Fire&Ice 11 - Matthew Fox - Allie Kinsley - E-Book

Fire&Ice 11 - Matthew Fox E-Book

Allie Kinsley

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Beschreibung

Eine Begegnung, eine falsche Entscheidung und die Meinungen stehen fest. Erst drei Jahre später sehen Matthew und Zoey sich wieder. Alles ist wie bisher: Sie findet ihn arrogant und er hält sie für ein Miststück. Die Vorurteile und Missverständnisse stehen zwischen den Beiden und doch kann Matthew Zoey nicht vergessen. Ein Zwischenfall bringt sie näher zusammen und verschafft ihnen die Möglichkeit, hinter die Fassade des anderen zu blicken. Können sie die Vergangenheit hinter sich lassen und einen neuen Anfang wagen? Friends to Lovers

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Bereits erschienen:

1 Talin – 3 Jahre zuvor

2 Doppelhochzeit

3 Eskalation

4 Neue Wege

5 Sein Leben

6 Freunde

7 Vielleicht

8 Wir

9 Monatstreffen

10 Jasons Geburtstag

11 Familie

12 Schrecken ohne Ende

13 Freunde und Familie

14 Tage zu zweit

15 Der Abend (W/M)

16 Showdown

17 Beerdigung

18 Neues Leben

19 Verlobungsparty

20 Epilog

Bonuskapitel

Leseprobe

Für meinen Neffen.

Rechtliches, oder was keiner lesen will und trotzdem drin stehen muss ...

Fire&Ice

Band 11

Matthew Fox

Allie Kinsley

Bereits erschienen:

Bereits erschienen:

Fire&Ice 1 – Ryan Black

Fire&Ice 2 – Tyler Moreno

Fire&Ice 3 – Shane Carter

Fire&Ice 4 – Dario Benson

Fire&Ice 5 – Brandon Hill

Fire&Ice 5.5 – Jack Dessen

Fire&Ice 6 – Chris Turner

Fire&Ice 6.5 – Gregor Zadow

Fire&Ice 7 – Logan Hunter

Fire&Ice 7.5 – Jonas Harper

Fire&Ice 8 – Julien Fox

Fire&Ice 9 – Luce Suarez

Fire&Ice 10 – Joey Parker

Fire&Ice 11 – Matthew Fox

Fire&Ice 12 – Fabio Bellini

Fire&Ice 13 – Alex Altera

Fire&Ice 14 – Taylor Falk

Fire&Ice 15 – Dave Cooper

Fire&Ice 16 – Juan Garcia

Fire&Ice 17 – Alessio Lopez

Fire&Ice 18 – Jason Shaw

Fire&Ice – Bonuskapitelbände

Weil wir wir sind (Sweet like Candy)

Protect Me 1 – 8

Dangergous Love –Sammeband 1+2

Yearn for Adam

Yearn for Slade

Yearn for Deacon

Yearn for Liam

Yearn for Nick

Wir sind mehr als Liebe – Curley

Wir sind mehr als Liebe – Riaz

Wir sind mehr als Liebe – June

Wir sind mehr als Liebe – Elyas

Wir sind mehr als Liebe – Damien

Hollywood Badboys 1 – Dylan

Hollywood Badboys 1 – Nate

Hollywood Badboys 1 – Sean

Hollywood Badboys 1 – Lucas

Gemeinschaftsprojekte:

Cinderella 1&2

Single Bells – Ein Professor zum Verlieben

Big Four – Ein Anwalt zum Küssen

Alaska Love – Ein Arzt zum Verlieben

Philadelphia Pucks – Caden&Paris

Philadelphia Pucks – Orlando&Alice

Ein Touchdown für Emmi

Ein Center für Romy

Shelter Love – Big Boss im Welpenglück

Copyright © 2016 Allie Kinsley

All rights reserved.

www.doctor-lektor.de

Cover Foto: www.nickputzmann.com

1 Talin – 3 Jahre zuvor

MATTHEW

Die Menge klatschte und jubelte, als die Feuerspuckergruppe Fire&Ice ihre Show beendet hatte und die Männer von der Bühne stiegen.

Wie jedes Jahr waren sie auch in diesem zwei Wochen nach Talin gefahren, um an dem großen Mittelalterfestival teilzunehmen. Diese zwei Wochen waren für ihn, wie für die meisten seiner Freunde, der einzige Urlaub im Jahr, den sie sich gönnten.

Er arbeitete hart und viel. Neben seiner Kanzlei, die seine ganze Aufmerksamkeit forderte, musste er sich noch um seine beiden jüngeren Geschwister kümmern.

Seit dem Tod ihrer Mutter vor sieben Jahren war er alles, was die beiden noch hatten. Julien und Chloe verließen sich auf ihn und er war froh, wenn er diese Verantwortung einmal im Jahr für zwei Wochen abgeben konnte.

Er liebte seine Geschwister, das stand völlig außer Frage, aber es war einfach nicht immer leicht mit ihnen. Er musste darauf achten, dass Julien etwas für seine Zukunft tat und Chloe sich nicht dauernd in Gefahr brachte.

Auf dem Rückweg von ihrem Auftritt zum Lager hätte Mat seine Freunde Ty, Bran und Jason beinahe aus den Augen verloren.

Er erspähte gerade noch Tys Kopf in der Menge und beeilte sich, ihnen zu folgen. Gar nicht so leicht, so dicht wie das Gedränge war.

Er musste einen kleinen Bogen schlagen, um einer Gruppe Geier auszuweichen. Auf die hatte er im Moment wirklich keine Lust. Die meiste Zeit gingen ihm diese anhänglichen, kichernden Frauen einfach nur auf die Nerven.

Dann verlor er seine Freunde in der Menge ganz aus den Augen, fand dafür an einem Tisch eine vielversprechende Gruppe aus Männern und Frauen.

Direkt vor ihm saß die mit Abstand heißeste Frau, die er jemals gesehen hatte. Das, was er von ihrer Figur sah, war atemberaubend. Schlank und trainiert, aber nicht ohne Kurven an den richtigen Stellen.

Die langen, hellblonden Haare reichten ihr beinahe bis zur Taille und ihr Gesicht war nahezu perfekt. Riesige tiefblaue Augen, eine zierliche Nase, hohe Wangenknochen und ein voller, rosa Mund.

Ihre Augen funkelten höllisch sexy, wenn sie lächelte. Definitiv war sie um Längen besser als die leichten Mädchen, die sich normalerweise im Dunstkreis von Fire&Ice aufhielten.

In diesem Moment trat Shane an den Tisch und Mat ärgerte sich, dass er nicht schneller gewesen war.

"Hallo, Sky, richtig? Ich bin Shane, Ryans Freund aus Amerika", sagte Shane zu der Frau, auf die Ryan so scharf war. Dann grinste er sein Aufreißergrinsen und setzte sich zwischen Mats blonder Schönheit und einen anderen Mann.

Mat lehnte sich an den Baumstamm hinter ihm zurück und betete, dass sie ihn abblitzen lassen würde. Er wollte ganz bestimmt keine Frau, die einer seiner Freunde bereits gehabt hatte.

Es mochte selbstgerecht klingen, da er keineswegs von One-Night-Stands abgeneigt war, aber eine Frau, die vorhatte, sich durch seinen Freundeskreis zu schlafen, kam für ihn definitiv nicht in Frage.

Er hatte einmal vor vielen Jahren sein Herz an solch eine Schlampe verloren, nur um herauszufinden, dass sie hinter seinem Rücken seinen Freund vögelte. Noch einmal würde ihm das nicht passieren. Zumindest nicht, wenn er es vermeiden konnte.

"Hi Shane, wie geht’s? Was treibt dich zu uns?", fragte Sky. Er erinnerte sich erst an ihren Namen, als sie angefangen hatte zu sprechen. Davor hatte die hübsche Blonde seine Aufmerksamkeit einfach zu sehr gefesselt.

Shane zuckte die Schultern. "Ich sah dich und dachte, ich komm mal vorbei und sag dir und Maya hallo, aber ich sehe, sie ist gar nicht da? Aber dafür andere nette Gesellschaft", sagte er grinsend.

Shane sah erst die atemberaubende Blonde an, dann den Mann auf seiner anderen Seite. Er streckte Shane die Hand entgegen und sagte: "Hi, ich bin Jonas. Ich bin für zwei Tage zu Besuch hier und eventuell nächste Woche noch einmal."

Shane gab ihm die Hand und wandte sich dann wieder an die schlanke Blondine zu seiner Rechten.

"Und du, Honey?"

"Zoey. Ich bin die ganze Zeit da, wie steht’s mit dir, Schätzchen?", antwortete sie mit einem ziemlich eindeutigen Grinsen. Mat ballte die Hände zu Fäusten. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte so sehr gehofft, dass sie ihn abblitzen lassen würde.

"Ebenso", antwortete Shane und legte dann die Arme auf die Rücklehnen der beiden.

Als wäre er masochistisch veranlagt, blieb Mat im Schatten des Baumes stehen und sah dabei zu, wie Shane Zoey und Jonas um den Finger wickelte.

Als Zoey die beiden Männer fragte, ob sie mit ihr zusammen zur Burg gehen würden, um das Feuerwerk anzusehen, wandte er sich ab. Egal wie perfekt sie äußerlich war, innerlich war sie es nicht.

ZEHN TAGE SPÄTER

ZOEY

Die Stimmung bei den Setarips und bei Fire&Ice war im Keller.

Nachdem Sky wegen ihres psychopathischen Exfreunds Robert überstürzt abgereist war, hatte keiner mehr Lust, das Festival so richtig zu genießen.

Ihr selbst ging es nicht anders. Nicht nur wegen Sky und Robert, der ihr wirklich Angst machte, auch ihre On-Off-Affäre John hatte ihr wieder einmal mächtig zugesetzt.

Sie wusste, dass es sie nicht interessieren sollte, was er über sie dachte. Natürlich konnte nicht jeder Mensch sie mögen, aber sie kam einfach nie damit klar, wenn jemand es nicht tat.

Es lag ihr jedes Mal wie ein riesiger Stein im Magen, auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ.

Am Abend saßen die Setarips wie jeden Tag seit Skys Verschwinden im Lager der Fire&Ice.

Zoey hatte sich eine Flasche Rotwein geholt und ging dann ebenfalls zu ihnen.

Ihre Mutter und ihr Ernährungscoach wären ausgerastet, wenn sie von dem Alkohol erfahren hätten. Aber das waren nun mal die einzigen zwei Wochen im Jahr, in denen sie nicht jedes Salatblatt zählte, das sie aß, und sie genoss es in vollen Zügen.

Sie liebte ihren Modeljob, und die meiste Zeit machte es ihr auch nichts aus, auf alles zu verzichten, aber zwei Wochen Urlaub im Jahr mussten drin sein!

Mit dem Wein und einem Glas in der Hand setzte sie sich neben einen außergewöhnlich schönen Mann, den sie noch nicht kennengelernt hatte.

Sie hatte ihn zwar schon einige Male gesehen, aber sie hatten noch nie miteinander gesprochen.

Er hatte wenige Zentimeter langes, dunkelbraunes Haar. Seine Augen, die von dichten Wimpern umrahmt waren, wirkten im Schein des Lagerfeuers beinahe schwarz und absolut kalt. Er hatte eine gerade Nase und um seine schmalen Lippen zeichnete sich ein deutlicher Bartschatten ab.

Er hatte sich auf der improvisierten Strohballenbank nach hinten gelehnt und gewährte ihr dadurch einen Blick auf seinen anbetungswürdigen Körper.

Breite Schultern, voller Bizeps, eine schön definierte Brust und einen flachen Sixpack.

Der schmale Streifen dunkler Härchen führte von seinem Bauchnabel bis in seine Shorts.

"Bist du fertig?", fragte er und klang irgendwie unfreundlich.

Ja, sie hätte ihn nicht so ausführlich mustern sollen, aber es war noch lange kein Grund, sie so anzuzicken.

Sie goss sich ein Glas Wein ein und trank einen kräftigen Schluck.

"Nur nicht so schüchtern. Du bist eben nett anzusehen, da kann ich ja nichts dafür", gab sie grinsend zurück.

Er schnaubte.

Innerlich verdrehte Zoey die Augen. Sie hatte keine Ahnung, was das Problem dieses Typen war, aber sie wollte keine Spannungen in der Gruppe. Also versuchte sie es mit einem freundlichen Lächeln.

"Ich glaube, wir wurden uns noch nicht vorgestellt. Ich bin Zoey." Sie hielt ihm ihre Hand entgegen.

Er zögerte einen Moment, dann nahm er sie. "Mat."

Er riss seine Hand zurück, als hätte er sich verbrannt, und starrte wieder ins Feuer.

Ihre Haut kribbelte, wo er sie berührt hatte, was sie ein wenig aus der Fassung brachte. Schnell trank sie noch einen Schluck Wein.

"Kommst du auch aus Boston?", versuchte sie die unangenehme Stille zu überbrücken.

"Ja." Knapp und unfreundlich. Wie reizend!

Sie lehnte sich zurück und er zog augenblicklich seinen Arm von der improvisierten Rückenlehne.

In ihr brodelte es. Was hatte dieser Kerl nur für ein Problem?

"Hast du ein Problem mit mir?", fragte sie ihn direkt, weil sie absolut keine Kraft für Spielchen hatte.

"Nein."

Sie hob eine Augenbraue. Diese perfektionierte, arrogante Geste hatte sie von ihrer Mutter gelernt.

"Hör mal, Schätzchen." Sein Tonfall war ziemlich ätzend. "Warum gehst du nicht zu Shane und kaust dem ein Ohr ab?" Das "Oder etwas anderes" murmelte er so leise, dass sie es kaum verstanden hätte.

"Wie bitte?"

Jetzt drehte er sich mit einem gehässigen Grinsen zu ihr um.

"Stell dich nicht dümmer als du bist, Schätzchen. In meinem Bett ist kein Platz für eine Frau, die meine Freunde bereits gefickt haben. Also lass es einfach gut sein."

Der Schlag saß. Gewaltig. Sie hatte alle Mühe, ihr Grinsen aufrecht zu halten, und war froh darüber, dass sie eine so gute Schauspielerin war.

Sie wollte ihm auf keinen Fall zeigen, dass er sie getroffen hatte. Niemals. Sie zeigte es nie jemandem, so war sie niemals angreifbar.

Um sich Zeit zu verschaffen, nahm sie scheinbar genüsslich noch einen Schluck Wein.

Dann legte sie den Kopf schief und musterte ihn noch einmal eindringlich.

Äußerlich so lecker … Schade, dass er so ein Arsch ist!, dachte sie und freute sich auf ihre Antwort.

"Wenn man den Rest deines Körpers so ansieht, sollte man nicht meinen, dass du Angst hast."

Er zog eine Augenbraue nach oben und machte mit dem Ausdruck auf seinem Gesicht ihrer Mutter beinahe Konkurrenz.

"Angst?"

"Dass dein Schwanz mit seinem nicht mithalten könnte."

Seine Augen weiteten sich, und bevor er ihren Triumph mit irgendeiner Antwort zunichte machen konnte, stand sie auf und ging mit ihrem Wein zurück in das Lager der Setarips.

Sie würde sich für heute lieber in ihr Zelt zurückziehen und ein wenig früher schlafen.

Das waren eindeutig zu viele Tiefschläge für einen Abend. Es würde ein wenig dauern, bis sie die Abscheu in seinem Blick verarbeitet hatte, aber sie würde weiter lächeln.

Wie immer.

2 Doppelhochzeit

Drei Jahre später

ZOEY

Zoey stand vor dem großen, bodentiefen Spiegel in ihrem Hotelzimmer und betrachtete ihr Werk.

Sie sah gut aus. Zumindest in ihren eigenen Augen. Sowohl ihre Mutter als auch ihr Coach und vermutlich John hätten bestimmt etwas auszusetzen.

Aber dennoch. Ich sehe gut aus!, versicherte sie ihrem Spiegelbild lächelnd.

Sie war groß, beinahe einen Meter achtzig und schlank. Eben genau so, wie sie es für ihre Laufstegkarriere brauchte.

Sie trug Kleidergröße Zero, und doch gab es die ein oder andere Stelle, an der es weniger sein könnte, wenn man ihren Designern glauben durfte. Die jammerten regelmäßig über ihre Oberweite und ihren Hintern.

Sie schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrer eingehenden Musterung.

Es ging nur um heute. Es ging nur darum, ob sie so auf die Doppelhochzeit von Maya, Shane, Sky und Ryan gehen konnte, nicht darum, ob sie für gewöhnlich dem Standard genügte.

Das tat sie sowieso nicht, also lohnte es sich nicht, sich deshalb den Abend versauen zu lassen.

Sie zupfte am oberen Rand ihres roten, bodenlangen Kleides, um das Dekolleté gerade zu richten.

Das Kleid war wunderschön. Schmal geschnitten, figurbetont, mit freien Schultern und aus weicher, angenehm kühler Seide.

Ihre langen, blonden Haare hatte sie kunstvoll hochgesteckt. Das dezente Makeup genau so aufgelegt, wie sie es schon tausend Mal bei ihren Visagisten beobachtet hatte.

Ihren langen, schmalen Hals zierte eine feine Platinkette mit kleinen Diamanten, die sie von John zum Geburtstag bekommen hatte.

John. Sie waren seit beinahe zwei Jahren wieder ein Paar. Sie hatten es auch früher schon immer wieder miteinander versucht. Bei ihrer letzten Trennung vor knapp drei Jahren dachte sie, dass es endgültig aus sei.

Aber ihre Mutter hatte sie immer und immer wieder bedrängt, bis sie schließlich nachgegeben hatte und es noch einmal mit ihm versuchte.

Für ihre Mutter war John schon immer der ideale Schwiegersohn gewesen.

Erfolgreich und aus einer guten Familie. Genau das, was Zoey, ihrer Meinung nach, nach ihrer Modelkarriere brauchte.

Dieses Mal war es leichter und schwerer zugleich, mit ihm zusammen zu sein.

Leichter, weil sie gelernt hatte, weniger von John zu fordern, weniger zu erwarten und weniger vorauszusetzen. Und schwerer, weil John mehr Erwartungen in sie hegte, mehr von ihr forderte und wollte.

Er hatte einen Job bei einer großen Investmentfirma angenommen. Er war Key-Account-Manager für Großinvestoren auf der ganzen Welt. Ein Job, der es verlangte, ständig on Tour zu sein. Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent.

Eigentlich genau wie ihr eigener Job als Model, aber das machte es nicht zwangsläufig leichter, eine Beziehung mit John zu führen. Vor allem, weil er erwartete, dass sie ihn auf seinen Reisen begleitete.

An seiner Seite sollte sie immer repräsentativ und nett sein. Hübsch aussehen und immerzu lächeln. Die perfekte Frau neben ihm eben.

Das war ein Job, den sie von Kindesbeinen an gelernt hatte. Einfach nur da zu sein, hübsch auszusehen und den Erwartungen anderer zu entsprechen. Den Erwartungen ihrer Eltern, ihrer Verwandten, ihrer Lehrer. Ja, sogar den ihrer Freunde und Kollegen.

Manchmal kam sie sich vor wie ein Chamäleon. Sie konnte sich jeder Situation anpassen, überall dazugehören und immer exakt das sein, was die anderen von ihr erwarteten.

Es war ermüdend, aber es beschrieb ihr Leben ziemlich exakt. Es gab nur wenige Menschen, bei denen sie einfach sie selbst sein konnte, hauptsächlich bei ihrem besten Freund Taylor.

Es klopfte an der Tür zu ihrem Schlafzimmer. Sie wusste, dass es nur John sein konnte. Obwohl sie ein Paar waren, klopfte er jedes Mal an wie ein Fremder, wenn er einen Raum betrat.

Aber daran würde sie sich wohl gewöhnen müssen. Wirkliche Nähe gab es in ihrer Beziehung sowieso nicht mehr.

Das war bei ihren ersten Versuchen, als sie noch Teenager gewesen waren, vielleicht so gewesen. Doch mit den vielen Auseinandersetzungen und Trennungen war alles Echte, das zwischen ihnen einst gewesen war, verflogen.

Sie beide hatten dieses Spiel und diese Maske perfektioniert. Sie waren Profis darin geworden, sich nichts anmerken zu lassen.

Niemals eine Emotion zu zeigen, die einem anderen Angriffsfläche bieten könnte.

Keine Liebe, kein Hass, keine Enttäuschung, keine Wut, keinen Schmerz. Nichts. Leben und leben lassen, immer lächeln, egal wie es in einem aussah.

Oh, sie konnten sich sehr gut streiten, aber selbst das kam ihr manchmal oberflächlich vor und oft auch wie eine Szene aus Täglich grüßt das Murmeltier.

"Herein!", rief sie und die Tür öffnete sich. John trat ein. Schön und makellos gestylt, wie immer.

"Bist du soweit?", fragte er gelangweilt ohne sie überhaupt anzusehen, da er mit seinem Handy beschäftigt war.

"Ich brauche noch meine Stola", sagte sie, weil sie mit nackten Schultern nicht in die Kirche gehen wollte.

Dass Sky nach ihren Erfahrungen mit Robert tatsächlich heiraten würde, hätte sie nicht für möglich gehalten.

Zoey freute sich für die beiden, auch wenn es ihr immer noch unbegreiflich war, wie das hatte funktionieren können. Aber naja, sogar Nina hatte ihr Gegenstück gefunden, da sollte es für Sky kaum schwieriger sein.

Zoey beobachtete im Spiegelbild, wie John sich wieder zu ihr umdrehte.

"Mein Gott, Zoey, wie siehst du denn aus!" Unter dem anklagenden Ton zuckte sie beinahe zusammen.

Beinahe, denn sie würde ihm niemals einen wunden Punkt zeigen.

Sie wusste, was jetzt kam, und doch hatte sie gehofft, dass er nur ein einziges Mal ins Zimmer kam und ihr sagte, dass sie schön aussah.

"Kannst du dich nicht einmal anziehen, als seist du keine Schlampe?"

Innerlich zuckte sie erneut zusammen, äußerlich ließ sie sich nichts anmerken.

Sie sagte nichts, was hätte sie auch sagen sollen? Diese Art von Diskussion hatte sie vor langer Zeit aufgegeben. Und schließlich war es nicht das erste Mal, dass er so mit ihr sprach. Es würde auch nicht das letzte Mal sein.

"Danke John. Das ist ein Versace Kleid", war ihre ruhige Antwort.

"Das ist mir egal. Es sieht einfach nur nuttig aus in diesem Rot und den nackten Schultern. Ich muss so den ganzen Tag mit dir herumlaufen, nicht irgendeiner deiner geliebten Designer!"

"Das heute sind meine Freunde, John. Unsere Freunde. Sie kennen uns und sie wissen, was ich gern trage."

"Na und? Da werden haufenweise Fotografen sein und die Bilder werden nicht nur unsere Freunde sehen, sondern Geschäftspartner auf der ganzen Welt. Und du siehst aus wie ein Flittchen."

Zoeys Magen zog sich zusammen. Manchmal kam es ihr vor, als würde er von Woche zu Woche noch kälter werden. Aber wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein.

"Ich zieh noch was drüber für die Kirche", sagte sie deshalb nur.

"Für die Kirche?" Er schnaubte. "Kannst du es bitte den ganzen Abend anlassen? Die ganze Welt wird meinen, ich sei mit einer Schlampe zusammen! Ich habe einen Ruf zu verlieren. Ein Image, auf das ich achten muss!"

Gerne würde sie ihm ihre Meinung sagen, aber das Ganze würde nur wieder in einem riesen Streit eskalieren und dafür sorgen, dass sie die ganze Feier versauten.

Also sagte sie lediglich: "Wie du wünschst."

Dann nahm sie die rote Seidenstola und legte sie sich um die Schultern.

John trat neben sie, legte ihre Hand in seine Ellenbeuge und setzte dieses widerliche Saubermanngrinsen auf, das er immer tragen konnte, egal wie schwer sie sich gerade gestritten hatten.

An der Tür hielt er noch einmal an, wandte sich ihr zu und das Grinsen verschwand sofort.

"Showtime, Zoey.", knurrte er und sie wusste genau, was er meinte.

Sie sollte aufhören zu schmollen und ihren Job machen. Einfach nur schön aussehen und die Klappe halten.

Allein der Gedanke daran stieß ihr sauer auf.

Aber sie tat es. Wie jedes Mal.

Sie setzte ihr Grinsen auf, neigte den Kopf leicht und gab ihm, was er wollte.

Unterwegs trafen sie viele ihrer Freunde von den Setarips, der Gruppe, mit der sie früher immer auf das Mittelalterfestival in Talin gefahren waren. Im letzten Jahr hatten sie es nicht geschafft, weil John zu einer Geschäftsreise nach Asien musste.

Sie hielt es wie immer. Lächelte und nickte und überließ es John zu sprechen. So wie John es am liebsten hatte.

Auch Ryans Mittelaltergruppe Fire&Ice war auf der Hochzeit. Genauso wie viele ortsansässige Politiker und die Bostoner High Society.

Menschen, unter denen Zoey sich eigentlich wohl fühlen sollte, unter denen sie sich früher wohl gefühlt hatte. Bis sie aufhören musste, sie selbst zu sein.

Das ist es wert, Liebes, echote die Stimme ihrer Mutter durch ihren Kopf.

John führe sie zu ihren Sitzplätzen auf der linken Seite der Kirche. Ganz Gentleman half er ihr sich hinzusetzen und ließ sich dann mit diesem schmierigen Fakegrinsen neben ihr nieder.

Ihre Wangen schmerzten bereits vom falschen Dauerlächeln. Aber es half nichts, sie musste noch eine Weile durchhalten.

Alexa, eine ihrer Freundinnen aus Kindertagen, saß auf ihrer anderen Seite. Sie hatte ihre kleine, bezaubernde Tochter Lia auf dem Schoß und ihr Ehemann Brandon saß neben ihr. Sein Arm lag auf der Rückenlehne der Bank und sein Daumen streichelte sanft über Alexas Schulter.

Zoey beneidete sie ein wenig um diese Art von Beziehung.

Alexa stupste sie mit dem Ellenbogen an. Gerne hätte sie sich ihr zugewandt, aber das hätte nur wieder eine Diskussion mit John zur Folge gehabt.

"Alles in Ordnung?", raunte Alexa ihr zu, die sie einfach zu gut kannte.

"Alles bestens."

"Lüg mich nicht an, Zoey …"

"Psst, die Trauung geht los."

Das kam ihr gerade gelegen. Sie hatte im Moment einfach keine Kraft, sich mit dem auseinanderzusetzen, was in ihrem Leben schief lief.

"Später?"

"Klar." Eine andere Antwort hätte Alexa sowieso nicht zugelassen.

Der Hochzeitsmarsch erklang und alle wandten sich auf ihren Plätzen um, um die beiden Bräute zu sehen, die nacheinander den Gang entlang kamen.

Maya ging voraus, was Zoey nicht wunderte. Sie war die selbstbewusstere der beiden und hatte bestimmt kein Problem damit, wenn die ganze Kirche sie anstarrte.

Ryan und Shane warteten bereits vorne am Altar.

Sie sahen beide zum Anbeißen aus. Groß, breite Schultern, die dunklen Haare, die so gut zu den Smokings passten.

Vor allem strotzten sie nur so vor Selbstbewusstsein. Und die Art, wie sie ihre Frauen ansahen, sagte alles über die Tiefe ihrer Gefühle.

Einen Mann zu finden, der einen so sehr liebte, war wohl das Beste, was einem passieren konnte. Maya und Sky hatten definitiv das gefunden, wonach die meisten Frauen sich sehnten.

Mayas Dad führte Maya den Gang entlang nach vorne zum Altar. Sie sah umwerfend aus.

Ihr Kleid war klassisch geschnitten und hatte einen Queen Anne Ausschnitt.

Es lag eng an ihrem kurvenreichen Oberkörper und ihrem Po. Am Oberschenkel wurde es weiter und lief in einer kleinen Schleppe aus.

Wenn Zoey es richtig erkannte, bestand es aus Seidencharmeuse und Spitze, was einen sehr edlen Eindruck machte.

Als Maya an ihr vorüberschritt, sah sie die zarte Knopfleiste, die im Nacken begann und sich bis hin zur Hüfte über den Rücken zog. Es war atemberaubend und passte perfekt zu den kunstvoll aufgesteckten, dunklen Locken.

Dann folgte Sky, die von Jonas begleitet wurde, dem man deutlich ansah, wie stolz er war, diesen Part übernehmen zu dürfen.

Skys Eltern waren beide bereits verstorben und Jonas, nach Fabio, Skys engster Freund.

Zoey fand es, vor allem für Sky, sehr schade, dass es Fabio nicht möglich war, dabei zu sein.

Skys Brautkleid war im Princess-Stil gehalten. Schulterfrei mit einem engen, sehr schlichten Mieder aus weißer Seide.

Ab der Taille wurde das Kleid sehr breit und hatte eine lange Schleppe.

Die langen, blonden Haare trug sie offen und in großen, seidig aussehenden Wellen.

Sie hatte nie schöner ausgesehen, nicht einmal, als sie die Modenschau in Talin gelaufen war.

Die beiden Brautführer übergaben die Frauen an ihre Männer. Dann begann die Zeremonie.

Von den Worten des Pfarrers bekam Zoey kaum etwas mit. Sie war vollkommen vertieft in die Betrachtung dieser beiden wunderbaren Paare vor dem Altar.

Die Liebe, die sie für einander empfanden, war beinahe greifbar.

Trotz aller Schwierigkeiten hatten diese vier es geschafft und sie hatten es verdient.

"… und Sie dürfen die Braut jetzt küssen."

Die letzte Silbe hatte die Lippen des Pfarrers noch kaum verlassen, da hatten beide Männer ihre Frauen bereits an sich gezogen und küssten sie leidenschaftlich.

Einige ihrer Freunde pfiffen und Applaus brandete auf. Sie selbst hätte das auch gern getan, aber John hätte es nicht gut geheißen und sie hätte sich auf einen weiteren Streit mit ihm einlassen müssen.

Also beließ sie es bei dem leisen Geklatsche, das er bevorzugte.

Nachdem die Brautpaare die Kirche verlassen hatten, folgten ihre Freunde ihnen.

John legte ihre Hand wieder in seine Ellenbeuge und führte sie ebenfalls den Gang entlang.

Dann fuhren sie im Konvoi zu CB-Resorts, dem Hotel von Ryans Schwester, in dem die Hochzeitsfeier stattfinden sollte.

MATTHEW

Er bekam nicht mit, was Julien, sein jüngerer Bruder, ihm gerade erzählte. Direkt vor ihm war die Frau aus seinen Albträumen aufgetaucht.

Die Frau, die ihn seit über drei Jahren in seinen Gedanken verfolgte. Er hasste sie dafür, und er hasste sich selbst, weil er sie einfach nicht aus dem Kopf bekam.

Bei jeder Veranstaltung, zu der sie geschlossen als Gruppe gingen, musste er befürchten, dass auch sie auftauchen könnte.

Für die Erleichterung, die er empfunden hatte, als sie in diesem Jahr nicht mit nach Talin gekommen war, hätte er sich am liebsten selbst geschlagen.

Aber sie hier mit einem anderen Mann zu sehen, grenzte auch irgendwie an Folter.

"… laut Plan müssen wir hier lang", sagte Julien und deutete auf den Plan, der anzeigte, wo sie sitzen würden.

Mat sah ebenfalls auf den Plan.

"Ja, du und Destiny. Ich und Cat sitzen hier drüben."

Er war sehr froh gewesen, dass Cat ihn gebeten hatte, ihre Begleitung zu mimen. Einen Geier mit auf eine Hochzeit zu nehmen, war immer eine gefährliche Angelegenheit. Entweder sie benahmen sich furchtbar daneben oder sie dachten, sie seien die nächsten und er sei derjenige, der sie heiraten würde.

Der Nachteil war aber, dass er quasi die ganze Zeit über ohne Begleitung unterwegs war.

In die Kirche hatte Cat es nicht geschafft, weil sie die letzten Vorbereitungen im Hotel hatte überwachen wollen, jetzt war sie immer noch irgendwo und er hoffte, dass sie zumindest zum Essen auftauchen würde, damit er nicht ganz so dämlich aussah.

Er ging durch den Raum und suchte den Tisch, an dem sie sitzen würden.

Als er sah, dass Zoey ebenfalls an diesem Tisch saß, musste er sich ein Stöhnen verkneifen.

Echt jetzt? War das irgendeine ziemlich fiese Form von Karma? Warum zum Teufel musste er sie den ganzen Abend über ertragen?

Als er den Tisch nach seinem Platz absuchte, hätte er beinahe laut geflucht. Direkt gegenüber von ihr. Er musste also nicht nur an ihrem Tisch sitzen und sich selbst dazu zwingen, sie nicht nonstop anzustarren, nein, er musste ihr direkt gegenüber sitzen und den ganzen Abend beim Flirten zusehen.

Mit grimmiger Miene setzte er sich und wünschte sich dabei, sie niemals in Talin gesehen zu haben. Niemals an diesen Tisch gegangen zu sein und ihr traumhaftes Lächeln gesehen zu haben.

Eben dieses Lächeln schenkte sie ihm jetzt. Nein, das stimmte nicht. Es war nicht dieses Lächeln.

Er konnte sich noch ganz genau daran erinnern, wie ihre Augen beim Lächeln gefunkelt hatten. Aber da war nichts. Ihre blauen Augen waren wie tot, keinerlei Regung.

Nur die schönen Lippen gaben makellos weiße Zähne frei, wie sie es schon in Talin getan hatten.

"Mat, wie schön dich wiederzusehen!" Mat zog eine Augenbraue nach oben. Würde er es nicht besser wissen, hätte er ihr diese Show tatsächlich abgekauft.

Dann wandte sie sich an ihren Begleiter. Aus irgendeinem Grund hatte er erwartet, dass ihr Lächeln sich verändern würde. Aber das geschah nicht. Sie lächelte ihn genauso falsch und tot an.

"Ich glaube, ihr kennt euch noch nicht. John, das ist Mat, Fire&Ice Mitglied. Mat, das ist John, mein Lebensgefährte", sagte sie mit ruhiger Stimme.

"Ich glaube, das ein oder andere Mal haben wir uns bereits flüchtig gesehen", sagte John und reichte ihm lächelnd die Hand.

Mat schüttelte sie, ohne das ebenfalls tote Lächeln zu erwidern.

Was zum Teufel ist das für eine Horrorshow?

Und auf den Namen dieses Trottels hätte er auch gut und gern verzichten können.

Gott sei Dank kamen in diesem Moment Alexa, Bran und Lia. So musste er sich zu keiner Konversation mit Zombie-Barbie und Zombie-Ken zwingen.

Während des gesamten Essens und der Ansprachen beobachtete er Zoey und John so unauffällig wie möglich. Das Lächeln der beiden verschwand nie, änderte sich keinen Millimeter, es war wie perfekt einstudiert.

Sie unterhielten sich höflich mit den anderen an ihrem Tisch und schienen das perfekte Paar zu sein.

Nur ein einziges Mal verrutschte dieses perfekte Trugbild um wenige Millimeter.

Zoey bestellte sich ein neues Glas Wein, woraufhin John seine Hand auf ihre legte und einfach nur ruhig ihren Namen sagte. Daraufhin zuckte eine ihrer Augenbrauen.

Aber nicht auf die Art, mit der sie Mat in Talin bedacht hatte, sondern nur einen Millimeter und sofort zurück.

Daraufhin zog John seine Hand zurück und beide widmeten sich wieder ihrem Essen.

Wobei beide nicht wirklich stimmte. Was auch immer Zoey da tat, mit wirklicher Nahrungsaufnahme hatte es wenig zu tun.

Er betrachtete sie ein wenig genauer.

Sie war noch schlanker, als er sie damals in Talin kennengelernt hatte. Schlank traf es nicht mehr. Mittlerweile war sie eher dürr.

Man konnte die Knochen an ihrem Brustbein sehen und auch die Schultern wirkten sehr eckig.

Er musste sich sehr zusammenreißen, als John den Nachtisch für sie beide ablehnte, mit der Begründung, sie müssten auf ihre Linie achten.

Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht und es machte ihn wahnsinnig, dass er die Lösung für dieses Rätsel noch nicht im Entferntesten erkennen konnte.

3 Eskalation

ZOEY

Nachdem sie das Abendessen und die ersten Tanzrunden hinter sich gebracht hatte, benötigte sie dringend eine Pause.

Ihre Nerven lagen blank. Nicht nur, dass John sie dauernd ermahnte, irgendetwas nicht zu tun oder besser zu machen, sie fühlte sich unter Mats dauerhaft prüfenden Blick wie unter einem Mikroskop.

Sie hatte keine Ahnung, was er wollte oder was er damit bezweckte, aber es machte sie verrückt. Vor allem, weil seine Kränkung ihr noch immer allzu präsent war. Woher kam dieses plötzliche Interesse?

Als John in das Gespräch mit einem von Ryans Geschäftspartnern verwickelt war, entschuldigte sie sich unter seinem strafenden Blick.

Schnell huschte sie zu der Tür hinaus, die in den Außenbereich führte.

Aus ihrer Clutch fischte sie eine ihrer Notfallzigaretten und zündete sie an. Sie hoffte, den Geruch später mit Parfüm und einem Kaugummi überdecken zu können, sonst würde John wieder außer sich sein.

Tief zog sie den beruhigenden Rauch in ihre Lungen und atmete dann genüsslich aus.

Die kühle Nachtluft half ihr ebenfalls, ihr überhitztes Gemüt und die vom ungewohnten Alkohol lockere Zunge zu beruhigen.

Sie nahm die Stola ab und legte sie sich über den Arm, um mehr von der kalten Luft auf ihrer Haut zu spüren.

Immer wieder kamen Menschen durch die Tür, wollten nur ein wenig frische Luft schnappen oder ebenfalls eine Zigarette rauchen.

Zoey ging ein paar Schritte vom Eingang weg, um nicht mitten im Rauch zu stehen.

"Dachte ich es mir doch!" Johns Stimme klang gereizt. Sehr gereizt. Zoey drehte sich zu ihm um.

Über seine Schulter hinweg erspähte sie Mat, der an der Wand neben der Eingangstür lehnte.

Warum verfolgte er sie? Oder wollte er auch nur frische Luft schnappen?

Etwas traf schmerzhaft ihre Hand und riss sie zurück aus ihren Gedanken.

"Aua", sagte sie leise und schüttelte die Hand, in der sie ihre Zigarette gehalten hatte, bis John sie ihr aus der Hand geschlagen hatte.

"Du weißt ganz genau, wie sehr ich es hasse, wenn du nach diesem Zeug stinkst!", knurrte er. Er trat dicht vor sie, mit ihren niedrigen Absätzen konnte sie ihm genau ins Gesicht sehen.

Er schäumte vor Wut, die sich den ganzen Tag über in ihm angesammelt hatte.

"Und dann lässt du mich mitten in so einem wichtigen Gespräch alleine, nur um dich hier draußen, halb nackt wie eine Nutte zu präsentieren und dieses ekelhafte Zeug zu rauchen!"

Wäre da nicht der Alkohol gewesen, der ihr zuflüsterte, dass es völlig in Ordnung sei, ihm auch einmal Kontra zu geben, hätte sie seine Tirade wie immer einfach stillschweigend hingenommen.

Aber sie war selbst wütend und hatte für einen Tag einfach genug von seiner Missbilligung geschluckt.

"Es war dein Gespräch, John. Nicht meines. Entschuldige bitte, dass ich eine Pause vom höflichen Lächeln gebraucht habe."

"Stell dich nicht so an! Es kann doch nicht so schwer für dich sein, dich ein paar Stunden zusammenzureißen."

Die Wut ließ ihr Herz rasen. "Lass es, John. Es reicht für heute!", warnte sie ihn.

Aber er ließ nicht locker, zählte alle ihre vermeintlichen Verfehlungen auf und endete mit: "Und wie viel willst du noch trinken? Meinst du nicht, es reicht langsam?"

Oh doch. Und wie es reichte. "Du hast recht. Es reicht. Ich gehe zurück aufs Zimmer."

Sie wollte sich an ihm vorbeischieben, aber er hielt sie am Handgelenk fest.

"Das wirst du nicht tun!", knurrte er. "Du wirst dich jetzt verdammt nochmal zusammenreißen!"

Sie riss ihren Arm los und funkelte ihn wütend an.

"Lass es!", warnte er sie, aber Zoeys Grenze an Erträglichem war bereits weit überschritten.

"Leck mich!", fauchte sie.

Seine Ohrfeige kam schneller, als sie reagieren konnte. Sie brannte scharf auf ihrer Haut und ließ sie einige Schritte zurückstolpern, dann knickte ihr Fuß schmerzhaft um und sie fiel auf den Boden.

MATTHEW

Er hatte sich mit Sandro und Taylor unterhalten, die ebenfalls zum Rauchen nach draußen gekommen waren und hatte nebenbei die Auseinandersetzung zwischen Zoey und John belauscht. Oder eher dem Ton gelauscht, denn die Worte verstand er nicht.

Als John sie so hart am Handgelenk gepackt hatte, war Mat in ihre Richtung gegangen. Zu langsam, die Ohrfeige hatte er nicht mehr verhindern können.

Abgrundtiefer Hass und Verachtung gegenüber diesem widerlichen Typen brandete in ihm auf. Er konnte die Wut, die in ihm brodelte, kaum beherrschen.

John riss er zu sich herum und schlug ihm mit voller Kraft die Faust auf die Schläfe, sodass dieser taumelnd zu Boden ging.

Er wollte weiter auf ihn einschlagen und ihm zeigen, wie es war, der Schwächere zu sein. Hilflos und gebrochen, aber er versuchte, sich zu beruhigen.

Aber er durfte sich nicht so gehen lassen, der Wut nicht die Kontrolle überlassen.

Er sah sich nach Zoey um. Sie versuchte gerade, auf die Beine zu kommen. Also eilte er schnell zu ihr, packte sie um die Taille und stellte sie vor sich auf die Füße. Dann hielt er sie an den Hüften fest.

Sie sah furchtbar mitgenommen aus. Ein paar der Strähnen hatten sich aus ihrer Frisur gelöst und sie zitterte am ganzen Körper.

"Alles in Ordnung?", fragte er sanft und streichelte vorsichtig über die gerötete Wange.

Sie sah über seine Schulter, da blickte auch Mat sich um. John hatte sich wieder aufgerappelt und wischte sich über den Anzug. Sandro hatte sich drohend mit finsterer Miene vor ihm aufgebaut und Taylor redete schnell auf ihn ein.

Als Mat wieder zurück zu ihr sah, bemerkte er die Tränen in ihren Augen.

Sie lächelte. Das gleiche ekelhafte Lächeln wie den ganzen Abend lang.

"Klar. Alles in Ordnung."

Als er sie nur mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah, sagte sie: "Mein Kleid hat einen Fleck."

"Das Kleid ist mir egal", knurrte er. Er hatte genug von dieser Scharade.

"Es ist von Versace", sagte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue, die er ihr zu jedem anderen Zeitpunkt vielleicht abgekauft hätte.

"Du möchtest bestimmt ins Badezimmer", sagte er so ruhig wie möglich, obwohl er sie am liebsten geschüttelt hätte, weil sie einfach dicht machte und tat, als wäre nichts gewesen.

Wieder dieses Lächeln. "Nein, danke. Ich bleibe noch ein wenig hier."

"Zoey!", sagte er warnend. Aber sie lächelte nur weiter liebreizend.

Es trieb ihn in den Wahnsinn. Diese Maske saß so perfekt, dass er kaum dahintersehen konnte.

Er musste sie von John wegbringen. Vielleicht würde sie dann endlich loslassen.

Schnell packte er sie am Ellenbogen und zog sie mit sich, doch schon beim ersten Schritt keuchte sie laut auf.

Finster starrte er sie an.

"Ich brauche noch einen Moment", sagte sie daraufhin.

Wenn es überhaupt möglich war, wurde er in diesem Moment noch wütender. Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Ohne lange zu überlegen, legte er einen Arm um ihre Mitte und den anderen unter ihre Knie und hob sie hoch.

Sie keuchte erschrocken auf und schlang reflexartig die Arme um seinen Hals.

"Mat, lass mich runter. Wie sieht das denn aus!"

"Es ist mir scheiß egal, wie das aussieht, verdammt nochmal!", fluchte er und ging mit großen Schritten durch die Eingangstür. "Welches ist dein Zimmer?"

"Wir werden nicht so durch die Empfangshalle gehen!", widersprach sie vehement.

Sie wand sich in seinen Armen, aber er konnte sie mühelos festhalten. Sie wog nichts, fühlte sich dafür aber verdammt gut in seinen Armen an.

Er spürte ihre Rippen unter seiner Hand. Würde er sie nur wenige Zentimeter höher schieben, könnte er ihre Brust berühren.

"Wir brauchen ein Badezimmer!", erklärte er die Diskussion für beendet.

Sie hörte auf, sich zu wehren, und gestand sich ihre Niederlage wohl ein.

"Da vorne geht eine Treppe zu den Waschräumen im Kellergeschoss runter", sagte sie seufzend.

Gerade als er die ersten Stufen genommen hatte, hörte er Johns aufgebrachte Stimme vom Eingang.

Zoey verspannte sich sofort wieder in seinen Armen.

Die Wut auf diesen Mann trieb ihn dazu an, schneller zu gehen und sie von ihm fortzubringen. Er wollte sie vor ihm beschützen und aus seiner Reichweite bringen.

Eine Frau wie sie hatte bei so einem Typen nichts verloren.

Er zerstörte sie systematisch und Mat konnte es nicht mitansehen. Allein für dieses falsche Lächeln wollte er den Bastard umbringen.

In den Gästewaschräumen angekommen setzte er sie auf dem großen Waschtisch aus Marmor ab. Dann griff er nach einem der kleinen, blauen Handtücher und machte es mit kaltem Wasser nass.

Er spürte ihren fragenden Blick, hatte aber selbst keine Antwort auf die Frage, die darin stand.

Warum ging ihm das alles so nahe?

Natürlich hätte er jeder Frau geholfen, aber er hätte auch einfach eine ihrer Freundinnen holen können, anstatt sich selbst so hineinzusteigern.

Vorsichtig legte er ihr das kühle, nasse Handtuch auf die Wange.

Sie saß stocksteif auf dem Waschtisch und ließ keinerlei Emotionen erkennen. Das ließ die Wut auf diesen Wichser von neuem in ihm aufkochen.

"Warum tust du dir das an? Warum lässt du dich so von ihm schikanieren?"

Er krallte sich rechts und links von ihr am Waschtisch fest, als sie erneut lächelte. "Lasse ich mich doch nicht. Hast du doch gesehen."

Da brannten seine Sicherungen durch, er packte sie an den Schultern und schüttelte sie heftig.

"Könntest du bitte für einen Moment aufhören, so zu tun, als hättest du alles im Griff!", schrie er.

Schmerz trat in diese wunderschönen, blauen Augen.

Ein Schmerz, der tief aus ihrer Seele kam. Ihre immer noch gestrafften Schultern fielen nach unten und ihre Stimme klang sehr verletzlich, als sie sagte: "Lass es, bitte."

In diesem Moment sah sie so viel jünger und zerbrechlicher aus, als er sie jemals gesehen hatte. Er reichte ihr das nasse Handtuch und sie hielt es sich an die Wange.

"Er ist ein schlechter Mensch. Du solltest nichts mit ihm zu tun haben."

"Du kennst ihn nicht", antwortete sie, aber zumindest war ihre Stimme nicht mehr so leblos.

"Ich muss ihn nicht kennen, es reicht, wenn ich sehe, was er aus dir macht."

Er griff nach ihrem Kleid und zog es bis zu ihren Knien nach oben. Sofort sah er den bereits deutlich geschwollenen Knöchel.

Zoey schlug seine Hand beiseite.

"Was soll das? Ich will dir helfen!", sagte er barsch und zum ersten Mal an diesem Abend sah er ehrliche Wut in ihren Augen aufblitzen.

"Warum? Willst du einen Fick zur Belohnung? Tut mir leid, ich bin vergeben", fauchte sie und zog das Kleid über ihre nackten Beine.

"Dass du überhaupt noch von einer Beziehung sprechen kannst, nachdem was gerade passiert ist!", schrie er und deutete auf die Tür, durch die sie gekommen waren.

"Es geht dich nichts an!"

Er kochte vor Wut und war kurz davor, sie erneut zu schütteln. "Tut es sehr wohl!"

"Nur falls du es vergessen hast, du willst keine Frau, die mit einem deiner Freunde geschlafen hat. Ich habe Shane gefickt, erinnerst du dich?"

"Ja, leider", knurrte er und versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Dass sie sich so genau an ihr Gespräch erinnerte, zeigte ihm, dass es sich ihr genauso ins Gedächtnis gebrannt hatte wie ihm.

Dass Zoey ihn genauso wenig vergessen konnte wie er sie. Was das Ganze nicht unbedingt leichter machte.

Er atmete tief aus, stützte sich wieder rechts und links von ihren Oberschenkeln auf der Waschtischplatte ab und sah ihr fest in die Augen.

Sie war so unglaublich schwer zu lesen. Ihre Emotionen tauchten nur für den Bruchteil einer Sekunde auf, ehe sie alles wieder hinter sicheren Mauern verbarrikadierte.

"Bitte Zoey. Lass mich dir einfach nur helfen. Ohne Hintergedanken, ohne nachträgliche Forderungen, ohne Gegenleistung."

"Warum?" Die Vorsicht in ihrem Blick versetzte ihm einen Stich ins Herz.

"Weil ich es brauche", gestand er.

Auch er ließ sie in seinen Augen lesen. Die Sorge um sie und der Kummer, den ihre Art schon den ganzen Abend in ihm verursachte.

Sie nickte vorsichtig und raffte dann ihr Kleid, bis ihr Knöchel zum Vorschein kam.

"Verdammt", murmelte er, als er sah, wie sehr der Knöchel geschwollen war.

Vorsichtig löste er den Riemen des Schuhs und zog ihn ihr aus. "Das sieht nicht gut aus, Honey", murmelte er gedankenverloren und bemerkte den Kosenamen erst, als ihr Bein sich in seinem Griff anspannte.

Er heftete seinen Blick einen Moment länger als nötig auf das Bein, um sich zu sammeln, dann hob er den Fuß an, stellte ihn ins Waschbecken und drehte das kalte Wasser auf.

"Kühl das einen Moment, okay? Ich hole Dave."

Sie nickte, sah ihn aber nicht an. Ein sichereres Zeichen, dass sie nicht in der Lage dazu war, ihre Maske aufrecht zu halten.

Er war mehr als nur neugierig, was in ihr vorging, aber er wollte sie nicht zu sehr in die Ecke drängen. Er hatte das Gefühl, ihr sowieso schon stärker zugesetzt zu haben, als er es hätte tun dürfen.

ZOEY

Sie war mehr als nur froh, ein paar Minuten für sich allein zu haben. Die letzte halbe Stunde hatte ihre Gefühlswelt so sehr durcheinandergeschüttelt, dass sie das Gefühl hatte, jeden Moment in eintausend Teile zu zerspringen.

Mat weckte Gefühle in ihr, die sie nicht zulassen durfte. Er verabscheute sie für das, was sie getan hatte. Er hatte es ihr mehr als deutlich gesagt.

Und John? Sie hatte keine Ahnung, wie sie mit ihm umgehen sollte. Was sie jetzt tun sollte und vor allem, wie sie ihm gegenübertreten sollte.

Natürlich war das, was er getan hatte, unverzeihlich. Ob sie ihn nun provoziert hatte oder nicht. Auf der anderen Seite hatte sie keine Ahnung, wie sie sich gegen ihn durchsetzen sollte, wenn sie ihm das nächste Mal begegnete … von ihrer Mutter ganz zu schweigen. Die würde die Schuld zu einhundert Prozent bei Zoey suchen.

Sie schrak auf, als die Tür des Waschraums sich erneut öffnete. Einen kurzen Moment lang hatte sie Angst, dass es John sein könnte und sie sich jetzt schon mit ihm auseinandersetzen müsste.

Ihr Blick fand Mats und sie bemerkte sofort, dass ihre Maske nicht an Ort und Stelle saß, als sein Blick fürsorglicher wurde.

"Hey … ich hab Dave dabei …", begann er, doch Zoey unterbrach ihn sofort.

"Die anderen …"

"Haben nichts mitbekommen. Keine Sorge." Das Lächeln, das er ihr schenkte, war so verständnisvoll und sanft, dass sie den Blick abwenden musste.

Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hatte sie sich wieder im Griff. Sie lächelte Dave strahlend an.

"Hi, danke dir, aber ich glaube, es ist nicht so schlimm", grüßte sie ihn.

Er lächelte nachsichtig und antwortete zwinkernd: "Lass das mal den Onkel Doktor entscheiden."

Zoey lachte auf, schaltete das Wasser aus und trocknete ihren Fuß ab.

Als er ihren Fuß in der Hand hatte und untersuchte, war aller Schalk aus seinem Blick verschwunden.

Er begutachtete ihn und bewegte ihn dann in alle Richtungen.

"Tut das weh?"

Ja! Verdammt! "Nicht so schlimm."

"Und das?"

Verdammte Scheiße, ja! "Geht schon."

"Und so?"

Willst du mich quälen, du Arsch? "Lässt sich aushalten."

Mat knurrte.

Zoey traute sich nicht ihn anzusehen. Er konnte viel zu leicht in ihr lesen. Dabei wollte sie doch einfach nur in ihr Bett und allein sein.

"Wie ist es damit?"

Sie biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. "Okay", presste sie hervor, doch selbst in ihren Ohren klang das unglaubwürdig.

"Das reicht!", schnauzte Mat. "Alle Richtungen haben ihr verdammt weh getan. Egal was sie sagt."

Zoey wich sowohl seinem als auch Daves Blick aus.

"Okay … ich denke, das Außenband ist ab. Für eine einhundertprozentige Diagnose machen wir eine MRT."

Mat nickte. "Kannst du für morgen einen Termin organisieren?"

"Ich versuche es. Ich rufe dich an, sobald ich etwas weiß. Währenddessen sollte der Fuß hochgelagert und gekühlt werden, damit er nicht noch mehr anschwillt."

"Danke, Dave. Ich kümmere mich darum."

Dave nickte und wandte sich dann an Zoey. "Brauchst du ein Schmerzmittel?"

Sie schüttelte sofort den Kopf. Schmerzmittel und ihr meist eher leerer Magen vertrugen sich nicht sonderlich gut.

"Nein danke. Kannst du mir meinen Schuh geben?"

Beide Männer sahen sie an, als wäre sie geisteskrank. "Ich muss mich noch bedanken und John Bescheid geben." Auch wenn allein der Gedanke, ihm jetzt unter die Augen zu treten, ihr den Magen umdrehte.

"Du darfst jetzt auf keinen Fall laufen und schon gar nicht in diesen Schuhen! Wenn das Band nur angerissen ist, könntest du es ganz abreißen und ich habe keine Schiene oder Stützverbände hier, um es zu stabilisieren", protestierte Dave sofort, während Mat sie nur wütend anstarrte.

"Ich kann nicht einfach so verschwinden und ich werde mich ganz bestimmt nicht durch diesen Festraum tragen lassen und die ganze Stimmung versauen!"

"Du kannst einfach so verschwinden. Ich sage allen Bescheid … auch John."

Den letzten Teil des Satzes fügte Dave sehr, sehr widerwillig hinzu. Also hatte er bereits von den Geschehnissen gehört.

Sie hoffte nur, dass es nicht die Runde gemacht hatte. Sie wollte den anderen die Party nicht verderben.

"Ich trage dich die Hintertreppe hoch, dann musst du nicht durch die Menge."

Dave reichte ihm ihren Schuh und Mat steckte sich ihren kostbaren Louboutin einfach in die Tasche seines Jacketts.

"Danke, Dave", sagte sie mit einem Lächeln und wollte von dem Waschtisch rutschen, doch Mat fing sie noch in der Luft auf und hob sie auf seine Arme.

"Kein Problem", gab Dave zurück und öffnete ihnen die Tür.

Sie schlang die Arme fest um Mats Hals.

Es fühlte sich verdammt gut an, so eng an ihn geschmiegt zu sein. Sein Körper war hart und heiß. Er duftete unbeschreiblich gut, herrlich maskulin herb und irgendwie kalt, nach Schnee.

Er stieg die Treppen bis in den ersten Stock, als würde sie nichts wiegen, und ging dann zum Aufzug.

"Du kannst mich auch absetzen. Ich renn schon nicht weg."

Er zog eine Augenbraue nach oben. "Warum bin ich mir bei dir da nicht so sicher?"

Er drücke die Taste für den fünften Stock.

"Das ist der falsche. Ich muss in den Dritten", sagte sie und versuchte, an den Knopf zu kommen.

Mat ging einen Schritt vom Schaltpult weg. "Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich zu diesem Verrückten aufs Zimmer lasse!"

Innerlich lächelte sie und freute sich über seine Fürsorge, äußerlich ließ sie sich nichts anmerken.

"Wir haben eine Juniorsuite. Ich kann auf dem Sofa übernachten." Auch wenn John das niemals zulassen würde, aber das musste Mat nicht wissen.

Er schnaubte. "Kommt nicht infrage. Du kannst mein Zimmer haben. Ich habe es nicht weit nach Hause."

Sie wollte sich ihre Erleichterung nicht anmerken lassen, konnte sich das "Danke" aber nicht verkneifen.

Sie hatte einfach nicht die Kraft, sich jetzt mit John zu befassen. Ihr Sprunggelenk tat ihr weh, ebenso wie der Nacken und ihr Hintern. Von dem Durcheinander in ihrem Herzen ganz zu schweigen.

Seine Arme spannten sich sofort fester um sie. Dass sie sich bei dem Mann, der sie so verabscheute, so geborgen und beschützt fühlte, verwirrte sie nur noch mehr.

Er trug sie aus dem Aufzug zu seinem Zimmer.

"In meiner Jackettasche ist die Schlüsselkarte, könntest du aufsperren?", bat er.

Auch wenn es sich komisch anfühlte, in seiner Tasche zu wühlen und dann das Zimmer für sie aufzusperren, als wären sie ein verliebtes Pärchen in der Hochzeitsnacht, tat sie es ohne Widerworte.

Er trug sie über die Schwelle und stieß die Tür mit dem Fuß zu. Dann ging er zum Bett und legte sie vorsichtig darauf ab. Aus seinem Koffer holte er ein großes, weißes Shirt und legte es neben ihr ab.

Dann ging er vor ihr auf die Knie und zog ihr den zweiten Schuh aus.

Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und er sah ihr direkt in die Augen.

"Ich danke dir … für alles", sagte sie leise und spürte sofort, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.

Er legte ihr eine Hand auf die Wange und streichelte zart mit dem Daumen unter ihrem Auge entlang.

"Honey … ich …"

Das Klingeln ihres Handys riss sie beide aus diesem Moment. Mat nahm seine Hand von ihrer Wange, als würde er sich erst jetzt daran erinnern, wer sie war, und schüttelte den Kopf.

Sie musste all ihre mögliche Selbstbeherrschung aufbringen, um über diese harte Zurückweisung nicht in Tränen auszubrechen.

Mit zitternden Händen griff sie nach ihrer Clutch und kramte ihr Handy hervor.

Wie benommen starrte sie auf das Display. John. Ein Mann mit vielen Fehlern, der aber auch all ihre Fehler kannte und sie dennoch wollte.

Es war das erste Mal, dass er ihr physisch weh getan hatte. Normalerweise erstreckten sich seine Attacken auf emotionaler Ebene.

Aber machte es das besser? Wollte sie sich für den Rest ihres Lebens behandeln lassen, als wäre sie nichts Besseres als der Dreck an seinen Schuhen?

Mat nahm ihr diese Entscheidung für den Moment ab. Er nahm ihr das Handy aus der Hand, drückte Johns Anruf weg und schaltete es aus.

"Ich muss …", begann sie, doch Mat unterbrach sie.

"Du musst jetzt gar nichts. Du bist ihm nichts schuldig. Nicht nach diesem Abend!"

Sie sah ihn lange an und wieder brannten ihre Augen. Diese emotionale Achterbahnfahrt machte sie fertig.

"Brauchst du Hilfe mit dem Kleid?", fragte er.

"Nein, danke. Der Reisverschluss ist an der Seite."

Mat nickte, dann stand er auf. "Dann lasse ich dich kurz allein, ich bin gleich zurück."

Auf ihr Nicken hin verschwand er im Badezimmer. Vorsichtig stand sie auf und wimmerte, als sie den falschen Fuß belastete.

Die Badezimmertür flog augenblicklich auf und Mat kam heraus. Seine Miene war wutverzerrt.

"Was machst du denn da? Dave hat dir gesagt, dass du nicht auftreten darfst!" In wenigen Schritten war er bei ihr und fasste sie um die Taille.

Sie schwieg, wie immer, wenn John wegen einem ihrer Fehler sauer war.

"Zoey?" Seine Stimme war weich und es dauerte einen Moment, bis sie sich daran erinnerte, dass es Mat war, nicht John, und sie ihm nicht gefallen musste. Er mochte sie sowieso nicht.

"Ich habe nicht nachgedacht", murmelte sie und versuchte, sich von ihm zu lösen.

"Lass das. Ich helfe dir", brummte er dicht an ihrem Ohr.

Sein Arm lag weiterhin stützend um ihre Taille, während seine zweite Hand den Reißverschluss ihres Kleides öffnete.

Es rutschte über ihre Brüste nach unten, dann änderte er rasch seinen Griff, bis es ganz zu Boden fiel.

Augenblicklich versteifte sie sich. Bei John konnte sie nie sagen, ob ihm gefiel, was er sah, wenn sie nur Unterwäsche trug.

Zoey liebte schöne Unterwäsche. Das schwarze Spitzen Ensemble von Victoria‘s Secret, das sie an diesem Abend trug, war eines ihrer liebsten.

Zusammen mit den halterlosen, schwarzen Strümpfen, die sie normalerweise dazu trug, fühlte sie sich die meiste Zeit über sehr sexy.

Zumindest so lange, bis sie Johns Blicken ausgesetzt war. Manchmal liebte John ihre Wäsche ebenso, manchmal bekam er diesen abschätzigen Blick, der ihr genau sagte, dass er sie für eine Schlampe hielt … wenn er es nicht sogar aussprach.

In den letzten Monaten war es immer letzteres, bis ihr Sexleben völlig eingefroren war.

Seitdem versuchte sie, es einfach zu vermeiden, dass er sie so sah. So konnte sie sich eine weitere Demütigung ersparen.

Mat räusperte sich. "Okay … ähm … wow …" Er setzte sie vorsichtig auf dem Bett ab. "Ich glaube, den Rest bekommst du im Sitzen hin."

Er ließ sie los und deute etwas unbeholfen hinter sich. "Ich warte dann nebenan."

Zoey nickte und Mat verschwand abermals im Bad.

Was zum Teufel sollte das? Mat brachte sie völlig durcheinander. Sie wusste nie, was er als nächstes tun würde.

Sie streifte sich den BH ab und legte ihn neben das Kingsize Bett. Dann zog sie sich sein Shirt über.

Es roch nach Mat … und doch anders. Es roch nach seinem Waschmittel, nach seinem Parfüm und doch nicht nach ihm selbst.

Dennoch liebte sie den Geruch schon jetzt und vergrub ihre Nase fest darin.

Dann legte sie sich ins Bett und deckte sich mit der dicken, warmen Decke zu.

Minuten später öffnete sich die Tür zum Badezimmer. "Bist du soweit?", fragte er.

"Ja."

Sie fühlte sich furchtbar einsam, verletzt und gebrochen. Dieser Abend, John und der widersprüchliche Mat hatten ihr alle Kraft ausgesaugt.

Er kam zu ihr und ging neben ihr in die Hocke. Das Mondlicht zauberte eine seltsame Kombination aus silbernem Licht und Schatten auf sein schönes Gesicht.

Wieder legte er seine warme Hand unglaublich zart auf ihre Wange. "Wenn es okay ist, bleibe ich noch, bis du eingeschlafen bist."

Erleichterung durchflutete sie und ihr Herz krampfte sich zusammen. Sie nickte.

Mats Daumen streichelte noch einmal über ihre Wange, dann stand er auf und holte sich einen Stuhl heran, mit dem er sich neben das Bett setzte.

Sie lauschte seinem ruhigen Atem, bis sie beinahe eingeschlafen war.

Kurz davor meinte sie ihn flüstern zu hören: "Schlaf gut … ich passe auf dich auf."

MATTHEW

Er wusste nicht, warum er das Bedürfnis hatte, hier zu bleiben und sie zu beschützen; und sei es nur vor ihr selbst. Er musste es einfach tun.

Mit vor der Brust verschränkten Armen saß er da und beobachtete den blonden Engel, der so verletzlich aussah im fahlen Mondlicht.

Mat wusste, dass er gehen sollte, dass er nicht länger bleiben sollte, jetzt wo sie eingeschlafen war. Und doch schaffte er es nicht aufzustehen, oder auch nur den Blick von ihr abzuwenden.

Das Handy in seiner Tasche vibrierte zum einhundertsten Mal. Er nahm es heraus und sah neben vielen verpassten Anrufen auch einige Nachrichten.

Dave: MRT morgen um 9AM

Taylor: John ist außer sich. Ist aber erstmal auf seinem Zimmer. Sandro passt auf, dass es so bleibt.

Alexa: Danke.

Jason: Brauchst du Hilfe?

Und zu guter Letzt dankte ihm leider auch Sky, was hieß, dass dieses Drama bis zu den Hochzeitspärchen durchgedrungen war.

Verdammt. Das war das letzte, was er gewollt hatte, und es war vor allem auch Zoeys größte Sorge. Er wollte nicht, dass sie sich deshalb Vorwürfe machen würde.

Wenn dann hatte John die Party gesprengt, nicht sie!

Sein Blick wanderte wieder zu Zoey und sein Entschluss stand fest. Er würde bleiben. Auf keinen Fall sollte sie sich allein mit John auseinandersetzen.

Jemand musste auf sie aufpassen, wenn sie anscheinend schon keinen Selbsterhaltungstrieb mehr hatte. Was zum Teufel war aus dem spitzzüngigen Weib geworden, das behauptet hatte, sein Schwanz könnte nicht mit Shanes mithalten?

Wo waren die funkelnden Augen und das ehrliche Lachen hin?

Er würde es herausfinden. Morgen.

4 Neue Wege

ZOEY

Nur langsam erwachte sie aus einem sehr tiefen Schlaf. Ihre Lider öffneten sich flatternd und ihr Blick fiel sofort auf Mat, der mit verschränkten Armen auf dem Stuhl neben ihrem Bett schlief.

Das Kinn war ihm auf die Brust gefallen, die Beine waren ausgestreckt und an den Knöcheln überkreuzt. Er war geblieben und hatte sich um sie gekümmert.

Ihr Magen kribbelte bei dem Gedanken, dass jemand sich um sie sorgte. Jemand wie Mat, groß und stark, bewiesenermaßen dazu in der Lage, sie zu beschützen.

Sie zog ihre Beine ein wenig an und spürte sofort den Schmerz in ihrem Knöchel. Das schwere Ausatmen konnte sie nicht unterdrücken.

Augenblicklich fuhr sein Kopf nach oben und sein Blick fand ihren. Einen Moment lang war er noch trüb, klärte sich aber beinahe sofort.

"Hey", sagte er rau.

Unwillkürlich musste sie lächeln. Auch Mat lächelte sofort.

"Guten Morgen."

Ehe er etwas erwidern konnte, klopfte es an der Tür. Mats Blick verfinsterte sich, dann stand er auf.

Er ging durchs Zimmer und öffnete mit angespannten Schultern.

Dave stand in der Tür. "Guten Morgen. Ich habe einen Stützverband mitgebracht, damit Zoey sicher zur MRT kommt."

"Danke, Mann. Komm rein."

Er wandte sich von der Tür ab und stoppte dann mitten in der Bewegung, als wäre ihm erst jetzt wieder eingefallen, dass Zoey noch in seinem Bett lag und nicht sonderlich viel anhatte.

Dave wiederum schien es nicht zu stören. Das Kleid und ihren BH, die vor dem Bett am Boden lagen, quittierte er lediglich mit einer hochgezogenen Augenbraue.

Zoey richtete sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie musste grauenhaft aussehen.

"Guten Morgen. Vielen Dank, Dave. Auch für gestern", sagte sie ruhig.

Er lächelte und setzte sich neben ihre Beine auf die Bettkante. "Dr. Dave, stets zu Diensten", gab er zwinkernd zurück.

Sie zog die Decke beiseite und Daves Blick wurde finster.

"Das sieht nicht so gut aus. Habt ihr es nicht gekühlt?", fragte er.

Das hatte sie tatsächlich nicht getan. Es war einfach irgendwo in ihrem Gedankenstrudel untergegangen.

Mat fluchte leise, dann kam auch er näher und warf einen Blick auf das mittlerweile blaue Sprunggelenk.

Dave trug eine Salbe auf und wickelte dann eine feste Elastikbandage darum. "Das sollte gehen, bis du eine richtige Schiene hast."

In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür.

"Zimmerservice", drang die Stimme eines Mannes zu ihnen und Mat ging hinüber, um sie stirnrunzelnd zu öffnen.

"Eine Lieferung für Miss Zoey von Richthofen."

Mat trat beiseite und ließ den Mann den kleinen Kleiderwagen einfahren.

Ohne eine Miene zu verziehen, wandte sich der Mann zu ihr.

"Mr. de Witt erwartet sie um neun zum Frühstück." Dann verließ er den Raum, ohne ein weiteres Wort an einen von ihnen.

Zoey dachte sich nichts dabei. Das war eben Johns Art. Er machte einen Termin mit ihr, um ihre Differenzen zu klären, und dachte dabei daran, dass sie etwas zum Anziehen und ihre Kosmetikartikel brauchte.

"Das ist verdammt nochmal nicht sein Ernst!", fluchte Mat. Wäre Zoey nicht so gut darin gewesen, ihre Emotionen zu verbergen, wäre sie unter seinem wütenden Ton zusammengezuckt.

Zoey schwang die Beine aus dem Bett und wollte aufstehen. Dave kam ihr sofort zur Hilfe.

Sie fühlte sich absolut unzulänglich gekleidet, auch ihr Gesicht und ihre Haare mussten furchtbar aussehen.

"Er möchte sich eben mit mir aussprechen und das ist seine Art, es zu zeigen …"

Mat, der gerade über den Wagen gebeugt dastand, tauchte mit einem ihrer Valentino Schuhe wieder auf.

Außer sich vor Wut fuchtelte er mit dem kostbaren Schuh vor ihrer Nase herum. "Mit acht Zentimeter Highheels für eine Frau, die sich das Außenband angerissen hat?", schrie er.

"Jetzt beruhige dich erstmal, Mat. Sie wird doch sowieso nicht hingehen können", kam Dave ihr zur Hilfe.

Er entspannte sich ein klein wenig. "Du hast recht. Wir haben um neun einen Termin beim MRT."

"Oh … dann sollte ich mich beeilen und John eine Nachricht zukommen lassen."

Zoey machte sich von Dave los, angelte sich den Kleidersack und ihren Kosmetikkoffer und humpelte Richtung Bad. Sie war noch nicht weit gekommen, da hatte Mat sie bereits eingeholt und um die Taille gepackt, um sie zu stützen.

Stumm begleitete er sie ins Bad.

"Danke."

Aber er ließ sie nicht los. "Ich bräuchte einen Moment für mich, Mat."

Als er sie forschend ansah, lächelte sie, um ihn zu beruhigen.

Sofort griff er nach ihrem Kinn. "Lass das!"

"Was?"

"Dieses Fakelächeln. Lass es!"

Sie nickte unsicher. Der Gedanke, dass er so leicht in ihr lesen konnte, behagte ihr nicht.

Sein Daumen streichelte über ihr Kinn, dann ließ er sie vorsichtig los und verließ das Badezimmer.

MATTHEW

Dave war bereits gegangen, als er zurück ins Schlafzimmer kam.

Er rieb sich über das Gesicht.

---ENDE DER LESEPROBE---