Epigramme - Martial - E-Book

Epigramme E-Book

Martial

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Beschreibung

Die Epigramme sind eine Sammlung von 12 Büchern mit insgesamt 1557 Epigrammen. Martial beschrieb in den meisten seiner Epigramme das Alltagsleben der Römer und stellte es ironisch, satirisch und teilweise vulgär dar. Wichtige Themen sind dabei der Unterschied zwischen Armut und Reichtum, Rechtschaffenheit und Laster sowie die Licht- und Schattenseiten des Lebens. Er charakterisiert und verspottet außerdem mit wenigen Worten und pointierten Wortspielen auffallende römische Typen, so zum Beispiel unfähige Ärzte, unbegabte Dichter, betrogene Ehemänner und eitle Schönlinge, wobei er jedoch niemanden persönlich anspricht, sondern sprechende Namen verwendet.

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Epigramme

Martial

Inhalt:

Martial – Biografie und Bibliografie

Von den Schauspielen

Erstes Buch

Zweites Buch

Drittes Buch

Viertes Buch

Fünftes Buch

Sechstes Buch

Siebentes Buch

Achtes Buch

Neuntes Buch

Zehntes Buch

Elftes Buch

Zwölftes Buch

Dreizehntes Buch – Xenien

Vierzehntes Buch – Apophoreta

Epigramme, Martial

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849631345

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Martial – Biografie und Bibliografie

Marcus Valerius Martialis, röm. Epigrammendichter, um 40–102 n. Chr., aus Bilbilis in Spanien, kam, zum Juristen vorgebildet, 22 Jahre alt, nach Rom und lebte hier von der Gunst der Vornehmen, die er sich durch Gelegenheitsgedichte, oft voll niedriger Schmeichelei, erwarb. Als er 98 nach Bilbilis zurückkehrte, war er so arm, dass ihn der jüngere Plinius mit Reisegeld unterstützen musste. Auch in der Heimat verschaffte ihm seine Kunst Gönner und sogar den Besitz eines Landgutes; doch sehnte er sich stets nach Rom zurück. In seinen 15 Büchern Epigrammen (zumeist in elegischem Maß, Hendekasyllaben und Choliamben), einer Hauptquelle für das Leben der damaligen Gesellschaft, zeigt er sich als Mann von Geist und beißendem Witz, aber ohne sittlichen Ernst. Er gilt als Meister des Epigramms in der Weltliteratur. Hauptausgaben von Friedländer (Leipz. 1886, 2 Bde.) und Gilbert (das. 1886); Übersetzung von Berg (Stuttg. 1869). Vgl. Levy, M. und die deutsche Epigrammatik des 17. Jahrhunderts (Stuttg. 1903).

Von den Schauspielen

1

 Nicht Pyramiden preis' ein barbarisches Memphis als Wunder,

Und des assyrischen Werks rühme sich Babylon nicht;

 Noch sei Trivias Tempel der Stolz des ionischen Weichlings,

Delos verherrliche nicht ferner sein Hörneraltar;

 Und es erheb' in der Luft hoch schwebende Mausoleen

Kariens prahlerisch Lob nicht bis zum Himmel hinauf.

 Jegliches Kunstwerk weicht dem Cäsarischen Amphitheater,

Ein Werk möge der Ruf nennen an sämtlicher Statt.

2

 Hier, wo der Sonnenkoloß die Gestirne näher erschauet,

Und wo mitten im Weg wachsend das Pegma sich hebt,

 Strahlten, dem Volke verhaßt, des entmenschten Königes Hallen,

Und ein Haus nur bereits stand in der sämtlichen Stadt.

 Wo majestätisch der Bau des erhabenen Amphitheaters

Aufsteigt, waren zuvor Teiche des Nero zu seh'n.

 Wo wir das schnelle Geschenk der Thermen heute bewundern,

Hatte das stolze Feld Armen die Dächer geraubt.

 Und wo den Schatten weit der Claudische Portikus spendet,

Stand der äußerste Teil jenes verschwundenen Hofs.

 Rom empfing sich zurück, und da du, o Kaiser, regierest,

Ist jetzt Freude des Volks, was die des Herrschenden war.

3

 Welch' Volk ist so entfernt, welch' Volk so barbarisch, o Kaiser,

Daß es Bewunderer nicht hätte geschickt in dein Rom?

 Er, der den Rhodope pflügt, kam her vom Orpheischen Hämus,

Her kam auch der Sarmat, welchen getränket sein Roß,

 Er auch, welcher des Nils ertappete Quellen getrunken,

Auch den der Tethys Flut dort, wo sie endet, bespült.

 Araber eileten her, es eileten her die Sabäer,

Und der Cilicier trieft hier von dem eigenen Tau.

 Hierher kam der Sikambrer, das Haar zum Knoten gewunden,

Und der Äthioper kam, anders gewunden das Haar.

 Vielfach klinget der Laut der Völker, einer jedoch ist's,

Wenn er des Vaterlands wirklichen Vater dich nennt.

4

 Jene drückende Schar und Feindin friedlicher Ruhe,

Die mit beständiger Angst traurige Schätze gequält,

 Ward den Gätulern geschickt, und es faßte sie nicht die Arena:

Und Angeber bestraft, was sie verhängten, Exil.

4 b

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

 Unstet flieh'n Angeber, verbannt aus Ausoniens Hauptstadt:

Dieses auch zähle zu dem, was uns gespendet der Fürst.

5

 Glaubet, Pasiphae hat mit dem diktischen Stiere gebuhlet:

Ja wir sahen's, als wahr hat sich bestätigt die Mär.

 Und es bewundre sich nicht, o Kaiser, mythische Vorzeit:

Was die Sage nur singt, stellt die Arena dir dar.

6

 Daß der krieg'rische Mars in den siegenden Waffen dir dienet,

Nicht genügt das, es dient, Kaiser, dir Venus sogar.

 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 b

 Daß ein Löwe gefällt in Nemees schaurigem Tal ward,

Preiset der Sage Gesang hoch als des Herkules Werk.

 Schweige der Vorzeit Mär: seit deinen Spielen, o Kaiser,

Haben wir weibliche [Hand schon das verrichten geseh'n].

7

 So, wie Prometheus einst, an den skytischen Felsen geheftet,

Mit zu vermessener Brust speiste den täglichen Aar,

 Reicht den nackenden Leib zum Fraß kaledonischen Bären,

Nicht zum Schein an dem Kreuz hangend, Laureolus dar.

 Und ihm lebten und trieften von Blut die zerfleischeten Glieder,

Und entblößet vom Leib war ihm der sämtliche Leib.

 Endlich ward er bestraft [nach Verdienst: in die Kehle des Vaters]

Oder des Herren gebohrt hatte der Frevler das Schwert,

 Oder verborgenen Golds wahnsinnig Tempel beraubet,

Oder verheerend an dich, Roma, die Fackel gelegt.

 Übertroffen die Greuel des Mythos hatte der Sünder,

Dem als Strafe zuteil wurde, was Sage nur war.

8

 Dädalus, während du so vom lukanischen Bären zerfleischt wirst,

Wie sehr hättest du jetzt Flügel zu haben gewünscht!

9

 Kaiser, es führete dir, zu schau'n auf der ganzen Arena,

Kämpfe das Nashorn auf, wie es sie nimmer versprach.

 O wie lodert's, das Haupt gesenkt, in schrecklichem Grimm auf!

Was war ihm, dem der Stier diente zum Balle, der Stier!

10

 Undankbar verletzte der falsche Löwe den Wärter

Und zerfleischete frech Hände, so wohl ihm bekannt,

 Aber er litt nach Gebühr für so großen Frevel die Strafe,

Und der die Schläge nicht duldete, duldet den Speer.

 Was für Gesittung ziemt und Menschen unter dem Fürsten,

Der Raubtieren gebeut, sanfteren Sinnes zu sein!

11

 Während der Bär kopfüber sich wälzt auf dem blutigen Sande,

Wehrete Vogelleim, der ihn gefaßt, ihm die Flucht.

 Jetzt bedecket den Stahl und verwahrt den blinkenden Jagdspieß,

Und nicht fliege der Speer fort aus der schleudernden Hand!

 Suche der Jäger die Beut' in der freien Luft zu ertappen,

Wenn Raubtiere man jetzt fängt mit des Vogelers Kunst.

12

 Als bei dem blutigen Kampf der kaiserlichen Diana

Einst der behende Speer fuhr in die trächtige Sau,

 Sprang ein Junges hervor aus der armen Mutter Verletzung.

Harte Lucina, heißt dieses Gebären bei dir?

 Aber sie wäre gern durch mehr Geschosse gestorben,

Hätte der traurige Weg sämtlichen Kindern gedient.

 Wer läßt Bacchus entsproßt nicht sein aus der Leiche der Mutter?

Daß so geboren der Gott, glaubet nun, ist's doch das Wild!

13

 Schwer getroffen vom Speer und von tiefer Wunde durchbohret,

Starb gleichzeitig und gab Leben die trächtige Sau.

 O wie so sicher war des geschwungenen Eisens die Rechte!

DieHand konnte gewiß die der Lucina nur sein.

 Sterbend erprobete sie der Diana doppelte Gottheit,

Welche die Mutter entband und auch erlegte das Wild.

14

 Schwerer bereits durch das Pfand des reifen Leibes, entleerte

Hier ihr Junges die Sau, die durch die Wunde gebar;

 Und nicht lag die Geburt, sie lief, als die Mutter dahinsank.

O wie großen Instinkt zeiget ein plötzlicher Fall!

15

 Was dir der Gipfel des Ruhmes einst war, Meleager, wie klein ist's!

Für den Carpophorus ist's, fället er Eber, ein Teil.

 Er begrub auch den Speer in den auf ihn stürzenden Bären,

Der auf des arktischen Pols Höhen der mächtigste war,

 Streckt' auch den Löwen von nie gesehener Größe zu Boden,

Welcher des Herkules Hand hätte zur Ehre gereicht,

 Und mit gewaltiger Wund' erlegt' er flüchtige Panther.

Als zuletzt ihm der Lohn wurde, besaß er noch Kraft.

16

 Wenn zum Äther ein Stier entschwand aus der Mitte des Kampfplans,

War es der Frömmigkeit Werk nur, und nicht das der Kunst.

16 b

 Früher entführt' Europen ein Stier durch die Wogen des Bruders,

Doch den Alciden trug jetzt zu den Sternen ein Stier.

 Fama, vergleiche den Stier des Jupiters jetzt und des Kaisers:

War auch die Bürde sich gleich, höher entführte sie der.

17

 Kaiser, daß fromm und flehend ein Elefant dir sein Knie beugt,

Welcher so furchtbar doch eben dem Stiere noch war,

 Tut er nicht auf Geheiß und von keinem Wärter gelehret:

Glaube mir, unseren Gott fühlet auch dieser in dir!

18

 Jener Tiger, der stets dem sicheren Wärter die Hand leckt,

Eine seltene Zier aus der hyrkanischen Flur,

 Hat mit wütendem Zahn den grimmigen Löwen zerrissen,

Eine Tat, wie man nie solche gesehn und gehört.

 Nie hat das er gewagt, als in tiefen Wäldern er lebte:

Seit er weilet bei uns, hat er ein kühneres Herz.

19

 Jener Stier, der, von Flammen gehetzt durch die ganze Arena,

Hoch zu den Sternen geschnellt hatte die Puppen von Stroh,

 Fand sein Ende zuletzt, gefaßt vom stärkeren Horne,

Während er glaubt, daß so leicht auch Elefanten man wirft.

20

 Als ein Teil den Myrin, ein Teil den Triumphus begehrte,

Sagete beiden zugleich willig der Kaiser es zu.

 Besser vermocht' er nicht den lustigen Streit zu beenden.

O du mildes Gemüt, nimmer besiegeter Fürst!

21

 Was nach der Mär der Rhodope sah auf des Orpheus Theater,

Alles das, Kaiser, auch hat dir die Arena gewährt.

 Felsen krochen herbei und ein wunderherrlicher Wald lief,

Welcher ein Bild uns gab von dem Hesperischen Hain.

 Und mit dem Viehe gemischt war Wild von jeglicher Art da,

Und von der Vögelschar wurde der Sänger umschwebt,

 Er fiel aber, zerfleischt von dem unempfindlichen Bären.

Doch dies ist so geschehn, dieses, das Frühere Mär.

21 b

 Weshalb wundern wir uns, daß die Erd' entlassen den Orpheus

Schnell aus der Schlucht? Er kam von der Eurydice her.

22

 Während die Wärter, von Angst erfüllt, das Rhinozeros reizten

Und das gewaltige Tier lange den Zorn sich verhielt,

 Gab man die Hoffnung auf, des Mavors Kämpfe zu schauen;

Endlich kehrte jedoch wieder die frühere Wut.

 Denn mit dem doppelten Horn warf's so den wuchtigen Bären,

Wie zu den Sternen der Stier schleudert die Puppen von Stroh.

23

 Siehe, Carpophorus wirft, noch so jung, mit der tapferen Rechten

Sichern Stoßes bereits Noriums Speer auf das Wild:

 Er trug ohne Beschwerd' ein Stierpaar fort auf dem Nacken;

Büffel und Bisonstier, trotzige, wichen vor ihm.

 Jählings rannte vor ihm auf der Flucht in den Speer ihm ein Löwe:

Gehe nun, Volk, und schilt über den trägen Verzug!

24

 Wenn du von fernem Gestad', ein verspäteter Schauender, ankamst,

Welcher zum erstenmal siehet das heilige Spiel,

 Lasse dann nicht die Enyo des Meers dich täuschen durch Schiffe

Und seegleiches Gewog; eben nur war es noch Land.

 Glaubst du es nicht? Schau zu, bis den Mars die Fluten ermüden.

Kurzer Verzug und du sagst: »Eben nur war es noch Meer.«

25

 Daß die nächtliche Wog', o Leander, deiner geschont hat,

Wundere dich nicht mehr: ist doch der Kaiser ihr Herr.

25 b

 Während Leander kühn einst schwamm zu der süßen Geliebten

Und der Ermattete schon sank in der schwellenden Flut,

 Sprach er, so meldet die Mär, in der Not zu den drohenden Wogen:

»Schont, da ich eile, begrabt, Wellen, mich, komm ich zurück!«

26

 Spielend erfüllte das Meer ein gelehriger Chor Nereiden,

Und der gefälligen Flut gab er ein wechselndes Bild.

 Dort mit geradem Zahn droh'n Dreizack, Anker mit krummem:

Und wir glaubten ein Schiff, glaubeten Ruder zu seh'n

 Und des Lakoner Gestirns willkommenes Licht für die Schiffer

Und daß mit schimmerndem Bausch mächtige Segel sich bläh'n.

 Wer hat Künste wie die in den flüssigen Wogen erfunden?

Thetis lehrte das Spiel, oder sie hat es gelernt.

27

 Trug, o Kaiser, die Welt den Carpophorus schon in der Vorzeit,

Kein barbarisches Land nährete wildes Getier,

 Marathon hätte den Stier, das nemeische Dickicht den Löwen

Und Arkadiens Volk Mänalus' Eber verlacht.

 Nahm er Waffen zur Hand, gab's einen Tod für die Hydra,

Sein Speer hätt' auf einmal ganz die Chimära durchbohrt.

 Er brächt' ohne Medea ins Joch glutspeiende Stiere,

Zwänge Pasiphaes doppeltgestaltetes Tier.

 Wenn sich erneute die Mär von den Ungeheuern des Meeres,

Machte Hesione er und die Andromeda frei;

 Zählet, was Herkules einst vollbracht hat Rühmliches: mehr tat,

Wer der Tiere zugleich zwanzig gebändiget hat.

28

 Werk des Augustus war's, hier Flotten kämpfen zu lassen

Und durch die Tuba des Schiffs wild zu bewegen die See.

 Was will dies im Vergleich zu unserem Kaiser? Im Meere

Schauete Thetis ein Wild und Galatea, ihr fremd;

 Triton sah in dem Staube des Meers hinbrausende Wagen

Und er glaubte, gerannt seien die Rosse des Herrn:

 Und der auf wildes Gefecht blutgieriger Schiffe sich rüstet,

Nereus, schaudert, zu Fuß durch die Gewässer zu gehn.

 Was im Zirkus geschaut auch wird im Amphitheater,

Hat die Cäsarische Flut reichlich dir alles gewährt.

 Schweiget vom Fucinus still und den trägen Teichen des Nero:

Nur dies Meeresgefecht kenne die künftige Zeit.

29

 Als einst Priscus den Kampf, als den Kampf hinschleppete Verus,

Und als lange sich gleich hatte gehalten ihr Mars,

 Bat man häufig für sie mit lautem Ruf um Entlassung:

Aber der Kaiser blieb seinem Gesetze treu: –

 Bis ein Finger sich hob und der Schild sank, galt es zu fechten:

Speis' und Getränke jedoch gab er, das durfte man, oft.

 Aber des gleichen Gefechts ward doch ein Ende gefunden:

Jeder dem anderen gleich, fochten und sanken sie hin.

 Beiden sandte der Fürst den Freistab, beiden die Palme:

Diese Belohnung ward tapf'rem, erfind'rischem Mut.

 Kein Fürst, Kaiser, als du, hat jemals solches erreichet:

Als zwei kämpfeten, ward jedem von beiden der Sieg.

30

 Während ein Reh scheu floh vor Molossis' flüchtigen Hunden

Und durch verschiedene List lange sich ihnen entzog,

 Blieb's wie ein Bittender stehn vor des Kaisers Füßen in Demut,

Und von den Hunden hat keiner die Beute berührt.

 [Und dem Reh, das der Wut der Molosser wäre gefallen,]

Den Lohn hat ihm der Fürst, den es erkannte, gewährt.

 Du bist, Kaiser, ein Gott: die Macht ist heilig, ja heilig,

Glaubet es: lügen gelernt haben die Tiere noch nicht.

31

 Weichen dem Stärkeren ist der zweite Ruhm für den Tapfern.

DenSieg fühlen wir schwer, den uns der Schwächere raubt.

32

 Dies eilfertige Werk, verzeih's: Mißfallen verdient nicht,

Wer, o Kaiser, sich nur dir zu gefallen beeilt.

33

 Flavierstamm, wieviel entzog dir der dritte der Erben!

Fast war's ebenso gut, hätten die beiden gefehlt.

Erstes Buch

 Ich hoffe, in meinen Büchern eine solche Mäßigung befolgt zu haben, daß sich keiner über sie beschweren kann, der ein gutes Gewissen hat, da sie mit aller Rücksicht auch gegen die geringsten Personen scherzen, die den alten Schriftstellern so sehr fehlte, daß sie nicht nur die wirklichen Namen mißbrauchten, sondern auch große. Mir möge der Ruhm um minderen Preis zuteil werden und an mir die ganz neue Art gebilligt werden! Fern bleibe von der Arglosigkeit meiner Scherze ein boshafter Ausleger, und deutele er nicht meine Epigramme! Unrecht tut, wer an einem fremden Buche erfinderisch ist. Die kecke Offenheit der Worte, d.i. die Sprache der Epigramme, würde ich entschuldigen, hätte ich das Beispiel gegeben: so schreibt Catullus, so Marsus, so Pedo, so Gätulicus, so liest man durchweg jeden. Wenn jedoch jemand eine solche Strenge zur Schau trägt, daß bei ihm auf keinem Blatte ehrlich lateinisch gesprochen werden darf, so kann er mit dem Briefe oder lieber mit dem Titel sich begnügen. Epigramme werden für die geschrieben, die die Floralien zu schauen pflegen. Betrete ein Cato mein Theater nicht, oder, wenn er eingetreten ist, schaue er! Ich glaubte in meinem Rechte zu sein, wenn ich den Brief mit den Versen schließe:

 Da du der losen Flora süßes Fest kanntest

Und Spiel' und Jubel und des Volkes Mutwillen,

Warum besuchst du, strenger Cato, Schauspiele?

Besucht'st du sie darum nur, daß du fortgingest?

1

 Hier ist er, den du liesest, den du suchest,

Martialis, bekannt im ganzen Erdkreis

Durch scharf treffender Epigramme Bücher:

Und was, eifriger Leser, du ihm Ruhmes,

Als er lebete, gabst, und als er fühlte,

Haben wenige Dichter nach dem Tode.

2

 Der du, wo du auch weilst, gern meine Büchelchen mitführst

Und für den langen Weg sie zu Begleitern begehrst,

 Kaufe diese, die Haut in kleinen Blättchen umfasset:

Gib die großen dem Schrein, Raum ist für mich in der Hand.

 Daß du jedoch auch weißt, wo ich feil bin, und in der Irre

Nicht durchschweifeste die Stadt, werd' ich ein Führer dir sein:

 Suche Secundus dir auf, den freiließ Lucas Gelehrter,

Hinter der Schwelle der Pax und dem Palladischen Markt.

3

 Lieber bewohnst du den Raum in den Argiletischen Läden,

Während, mein Büchlein, leer unsere Schreine dir stehn.

 Nicht kennst, ach, nicht kennst du der Herrin Roma Verwöhntheit:

Glaube mir, allzu klug wurde der Haufe des Mars.

 Nirgends ist größer Gespött, und Jünglinge, Knaben und Greise

Sind mit Nasen begabt, einem Rhinozeros gleich.

 Hast du ein mächtig Bravo gehört, versprichst du dir Küsse,

Wirst du, vom Mantel geprellt, hoch zu den Sternen geschickt.

 Aber daß nicht so oft des Herrn Ausstreichen du duldest

Oder das strenge Rohr tadle dein schelmisches Spiel,

 Willst, Leichtfertiges, du die ätherischen Lüfte durchfliegen:

Fliehe denn; aber daheim konntest du sicherer sein.

4

 Wenn, o Kaiser, vielleicht du meine Bücher berührtest,

Lege die Hoheit ab eines Gebieters der Welt!

 Eure Triumphe sogar sind Scherz gewohnt zu ertragen,

Und auch der Feldherr dient willig als Stoff für den Witz.

 Lies mit der nämlichen Stirn, mit der du Thymele schauest

Oder den Spötter Latin, unsere Dichtungen auch!

 Harmlos scherzendes Spiel kann wohl der Zensor erlauben:

Ist leichtfertig mein Blatt, bin ich im Leben doch keusch.

5

 Ich erhalte von dir für mein Seegefecht Epigramme:

Marcus, ich glaube, du willst schwimmen zugleich mit dem Buch.

6

 Während den Knaben der Aar durch ätherische Lüfte dahin trug,

Hing in den ängstlichen Klau'n sicher vor Schaden die Last.

 Jetzt beweget ihr Fang Cäsarische Löwen zur Milde,

Und im gewaltigen Maul spielet der Hase geschirmt.

 Welches der Wunder bedünkt dich mehr? Es bewirkte der Höchste

Beide: vom Kaiser geschah dieses, von Jupiter jen's.

7

 Meines Stella Getändel, seine Taube –

Sagen werd' ich es, hört es auch Verona –

Siegte, Maximus, ob Catullus Sperling.

So viel größer als dein Catull ist Stella,

So viel größer die Taub' ist als der Sperling.

8

 Wenn du also den Lehren der hoch erhabenen Männer,

Catos und Thraseas, folgst, daß du dein Leben bewahrst

 Und mit entblößeter Brust nicht rennst in gezückete Schwerter,

Handelst du so, Decian, wie dir zu handeln geziemt.

 Der ist nimmer mein Mann, der für Ruhm willfährig sein Blut gibt:

Der ist's, welcher zum Ruhm nimmer des Todes bedarf.

9

 Cotta, als artiger Mann gern gältest du und auch als großer:

Aber ein artiger ist, Cotta, ein kleinlicher Mensch.

10

 Zur Ehe wünscht Gemellus sich Maronillen

Und ist verliebt und drängt und flehet und schenket.

Ist sie so schön? So häßlich ist, wie sie, keine.

Was sucht an ihr und liebt er denn? Sie muß husten.

11

 Da für den Ritter bestimmt zehn Marken wurden, wie kommt's, daß

Zwanzigmal du allein, Sextilian, die vertrinkst?

 Und schon hätt' es gefehlt den Warmes tragenden Dienern,

Wenn nicht lauteren Wein, Sextilianus, du zecht'st.

12

 Wo zur Herkulischen Burg des eisigen Tibur der Weg führt

Und wo die Albula weiß dampfet von schwefliger Flut,

 Zeiget der vierte Stein von der nahen Stadt das den Musen

Teure Gefild und die Flur und den geheiligten Hain.

 Hier bot während des Sommers ein roher Portikus Schatten,

Ach, und wie unerhört hätt' er gefrevelt beinah!

 Denn er stürzt' auf einmal, als, von zweien Rossen getragen,

Regulus unter der Last eben gewesen, herab.

 Wahrlich, es fürchtete sich vor unseren Klagen Fortuna,

Welche so großen Haß nicht zu ertragen vermocht.

 Jetzt schützt Schaden sogar; den Preis ist selbst die Gefahr wert:

Stehend bewiese das Dach nimmer, daß Götter es gibt.

13

 Als dem Pätus das Schwert die keusche Arria reichte,

Welches sie selber zuvor sich in den Busen gesenkt,

 Sprach sie: »Die Wunder, die ich mir gemacht, vertraue mir, schmerzt nicht,

Aber die du dir wirst machen, mein Pätus, die schmerzt.«

14

 Wie sich der Löw' ergötzt und spielt und scherzet, o Kaiser,

Sahen wir jüngst, auch dies beut die Arena dir dar,

 Da der vom kosenden Zahn so oft ergriffene Hase

Wiederkehret und frei lief durch das offene Maul.

 Wie vermochte der Beut' ein gieriger Löwe zu schonen?

Aber man nennet ihn dein: also vermocht' er auch das.

15

 O mein Julius, Freund, dem bei mir kein anderer vorgeht,

Wenn noch altes Vertrau'n gilt und ergrauetes Recht,

 Fast schon steht dir bevor der Konsuln sechzigster Wechsel,

Und dein Leben, es zählt wenige Tage doch kaum.

 Nicht wohl schiebest du auf was nachher dir könnte versagt sein,

Und nichts halte für dein, als was genossen du hast!

 Sorgen warten auf dich und Müh'n, aneinandergekettet,

Freuden bleiben dir nicht, sondern entweichen im Flug.

 Halte mit beiden Händen sie fest und mit ganzer Umarmung:

Oft auch werden sogar so sie dem Busen entflieh'n.

 Weisen geziemet es nicht, »Ich werde leben!« zu sagen:

Heute lebe: zu spät ist es, daß morgen du lebst.

16

 Mittelmäßig, auch gut ist einiges, schlecht nur das meiste,

Was ich dir bot: nicht wird anders, Avitus, ein Buch.

17

 Titus treibt mich, daß ich Prozesse führe,

Und oft sagt er mir: »Wichtig ist die Sache!«

Wichtig ist, was er Bauer tut, mein Titus!

18

 Tucca, was frommet es dir, daß du mengst zu altem Falerner

Most, aus Fässern gefüllt vom Vatikanischen Berg?

 Was ward Gutes so viel dir getan von den schlechtesten Weinen

Oder vom trefflichsten Wein was dir des Bösen getan?

 Ohne Belang ist's, uns, doch ein Greu'l, den Falerner zu morden

Und ins kampanische Faß grausige Gifte zu tun.

 Deine Gäste vielleicht verdieneten, daß du sie umbringst:

Nimmer zu sterben verdient hat ein so köstlicher Krug.

19

 Täuscht mein Gedächtnis mich nicht, vier Zähne, Älia, hatt'st du,

Als ein Husten dir zwei, zwei dir ein andrer entriß.

 Jetzt kannst ohne Gefahr du ganze Tage durch husten:

Nichts bleibt dorten hinfort fernerem Husten zu tun.

20

 Sprich, was für Wahnsinn ist's? Du schlingst vor den Augen der Gäste,

Cäcilianus, allein sämtliche Pilze herab.

 Was soll dir ich des Bauchs und des Schlundes Würdiges wünschen?

Solchen Pilz, wie ihn einst Claudius speisete, iß!

21

 Als die Rechte, getäuscht, den Trabanten nahm für den König,

Warf sie, opferbereit, sich auf den heiligen Herd.

 Aber ein Wunder so graus ertrug der menschliche Feind nicht

Und hieß gehen den Mann, den er den Flammen entriß.

 Sie, die, der Glut nicht achtend, verbrennen Mucius konnte,

Nicht zu sehen vermocht hatte Porsenna die Hand.

 Größeren Ruf und Ruhm gewann die getäuschete Rechte:

Hätte sie nicht sich geirrt, hätte sie Mind'res getan.

22

 Hase, was fliehst du das Maul des dich schonenden feindlichen Löwen?

Kein so winziges Wild hat es zermalmen gelernt.

 Diese Klauen verspart sich das Tier für mächtige Nacken,

Und kein kärgliches Blut letzet so grimmigen Durst.

 Beute der Hund' ist der Has, er füllt den geräumigen Schlund nicht.

Fürchte des Kaisers Schwert nimmer ein dazisches Kind!

23

 Keinen ladest du ein, als mit dem du, Cotta, dich badest,

Und die Bäder allein geben bei Tisch dir den Gast.

 Cotta, ich wunderte mich, daß du mich nie hattest geladen:

Jetzt erklär' ich es mir: Nackend gefiel ich dir nicht.

24

 Siehest du ihn, Decian, mit ungekämmetem Haupthaar,

Vor des finsteren Brau'n du auch dich fürchtest sogar,

 Der von Kuriern spricht und Kamillen, Romas Errettern?

Traue der Stirn nicht: jüngst nahm er sich einen Gemahl.

25

 Deine Bücher, Faustin, gib jetzt dem Volke zu lesen

Und was dein kundiger Geist pflegete bring an das Licht!

 Weder verwerfen wird's die Kekropische Burg des Pandion,

Weder werden es stumm unsere Greise verschmäh'n.

 Anstand nimmst du, den Ruhm vor der Tür eintreten zu lassen,

Und du schämst dich, den Lohn deines Bemüh'ns zu empfahn?

 Mögen die Blätter, bestimmt, daß sie nach dir leben, bereits auch

Durchdich leben: zu spät kommet der Asche das Lob.

26

 Sextilianus, du trinkst allein was fünf von den Bänken:

Trunken könntest du sein, tränkest du Wasser so oft;

 Und du vertrinkst nicht nur die nahen Marken der Nachbarn,

Sondern von deinen Reih'n weiter entlegenes Blech.

 Auch wird nicht dir der Wein von pelignischen Keltern geliefert,

Noch ist jenes Gewächs tuskischen Bergen entsproßt,

 Sondern du leerst des alten Opim gesegnete Scherbe,

Massische Kammern auch wohl liefern den dunkelen Krug.

 Werd' aus der Schenke für dich laletanische Hefe geholet,

Wenn zehnfältig und mehr, Sextilianus, du trinkst!

27

 Gestern Nacht, als, ich glaube, zehn Quinkunzen

Ausgeleeret von uns, Procillus, sagt' ich,

Speisen solltest du heut an meinem Tische.

Du hieltst flugs es für abgemachte Sache

Und hast trunkene Worte dir gemerket,

Und das wär' ein doch zu gefährlich Beispiel:

Flucht, Procill, dem Gedächtnis bei dem Zecher!

28

 Wer von Acerra glaubt, er riecht nach gestrigem Weine,

Irret sich: stets in den Tag trinket Acerra hinein.

29

 Fidentinus, der Ruf sagt aus, daß meine Gedichte

Du nicht anders dem Volk liesest, als wären sie dein.

 Schenken will ich sie dir, wenn du mein willst nennen die Verse:

Sollen sie mein nicht sein, kaufe sie; deine dann sind's!

30

 Wundarzt war Diaulus, er ist jetzt Leichenbestatter.

Auf die Art, wie er konnt', ist er ein Kliniker jetzt.

31

 Dir gelobet Enkolp, des Herrn, des Zenturio, Liebe,

Phöbus, das sämtliche Haar, welches vom Scheitel ihm wallt.

 Da dann Pudens der Lohn des verdienten Pilus erfreu'n wird,

Schneide das lange Gelock, Phöbus, ihm ehestens ab,

 Während das zarte Gesicht noch von keinem Flaume geschwärzt wird

Und noch ein Hals wie Milch prangt, von der Mähne beströmt;

 Und daß lange dein Werk so Herr wie Knabe genießen,

Mache zum Mann ihn spät und zum Geschorenen bald!

32

 Lieben kann ich dich nicht und kann nicht sagen, warum nicht,

Kann, Sabidius, nur sagen: »Ich liebe dich nicht!«

33

 Gellia weint um des Vaters Verlust nicht, wenn sie allein ist;

Siehet sie einer, sogleich stürzen die Tränen hervor.

 Merk es, Gellia, dir: Der trauert nicht, der da Lob sucht;

Derfühlt wirklichen Schmerz, der ihn vor Zeugen verbirgt.

34

 Lesbia, stets ist offen die Tür und ohne Bewachung,

Während du kündigst, und nicht birgst du verstohlene Lust,

 Und es ergötzet dich mehr, der dir zuschaut, als der Geliebte,

Und es erfreut der Genuß, ist er verborgen, dich nicht.

 Dirnen dagegen beschirmt vor Belauschung Riegel und Vorhang,

Und im Summöner Bordell zeiget sich selten ein Spalt.

 Lerne zum wenigsten Scham von der Chione oder der Jas:

Schmutzige Metzen sogar suchen der Gräber Versteck.

 Kommt es vielleicht dir so vor, als sei zu strenge das Urteil?

Daß man dabei dich ertappt, tadel' ich, nicht, daß du buhlst.

35

 Daß ich etwas zu lose Verse schreibe,

Die vorlesen man dürft' in keiner Schule,

Mein Cornelius, klagst du: diese Büchlein

Können aber, wie Männer ihren Frauen,

Ohne Liebesgetändel nicht gefallen.

Soll hochzeitliche Lieder gar ich machen

Und hochzeitliche Worte nicht gebrauchen?

Wer bekleidet das Florafest und duldet

An Lustdirnen die Züchtigkeit der Stola?

Für scherzhafte Gedichte gilt die Regel,

Daß, nicht lüstern, sie nicht ergötzen können.

Deshalb bitt' ich dich, lege deinen Ernst ab

Und entmanne du nicht mir meine Büchlein!

Nichts ist schmählicher denn Priap als Galle.

36

 Wenn ein Geschick, Lukan, dir verlieh'n würd' oder dir, Tullus,

Wie das lakonische Paar Ledischer Söhne gehabt,

 Würdet den edelen Streit ihr beide zwischen euch führen,

Daß für den Bruder den Tod jeder sich wünschte zuerst,

 Und wer früher gelangt zu den Schatten unten, der sagte:

»Lebe du deine Zeit, Bruder, und meine dazu!«

37

 Während du schamlos Gold mit der Last des Leibes befleckest,

Bassus, trinkst du aus Glas: teurer denn leerst du dich aus.

38

 Fidentinus, das Buch, das du vorliesest, ist meines;

Aber es wird, da du schlecht liesest, das deinige jetzt.

39

 Ist noch irgendein Mensch zu den seltenen Freunden zu zählen,

Wie sie der Vorzeit Ruf, frühere Treue gekannt,

 Ist mit Minervas Kunst, der kekropischen und der Latiner,

Irgendeiner gekränkt, biederen Herzens dazu,

 Ist er ein Schirmer des Rechts, ein Bewunderer sittlicher Würde,

Fleht er die Götter um nichts, was zu verheimlichen ist,

 Ist noch einer gestützt durch große Stärke der Seele:

Will ich sterben, wenn nicht mein Decianus es ist.

40

 Der du die Mienen verziehst und mit Unlust dieses du liesest,

Alle beneide du, keiner, du Neidischer, dich!

41

 Du, Cäcilius, dünkst dich fein und witzig.

Nimmer bist du das, glaub's! Was denn? Ein Schwätzer,

Das, was drüben vom Tiber ein Hausierer,

Welcher gelbliche Schwefelfäden eintauscht

Für zerbrochenes Glas, was der gekochte

Kichererbsen verkauft dem müß'gen Haufen,

Was der Hüter und Herr gezähmter Vipern,

Was die Knaben gemeiner Lakehändler,

Was der Koch, der in warmen Trageöfen

Seine dampfenden Würste heiser feilbeut,

Was ein römischer nicht besondrer Dichter,

Was aus Gades ein frecher Mädchenhalter,

Was des alten Kinäden Plapperzunge.

Also nun höre auf, von dir zu glauben,

Was, Cäcilius, du nur von dir glaubest,

Daß den Gabba dein Witz besiegen könne

Und sogar auch den Tettius Caballus.

Nicht ward jeglichem eine feine Nase:

Wer da scherzet mit dummer Unverschämtheit,

Ist kein Tettius, sondern ein Caballus.

42

 Als das Geschick des Gemahls, des Brutus, Porcia hörte

Und sie im Schmerze das Schwert suchete, das man versteckt,

 Rief sie: »Ihr wisset noch nicht, daß nicht man verwehren den Tod kann?

Meines Vaters Geschick hätt' es euch, glaubt' ich, gelehrt!«

 Sprach's, und begierig trank ihr Mund von der glühenden Asche:

Gehe, du lästige Schar, nun und verwehr' ihr das Schwert!

43

 Unserer sechzig hatt'st, Mancin, du gestern geladen,

Und du setzetest nichts, außer dem Eber, uns vor,

 Keine Trauben, bewahrt von spät reif werdenden Stöcken,

Honigäpfel auch nicht, süß wie in Waben der Seim,

 Keine Birnen, gehängt an lange Bänder von Ginster,

Oder Granatenkern', ähnlich wie Röschen gefärbt,

 Weder ein Käselaib aus Sassinas Fluren erschien da,

Noch aus picenischem Krug wurden Oliven gebracht;

 Nackt ein Eber, jedoch auch der so winzig, daß solchen

Unbewaffnet ein Zwerg hätte zu töten vermocht,

 Und nichts gab es davon; nur das Anschau'n hatten wir alle.

So trägt Eber man auch in der Arena uns auf.

 Setze, da solches gescheh'n, nie einen Eber man dir vor!

Doch dich, gleich Charide'm, setze dem Eber man vor!

44

 Daß von des Löwen Spiel und den kecken Sprüngen des Hasen

Unser älteres Blatt und auch ein jüngeres spricht

 Und zweimal wir das nämliche tun, wenn dies dir zu viel scheint,

Setze du auch zweimal Hasen, mein Stella, mir vor!

45

 Daß ich die Mühe nicht an den kurzen Büchern verliere,

Werde lieber gesagt: »ton r'apameibomenos«

46

 Sagst du: »Mir eilet es; tu's, wenn du's tust!« Hedyl, so ermattet

Augenblicklich und schweigt meine Begier und erlischt.

 Heiße mich warten; gehemmt, werd' um so schneller ich gehen:

Sage zu mir, daß ich nicht eile, Hedyl, wenn du eilst.

47

 Früher ein Arzt, ist jetzt Diaulus Leichenbestatter;

Leichenbestatter, wie jetzt, war er auch früher als Arzt.

48

 Diesem Rachen entriß kein Wärter wieder die Stiere,

Aber ein flüchtiger Has' eilet hinein und heraus;

 Und was erstaunlicher ist, als ein schnellerer kommt er vom Feinde

Und nicht ohne Gewinn läßt ihn so edles Gemüt.

 Sicherer rennet er nicht herum auf leerer Arena,

Und in dem Käfige nicht ist er geborgen so gut.

 Willst du den Bissen der Hund' entgehn, mutwilliger Hase,

Hast du den Zufluchtsort hier in dem Rachen des Leu'n.

49

 Den nie der Keltiberer Volk vergessen wird,

Du, Zierde meines Spaniens,

 Licinian, siehst bald das hohe Bilbilis,

Durch Ross' und Waffen weitberühmt,

 Den schneebedeckten Gajus und den heiligen

Zerspaltenen Berg Vadavero,

 Den süßen Hain Boterdums auch, des wonnigen,

Der Spenderin Pomona Lust.

 Dort wirst du schwimmen in Congedus' lauer Flut

Und in der Nymphen weichen Seen

 Und dann im kleinen Salo, der das Eisen kühlt,

Den schlaffen Leib zusammenzieh'n.

 Dort bietet in der Nähe deinem Jagdgeschoß

Voberca Wild zum Morgenmahl.

 Am goldnen Tagus wird der Bäume Schatten dich

Beschirmen vor der Sonne Glut;

 Der frische Bach Dercenna stillt den heißen Durst

Und die Nutha, die den Schnee besiegt.

 Doch wenn im grauen Winter und Dezembermond

Ohnmächtig heult der heis're Nord,

 Dann kehrst du heim zum sonn'gen Strande Tarracos

Und deinem Laletania.

 Dort fängst du Rehe, welche weiches Garn verstrickt,

Und eingeborne Keiler ab,

 Und holst auf mut'gem Roß den schlauen Hasen ein;

Die Hirsche sind des Meiers Jagd.

 Die nahe Waldung beut ihr Holz dem Herde dar,

Den Kinder, ungeputzt, umstehn;

 Geladen wird der Jäger, und es kommt ein Gast,

Den aus der Nachbarschaft du riefst;

 Hier gibt's bemondet Leder und die Toga nicht

Und keines Purpurkleides Duft;

 Hier plaget kein Liburner, kein Klient, der klagt,

Hier herrschet keine Ledige;

 Kein bleicher Angeklagter stört den tiefen Schlaf,

Den ganzen Morgen schlummerst du.

 Verdien' ein andrer laute, tolle Bravos sich:

Beklage du die Glücklichen,

 Und sonder Ehrgeiz suche wahre Freuden auf,

Indes man deinen Sura lobt!

 Nicht unbescheiden heischt das Leben was ihm bleibt,

Nachdem der Ruhm befriedigt ist.

50

 Wenn Mistyllos der Koch bei dir heißt, Ämilianus,

Weshalb würd' er bei mir nicht Taratalla genannt?

51

 Nur ein mächtig Genick ist Raub für grimmige Löwen.

Eiteler Hase, warum fliehest du dieses Gebiß?

 Traun, sich erniedrigen soll's zu dir von gewaltigen Stieren

Und zermalmen den Hals, welcher verschwindet dem Blick.

 Hege die Hoffnung nicht auf den Ruhm so großen Geschickes:

DerFeind bietet dir nicht, schwächliche Beute, den Tod.

52

 Meine Bücher empfehl' ich, Quintian, dir –

Darf ich nämlich die Bücher meine nennen,

Die dein Dichter, als wären's seine, vorliest –:

Klagen über die schwere Sklaverei sie,

Tritt als Retter hinzu und leiste Bürgschaft,

Und wenn jener sich ihren Herren nennet,

Sag, es seien sie mein und freigelassen!

Dreimal rufe du dieses aus und viermal,

Und du wirst, daß der Dieb sich schämt, ihn zwingen.

53

 Fidentinus, es ist ein Blatt in unseren Büchlein

Deines, bezeichnet jedoch mit dem kenntlichen Bilde des Herren,

Welches deine Gedichte bezeiht handgreiflichen Diebstahls.

So befleckt's, wenn darein der lingonischen Bardenkapuze

Fettige Zotte sich mengt, Roms veilchenfarbenen Purpur;

So entweihet Kristall ein arretinischer Scherbel;

So wird, schweift er vielleicht in der Schar Ledäischer Schwäne

An des Kaysters Strand, ein schwarzer Rabe verlachet;

So stört frech, wo vom Klang der Gesänge spendenden Atthis

Brauset der heilige Hain, die kekropischen Klagen die Elster.

Nicht Angebers, noch Richters bedarf's für unsere Bücher:

Gegen dich erhebt sich dein Blatt und rufet dir »Dieb!« zu.

54

 Hast du, Fuscus, noch Raum, geliebt zu werden –

Freunde hast du ja hier und hast du dorten –,

Bitt' ich, ist er noch da, mir einen Platz aus,

Und nicht weise mich ab, da ich dir neu bin:

Deine älteren alle sind's gewesen.

Darauf siehe du nur, ob, wen du neu wählst,

Dir ein alter Genosse werden könne.

55

 Wenn du, Fronto, des Heers und der Toga strahlende Zierde,

Was dein Marcus sich wünscht, kurz zu vernehmen begehrst,

 Hör es: Sein eigenes Feld, ist's klein auch, möcht' er beackern

Und liebt ferne von Glanz Muße bei kleinem Besitz.

 Gibt wohl einer zum Dienst dem spartanischen Marmor, dem bunten,

Kalten, sich her und bringt töricht ihm morgens den Gruß,

 Welchem das Glück es vergönnt, daß leeren er kann vor dem Herde

Netze, die Wald und Feld reichlich mit Beute erfüllt,

 Und an der zitternden Schnur herauf den zappelnden Fisch zieh'n

Und goldfarbenen Seim schöpfen aus rotem Geschirr?

 Welchem den wackelnden Tisch die quabblige Meierin vollträgt

Und der die Glut nicht kauft, welche die Eier ihm kocht?

 Liebe wer mich nicht liebt auch nicht dies Leben, so wünsch' ich,

Und gekleidet in Weiß leb' er im Dienste der Stadt.

56

 Unaufhörlich geplagt vom Regen, triefet die Lese:

Lauteren kannst du nun nicht schenken, wenn, Wirt, du auch wollt'st.

57

 Was für ein Mädchen ich will und nicht will, fragest du, Flaccus?

Nicht die zu willige zieht, noch die zu spröde mich an.

 Das, was die Mitte hält und dazwischen lieget, gefällt mir:

Weder hab' ich was quält, weder was sättiget gern.

58

 Hunderttausend verlangt für den Knaben hatte der Händler:

Ich verlacht' ihn, allein Phöbus bezahlt' es sogleich.

 Das schmerzt, und es beklagt mein Glied sich über mich heimlich,

Und mir zum Ärger und Neid lobt man den Phöbus dafür.

 Aber es brachte sein Glied zwei Milliönchen dem Phöbus:

Das gib du mir, und ich kaufe noch teuerer ein.

59

 Hundert Quadranten sind's, was die bajische Sportel mir einträgt.

Was soll Mangel wie der unter Genüssen der Lust?

 Gib mir zurück des Lupus und Gryllus finstere Bäder:

Speis' ich so schlecht, weshalb badete, Flaccus, ich gut?

60

 Springst du dem grimmigen Leu'n in den weiten Rachen auch, Hase,

Glaubt doch der Löwe, daß nichts zwischen den Zähnen ihm sei.

 Wo sind Schultern, auf die er sich stürz', ein Genick, das er packe,

Wo Stierleiber, die tief könne verwunden sein Biß?

 Was ermüdest umsonst du den Herrn und König der Wälder?

Nur ein erlesenes Wild wählet sich dieser zum Mahl.

61

 Verona liebt des feinen Sängers elf Silben,

Des Maro freut sich Mantua;

 Durch Livius ward Apons Flur und nicht minder

Durch Stella und durch Flaccus Ruhm.

 Dem Apollodor jauchzt zu der Nil, der Flutspender,

Peligner preisen Nasos Lob,

 Zwei Seneca besingt und einen Lucanus

Das redemächtige Corduba,

 Sein Canius ist Gades Lust, des scherzvollen,

Mein Decian Emeritas:

 Mein Bilbilis wird dich, Licinian, rühmen,

Von mir auch, hoff' ich, schweigt es nicht.

62

 Keine Sabinerin war einst züchtiger als die Lävina,

Sie war strenger sogar als ihr doch finsterer Mann.

 Während sie bald dem Lucrinus sich hingibt, bald dem Avernus

Und in bajanischer Flut oft sich die Glieder erfrischt,

 Ward sie entflammt und verließ den Gemahl und folgte dem Jüngling;

Eine Penelope kam, Helena eilte davon.

63

 Celer, du bitt'st mich, mein Buch dir vorzulesen. Ich will nicht.

Nicht, daß du hörst, gilt dir's, gerne nur läsest du vor.

64

 Reizend bist du, ich weiß es, jung auch, wahr ist's,

Reich auch, wer denn vermöchte das zu leugnen?

Aber da du zu sehr dich lobst, Fabulla,

Bist du weder mir reich, noch jung, noch reizend.

65

 Wenn ich sagte »Ficus«, dann lachst du, Cäcilianus

Wie zu barbarischen Wort und du verlangest »Ficos«.

 Nennen werd' ich »Ficus« was auf Bäumen wachsend wir kennen,

Nennen werd' ich's »Ficos«, Cäcilianus, bei dir.

66

 Du irrst, der meine Bücher du bestiehlst, Geizhals,

Und glaubst, ein Dichter könn'st du für so viel werden,

Als deren Abschrift und geringer Band kostet.

Für sechs bis zehn Sesterze kauft man kein Bravo:

Verborg'ne Verse such' und neue Arbeiten,

Die einer kennt, versiegelt auch im Schrein hütet,

Der Vater solches unberührten Blatts selber,

Das nicht, vom harten Kinn gerieben, rauh wurde.

Nicht kann ein schon bekanntes Buch den Herrn wechseln:

Doch ist es an der Stirn noch nicht gebimst worden,

Durch Nabel nicht und Pergament geschmückt, kauf' es!

Ich habe solche, und es soll's kein Mensch wissen.

Wer Fremdes vorliest und damit auf Ruhm ausgeht,

Muß nicht das Buch sich kaufen, sondern Stillschweigen.

67

 Immer sagst du zu mir, o Cerylus, daß ich zu frei bin.

Jeden, der gegen uns spricht, Cerylus, nennest du frei.

68

 Was auch Rufus beginnt, nur Nävia gibt es für Rufus.

Weinet er, freuet er sich; schweigt er, so spricht er von ihr.

 Speiset er, trinkt er uns zu, verlangt, verneinet, bejaht er:

Alles ist Nävia; stumm wird er, wenn Nävia fehlt.

 Als er dem Vater zum Gruß am gestrigen Morgen geschrieben,

Hieß es: »Dir, Nävia, Stern, Nävia, Sonne, dir Gruß!«

 Nävia liest es und lacht, das Antlitz niedergesenket.

Du bist Nävien nicht alles: was rasest du, Narr?

69

 Während, Maximus, stets den Pan er zeigte,

Läßt den Canius jetzt Tarentos sehen.

70

 Wandre für mich zum Gruße, mein Buch: zu den glänzenden Laren

Meines Proculus sollst, dienstebereites, du gehn.

 Suchst du den Weg? Hör' an: bei der greisigen Vesta Nachbar,

Kastor, gehe vorbei und der Vestalinnen Haus,

 Suche sodann den verehrten Palast auf dem heiligen Hügel,

Wo in Scharen das Bild glänzt des erhabensten Herrn.

 Hemm' auch dich nicht des Koloß, des erstaunlichen, strahlende Masse,

Die sich des Sieges erfreut über das rhodische Werk.

 Wende den Weg, wo des trunknen Lyäus Dach sich erhebet

Und wo der Kybele Pfühl steht mit des Korybas Bild.

 Links dann hast du sogleich zu der hellen Front der Penaten

Und zu den Hallen des hochragenden Hauses zu gehn.

 Dort ist's; fürchte du nicht von der stolzen Schwelle Verachtung:

Nirgends stehet die Tür weiter den Nahenden auf

 Und verdienet es mehr, daß sie Phöbus lieb' und die Schwestern.

Sollt' er dich fragen: »Warum kommet er aber nicht selbst?« –,

 Sprich zur Entschuldigung: »Weil dies, wie schlecht sich's auch lese,

Er nicht schreiben gekonnt, wenn er als Grüßender kam!«

71

 Lävia trink' ich mit sechs, mit sieben Bechern Justina,

Lykas mit fünf, mit vier Lyde, die Ida mit drei'n.

 Jede der Freundinnen zähl' ein Pokal, gefüllt mit Falerner,

Und weil keine mir kommt, komme denn du mir, o Schlaf!

72

 Dichter denkst du zu sein durch meine Verse,

Fidentinus, und wünschest, daß man's glaube?

So hält Ägle sich durch erkaufte Knochen

Und durch indisches Horn für wohlbezahnet;

So gefällt sich, die schwärzer ist als reife

Maulbeerfrüchte, Lykoris, trägt sie Bleiweiß.

Auf die Art, wie du Dichter bist, so wirst du,

Während kahl dir der Scheitel ist, behaart sein.

73

 Niemand war in den Namen der Stadt, der deine Gemahlin,

Cäcilianus, umsonst hätte berühren gemocht,

 Da man es konnte; doch jetzt, da du Wächter stelletest, wurde

Mächtig der Buhlenden Schar: was du erfinderisch bist!

74

 Vorher buhlt' er mit dir: doch du konntest, Paula, das leugnen?

Sieh, jetzt ist er dein Mann: leugnest du, Paula, es noch?

75

 Wer dir lieber, als daß er das Ganze leihet, die Hälfte

Schenket, Linus, der büßt lieber die Hälfte nur ein.

76

 Der du am Herzen mir liegst als köstlicher Schatz, o mein Flaccus,

Welchen Antenors Stadt freudig den ihrigen nennt,

 Lasse pierischen Sang und der Schwestern Kithara ruhen;

Keins aus der Mädchen Schar wird dir gewähren ein As.

 Was begehrst du von Phöbus? Das Geld hat Pallas im Kasten;

Die ist weise, nur sie borget den Göttern gesamt.

 Was beut Bacchus dir dar und sein Efeu? Schwarz von der Bürde

Senket Minervas Baum nieder das bunte Gelock.

 Nichts als Wasser und Kränz' und der Göttinnen Lyren und Bravos,

Schallend, doch unfruchtbar, teilet der Helikon aus.

 Was geht Kirrha dich an, was der nackte Quell der Permessis,

Während das Forum Roms reicher und näher dir ist?

 Dort klingt bares Metall: doch um unsere Bühnen und Sessel,

Ohne Früchte für uns, rauschen uns Küsse nur zu.

77

 Charinus ist gesund und siehet doch bleich aus.

Charinus trinket mäßig und siehet doch bleich aus.

Charin verdaut vortrefflich und siehet doch bleich aus.

Charinus liebt die Sonn' und siehet doch bleich aus.

Charinus färbt die Haut und siehet doch bleich aus.

Charin befleckt die Zung' und siehet doch bleich aus.

78

 Als die verheerende Seuch' in den schuldlos leidenden Schlund trat

Und in das Antlitz ihm kroch die entsetzliche Pest,

 Nahm, mit trockenen Wangen er selbst und die weinenden Freunde

Tröstend, Festus sich vor, niederzusteigen zum Styx.

 Fromm befleckt' er jedoch mit schwärzendem Gifte den Mund nicht,

Martert auch langsam nicht traurig durch Hunger sich hin,

 Sondern beschloß durch römischen Tod sein würdiges Leben,

Und ein edlerer Pfad führte die Seele hinab.

 Dieses Ende verdient, daß des großen Cato Geschick' es

Vorzieht Fama: denn er hatte den Kaiser zum Freund.

79

 Immer treibst du Prozess und immer treibst du Geschäfte:

Gibt's, gibt's nicht was du treib'st, einiges treibest du stets.

 Fehlen Prozess' und Geschäfte, so treibst du, Attalus, Esel.

Daß du doch etwas treib'st, treibe die Seele dir aus!

80

 Canus, du fordertest dir in der Nacht des Todes die Sportel.

Canus, ich glaube, du starbst, weil man nur eine dir gab.

81

 Daß dich ein Sklave gezeugt, du weißt's und bekennest es schmeichelnd,

Da zu dem Vater »Herr«, Sosibianus, du sagst.

82

 Dieser Portikus, der, zu Staub zerteilet,

Seine Trümmer so weit umher verbreitet,

Liegt, der Schuld in so bösem Fall entbunden.

Denn als Regulus unter jenem Dache

Kaum gefahren und sich daraus entfernet,

Ward er plötzlich durch seine Last bewältigt;

Und als nichts zu befürchten für den Herrn war,

Stürzt' unblutig er ein, vor Schaden sicher.

Wer kann, Regulus, leugnen, daß die Götter

Dich behüten aus Furcht vor unsern Klagen

Und unschädlich darum der Sturz dir wurde?

83

 Lippen und Antlitz leckt, Maneja, stets dir ein Hündchen:

Wundern kann ich mich nicht, letzet ein Hund sich an Kot.

84

 Es glaubet Quirinalis, keine Frau brauch' er,

Wenn er Söhne wolle haben, und ersann etwas,

Wodurch er's könn' erreichen: er beschläft Mägde

Und füllet Haus und Hof mit Rittern, Magdsöhnen.

Ist Quirinalis nicht ein wahrer Hausvater?

85

 Als vortreffliches Feld und bebauete Hügel ein Präko

Feilbot jüngst auf der Stadt nahegelegenem Grund,

 Sprach er fein: »Wer da glaubt, daß Marius müsse verkaufen,

Irret; er schuldet nichts, ja er verborget vielmehr.«

 »Aber warum denn geschieht's?« »Er verlor dort sämtliche Sklaven,

Vieh und Früchte, darum ist ihm zuwider der Ort!«

 Wer nun böte darauf, der nicht sein Alles verlieren

Möchte? Dem Marius drum blieb sein gefährliches Gut.

86

 Aus dem Fenster mit meiner Hand erreichen

Kann ich Novius; mir so nahe wohnt er.

Wer beneidet mich nicht darum und glaubt nicht,

Glücklich sei ich und könne jede Stunde

Eines lieben Genossen mich erfreuen?

Mir so fern wie Terentianus ist er,

Der am Nilus Syene jetzt regieret.

Weder speisen mit ihm, noch ihn nur sehen,

Noch ihn hören nur kann ich, und so nah' ist

Und so fern in der ganzen Stadt mir niemand.

Weiter müssen wir, jener oder ich, zieh'n.

Nachbar sei man ihm oder Mitbewohner,

Wenn man Novius nicht zu sehen wünschet.

87

 Daß nach dem gestrigen Wein du nicht, Fescennia, riechest,

Schlingest du, Schwelgerin, drauf Cosmus' Pastillen hinab.

 Deine Zähne betüncht solch Frühmahl, aber es schützt nicht,

Wenn aus des Magens Grund wieder der Dunst sich erhebt.

 Riecht nicht übel das Gift, mit duftenden Mitteln vermischet,

Und dringt weiter des Hauchs Doppelgeruch nicht umher?

 Allzu bekannten Betrug und ertappete heimliche Lüste

Stelle nun ein und sei ohne die Künste berauscht!

88

 Alcimus, welchen, dem Herrn in den Blütenjahren entrissen,

Leichter Rasen bedeckt auf lavikanischer Flur,

 Nimm nicht die wankende Last von parischem Stein, die der Asche

Eitele Mühe setzt und die doch künftig zerfällt,

 Sondern gefälligen Buchs und des Weinstocks dunkelen Schatten

Und, von Tränen benetzt, grünende Matten von mir!

 Nimm hier, teueres Kind, das Denkmal unseres Schmerzes:

Mögest du hier geehrt leben für ewige Zeit!

 Hat mir Lachesis einst die letzten Jahre gesponnen,

Will ich, daß anders nicht ruhe mein eigener Staub.

89

 Du raunst beständig allen in das Ohr, Cinna,

Du raunst auch das, was hören alle Welt dürfte,

Du lachst ins Ohr, du klagest, schuldigst an, weinest,

Du singst ins Ohr, urteilest, schweigest, schreist, Cinna,

Und diese Krankheit sitzt in dir so tief wurzelnd,

Daß oft den Kaiser, Cinna, du ins Ohr lobest.

90

 Weil ich, Bassa, dich nie umringt von Männern gesehen

Und weil nie das Gerücht einen Geliebten dir gab,

 Sondern den ganzen Dienst dir nur Scharen deines Geschlechtes

Leisteten, ohne daß je Männer erschienen dabei,

 Hatt' ich dich, muß ich gestehn, für Lucretia selber gehalten:

Aber, o Frevel, es warst, Bassa, der Buhle du selbst.

 Du kannst wagen, gepaart zwei weibliche Leiber zu einen,

Und es erlüget den Mann widernatürliche Lust.

 Wunderbarliches, wert des thebanischen Rätsels, ersannst du,

Daß es da Ehebruch gibt, wo es am Manne gebricht.

91

 Während du nie ein Gedicht herausgibst, tadelst du meine.

Willst du sie tadeln, so gib, Lälius, deine heraus!

92

 Cestos klaget mir oft mit überfließenden Augen,

Daß dein Finger an ihm, Mamurian, sich vergreift.

 Nicht des Fingers bedarf's: den ganzen Cestos besitze,

Wenn nicht anderes dir, Mamurianus, gebricht.

 Aber wenn weder du Herd, noch des Bettes nacktes Gestell hast,

Noch Antiopes, noch Chiones ärmlichen Kelch,

 Wenn um die Lenden dir gelb und rissig hängt die Lacerna,

Und wenn die gallische Hof' eine der Hälften nur deckt

 Und du vom bloßen Dampf der schwarzen Küche gespeist wirst

Und mit dem Hunde gebückt schmutziges Wasser du trinkst,

 Werd' ich dich nicht am Gesäß, denn was nie ausleeret, das ist kein's,

Strafen, dein einziges Aug' aber, ich bohr' es dir aus.

 Magst du auch boshaft nicht, noch eifersüchtig mich nennen:

Mein'thalb, Mamurian, buhle mit ihm, wenn du satt!

93

 Neben dem treuen Freund Fabricius ruhet Aquinus,

Welcher mit Freuden zuerst in das Elysium ging.

 Beider Altar bezeuget ihr Amt als Primipilaren,

Mehr ist's aber, was dran saget die kürzere Schrift:

 »Jeder von ihnen stand im heiligen Bund mit der Tugend

Und war das, was der Ruf selten erkundet, ein Freund.«

94

 Du sangst schlecht, als du wardst beschlafen, Ägle.

Gut singst jetzt du; nun kann man dich nicht küssen.

95

 Älius, daß du so schreist, daß du überbrüllst die Parteien,

Nicht geschieht es umsonst: denn man bezahlt, daß du schweigst.

96

 Ist nicht es lästig und verdrießlich dir, Skazon,

So sage wenig Worte meinem Maternus

Ins Ohr, ich bitte, so, daß er's allein höre,

Dort jener, der gern dunkle Kleider anleget

Und Wolle trägt vom Bätis oder schwarzgraue,

Der keinen, wer in Scharlach geht, als Mann ansieht

Und Weiberkleider nennet amethystfarbne,

Mag Ungefärbtes loben, und er trag' immer

Schwarzbraune Farben, seine Sitten sind gelbe.

Er fragt vielleicht, weshalb er mir Kinäd scheinet.

Wir baden uns zusammen: er blickt nie aufwärts,

Vielmehr verschlingt sein Auge Männerliebhaber,

Und der Leiber Anblick macht ihm seinen Mund wäss'rig.

Du fragst, wer's sei? Entfallen ist mir sein Name.

97

 Nur wenn sie alle schrei'n, dann sprichst du, Nävolus, etwas,

Aber ein Anwalt doch dünkst du dich und ein Patron.

 Jeglicher freilich muß auf solche Weise beredt sein.

Siehe, sie schweigen gesamt: Nävolus, spricht nun ein Wort!

98

 Flaccus, es führt Diodorus Prozess', und das Podagra plagt ihn.

Doch es erhält sein Patron nichts von ihm: Chiragra ist's.

99

 Nicht voll zwei Millionen hattest jüngst du;

So verschwenderisch aber und so glänzend,

So freigebig, Calenus, warst du, daß dir

Wünschten zehn Millionen alle Freunde.

Unser Fleh'n und Gebet, ein Gott erhört' es,

Und dir gaben, ich glaub', in sieben Monden

Vier verschiedene Todesfälle so viel.

Doch als wären sie nicht dir hinterlassen,

Sondern zehn Millionen dir geraubet,

Ward aus dir ein so karger Hungerleider,

Daß die köstlichsten Ehrengastgelage,

Die einmal du im ganzen Jahre spendest,

Du mit schmutzigem Kupfergeld bestreitest

Und daß unserer sieben alte Freunde

Wir ein bleiernes halbes Pfund dir kosten.

Was erfleh' ich dir, der Verdienste würdig?

Wünschen will ich dir hundert Millionen.

Hättst du diese, Calen, du stürbest Hungers.

100

 Afra besitzet Mamas und Papas, doch kann man sie selber

Von den Papas und Mamas nennen die größte Mama.

101

 Meiner Studien Hand, die einst so treu mir gedient hat,

Glücklich sowohl für den Herrn, als auch den Kaisern bekannt,

 Mein Demetrius schied in der ersten Blüte der Jahre,

Als drei Lustren und vier Ernten er hatte verlebt.

 Doch, daß als Diener herab zu den stygischen Schatten er stiege,

Als unselige Pest marternd denselben ergriff,

 Wandten wir ab und entsagten dem Recht des Herrn bei dem Kranken:

Daß ihn unser Geschenk rettete, hätt' er verdient.

 Sterbend empfand er den Lohn, den ich gab, und hieß mich »Patronus«,

Als zu der Unterwelt Flüssen, ein Freier, er ging.

102

 Wer, Lykoris, dir deine Venus malte,

Hat, ich glaube, Minerven schmeicheln wollen.

103