Finding Back to Us - Bianca Iosivoni - E-Book
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Finding Back to Us E-Book

Bianca Iosivoni

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Beschreibung

Sie darf ihn nicht lieben - denn er ist ihr Stiefbruder ...

Als Callie nach langer Zeit in ihre Heimatstadt zurückkehrt, ist der Erste, dem sie dort begegnet, ausgerechnet Keith. Keith, der den Autounfall verursachte, bei dem ihr Vater starb. Keith, den sie nie mehr wiedersehen wollte. Sofort flammen der Schmerz und die Wut von damals wieder auf. Aber auch ein gefährliches Prickeln, das Callie völlig verwirrt. Denn Keith ist nicht nur die Person, die sie am meisten hasst. Er ist auch ihr Stiefbruder ...

"Ein ergreifender Liebesoman, der mich gepackt und berührt hat. Absolute Leseempfehlung." ZAUBERHAFTE BÜCHERWELTEN

Die WAS-AUCH-IMMER-GESCHIEHT-Reihe:

1. Finding Back to Us (Callie & Keith)

2. Feeling Close to You (Parker & Teagan)

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Seitenzahl: 575

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Playlist

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Danksagung

Leseprobe

Die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

BIANCA IOSIVONI

Finding Back to Us

Roman

Zu diesem Buch

Callie hatte nicht vor, je in ihre Heimatstadt zurückzukehren – zu schwer wiegen die Erinnerungen an das, was vor sieben Jahren geschehen ist. Aber als ihre kleine Schwester Holly sie bittet, für ihren Highschoolabschluss nach Alabama zu kommen und den Sommer mit ihr zu verbringen, kann Callie ihr diesen Wunsch nicht abschlagen. Was sie nicht wusste: Auch ihr Stiefbruder Keith ist zurück in der Stadt. Dabei ist er die letzte Person, die Callie jemals wiedersehen wollte. Seit er den Unfall verursachte, bei dem ihr Vater starb, und kurz darauf ohne Vorwarnung oder Erklärung wegzog, hat sich Callie geschworen, nie wieder auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Doch als die beiden sich nun zum ersten Mal wieder gegenüberstehen, sind mit einem Schlag die Gefühle von damals zurück. Die Wut. Der Hass. Die Verzweiflung. Aber auch das verbotene Herzklopfen, das Keith’ Gegenwart schon immer in ihr ausgelöst hat und das immer heftiger wird, je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen. Und bald schon muss sich Callie fragen, ob sie Keith für das, was damals geschehen ist, wirklich niemals vergeben kann …

Für alle, die Träume haben.

Verwirklicht sie.

Playlist

Charlie Puth – Marvin Gaye (feat. Meghan Trainor)

Jarryd James – Do You Remember

The Contours – Do You Love Me

Grace – You Don’t Own Me (feat. G-Eazy)

Major Lazer – Powerful (feat. Ellie Goulding & Tarrus Riley)

Snow Patrol – Chasing Cars

Adele – When We Were Young

Birdy – Words As Weapons

James Blunt – Heart Of Gold

Paul Cardall – Gracie’s Theme

Birdy – Wings

Bon Jovi – You Give Love A Bad Name

John Travolta & Olivia Newton-John – You’re The One That I Want

The Lumineers – Stubborn Love

Sia – House On Fire

Kodaline – High Hopes

Coldplay – Fix You

Walking On Cars – Speeding Cars

Elle King – Ex’s & Oh’s

Kapitel 1

Ich würde nie erfahren, was Meghan Trainor mit Marvin Gaye trieb, denn als ihre Stimme ertönte, zog ich mir die Kopfhörer aus den Ohren. Nach einer schier endlosen Runde auf der Rollbahn kam das Flugzeug endlich zum Stehen. Die Leute um mich herum sprangen aus ihren Sitzen, als hätte jemand Bombe! gerufen. Am liebsten wäre ich auch losgerannt, nur um hier rauszukommen. Die Enge um mich herum, die vielen Menschen und das seit Stunden kreischende Kleinkind zwei Reihen hinter mir zerrten an meinen Nerven. Meine Finger kribbelten vor Aufregung, während ich meinen iPod in der Jackentasche verstaute. Gleichzeitig nahm ich mir vor, Parker zu fragen, was er sich dabei gedacht hatte, mir diese Playlist anzudrehen. Adele? Sam Smith? Ed Sheeran? Sah ich aus wie jemand, der sein gebrochenes Herz mit kitschiger Musik zusammenflicken musste? Die Girlpower-Lieder, die zwischendurch auftauchten, machten es leider auch nicht besser. Was war aus den guten alten Klassikern geworden? Den Oldies, die ganze Generationen bewegt hatten und noch heute Kultstatus genossen?

In diesem Moment schob sich ein Teenager an mir vorbei durch den schmalen Gang. Aus seinen überdimensionalen Kopfhörern schallte für alle hörbar ein Hip-Hop-Song. Ich stöhnte innerlich. Ich war eindeutig im falschen Jahrhundert geboren worden.

Meine vollgepackte Umhängetasche hielt ich wie einen Schutzschild vor mich, während ich den anderen Passagieren aus dem Flugzeug folgte. Als ich endlich bei der Gepäckausgabe ankam, hatte mein Handy bereits dreimal vibriert. Eine Nachricht von Parker, die ich nach diesem Musikdesaster geflissentlich ignorierte, und zwei von Faye, die mich abholen kommen wollte und bereits vor dem Flughafen auf mich wartete. Ich tippte eine schnelle Antwort, dann steckte ich das Handy weg.

Während sich das Förderband in Bewegung setzte, zog ich mir die Jeansjacke aus und hängte sie über meine Tasche. Im Flugzeug hatte ich gefroren, aber hier reichten mein ärmelloses Kleid und meine braunen Stiefel völlig aus, zumal es draußen noch wärmer sein würde. Ich hatte schon beinahe vergessen, wie heiß die Sommer in Alabama werden konnten.

Die ersten Koffer rollten an mir vorbei. Es war erstaunlich – und erschreckend –, wie viele Menschen sich hier versammelt hatten. Waren sie etwa alle mit mir im selben Flieger gewesen? Ich blickte in erschöpfte und aufgeregte Gesichter, hörte das Summen von Gesprächen und sah zwei kleinen Kindern nach, die im Zickzack an den Leuten vorbeirannten und sich nicht von dem Gefluche eines Anzugträgers stören ließen, der Anweisungen in sein Handy bellte. Nur ein paar Schritte von mir entfernt hatte sich sogar jemand mit Laptop auf den Knien auf sein Handgepäck gesetzt und hämmerte auf die Tastatur ein. Vermutlich sollte ich das Gleiche tun, allerdings mit meinen Mitschriften aus dem Seminar, in dem ich dieses Semester gnadenlos durchgefallen war: Biochemie. Allein der Gedanke daran verursachte mir Magenschmerzen.

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und suchte nach dem dunkelroten Etwas, das mein Gepäck darstellte. Weitere Koffer wurden ausgespuckt und landeten klappernd auf dem Förderband. Lila, schwarz, schwarz, dann ein Saxofonkoffer, den der Mann neben mir ergriff. Sehr gut. Einer weniger. Etwas Rotes blitzte auf, dann verschwand es um die nächste Kurve. Oh nein. Nein, nein, nein. War mein Gepäck etwa an mir vorbeigezogen, ohne dass ich es bemerkt hatte? Ich setzte mich in Bewegung, schob mich an den Wartenden vorbei und murmelte eine Entschuldigung, wenn ich irgendjemandem aus Versehen auf die Zehen trat. Aber mein Koffer rollte mir gerade davon!

Ich beschleunigte meine Schritte, sprang über eine herumliegende Tasche und wich einem Paar aus, das sich in diesem Moment umdrehte. Gleich hatte ich ihn. Nur noch ein paar Meter, bevor mein Koffer wieder im Gepäcknirwana verschwand. Ich streckte die Hand aus, schnappte danach – und fasste ins Leere. Er tuckerte einfach weiter, aus meiner Reichweite und gleich auch aus meinem Blickfeld. Ich sah mich schon hinterherhechten und mitsamt Koffer dorthin verschwinden, wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen war. Doch im letzten Moment packten zwei Hände die Tragegriffe, hoben den Koffer vom Band und stellten ihn auf den Boden. Ich kam schlitternd zum Stehen. Mein Blick wanderte von dem Gepäckstück aufwärts, über lange Beine, die in einer zerrissenen Jeans steckten, und ein dunkelgraues T-Shirt mit einem verwaschenen Aufdruck, das sich um breite Schultern spannte, bis ich in das Gesicht eines Fremden schaute.

Braune Augen unter tief liegenden Brauen, umrahmt von so dichten Wimpern, dass ich dafür morden würde, erwiderten meinen Blick. Schwarze Haare fielen ihm leicht gelockt in die Stirn und könnten mal wieder einen Schnitt vertragen. Zusammen mit dem dunklen Bartschatten und dem olivfarbenen Hautton machte er den Eindruck eines Vagabunden. Der abgenutzte Rucksack, den er über einer Schulter trug, verstärkte dieses Bild noch. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es sich dabei um einen Armeerucksack handelte.

»Danke«, brachte ich hervor, noch immer überrascht von seinem beherzten Eingreifen. Und davon, wie groß dieser Mann war. Trotz meiner Größe von knapp ein Meter siebzig und den Absätzen an meinen Stiefeln musste ich den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

»Gern geschehen.« Er lächelte. Es war nicht dieses knappe Lächeln, das man Fremden zuwarf, bevor man wieder seines Weges ging, aber auch keines, das seine Augen zum Leuchten brachte. Vielmehr wirkte er vorsichtig, als wüsste er nicht genau, was er von mir halten sollte.

Nun, damit war er nicht allein. Auf eine raue Art war dieser Kerl durchaus attraktiv, daran bestand kein Zweifel. Das leichte Flattern in meiner Magengrube war eine natürliche, rein biologische Reaktion, die ich ignorieren konnte. Anders sah es dagegen mit diesem unbestimmbaren Gefühl in meinem Bauch aus. Irgendwie kam mir dieser Mann bekannt vor, obwohl ich nicht wusste, wo ich ihn schon einmal gesehen haben könnte. Stand ich vor einer Berühmtheit, die ich nicht erkannte? Wäre zumindest nicht das erste Mal. Aber wer er auch war, mir fielen weder sein Name noch etwas anderes ein, an dem ich ihn festmachen konnte.

»Das klingt jetzt bestimmt wie eine schlechte Anmache«, begann ich und verzog im selben Moment das Gesicht. Wenn man schon so anfing, konnte es nur in einem Desaster enden. »Aber kennen wir uns irgendwoher?«

Seine Brauen wanderten in die Höhe und verschwanden unter seinem dunklen Haar. Oh nein. Hatte ich ihn etwa mit meinem fehlenden Wissen beleidigt? Müsste ich ihn kennen? Panisch durchforstete ich mein Hirn nach irgendetwas, das mich an seinen Namen, Beruf und Bekanntheitsgrad erinnerte. Traurige Tatsache war jedoch, dass ich mir so gut wie keine Namen von Schauspielern, Realitystars oder sonstigen Berühmtheiten merken konnte. Im Musikbereich wusste ich viel über die Künstler, die ich mochte, und zumindest die Namen der Sänger und Bands, die Parker mir immer wieder anzudrehen versuchte, aber das war’s auch schon. Wobei ich mir nicht vorstellen konnte, dass dieser Kerl als DJ in der Wüste irgendwelche Hip-Hop- oder Techno-Beats auflegte. Oder in einer Survivalsendung mitspielte. Wenn ich mir allerdings seinen tarnfarbenen Rucksack ansah …

»Glaubst du das denn?«, konterte er nach einem Moment.

Mist. Mit dieser Gegenfrage hatte ich nicht gerechnet, aber bevor ich mich noch mehr blamierte, entschied ich mich für die Wahrheit. »Nein. Zumindest nicht, dass ich wüsste.«

Wieder dieses Lächeln, diesmal war es jedoch wärmer und zeigte ein kleines Grübchen in seiner Wange. Verdammt. Auf den ersten Blick schien er wie einer dieser düsteren, unnahbaren und sexy Kerle aus den Romanen zu sein, die meine kleine Schwester so gerne las. Aber das Grübchen zerstörte diesen Eindruck, denn nun wirkte er erschreckend real. Nicht mehr wie eine Berühmtheit, der ich zufällig auf dem Flughafen begegnete und die sich unsterblich in mich verliebte, sondern wie ein ganz normaler junger Mann, vor dem ich mich mit jedem weiteren Wort, das meinen Mund verließ, noch mehr blamierte. Von wegen keine schlechte Anmache, das war die schlechteste von allen.

»Ähm …« Sehr intelligent, Callie. Ich riss mich aus meiner Starre und räusperte mich, weil meine Kehle auf einmal so trocken war. »Dann … d-danke noch mal für die Hilfe.« Na also. Ein ganz normaler Satz. Mehr oder weniger zumindest.

»Kein Problem.« Sein Blick verließ mich keine Sekunde. Warum musterte er mich auf diese durchdringende Weise? Und warum war sich ein Teil von mir so sicher, ihm schon einmal begegnet zu sein? Ich könnte schwören, diese Augen und dieses Gesicht irgendwo gesehen zu haben. In einer Zeitschrift vielleicht? In einem YouTube-Video? War er einer von diesen YouTube-Stars, von denen Parker ständig redete, weil sie eines seiner Lieblingsgames spielten?

Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Frustration mischte sich unter das Wirrwarr an Emotionen in meinem Inneren. Bevor es überhandnehmen konnte, schlang ich die Finger um den Griff meines Koffers und zog ihn so ruckartig zu mir, dass er über meine Füße rollte. Aua.

»Auf Wiedersehen.« Hoffentlich erst in tausend Jahren. Gefühlt hatte ich mich gerade ein Dutzend Mal blamiert, dabei hatte dieser Fremde mir nur mit dem Koffer geholfen. Vermutlich hielt er mich für eine durchgeknallte Einsiedlerin. Nicht, dass er damit falsch liegen würde. Die letzten Wochen hatte ich kaum Tageslicht gesehen, weil ich rund um die Uhr für meine Examen gelernt hatte und sich meine sozialen Kontakte auf die Leichen beschränkten, die ich für meinen Anatomiekurs untersuchen durfte. Es war so lange her, seit jemand mit mir geflirtet hatte, der nicht tot war. Kein Wunder, dass ich aus der Übung war.

Meine Wangen brannten, als ich mich abwandte und davonstapfte. Dabei war ich mir jeden Schrittes bewusst, denn die Vier-Zentimeter-Absätze meiner Stiefel untermalten sie mit dem dazugehörigen Klackern.

»Warte mal!« Die tiefe Stimme des Fremden übertönte die anderen Geräusche um mich herum und ließ mich innehalten.

»Ja …?« Mit klopfendem Herzen drehte ich mich zu ihm um. Hatte ich etwas vergessen? Hatte er etwas vergessen? Mir seine Handynummer zu geben vielleicht? Facebook-, Twitter-, Tumblr- oder Skypename würden es auch tun.

Sein Blick ruhte noch immer auf mir, und ich konnte beinahe körperlich spüren, wie er an mir auf- und abwanderte. Langsam. Auskostend. Als hätte dieser Kerl alle Zeit der Welt. Und mit seinem Blick begann sich auch die Hitze in mir auszubreiten, bis ich das Gefühl hatte, im Hochsommer unter der Mittagssonne zu stehen.

Er schien etwas sagen zu wollen, zögerte dann jedoch und nickte mir schließlich zu. »Schönen Tag noch.«

Enttäuschung wollte sich in mir breitmachen, aber ich schob das Gefühl entschieden beiseite. Es hätte wesentlich schlimmer kommen können. Mein Koffer hätte auch im Nirwana verschwinden und ich beim Versuch, ihn zu retten, auf die Nase fliegen können. Stattdessen hatte mir ein netter Fremder geholfen, der weder tot noch krank war oder mich nur ansprach, um sich meine Mitschriften aus der Psychologievorlesung auszuborgen.

»Danke. Ebenso.« Ich warf ihm ein Lächeln zu, bevor ich mich wieder umdrehte und meinen Koffer Richtung Nordausgang hinter mir herzog.

Die Schiebetüren glitten zur Seite und entließen mich ins Freie. Eine Wand aus Hitze und schwerer Luft schlug mir entgegen. Ich bremste ab, plötzlich entkräftet von dem Temperaturunterschied zwischen dem klimatisierten Flughafen und der Außenwelt. Himmel, ich dachte, wir hätten Mitte Mai, aber der große Feuerball da oben schien andere Pläne zu haben. Meine helle Haut prickelte bereits, als würde eine Ameisenarmada darüberkrabbeln. Eine unverkennbare Warnung vor einem Sonnenbrand.

Ich kramte in meiner Tasche nach meiner Sonnenbrille, setzte sie auf und machte mich auf den Weg zu den Parkplätzen. Faye stand im Schatten des Parkhauses neben der Tür und winkte mir entgegen, aber ich hätte sie auch so erkannt. Ihr geblümtes Kleid reichte ihr bis knapp über die Knie, und genau wie ich trug sie Cowboystiefel. Ihr Markenzeichen hatte sich in all den Jahren, die ich sie schon kannte, nicht geändert: schweres samtbraunes Haar, das ihr bis zur Hüfte fiel. Selbst jetzt trug sie es offen, obwohl das bei diesen Temperaturen mörderisch sein musste.

»Callie!« Sie lief mir lachend entgegen und fiel mir um den Hals. Ihr blumiger Geruch, gemischt mit Seife, drang mir in die Nase und brachte mich ebenfalls zum Lächeln. Andere Mädchen hatten zehn verschiedene Parfümflakons zu Hause stehen, aber Faye hatte schon immer ein und denselben Duft getragen.

Ich löste mich aus der Umarmung und betrachtete sie von oben bis unten. »Du siehst gut aus«, stellte ich fest. Auf ihrer Haut lag ein warmer Bronzeschimmer. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie mehr Zeit im Freien verbrachte als ich.

»Du auch! Aber gegen diese Blässe müssen wir etwas unternehmen.« Sie gab mir einen Klaps gegen den Oberarm. »Hat dir niemand gesagt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen das im Trend lag?«

»Aua. Ich musste für meine Prüfungen lernen.«

»Wo? Im Bunker?«

»So ähnlich.« Grinsend hakte ich mich bei ihr unter. »Fahren wir? Oder sollen wir weiter hier herumstehen, bis aus meiner noblen Blässe ein Sonnenbrand wird?«

Faye schnalzte mit der Zunge, zog mich aber ohne jeden weiteren Kommentar mit sich. Ich hatte mein Elternhaus noch nicht mal betreten, trotzdem breitete sich schon jetzt ein vertrautes Gefühl in mir aus. Ich war zu Hause.

»Da wären wir.« Faye stellte den Motor ab.

Ich folgte ihrem Blick zu dem Haus, in dem ich die zweite Hälfte meiner Kindheit verbracht hatte. Es war im späten neunzehnten Jahrhundert im typischen Kolonialstil erbaut worden. Die Fassade hatte man offenbar vor Kurzem neu gemacht, sie erstrahlte in blendendem Weiß, und die großen Fenster glänzten in der Nachmittagssonne. Mein Blick blieb am einzigen Fenster im zweiten Stock hängen. Genau dort, direkt unterm Dach, war mein Reich gewesen. Unzählige Stunden hatte ich in meiner Nische auf dem Fensterbrett verbracht, hatte gelesen, geschrieben und auf das riesige Grundstück hinter dem Haus hinuntergeschaut. Vom Auto aus konnte ich jedoch nur in den Vorgarten sehen. Wie immer war er gepflegt, der Rasen getrimmt, aber hier und da lugte Unkraut hervor, und auf der doppelseitigen Veranda lagen ein Buch und eine Decke vergessen auf der Hollywoodschaukel. Typisch Holly. Meine kleine Schwester hatte schon immer die Angewohnheit gehabt, ihre Sachen überall abzulegen und dann zu vergessen.

Ein seltsames Gefühl von Wehmut legte sich über mich. Ein letzter Sommer, dann würde auch Holly ausziehen. Unsere Kindheit war endgültig vorbei. Wer wusste schon, wann und ob wir nach diesem Sommer hierher zurückkehren würden?

Ich löste mich aus meiner Trance und wandte mich Faye zu, die mich aufmerksam betrachtete. Wie lange war es jetzt her, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten? Früher hatten wir jeden Tag miteinander verbracht, inzwischen beschränkte sich unser Kontakt auf sporadische Telefonate, WhatsApp- und Facebooknachrichten. Trotzdem hatte sie ohne zu zögern angeboten, mich vom Flughafen abzuholen, was ich ihr hoch anrechnete.

»Danke, dass du mich hergefahren hast.«

Sie lachte überrascht auf. »Soll das ein Witz sein? Ich bin froh, mal rauszukommen – auch wenn es nur bis nach Atlanta und zurück ist.«

Ich löste meinen Sicherheitsgurt und lehnte mich für eine Umarmung zu ihr rüber. Sie wiederzusehen hüllte mich in ein bittersüßes Gefühl von Wärme und Vertrautheit. Als ich nach unserem Highschoolabschluss weggezogen war, hätte ich sie am liebsten eingepackt und mitgenommen. Daran hatte sich bis heute nichts geändert.

»Hey, du erdrückst mich!«, beschwerte sie sich, doch als ich mich von ihr löste, lächelte sie mich an. »Komm erst mal richtig an. Wir sehen uns Freitagabend.«

Ich nickte heftig. »Den alten Billy zu ärgern, würde ich mir doch nie entgehen lassen. Oh, und deine Geburtstagsparty auch nicht.« Ich stieg aus, bevor sie gewalttätig werden konnte, aber sie lachte nur.

»Du hast dich kein bisschen verändert«, rief sie, während ich den Wagen umrundete, um mein Gepäck aus dem Kofferraum zu hieven.

»Du auch nicht.« Ich kehrte zur Beifahrertür zurück. »Ich möchte jedes Detail zu diesem Ring an deinem Finger wissen. Eine kurze Nachricht bei WhatsApp reicht einfach nicht.«

Eine sanfte Röte legte sich auf ihre Wangen, aber sie nickte heftig. Andere Frauen hielten dir ihren Verlobungsring unter die Nase, ob du ihn sehen wolltest oder nicht, aber Faye ließ das Thema einfach unter den Tisch fallen. Sie hatte die ganze Autofahrt über kein Wort darüber verloren, und ich hatte sie nicht drängen wollen, aber spätestens bei ihrer Hochzeit würde sie sich damit abfinden müssen, im Mittelpunkt zu stehen.

»Bis Freitag!« Ich hob die Hand zum Abschied und sah ihr nach, bis der kleine knallrote Beetle am Ende der Straße abbog und in einer Staubwolke verschwand. Erst dann wandte ich mich dem Haus zu meiner Rechten zu.

Es war nicht mehr so imposant wie bei unserem Einzug kurz nach meinem zehnten Geburtstag und auch keine der typischen eindrucksvollen Villen in der Gegend, dennoch wurde ich mit jedem Schritt, den ich darauf zumachte, aufgeregter. Die Absätze meiner Stiefel klapperten auf dem Steinweg und den drei Stufen, die zur Veranda führten. Aus dem Inneren war kein Laut zu hören, aber das hieß nicht automatisch, dass niemand da war. Zumindest hoffte ich das.

Ich öffnete die Tür und stellte mein Gepäck im Eingangsbereich neben der Garderobe ab. Das Haus war noch immer so hell und einladend, wie ich es in Erinnerung hatte. Große Fenster, weiße Wände und ein geradliniger, heimeliger Einrichtungsstil. Dad hatte eine Menge Geld in dieses Haus gesteckt, und Stella hatte bis heute nichts an der Einrichtung verändert. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, doch ich schluckte ihn hinunter. Jetzt war nicht der richtige Moment, um sentimental zu werden. Dafür blieb mir später noch genug Zeit. Trotzdem wollte das nervöse Flattern in meiner Magengrube nicht verschwinden.

Vom Eingangsbereich aus gelangte man ins Wohnzimmer mit der angrenzenden Küche. Durch die hohen Decken wirkte es wie ein New Yorker Loft. Der Eindruck wurde durch das Geländer im ersten Stock noch verstärkt, das rundherum ging und einen freien Blick von oben ins Wohnzimmer ermöglichte. Eine Treppe aus dunklem Holz führte ins erste Stockwerk.

»Aber es ist völlig egal, was ich zur Abschlussfeier anziehe, Mom«, hallte eine vertraute Stimme durch das Haus, kaum, dass ich einen Fuß auf die unterste Stufe gesetzt hatte. »Unter dem Talar wird das sowieso keiner sehen. Ich könnte auch in meinem Pyjama hingehen. Hey, das wäre doch mal ein Statement!«

Ich lächelte. Vor meinem inneren Auge konnte ich förmlich sehen, wie Stella tadelnd den Kopf schüttelte.

»Aber du wirst es wissen«, ertönte ihre weiche Stimme, als ich näher kam. »Ich möchte doch nur, dass du dich wohlfühlst, Liebes.«

Ich blieb im Türrahmen zu Hollys Zimmer stehen und betrachtete meine Schwester von Kopf bis Fuß. Sie trug ein eisblaues Kleid mit dünnen Trägern und einem eng anliegenden Oberteil, dessen Stoff in sanften Wellen von ihren Hüften abwärtsfloss und knapp über ihren Knien endete. Dazu hochhackige Schuhe in derselben Farbe.

»Also in diesem Outfit musst du dir definitiv keine Sorgen machen.«

»Das ist nicht für …« Sie verstummte und wirbelte zu mir herum. Sekundenlang erfüllte Stille den Raum, dann kreischte Holly auf und fiel mir so heftig um den Hals, dass ich strauchelte. Einen Moment lang kämpfte ich um unser Gleichgewicht, dann fand ich es wieder und schlang die Arme um meine kleine Schwester.

»Du bist hier! Du bist hier!«, rief sie immer wieder und wäre wie ein Flummi auf und ab gehüpft, hätte ich sie nicht festgehalten. »Warum bist du schon hier?«

»Soll ich wieder gehen?« Grinsend drückte ich sie an mich. »Denkst du etwa, ich lasse mir deine Abschlussfeier entgehen? Keine Chance.«

»Aber die Feier ist erst nächste Woche!« Sie riss sich von mir los, hielt meine Hände jedoch so fest, als wolle sie sie zerquetschen. »Nicht, dass ich mich beschweren würde. Absolut nicht.« Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr langes dunkelblondes Haar hin- und herschwang. »Ich wusste nur nicht, dass du schon so früh kommen würdest. Aber das heißt nicht, dass du auch früher gehst, oder? Du bleibst den ganzen Sommer über?«

Ich lächelte. Es war beinahe zwei Jahre her, seit ich das letzte Mal so lange zu Hause gewesen war. Selbst über die Feiertage war ich nur kurz geblieben, um dann schnellstmöglich wieder zurück zum Campus zu fahren. Dass ich diesmal ganze drei Monate zu Hause verbringen würde, war Hollys Wunsch gewesen, bevor es auch sie am Ende des Sommers in die Welt hinauszog.

»Wie versprochen«, bestätigte ich und erwiderte den Druck ihrer Hände.

»Wir haben erst in einigen Tagen mit dir gerechnet.« Über Hollys Schulter traf mein Blick den unserer Stiefmutter.

»Stella.« Ich löste mich von meiner Schwester und umarmte sie. Sofort stieg mir ihr Geruch in die Nase. Die typische Mischung aus Sandelholz und Desinfektionsmitteln aus dem Krankenhaus erinnerte mich an unzählige Nächte, in denen sie von ihrer Schicht nach Hause gekommen war, nach uns gesehen und uns zugedeckt hatte. Egal wie spät es gewesen war.

»Es ist so schön, dass du hier bist«, flüsterte sie kaum hörbar und möglicherweise auch etwas erstickt.

Anders als Holly hatte ich unsere Stiefmutter niemals Mom genannt – und das hatte sie zum Glück auch nie von mir verlangt. Dafür erinnerte ich mich noch zu gut an meine richtige Mutter. Kurz vor ihrer Hochzeit mit unserem Dad hatte Stella mich beiseitegenommen und mir erklärt, dass sie es verstünde, wenn ich sie nicht Mom nennen wollte, da sie nicht vorhatte, jemanden zu ersetzen, der einen so großen Platz in meinem Herzen einnahm. Aber sie hoffte, eines Tages wäre auch ein kleines Fleckchen darin für sie frei. In genau jenem Moment hatte sie sich diesen Platz erobert und aus dem kleinen Fleckchen war ein Flächenbrand geworden. Daran hatten auch die späteren Ereignisse nichts geändert. Stella mochte nicht meine leibliche Mutter sein, aber sie war in jeder anderen Hinsicht wie eine Mutter für mich.

»Lass mich dich ansehen.« Sie schob mich auf Armeslänge von sich und musterte mich mit ihrem scharfen Blick von oben bis unten. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass sie Ärztin oder einfach ein Naturtalent darin war, jedes noch so unscheinbare Detail zu registrieren. »Du bist dünner geworden. Geben sie euch nichts zu essen auf dem Campus? Und dein Haar ist kurz.« Sie zupfte an den leicht gelockten dunkelblonden Strähnen, die vorne länger und hinten kürzer waren.

Ich sah zu Holly hinüber, die noch immer neben uns stand. Auf den ersten Blick würde uns niemand für Schwestern halten. Unsere Gemeinsamkeiten beschränkten sich auf die gleiche Haarfarbe, die vollen Lippen und die dunklen Brauen. Sogar unsere Augenfarben waren verschieden. Ich hatte Moms graue Augen geerbt, während sie die blauen von Dad hatte. Außerdem war Holly trotz ihrer achtzehn Jahre noch immer eine Handbreit kleiner als ich – womit ich sie für den Rest ihres Lebens aufziehen würde.

»Es steht dir.« Stella trat lächelnd einen Schritt zurück. Wenn schon Holly und ich uns kaum ähnlich sahen, lagen ganze Welten zwischen uns und unserer Stiefmutter, denn an ihre exotische Schönheit kam keine von uns heran. Obwohl Stella ihr Haar aufgrund ihrer Arbeit meist zusammengebunden trug, konnte man die glänzende schwarze Mähne mit den kaum zu bändigenden Locken deutlich erkennen. Dazu ihre warmen braunen Augen, der Schönheitsfleck auf ihrer Wange und ihre makellose Haut mit olivfarbenem Unterton, die von Natur aus so aussah, als würde sie in Miami Beach leben … Um ehrlich zu sein, war ich noch immer überrascht, dass Stella nicht wieder geheiratet hatte. An einem Mangel an männlicher Aufmerksamkeit konnte es nicht liegen.

»Wo ist dein Gepäck?«, fragte sie.

»Unten.« Ich deutete vage hinter mich in Richtung Treppe. »Ich habe nicht viel mit und wusste nicht, wo ich schlafen würde, also …«

»Wo?« Stellas Augen weiteten sich. »In deinem Zimmer natürlich! Dachtest du etwa, wir hätten es in deiner Abwesenheit in einen Fitnessraum verwandelt?«

Holly zog eine Grimasse. »Ich war ja dafür, aber Mom hat mich nicht gelassen.«

»Thalia Holly Robertson!« Stella stemmte die Hände in die Hüften.

Ich konnte nicht anders, als loszulachen, während meine Schwester beim Klang ihres vollen Namens zusammenzuckte.

»Unglaublich.« Stella schüttelte den Kopf, aber mir entging das amüsierte Zucken ihrer Mundwinkel nicht. »Zurück mit dir vor den Spiegel, damit du dich endlich für ein Kleid entscheidest. Am besten, noch bevor meine Schicht beginnt.«

»Das wäre dann in fünfzehn Minuten«, erwiderte Holly nach einem schnellen Blick auf ihre Armbanduhr.

»Dann solltest du dich besser beeilen.« Stella wirkte so gnadenlos, als wäre Holly einer ihrer kleinen Patienten, die sich mit Händen und Füßen gegen eine Spritze wehrten.

»Zu Befehl, Ma’am«, murmelte Holly ergeben. Einen Moment lang glaubte ich, sie würde mit den Augen rollen, aber dann würde Stella erst recht loslegen und so todessehnsüchtig war meine Schwester nicht. Unsere Stiefmutter mochte die Warmherzigkeit in Person sein, aber wenn sie wütend wurde, suchte man besser das Weite. In Südamerika zum Beispiel.

»Apropos Kleid …« Holly drehte sich so schnell zu mir herum, dass der Stoff um ihre Beine wirbelte wie in einem alten Tanzfilm. »Callie braucht noch eines für den Ball.«

»Ball?«, schaltete ich mich alarmiert ein. »Was für ein Ball?«

»Eine Spendengala für die Kinderabteilung im Krankenhaus. Sie findet am Samstagabend statt.«

»Es ist gut, dass du schon da bist, Liebes.« Stella warf mir ein Lächeln zu, während sie ein weiteres Kleid aus einer Schutzhülle hervorzog. Diesmal in einem kräftigen Grün. »So bleibt uns genug Zeit, für dich auch ein passendes Outfit zu finden«, fuhr sie unbeirrt fort.

»Ähm …« Hilfe suchend sah ich zu Holly, doch die zuckte nur mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass …«

»Oh doch«, widersprach Stella sofort. »Ich lasse keine Ausreden gelten. Du bist ein Teil dieser Familie und wirst zusammen mit uns hingehen.«

Hinter ihr grinste Holly hämisch. »Selbst schuld, wenn du unangekündigt früher kommst.«

Stella tat, als hätte sie das nicht gehört, und deutete auf eine weitere Schutzhülle auf dem Bett. »Am besten probierst du gleich die hier an, dann wissen wir zumindest schon mal Farbe und Schnitt. Anpassungen kann ich immer noch machen.«

Ach du liebe Zeit. Wo war ich da nur hineingeraten?

»Ich … hole erst mal mein Gepäck.« Und machte besser, dass ich aus der Schusslinie kam.

»Feigling!«, zischte Holly und streckte mir die Zunge raus.

Sorry, Schwester. Aber ich war nicht lebensmüde genug, mich mit Dr. Blackwood-Robertson anzulegen. Mit etwas Glück entkam ich ihrem Radar, bis es zu spät war, noch ein Kleid für mich zu finden. Ich war zwar hergekommen, um den Sommer mit meiner kleinen Schwester zu verbringen, aber eine Veranstaltung, bei der ich stundenlang über meine eigenen Füße stolpern durfte, war definitiv kein Teil dieses Plans.

Kapitel 2

Irgendetwas riss mich aus dem Schlaf. Ich schlug die Augen auf und versuchte zu verstehen, warum mein Herz auf einmal so raste. Warum nichts von Ambers leisem Schnarchen auf der anderen Seite des Zimmers zu hören war und weshalb der Mond in mein Zimmer schien, obwohl wir doch immer Jalousien vor den Fenstern hatten.

Ich tastete nach meinem Handy auf dem Nachttisch. Zwei Uhr siebenundvierzig. Keine neue Textnachricht, kein verpasster Anruf. Nichts, das erklären würde, warum ich mitten in der Nacht aufgewacht war. Der Ton war an und die Lautstärke hoch, da ich im Wohnheim nur noch mit Ohrstöpseln schlief. Wenn Leute, die in derselben Etage wohnten wie du, erst in den frühen Morgenstunden in ihre Zimmer zurückkehrten und dabei auch noch irgendwelche Songs aus den Top 100 lallten, wurden Ohrstöpsel schnell zu deinen neuen besten Freunden. Allerdings war ich nicht mehr in meinem Wohnheimzimmer, sondern zu Hause, realisierte ich langsam. In meinem Bett. Durch die offene Bauweise des Hauses mit dem Geländer und der hohen Decke im Wohnzimmer drang jedes noch so kleine Geräusch bis nach oben ins Dachgeschoss.

Ich setzte mich auf und rieb mir über die Augen, während ich lauschte. Das Haus war alt, aber selbst nach so langer Zeit der Abwesenheit sollte ich noch mit seinen Geräuschen vertraut sein, oder? Ich wollte mich gerade wieder hinlegen, als die Dielen unten knarzten. Unbewusst hielt ich den Atem an. War Holly auf der Suche nach einem Mitternachtssnack in der Küche? Stella konnte es nicht sein, sie war kurz nach meiner Ankunft zu ihrer Nachtschicht ins Krankenhaus gefahren und würde so schnell nicht zurückkehren.

Ich sollte mich wieder hinlegen und weiterschlafen, schließlich war es nur ein leises Knarren gewesen, aber meine Sinne liefen auf Hochtouren. Mein Puls hämmerte wie nach einer langen Joggingrunde, ich hatte die Ohren gespitzt und starrte in die Dunkelheit meines Zimmers. Da! Schon wieder ein kaum vernehmbares Knarzen der Dielen. Das konnte nicht nur das Haus sein, oder? Bevor ich darüber nachdenken konnte, hörte ich ein weiteres Geräusch: das Splittern von Glas. Diesmal bestand kein Zweifel daran, dass irgendjemand durchs Haus schlich.

Ich schob die Decke beiseite und stand auf. Barfuß tappte ich über den Holzboden zu meinem Kleiderschrank, der unter der Dachschräge fast die gesamte Wand einnahm. Darin lag noch immer mein alter Baseballschläger neben ein paar Schuhkartons. Ich zog ihn hervor und schlich zu meiner Zimmertür.

Meine Finger zitterten vor Anstrengung, als ich versuchte, die Tür so vorsichtig wie möglich zu öffnen, dennoch erwischte mich das vertraute Quietschen eiskalt. Großartig. Wenn sich ein Einbrecher unten durch unser Silberbesteck wühlte, wusste er spätestens jetzt, dass er nicht allein war. Mit zusammengebissenen Zähnen schob ich mich durch den Spalt und ging die Treppe hinunter.

Die Härchen an meinen Armen stellten sich auf und mir wurde bewusst, dass ich nur ein altes T-Shirt trug, das mir bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Damit gab ich sicherlich einen furchterregenden Anblick für einen potenziellen Einbrecher ab. Egal. Weiter.

Ich erreichte das erste Stockwerk und mied alle Stellen im Boden, von denen ich noch immer in schlafwandlerischer Sicherheit wusste, dass sie knarrten. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich Hollys Zimmertür. Sie war geschlossen, und es brannte kein Licht, das durch die Ritzen scheinen könnte. Da meine Schwester sogar einen Feueralarm in unserem alten Zuhause verschlafen hatte, überraschte es mich nicht, dass sie das Klirren nicht gehört hatte.

Über das Geländer spähte ich ins Wohnzimmer hinunter. Nichts. Keine Bewegung. Keine Geräusche. Keine verdächtige Gestalt, die durch das Haus schlich. Von mir selbst mal abgesehen. Das Wohnzimmer lag in unberührter Stille unter mir. Zwei Sofas vor dem Kamin, weiter hinten das Klavier, das ich seit Jahren nicht mehr angerührt hatte, und der lange Esstisch mit den hohen Stühlen. Ich streckte mich, konnte von hier oben allerdings nicht bis zur Küche sehen. Was ich aber deutlich bemerkte, war, dass nirgendwo im Haus ein Licht brannte.

Leise schlich ich weiter und steuerte die Treppe ins Erdgeschoss an. Sie begann genau dort, wo der Flur nach rechts zu Hollys Zimmer und dem Bad abging, und nach links in den unbenutzten Teil des Hauses führte. Früher einmal waren dort das Büro meines Vaters und das Zimmer meines Stiefbruders gewesen, aber das war lange her. Seitdem hatte meines Wissens nach kaum jemand mehr einen Fuß in diese Räume gesetzt. In Gedanken betete ich darum, nur paranoid zu sein. Ich wollte keinem Einbrecher begegnen, der in meiner Vorstellung wesentlich gruseliger war als die toten Menschen, die ich während meines Studiums schon gesehen hatte.

Ich war so darauf konzentriert, mich lautlos zu bewegen, dass ich keinen Gedanken daran verschwendete, dass jemand um die Ecke kommen könnte. Großer Fehler. Ich nahm die Bewegung nur aus dem Augenwinkel wahr. Instinktiv zuckte ich zurück, holte mit dem Baseballschläger aus und schlug zu. Das Holz traf auf Muskeln und Knochen und der Aufprall verursachte ein Vibrieren, das sich bis in meine Schulter zog. Ich sprang zurück, bereit, noch mal auszuholen, aber der Einbrecher packte den Schläger und hielt ihn fest.

»Fuck!«, fluchte eine tiefe Stimme. »Was soll das?«

Ich setzte bereits zu einer gepfefferten Antwort an, als mir bewusst wurde, dass ich diese Stimme kannte. Zumindest hatte ich sie schon einmal gehört und das vor nicht allzu langer Zeit. Ihr Besitzer hielt den Baseballschläger noch immer fest, trat jetzt aber einen halben Schritt näher. Und ich erkannte ihn. Trotz der Dunkelheit erkannte ich den jungen Mann vom Flughafen wieder. Dieselbe Kleidung, dasselbe Gesicht – und nicht etwa eine schwarze Kluft mitsamt Skimaske und Brechstange, wie zumindest ein kleiner Teil von mir erwartet hatte.

»Was zum …?« Meine Stimme erstarb, dafür polterte mein Herz los. »Hast du sie noch alle, mitten in der Nacht hier herumzuschleichen? Ich dachte, du wärst ein Einbrecher!«

»Bist du sicher?« Mit der freien Hand rieb er sich über seine Rippen. »So, wie sich das anfühlt, wusstest du genau, wen du verprügelst.« Er zögerte, als ich nicht reagierte. »Du erkennst mich wirklich nicht, oder?«

Mein Herz hämmerte noch immer, nur war der Grund dafür inzwischen ein anderer. In meinem Hinterkopf begann sich ein Verdacht zu formen, aber ich wollte nicht daran denken, wollte es nicht wahrhaben, weil es einfach nicht sein konnte. Es war unmöglich.

»Was ist los, Schwesterchen?« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Hast du mich inzwischen nicht nur aus deinem Leben, sondern auch aus deinem Gedächtnis verbannt?«

Nein. Einfach nein. Konnte bitte jemand die Zeit zurückdrehen? Denn ich wollte das hier nicht erleben. Nicht jetzt, nicht heute, niemals. Inzwischen hämmerte mein Herz so schnell, dass es mich nicht überrascht hätte, wenn es aus meinem Brustkorb geklettert und davongelaufen wäre. Das hätte ich ja am liebsten selbst getan. Einfach auf dem Absatz kehrtgemacht, mich wieder ins Bett gelegt und so getan, als wäre das hier niemals passiert. Als wäre nicht ausgerechnet mein Stiefbruder nach Hause zurückgekehrt. Der Mann, den ich seit sieben Jahren nicht mehr gesehen hatte. Der Mann, der meinen Vater auf dem Gewissen hatte.

»Keith …?« Ich erstickte beinahe an diesem einen Wort. Selbst ohne sein Nicken hätte ich gewusst, dass er es war. Keith Blackwood. Stellas Sohn. Ich schnappte nach Luft, doch nichts davon schien in meine Lunge dringen zu wollen. Fast so, als hätte mein Körper kurzerhand beschlossen, dass ich keinen Sauerstoff mehr zum Leben brauchte. Genauso wenig wie ein Herz. Denn das hatte Keith mir damals nicht gebrochen, sondern es herausgerissen und zugelassen, dass es gemeinsam mit meinem Vater starb.

Meine Augen begannen zu brennen, eine klare Warnung, dass mir gleich die Tränen kommen würden. Ich verfluchte mich für diese Schwäche und blinzelte mehrmals, um das Gefühl zu vertreiben. Wut hatte schon immer gut funktioniert und jetzt pochte sie in meinen Adern und drohte mich wie eine Flutwelle mitzureißen.

»Wenn ich geahnt hätte, dass ausgerechnet du hier herumschleichst, hätte ich noch fester zugeschlagen.«

Keith schnaubte leise, als hätte er mit keiner anderen Antwort gerechnet. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen.«

Ich zuckte zusammen, als wäre ich diejenige, der man mit dem Baseballschläger eins übergezogen hatte. Denn genau so fühlte es sich an, ihn hier und jetzt wiederzusehen. Wie ein Schlag aus dem Nichts, der mich mit voller Wucht erwischte. Ich konnte regelrecht spüren, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich, während ein kaltes Prickeln über meine Haut glitt, als würde sich eine Eisschicht darauf ausbreiten.

»Was machst du hier?« Irgendwie brachte ich die Worte hervor, obwohl ich das Gefühl hatte, genauso daran zu ersticken wie an seinem Namen auf meinen Lippen. Denn niemand, weder Holly noch Stella, hatte mich vorgewarnt. Keine von ihnen hatte auch nur die geringste Andeutung fallen lassen, dass ausgerechnet Keith wieder da war.

»Ich werde eine Zeit lang hier wohnen.«

Ein simpler Satz, der die Macht hatte, meine ganze Welt auf den Kopf zu stellen. Keith Blackwood wohnte hier? In meinem Elternhaus? Wieso? Er war jahrelang fort gewesen. Warum kam er ausgerechnet jetzt zurück?

Ein Bild flackerte vor meinem inneren Auge auf. Weiße Wände, weiße Bettwäsche und dunkelblaue Vorhänge, die zugezogen waren. Ein Strauß bunter Blumen. Die Deckenlampe spendete grelles Neonlicht und vom Flur her drangen Geräusche herein. Schritte. Gedämpfte Stimmen. Die scharrenden Rollen eines Bettes, das durch die Gänge geschoben wurde. Das Klingeln eines Fahrstuhls, als sich die Türen öffneten. Das gleichmäßige Piepen der Geräte direkt neben mir. Nichts von alledem schien zusammenzupassen. Erst der Geruch nach Desinfektionsmitteln, Gummihandschuhen und kranken Menschen machte mir deutlich, wo ich mich befand. Und ein fünfzehnjähriger Keith, der in der Tür zu meinem Zimmer stand.

Er hatte ein dickes Pflaster am Kopf und einen Kratzer an der Wange. Seine Arme waren verbunden, aber nicht eingegipst. Er lehnte am Türrahmen, als würde es ihn zu viel Kraft kosten, aufrecht zu stehen. Als wäre sein Körper nicht stark genug, ihn zu halten – oder als würden die Schuldgefühle ihn niederdrücken.

Ein Blick in sein Gesicht genügte, um die tiefe Trauer in seinen braunen Augen zu sehen und zu wissen, was passiert war. Der Fahrunterricht mit Dad. Seine mahnenden Worte, dass Keith nicht so schnell fahren sollte. Die SMS, die ich auf meinem Handy an Faye tippte. Dann war da nur noch Leere. Ein schwarzes Loch, das all meine Erinnerungen in sich aufgesogen hatte. Ich wusste nicht mehr, wie oder wo es geschehen war. Doch als Keith mich so ansah, da wusste ich, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Er sagte nichts, gab mir keine Erklärungen, keine tröstenden Worte, sondern hüllte sich in ein Schweigen, das mehr schmerzte, als jedes Wort aus seinem Mund es je gekonnt hätte. Und in diesem Moment wurde aus dem Jungen, an den ich mein Herz verloren hatte, die Person, die ich am meisten hasste.

Ruckartig holte ich mich in die Gegenwart zurück. Eine Gegenwart, in der ich vor dem Menschen stand, von dem ich geglaubt hatte, ihn nie wieder sehen zu müssen. Kurz nach dem Unfall war er gegangen. Ohne Abschied. Ohne ein Wort der Erklärung. Ohne eine Entschuldigung. Einfach so. Er war nicht einmal auf Dads Beerdigung erschienen. Und jetzt tauchte er genauso unangekündigt wieder auf? Warum? Was in Gottes Namen ließ ihn glauben, er wäre hier willkommen?

»Du wohnst hier?«, wiederholte ich ungläubig und riss den Baseballschläger wieder an mich. Es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, nicht erneut auszuholen und ihn aus dem Haus zu prügeln. Verdient hätte er es. Das und noch so viel mehr. »Seit wann? Wie bist du überhaupt reingekommen?«

»Ich war vorhin bei Mom im Krankenhaus. Sie hat mir einen Schlüssel gegeben«, antwortete er ruhig. Doch damit warf er nur weitere Fragen auf.

Stella hatte davon gewusst? Also war das hier kein Überraschungsbesuch, sondern ein geplanter? Und sie hatte es Holly und mir einfach verschwiegen? Denn ich war mir sicher, dass meine kleine Schwester genauso ahnungslos war wie ich. Dieses Mädchen konnte kein Geheimnis für sich behalten, schon gar keines, bei dem es um den unangekündigten Besuch unseres Stiefbruders ging.

Stella schon. Sie hatte nicht mal mit der Wimper gezuckt, als sie mich heute umarmt hatte. Hatte sie Keith genauso warmherzig willkommen geheißen? Als wäre nichts geschehen? Als würde sie nicht wieder den Menschen in unser Leben, in unser Haus lassen, der unsere Familie zerstört hatte?

»Keine Panik«, murmelte er. »Du wirst mich schneller wieder los, als du Hau ab sagen kannst.«

»Ich würde nie Hau ab sagen, sondern Fahr zur Hölle!«

»Klar.« Er sah mich ausdruckslos an. Zynismus tränkte seine nächsten Worte. »Ich bin nur hier, bis ich etwas Eigenes gefunden habe.«

Es ergab noch immer keinen Sinn. Warum jetzt? Warum hielt er es nach sieben Jahren für nötig, zurückzukommen? Um Buße zu tun? Dafür war es zu spät. Er konnte nicht ernsthaft glauben, dass die Leute hier vergessen hatten, was er getan hatte. Ich hatte es definitiv nicht, und das würde ich auch nie. Der Unfall selbst mochte durch die Gehirnerschütterung aus meinem Gedächtnis gelöscht worden sein, aber ich würde immer wissen, was dazu geführt hatte. Wer die Schuld daran trug. Und wer hinterher feige abgehauen war, statt sich den Folgen seiner Taten zu stellen. Ich war so wütend auf Keith gewesen, aber als ich endlich aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war er nicht mehr da gewesen. Wo sollte ich hin mit meinem Hass? Ich konnte ihn nicht auf jemanden richten, der nicht da war. Und wie sollte man trauern, wenn der Schuldige ungestraft davongekommen war?

Im Laufe der Zeit wurde der Schmerz dumpfer. Ich war erwachsen geworden und sicher gewesen, diese Sache überwunden zu haben. Doch jetzt kehrte alles mit einem Schlag zurück. Die Wut. Der Hass. Die Verzweiflung. All das legte sich wie ein tonnenschweres Gewicht auf meine Brust, bis ich das Gefühl hatte, darunter zu zerbrechen. Und Keith stand einfach nur da und musterte mich, als wäre nichts passiert. Als würde sein Auftauchen kein heilloses Chaos in meiner Welt auslösen.

Sekundenlang konnte ich ihn nur anstarren. Fassungslos, dass das hier wirklich geschah, während ein kleiner Teil in mir noch immer darauf hoffte, dass ich es nur träumte. Der Junge, den ich gekannt hatte, war verschwunden, und an seine Stelle war ein Mann getreten. Die Jahre hatten ihn verändert. Sein Gesicht war ernster geworden, die Konturen härter. In der Dunkelheit um uns herum war das nicht so deutlich auszumachen, aber ich erinnerte mich noch gut an unsere Begegnung heute Nachmittag. An den Ausdruck in seinen braunen Augen, den Armeerucksack … und wie ich ihn angelächelt hatte. Wie ich mich blamiert und darauf gehofft hatte, dass er mir seine Nummer gab.

Oh Gott. Vielleicht sollte ich mir selbst eins mit dem Baseballschläger überziehen, denn ich war offensichtlich nicht mehr bei Verstand. War ich wirklich kurz davor gewesen, mit meinem Stiefbruder zu flirten? Mit der Person, die ich am allermeisten hasste? Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Oder fluchen. Fluchen war immer gut.

»Am Flughafen …«, begann ich zögerlich, denn mit einem Mal tauchten all die Details auf, die mir zuvor nicht aufgefallen waren. Die Art, wie er mich angesehen und wie er gelächelt hatte, selbstbewusst, aber gleichzeitig auch unsicher, als wüsste er nicht so recht, was er von mir halten sollte. »Du wusstest, dass ich es bin, oder?«

Bitte sag Nein. Bitte sag Nein. Bitte sag …

»Ja.«

Ich schloss die Augen. Jede noch so kleine Hoffnung, von der ich nicht einmal geahnt hatte, dass ich sie gehegt hatte, erstarb mit diesem einen Wort. Er hatte gewusst, wer vor ihm stand. Und ich hatte mich auch noch bei ihm bedankt. Aber wie hätte ich denn ahnen können, wen ich da vor mir hatte? Ich hatte Keith schließlich sieben Jahre lang nicht mehr gesehen.

Hitze schoss mir in die Wangen, als sich Wut und Scham einen erbitterten Kampf lieferten.

»Keine Sorge.« Ich riss die Augen gerade rechtzeitig wieder auf, um das spöttische Lächeln zu sehen, das seine Lippen umspielte. »Ich verrate keinem, dass du ganz hin und weg warst.«

»Du bist …«, begann ich, ohne zu wissen, mit welcher Beleidigung mein Satz enden würde.

»Einnehmend?«, schlug er vor. »Faszinierend? Unwiderstehlich?«

Es gab tatsächlich Leute, die glaubten, dass Menschen sich ändern konnten. Ich gehörte nicht dazu, und in diesem Moment bewies mir Keith, wie recht ich damit hatte. Er hatte sich kein Stück verändert. Er provozierte mich noch genau wie früher, nur, dass er es jetzt in dem Wissen tat, was er angerichtet hatte. Und so fühlte sich jedes Wort, das seinen Mund verließ, wie eine Klinge an, die sich in meine Brust bohrte. Kein schlichtes Küchenmesser, sondern ein Skalpell, das er mit grausamer Präzision genau dort ansetzte, wo es am meisten schmerzte.

»Unerträglich«, stieß ich hervor. »Genau wie früher.«

Bevor er etwas darauf erwidern oder ich etwas tun konnte, das ich hinterher vielleicht bereuen würde, machte ich auf dem Absatz kehrt und ließ ihn stehen.

Das Blut rauschte in meinen Ohren, und meine Knie zitterten, als ich davonstapfte. Vermutlich grenzte es an ein Wunder, dass ich überhaupt einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Das letzte Mal, dass ich mich so gefühlt hatte, war der Moment gewesen, in dem ich von Dads Tod erfahren hatte. Als hätte mich jemand aus meiner vertrauten Umgebung gerissen und in eine neue Wirklichkeit hineingeworfen. Eine Wirklichkeit, die so wenig mit meiner eigenen zu tun hatte, dass ich alles dafür gegeben hätte, sie wieder zurückzutauschen. Aber es gab nichts, das ich hätte tun können. Weder damals noch heute. Es war nicht Trauer oder Hass, der einen Menschen zerstören konnte. Es war Hilflosigkeit.

In meinem Zimmer angekommen, warf ich den Baseballschläger zurück in den Schrank und ging wieder ins Bett. Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Die Stille um mich herum war genauso erdrückend wie die Fragen, die immer wieder in meinem Kopf auftauchten. Dazu kam das Wissen, dass Keith unter demselben Dach schlief. Alles in mir sträubte sich gegen diese Vorstellung, und am liebsten wäre ich aufgesprungen, hätte meine wenigen Sachen gepackt und wäre zurück zum Campus gefahren. Aber ich hatte Holly versprochen, den Sommer mit ihr zu verbringen.

Nur aus diesem Grund blieb ich liegen und zwang mich dazu, die Augen zu schließen. Ich war für meine kleine Schwester hergekommen, und für sie würde ich auch bleiben. Selbst wenn das bedeutete, dass ich mich eine Zeit lang mit meinem Stiefbruder arrangieren musste.

Die Geräusche, die mich am nächsten Morgen weckten, waren fremd und vertraut zugleich. Ich war das Summen der Stimmen im Wohnheim gewöhnt, das leise Schnarchen meiner Mitbewohnerin Amber, die trippelnden Schritte in den Gängen und das Klappern von Besteck in der Gemeinschaftsküche. Hier hörte ich zum ersten Mal wieder das Zwitschern der Vögel, dicht gefolgt vom unverkennbaren Brummen eines Rasenmähers. Offenbar machte sich Mr Perkins von nebenan noch immer um Punkt neun Uhr an die Gartenarbeit – völlig egal zu welcher Jahreszeit.

Ich drehte mich auf den Rücken und schlug die Augen auf. Einen seligen Moment lang war ich wieder das Kind, das gerade erst mit seinem Vater und seiner Schwester hier eingezogen war. Das Haus war riesig und der Garten mit seinen vielen Bäumen und Sträuchern magisch. Jeden Sommer hatten Holly und ich die bunten Blüten der Wunderblumen gezählt, die Stella rund um die Veranda angepflanzt hatte. Diejenige, die mit ihrer Schätzung am nächsten dran lag, gewann. Irgendwie hatte Holly es immer geschafft, mich darin zu schlagen, aber Mathematik war noch nie meine Stärke gewesen.

Meine Gedanken wanderten zurück zu Nachmittagen, die mit Lachen und Sonnenschein gefüllt waren, mit Grasflecken auf meiner Hose und dem Geruch von selbst gemachter Limonade, während Dad uns mit einem Lächeln im Gesicht beim Spielen im Garten beobachtete. Dad …

Mit einem Blinzeln war ich zurück in der Gegenwart und setzte mich auf. Etwas Warmes lief mir über das Gesicht. Überrascht wischte ich mir die Tränen von den Wangen. Es war eine Ewigkeit her, seit ich zuletzt so an meinen Vater gedacht hatte. Für einen winzigen Augenblick war die Welt in Ordnung gewesen, doch jetzt hatte mich die Realität wieder. Dad war nicht mehr bei uns. Dafür hatte die Person gesorgt, die gestern Nacht so unerwünscht wieder aufgetaucht war. Wie hatte Stella das nur zulassen können? Wie hatte sie das vor Holly und mir verheimlichen können?

Ich schob die Bettdecke beiseite, stand auf und fuhr mir mit allen zehn Fingern durch das Haar. Keine Ahnung, wie Amber es immer schaffte, genauso geordnet und gebürstet aufzuwachen, wie sie schlafen gegangen war, während ich morgens so aussah, als hätte ich in eine Steckdose gegriffen. Noch in meinem Schlaf-T-Shirt machte ich mich auf den Weg nach unten. Der Nachteil daran, unter dem Dach zu wohnen – abgesehen von der Hitze, die sich hier oben staute –, war der, dass ich jedes Mal nach unten in den ersten Stock gehen musste, wenn ich ins Badezimmer wollte. Früher hatte mich das nicht gestört, genau genommen war Treppensteigen sogar mein tägliches Work-out gewesen.

Kaum dass ich die Badezimmertür erreicht hatte, sprang sie bereits auf, und meine Schwester tänzelte heraus. Natürlich. Sie war die Einzige, mit der ich mir das Badezimmer teilen musste, da Stella im Erdgeschoss ihr eigenes Reich hatte.

Ich verzog das Gesicht, als Holly mich anstrahlte. Sie wirkte ekelhaft ausgeschlafen und gut gelaunt, aber sie war schon immer der frühe Vogel von uns gewesen.

»Guten Morgen!«, zwitscherte sie.

»Morgen …«, murmelte ich und schob mich an ihr vorbei. Solange ich kaum die Augen aufbekam, konnte ich noch keine zivilisierten Konversationen führen.

Natürlich war das Holly völlig egal. Sie lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete mich dabei, wie ich mir das Gesicht wusch und nach meiner Zahnbürste griff.

»Hast du gut geschlafen? Wie war die erste Nacht zu Hause?«

»Schuper«, nuschelte ich, den Mund voller Zahnpasta. »Ischabe uscheren Schiefuder ür einen Einescher gealten.«

»Was?«

Ich spülte mir den Mund aus und richtete mich wieder auf. »Ich sagte, ich habe unseren Stiefbruder für einen Einbrecher gehalten und ihn mit dem Baseballschläger verprügelt.«

Holly starrte mich mit offenem Mund an, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. »Nicht dein Ernst! Wirklich? Wie konnte ich das verschlafen?«

Um ehrlich zu sein, war ich froh, dass sie nichts davon mitbekommen hatte. Möglicherweise wäre sie sonst Zeugin eines Mordes geworden, und das hätte die Dinge nur unnötig verkompliziert. Stumm wedelte ich mit der Hand. Holly verstand den Wink und zog die Tür hinter sich zu, als sie das Badezimmer verließ. Mehrere Sekunden lang betrachtete ich mein Spiegelbild über dem Waschbecken. Die Ringe unter meinen Augen waren ein deutliches Symptom von zu wenig Kaffee. Nein, das war gelogen. Sie waren ein Symptom von zu wenig Schlaf, aber da das leider nicht infrage kam, gab ich mich mit der zweitbesten Möglichkeit zufrieden. Seufzend wandte ich mich ab und begann etwas dagegen zu unternehmen, dass ich wie ein Zombie aussah.

Als ich das Bad rund zehn Minuten später wieder verließ, stand Holly noch immer neben der Tür.

»Ich will alles wissen«, sprudelte es aus ihr hervor, während wir Seite an Seite die Treppe hinuntergingen. »Brauchst du ein Alibi? Oder lebt Keith noch?«

»Er ist …«, begann ich, hielt dann jedoch abrupt inne. Vorhin war ich zu müde gewesen, um es zu bemerken, doch jetzt sprang mich dieses Detail förmlich an. »Moment mal. Wieso bist du nicht überrascht, dass er wieder hier ist?«

»Ähm … also …« Hollys Blick wanderte hektisch hin und her.

Nein … Das konnte nicht sein. Oder?

»Du wusstest davon?«

»Also, ich … Nein, natürlich nicht!« Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr Pferdeschwanz hin- und herschwang.

Ich bedachte sie mit meinem besten bohrenden Blick. Es dauerte keine zwei Sekunden und sie gab nach.

»Okay, ist ja gut. Ich wusste, dass er irgendwann die Tage hier auftaucht. Ist das so schlimm?«

Wie bitte? Einen Moment lang konnte ich nichts anderes tun, als sie fassungslos anzustarren. Dann kam wieder Leben in mich, so schnell und unaufhaltsam wie ein peitschender Sturm.

»Gegenfrage: Warum wusste ich nichts davon?«

»Wenn wir es dir gesagt hätten, wärst du doch niemals nach Hause gekommen. Schon gar nicht den ganzen Sommer über.« Hollys Stimme hatte einen fast schon flehenden Ton angenommen.

Damit hatte sie recht, aber das machte es nicht besser. Nicht nur Stella hatte mich angelogen, sondern auch Holly. Ausgerechnet Holly …

»Also habt ihr einfach beschlossen, es vor mir geheim zu halten?«, zischte ich und stieß die Küchentür mit mehr Gewalt als nötig auf. »Newsflash! Früher oder später hätte ich bemerkt, dass er hier ist.«

»Er hat einen Namen.«

Ich blieb so plötzlich stehen, dass Holly gegen meinen Rücken prallte.

»Hey, was …«, murmelte sie, dicht gefolgt von einem überraschten »Oh«, als sie an mir vorbeilugte. Zu meinem Entsetzen hellte sich ihre Miene auf und ehrliche Freude spiegelte sich darin wider. »Keith!«

Jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte sich, während ich Holly dabei zusah, wie sie Keith umarmte, als wäre er der verlorene Sohn, der nach Hause zurückgekehrt war. Aber das war er nicht. Das würde er nie sein.

Er lächelte, als er sich von Holly löste und ihr durch das Haar wuschelte, wie es nur große Brüder konnten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. »Siehst du? Sie hat mich sofort erkannt.«

Mein erster Impuls war es, seinem Blick auszuweichen. Stattdessen bohrte ich die Fingernägel in meine Handflächen und hielt ihm stand.

»Ist ja auch nicht schwer, wenn du am helllichten Tag in unserer Küche stehst.«

Er zog eine Augenbraue in die Höhe. »Anders als am helllichten Tag auf einem Flughafen, meinst du?«

Ich funkelte ihn an, erwiderte jedoch nichts darauf.

Letzte Nacht hatte ich nur wenig von Keith erkennen können, an diesem Morgen dafür umso mehr. Im Gegensatz zu mir war er in Jeans und einem schwarzen T-Shirt, das seine breiten Schultern betonte, bereits vollständig angezogen. Hatte er gestern am Flughafen noch einen Bartschatten getragen, der wahrscheinlich von der Reise herrührte, hatte er heute ganz darauf verzichtet, sich zu rasieren. Der Zweitagebart verlieh ihm einen verwegenen Ausdruck, der zusammen mit dem Funkeln in seinen braunen Augen eine tödliche Kombination war. Mit dem Bart wirkte er so wenig wie der Junge von früher und so sehr wie der nette Kerl, der mir mit meinem Gepäck geholfen hatte, dass sich etwas in meinem Bauch zusammenzog. Gleichzeitig war es mir unbegreiflich, wie ich ihn nicht hatte wiedererkennen können. Sicher, sieben Jahre waren eine lange Zeit und er hatte sich vom schlaksigen Teenager zum Mann entwickelt. Mit langen Beinen und starken Oberarmen, die von regelmäßigem Training oder körperlicher Arbeit zeugten. Trotzdem sah ich nun so viel von dem Jungen von früher in ihm.

Das verwuschelte schwarze Haar. Der herausfordernde Blick. Das Muttermal an seinem Hals und die kleine Narbe an seinem Unterkiefer. Der Mund mit der volleren Unterlippe …

Zwei, drei Sekunden lang hielt ich seinen Blick fest, dann wandte ich mich ab. Meine Haut brannte, als ich meine zu Fäusten geballten Hände löste, um die Kühlschranktür zu öffnen.

»Ach, komm schon«, stichelte er weiter. »Du kannst ruhig zugeben, dass es dir lieber gewesen wäre, wenn du mich sofort erkannt hättest.«

»Wozu?«, murmelte ich und holte eine Flasche Milch heraus, bevor ich die Kühlschranktür mit Nachdruck schloss, um das Zittern meiner Finger zu verbergen. »Damit ich ganz bewusst in den Genuss deiner liebreizenden Gesellschaft kommen kann? Nein, danke, ich verzichte.«

»Du weißt ja nicht, was dir entgeht.«

»Haargel, flache Witze und aufgesetzter Charme?«

Ein verräterischer Laut kam aus Hollys Richtung, aber sie überspielte ihn mit einem Husten und setzte sich an den gedeckten Frühstückstisch.

Keith warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Das habe ich gehört.«

Sie strahlte ihn an. »Es ist so schön, euch beide wieder hier zu haben. Ehrlich, mir haben die Streitereien und das Türenknallen total gefehlt. In den letzten Jahren war es viel zu friedlich und idyllisch.«

Für sie vielleicht. Damals hatte Holly sich noch darüber amüsieren können, wenn Keith und ich uns wegen irgendetwas stritten, denn meistens war sie als Gewinnerin aus diesen Situationen hervorgegangen. Dabei waren es meist nur Kleinigkeiten gewesen. Wer das letzte Stück Kuchen haben durfte. Wer als Nächstes an der Konsole spielen durfte. Laute Musik, mit der Keith und ich uns gegenseitig terrorisierten, bis Stella den Strom ausgeschaltet und damit gedroht hatte, uns unsere Musikanlagen wegzunehmen, wenn wir uns nicht auf eine normale Lautstärke einigen konnten.

Es gab so viele dieser Momente, die abgesehen von Holly keiner vermisst hatte. Genauso wenig wie Keith selbst.

Ich schnaubte leise. Wenn es nach mir ginge, würde ich so wenig Zeit wie möglich am selben Ort wie diese Person verbringen. Zum Teufel, könnte ich es mir aussuchen, würden wir nicht einmal dieselbe Luft atmen.

»Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen, Calliope?« Wie aufs Stichwort legte Keith es ein weiteres Mal darauf an. Gab es diesem Kerl irgendeinen Kick, mich zu provozieren? War das wie ein Energydrink, der ihn durch den Tag brachte?

Nun, wenn das der Fall war, würde ich ihm nicht die Genugtuung gönnen, klein beizugeben.

»Niemand nennt mich so.« Selbst wenn er jahrelang weg gewesen war, sollte er noch wissen, wie sehr ich es hasste, wenn mich jemand bei meinem vollen Namen rief. Dad war der Einzige, der das bei Holly und mir getan hatte. Calliope und Thalia. Doch diese Namen waren zusammen mit ihm gestorben.

Und es war Keiths Schuld, dass mein Vater jetzt nicht bei uns sitzen, einen seiner üblichen Scherze machen und die Zeitung lesen konnte, bevor er zur Arbeit ins Krankenhaus fuhr. Die Vorstellung zog sich wie eine glühende Nadel durch mein Innerstes. Ich musste mich an meiner Kaffeetasse festklammern, um Keith den Inhalt nicht ins Gesicht zu schütten.

Als würde sie genau spüren, wie die Stimmung im Raum zu kippen drohte, räusperte sich Holly. »Wir sollten in die Stadt fahren.« Sie deutete mit ihrer Gabel auf mich. »Du brauchst noch ein Kleid. Glaub nicht, dass Mom dich vom Haken lässt, nur weil du so selten da bist. Und du«, wandte sie sich an Keith, »brauchst einen Smoking.«

Eine Einkaufstortur war schon schlimm genug – aber eine, bei der ausgerechnet Keith dabei war? Nur über meine Leiche. Besser gesagt: Nur über seine Leiche, denn genau darauf würde es hinauslaufen.

»Nicht nötig«, widersprach Keith sofort. »Ich borge mir einen aus. Macht ihr euren Mädelstag.«

Hollys Miene wechselte von einem Stirnrunzeln zu ehrlicher Begeisterung. »Gute Idee! Das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht, Callie. Erst das Kleid, dann gehen wir zur Maniküre und am besten auch gleich zum Friseur. Oh, und die richtigen Schuhe müssen wir auch noch für dich finden.«

Der Hauch von Erleichterung, den ich gerade empfunden hatte, verflüchtigte sich wieder. In solchen Momenten zweifelte ich daran, dass Holly und ich tatsächlich Schwestern waren – es kam mir wesentlich wahrscheinlicher vor, dass eine von uns im Krankenhaus vertauscht worden war. Denn was sie als Spaß bezeichnete, war für mich eine Qual. Trotzdem würde ich lieber zehn Shoppingtouren durchstehen und zum Abschluss mit einem Glas Tequila in einen Vulkan springen, als noch länger im selben Raum zu bleiben wie Keith.

»Klar.« Ich warf ihr ein bemühtes Lächeln zu. »Gib mir zehn Minuten.« Eine, um den Kaffee hinunterzustürzen, und neun, um mich anzuziehen und fertig zu machen, damit wir das Haus so schnell wie möglich verlassen konnten. Und Keith Blackwood meilenweit hinter uns ließen.

Kapitel 3

Kein Lebenszeichen von dir zu bekommen, heißt, dir hat die Playlist gefallen. Oder?

Ich starrte auf die Textnachricht auf meinem Handy und überlegte ernsthaft, Parker noch länger schmoren zu lassen. Immerhin hatte er meinen iPod mit Girlie- und Herzschmerzmusik überladen und mich den ganzen Flug über damit terrorisiert.

Wenn du mich damit quälen wolltest, hast du dein Ziel erreicht.

Ich schickte meine Nachricht ohne jedes Emoji ab. Diese Dinger waren der Teufel. Wie um das zu bestätigen, antwortete Parker mit einer ganzen Reihe davon. Grinsende und lachende Smileys, Herzchen, Musiknoten, einer strahlenden Sonne und anderen Motiven, von denen ich nicht einmal erkannte, was genau sie darstellen sollten.

»Wem textest du?« Mitten in der Boutique stellte sich Holly auf die Zehenspitzen und spähte über meine Schulter.

»Parker.« Die beiden hatten sich letztes Jahr kennengelernt, als Holly mich für ein Wochenende am College besucht hatte. Nur mit Mühe hatte ich sie davon abhalten können, sich auf eine Studentenparty zu schleichen, weil sie unbedingt mal auf einer Bar tanzen wollte.