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Erweiterte Ausgabe von Euterpes Hermäon (2013) mit allen Werken der Originalausgabe sowie Histrionia, Die Botin, Belladonna & Maturitas.
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Liebeslyrik, Epik, Romantik, klassisch, Ästhetik
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Seitenzahl: 135
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Markus Gerhard Pichler wurde am 25. Oktober 1985 in Bruck an der Mur geboren.
Stillung der Triebe, Leidenschaft, erquickend Lust – Vor allem Liebe.
Briseis
Jambos & Trochäa
Wieland
Ceres & Vesta
Die Botin
Hybris
Thisbe
Belladonna
Histrionia
Maturitas
Ponos
Trojas wahrlich tapfre Krieger
Waren häufig große Sieger
Hart umkämpfter Heldenschlachten,
Die der Heimat Ruhm erbrachten.
Doch die forschen Griechenheere
Brachten’s zu erhabner Ehre
Gleichsam ihren Erzrivalen
Oft in jenen Schicksalsjahren.
Und des Mynes schönes Weibe
Kam zur stattlich Griechenbleibe,
Wo sie nun als Sklavin diene
Mit entehrter Sklavenmiene –
Doch der Held Achill erkannte,
Wie er einst es ernstlich nannte,
Sie als allerschönstes Wesen,
Das bei ihm jemals gewesen.
Denn Lyrnessos’ reizend Schöne
Schien der tapfren Griechensöhne
Allerbeste Beut’ zu sein,
Deren Zahl zumal nicht klein.
Und Achilles stolz bestimmte,
Dass er die von Zorn ergrimmte
Ganz allein vor allen kriege,
Unbeschränkt für seine Triebe.
Doch Briseis stoisch wusste,
Als sie zu dem Helden musste,
Dass ihr eignes Lebensglücke
Hing an ihrer klugen Tücke.
Und – so dacht’ die wahrhaft Schlaue –
Wenn Achilles sie durchschaue,
Käme sie wohl nimmer frei
Aus der schmachvoll Sklaverei.
Doch aus Rache schwor die Beute
Jenes Raubes, aller Leute
Trojas Diener und geheim
Auch Komplizin nun zu sein!
Denn würd’s ihr geschickt gelingen,
Hinterlistig zu erringen
Des Achilles holde Gunst
Durch die stolze Frauenkunst,
Ließ sich wohl durch das Erregen
Für die Feinde was bewegen!
Gutverstellte Weibermienen
Sollten also Troja dienen,
Um fernab von Kriegesdingen
Stolze Griechen zu bezwingen.
Leise saß sie in dem Zelte,
Wo Achill die Auserwählte
Für die nächste Liebesnacht
Hatte morgens hingebracht.
Und dass niemand sie betrachte,
Musst’ sie eine gutbewachte
Sklavin in dem Zelte sein,
Wo Achill nur durft’ hinein.
Einer dicken, schweren Wache
Gab in Auftrag er die Sache,
Zu behüten seinen Schatz
Mit dem unbedingten Satz:
„Keiner soll Briseis sehen
Oder in dem Zelte stehen,
Bis ich selbst hineingegangen,
Zu dem Weib, das ich gefangen.“
Als Achilles ausgezogen,
Blieb die Sklavin ungelogen
Zwar im Zelte brav und fein,
Doch verschlagen ungemein.
Denn den dicken Wächter fragte
Sie, der nicht zu wenden wagte,
Durch des Zeltes dünnen Stoffe,
Was er zu erhalten hoffe,
Wenn er ihr zu ihrem Schutze
Helfe, bloß aus Eigennutze,
Dass dem Zelt sie könnt’ entfliehen,
Um zur Heimat hin zu ziehen.
Dieser aber, wie sie’s ahnte,
Sagte, dass Achill ihn mahnte
Sie im Zelte zu bewachen,
Ohne krumme Ding zu machen!
Während er mit ihr nun spricht,
Wendet er sein Antlitz nicht,
Da er bangt, sie zu erblicken,
Was nur führt’ zu Missgeschicken.
Also streckt auf kluge Weise
Nun Briseis still und leise,
Während sie, um abzulenken,
Ihm verspricht ihn zu beschenken,
Reißt er treulich mit ihr aus,
Ihre Hand vom Zelt hinaus,
An den Waffengurt des Dicken,
Wo sie kann ein Schwert erblicken –
Und dabei ein kleines Messer,
Das für ihren Plan noch besser!
Dieser aber merket’s nicht,
Da er mit der Schönen spricht
Und verlegen von ihr hört,
Dass ihr Leib nun ihm gehört.
Als die Waffe sie erreicht,
Plötzlich sie vom Wächter weicht,
Dieser dreht sich endlich um,
Rufet sie, doch sie bleibt stumm;
Und der Wächter, nun verwirrt,
Fragt sich, ob er sich geirrt,
Wundert sich ob ihrem Schweigen,
Wagt es nicht sich reinzuneigen,
Und da just Achill erscheint,
Den er nicht zurückgemeint,
Eh’ der Abend überm Land,
Fühlt er sich nun übermannt
Von dem Weibe in dem Zelte –
Doch dass ihn Achill nicht schelte,
Schweigt er still und spricht zu allen:
„Hier ist gar nichts vorgefallen!“
Da Achill bei ihr zurück,
Fordert er von ihr sein Glück,
Stürzt sich roh an ihre Brust,
Hocherregt von Liebeslust.
Doch die Sklavin, nicht gewillt
Zu verlier’n ihr Spiegelbild,
Hat das Messer in der Linken,
Als sie auf das Bette sinken.
Doch sie zögert eine Weile
Und erfindet in der Eile
Eine List, die sich nicht schickt,
Doch in der sie Hilf’ erblickt.
Sanft entreißt sie sich den Händen
Und dem frohen Weiberschänden,
Sagt betörend ihm entgegen:
„Gerne kannst du mich erlegen!
Doch in Wahrheit hat mich bloß,
Wer nicht nur im Reden groß;
Zögernd geht’s Genie zu Werke,
Langsamkeit ist Heldenstärke –
Willst die größte Lust auf Erden,
Musst du mir ergeben werden!
Mynes liebte stets in Schnelle
Mich wie eine brechend Welle –
Doch, hier muss ich ehrlich sprechen,
’s war ein Über-Füße-Brechen!
Drum – wenn man’s genau betracht’ –
Hat sie mich nie nass gemacht,
Also folgt aus dieser Sicht:
Noch bin ich gepflücket nicht!“
Als Achilles dies vernahm,
Neue Lust ihn überkam.
„Unberührt und ungebrochen?“
Fragte er mit Herzenspochen.
„Keiner auf der ganzen Welt“,
Sagte sie fast unverstellt,
„Hat mich je beglücken können,
Wie es dir die Götter gönnen!“
Und beflügelt von den Worten
Über ungeöffnet Pforten,
Sagt’ er ihr in kühnem Wahne,
Dass sie ihn zu Recht ermahne
Und er wolle hörig schmachten,
Doch nicht ohn’ sie übernachten!
Also fragte sie nach Wein,
Der der beste sollte sein –
Und Achill besorgt’ den Trank
Für vereinte Lust und Schwank.
Während nun die beiden zechen,
Hört man sie von Lüsten sprechen,
Die der Stimmung Feuer geben
Und Achilles’ Fersen heben –
Doch der Satz ist halb erdichtet,
Denn Achill allein vernichtet
Jenen Wein aus den Amphoren,
Die zum Trinken auserkoren.
Sie jedoch entbehrt des Weines
Heimlich bei des Kerzenscheines
Schwacher Flamme in der Ecke,
Sitzend auf der dunklen Decke –
Nüchtern will Briseis bleiben
Und den Plan zum Ende treiben!
Als Achill zur Erd’ gesunken,
Da er endlich stockbetrunken,
Nur noch schwatzet ungezielt
Und verwirrt zu Boden schielt,
Sieht die Chance sie gekommen,
Da Achill vom Wein benommen –
Und sie deckt sich ganz geschwind
Mit den Decken, die da sind,
Stöhnend zu mit ganzem Leibe,
Fragt Achill, wo er denn bleibe!
Dieser aber, voll von Sinnen,
Dessen Geist bereits von hinnen,
Stürzt auf die Bedeckte nieder,
Die ihn fordert – wenig bieder –
Zu dem tollen Liebesspiele,
Das ihr, wie ihm selbst, gefiele!
Er berührt nun ihre Beine,
Arm und Busen nicht alleine,
Auch den Rücken, Hals und Becken
Unter jenen dunklen Decken.
Plötzlich fängt sie an zu klagen,
Wie er dies nur könne wagen,
Denn Chryseis sei ihr Name,
Agamemnons Sklavendame –
Und sie springt mit einem Satz
Fliehend fort vom Liebesplatz,
Kreischt und fleht und klaget schrill,
Losgerissen von Achill!
Dieser aber, halb verstört,
Hinter sich das Weib nun hört,
Wie es jammert, wie es kreischt,
Wie’s den Weibern eingefleischt.
Doch abrupt wird es nun stille
Um den Mann mit viel Promille,
Und Briseis schreitet sacht
Zu Achill, der zornentfacht:
„Liebster, was hast du getrieben
Mit dem Weib, das nicht geblieben?
Nun – Chryseis war die Arme,
Deren Züge voll vom Harme
Einer fast geschändet Frau,
Die nun floh ins Morgengrau!“
Als Achill die Worte hörte –
Der vom Tropfen arg verstörte –
Eilt als Opfer er von Fraus
Aus dem Zelt verwirrt hinaus.
Als Achill nach mancher Stunde,
Noch erregt von jener Kunde,
In das Zelt zurückgekommen,
Fragt Briseis er benommen:
„Stimmt es, was das Aug’ mir sah,
Dass Chryseis bei mir war,
Die des Agamemnons Weib,
Das gedient als Zeitvertreib?
Denn im Kopf ist kaum geblieben
Was vom Wahn, den ich getrieben –
Ach, ist’s unheilvoll Versehen
Wahrlich, wie du sagst, geschehen?“
Nun Briseis, gar nicht dumm,
Dreht die Wahrheit findig um:
Sie erzählt von manchen Lüsten,
Die sie spürte hinter Brüsten,
Doch Achill, sie sagt es fix,
Würdigte sie keines Blicks!
Er umschwärmte nur die Eine,
Die dagegen nicht die seine,
Die geflehet um ihr Leben
Und um mancher Götter Segen.
Und dem Weib Achilles glaubt,
Das ihm den Verstand geraubt –
Hätt’ der arme Held begriffen,
Dass er sie nie angegriffen,
Sondern in dem Zelt bei ihm
Bloß Briseis trieb ihr Spiel:
Ach, wie hätt’ er da geflucht
Und der Schelmin Tod gesucht,
Aber – und so war es eben –
Wusst’ er nichts vom Doppelleben,
Sondern fragte sich verzagt,
Wie er’s Agamemnon sagt.
Doch, und hier beginnt die neue
Tücke ob der Sklavin Schläue:
Denn sie riet in aller Ruhe,
Dass er ja nichts Dummes tue,
Sondern gut sich überlege
Vorteilhafte Nebenwege.
Und sie sprach in sanftem Ton
Zu Achill, der Thetis Sohn:
„Wenn es dir geschickt gelingt,
Dass man sie zur Heimat bringt
Und man ihr nicht glauben mag,
Wär’s gelöst mit einem Schlag!“
Und sie sprach von listig Dingen,
Von Versagen und Gelingen,
Und erschuf durchaus durchtrieben
Einen Plan, der – nach Belieben
Ausgeführt – sehr kompliziert,
Bis den Faden man verliert –
Also woll’n wir rückwärts seh’n,
Was vor Tagen war gescheh’n:
Chryses, der besorgte Vater
Von Chryseis, bot der Marter
Seiner Tochter Gegenwehr
Und erschien im Griechenheer.
Er erflehte ohnegleichen,
Dass man sie ihm möge reichen,
Da sie seine Tochter sei
Und zu leben hätte frei.
Doch man hat ihm arg gedroht,
Unberührt von seiner Not,
Ziert’ sich nicht ihn fortzujagen,
Ihm die Bitte abzuschlagen!
Und Briseis, die dies wusste
Und Achilles helfen musste,
Sagte ihm nun voller List,
Was am besten für ihn ist:
„Finde einen treuen Mann,
Der mit Bögen schießen kann,
Der dein ganz Vertrau’n genießt
Und auf einen Krieger schießt.
Streiche Gift auf jene Pfeile,
Dass der Arme in der Eile
Siechend um Vergeltung klaget
Und auch nach dem Täter fraget.
Da es aber niemand sagt,
Wer die Hinterlist gewagt,
Rede allen Kriegern ein,
Dass ein Gott es könne sein.
Lass Orakel für dich sprechen,
Die so leicht sind zu bestechen,
Und es wird sich bald ergeben,
Dass sich Götter zürnend heben
Und Apoll den Chryses rächt,
Dem man’s abschlug – ungerecht –
Seine Tochter zu erhalten
Wegen Agamemnons Walten.
Heimwärts wird Chryseis ziehen
Und dem Agamemnon fliehen,
Doch, und dies ist dein Gewinn,
Alle Sorgen sind dahin!“
Dieses sagte sie so zart,
Dass Achilles anders ward
Und nicht an die Folgen dachte,
Die die Tücke mit sich brachte.
Abends an dem Tag danach,
Jäh Achill die Still durchbrach,
Da er in das Zelte schoss,
Wo das Weib das Mahl genoss.
Nach den vielen einsam Stunden
Harrte sie den neuen Kunden,
Die er wahrlich mitgebracht
Und dem Weibe zugedacht.
Zu der Freude von den beiden
Chryses’ Tochter musste scheiden
Von dem Lager der Hellenen,
Welche Götterzürnen wähnen.
Voll des Stolzes sprach Achill
Zu dem Weib, das folgte still:
„Alles, was du mir geraten,
Setzt’ ich um in Heldentaten,
Ließ versteckt mit Pfeilen schießen
Und den Aberglauben sprießen,
Bis der Griechenherzen Groll
Fand: Der Schütze war Apoll!
Und die Furcht vor Kampfdebakeln
Ließ sie glauben den Orakeln,
Die die Ängste unterstützten
Und dem klugen Plane nützten.
Kalchas prophezeite Seuchen,
Die dem Lager nur entfleuchen,
Wenn die Götter gut gesinnt
Unsrem tapfren Heere sind.
Also sprach ich zu der Riege,
Dass es schlechterdings nur liege
In des Agamemnons Händen,
Chryses’ Kind zurückzusenden.“
Freudetaumelnd, frei von Zank,
Nun Achill vom Weine trank,
Den Briseis ihm gereicht,
Dass er ihr vom Leibe weicht –
Doch es wollt’ ihr nicht gelingen
Es erneut dazu zu bringen,
Dass Achilles sich betrinkt
Und von Listen wird gelinkt.
Denn ob seiner guten Laune
Hielt ihn auch kein Wein im Zaume,
Und er packte ohne Zaudern,
Ohne Spaß und ohne Plaudern,
Sie an ihrem schlanken Becken,
Warf sie auf die dunklen Decken,
Legte sich mit Mannesstärke
Auf das Weib und ging zu Werke:
Ihren Mund und ihre Wangen
Küsste er in Lust befangen,
Dann die Hand und ihren Hals
Und die Lippen abermals –
Doch als er den Busen kost,
Blicket sie umher getrost
In den Raum und greift geschwind
Hin, wo Kamm und Messer sind.
Ihn zu töten mit der Klinge
Wäre wohl ein albern Dinge,
Da beim tapfren Griechenheere
Dies ihr eignes Ende wäre.
Also dacht’ sie hastig nach
In dem dunklen Schlafgemach,
Bis sie wie ein schlauer Fuchs
Fand die Lösung – fiat lux!
Also hat sie ganz geschwind,
Da wo ihre Schenkel sind,
Mit dem Messer sich geritzt,
Bis das Blut hervorgespritzt.
Dem Achill, der nichts gemerkt
Und noch an dem Busen werkt,
Zeigt sie die durchtränkte Hand,
Die sich aus dem Schoße wand.
Also sprach sie: „Größter Kenner
Aller Weiber aller Männer:
Gerne säh ich uns vereint,
Da es mir genehm erscheint,
Doch zu unser beider Kummer
Hindert uns am Eros-Schlummer
Meine schwache Weibernot,
Die uns heut das Glück verbot!“
Und dem Helden vieler Schlachten,
Die ihn zum Heroen machten,
Ekelt’s vor dem roten Saft
Aus der Wunde, die geklafft.
Also riss vom Bett sich los –
Und des Weibes nassem Schoß –
Einer, der, man kann’s erahnen,
Sich verbarg in weißen Fahnen –
Abgeneigt und fortgewandt,
Von dem Weib und von der Hand!
Spät am nächsten kühlen Abend,
Während manch Achäer labend,
Trinkend in gesell’ger Runde
Feiert großen Brüderbunde,
Schleichet heimlich um die Zelte
In der hellespontisch Kälte
Agamemnon zu Achill,
Da er, was Achill hat, will.
Denn ganz ohne Chryses’ Kind
Seine Nächte trübe sind,
Was, er sagt es ganz direkt,
Seinen guten Ruf befleckt.
Er, vor allen andren Kriegern,
Als Befehlender von Siegern,
Habe doch das gute Recht,
Sich zu freu’n am Weibsgeschlecht.
Und Achill, der treu ergeben,
Will mit der Entscheidung leben,
Denn als Held von großen Ehren
Hat man vieles zu entbehren.
Und als er ins Zelte kommt,
Sagt er zu der Sklavin prompt,
Was des Agamemnons Wille,
Dem er sich gebeugt in Stille.
Doch Briseis’ Hausverstande,
Der aus königlichem Lande,
Sah darin für sich nichts Gutes,
Doch erkannte guten Mutes,
Dass es Troja könnte dienen,
Wenn bei Griechen böse Mienen
In den eignen Reihen dämpfen
Kampfmoral bei neuen Kämpfen.
Und so fand sie, wahrlich schlau,
Möglichkeiten einer Frau:
„Liebster“, sprach sie affektiert,
„Auch wenn ich mich gern geziert,
Wollt’ ich unverblümt bemerken,
Dass ich weiß von deinen Stärken –
Und ich weiß auch, glaub es gerne,
Dass im Antlitz goldner Sterne
Alle auf der weiten Erde –
Von des Atlas Schmerzgebärde
Bis zu Thules steilen Küsten –
Dir sich unterwerfen müssten!
Denn, ich sag’s mit scheuer Miene,
Herzlich gerne ich dir diene,
Doch ich trüg die schwerste Bürde,
Wenn ich überstellet würde!
Keiner dürfte dir befehlen,
Würden große Taten zählen,
Und du würdst mich nicht verlieren,
Würde Tugend triumphieren –
Aber, was soll ich schon wissen,
Ich, die wahrlich nicht gerissen,
Von den Sachen nichts versteht
Und so manches gern verdreht!“
Und sie spricht von weit’ren Dingen,
Die ihn sollten dazu bringen,
Dass die Treu zu dem entgleist,
Der die Sklavin ihm entreißt.
Als Achill die Wort’ vernahm,
Ihn ein Starrsinn überkam,
Der ihn meist in Ruhe ließ,
Seit er nicht mehr Pyrrha hieß.
Und das Weib vernahm verschlagen
Des Achilles nächste Fragen:
„Wie kann ich mein Recht erhalten
Und wie soll ich danach walten?“
Darauf sprach sie ganz verständig,
Unterwürfig, doch lebendig:
„Gib mich ihm nur unter Klagen,
Sollt’ er morgen nach mir fragen,
Und wenn er darauf besteht,
Dass mein Körper mit ihm geht,
Sag ihm, dass dein Schwerte ruht,
Bis er, was du forderst, tut.
Agamemnon wird verständig
Mich dir geben, eigenhändig,
Was er dir gemein geraubt,
Da er sich zu viel erlaubt.
Und da Siege nicht gelingen,
Da sie deine Kraft bedingen,
Wird es nicht mehr lange dauern
Und du stürmest Trojas Mauern
Mit den andren Kriegern wieder,
Bis die tapfren Griechen Sieger!“
Und Achilles, der verzückt
Von dem Plan, der sicher glückt,
Hört Briseis noch, die ehrlich
Schwärmet, er sei unentbehrlich,
Und zudem und obendrein
Sei die Gunst der Götter sein!
Schon bei Eos’ nächster Röte
Klagt Achill die eignen Nöte
Agamemnon, der erbittert,
Da er einen Machtkampf wittert.
Und nachdem er klargemacht,
Dass er bis zur nächsten Nacht
Gern Briseis haben wolle,
Ging Achilles in die Volle
Und erklärt mit stolzer Miene
Agamemnon, dem er diene,
Dass er, fern den Kämpfen, ruht,
Bis man ihm Genüge tut!
Also wird vor großer Menge
Demonstriert die Führerstrenge,
Da nun Agamemnon sagt,
Dass Achill zu viel gewagt
Und – in schönes Deutsch getaucht –
Man ihn ohnehin nicht braucht!
Zornergriffen, wutentbrannt,
Legt ans Schwert die starke Hand
Dann Achill, doch ließ es bleiben
Seinen Gegner aufzureiben.
Und Briseis hört vom Streit,
Von der Wut und Eitelkeit,
Und erkennt, als sie vernimmt,
Dass Achilles sehr ergrimmt
Und, wie sie’s ihm hat geraten,
Ab nun sieht von Heldentaten,
Dass sie Großes hat vollbracht
Für die Troer letzte Nacht!