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Als die Journalistin Eva Smith und der erfolgreiche Investor Liam Benett sich vor drei Jahren kennenlernten, endete dieses Aufeinandertreffen in einer Katastrophe. Bis auf ihren Freundeskreis und der gegenseitigen Abneigung scheinen Eva und der frauenverachtende Liam keine Gemeinsamkeiten zu haben. Dennoch entwickelt sich im Laufe der Zeit unerwartet eine tiefe Freundschaft. Doch ist es wirklich nur Freundschaft, wenn man sich jeden Tag sehen will? Wenn der Puls in Gegenwart des anderen steigt und die Haut unter Berührungen beginnt, zu brennen? Gibt es Liebe auf den zweiten Blick überhaupt und wenn ja, ist sie es wert, dafür die Freundschaft zu opfern? Als wäre das nicht genug, hütet Liam ein vernichtendes Geheimnis, das er nicht einmal Eva anvertrauen kann. Oder doch? Enthält explizit beschriebene Erotikszenen. Finding trust ist KEIN Fortsetzungsroman von Dark side of trust. Beide Bücher sind unabhängig voneinander lesbar. Sollten jedoch beide gelesen werden, ist es von Vorteil, Dark side of trust vor Finding trust zu lesen, da es sich hier um ein Spin-off handelt und Spoiler enthalten sein können.
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Impressum
Widmung
Vorwort
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Epilog
Danke
Bücher von Mia B. Meyers
Erstauflage Mai2016
Copyright © 2016
Mia B. Meyers
c/o Papyrus Autoren-Club
Pettenkofer Str. 16-18
10247 Berlin
E-Mail: [email protected]
www.miabmeyers.com
Facebook Autorenseite: Mia B. Meyers Autorin
Covergestaltung: Casandra Krammer
Covermotiv: Shutterstock.com
Korrektorat: sks-heinen.de
Alle Rechte vorbehalten!
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung
der Autorin.
Personen und Handlungen dieser Geschichte sind frei erfunden.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen, Orten oder Ereignissen sind zufällig und unbeabsichtigt.
Markennamen, die genannt werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.
Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung korrigiert.
Für meine Leser,
ohne die ich nie den Mut hätte weiterzumachen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
um einer eventuellen Enttäuschung vorzubeugen, möchte ich dich an dieser Stelle vorwarnen.
Vermutlich wird meine männliche Hauptfigur sich stellenweise sehr speziell ausdrücken. Er liebt klare Worte, zu denen auch der ein oder andere Kraftausdruck gehört.
Und ja, er ist so, obwohl er Anfang dreißig und Mitinhaber einer großen Firma ist. Er ist eine fiktionale Figur und darf es somit. Darüber hinaus, wer weiß schon, wie die oberen Zehntausend wirklich miteinander reden?!
Sollte schon dieses Vorwort nicht deinem Geschmack entsprechen, wird es leider auch der Rest nicht tun. Das würde ich zwar sehr bedauern, aber Geschmäcker sind nun einmal verschieden.
In diesem Fall muss ich mich an dieser Stelle leider von dir verabschieden. Ansonsten wünsche ich dir ganz viel Spaß beim Lesen und hoffe sehr, dass es dir gefallenwird.
DeineMia
Fast drei Jahre zuvor
Heute treffe ich mich mit meiner besten Freundin Isa und ihrer großen Liebe Aiden, um ihn näher kennenzulernen. Die beiden haben sich auf einer Hoteleröffnung kennengelernt, auf die ich Isa vor ein paar Wochen mitgeschleppt habe und bei der seine Firma seinerzeit Hauptinvestor war. Da ich als Journalistin anwesend war, ist mir Aiden und die Firma Stone & Benett Investment, die er zusammen mit seinem Bruder Liam führt, natürlich ein Begriff, doch von wirklichem Kennen kann noch keine Redesein.
An der Bar im Cold Coast angekommen, frage ich mich kurz, ob meine knappen Jeansshorts, die Riemchensandalen und das einfache schwarze Top für diese Art von Bar angemessen sind. Da es jetzt aber ohnehin zu spät ist, verwerfe ich den Gedanken wieder.
Noch im Eingang stehend, lasse ich meinen Blick über die Gesichter der anderen Gäste wandern und schnappe ein paar der Blicke auf. Verlegen zupfe ich am Bund meiner vielleicht doch zu kurzen Shorts. BravoEva.
Endlich sehe ich Isa und Aiden, die gerade dabei sind, sich hinzusetzen, und gehe zu ihnen.
Während Isa mich zur Begrüßung in den Arm nimmt, flüstert sie mir zu, dass sich wieder einmal alle Männer nach mir umdrehen würden. Ja genau, weil sie meinen Aufzug so unmöglich finden. Isa meint hingegen, ich wäre mit meinen langen Beinen und den blonden Locken ein Männertyp. Komisch nur, dass ich dann keinenhabe.
Sie stellt Aiden und mich einander vor und teilt mir mit, dass auch sein Bruder Liam noch zu uns stoßen wird. Nachdem wir uns etwas zu trinken bestellt haben, entschuldige ich mich auf die Toilette, um mich frisch zu machen.
Als ich den Gastraum der Bar wieder betrete, sehe ich Andrew, den Mann einer Arbeitskollegin, an der Bar stehen und gehe kurz zu ihm, um »Hallo« zu sagen. Im Verlauf unserer Unterhaltung blicke ich flüchtig zu dem Tisch, an dem Isa und Aiden sitzen, und blinzle ungläubig. WOW …
Ein Blick reicht aus, um den Mann, der dort bei ihnen am Tisch sitzt, als Liam Benett zu identifizieren. Ich kenne ihn von den Fotos, die ich bei meiner Recherche über die Firma im Internet gesehen habe, und doch werden ihm diese nicht im Geringsten gerecht.
Seine Größe kann ich nur erahnen, doch ich schätze ihn auf mindestens eins fünfundachtzig. Die Ärmel seines weißen Hemdes hat er akkurat hochgekrempelt, was mir einen Blick auf seine definierten, leicht gebräunten Unterarme ermöglicht. Je nachdem wie er sich auf dem Stuhl bewegt, spannt sich das Hemd um seine Oberarme und das breite Kreuz.
Da er seitlich zu mir sitzt, kann ich sein Gesicht mit dem kantigen Kiefer und der geraden Nase nur im Profil erkennen. Seine vollen Lippen sind zu einem atemberaubenden Lachen verzogen und seine blonden, leicht verstrubbelten Haare trägt er am Oberkopf etwas länger als an den Seiten.
»Oder was meinstdu?«
Völlig in diesen Anblick versunken, schüttle ich meinen Kopf, um mich zu sammeln, und wende mich wieder Andrew zu. Was hat er gesagt?
»Äh, ja richtig.« Andrew nickt zufrieden, demnach ist meine Antwort wohl ausreichend. Noch einmal sehe ich zu Liam herüber, treffe auf seinen Blick und bin restlos fasziniert. Für einen Moment nehme ich nur noch ihn und diese unglaublichen eisblauen Augen wahr, die geradezu in seinem Gesicht zu strahlen scheinen.
Mit wild klopfendem Herzen verabschiede ich mich von Andrew und gehe mit meinem hoffentlich schönsten Lächeln auf den Tisch zu, an dem Liam mit Isa und Aiden sitzt. Zwanghaft überlege ich, was ich als Erstes sagen könnte, als er von seinem Stuhl aufspringt und mir zuvorkommt.
»Endlich mal eine, die weiß, wie es läuft. Wollen wir gleich los, oder muss ich dir vorher noch einen ausgeben?«
Erschrocken erstarre ich mitten in der Bewegung, zucke zurück und frage mich, ob das ein Witz sein soll. Stirnrunzelnd sehe ich zuerst Isa an, die mit rotem Gesicht neben Liam steht, und dann zu Aiden, der sich offenbar köstlich amüsiert und sich dabei hinter der Speisekarte versteckt. Was sind das denn für Idioten? Wieder Liam zugewandt, der, wie es scheint, auf eine Antwort wartet, rutscht mir das fassungslose »Wie bitte?« eher ungewollt heraus.
Bevor er für eine Erwiderung Luft holen kann, springt Isa zwischen uns und stellt uns einander vor. Offensichtlich hatte Liam bis eben gerade keine Ahnung, dass ich Eva bin, doch anstatt sich förmlich zu entschuldigen, sieht er schockiert zu Aiden, der inzwischen hinter seiner Karte hervorgekrochenist.
»Das ist Eva? Bedeutet das jetzt, ich muss mir ’ne andere zum Furchedurchackern suchen?«
Ich spüre förmlich, wie mir alles aus dem Gesicht fällt. Wie in diesen Cartoons, in denen den Figuren scherbenweise das Gesicht auseinanderfällt.
»Isa. Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?« Fassungslos, dass sie mir so ein Chauvi-Arschloch überhaupt vorstellen will, warte ich auf ihre Antwort, die nicht kommt. Stattdessen antwortet dieses Etwas vonLiam.
»Reg dich ab, für einen guten Tittenfick sind Titt und Tott hier ohnehin zu klein.«
Mit Schnappatmung im Anfangsstadium nehme ich meine Handtasche von der Bank und halte sie mir schützend vor meine Brüste. Länger als angemessen klebt der Widerling mit seinen Augen daran, was mir eine unangenehme Gänsehaut über den Rückenjagt.
»Eva, bitte bleib hier. Liam hat nur einen blöden Spaß gemacht. Bitte.«
Da Aiden auf Liam einredet und mich ebenfalls bittet zu bleiben, setze ich mich schlussendlich – wenn auch missmutig – zu ihnen an den Tisch. Doch Liam braucht keine halbe Stunde, um mich genau das bereuen zu lassen. Wo haben sie den denn bitte rausgelassen?
Das Schlimmste ist, dass Isa seine dümmlichen Kommentare auch noch witzig zu finden scheint. Er bewertet die Frauen – Verzeihung: Schlunzen – in der Bar wie ein Auktionator bei der Pferdeauktion und wir, oder besser gesagt ich, bin genötigt, mir anzuhören, welche von ihnen seines Bestrafers würdig wäre. Was für ein armseliges, frauenverachtendes Würstchen.
Angewidert versuche ich, das, was er sagt, auszublenden, auch wenn ich leider zugeben muss, dass seine tiefe und irgendwie sinnliche Stimme mir durch und durch geht. Sowohl diese als auch sein Äußeres sind zum Niederknien. Wenn ich bedenke, wie sehr allein sein Anblick meinen Puls vorhin in die Höhe gejagt hat und wie sehr sein erster Satz mich dann auf den Boden der Realität hat aufschlagen lassen. Nein, selbst der schönste Mann verliert alles an Attraktivität, wenn er den Charakter einer Klowandhat.
Als wir endlich aufbrechen und uns vor der Bar verabschieden, atme ich erleichtert aus und sehe desinteressiert auf Liams Hand hinab, die er mir entgegenstreckt.
»Auf Wiedersehen, Eva. Es hat mich gefreut.«
Mit nach oben gezogenen Augenbrauen ignoriere ich seine Hand bewusst, die er augenblicklich zurückzieht und beide Hände in die Hosentaschen schiebt.
»Ich hoffe doch sehr, dass es ein Wiedersehen nicht gebenwird.«
Lachend wirft er seinen Kopf in den Nacken und entblößt eine Reihe strahlendweißer Zähne, bevor er sich zu mir herunterbeugt. »Wenn du willst, helfe ich dir, deine Prüderie loszuwerden. Eigentlich sind Gnadenficks nicht mein Ding, aber da du Isas Freundin bist, würde ich eine Ausnahme machen. Augen zu und durch sozusagen.«
Heute
Langsam lasse ich meinen Wagen auf dem Parkplatz des Dolce in die letzte auffindbare Lücke rollen. Ein letztes Mal sehe ich kritisch in den Rückspiegel, umfahre mit dem Ringfinger meine Lippen, um überschüssigen Lippenstift zu entfernen, und es kann losgehen.
Ich habe ein Date. Jetzt. Und zwar das erste seit fast einem Jahr. Nicht, dass ich gar keine Anfragen bekommen würde, es ist nur so, dass es ja doch nie zu etwas führt. Früher hatte ich öfter mal ein Date, aber der sprichwörtliche Funke ist nie übergesprungen und einfach nur quer durch irgendwelche Betten zu hüpfen, überlasse ich lieber anderen. Irgendwann dachte ich mir, dass ich vielleicht nicht mehr danach suchen sollte und der Richtige schon von ganz alleine kommen würde, aber bisher hat er mich wohl noch nicht gefunden.
Als mich dann Daniel, der Bruder einer ehemaligen Arbeitskollegin um ein Date bat, habe ich spontan zugesagt. Er scheint recht nett zu sein, auch wenn ich bei unseren bisherigen Begegnungen nie das Bedürfnis hatte, ihn unbedingt wiedersehen zu wollen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum meine Erwartungen an diesen Abend eher dürftig sind, aber jetzt bin ich schon einmalhier.
So schnell es meine acht Zentimeter hohen Absätze zulassen, laufe ich zum Eingang des Restaurants und schlüpfe durch die gerade zufallende Tür ins warme Innere. Es ist Ende Februar und ganz sicher nicht die richtige Jahreszeit, um im Etuikleid und Pumps herumzulaufen. Aber wie gesagt, es ist mein erstes Date seit langer Zeit und niemand kann mir nachsagen, ich hätte nicht mein Möglichstes versucht.
Nur Sekunden später kommt einer der Kellner, um mir die Jacke abzunehmen und mich durch das gut besuchte Restaurant zu meinem Tisch zu begleiten. Ich kann Daniel, der schon am Tisch sitzt und auf mich wartet, bereits sehen, als mir durch die Geräuschkulisse aus Stimmen, klapperndem Geschirr und leiser Hintergrundmusik ein nur allzu vertrautes, tiefes Lachen eine Gänsehaut über die Arme laufen lässt. Sofort suche ich mit meinem Blick den Raum ab und werde sogleich fündig.
Liam …
Als würde er meinen Blick auf sich spüren, sieht er zeitgleich in meine Richtung und fixiert mich mit seinen unverwechselbaren Augen.
Ohne dass es mir bewusst ist, bleibe ich stehen und starre aus zusammengekniffenen Augen zurück. Das wagt er jetzt nicht? Warum habe ich ihm auch von diesem Date erzählt?
Aus dem Augenwinkel sehe ich den Kellner, der einige Meter vor mir stehen geblieben ist. Eiligen Schrittes laufe ich ihm hinterher und komme mit ihm zusammen bei Daniel an, der sofort aufsteht und mich mit einem Küsschen rechts und links auf die Wangen begrüßt. Unterdessen huscht mein Blick immer wieder zu Liam, der mich seit seiner Entdeckung nicht mehr aus den Augen gelassen hat. Seine Begleiterin scheint weiterhin wie ein Wasserfall auf ihn einzureden und gar nicht zu bemerken, dass er nicht mehr ganz bei ihrist.
Sowohl Daniel als auch ich bestellen uns vorerst nur einen Rotwein und werden vom Kellner allein gelassen. Wir sitzen noch nicht richtig, als Daniel schon beginnt, mir alles von seinem Job zu berichten. Ich versuche wirklich, interessiert zu sein, und doch kann ich mich nicht dagegen wehren, dass mein Blick und noch schlimmer meine Gedanken wieder zu Liam abdriften.
Noch nie habe ich ihn zusammen mit einer anderen Frau gesehen, oder besser gesagt mit seiner Beute. Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass ich den daraus resultierenden Stich in der Nähe meines Herzens nicht restlos ignorieren kann. Natürlich könnte ich ihr sagen, dass sie nur eine von vielen ist und dass er sie fallen lassen wird, sobald er das sexuelle Interesse an ihr verliert. Aber so wie sie aussieht, ist ihr das absolut bewusst und ebenso egal. Vermutlich wird er es ihr sogar selbst gesagt haben, denn wenn Liam eines ist, dann ehrlich, und wenn die eine nicht will, sucht er sich eben eine andere. Warum das so ist, habe ich bis heute nicht herausfinden können.
Ja, Liam kann der widerlichste Mistkerl sein und doch gibt es da auch noch eine andere Seite, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe. Leider eine Seite, die er nach außen hin viel zu selten zeigt. Trotzdem ist er, gerade weil er ist, wie er ist, zu einem meiner engsten Freunde geworden. So verrückt sich das auch anhörenmag.
Bei der Erinnerung an unser Kennenlernen muss ich lächeln, was Daniel auf sich bezieht und sich angespornt fühlt, mir auch noch etwas von seiner Mutter zu erzählen.
Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass das erste Aufeinandertreffen von Liam und mir die reinste Katastrophe war. Dennoch sind wir durch Isa und Aiden immer wieder in Kontakt gekommen und als die beiden sich dann trennten, sind wir in Verbindung geblieben. Als Isa und Aiden sich wieder versöhnten, hatten wir uns schon so aneinander gewöhnt, dass es irgendwie dabei gebliebenist.
Noch einmal hebe ich meinen Blick und sehe zu Liam hinüber. Sieht er irgendwie ärgerlichaus?
Mich von diesem Gedanken losreißend, konzentriere ich mich wieder auf Daniel, der gerade sein Selbstgespräch über die Qualitäten seiner Mutter beendet.
»Was ist mit dir, Eva, du sagst ja gar nichts.«
Ich will gerade Luft holen, um etwas zu erwidern, als er auch schon weiterschwafelt. Jetzt von seiner Exfreundin, die ihn leider, leider wegen eines anderen verlassen hat. Wie ein Fisch auf dem Trockenen klappe ich meinen Mund wieder zu, lehne mich bereits leicht genervt gegen die Stuhllehne in meinem Rücken und nippe an dem zweiten Wein, der uns soeben gebracht wurde.
Ist es inzwischen vielleicht üblich, dass man seinem Date mit Tränen in den Augen von verflossenen Beziehungen erzählt? Wieder wandert mein Blick in Liams Richtung, der mich wissend angrinst. Vermutlich kann er mir meine Begeisterung ansehen.
»Wir wollten sogar Kinder und jetzt …«, schluchzt er vor mir auf. Erschrocken blicke ich Daniel an, der wieder mehr mit sich selbst, als mit mir zu reden scheint, und das anfängliche Aquaplaning in seinen Augen wächst in diesem Moment zu einer heftigen Überschwemmung an. Mir bleibt aber auch rein gar nichts erspart.
Peinlich berührt nehme ich die Blicke der älteren Damen vom Nachbartisch wahr, die mich kopfschüttelnd ansehen und wohl denken, dass ich den armen Kerl zum Heulen bringe. Da seine Serviette inzwischen unbrauchbar ist, reiche ich ihm meine, in die er mit gefühlten hundertdreißig Dezibel reinschnäuzt. Wobei reinrotzen die Sache wohl eher beschreiben würde.
»Entschuldige mich bitte.« Eilig durchquere ich das Restaurant in Richtung der Toiletten, wohlwissend, dass Liam vermutlich jeden Augenblick dieser überaus peinlichen Vorstellung genossenhat.
Mit den Händen auf dem Waschtisch abgestützt, sehe ich das Spiegelbild vor mir an und lasse lachend meinen Kopf hängen. Dieses Date ist so grottenschlecht, dass es schon fast wieder witzig ist. Wie kann ich es nur anstellen, unter einem Vorwand von hier zu verschwinden?
Nicht dass ich viel Ahnung habe, aber dass dies mit ihm und mir nichts wird, ist selbst mir zwischenzeitlich klar geworden.
Seufzend trete ich in den Empfangsbereich des Restaurants hinaus und will zum Tisch zurückgehen, als ich Liam an der mir gegenüberliegenden Wand lehnensehe.
Völlig in sein Handy versunken, steht er in einem perfekt sitzenden schwarzen Anzug da und einmal mehr stelle ich fest, wie verboten gut er aussieht. In den letzten Jahren haben sich kleine Lachfältchen um seine Augen gebildet und eine Narbe, die ich verschuldet habe, unterbricht seine rechte Augenbraue.
Wir hatten eine unserer unzähligen Auseinandersetzungen und ich habe ihn aus meiner Wohnung geworfen. Statt jedoch zu gehen, wollte er mir erneut in die Wohnung folgen und hat die Tür, die ich zeitgleich zuwerfen wollte, zu spät gesehen. Mein schlechtes Gewissen hat mich wochenlang gequält und Liam hat lange nicht einmal daran gedacht, mich davon zu erlösen. Ganz im Gegenteil.
Noch während ich auf ihn zugehe, oder eher stampfe, spreche ich ihn an: »Was zum Teufel machst duhier?«
Sofort hebt er seinen Kopf, stößt sich von der Wand ab und lässt seinen Blick einmal an meinem Körper herunter und wieder herauf wandern.
»Es freut mich auch, dich zu sehen, Eva. Ich gehe mit einer Bekannten etwas trinken. Ist das verboten?«
»Und da musst du mit deinem nächsten Opfer ausgerechnet hier etwas trinken gehen? Nachdem ich dir gesagt habe, dass ich hier ein Datehabe?«
»Ach, das soll ein Date darstellen?« Liam unterbricht seinen Satz und grüßt jemanden, der an uns vorbei in das Restaurant geht. »Du siehst aus, als ob du jeden Moment einschläfst.«
»Ich amüsiere mich ganz ausgezeichnet.« Ärgerlich recke ich mein Kinn in die Luft und verschränke die Arme vor der Brust, was Liam auflachen lässt.
»Das ist doch nicht dein Ernst, oder?« Etwas leiser fährt er fort. »Der Typ sieht aus wie ein Furz des Schicksals. Sogar die Weiber vom Nachbartisch geben ihm schon ihre Servietten, weil er nicht aufhört zu flennen. Was bringt ihn denn so zum Heulen, deine Gesellschaft?«
Mit offen stehendem Mund und weit aufgerissenen Augen sehe ich ihn an und überlege, was ich darauf noch erwidern soll. Trotzig entscheide ich mich dann aber doch dafür, mich einfach umzudrehen und zu Daniel zurückkehren. Bis Liam mich an der Hand zurückhält.
»Wenn du willst, rufe ich dich in zehn Minuten an und du kannst so tun, als müsstest du dringendweg.«
»Du spinnst doch.« Kopfschüttelnd entziehe ich ihm meine Hand und wende mich erneut zum Gehen, sehe aber doch noch einmal über die Schulter zu ihm. »In fünf Minuten!«
Wieder bei Daniel bezahlt dieser gerade unseren Wein und entschuldigt sich mit rot verquollenen Augen für seinen sentimentalen Ausbruch. Er erklärt mir, dass er wohl noch nicht reif für eine neue Beziehung ist. Ach was? Dass wir aber Freunde sein können, und verabschiedet sich damit von mir. Jedoch nicht, ohne noch ein letztes, theatralisches Schluchzen von sich zu geben, was die Damen am Nebentisch mit einem mitleidigen »Oh« belohnen.
Meine Anziehungskraft muss ja wirklich gigantischsein.
Seufzend lasse ich mich auf meinem Stuhl nieder und greife nach dem Weinglas, um dessen Inhalt in mich zu schütten, als mich mein klingelndes Telefon davon abhält. Natürlich ist es Liam, doch anstatt das Gespräch entgegenzunehmen, stelle ich den Ton leise und blicke auf das Foto von ihm, welches auf dem Display weiterleuchtet.
»Willst du nicht rangehen?« Liams Lippen sind direkt an meinem Ohr und seine tiefe Stimme jagt mir ungewollt eine Gänsehaut über den Rücken. Während ich versuche, dieses merkwürdige Gefühl zu verdrängen, setzt er sich auf den Stuhl mir gegenüber.
»Und was machen wir zwei Hübschen jetzt mit dem angebrochenen Abend?«
Wir? Ich blicke in die Richtung des Tisches, an dem Liams Verabredung sitzen müsste, doch er ist leer. Offensichtlich hatte auch er keine Lust mehr auf sein Date. Wie er sie allerdings losgeworden ist, will ich lieber gar nicht erst wissen. Im selben Moment kommt der Kellner und fragt uns, ob wir noch etwas trinken wollen, was Liam sofort bejaht und sich einen Kaffee und für mich einen weiteren Wein bestellt.
Schweigend drehe ich den Stiel des Weinglases in meinen Fingern und frage mich, warum es bei mir und den Männern nicht klappt. Zwar wollte auch ich das Date vorzeitig beenden und meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, jetzt aber sitzen gelassen zu werden, fühlt sich trotzdem komisch an. Hat Liam vielleicht recht und meine Gegenwart ist wirklich so schwer zu ertragen?
»Hey.« Seine Hand, die sich auf meine geschoben hat, lässt mich zu ihm aufsehen. »Er hat keine Ahnung, was ihm entgeht. Ich hingegen muss zugeben, dass ich mich freue, dass er gegangen ist und ich stattdessen den Abend mit dir verbringendarf.«
Wenn Liam so etwas sagt, dann ist es auch ernst gemeint, was mich lächeln lässt.
»Danke.«
»Und jetzt sag mir lieber, ob du wirklich mit dem Typen ins Bett gegangen wärst? Solche wie der stecken sich sogar ihre Hemden in den Schlüpper.«
Warum überrascht mich das jetzt nicht? Kaum hat er einmal etwas Nettes gesagt, macht er im nächsten Zuge alles wieder kaputt.
»Liam, ich weiß, du wirst es dir nicht vorstellen können, aber man muss nicht gleich mit jedem ins Bett steigen, nur weil man eine Verabredunghat.«
Höhnisch hebt er eine Augenbraue.
»Sagt die mit den Spinnenweben vorm Loch. Und warum macht man sich bitte sonst die Mühe, wenn nicht, um hinterher zu vögeln?«
Seine Worte noch nicht ganz ausgesprochen merke ich die Ader in meinem Hals pochen. Niemand außer Liam kann mich so schnell zur Weißglut bringen, auch wenn ich inzwischen weiß, dass er vieles, was er sagt, nicht persönlich meint.
»Du hast doch heute auch nicht mit deiner Verabredung gevö...«, werde ich lauter, unterbreche mich aber, als ich es bemerke, und sehe mich um, ob mich jemand gehört hat. Die Damen vom Nachbartisch sind jedoch zu sehr in ihr eigenes Gespräch vertieft, um etwas anderes wahrzunehmen, und somit beende ich meinen Satz. »Geschlafen.«
»Den Bumsklumpen hatte ich schon, wie ein Brett im Bett. Da ist mir nichts entgangen.«
»Oh bitte …«, angewidert verziehe ich das Gesicht und halte meine Hände hoch, um ihm zu zeigen, dass ich davon nichts hörenwill.
»Spaß beiseite, der Lappen hat doch keine Ahnung davon, was eine Frau wie du braucht.«
Überheblich lächele ich ihnan.
»Ach, du aber schon, oder was?« Oh nein, sein typisches »Jetzt kommt ein blöder Spruch«-Grinsen erscheint auf seinem Gesicht.
»Wenn du willst, zeig ich es dir.« Dabei deutet er mit dem Kopf in Richtung des Empfangs, was mich kopfschüttelnd auflachen lässt und wieder einmal rettet er mir den Abend.
Fast zwei Stunden später kommt Liams Auto vor meinem Wohnblock zum Stehen. Zwar fühle ich mich auch nach dem Wein noch fahrtauglich, doch er hat darauf bestanden, mich zu fahren. Wie so oft steigt er zuerst aus, umrundet den Wagen und hält mir die Tür auf. Auf dem Weg zur Haustür krame ich bereits in den Tiefen meiner Handtasche und suche nach dem Wohnungsschlüssel.
Ihn endlich gefunden, drücke ich die Haustür auf und bedanke mich bei Liam für den Abend und dafür, dass er mich nach Hause gebrachthat.
Er will sich gerade zum Gehen abwenden, als er sich noch einmal in meine Richtung dreht.
»Ach und, Eva. Irgendwann kommt dein Traumprinz in glänzender Rüstung bestimmt. Ich hoffe nur, er kommt auf einem Faultier, damit er nicht so schnell hier ist, um dich mir wegzunehmen.«
Oh verdammt, das macht sie wirklich gut. Wir waren noch nicht ganz in ihrer Wohnung, da hat mir das geile Luder schon Gürtel und Hose geöffnet und ist vor mir auf die Knie gegangen. So habe ich es am liebsten, nicht lange drumrumreden, sondern gleich zur Sache kommen.
Hat die eigentlich keinen Würgereflex?
Um nicht weiter zusehen zu müssen, wie ihre rot beschmierten Lippen meinen ganzen Schwanz vollsauen, kneife ich die Augen zusammen, lege den Kopf in den Nacken und warte auf das erlösende Gefühl, das mich für wenige Sekunden vergessen lässt.
Der kalte Luftzug an meinem feuchten Schwanz lässt mich nach unten sehen, wo sie gerade Anstalten macht, aufzustehen. Nix da, jetzt wird das hier erst mal zu Ende gebracht.
Mit einer Hand an meinem Schwanz und einer an ihrem Hinterkopf zeige ich ihr deutlich, was ich will, was sie dümmlich grinsend hinnimmt und ihn weiter bearbeitet. Die Show, die sie jetzt dabei veranstaltet, dauert mir dann aber doch zu lange. Wo sind wir denn hier, bei den Dreharbeiten zu einem drittklassigen Porno?
Ungeduldig halte ich ihren Kopf fest und ramme mich mehrfach tief in ihren Mund, was sie nun doch zum Röcheln bringt. Mehrere Tränen lösen sich aus ihren Augenwinkeln, trotzdem schluckt sie gurgelnd jeden einzelnen Tropfen, den ich ihrgebe.
Nett wie ich bin, reiche ich ihr – nachdem ich Boxershorts und Hose hochgezogen habe – meine Hand, um ihr aufzuhelfen, und lasse mich gleich darauf in Richtung Schlafzimmer ziehen, als mein Handy piept. Ich bleibe stehen, ziehe es aus meiner Jackentasche und lese die Nachricht, die mich, obwohl sie so einfach ist, augenblicklich grinsen lässt.
Ich komme vor dem Essen bei dir vorbei.
Heute ist Sonntag und damit das traditionelle wöchentliche Abendessen bei meinen Eltern, Matt und Ella. Wir haben diese Tradition eingeführt, seit Aidan, der eigentlich nicht wirklich mein Bruder ist, endgültig zu unserer Familie gehört. Aber das ist dann eine andere Geschichte.
Zuerst nur wir vier, ist unsere kleine Runde in den letzten Jahren stetig gewachsen. Zuerst kam Isa, inzwischen Aidens Ehefrau dazu, dann ihre beiden Kinder Emily und Ethan und auch Eva ist – so wie heute – inzwischen regelmäßig dabei.
Unmittelbar entziehe ich Maddison, oder heißt sie doch Addison, meinen Arm, stecke mein Handy ein und schließe meine noch immer offen stehendeHose.
»Ich musslos.«
Entgeistert sieht Maddison/Addison michan.
»Wie bitte, spinnst du? Ich blase dir einen und dann haust duab?«
Oh bitte …
»Selbst schuld, was nimmst du auch alles in den Mund.« Damit drehe ich mich um und verschwinde unter ihren wütenden Schimpftiraden aus ihrer Wohnung.
Noch bevor Eva klingelt, öffne ich ihr die Haustür, was sie in meinen Hausflur marschieren lässt, als würde das alles hier ihr gehören.
Wie immer schlüpft sie im Gehen aus ihren Schuhen und lässt diese genau dort liegen, wo sie von ihren Füßen abfallen. Ihren Weg ins Wohnzimmer setzt sie unbeirrt fort und lässt sich – auch wie immer – längs auf mein Sofa fallen.
»Kaffee! Ich brauche Kaffee.«
»Dir auch ein fröhliches ›Hallo‹, Eva.«
Lachend gehe ich in die Küche und stelle zwei Tassen unter den Kaffeevollautomaten. So ist es jeden Sonntag, besser gesagt jeden Sonntag, an dem Eva auch zu meinen Eltern mitkommt. Vorher kommt sie bei mir vorbei und trinkt einen Kaffee, um wach zu werden, weil sie den ganzen Sonntag gammelnd auf ihrem Sofa verbrachthat.
Mit einer Tasse heißen Kaffee in jeder Hand gehe ich durch den Flur und komme ins Straucheln, weil ich über etwas am Boden Liegendes stolpere. Die Tassen weit von meinem Körper weghaltend, versuche ich, mich auszubalancieren, was mir glücklicherweise auch gelingt.
»EVAAA!«
»Tut mir leid«, kommt es aus dem Wohnzimmer. Ärgerlich schieße ich ihre beiden Treter an die gegenüberliegende Wand, wobei ich natürlich in eine Kaffeepfütze trete, die mir beim Gleichgewichthalten hinausgeschwappt seinmuss.
Hörbar durch die Nase schnaubend, gehe ich ins Wohnzimmer und knalle ihre Tasse stärker als beabsichtigt auf den Couchtisch, sodass noch mehr des Kaffees überschwappt.
»Meinst du, du wirst es irgendwann lernen, deine beschissenen Schuhe selbst an die Seite zu räumen?«
Ich könnte schwören, meine Lippen haben sich bewegt, aber sie nimmt wortlos ihre Tasse, lehnt sich etwas zur Seite und starrt an mir vorbei auf den Fußboden, als hätte ich überhaupt nichts gesagt.
»Hast du das mit deinen Schweißfüßen mal behandeln lassen?«
WAS? Ihrem Blick folgend, sehe ich die nassen Fußspuren, die ich hinterlassen habe. Wohlgemerkt Kaffeefußspuren.
Mit einer Mischung aus Ärger und Ungläubigkeit sehe ich sie wieder an, woraufhin sie mir über den Rand der Kaffeetasse ein zuckersüßes Lächeln schenkt und übertrieben mit ihren Wimpern klimpert.
Diese Frau macht mich noch mal wahnsinnig und so stampfe ich aus dem Wohnzimmer nach oben in mein Ankleidezimmer, um mir neue Socken anzuziehen.
Als ich wieder zurück bin, steht sie an meinem Esszimmertisch, der zur rechten in meinem Wohnzimmer steht, und studiert einige Unterlagen.
Einen Moment lang bleibe ich stehen und sehe ihr dabei zu, wie die Finger ihrer freien Hand in ihren Haaren drehen. Diese Angewohnheit zeigt sie oft. Jedes Mal, wenn sie etwas liest, über etwas nachdenkt oder wenn sie peinlich berührt ist, spielt sie mit ihrem welligen, blonden Haaren, die ihr fast bis zu ihrem wohlgeformten Hintern reichen. Überhaupt ist Eva ein Hammergerät, was ich ihr natürlich niemals sagen werde. Sie ist schlank, aber nicht dürr, mit Rundungen an genau den richtigen Stellen. Auf ihrer Nase hat sie blasse Sommersprossen, dazu diese geschwungenen Lippen und immer fragende grünblaue Augen. Vielleicht ist das noch die Journalistin inihr.
Aber am meisten mag ich, dass ich bei ihr sein kann, wer und wie ich bin. Genauer gesagt der, zu dem ich gewordenbin.
Auch wenn sie oftmals genervt von mir ist, weiß sie, dass ich es im Grunde nicht böse meine.
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Texte © Copyright by Copyright © 2016 Mia B. Meyers c/o Papyrus Autoren-Club Pettenkofer Str. 16-18 10247 Berlin
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ISBN: 978-3-7393-9199-1