EntTäuschung - Alexander Poraj - E-Book

EntTäuschung E-Book

Alexander Poraj

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Beschreibung

EntTäuschung ist ein Augen-Öffner, der in die wahre Tiefe des Zen führt. Nicht das Sehnen nach Erkenntnis, nicht das Hoffen auf zukünftigen Frieden mit sich und der Welt befördert die spirituelle Erkenntnis, sondern die Erfahrung, im Hier und Jetzt zu leben. Solcher Art entlastet ist eine unverstellte, frische Begegnung mit der Wirklichkeit möglich.



  • Frei für die Gegenwart
  • Vom spirituellen Leiter des Benediktushofs
  • Zen-Erfahrungen in moderner Sprache
  • In der spirituellen Tradition von Willigis Jäger

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Seitenzahl: 290

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Über das Buch

Wer die Täuschung als solche erkennt, kommt zur EntTäuschung. So weit die Motivation für Zen-Praktizierende. Die Täuschung kann jedoch weiterbestehen, denn die Wahrheit hat genau besehen genauso wie die Täuschung mit den Gedanken über eine Sache zu tun und nicht mit dem Erleben. Begeben sich also alle, die über EntTäuschung nachdenken, in eine Falle? Nein, denn wenn Gedanken achtsam ins Fließen gebracht werden, können die so entstehenden Bilder in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen wieder lebendig werden lassen. Das Wort besitzt die Kraft, ein zuvor stummes Erleben in eine bewusste Erfahrung zu verwandeln: Eine Zen-Erfahrung beim Lesen.

»Die Wirklichkeit braucht kein Zen. Sie braucht gar nichts von dem, was wir ihr anbieten wollen, denn sie ist nicht bedürftig. Sie ist vollkommen.«

Über den Autor

Dr. Alexander Poraj, geboren 1964, ist Zen-Meister der Zen-Linie »Leere Wolke« und »Wolke des Nichtwissens – Kontemplationslinie Willigis Jäger«. Er ist spiritueller Leiter des Benediktushofes und Vorstandsvorsitzender der »West-Östliche Weisheit – Willigis Jäger Stiftung«.

ALEXANDER PORAJ

ENTTÄUSCHUNG

EINE BESONDERE EINFÜHRUNG INS ZEN

KÖSEL

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Copyright © 2016 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Umschlag: Weiss Werkstatt München Umschlagmotiv: © shutterstock / charles taylor © shutterstock / Feliks Kogan Textredaktion: Dr. Peter Schäfer, Gütersloh (www.schaefer-lektorat.de) Umsetzung eBook: Greiner und Reichel, Köln ISBN 978-3-641-19126-9 V002
www.koesel.de

Es ist schon alles gesagt worden, nur nicht von jedem.

Karl Valentin

Kurze Einführung ins Enttäuschtsein

Wenn uns jemand erzählt, sie oder er sei von einer Person oder Begebenheit enttäuscht, wissen wir normalerweise schon bei den ersten Worten, was genau gemeint ist, und überlegen, ob wir in derselben Situation auch enttäuscht wären. Je nachdem, wie unser innerer Radar die besagte Enttäuschung einstuft, äußern wir Empörung, nicht selten Unverständnis. Fast in jedem Fall reagieren wir mit dem Bekunden von Mitgefühl und versuchen, Trost zu spenden. Denn schließlich – so denken wir – könnte uns dasselbe passieren. Dann wären wir genauso enttäuscht. Dann würden wir auch jemanden brauchen, der uns tröstet. Aber bitte mit einer kleinen Einschränkung: Seit wir nämlich auf dem Zen-Weg sind, sind wir seltener enttäuscht – das müssen wir schon klarstellen. Wir sind schließlich achtsamer geworden. Und natürlich ist Achtsamkeit das erste Mittel unserer Wahl, um mit dem Leben klarzukommen. Vor allem aber, so unser Hauptargument, nehmen wir das Leben so, wie es ist. Unser Gesprächspartner wäre ebenfalls gut damit beraten, es genauso zu tun.

Wir, so sagt man es uns hinterher, sind nämlich mit dem Leben einverstanden, wie es uns begegnet. Wir haben, ehe wir es uns versehen, mit dieser Erklärung Karten für ein neues Spiel verteilt: ohne zu merken, dass wir dadurch den schwarzen Peter in der Hand halten.

Vielleicht kommt Ihnen diese Art, Enttäuschendem zu begegnen, bekannt vor. Vielleicht ist es sogar die Art, mit der Sie zu sich selbst sprechen, nämlich immer dann, wenn es mal wieder nicht so klappt mit dem Leben. Denn wenn es mal nicht so läuft, wie wir es gerne hätten, wäre es geradezu unpassend für uns als Spirituelle, die Umstände anzuklagen. Es scheint für uns nicht angebracht zu sein, die Schuld für den Schlamassel den Umständen in die Schuhe zu schieben. Nein, das wäre geradezu primitiv und stünde im Widerspruch zu dem ersten Hauptsatz des Zen: Es ist, wie es ist.

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als reumütig – und dennoch nicht ohne gewissen Stolz – auf die Unzulänglichkeiten der eigenen Übung zu verweisen. Und die vermeintliche Schwäche eines sogenannten – oder besser gesagt: selbsternannten – spirituellen Menschen besteht darin, eben nicht oder noch nicht vollkommen erleuchtet zu sein. Dieser Argumentation könnte man noch etwas abgewinnen, hätte sie – zumindest in den meisten Fällen – nicht noch ein paar weitere Sätze im Gepäck, die in etwa so lauten: Eigentlich sei volle Achtsamkeit nicht wirklich zu erreichen, denn wer könne schon pausenlos achtsam sein? Wir selbstverständlich nie so ganz, und hier verweisen wir dann auf die spirituellen VIPs, die wir schon einmal gesehen oder gelesen haben. Wir gehen von der Existenz solcher Meister aus, die natürlich Ausnahmeerscheinungen sind und wohl auch bleiben werden. Für uns sind diese rar gesäten Vorbilder ein Maßstab, denn gewisse Orientierungspunkte brauchen wir schon. Wir brauchen sie umso mehr, wenn unser Ziel unklar ist und kaum erreichbar zu sein scheint.

Und so erzeugen wir ein mehr oder weniger beruhigendes Gefühl in uns, wenn wir kundtun: Es kann alles bleiben, wie es ist. Diese Feststellung erleichtert uns wirklich, vor allem deswegen, weil sie der Akzeptanz des Lebens sehr nahekommt und, ja, fast mit dem Satz Es ist, wie es ist, übereinzustimmen scheint.

Aber es scheint nur so. Warum? Weil wir uns die ganze Zeit im Kreis unserer Vorstellungen drehen. Ist das schlimm? Nein. Was ist es dann? Es ist Täuschung. Ist Täuschung schlimm oder unspirituell? Nein. Täuschung ist einfach nur Täuschung. Und was ist dann Zen? Zen ist Ent-Täuschung.

Das Gedankenfließband

Stopp! Wäre Zen einfach nur Enttäuschung, dann wäre es doch wieder ein Etwas, ein Etwas, das der Täuschung entgegengesetzt stünde: etwas Positives also, weil die Täuschung an sich doch etwas Negatives sei.

Noch einmal: stopp! Merken Sie, wie Gedanken pausenlos entstehen, sich zu Meinungen fügen und, wenn wir nicht wach genug sind, als Ansicht oder fester Standpunkt an die Stelle der Wirklichkeit treten? Und selbst jetzt, nach diesen ganzen Feststellungen, könnte der gewiefte Geist zu dem bereits Gesagten weitere, neue Gedanken nachschieben, mühelos ein Gegenteil finden oder die Argumentation unaufhörlich fortsetzen. Warum? Weil dies seine Natur ist. Eben das: Unser Gehirn produziert Gedanken wie der Bäcker Brötchen. Es hat sich genauso wie das Bäckerhandwerk über Jahrtausende andauernder Übung hinweg so weit perfektioniert, dass es dies noch nicht einmal bemerkt. Ganz im Gegenteil! Die Gedankenmengen entspringen unseren Köpfen, wie die Brötchen dem Fließband moderner Großbäckereien. All das passiert natürlich zu unserem eigenen Wohlbefinden, so die Meinung vieler Menschen.

Täuschung kann also zu Ent-Täuschung werden, wenn wir bereit sind, sie als Täuschung zu erkennen. Dennoch läuft sie weiterhin Gefahr, als Täuschung fortzubestehen. Nämlich genau dann, wenn wir der Meinung sind, uns ab jetzt nicht mehr täuschen zu lassen, oder positiver ausgedrückt, wenn wir nun meinen, die Wahrheit erkannt zu haben. Worin also liegt das Trügerische? Wahrheit und Täuschung haben eben viel mehr mit den Gedanken über eine Sache zu tun als mit dem Erleben einer Sache.

Was nun? Ein Buch über Enttäuschungen zu schreiben hieße demnach nichts anderes, als sich über den Gedanken Enttäuschung weitere Gedanken zu machen und den Gedanken Enttäuschung mit bestimmten Erfahrungen in Verbindung zu bringen. Wie sind aber Erfahrungen in diesem Kontext einzuordnen? Erfahrungen – und da werden Sie mir hoffentlich zustimmen – sind nicht mehr lebendig. Sie sind schon vergangen und befinden sich, mehr oder weniger aktiv, lediglich in Form von Erinnerungen in unserem Gehirn und Körper. Dennoch sind sie da und können durch bestimmte Worte oder Ereignisse erwachen. Anders ausgedrückt: Erfahrungen können zwar nicht durch Worte und Gedanken ersetzt oder gemacht werden, aber sie können durch geschickt gewählte Worte, eben durch etwas, das wir hören oder lesen, in unser aktives Bewusstsein gelangen. Und das ist immerhin schon etwas, was vielleicht sogar ein Buch zum Thema rechtfertigen würde.

Also was tun? Ein Buch schreiben und damit Gedanken produzieren, die eh und je, eben weil Gedanken, einer möglichen Täuschung sehr nahekommen? Oder kein Buch schreiben, was dann aber hieße, Gedanken zu vermeiden und sie grundsätzlich als minderwertig abzutun? In Zen-Kreisen wird das nur allzu gerne versucht, was jedoch kaum jemanden in diesen Kreisen wirklich je daran hindert, lange Vorträge zu halten und ebenso viele Bücher zu verfassen.

Nun, da Sie das Buch bereits in Ihren Händen halten, wissen Sie, wie ich mich entschieden habe. Ich bin achtsam gegenüber den Gedanken und lenke sie auf eine Reihe von gemachten Erfahrungen. Landschaften und Bilder, die dabei entstehen, können Sie wiederum und erneut auf die Ihnen eigene Art und Weise in sich aufscheinen lassen. Manche der Sprachbilder werden Ihnen vielleicht fremd erscheinen. Aber einige werden so vertraut sein, dass Sie lesend merken, wie sehr manch ein Wort die Kraft besitzt, ein zuvor stummes Erleben in eine bewusste Erfahrung zu verwandeln. Dies kann durchaus genussvoll sein. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen das.

Das Zen gibt es in der Form, wie wir es heute praktizieren, seit etwa 1500 Jahren. Inzwischen ist es auf allen Kontinenten präsent. Es hat sich in die Sprachen und Kulturen der Gesellschaften, mit denen es in Berührung kam, hineinentwickelt. Es nahm Bräuche auf und verwandelte sie in Rituale, um die Übung dem jeweiligen Alltag anzupassen. Das tut es bis heute und hoffentlich auch in ferner Zukunft. Wie auch immer das Zen sich entwickelt hat: Der Kern hat sich nicht verändert.

Deswegen sage ich nicht wirklich etwas Neues, wenn ich heute in Europa über Zen schreibe. Aber bestimmt ist die eine oder andere Formulierung oder Perspektive neu.

Lesen und erfahren

Und weil es, was Zen betrifft, tatsächlich nicht etwas wesentlich Neues zu sagen gibt, ist dieses Buch wie eine Spirale oder gar Labyrinth geschrieben. Es kreist immer wieder nur um das Eine, ohne es natürlich zu fassen oder gewissermaßen zu bekommen, und auch das ist verständlich. Es kreist aber auch immer wieder um das Zweite, nämlich um uns und was das zu bedeuten hat. Dieses Schreiben ist eine Art Meditation, weil es mittels der sich wiederholenden Worte und Sprachbilder etwas länger und genauer in der Beobachtung bleiben will. Es ist auch eine Art von Disziplin und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist es kein Schreiben über, sondern ein zur Sprache bringen und sich darüber bewusst werden, was dadurch entsteht. Zum anderen ist es eine Übung, also ein sich Disziplinieren, länger bei etwas zu bleiben, um es umfangreicher beschreiben zu können.

Deswegen ist es auch eine Einladung an Sie, es genauso zu lesen und dabei darauf zu achten, wie Sie Es erfahren und deuten.

Sie werden nur wenige Zitate in diesem Buch finden und wenn, dann sind sie kursiv geschrieben. Genauso wie Worte, die besondere Aufmerksamkeit verlangen und eben nicht wie selbst-verständlich gelesen werden wollen – ihrer Deutung und Wirkung wegen.