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Der Weg des Menschen aus der Verworrenheit des Lebens zur Erkenntnis der göttlichen Bestimmung. Ist es nicht das, was uns im Kern alle eint. So zumindest Johann Wolfgang von Goethe. Vielleicht hätte der große Dichter auch gesagt: Fabelhaft. Menschen inspirieren Menschen. Manchmal inspirieren Tiere Menschen. Bisweilen vermischen sich die Tierwelt und das menschliche Dasein. Wir flüchten in eine Welt voller Phantasie. Dort glauben wir fest daran, dass alles gut werden kann. Fabeln, Gleichnisse und Geschichten erzählen von Menschen und Tieren. Und vom Glauben an das Gute. Auch im Menschen.
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Seitenzahl: 136
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Für Wolfgang
„Liegt dir gestern klar und offen, wirkst du heute kräftig frei; kannst auch auf ein Morgen hoffen, das nicht minder glücklich sei.“
Johann Wolfgang von Goethe
Vorwort
Das Besuchstigerkätzchen
Der Igel und der Bär
Ein Prüfer im Himmel
Ein Tag, an dem der Herrgott Urlaub machte
Kuschelbär
Last Days Casanova
Leola, das Gänsehautmädchen
Ohnmächtig - Ode an die Ohnmacht
Reinhilde, das Rhönschaf
Zehn Kleinheimer mit Nilpferd
Danke
Über den Autor
Nationalpark Teide (Teneriffa) - Jochen Nagel
„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt." Diese Zeile aus dem Lied der Comedian Harmonists erinnert an die Frage, was wäre das Leben ohne Freunde?
Freunde inspirieren uns, unterstützen uns, teilen Erfahrungen, stehen uns zur Seite. Immer. Manche Freundschaften halten ein Leben lang.
Woran erkennt man wahre Freundschaft? Soziologen sagen, Freundschaft ist eine freiwillige Beziehung zwischen zwei gleichgesinnten Menschen, die auf tiefem Vertrauen, gegenseitiger Sympathie und persönlicher Wertschätzung basiert.
Damit eine Freundschaft funktioniert und dauerhaft hält, müssen sich beide Freunde respektieren, sich wechselseitig unterstützen und auf einander verlassen können. Das schließt eine gewisse Selbstlosigkeit ein. Beste Freunde können sich blind auf einander verlassen, alles anvertrauen und sind immer füreinander da. Wer gute Freundschaften hat, ist glücklicher und gesünder.
„Ein wahrer Freund ist der, der Deine Hand nimmt, aber Dein Herz berührt.“ Daher sollte man Freundschaft nie als selbstverständlich sehen, denn wahre Freundschaft ist fast genauso selten wie die große Liebe. Oder anders formuliert: „Freunde sind Menschen, die bleiben, wenn alle anderen gehen.“
Freundschaft muss ertragen, dass diese nicht immer und zu jedem Zeitpunkt erfüllt werden kann. Wir sollten zwar mit unseren Freunden durch „dick und dünn“ gehen. Aber manchmal geht das nicht. Auch Freunde sind nur Menschen - mit all ihren Schwächen, Fehlern und Unzulänglichkeiten.
Die folgenden Fabeln, Märchen und Geschichten sind entstanden aufgrund von Freundschaften oder erinnern an solche, die zerbrochen oder vergangen sind. Manche halten noch immer. Manche überdauern sogar den Tod. Manche sind zutiefst menschlich, selbst wenn sie eine Bindung zu Tieren hergestellt haben.
Immer bleibt der Ausspruch meines Freundes, dass wir bei allem, was wir tun und was wir unterlassen, Gesichtspunkte von Sommersprossen unterscheiden.
Limassol (Zypern) - Jochen Nagel
Es war einfach so erschienen. Ohne Vorwarnung. Ohne Anmeldung. Es war einfach da gewesen. Auf dem Treppenabsatz hatte es sich gemütlich gemacht. Die Fußmatte war die wärmende Unterlage. Einfach zum Reinknuddeln.
Wir wussten nicht, woher es kam. Wir kannten nicht seinen Namen. Wir ahnten nicht, wem es gehörte. Wir hatten keinen Schimmer, warum es zu uns gekommen war.
Aber wir fanden es wunderbar, an diesem heißen Sommertag von ihm überrascht zu werden. An einem Tag, der den Schweiß aus allen Poren laufen ließ. Die Sonne lachte vom blauen Himmel, der alleine durch ein paar freundliche weiße Wolken verschönert wurde. Bayern-Wetter. Weiß-blau eben.
Die sommerlichen Temperaturen steigerten unseren Durst ungemein. Jegliche kühle Brise war willkommen. Schattige Plätze wurden bevorzugt. Ein Sonnenschirm. Ein kühler Keller. Ein Vorgartendach.
Und unsere Seite vor dem Haus spendete Schatten. Das war der Tag an dem das Tigerchen zu uns kam. Schatten suchend. Durstig. Zusammengerollt, erschöpft und schlummernd lag es auf unserer Fußmatte. Weiß und schwarz gemustert. Mit seidig glänzendem Fell. Einem Halsband mit silbernem Glöckchen, das hell läutete, wenn es sich bewegte. Und so einem lieben Gesicht, dem niemand zu widerstehen vermochte.
Wir wollten ja schon immer ein Kätzchen haben ... eine Gartenkatze. Sie sollte ihre Freiheit haben. Sie sollte kommen und gehen können, wann immer sie will. Und wir sollten unsere Freiheit haben. Denn tagsüber mussten wir zur Arbeit. Mehr als neun Stunden hätten wir uns nicht um ein Kätzchen kümmern können. Das fanden wir nicht schön. Das wäre gemein zum Kätzchen gewesen. Also Freiheit für jeden. Also eine Gartenkatze.
Ein Tigerchen. Schön gestreift. Schwarz und grau oder schwarz und weiß. Mit kurzem, aber weichem Fell. Mit treuem Blick. Eine Gartenkatze, die durch die Wiesen streunen konnte. Die Bewegung hatte. Fast wie eine Wildkatze.
Und jetzt war sie da!
Tja, wie sollen wir ihn beschreiben. Ein weißes Gesicht um das Kinn und die Nase, die von den langen, empfindlichen Barthaaren umringt war. Dann wurde es schwarz ab dem Stirnansatz über die Schulter weit hinunter zum Rücken. Je näher die Bauchseite rückte, desto mehr ging schwarz in weiß über. Die Brust, zunächst mit schwarzem Fell bedeckt, verlor sich in die Pfoten in die helle Farbe. Ausnahmen bildeten die zwei schwarzen Flecken an den Vorderpfoten, die neugierig wie Augen schauten. Insgesamt glänzte das kurzhaarige, samtweiche, gepflegte Fell und lobte Tigerchens Besitzer. Ein Rassetier. Zum Verlieben. Zum Knuddeln.
Was sie wohl hierher geführt hatte? Ein Geheimnis? Unser Wunsch? Nein, es war der Schatten und der Durst.
Alsbald erahnten wir dies. Aus dem Kühlschrank holten wir die Milch. Aus dem Schrank suchten wir einen passenden Teller. Wir mischten die Milch mit ein wenig Wasser. Katzen sollen so fettige Milch nicht pur trinken. Dies ist nicht gut für ihren, ach so empfindlichen Magen. Daran hatten wir gedacht.
War das ein Miauen. War das eine Freude bei unserem kleinen Tigerchen. Sogleich hatte es die Milch mit seiner feinen Spürnase geschnuppert. Die Vorfreude auf das durststillende Gebräu in der Hitze konnten wir fast schon greifen. Nervös tigerte das Kätzchen auf unserem Treppenabsatz hin und her. Und maunzte.
Vor lauter Aufregung verschütteten wir fast das kostbare Nass. Aber es gelang uns, den Teller mit der Milch ohne zu kleckern neben der Fußmatte abzustellen. Wir konnten gar nicht so schnell schauen, wie das Kätzchen sich über den Durstlöscher hermachte. Mit gespitzten Ohren - es könnte ja eine Flucht nötig sein - und die Pfoten angespannt zum Sprung schlürfte es den Teller leer.
In einem atemberaubenden Tempo schleckte die Zunge die Milch. Welch’ eine Erfrischung. Viel zu schnell leerte sich der Teller. Mit fragenden Augen und einem leisen Miauen deutete uns das Kätzchen, dass sein Durst noch lange nicht gestillt war.
Also gab es eine zweite Portion. Die Milch-verdünn-und-hoffentlich-nicht-verschütt-Aktion wiederholte sich.
Ob es sich wohl streicheln ließ? Ob es wohl Hunger hatte? Wem es wohl gehörte? Fragen über Fragen schossen uns durch den Kopf. Die erste beantworteten wir sogleich.
Bereits mit der zweiten Schale Milch schöpfte das Tigerchen - das war für uns jetzt sein Name - Vertrauen. Ganz vorsichtig näherten sich Tatjanas Hände dem kleinen Kopf. Die Ohren wurden noch aufmerksamer. Alles war angespannt.
Würde es davonlaufen?
Nein. Das Streicheln gefiel ihm. Nachdem das Kätzchen seine Milch getrunken hatte, ließ es sich geduldig streicheln. Die Streicheleinheiten taten ihm sichtlich gut. Es streckte sich und wurde lang und länger. Erst eine Hinterpfote. Dann die andere. Schließlich die Vorderpfoten. Und immer wieder stieß es seinen Kopf an Tatjana und ließ sich genüsslich streicheln.
Urplötzlich war’s jedoch genug. Auf einmal wandte es sich ab und trottete den Weg entlang in Richtung Straße. Und verschwand.
Da hatten wir uns einiges zu erzählen. Würde es wiederkommen? Wie es hieß? Wohin es jetzt wohl lief? Es bereitete uns Freude. Die Zeit verging wie im Fluge.
Am darauffolgenden Abend rechneten wir zunächst nicht mit dem Tigerchen. Wir saßen gemütlich auf der Terrasse. Die Sonne ging langsam unter. Ein schöner Abend. Das kühle Bier in den Gläsern löschte unseren Durst.
Ein plötzlicher Blick in die Wohnung barg eine schöne Überraschung. Vor unserer Tür zeichneten sich die Konturen einer Katzenstatue ab. Wirklich. Wie eine Statue saß das Tigerchen vor der Tür und versuchte zu erkennen, ob jemand zuhause war.
Wie vom Blitz getroffen sprangen wir von unseren Stühlen auf, um dem Kätzchen entgegen zu eilen und etwas zu trinken zu geben. Nun bewegte sich die Statue. Das Kätzchen hob das linke Vorderpfötchen und kratzte an der Tür. Sehnsüchtig den Blick nach innen gerichtet. Was für ein goldiger Anblick. Tatjana öffnete die Tür und verteilte die Streicheleinheiten. Ich suchte einen größeren Teller, der gleich mehr Milch aufnehmen konnte. Der braune, runde Nachspeisenteller schien geeignet. Auf jeden Fall konnte ich die Milch kaum verschütten.
Und wieder dasselbe Schauspiel. Die Zunge konnte nicht so rasch schlecken wie der Durst groß war. In der Zwischenzeit schnitten wir ein wenig Wurst in kleine Stückchen. Bald würden wir wissen, ob unser Tigerchen auch Hunger hatte. Oh ja. Und was für einen. Als hätte es tagelang nichts gefressen, stürzte sich das Kätzchen auf die Wurst. Lecker. Nach einigen Streicheleinheiten zottelte es wieder los. Nach Sambia. Nicht wirklich bis nach Afrika. Gegenüber unserem Haus lag die Botschaft des Landes. Dorthin verschwand das schwarz-weiße Tigerchen jetzt. Im Dickicht von hohem Gras, Büschen und Hecken - wie es sich für den Garten einer afrikanischen Botschaft gehört - verloren wir es aus den Augen.
Von nun an ging es jeden Abend so weiter. Etwa zwischen halb sieben und halb acht saß das Tigerchen vor unserer Tür. Dann streichelten wir es und gaben ihm Milch und Wurst. Anschließend lief es seinen Rundgang in Richtung Sambia. Das Tigerchen wurde richtig zutraulich. Wir gewöhnten uns an das allabendliche Ritual.
Eines blieb dabei festzuhalten. Bei aller Zutraulichkeit uns gegenüber blieb das Kätzchen äußerst schreckhaft gegenüber Hunden - dann versteckte es sich hinter unserer Mülltonnenabtrennung - oder Autos oder sonstigen lauten Geräuschen. Dies blieb uns ein Rätsel.
Im Laufe der folgenden Wochen fanden wir heraus, dass das Tigerchen verdünnte Kondensmilch viel lieber mochte als „normale“ Milch. Außerdem trank es sein Schälchen nicht mehr auf Anhieb restlos leer. Eine kleine Neige blieb stets zurück. Bald wussten wir warum. Wenn die große Runde nach Sambia - und wer weiß wohin - beendet war, kehrte es so gegen halb elf Uhr nochmals zu uns zurück, trank den Rest bis auf den letzten Tropfen, schlummerte ein wenig auf der Fußmatte und lief dann heim.
Das mit dem letzten Tropfen stimmte wahrlich. Die Schale war stets so sauber, dass wir sie eigentlich gar nicht spülen wollten. Wir machten es aber trotzdem. Katzen sind wirklich sehr reinliche Tiere. Wir fanden es stets amüsant der Katzenwäsche zuzusehen. Warum es so heißt, wenn wir uns so oberflächlich waschen, ist uns unerklärlich. Unser Tigerchen hatte einen richtigen Sauberkeitsfimmel. Jeder Millimeter des Fells wurde abgeschleckt und gereinigt. Im Zweifel zweimal. Falls eine Stelle vergessen wurde.
Nachdem sich eine feste Besuchszeit ergeben hatte, rüsteten wir uns auch mit richtigem Katzenfutter aus. Unsere Wurst und verdünnte Kaffeesahne waren nicht die richtige Nahrung für eine Katze. Trockenfutter mit Geflügelgeschmack, Katzenmilch, verschiedene andere Futter und eine eigene Schale für das Tigerchen. Immer wechselnde Schalen, so sollte es künftig nicht mehr sein. Schneeweiß war er von außen, wie Teile seines Fells, und von innen natürlich schwarz, wie die übrigen Anteile. Und groß. Da ging jede Menge Milch hinein. Schließlich sollte es sich hier wohlfühlen. Hm.
War das ein Festmahl. So etwas leckeres hatte es schon lange nicht mehr gegeben. Die Augen, die grünlichen, leuchteten mit ganzer Kraft. Unvorstellbar schön. Wir versanken in diesem Blick. Alles um uns herum wurde unbedeutend. Die scheinbar grenzenlose Freude steckte uns an.
Bis zu diesem Tag befolgten wir unsere eiserne Regel. Unser Tigerchen war eine Vorgartenkatze. Milch ja, Futter ja, Streicheln - ganz besonders und stark - ja, ins Haus nein! Da waren wir sehr streng. Mehrfach versucht hatte es das Kätzchen schon. Aber wir blieben stets hart.
Doch diese Augen. Diese Blicke. Da wurden wir schwach. Wenn das Tigerchen heute einen Hausbesuchsversuch starten würde, wir hätten nichts dagegen gesagt.
Natürlich kam der Versuch. Schwupps, war das Tigerchen im Haus. Neugierig, aber vorsichtig lief es zunächst in die Küche. Das war alles neu hier. Es gab ja so viel zu beschnuppern. Unter den Stühlen, unter dem Tisch. Irgendwo von hier kam ja auch die Milch her. Doch mit dem einen Zimmer war es noch nicht genug. Auch das Wohnzimmer musste erkundet werden. Hier gab es schöne Ecken, um sich zu verstecken. Hinter dem Sessel, hinter dem Regal, unter dem Tisch. Und erst der Teppich. Der war vielleicht weich. Kuschelig. Geschmeidig räkelte sich das Tigerchen auf dem flauschigen Untergrund. Gemütlich. Lang und länger streckte sich die Katze aus. Ja, es war schon kein Kätzchen mehr. Und nach dem Räkeln kommt das kratzen. Ruck zuck fuhr es die Krallen aus und fing auf dem Teppich an zu kratzen.
Das war gegen - unsere - Regel. Schu. War es das? Schu. Wir scheuchten das Kätzchen auf. Der Schrecken saß. Es tat uns in der Seele weh. So schnell wie es in der Wohnung war, sauste es wieder nach draußen. Nach Sambia. Ohne Pass. Ohne Katzenvisum. Einfach so.
Gott sei Dank, es war uns nicht böse und kehrte am folgenden Abend zurück. Gierig naschte es die Milch und das Futter. Sichtlich wohlfühlend kam das Streicheln an. Schnurrend und streckend gönnte sich das Tigerchen diese Wellnessphase.
Eric kam des Weges. Eric war der Nachbar aus Irland, der hier seine neue Heimat gefunden hatte. Wir erinnerten uns gern an das Wendehammerfest im letzten Sommer. Viele gemütliche Stunden saßen wir bis tief in die Nacht, tranken Kölsch und diskutierten insbesondere über Fußball. Welches die beste Nationalmannschaft sei, welcher Verein uns am liebsten war. Sportgespräche eben.
„Hi, Diabolo“ rief er unvermittelt. Zwei Ohren schossen spitz nach oben. Gerade noch schnurrend angelegt, waren sie jetzt hellhörig und wachsam. „Hier frisst Du Dich immer ausgiebig satt. Dein Frauchen macht sich schon Sorgen, warum Du daheim so wenig Hunger hast. Kleiner Schlingel.“
Diabolo. Das war also Tigerchens Name.
„Hallo Eric“ grüßten wir zurück. „Weißt Du wohin das Kätzchen gehört?“
„Na klar,“ kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen, „sie gehört ins Haus Nummer 18. Meine Nachbarin aus der französischen Botschaft. Sie fährt den blauen Jeep. Ihr kennt Sie?“
„Ja, genau, aber warum ist Diabolo immer so viel unterwegs?“
„Ach, Diabolo ist überall zu Hause. Bis vor ein paar Wochen ist sie stets durch den Garten auf ihre Spritztour gegangen. Zuerst ins Haus 56, dort gab es einen kleinen Snack, und dann hier durch den Zaun zur Botschaft von Sambia. Manchmal auch zum Sportplatz vom SSV Plittersdorf. Wie er Lust hatte.“
Jetzt verstanden wir auch den Weg des Tigerchens durch den Fußweg entlang der Häuser in der mittleren Reihe unserer Siedlung. Natürlich. Durch den Garten.
„Vor zwei Wochen sind sie dann umgezogen und so hat sich Diabolo eine neue Pausenanlaufstelle gesucht.“
Nun wussten wir um die Zutraulichkeit und den Appetit. Tigerchen, pardon, Diabolo war dies so gewohnt.
„Tja, und weil ihre Besitzer viel auf Reisen sind, streunt sie umher und sucht - und findet - nette Nachbarn, die sie durchfüttern.“
Wir lachten herzhaft.
Es schien, als würde Diabolo ebenfalls schmunzeln. Zumindest legte er einen schelmischen Blick auf, ließ die Augen kräftig leuchten, streckte sich unendlich lange und zischte wie der Blitz die Straße entlang in Richtung Sportplatz, als wäre das sein Stichwort gewesen.
Geraume Zeit plauderten wir noch mit Eric. Dann verabschiedeten wir uns. Viel Neues gab es zu bereden. Noch lange saßen wir auf der Terrasse und plauschten über das schwarz-weiße Kätzchen, das jetzt für uns einen Namen hatte.
Die Tage des Sommers, der ein sehr verregneter war, gingen rasch vorüber. Regen. Ja, das war nichts für Diabolo. Wenn die feuchten Tropfen vom Himmel herabfielen, suchte er zumeist trockene Plätze. Dann machte er sich ziemlich rar.
Unser Urlaub rückte jeden Tag näher.
Würde Diabolo uns erneut besuchen? Würde er sich an uns erinnern? Würde er seine Zwischenmahlzeiten bekommen? Viele Fragen bewegten uns. Wir hatten uns richtig an den kleinen Racker gewöhnt.
Zum Abschied nutzten wir die Gelegenheit des allabendlichen Imbisses für ein paar Fotos. Beim Milchschlabbern. Flugs schoss der Kopf beim Klicken der Kamera in Richtung Linse. Neugierig sind sie halt, die Katzen. Oder beim Streifen durch das hohe, sich im Sommerwind wiegende Gras. Oder beim Spielen mit den Blättern. Oder beim sich kraulen lassen.
An diesem Abend waren wir auch nicht gerade streng mit der „Das-Haus-betreten-ist-verboten-Regel“. Genüsslich, neugierig aber vorsichtig, streifte Diabolo durch unser Haus. Erst die Küche. Dann das Wohnzimmer. Das war ja bekannt. Doch halt. Was war das? Ein neuer Winkel. Vorsichtig schob das Tigerchen seinen Kopf hinter die Couch. Wo es da hinging?
Wir waren natürlich zu langsam. Ruck zuck verschwand die ganze Katze im schmalen Spalt hinter dem grünen Sofa. Geheimnisvoll. Spannend. Verstecken spielen. Das bereitete sichtlich Freude, denn dies war ein Platz, den wir nicht erreichten. Egal, wie wir es auch versuchten. Diabolo ließ sich nicht locken.