Findet Wendy die richtigen Worte? - Friederike von Buchner - E-Book

Findet Wendy die richtigen Worte? E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Die Tür der Almhütte wurde aufgerissen. Carl trat ein. Er stemmte sich von innen gegen dir Tür und konnte sie nur mit Mühe schließen. »Was für ein Wetter! Grüß Gott, Wendy!« »Hallo Carl, welche Überraschung! Ziehe deinen Regenmantel aus und hänge ihn innen an die Tür.« Wo Carl stand, bildete sich auf dem Fußboden eine Pfütze. »Mei, jetzt mache ich dir noch alles nass.« »Das ist nicht schlimm, es ist doch nur Wasser. Aber das ist ein heftiger Sturm da draußen. Zum Glück hat der Hagel aufgehört und der Starkregen etwas nachgelassen. Ich denke, bald ist es vorbei.« Doktor Carl Ziegler war Tierarzt in Waldkogel und bei Doktor Beate Brand angestellt. Er hängte seinen nassen Regenmantel auf und nahm den Hut vom Kopf. »Magst du einen schönen heißen Kaffee?«, fragte Wendy. »Ich wollte mir gerade einen aufbrühen.« »Perfekt! Danke, den nehme ich gern.«

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Toni der Hüttenwirt – 297 –

Findet Wendy die richtigen Worte?

Eine nicht ganz einfach Mission...

Friederike von Buchner

Die Tür der Almhütte wurde aufgerissen. Carl trat ein. Er stemmte sich von innen gegen dir Tür und konnte sie nur mit Mühe schließen. »Was für ein Wetter! Grüß Gott, Wendy!«

»Hallo Carl, welche Überraschung! Ziehe deinen Regenmantel aus und hänge ihn innen an die Tür.«

Wo Carl stand, bildete sich auf dem Fußboden eine Pfütze. »Mei, jetzt mache ich dir noch alles nass.«

»Das ist nicht schlimm, es ist doch nur Wasser. Aber das ist ein heftiger Sturm da draußen. Zum Glück hat der Hagel aufgehört und der Starkregen etwas nachgelassen. Ich denke, bald ist es vorbei.«

Doktor Carl Ziegler war Tierarzt in Waldkogel und bei Doktor Beate Brand angestellt. Er hängte seinen nassen Regenmantel auf und nahm den Hut vom Kopf.

»Magst du einen schönen heißen Kaffee?«, fragte Wendy. »Ich wollte mir gerade einen aufbrühen.«

»Perfekt! Danke, den nehme ich gern.«

»Was führt dich zu mir?«, fragte Wendy.

»Ich war auf der Geier Alm. Als der Sturm etwas nachließ, bin ich losgefahren. Bei der Abbiegung auf den ›Milchpfad‹ habe ich an dich gedacht und mich gefragt, ob du vielleicht Hilfe brauchst?«

Wendy lächelte. »Das ist wirklich lieb von dir, Carl. Ich habe alles im Griff. Alois hat mir Einiges über das Wetter in den Bergen erklärt. Und ich habe ihm gut zugehört. Am späten Nachmittag fiel mir auf, dass die Wiesenblumen ihre Blüten schlossen. Da dachte ich mir schon, dass es einen Wetterwechsel gibt. Ich holte die Kühe und brachte sie und die Ziegen in den Stall. Sieh her, genug trockenes Holz zum Heizen habe ich gestapelt. Der Ofen brennt schön vor sich hin. Es ist mollig warm, und ich kann ruhig der Dinge harren, die da kommen«, erklärte Wendy.

»Du bist die perfekte Sennerin.«

Wendy lächelte. »Danke für das Kompliment! Die meiste Arbeit hat es gemacht, Hilda und Wenzel dazu zu bringen, sich von ihrem Seppl holen zu lassen. Sie wollten nicht ins Tal. Sie sind halt am liebsten hier auf ihrer ehemaligen Alm. Da ich einen schweren Wettersturz befürchtete, habe ich doch ein bisschen Druck gemacht, damit sie gehen. Es ist nämlich so, Hilda hat eine Heidenangst vor Gewittern. Sie kann nichts dafür, aber bei jedem Donner zuckt sie zusammen und wird kreidebleich. Beim letzten Gewitter hat sie am ganzen Körper gezittert. Es ist ihr sehr peinlich. Das wollte ich ihr ersparen. Ich dachte, unten im Tal wird sie es besser ertragen. Sie sind dann im Altenteil auf ihrem ehemaligen Hof.«

»Bei den alten Leuten steckt die Angst oft tief drin, Wendy. Als sie Kinder waren, hat man ihnen Angst vor dem Gewitter beigebracht.«

»Das stimmt. Sie werden sich aber sicher weigern, über Nacht unten zu bleiben. Seppl wird sie später herauf fahren müssen, sobald das Gewitter nachgelassen hat.« Wendy schenkte zwei Becher Kaffee voll. »Bitte«, sagte sie. »Willst du Milch und Zucker?«

»Nein, danke!«

Wendy legte noch einmal Holz nach. Dann setzten sie sich an den Tisch.

»Wo ist Bella?«, fragte Carl. Er vermisste die Neufundländerhündin.

Wendy lachte. »Die tapfere Hündin hat sich beim ersten Donnergrollen verzogen. Sie hat sich in meinem Bett unter die Decke verkrochen. Normalerweise lasse ich ihr das nicht durchgehen. Doch während eines Gewitters übe ich Nachsicht. Donner muss für empfindliche Hundeohren entsetzlich sein. Vor allem hier oben in den Bergen!«

Carl nickte. »Da Hunde ein viel feineres Gehör haben, als wir Menschen, fühlen sie sich bedroht und suchen Schutz.«

Sie tranken Kaffee. Langsam ließ der Regen nach und es wurde wieder heller.

»Wie läuft’s auf der Berghütte? Geht es allen gut?«, fragte Carl.

»Heute wird es ihnen besonders gut gehen. Du kennst ja die Touristen. Sehen sie auf ihrer Wetter-App eine Unwetterwarnung, dann stürzen sie davon, als wäre der Teufel vom ›Höllentor‹ persönlich hinter ihnen her«, grinste Wendy. »Doch das hat auch sein Gutes. Toni und Anna werden einen ruhigen Abend haben und morgen einen gemütlichen Vormittag. Ich gönne es ihnen.«

Wendy und Carl schmunzelten. Die heutigen Hüttengäste waren nicht mehr so wetterfest wie die früherer Zeiten. Alois erzählte oft, wie die Gäste tagelang in der Berghütte auf besseres Wetter gewartet hatten. Man rückte eng zusammen ums Feuer und sang Lieder.

»Du bist schon lange nicht mehr oben gewesen«, sagte Wendy.

»Du hast recht, seit ich bei Beate wohne, war ich nicht mehr auf der Berghütte.«

»Dann wird es aber Zeit, dass du mal wieder einen Tag oder mehr auf der Berghütte verbringst. Toni und Anna würden sich freuen. Hast du keine Zeit oder ist der Weg zu weit oder ist es bei Beate so schön?«, fragte Wendy.

Carl lächelte geheimnisvoll. Doch er gab keine Antwort.

Der Himmel riss auf und der Regen hörte auf, als hätte Petrus den Hahn zugedreht. Die Sonne schien durch die kleinen Fenster mit den Scheibengardinen, die Wendy und Franziska angebracht hatten. Wendy löschte die beiden schwarzen Gewitterkerzen auf den Fensterbänken. Diese Tradition hatte sie von Hilda übernommen. Viele Waldkogeler stellten auch in diesen modernen Zeiten gesegnete schwarze Kerzen auf die Fensterbänke. Damit baten sie den Himmel um Schutz vor Blitzeinschlag.

Carl und Wendy traten vor die Berghütte. Bella kam auch hervor, aber immer noch mit eingezogenem Schwanz, so als traue sie der Ruhe nicht.

Sie begrüßte Carl und drückte sich an seine Beine. Er streichelte sie liebevoll und sprach beruhigend auf sie ein.

Über dem Tal spannte sich ein Regenbogen. Die Wassertropfen an den Gräsern leuchteten dunkelrot in den letzten Strahlen der untergehenden Abendsonne.

Ergriffen von der Schönheit der Natur verharrten sie eine ganze Weile wortlos.

Carl schaute auf die Uhr. »Wenn ich mich beeile, erreiche ich die Berghütte vor Einbruch der Dunkelheit. Nicht, dass ich mich fürchte. Ich bin den Pfad in der Nacht schon oft hinaufgewandert. Aber nach dem Sturm könnte es rutschig sein.«

Carl griff zum Handy. Er rief in der Tierarztpraxis an. Er sprach mit Beate und teilte ihr mit, dass er auf der Berghütte zu erreichen sei, falls sie ihn bei einem Notfall bräuchte. Vielleicht käme er später ins Tal oder am nächsten Morgen, wenn er auf der Berghütte übernachten würde.

»Pfüat di, Wendy!«

»Pfüat di, Carl!«

Er ging los.

Wendy war sich sicher, dass die Regenfront nicht zurückkommt. Sie ließ zuerst die Ziegen heraus, dann trieb sie die Kühe auf die Alm.

Anschließend setzte sie sich vor die Almhütte und genoss die Abendstimmung. Dabei überdachte sie das bevorstehende Treffen mit Tanja, der Tochter von Erika. Wendy lächelte. Wenn Ole und Erika heirateten, hätte sie eine Stiefschwester, Tanja, und einen Stiefbruder, Gerold. Und nach der Hochzeit von Gerold und Abigail hätte sie eine Schwägerin. Wendy war allein aufgewachsen. Sie freute sich über jeden neuen Zuwachs in der Familie. Sie liebte große Familien und hoffte im Stillen, selbst einmal eine große, glückliche Familie zu haben. Doch bevor das Wirklichkeit werden konnte, musste Wendy erst ihrem Herzensburschen begegnen.

Doch der war bislang noch nicht in Sicht.

Bevor es dunkel wurde, kam ein Auto herauf gefahren. Seppl brachte seine Eltern zurück auf die Alm.

»Hast du alles gut überstanden, Madl?«, fragte Hilda. »Das war ja fast ein Weltuntergang.«

Wendy streichelte Hilda, die vom Alter her ihre Großmutter hätte sein können, liebevoll die Wange.

»Ja, ich habe alles gut überstanden. Außerdem hatte ich lieben Besuch. Carl war auf der Geier Alm gewesen und kam auf dem Rückweg vorbei. Wir haben ein bisserl geplaudert und eine schöne Tasse Kaffee getrunken.«­

»Und wie geht es ihm bei der Beate?«, fragte Hilda. »Die beiden wären so ein schönes Paar. Es wird eine Menge über sie getuschelt drunten in Waldkogel.«

Wendy zuckte mit den Schultern. »Über sein Liebesleben hat Carl geschwiegen, Hilda. Ich weiß nichts, überhaupt nichts. Es steht mir auch nicht zu, Carl auszufragen. Wenn die beiden zusammenfinden, werden wir es erfahren«, antwortete Wendy.

Sie schlug vor, dass sie alle zusammen noch eine Runde ›Mensch ärgere dich nicht‹ spielen. Das machten sie auch.

Als Carl am Ende des Pfades angekommen war, der von Wendys Alm heraufführte, rannte ihm Benno entgegen, der Neufundländerrüde.

»Mei, Benno, du freust dich ja so. Du hast wohl gedacht, mich siehst du nicht wieder. Was für eine stürmische Begrüßung! Du bist ein ganz Lieber. Komm mit!«

Der Hund umkreiste Carl, bis er die Berghütte erreichte. Die Tür zum Wirtsraum stand offen.

»Grüß Gott, Carl! Anna, wir haben Besuch«, rief Toni, der hinter dem Tresen stand.

Anna kam aus der Küche und begrüßte Carl herzlich.

»Wo ist Alois?«, fragte Carl.

»Er ist in seiner Kammer. Er wird gleich kommen.«

Es dauerte nicht lange, dann kam Alois. »Grüß Gott, Carl! Mei, du bist ein echter unerschrockener Bergler, wie? Ist der Pfad herauf ausgewaschen vom Regen oder vielleicht von Erdreich verschlammt? Ich habe Toni schon gesagt, er soll nachsehen.«

»Keine Sorge, es ist alles in Ordnung«, beruhigte ihn Carl.

»Wir wollten gerade zu Abend essen«, sagte Anna. »Darf ich dich einladen? Alois hat einen seiner berühmten Eintöpfe gekocht. Er sagt, es sei ein geheimes Rezept. Das mache er nur für die Familie. Er hat auch nur eine kleine Menge gekocht. Doch ich denke, es reicht für uns alle.«

»Natürlich reicht es«, rief Alois. »Komm mit, wir essen in der Küche.«­

Carl zog den Regenmantel aus und hing ihn an einen der Kleiderhaken an der Wand hinter der Eingangstür.

»Ich will euch nichts wegessen. Ich habe auch keinen großen Hunger. Ich war auf dem Geier Hof. Dort bekam ich eine herzhafte Brotzeit.«

»Du wirst doch nicht meinen Eintopf ausschlagen, Carl? Das wäre eine Beleidigung«, grantelte der alte Alois, mit einem versteckten Grinsen.

»Alois, so habe ich es nicht gemeint«, beschwichtigte Carl.

Anna hatte schon den Tisch gedeckt. Sie stellte einen vierten Teller dazu. Sie setzten sich.

Alois sprach das Tischgebet. Sie beteten nur, wenn sie alle allein aßen und alle zusammen um den Tisch sitzen konnten. Sie bekreuzigten sich. Anna reichte Alois die Schöpfkelle und er teilte aus.

»Mei, ist der Eintopf gut!«, sagte Carl. »Was hast du rein getan?«

»Gell, das wüsstest du gern?«, lachte Alois. »Aber das musst du dir aus dem Kopf schlagen. Ich verrate nix. Das ist mein bestes Rezept und es ist geheim.«

»Hast du es irgendwo notiert? Eine solche Delikatesse muss an die Nachwelt weitergegeben werden«, sagte Carl.

»Ich habe nicht vor, so schnell abzutreten, Carl. Aber du hast recht. Ich werde es aufschreiben und Magnus geben. Was für ein Glück, dass meine liebe Enkelin Charlotte einen Rechtsanwalt geheiratet hat. Damit habe ich Gewissheit, dass alles seine Ordnung hat, wenn ich oben im Himmel eine Berghütte übernehme. Ja, ich werde die Rezepte aufschreiben, die ich Anna noch nicht verraten habe«, schmunzelte Alois.

Anna schaute ihn streng an. »Bist du gleich still, solche traurige Sachen zu sagen, Alois! Noch ein Wort davon und mir vergeht der Appetit«, drohte Anna.

Alois legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du kannst beruhigt sein, Madl. Der Herrgott weiß, wie lieb du mich hast und lässt mich noch lange auf der Berghütte sein. Ich habe dich tief in mein Herz geschlossen, Anna. Als ich dich damals auf der Bank am Hang habe sitzen sehen, da habe ich mich richtig in dich verliebt. Was für ein fesches Madl, habe ich gedacht. Also, wenn ich ein junger Bursche gewesen wäre, hätte ich auf der Stelle um deine Hand angehalten. Dann wäre Toni leer ausgegangen«, blinzelte der alte Alois.

Alle lachten. Die Stimmung war wiederhergestellt. Sie aßen weiter. Jeder nahm sich eine große zweite Portion, bis der Topf leer war.

»Zur besseren Bekömmlichkeit spendiere ich einen Obstler. Ich habe noch eine spezielle Flasche. Die breche ich jetzt an. Ich hole sie. Setzt euch schon alle mal ans Feuer!«, verkündete Alois.

Toni holte die Stamperl. Anna wusch schnell das Geschirr und steckte es auf den hölzernen Ständer zum Trocknen.

Nachdem Benno draußen noch eine Runde gedreht hatte, legte Toni zwei große Holzscheite in die Glut und schloss die Tür zum Wirtsraum. Nach dem Regen hatte es merklich abgekühlt.

Bald verströmte das Kaminfeuer mollige Wärme.

Alois schenkte ein und fragte: »Auf was stoßen wir an?«

»Trinken wir auf die Liebe!«, antwortete Toni. »Das passt immer. Denn es ist die Liebe, die die Welt zusammenhält.«

»Auf die Liebe!«, sagte Alois.

Sie tranken. Der Obstler war von bester Qualität. Alois spendierte eine zweite Runde. »So, das ist genug von dem kostbaren Wässerchen«, lachte Alois.

Toni ging hinter den Tresen und zapfe für jeden ein kleines Bier.

»So, Carl, jetzt erzähle uns mal, wie es so läuft mit Beate und dir unter einem Dach«, sagte Toni, als er wieder saß.

Carl zog die Augenbrauen hoch und schmunzelte. »Gut läuft’s, anders kann ich es nicht sagen. Wir teilen uns die Arbeit ein. Wochenweise wechseln wir uns ab, wer den nächtlichen Notfalldienst übernimmt. Wer nachts raus musste, kann morgens ausschlafen. Wir teilen uns auch die Wochenenddienste. Sollte einer von uns einen komplizierten Notfall zu behandeln haben, dann kommt der andere helfend hinzu. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass wir uns so schnell einspielen. Es läuft wie ein perfektes Uhrwerk. Bei Operationen geht alles schneller, wenn wir uns gegenseitig assistieren. Also, ich bin rundum zufrieden.«

»Das haben wir uns auch nicht anders vorgestellt, Carl! Danach habe ich auch nicht gefragt. Du weißt, was wir gern wissen möchten.«

Carl wich Tonis Blick aus. Schnell griff er nach seinem Bierglas und trank. Es entstand eine peinliche Stille.

»Wenn du nicht über deine Gefühle sprechen willst«, sagte Toni, »dann will ich dich nicht weiter bedrängen. Mei, wir sind eben ein bisserl neugierig. Die Leute halten euch für das ideale Paar, sagt meine Mutter.«

Carl lachte.

»Na ja«, sagte Toni, »neunundneunzig Prozent der Waldkogeler sind dieser Meinung.«

»Und ein Prozent stänkert. Davon habe ich auch schon gehört. Wobei Stänkern milde ausgedrückt ist, Toni. Mir schlägt offene Feindschaft entgegen, wenn ich auf den Gruber Hof muss. Das passiert mehrmals in der Woche.«

»Was du nicht sagst?«, staunte Alois. »Ist denn das Vieh bei denen so krank?«

Carl zuckte mit den Schultern und wiegte den Kopf hin und her. »Ich verstehe auch nicht, warum das Vieh immer wieder Beschwerden hat. Meistens sind es Koliken. Die Gruber Bäuerin beschimpft mich jedes Mal. Gestern warf sie mir an den Kopf, ich könne nichts und sei ein Quacksalber, dem man die Zulassung entziehen sollte. Ich nehme an, sie will mir etwas anhängen, damit ich aus Waldkogel verschwinde.«

»Oh ja«, sagte Toni. »Die gute Olga Gruber hat sich in den Kopf gesetzt, dass ihr Bub, der Hans, die Beate heiratet. Das ist zwar schon Jahre her. Beate musste sich ganz schön durchsetzen. Letztlich hat sie sich irgendwann geweigert, das Vieh auf dem Gruber Hof zu behandeln.«

Carl nickte eifrig. »Ich weiß Bescheid. Beate hat mir alles erzählt. Olga Gruber hatte seit Jahren nicht mehr in der Praxis angerufen. Ich war am Telefon, als sie wegen eines Notfalls anrief. Ich tat so, als wüsste ich von nichts. Das war ein Fehler, wie ich hinterher einsehen musste. Ich hätte sie an einen Kollegen in Kirchwalden verweisen sollen. Seither werde ich nur noch genervt. Aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Beate und ich haben über ihre Vorwürfe gesprochen. Beate meint, ich solle Blutproben, Urinproben und Stuhlproben der Kühe, Schweine und von den beiden Pferden mitbringen. Sie will sie nach München an die Universität weitergeben. Sie ist überzeugt, dass Olga mir etwas anhängen will.«

»Das ist ja schrecklich«, sagte Anna entsetzt. »Da kann es einem angst und bange werden.«