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Das FAUST-Thema wird hier humorvoll in noch verständlicher Frankfurter Mundart lebendig dargereicht. Die Komödie wurde für die Volksbühne geplant, ist geeignet für den humorvollen Vortrag im geselligen Kreis und auch eine Fundgrube für bekannte und neue, originelle Ausdrücke. Friedrich Stoltze (Frankfurter Latern) und Heinz Schenk (Blauer Bock) hätten ihre helle Freude daran gehabt und Goethe hätte sich schmunzelnd an die Zeit in seiner Heimatstadt Frankfurt zurückerinnert.
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Seitenzahl: 93
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01 VORWORT
02 VORSPIEL AUF DEM THEATER
03 PROLOG IM HIMMEL:
04 NACHT
Gotisches Zimmer
Wagner erscheint
05 VOR DEM TOR
Osterspaziergang
Maienfest
06 STUDIERSTUBE
Student tritt auf
07 AUERBACHS KELLER IN LEIPZIG
08 STRASSE AM ABEND
Begegnung
Abends
Gretchens Stube
09 HAUS DER NACHBARIN
Marthens Stube
Spaziergang
10 IN MARTHENS GARTEN
Kennenlernen
Im Garten
Idylle
11 GRETCHENFRAGE
Marthens Gartenlaube
Am Brunnen
12 NACHT
Vor Gretchens Haus
Besuch
Gefecht
13 IM KERKER
Über den Autor
Von dem spanischen König Karl V (1500 – 1550) stammt der Ausspruch: „Spanisch spreche ich mit Gott, Italienisch mit Frauen, Französisch mit Männern, Deutsch aber mit meinem Pferd. „Na, ja! ... Hätte es sie schon damals gegeben, hätte Karl V mit Gott und der Welt nur noch in der Frankfurter Mundart gesprochen.
Dem pflichten ‚Kenner‘ wohlgefällig bei, weil diese Mundart bildhaft, ausdrucksstark und gefällig ist und sich nicht durch den Gehörgang sägt; sie verwischt scharfe Laute und ebnet Spitzen ein; sie kommt wie frisches Quellwasser aus dem Herzen, sprudelt wie Sekt geschwätzig schnell und belebend über die Lippen, fließt wie Öl ins Ohr, legt sich wie Balsam ins Gemüt, schmeichelt sich süß und heilsam wie Honig in ein mitfühlendes Herz, regt die Gedanken an und hebt den Leser auf eine höhere Ebene.
Wer darin eine maßlose Übertreibung erkennen will, hat den Wesenszug des Frankfurter Schlingels und seiner Mundart erkannt: Das Gigantische zu verniedlichen und Lappalien maßlos aufzubauschen oder – um es in Mundart auszudrücken: E Mick‘ zu em Elefand uff zublase unn aus ‚em Riesebrocke e Klickerche zu mache.
Damit empfiehlt sich die Frankfurter Mundart dem Dichter als die Sprache, in der er Buchstaben zu Worten und Worte zu Satzgebilden zusammenfügt, sie rhythmisiert, in Schwingung bringt und damit das Gemüt ästhetischer ‚Kenner‘ erreicht.
Aber es soll auch leicht erregbare ‚Ignoranten‘ geben, die behaupten, ein Stimmbandgeschädigter mit tauber Zunge – eben ‚ e Bambelschnuud, die uff ‚em letzte Loch geröechelt hat‘ – hätte die Frankfurter Mundart ‚erfunden‘ und habe – dem Phlegma nachgebend – diese Ausdrucksform kraftsparend für seine lautbildenden Muskeln eingesetzt. Andere wären derart irritiert gewesen, dass sie ihn belustigt nachgeäfft und später daran Gefallen gefunden hätten.
Die ‚Kenner‘ beschuldigt die ‚Ignoranten‘, das sei eine Verleumdung, aber sie können die Behauptung weder erfolgreich angreifen noch widerlegen.
Die ‚Ignoranten‘ wiederum behaupten, die ‚Kenner‘ seien nicht bereit, in modernen Zeiten alte Zöpfe abzuschneiden und wollen eine tradierte Marotte glorifizieren. Die das sagen, können ihre Ansicht aber auch nicht untermauern und die Behauptung der ‚Kenner‘ nicht widerlegen.
So wird der Streit wahrscheinlich als eine Angelegenheit des persönlichen Geschmacks noch lange fortbestehen, wird ungeklärt im Raum stehen bleiben und die Frankfurter Mundart wird weiterhin um die freundliche Annahme der Hörer buhlen.
Isch abber, en aale Frankforder, saachs mit Stolz unn frei nach Adolf Stoltze:
Die Frankforder Sprach
Ei, unser Mundart is soo schee –
vorausgesetzt, mer duht‘s verstehe;
die is net eckisch, is net dreckisch
is net klobisch, is net spitz,
is abber voller Mudderwitz;
die is gepfeffert unn voll Würze,
trifft rund ins Herz unn des in Kürze.
Ach, unser Mundart is soo schee.
Kann e Ausheimische des verstehe?
‚S kimmt e Fraa unn will gleisch gehe.
Was saache mir dann zu der Fraa:
„Ach, geh doch fort! Jetz bleib doch daa!“
Höert e Ausheimische des Wort,
nimmt die ihrn Hut unn geht aach fort.
E Einheimische kimmt gleisch zur Ruh‘,
nimmt net de Hut, die zieht aus Schuh,
… weil die‘s versteht!
Bei zwei Bildern wird der Verdacht entstehen, der Autor / Illustrator habe bei Wilhelm Busch Anleihe gehalten. Zu Recht: Man erkennt in der MARTHE die WITWE BOLTE und in dem DICHTER den Dichter BÄHL-MANN. Das ist beabsichtigt, weil Goethes Todesjahr (1832) auch das Geburtsjahr von Wilhelm Busch ist. In diesem Zeitbereich hat ein gefühlter Bruch und Übergang in der Poesie stattgefunden: Die klassisch-gehobene, ‚marmorne‘ Poesie Goethes wurde von der betont heiteren, volkstümlichen Dichtkunst im Stile Buschs abgelöst. Der Autor bekennt sich zu beiden Dichterfürsten, die in ihm wie ‚zwei Seelen in seiner Brust‘ sind; aber sie liegen da nicht miteinander im Widerstreit, sondern haben sich ihm – jeder in seiner Form – liebenswürdig mitgeteilt und breitgemacht. Und das FÄUSTCHE soll auch als eine Hommage an beide aufgefasst werden. Deshalb:
Mit Urwucht kam e Panzerfaust
vom Goethe uff uns zu gebraust;
de Panzer is de Goethe hier
de FAUST is hier sein Kavalier.
Der sisch e lustlisch FÄUSTCHE macht
unn heimlisch sisch ins Fäustche lacht,
der waas: Des gibt kaa Panzerschlacht,
des is halt doch mehr hausgemacht.
Der Herr Geheimrat mag den ober‘n Schichten
in seiner Sprach‘ und in gehob‘nem Stil berichten.
Wer abber soll‘n da drunne de ganz eifache
Leutcher e Feuerche der Poesie entfache?
Mach er der Mit- und Nachwelt Spaß.
Abber wer mäecht‘n drunne dene uff e Faß?
In diesen Spalt von Kunst- und Gunstgewerbe,
häechts FÄUSTCHE rei, in eben diese Kerbe.
..... auf geht‘s.
… derf isch vorschtelle …
(Direktor, Dichter und Luftikus hinterm Bühnenvorhang)
DIREKTOR:(vom Frankfurter Bankenviertel)
Ei, guck emal, (reibt sich die Hände)
des Volk steht an de Kasse Schlange;
de aane laatscht ‚em annnern uff die Fies,
da muss de Dichter in sei Kist‘ rei lange
unn dene aach was biete fer de Kies.
Die – wolle lebe, liebe, lache
unn sisch doch kaa Gedanke mache,
die – wolle sisch des Denke schenke.
Komm, pläetscher dene hie was Seichtes,
um se mit Jux unn Dollerei e bissi abzulenke,
doch riskier‘s net, dass die‘s morsche beichte.
Mer ziehn se schee dorch‘en Kakau –
mal ruff, mal runner – kreuz unn quer
bis alle denke, se wäer‘n blau
unn wäer‘n hier bei de Feuerwehr.
Schenk ei en Schwank – unn volle Kanne
unn du werst sehn: Die wern ders danke
unn saache noch, se häettes aach verstanne!
DICHTER:(vom Frankfurter Dichterviertel – erregt!)
Isch hab die Nas‘ voll von dem Pöbel!
Soll vom Parnass isch etwa rrrrunner steiche?,
de Hansworscht spiele odder gar de Blödel?,
dass Marktschreier uff de Bühn‘ rum kreische?
Mein Goldschatz – gilt de Naachwelt nur;
die Mitwelt – is zufridde schon mit Mist
Die Kümmerlinge kümmern sisch um die Frisur,
isch abber häetschel – wie de Häetschel-Hans –
des, was da drunner is.
LUFTIKUS:(aus Blödelheim; beschwichtigt)
Lass doch dem Volk des bissje Spaß.
Des lebt doch nur fers Hier unn Heute.
Du schaffst des schon. Mach uff e Faß
unn übberlass die Nachwelt annnern Leute.
Verriehr Gesülz mit Witz unn Phantasie –
des werklisch Diefe – raffe die doch nie.
DIREKTOR:(reibt Zeigefinger und Daumen)
Ei, guck emal – daaa – uff de Gass‘!
Was seh isch da? Da duht sich was!
Daaa … an de Kass‘ … seh isch e Rangelei,
wo aaner kreischt: ‚Da muss isch rei!‘
En Simbel muckt: ‚Wer schtumbt‘n da? – Aal Ratt!
Gleich langt‘s! – Bald hab ich‘s satt!‘
Von hinne kreischt e Lästermaul:
‚Die Schauspieler sin net nur faul,
die wern von Daach zu Daach aach immer fetter,
mit‘em Schinke von em Droschkegaul.
Die knalle bald noch dorsch die Bretter –
die dene dann des Grab bedeute.‘ (ha, ha, ha)
Isch übberleech mer, ob isch der Bagaasch
net küerze duh emal die Gaasch
… net weeche der Gesundheit nur …
…. na ja, aach weeche de Kostüme.
DICHTER:
Ihr denkt dabei doch nur ans Geld
unn habt seit eh die Kinstlerwelt verprellt.
DIREKTOR:
Greif du nur rei ins pralle Menscheleebe .…
Isch greif – unn des is meine Masche
e rei in deren prallgefillte Tasche,
unn schaufel fleißisch fette Kohle …
DICHTER: … um Kitsch unn Gruusch zurückzugeebe
DIREKTOR:(belehrt mit erhobnem Finger!)
… unn Dame ziehn Besucher rei:
denn mit Kopfputz und Gravaame
spiele mit bei uns die Dame.
Die lasse in de Pausehalle
gelangweilt da ihr Schneuzduuch falle
unn schon schwirrn Männer gleich ebei,
so wie die Micke um des Licht
unn sin uff dere Gunst erpischt.
Solche Vöchel braache mer zum Locke
unn aus dere Seckel aach die Flocke;
drum sin die Dame – unser Lichter …
… unn nadierlisch aach de Dichter.
DICHTER:(braust auf)
Jetz glaab isch werklisch, dass es harkt:
Mer sin doch hier kaan Heiratsmarkt!
… unn außerdem: De Kinstler is das Licht der Welt,
der mit Kultur unn Kunst die Welt erhellt.
DIREKTOR:
Drum, geb der Mieh! Die habbe viel gelese
unn merke gleisch, wenn was net stimmt.
Maanst du, die stehe nur beim Bier am Tresen
unn wisse net, von wem was kimmt?
Hau alles rei! – Mach‘s wie dei Fraa:
Die kehrt de Kerschel in de Kich‘ zusamme
unn schmeißt de Schlambes in en Dopp,
die pfeffert feste, dreht uff volle Flamme
unn alles säecht: ‚Is dees e Leckerei,
deees schmeckt – deeees köennt net besser sei!‘
Genauso würze unn erhitze mer de Kopp!“
DICHTER:(schreit empört!)
Des geht mer geeche die Nadur.
Des hab isch da gemaant mit de Frisur –
schon aan Daach druff is die doch hie.
Du, waaste was des is?
Des is geist’sche Anarchie.
DIREKTOR: … des is Diplomatie …
DICHTER:(zeigt Direktor den ‚Vogel‘) … des is Idiotie …
DIREKTOR: … Gold, was da glänzt …
DICHTER: … macht ihr noch matt …
DIREKTOR: ...denk an de Aacheblick …
DICHTER: .... isch denk ans Glück …
Isch dreh noch dorsch, ei halt misch fest!
Dem dreh isch noch de Krotze ab!
Doch vorher bring isch den ins Grab
LUFTIKUS:(besänftigt) … des werd scheints noch e Schlachterfest …
(Dichter und Direktor ziehn auch Luftikus in den Streit)
DIREKTOR: … des is gebore …
DICHTER: … du werst mer aach geschore
DIREKTOR: … des Wahre, Echte …
DICHTER: .... du bringst des Schläechte
(Direktor droht Dichter mit Prügel)
LUFTIKUS:(will vermitteln!)
Warum wollt ihr euch dann kloppe?
Komm, mer trinke erst en Schoppe
unn dann wern‘mer weidersehe.
DIREKTOR: … die Liebe, Freundschaft …
DICHTER: … hast du längst abgeschafft
DIREKTOR: … dir werd isch‘s zeiche …
DICHTER: … diier – möecht isch net gleiche
DIREKTOR: … de Ruf verbessern …
DICHTER: … du duhst verwässern .…
LUFTIKUS: Laber, Laber,
wer werd‘n gleisch in die Luft gehe?
Kommt, lasst uns erst e Ründche drehe,
dann wern‘mer werklisch weidersehe.
DIREKTOR:(außer Atem; verhallt hinter den Kulissen)
… du ewicher Phantast …
DICHTER:(rechthaberisch, mit letzter Kraft)
… wo du nix mehr zu biete hast …
LUFTIKUS:(zum Publikum gewandt)
Mer höerts …
Bei Hausmusik höert mer im Häusel
net nur e Schmusegeische fer Ästhete,
net nur Gewinsel unn Gesäusel,
da fetze rei aach Pauke unn Trompete!
Mer höerts, höert des Gezeder, (zu den beiden)
… hier de Trommler, da de Peter …
… hier de Direktor – da de Dichter …
unn isch tret uff als Schlichter:
Isch mach de Ernst – unn net de Fritz:
(donnert) Jetz züchelt doch emal de Gaul
unn wenn‘s geht aach euer .…
DIREKTOR:(stutzt) Rescht hat er!
DICHTER:(beruhigt sich) Also, packe mer‘s aa.
Bei Hausmusik höert mer im Häusel net nur e Schmusegeische fer Ästhete net nur Gewinsel unn Gesäusel, da fetze rei aach Pauke unn Trompete!