Eskapaden längst verloren.

Schwer zu sagen, wer angefangen hat.

Ich erinnere mich, dass Noah sich zu Halloween einen raffinierten Streich ausgedacht hatte, bei dem Spinnen von der Decke und auf meinen Kopf fielen, als ich die Tür öffnete. Ich schrie dermaßen laut, dass der Wachmann der Schule so schnell er konnte über den Flur herangeschlurft kam.

In Deckung!

Der Gerechtigkeit halber habe ich später in jenem Jahr Noahs Unterschrift auf einem folgenreichen Formular gefälscht.

»Und wie ich sehe, hat sich Mr. Peterson bereit erklärt, den Sexualkundeunterricht der Achtklässler zu übernehmen. Applaus für Mr. Peterson!«, verkündete der Direktor in der Konferenz in jener Woche.

Noahs vernichtender Blick fiel sofort auf mich. Sein Starren, das besagte: Jetzt bist du zu weit gegangen, war jede einzelne Spinne wert.

Obwohl wir beide die ungeschriebene Regel befolgen, niemals etwas auszuplaudern, kursieren in der Schule noch immer Gerüchte über unsere Mätzchen.

Schon früh zitierte uns O’Malley zu einem »freundschaftlichen Gespräch« in sein Büro.

»Was ist das Problem?«, fragte ich und sah mit einem sanften Lächeln und meinem gütigsten Blick wie ein Musterbeispiel an Höflichkeit und Anstand aus. Ich trug ein blassrosa Kleid und hatte mir am Morgen die Haare zu weichen Wellen frisiert. Ich sah so harmlos aus wie ein Miezekätzchen.

»Nach allem, was man hört, kommen Sie beide nicht besonders gut miteinander aus.«

Noah und ich hatten uns vorher nicht zusammengesetzt, um uns auf eine Version unserer Geschichte zu einigen, aber das war auch nicht nötig. Wir wussten beide, dass Direktor O’Malley keine Chance hatte, zwischen uns zu vermitteln, wichtiger noch war die Tatsache, dass wir keinen Ärger mit der Schulbehörde bekommen wollten. Gegenseitiger Verrat hätte bedeutet, ein Spiel, mit dem weder er noch ich fertig waren, vorzeitig zu beenden.

»Wir?«, fragte Noah und bewegte den Daumen zwischen unseren Stühlen hin und her. »Wir?«

»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, sagte ich und lachte. »Noah ist wie ein Bruder für mich.«

Daraufhin wurde Noah wütend, aber ich glaube nicht, dass Direktor O’Malley es bemerkt hat.

»Ja, Audrey ist praktisch meine kleine Schwester. Sehen Sie sie doch bloß mal an.« Er streckte eine Hand aus und zerzauste mir das Haar, womit er gleichzeitig meine Locken zerstörte.

Am liebsten hätte ich ihm einen Kinnhaken versetzt, aber ich widerstand dem Drang, weil es erstens wehgetan hätte – sein Kinn ist wie gemeißelt und so breit wie bei einer Superhelden-Spielfigur – und wir zweitens immer noch vor dem Direktor saßen.

Unser Chef musterte uns durchdringend, und wir grinsten die ganze Zeit wie zwei Geisteskranke.

Schließlich konnte O’Malley es nicht mehr erwarten, seinen Donut aufzuessen und seinen Kaffee auszutrinken, und entließ uns mit einem Winken.

»Na schön. Vielleicht ist es ja nur alberner Schultratsch. Dann mal los, zurück an die Arbeit.«

Wir erhoben uns gleichzeitig und gingen mit großen Schritten zur Tür. An der Schwelle blieb Noah stehen und bedeutete mir mit einer ritterlichen Geste, vor ihm hinauszugehen.

»Ein echter Gentleman!«, platzte ich heraus, und der hasserfüllte Blick, mit dem ich Noah bedachte, strafte meinen zuckersüßen Tonfall Lügen.

An diesen Morgen denke ich, als ich vor Direktor O’Malleys Büro stehe und auf ihn warte. In der Schule ist es still, denn die Schüler werden erst in einer Stunde eintreffen. Ich habe jede Menge Zeit, mit dem Direktor zu plaudern, bevor ich meinen Klassenraum betrete, meine Mails checke, Kaffee trinke und vielleicht ein bisschen Online-Shopping für meine große Sommerreise mache.

Ich höre jemanden näher kommen, und weil ich damit rechne, den Direktor zu sehen, setze ich ein gewinnendes Lächeln auf. Doch als ich aufblicke, wandern meine Mundwinkel sofort wieder nach unten, denn es ist Noah.

Er lächelt Liz an, O’Malleys Sekretärin, die in seiner Gegenwart förmlich dahinschmilzt.

Schade um ihr nahezu perfektes Gesicht.

Noah ist attraktiv, das ist kein subjektiver Eindruck, sondern eine Tatsache. Fangen wir oben an. Er hat dichtes, leicht gewelltes braunes Haar. Friseure fallen wahrscheinlich in Ohnmacht, wenn er auf ihrem Stuhl Platz nimmt. Sein Gesicht ist …

Ein Schauer läuft mir über den Rücken.

Okay. Sein Gesicht ist okay.

Ich denke, man kann seine Züge durchaus als angenehm zu betrachten bezeichnen. Ich habe andere Lehrerinnen über ihn reden hören, als wäre er der wiederauferstandene Christus, und verdammt, ein bisschen frisches Blut konnten sie hier wirklich gebrauchen. Er sieht gut aus, klar, aber wisst ihr was? Auch Ted Bundy war attraktiv!

Als er mich erblickt, schnalze ich mit der Zunge und wende mich sofort ab. Das Büro am anderen Ende des Flurs ist noch dunkel, mein Gesicht spiegelt sich in dem rechteckigen Fenster in der Tür. Mit meinen eins dreiundsiebzig bin ich ziemlich groß. Wenn es um meine schwarzen Haare geht, bin ich unglaublich eitel. Sie sind glatt und glänzend und reichen mir bis zur Hälfte des Rückens. Heute habe ich den größten Teil davon zu einem hübschen Dutt hochgesteckt. Meine Augen sind groß und mandelförmig und eine Spur dunkler als Noahs. An meinen schlimmsten, albernsten Tagen hoffe ich, dass Noah mich wahnsinnig attraktiv findet. Ich will genau sein Typ sein, einschließlich meines geschwungenen Amorbogens, denn mir gefällt die karmische Vergeltung, die darin liegt.

»Bist du hier, um deine Kündigung einzureichen?«, frage ich, als er so nah an mich herantritt, dass sich unsere Schultern streifen.

Rechts und links von uns erstreckt sich ein meilenlanger Flur; es gibt keinen zwingenden Grund, mir derart auf die Pelle zu rücken. Ich weiß genau, dass er mich damit ärgern will.

Jetzt kann ich auch Noah in dem Fenster auf der anderen Flurseite sehen. Na ja, jedenfalls zum Teil. Er ist so groß, dass sein Spiegelbild nicht ganz in das kleine Rechteck passt.

Während ich es noch anstarre, höre ich ihn sagen: »Wir können nicht beide nach Rom fliegen.«

Ich straffe die Schultern. »Genau, also verschwinde. Ich war als Erste hier.«

»Wer sagt, dass O’Malley sich für dich entscheidet? Mit Geschichtsunterricht hast du keinerlei Erfahrung.«

»Du auch nicht.«

Ich bin Englischlehrerin, Noah unterrichtet Mathe. Im Grunde hat keiner von uns die nötige Qualifikation, um eine Schülergruppe ausgerechnet nach Rom zu begleiten.

»Auf dem College hatte ich Geschichte als Nebenfach, Schwerpunkt Altes Rom.«

Vor Panik weiten sich meine Augen. »Ist das wahr?«

»Nein, aber das muss der Direktor ja nicht wissen«, versetzt er mit gleichmütiger Miene.

Typisch Noah.

Betont gelangweilt inspiziere ich meine Nägel. »Na dann. Ich habe bereits mit Mrs. Lee gesprochen. Wusstest du, dass sie Italienisch spricht? Und sie hat im Juli überhaupt noch nichts vor. Sie hat bereits zugestimmt, mit mir zusammen auf die Kids aufzupassen.«

»Tatsächlich?«

Ich mustere ihn mit kühlem Blick. »Nein, aber das muss der Direktor ja nicht wissen.«

Noahs Miene ist derart finster, dass er mich entweder küssen oder umbringen will.

»Und wofür brauchst du eigentlich den Bonus?«, frage ich. »Du verdienst mit deinem Seelenhandel doch mehr als genug.«

Er lehnt sich mit dem Rücken an die Wand, überkreuzt die Knöchel, schiebt die Hände in die Hosentaschen und zuckt mit den Schultern.

»Im Frühling war wegen Fastenzeit und Ostern nicht viel los. Außerdem leuchtet seit heute Morgen die Motorkontrollleuchte an meinem Wagen. Ein bisschen zusätzliches Geld kann nicht schaden.«

Ich denke an meine Kritzeleien vom Vortag.

Ich bin eine Hexe!

»Warum guckst du mich so an?«, fragt er und runzelt argwöhnisch die Stirn. »Hast du etwa an meinem Wagen herumgedoktert?«

Ich seufze verärgert. »Als hätte ich das technische Know-how dazu.«

»Vielleicht hast du jemanden beauftragt«, sagt er und mustert mich eindringlich von Kopf bis Fuß. »Diese Chance würde sich wohl kaum ein Kerl entgehen lassen.«

»Sieh mich nicht so lüstern an. Und sei versichert, ich habe deinen Wagen nicht angerührt. Obwohl … Anderes Thema: An deiner Stelle würde ich in nächster Zeit nicht in den Zoo gehen.«

Bevor Noah nachfragen kann, taucht Direktor O’Malley im Flur auf und pfeift eine fröhliche kleine Melodie, während er einen letzten Rest Hash Browns verputzt. Ich trete vor, winke ihm zu und schmettere ihm ein herzhaftes »Guten Morgen!« entgegen.

Ehe Noah mir zuvorkommen kann, verkünde ich: »Ich bin hier, um mich für die Romreise zu melden!«

»Ausgezeichnet!« O’Malley grinst von einem Ohr zum anderen. »Ich hatte gehofft, dass der Bonus den einen oder anderen überzeugen würde.«

Offensichtlich sogar einige mehr. Ihm auf den Fersen ist eine Lehrerin, die ich aus dem Sechstklässler-Trakt kenne. Sarah oder Serena oder so. Sie ist eine Streberin und wirkt wild entschlossen. Ich erkenne meine Chance und nutze sie. »Da bist du ja, Sarah!«, rufe ich freundlich lächelnd. »Ich habe den ganzen Morgen auf dich gewartet.«

Ihr Lächeln verblasst. »Oh … tut mir leid, ich glaube, du verwechselst mich mit jemandem. Ich heiße Sadie.«

Verdammt, voll daneben.

Ich schlage mir mit dem Handballen vor die Stirn. »Sorry, na klar! Ich habe meinen Morgenkaffee noch nicht gehabt.« Dann stelle ich mich neben sie und stoße sie mit der Schulter an, womit ich hoffentlich klarmache, dass es uns nur als Paket gibt. Sadie und Audrey, beste Freundinnen für immer. »Mr. O’Malley, Ihr Problem ist gelöst. Sadie und ich werden zusammen in Rom auf die …«

Ihre Augen sind so groß wie Untertassen, als sie einen Schritt zurücktritt. »Oh … Deswegen bin ich nicht hier. Ich kann an dieser Reise nicht teilnehmen. Meine kleine Schwester heiratet im Juli. Ich wollte Direktor O’Malley nur fragen, ob ich meinen morgendlichen Fahrdienst auf den Nachmittag verlegen kann.«

Wer hat dich eigentlich hergebeten, Sadie?!

Noah steht hinter dem Direktor und wirkt ziemlich selbstzufrieden.

Als ich später an diesem Morgen im Klassenraum hinter meinem Pult sitze und zusehe, wie meine Schüler einen Test schreiben, frage ich mich, wie ich in diese Lage geraten konnte. Ich werde mit Noah nach Rom fliegen.

Puh!

Gestern hätte ich so etwas noch für unmöglich gehalten.

Aber heute …

Es ging alles sehr schnell. Mr. O’Malley bat Noah und mich zusammen in sein Büro, während Sadie draußen wartete, bis sie an der Reihe war. Er fragte, ob wir beide unsere Dienste anbieten wollten, und nachdem wir uns aus dem Augenwinkel gemustert und auf die unvermeidliche Bestätigung des jeweils anderen gewartet hatten, erklärten wir uns dazu bereit. Der Direktor, noch immer skeptisch im Hinblick auf unsere Freundschaft, fragte, ob wir uns bei dem Gedanken, gemeinsam auf die Schüler aufzupassen, auch wohlfühlten, und da keiner von uns das Problem sein wollte, blieb uns nichts anderes übrig, als seine Frage zu bejahen. »Ich würde liebend gern mit Noah nach Rom fliegen«, sagte ich, obwohl ich eigentlich meinte: Mit jedem, aber nicht mit ihm!

Damit war der Ball ins Rollen gekommen. »Wir erledigen den Papierkram, buchen Ihre Flüge und alles andere auch. Mr. und Mrs. Mann werden Ihnen das Infopaket zukommen lassen. Der Zeitplan steht. Das Ganze wird ein Kinderspiel für Sie sein.«

Direktor O’Malley rief Mr. und Mrs. Mann sogar sofort an.

»Wir haben zwei Betreuer gefunden!«, verkündete er.

»Du weißt, dass du immer noch einen Rückzieher machen kannst«, sagte Noah auf dem Flur zu mir, nachdem der Direktor uns in unsere Klassenzimmer entlassen hatte.

»Übst du gerade, was du heute Abend zu deinem Spiegelbild sagen wirst?«

»Du ziehst die Sache ja doch nicht durch. Also erspar uns beiden den Ärger, geh wieder da rein und sag, du hättest deine Meinung geändert.«

»So weit bist du beim Bluffen noch nie gegangen.«

»Ich mache keinen Rückzieher«, sagte er mit Nachdruck.

Ich blieb stehen, drehte mich um und versperrte ihm den Weg. Den Kopf in den Nacken gelegt, um ihm direkt in die Augen sehen zu können, betonte ich jedes einzelne Wort: »Noah, ich fliege nach Rom.«

Kapitel drei

Die letzten Schulwochen sind eine Ansammlung von Tests, Projekten, Noten, Klassenfeiern und Vorbereitungen für die Italienreise. An der Noah-Front herrscht Ruhe, aber ich hüte mich davor, nachlässig zu werden. Obwohl wir uns auf dem Flur begegnen und uns im Lehrerzimmer wortlose Beleidigungen zuwerfen, ist die Situation enervierend. Ich bin nervös und gereizt, warte ständig auf die nächste Runde unserer psychologischen Kriegsführung.

Ich kann nur vermuten, dass er seine Zeit auf die gleiche Art nutzt wie ich, nämlich indem er Strategien ersinnt und Vorbereitungen trifft. Eines Abends schaue ich mich nach der Schule in der Buchhandlung bei den Selbsthilfe-Ratgebern um, eine Abteilung, die ich normalerweise nicht betrete. Ich greife nach einem Buch mit dem Titel 10 Methoden, mit schwierigen Menschen umzugehen, doch nachdem ich es durchgeblättert habe und die Ratschläge völlig ungeeignet finde, stelle ich es in das Regal zurück. Noah ist nicht der durchschnittliche Superschurke. »Freundlichkeit ausstrahlen« und »klare, knappe Kommunikation« werden mir bei ihm nicht helfen. Ich muss wissen, wie ich Stolperdrähte aus Zahnseide spanne, wie ich meinen Lipliner in genau fünfzehn Sekunden zu einem Messer umfunktioniere und einundzwanzig Tage lang eine Diät überlebe, die aus Bosheit besteht.

Ich entscheide mich für eine andere Vorgehensweise und versuche es mit einer Therapie.

Nachdem sie sich meine Schimpftirade über Noah angehört hat, stößt die nette Frau in Khaki einen Seufzer aus.

»Ma’am, das hier ist ein Bed Bath & Beyond.«

»Und auf jeden Schluck Kaffee folgt ein selbstzufriedenes Ahhh. Immer dasselbe. Schluck … ahhh. Schluck … ahhh. Ich schwöre, ich kann es noch hören, wenn ich abends im Bett die Augen zumache.«

»Wir dürfen den Kunden wirklich nicht erlauben, sich auf die Demo-Betten zu legen.«

Ich zähle die Tage bis zur Reise herunter wie ein Soldat, der sich bereit macht, in den Krieg zu ziehen. Ich küsse zum Abschied meine Angehörigen. Ich verspreche meinem Dad, ihm einen Kaffeebecher als Souvenir mitzubringen. Ich gebe meine Sukkulente bei der Nachbarin in Pflege und befürchte, sie wird sie vergessen. Die Pflanze hat schon drei Jahre überlebt, erzähle ich ihr, und sie schwört, ihr Bestes zu geben.

Als mein Uber am Tag der Abreise vor dem Flughafengebäude hält, steht Noah bereits mit einem stabilen schwarzen Koffer und einem mittelgroßen Rucksack am Bordstein und wartet. Sofort verfluche ich mich selbst, weil ich zu viel eingepackt habe.

»Es sind doch nur ein paar Wochen«, tadelt er mich, als er sieht, wie ich meine beiden Koffer und einen überfüllten Trolley aus dem Kofferraum des Ubers wuchte. »Und in der Schule gibt es einen Wäschedienst.«

»Guten Tag, Noah. Ja, mir geht es gut, danke schön. Was für ein großartiger Tag, um zu fliegen!«

»Dein Kängurubeutel gefällt mir.«

»Es ist ein Geldgürtel. Aus Gründen der Sicherheit.«

»Wo hast du den denn gefunden? Scheint ein echtes Spitzenprodukt zu sein.«

Ich weiß genau, wo ich den Gürtel gefunden habe, aber er muss ja nicht wissen, dass ich ihn vor Wochen bei Brookstone bestellt habe. Tatsächlich habe ich mir zwei sogar leicht unterschiedliche Modelle kommen lassen, um sie vergleichen und mich für das bessere entscheiden zu können.

»Irgendein Laden in der Shopping Mall.« Ich sage es, als wäre mir das Teil einfach in den Schoß gefallen. Dieses olle Ding?

Ein ungefähr Siebzigjähriger geht vorbei; er trägt den gleichen Geldgürtel. Er nickt mir zu, als gehörten wir demselben Club an.

Noah grinst wie ein Teufel.

Ohne ein Wort nimmt er mir die Koffer ab, rollt sie zur Gepäckaufgabe und stellt sie pflichtbewusst auf die Waage. Der erste bleibt knapp unterhalb der Grenze von zwanzig Kilo. Beim zweiten habe ich weniger Glück.

»Oooh. Ein halbes Kilo Übergewicht«, sagt Noah und klingt kein bisschen bedauernd. »Was willst du wegwerfen?«

»Ich brauche alles, was in dem Koffer ist!«, erwidere ich, während er mein überladenes Gepäck aus dem Weg schafft, um die anderen Fluggäste nicht zu behindern. »Jetzt warte doch, ich packe rasch ein paar Sachen um.«

Und genau das tue ich. Auf dem Gehweg, für alle sichtbar, ziehe ich den Reißverschluss auf, denn ich habe vergessen, dass ich den Packwürfel aus transparentem Plastik mit meinen Slips und BHs darin ganz nach oben gelegt habe. Schwarze Spitze mit Rüschenbesatz fällt auf den Asphalt, und Noah stößt einen leisen Pfiff aus.

»Ach ja, ich hab ganz vergessen, dass du noch nie Damenunterwäsche gesehen hast.«

»Jedenfalls nicht so schicke«, stichelt er. »Wen willst du denn damit unterhalten?«

Ich bedenke ihn mit einem vernichtenden Blick. »So viele Italiener wie möglich. Und jetzt mach deinen Koffer auf, damit ich ein paar von meinen Sachen hineinlegen kann.«

»Bei mir ist alles geordnet. Kannst du nicht einfach das Ding da wegwerfen?«

Er deutet auf den blauen Hasen, dessen Schlappohren unter ein paar Klamotten hervorlugen. Ich habe dieses Plüschtier geschenkt bekommen, als ich ein Baby war. Und obwohl ich es normalerweise nicht mehr mit ins Bett nehme, habe ich es eingepackt, weil ich wusste, dass ich in Europa etwas Vertrautes brauchen würde, einen winzig kleinen Trost. Jetzt ist mir klar, dass ich es sorgfältiger hätte verstecken sollen.

»Der Hase ist tabu«, sage ich barsch.

»Ich finde ihn süß.«

»Okay. Warum machst du nicht einfach deinen Koffer auf, damit ich die komischen kleinen Dinge sehen kann, die du eingepackt hast. Wer weiß, was du alles versteckst, pervers, wie du bist. Ich wette, deine Zahnbürste liegt einfach unverpackt im Koffer. Trockene Borsten, die sich in alte, vergilbte Unterhosen bohren.«

»Boxershorts«, korrigiert er mich.

Ich halte mir die Ohren zu. »Igitt. Noch etwas, das ich nicht wissen will. Ist mir egal, worin du deine Bremsspuren hinterlässt.«

Gelächter steigt in uns auf, und um die Fassung zu wahren, drehen wir uns beide um. Das Gespräch ist aus dem Ruder gelaufen.

»Gib mir einfach irgendetwas. Die Schüler müssen jeden Augenblick hier sein.«

Ich greife nach einem Kleid und einem Paar Flip-Flops. Das müsste reichen.

Noah schaut zu einem Mülleimer in der Nähe, als wäre er in Versuchung, meine Sachen hineinzuwerfen. Ich bedenke ihn mit einem warnenden Blick. Schließlich packt er seufzend alles in seinen Koffer und geht mit unserem Gepäck wieder zum Check-in-Schalter.

»Jetzt bist du mir was schuldig.«

»Klar. Ich kaufe dir im Flughafen etwas zu essen.«

Nur damit das klar ist: So habe ich mir den Beginn meiner ersten Auslandsreise nicht vorgestellt. Hätte ich die Wahl gehabt, wäre ich noch während des Studiums nach Übersee gereist, jung und voll akademischem Ehrgeiz. Vielleicht wäre ich auch nach dem Abschluss allein losgefahren, um in die Kultur einzutauchen und gründlich zu erforschen, was Italien zu bieten hat. Antipasti und Wein, Kunst und Antiquitäten, alles in greifbarer Nähe. Ich hätte meine eigene Version von Eat, Pray, Love gelebt … einfach nur Eat, Eat, Eat.

Denn das hier ist die reinste Tortur.

»Ms. Cohen, ich glaube, ich habe meinen Reisepass vergessen!«

»Ms. Cohen, ich muss aufs Klo! Ich schwöre, es ist ein Notfall!«

Ich rufe Lizzy ins Gedächtnis, dass ich die Reisepässe der Schüler bereits am Ticketschalter eingesammelt habe, um sie sicher zu verwahren. Ich teile Zach mit, dass der Flug etwas mehr als acht Stunden dauern wird. Ich schicke Isaiah zu der Toilette hinter uns, und schon sind alle Brände gelöscht. Gerade rechtzeitig, bevor zehn weitere ausbrechen.

Eigentlich hatten Noah und ich zehn Schüler mitnehmen sollen, aber ein Mädchen bekam im letzten Moment (zum Glück) Pfeiffer’sches Drüsenfieber und musste absagen. Bleiben also Lizzy, Kylie, Millie und Alice. Und dann sind da noch Brandon, Lee, Chris, Zach und Isaiah, die allesamt so tun, als gäbe es die Mädchen gar nicht. Von Instagram weiß ich, dass es Dreizehnjährige gibt, die besser frisiert und geschminkt durch die Gegend laufen als ich, aber diese Kids gehören definitiv nicht dazu. Sie sind typische Mittelstufenschüler mit Zahnspange und fettiger Haut. Die Mädchen sind alle einen Kopf größer als die Jungs, die, noch pausbäckig, gerade erst in die Pubertät kommen. Es gibt einen unausgesprochenen Dresscode, den alle befolgen. Die Mädchen tragen Leggings und ein Oversized-T-Shirt, die Jungs Trikots verschiedener Sportmannschaften und Cargoshorts. Weiß der Teufel, was sie in den zahlreichen Taschen aufbewahren.

Wir kommen früh im Terminal an, und das liegt an mir. Ich habe grundsätzlich Angst, den Flieger zu verpassen, und ich wusste, dass unsere Gruppe unterwegs auf Hindernisse stoßen würde. Draußen auf dem Gehweg standen Eltern, die sich nicht losreißen konnten, die weinten und ihre Kinder so lange umarmten und küssten, bis die Security kam und sie von der Haltespur verscheuchte. Die Sicherheitskontrolle hatte ihre eigenen Alpträume zu bieten: Skechers, deren dreifach verknotete Schnürsenkel sich nicht lösen ließen, die vollgestopften Cargoshorts eines Jungen, die herunterrutschten, als er zum Scannen den Gürtel abnahm, und von den zahlreichen Haargel-Dosen in Übergröße will ich gar nicht erst reden. Nein, nicht mein Axe-Bodyspray! Es ist nagelneu! Erst nach fast vierzig Minuten hatten wir alle den Metalldetektor passiert, und dann erlaubte ich den Kids, in einem Laden mit Snacks und