4,99 €
Liebe auf den ersten Blick? Auch wenn der Kopf es eigentlich besser wissen müsste? Das Letzte, was Amber in ihrem Leben braucht, ist ein weiterer Badboy, der ihr Herz erobert und sie um den Verstand bringt. Deshalb kommt ein heißer Latino wie Juan für sie absolut nicht infrage. Weder als kurzer Urlaubsflirt in Talin noch zu Hause in Boston. Doch wie es das Schicksal so will, trifft man sich immer zweimal im Leben, und Juan hat nicht vor, sich diese Chance noch einmal entgehen zu lassen. Er setzt alles daran, die Frau seiner Träume für sich zu erobern. Dass es zu viele Geheimnisse in seinem Leben gibt, die nicht nur sein Leben gefährden, macht sein Vorhaben nicht gerade leichter.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Band 16
Juan Garcia
Allie Kinsley
Fire&Ice 1 – Ryan Black
Fire&Ice 2 – Tyler Moreno
Fire&Ice 3 – Shane Carter
Fire&Ice 4 – Dario Benson
Fire&Ice 5 – Brandon Hill
Fire&Ice 5.5 – Jack Dessen
Fire&Ice 6 – Chris Turner
Fire&Ice 6.5 – Gregor Zadow
Fire&Ice 7 – Logan Hunter
Fire&Ice 7.5 – Jonas Harper
Fire&Ice 8 – Julien Fox
Fire&Ice 9 – Luce Suarez
Fire&Ice 10 – Joey Parker
Fire&Ice 11 – Matthew Fox
Fire&Ice 12 – Fabio Bellini
Fire&Ice 13 – Alex Altera
Fire&Ice 14 – Taylor Falk
Fire&Ice 15 – Juan Garcia
Fire&Ice 16 – Dave Cooper
Weil wir wir sind (Sweet like Candy)
Cinderella 1&2
Single Bells – Ein Professor zum Verlieben
Protect Me 1 - 8
Yearn for Adam
Yearn for Slade
Yearn for Deacon
Hollywood Badboys 1 – Dylan
Hollywood Badboys 2 – Nate
Hollywood Badboys 3 – Sean
Hollywood Badboys 4 – Lucas (2020)
Copyright © 2018 Allie Kinsley
All rights reserved.
SW Korrekturen e.U., www.swkorrekturen.eu
Cover Foto: shutterstock.com, ID: 181429196, G. Georgescu
JUAN
Müde starrte er in den Motorraum des Porsches, den Logan vorbeigebracht hatte. Ab einer bestimmten Drehzahl klapperte es irgendwo im Motor und die Vertragswerkstatt hatte den Fehler nicht in den Griff bekommen.
Für ihn sollte das eigentlich kein Problem sein … wäre er nicht so verdammt müde. Wahrscheinlich könnte er mit der Stirn auf den Motorblock gelehnt problemlos einschlafen. Um vier Uhr nachts war er erst ins Bett gekrochen … also in sein Bett … und er musste schon um sieben wieder in der Werkstatt stehen.
Eine Verspätung kam absolut nicht infrage. Bei Luce gab es keine Ausnahmen oder billige Entschuldigungen. Und Juan nahm Luces Regeln sehr ernst. Ihm war durchaus klar, dass das hier seine einzige Chance war, raus aus dem Dreck zu kommen. Luce hatte ihm eine Hand gereicht, hatte ihm einen Weg gezeigt, von der Straße wegzukommen und ein richtiges Leben anzufangen. Niemals würde er diese Geste herabwürdigen, indem er absichtlich aus der Reihe tanzte. Luce hatte ihm ein Zuhause gegeben, eine Familie und einen Job. Dinge, von denen er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal geträumt hatte.
"Bist du eingeschlafen?" Luces Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
Erschrocken hob Juan den Kopf und knallte prompt gegen die Motorhaube.
"Verdammte Scheiße", fluchte er und rieb sich über den Hinterkopf.
"Alles in Ordnung?", fragte Luce und zog die Augenbrauen zusammen, während er ihn prüfend musterte.
Nicht gut, gar nicht gut! Luce konnte in ihm lesen wie in einem offenen Buch.
"Bisschen müde, sorry", murmelte er und steckte den Kopf schnell wieder unter die Motorhaube.
Je länger Luce ihn ansah, desto sicherer war ihm der Ärger.
"Du bist in letzter Zeit oft lange weg", sagte Luce in diesem ganz besonders ruhigen Ton.
Juans Schultern verspannten sich automatisch. Dennoch versuchte er so ruhig wie möglich zu bleiben. "Verstößt gegen keine Regel, oder?"
Er hörte Luces verärgertes Schnauben, ignorierte es aber absichtlich.
"Es geht nicht immer nur um die Regeln, Juan."
Das war neu, aber wahrscheinlich suchte Luce nur nach einer Möglichkeit, herauszufinden, was er nachts so trieb. Seit sie beide vor einigen Wochen festgenommen worden waren, war Luce ihm die ganze Zeit auf den Fersen. Luce wollte mit aller Macht herausfinden, was Juan in seiner Freizeit trieb, egal, wie oft Juan ihm versicherte, dass er sich aus allem Ärger würde raushalten. Erzählen würde Juan es ihm niemals. Luce würde nicht verstehen, was er tat und vor allem warum.
Als Juan nicht reagierte, sondern einfach weiter den Fehler in Logans Motor suchte, packte Luce ihn am Kragen und zog ihn in eine aufrechte Position. Reflexartig wollte Juan sich wehren, konnte sich aber gerade noch zusammenreißen. Luce war sein Mentor, sein Vorgesetzter. Auch wenn Juan sich sonst von niemandem so anpacken lassen würde, musste, nein wollte er sich bei Luce zusammenreißen.
"Ich will nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst", knurrte Luce und starrte ihm eindringlich in die Augen.
Juan ärgerte sich über Luces Ton. Er sprach mit ihm, als wäre er ein dummer Junge, der nur Flausen im Kopf hatte, und nicht wie mit einem 26 Jahre alten Mann, der aus seinen Fehlern gelernt hatte.
Dass die anderen mittlerweile ebenfalls aufgehört hatten zu arbeiten und Luce und ihn genau beobachteten, war Juan voll bewusst. Deshalb griff er betont langsam nach Luces Hand und zog sie von seinem Nacken.
"Ich habe alles im Griff, okay? Ich bekomme keine Schwierigkeiten und halte mich an die Regeln."
Luce starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an, glaubte ihm sichtlich nicht.
"Ich glaube, er hat eine Freundin", sagte Tyson und lehnte sich schräg hinter Juan an den Porsche. "Er duscht, bevor er geht, und noch einmal mitten in der Nacht, wenn er zurückkommt."
In diesem Moment wollte Juan ihn umarmen dafür, dass er ihm gerade den Arsch rettete.
"Stimmt", sagte Alessio, stellte sich auf Juans andere und wischte sich betont gleichgültig die öligen Finger an seinem Lappen ab.
"Eigentlich sollten seine Nebenkosten hochgesetzt werden, so viel Wasser wie er verschwendet", fügte Sandro hinzu und schlug Juan im Vorbeigehen auf die Schulter. Würde auch er nicht gerade dazu beitragen, dass Juan von Luces Radar verschwand, würde er den kleinen Pisser für diesen viel zu harten Schlag umbringen.
Luce verschränkte die Arme vor der breiten Brust. Sie waren alle gut trainiert, aber nur Sandro brachte von Haus aus so viel Masse wie Luce mit sich.
"Eine Freundin also?", fragte Luce.
Juan zuckte betont gleichgültig mit den Schultern. Theoretisch war er den Jungs dankbar, dass sie ihm den Rücken deckten, andererseits hatten sie ihn damit an jemanden erinnert, den er lieber vergessen hätte.
Amber. Diese wunderschöne Brünette, die er in Talin gesehen hatte. Die erste Frau, von der er jemals so fasziniert gewesen war. Alles an ihr war verdammt noch mal perfekt.
Von diesen dunkelbraunen, schräg gestellten Augen, über die vollen Lippen, bis hin zu diesem kurvigen Körper, der dem einer Latina durchaus Konkurrenz machen konnte. Sogar ihr Temperament war genauso feurig.
Nur leider schien diese Anziehung absolut nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
Und das, obwohl er wirklich versucht hatte, charmant zu sein. Er erinnerte sich noch an ihre erste Begegnung, als wäre sie erst gestern gewesen und nicht schon Monate her.
*TALIN*
Zusammen mit Taylor ging er auf zwei Frauen zu, die ihnen entgegenkamen und winkten. Die Brünette stach ihm sofort ins Auge.
"Heiß", murmelte Juan, als sie sich ein Stück weiter in ihre Richtung drehte und er mehr von ihrem anbetungswürdigen Körper sehen konnte. Sie war genau so, wie er Frauen liebte. Kurvig und rassig. Mit braunen langen Locken und diesem provokativen Funkeln in den dunklen Augen.
"Vergiss es", gab Taylor ungerührt zurück und riss Juan damit aus seiner Betrachtung.
Verdammt!
Was zum Teufel wollte Taylor mit diesem Prachtstück? Sie war doch gar nicht sein Typ!
Juan sah zu ihm auf und versuchte nicht allzu finster dreinzublicken. "Du kennst sie?"
"Ja und ich renne ihr schon seit Tagen hinterher, also lass deine Finger von ihr", sagte Taylor und klang dabei für seine Verhältnisse fast schon aggressiv. Noch mal verdammt! Warum musste es ausgerechnet Taylor sein, der die gleiche Frau wollte? Bei fast jedem anderen wäre es Juan egal, aber er mochte Taylor einfach zu gern.
"Ich dachte immer, du stehst auf Frauen wie Zoey." Wie zum Teufel sollte er Taylor nur davon überzeugen, dass Miss Brasilien nichts für ihn war?
"Was meinst du?", fragte Taylor und klang irgendwie genervt. Warum auch immer, schließlich war es Juan, der verzweifelt versuchte, seine Felle am Davonschwimmen zu hindern. "Vollschlank, ohne viele Kurven …", murmelte er, weil sie immer mehr in Hörweite kamen.
"Ist sie doch", sagte Taylor und klang verwirrt. Das war Juan auch, was zum Teufel sah Taylor? War er blind? Juan ließ seinen Blick noch einmal über die Göttin in Blau gleiten und bemerkte dann erst die schlanke Person neben ihr. "Wir reden schon über die Brünette, oder?", fragte Juan.
Taylor lachte und schüttelte den Kopf. "Nur zu, bei der steh ich dir nicht im Weg."
Erleichtert registrierte Juan, wie Taylor die Rothaarige anlächelte. Erneut musterte er die Brünette und spürte, wie ein Lächeln sich auf seinem Gesicht ausbreitete. Ein echtes, was zugegebenermaßen wirklich selten geworden war.
"Hey, Ladys", sagte Taylor, als sie bei den beiden ankamen, und stellte ihnen dann Juan vor. Obwohl er versuchte, so charmant wie möglich auszusehen, ging Amber, wie Taylor die Brünette vorgestellt hatte, überhaupt nicht auf ihn ein. Sie musterte ihn lediglich mit einer erhobenen Augenbraue und würdigte ihn dann keines zweiten Blickes, obwohl Juan extra seinen Sixpack angespannt hatte, damit sie etwas zu sehen hatte.
"Auch bei den Chippendales rausgeflogen?", fragte Amber und lächelte Taylor zu. Juan verstand nicht, was sie meinte, aber Taylors Lächeln sprach von einem Insider. Das machte ihn irgendwie … eifersüchtig. Taylor sollte keine Insider mit Amber haben. Er schob die Hände zurück in die Hosentaschen der Gauklerhose und richtete sich weiter auf, damit seine Schultern noch breiter aussahen.
"Nein, ich tanze nicht", antwortete er trocken. Egal, wie heiß sie war, Witze auf seine Kosten kamen nicht infrage.
"Ist das wieder ein Witz, den ich zu spät verstehe?", fragte Amber an Fay, die Rothaarige, gewandt. Diese zuckte nur die Schultern und sah Taylor auffordernd an. Dabei war es doch Amber, die sich über ihn lustig machte.
"Tut mir leid, ich habe ihn noch nie einen Witz machen hören", sagte Taylor und hatte damit fast recht. In Juans Leben gab es nicht viel zu lachen.
Ambers Augen funkelten belustigt und allein für diesen Ausdruck hätte Juan ihr beinahe alles verziehen. "Schade, ich mag Männer mit Humor."
Juan verzog das Gesicht. Damit war er wohl endgültig durchgefallen. Es störte ihn ein klein wenig, denn er hatte noch nie aufgegeben, wenn er etwas unbedingt haben wollte … In diesem Fall war es einfach nur jemand, den er für sich gewinnen musste.
Sollte eigentlich kein Problem sein.
***
"Nichts Ernstes", antwortete er auf Luces Frage hin ausweichend. Es war nicht ganz gelogen, nur ein bisschen beschönigt vielleicht.
Er verbrachte seine Nächte ja tatsächlich mit Frauen. Auf die ein oder andere Art und nicht als feste Freundin, aber sie waren da und er teilte mit ihnen … verschiedene Teile seines Lebens. Ein Lächeln erschien auf Luces Zügen, das Juans Magen verknoten ließ.
"Eine Freundin erklärt einiges. Die kleine Blondine, mit der Momma Moreno dich gesehen hat?"
Es dauerte einen Moment, bis Juan verstand, wen Luce meinte. Piper war so ziemlich die Letzte, mit der Juan jemals etwas anfangen würde.
Mit kleinen Vorzeigetöchtern konnte Juan überhaupt nichts anfangen. Piper war seine Komplizin, mehr nicht.
Um Luces bohrendem Blick zu entgehen, wandte er sich wieder dem Wagen zu. "Ja, genau die", murmelte er und ignorierte Sandros Gejohle ebenso wie Alessios kaum hörbares Lachen.
Was er aber sehr wohl mitbekam, war, dass Tyson sich ziemlich energisch vom Wagen abdrückte und ging. Was auch immer sein Problem war, Juan würde sich später darum kümmern müssen. In diesem Moment musste er erst mal Luce loswerden.
AMBER
"Hey, Süße, na, was machst du heute Abend?", fragte sie, nachdem ihre beste Freundin Fay ans Telefon gegangen war.
"Taylor hat mich zum Essen eingeladen", antwortete Fay und klang bedauernd.
Dieser Ton führte dazu, dass Amber sich irgendwie armselig vorkam. Ihre Freundin bedauerte sie, weil sie ganz genau wusste, dass sie allein in ihrem Hotelzimmer saß, anstatt wie so oft mit ihr auszugehen.
Irgendwie war alles leichter, bevor Fay Taylor kennengelernt hatte. Also für Amber zumindest. Ihr war durchaus klar, dass dieser Gedanke nicht fair war. Fay hatte es verdient, endlich glücklich zu werden, und doch fühlte Amber sich nun irgendwie … zurückgelassen.
Fay hatte diesen unglaublich heißen Army-Typen, der irgendwie verdammt perfekt war.
Und Amber?
Sie hatte ein paar Freunde, die viel zu selten in der Stadt waren, und im Moment noch nicht einmal eine Wohnung.
Auch durch ihre Wohnsituation im Hotel war sie irgendwie ausgeschlossen. Sie war nicht mehr in ihrem üblichen Viertel, hatte nicht ihre üblichen Bekannten um sich herum und sogar ihre Arbeit wechselte sie im Moment. Dadurch war sie noch nicht einmal tagsüber beschäftigt, was ihr Leben wirklich langweilig machte.
"Schade … ich wollte gerne mal wieder etwas mit dir trinken", antwortete Amber und versuchte nicht ganz so niedergeschlagen zu wirken.
Es klappte wohl nicht sonderlich gut, denn Fay antwortete: "Ich könnte Taylor fragen, ob wir noch ein paar von seinen Freunden einladen und dann alle zusammen den Abend verbringen."
Amber zuckte zusammen. Sie kam sich vor wie ein Charityprojekt. Das war ein absolutes No-go!
"Nein, danke. Wir gehen einfach ein anderes Mal", sagte sie betont fröhlich.
Nicht nur die Aussicht auf einen Abend als die arme, einsame Freundin war furchtbar, Amber hatte auch wenig Interesse daran, Taylors Freunden zu begegnen. Sie waren allesamt riesige Machos, mit denen Amber als starke Frau wenig anfangen konnte.
Die ein oder andere Frau hätte sie wirklich gern geschüttelt und wollte sie fragen, ob sie denn so überhaupt keinen eigenen Willen hatten.
Vor allem wollte sie aber nicht diesem unverschämt heißen Latino begegnen, der auf ihrer Nicht-das-Richtige-für-dich-Liste ganz weit oben stand.
Er war alles, was Amber nicht wollen sollte. Er war zu heiß, zu schön, zu gut gebaut, um jemals nur einer einzigen Frau zu gehören. Solche Typen hatte Amber in ihrem Leben schon zur Genüge kennengelernt. Und selbst ihr war irgendwann aufgegangen, dass ein Sixpack und dunkle, unergründliche Augen nicht ausreichten, um eine funktionierende Beziehung aufzubauen.
Sie waren einfach zu begehrt, um sich dauerhaft an eine einzige Frau zu binden.
Wahrscheinlich war die Verlockung zu groß, um dann noch treu zu bleiben.
Kam zu dem stillen Schönling noch eine absolut atemberaubende Stimme, war es wahrscheinlich um jede Frau geschehen … ein Grund mehr, sich von ihm fernzuhalten. Die Szene am Lagerfeuer war ihr noch deutlich vor Augen.
*TALIN*
Den ganzen Abend lang hatte sie versucht, Juan nicht allzu offensichtlich anzustarren. Er saß einfach nur mit all den anderen am Lagerfeuer und sprach kein Wort.
Wenn er doch einmal auf eine Frage reagierte, war seine Stimme tief, ruhig und so leise, dass Amber sich sehr anstrengen musste, die Worte zu verstehen.
Dass es sie überhaupt interessierte, was Juan sagte, störte sie dabei am meisten. Egal, wie verdammt perfekt der Sixpack war oder wie rauchig seine Stimme klang, Mr. Sexy stand nicht auf ihrem Speiseplan.
Die Gitarre wurde wie immer rund ums Lagerfeuer gereicht und kam schlussendlich bei Juan an. Amber hatte eigentlich damit gerechnet, dass er sie kommentarlos weitergeben würde, tat er aber nicht. Er legte sie sich auf den kräftigen Oberschenkel und begann, ein paarmal an den Seiten zu zupfen.
"Ich dachte, du hast kein Taktgefühl", sagte Amber und versuchte dabei so viel Spott wie möglich in ihre Stimme zu legen.
Schließlich sollte er nicht mitbekommen, dass sie sich auf eine nicht ganz nachvollziehbare Weise zu ihm hingezogen fühlte.
Sie spürte Fays Blick auf sich und ärgerte sich darüber, dass sie überhaupt auf Juan reagierte. Fay konnte viel zu leicht in ihrer Abwehrhaltung dem Latino gegenüber lesen.
Nachdem er die Gitarre noch einmal gestimmt hatte, spielte er die altbekannte Happy-Birthday-Melodie.
Er hob den Blick und fesselte sie mit seinen dunklen Augen. Dann zog er einen Mundwinkel nach oben. "Ich habe nur gesagt, dass ich nicht tanze."
Ohne sie aus den Augen zu lassen, begann er auf Spanisch zu singen.
Seine Stimme war dunkel und tief, schickte ihr in kürzester Zeit Schauer durch den Körper. Allein die Vorstellung, wie sein Atem mit jedem rau hervorgestoßenen Wort über ihren Hals strich, ließ ihren Unterleib verheißungsvoll kribbeln.
"Wow", sagte Fay leise.
Amber hätte ihr gern zugestimmt, konnte ihren Blick aber nicht von seinen vollen Lippen lösen, die sich so sinnlich bewegten. Sie bemerkte erst, dass er verstummt war, als alle am Lagerfeuer sitzenden Personen applaudierten.
Schnell rieb sie sich über die Augen, um das Brennen zu vertreiben, das diese gefühlvolle Stimme darin hinterlassen hatte.
Als sie wieder aufsah und Fays Blick traf, formte diese mit den Lippen: "Heiß!"
Amber schüttelte den Kopf. Es kam überhaupt nicht infrage, dass Fay sie mit diesem Herzensbrecher verkuppelte. "Zu jung, du weißt doch, nur noch 30 aufwärts", wehrte sie schnell ab und erinnerte Fay damit an die Unterhaltung, die sie erst vor zwei Wochen geführt hatten.
Amber wollte einen richtigen Mann, einen, der sich die Hörner bereits abgestoßen hatte und eine Frau für mehr als das Bett suchte. Bis sie diesen Mann gefunden hatte, würde sie sich nur noch auf ungefährliche Affären einlassen.
Juan zählte absolut nicht dazu!
***
"Okay, dann nächste Woche?", fragte Fay und riss sie damit aus ihren Gedanken.
"Ja, nächste Woche. Viel Spaß heute Abend!"
Fay bedankte sich und sie beendeten das Telefonat. Amber ließ sich rücklings aufs Bett fallen und schloss die Augen. Ihr Leben war irgendwie verdammt langweilig geworden, dabei hätte mit dem Jobwechsel doch alles besser werden sollen.
Denk nicht so negativ! Es wird alles noch besser! Du musst den neuen Job ja auch erst einmal anfangen!, schalt sie sich selbst.
Bald würde sie ihren neuen Job antreten. Bei JB-Industrials wurde ihr sogar eine erstklassige Wohnung zur Verfügung gestellt.
Sobald alles bereit war, würde sie also alle Hände voll zu tun haben. Nicht nur der Umzug und die Neuorientierung.
Auch das Einleben in ihren neuen Job würde sie beschäftigen.
Bis dahin würde sie sich einfach ein paar Freizeitbeschäftigungen suchen müssen, für die sie keinen ihrer Freunde brauchte.
Sport zum Beispiel, auch wenn allein der Gedanke sie genervt den Mund verziehen ließ. Sie würde eine alternative Lösung finden, da war sie sich sicher.
AMBER
Nervös biss sie sich auf ihre Unterlippe, während sie immer wieder unschlüssig die Telefonnummer anstarrte, die sie auf ihrem Handy eingespeichert hatte.
So ganz konnte sie sich einfach noch nicht dazu überwinden, eine Nachricht zu senden. Es war irgendwie … erniedrigend.
Das Schreiben dieser Nachricht war, als würde sie bei dem Treffen der Anonymen Alkoholiker aufstehen. "Hallo, ich bin Amber, und ich habe keinen Mann, mit dem ich Sex haben kann." Upturn!
Es war nicht unbedingt so, dass sie niemanden finden würde. Sie wusste, dass sie trotz ein paar Kilo zu viel durchaus attraktiv war. Die Kurven waren fast so, wie Männer sie im Normalfall mochten. Üppige Brüste, ein praller Hintern … okay, Oberschenkel und Bauch könnten ein bisschen weniger vertragen, aber nobody is perfect, oder?
Dazu war es mit knapp einem Meter siebzig nicht schwer, einen Mann zu finden, der größer als sie war, selbst wenn sie ihre geliebten High Heels trug.
Auf sich selbst wütend warf sie das Handy auf das Bett und ging zurück zum Spiegel.
Die langen braunen Locken fielen gleichmäßig auf ihre Schultern. Die energisch geschwungenen, dunklen Augenbrauen hatte sie wie so oft kritisch zusammengezogen. Dadurch wirkten ihre dunklen, leicht schräg gestellten Augen irgendwie finster.
Fay sagte immer, das sei ihr "Sprich mich nicht an"-Blick, den sie meistens in größeren Menschenmengen benutzte. Genervt zog sie die Nase kraus. Als diese dadurch nur noch kleiner und niedlicher aussah, presste die die vollen Lippen zu einem schmalen Strich. Es konnte doch verdammt noch mal nicht so schwer sein, einfach da rauszugehen und sich einen Mann zu angeln, oder?
Es dauerte keine zehn Sekunden, als dieser Ehrgeiz auch schon wieder verflog. Denn es war genauso schwer, wie es sich anhörte.
Sie war einfach nicht der Typ, der von sich aus irgendjemanden ansprechen konnte. Es waren immerhin fremde Menschen, was zum Teufel sollte sie da schon sagen?
"Hi, ich bin Amber und auf der Suche nach einem Mann für eine heiße Nacht?"
Nie im Leben!
Ganz davon abgesehen, dass ein Korb für ein sowieso nur zeitweise existentes Ego die Hölle wäre. Auch wenn sie es niemals vor irgendjemandem zugeben würde, sie traute sich ja noch nicht einmal, den Blickkontakt zu einem Fremden zu halten.
Warum?
Ganz einfach, sollte er dann doch nicht ins Beuteschema passen, wurde man ihn nicht mehr los. Oft genug in einem der seltenen Anflüge von Mut – manchmal alkoholbedingt – versucht.
Wenn also fremde Menschen nicht zur Debatte standen, blieben nur noch Freunde oder Freunde von Freunden. Beides endete für gewöhnlich in einem Desaster. Eine von beiden Parteien wurde zum Schluss nur verletzt. Zumeist sie selbst.
Eigentlich war nämlich immer ausgemacht, dass es nur ein One-Night-Stand werden sollte. Sie selbst hatte keine Zeit für eine Beziehung. Vor allem für keine, die sowieso nicht auf Dauer ausgelegt war.
Job, Freunde, Familie, Hobbys, Schuhe – kein Platz für einen Mann. Weder in ihrem Leben noch in ihrer Wohnung, wenn sie denn dann mal wieder eine hatte.
Sofern er kein völliger Versager war, konnte Amber auch mit wirklich jedem Mann Spaß haben. Denn im Gegensatz zu der Annahme der meisten konnte Sex auch einfach verdammt gut sein, ohne einen Orgasmus zu haben.
Und hey, worst case musste frau sich eben selbst helfen. Ihr ging es eher darum, etwas zu teilen, sich zu verausgaben, intim zu sein. Der Höhepunkt war nur die Kirsche auf dem Eisbecher.
Das Problem war, dass Freunde sich oft dazu … hm, was genau war es eigentlich? Fühlten sie sich verpflichtet? Genötigt? Wie auch immer, auf jeden Fall bekam sie jedes Mal, nachdem sie getrennte Wege gegangen waren, Nachrichten.
Ganz süß eigentlich, oder? Das machte es irgendwie weniger zweckmäßig und freundlicher. Es fühlte sich nicht mehr einfach so an, als hätte man sich gegenseitig ausgenutzt.
Und weil Mann dann eben so nette Dinge schreibt, antwortete Amber in der Regel genauso nett. Ein paar süße Egobooster.
Meist völlig überzogen, da er nicht halb so gut war, wie frau ihn glauben ließ, aber frau wollte ja auch nie jemandem auf die Füße treten.
Das Problem war nur, dass damit das ganze Dilemma anfing. Nette Nachrichten, das nächste Mal ein Essen, bevor man zusammen ins Bett stieg, und zack, dachte sich diese völlig unpraktische weibliche Seite, dass da vielleicht doch mehr sein könnte. Auf einmal waren da Erwartungen, von denen er schlicht nichts wissen konnte.
Plötzlich fühlte es sich verdammt beschissen an, wenn er nicht wie in den Wochen zuvor sofort zurückschrieb, wenn er auf einmal keine Zeit hatte, das Date öfter verschob oder schlicht unbemüht war. Und fast schon automatisch überlegte ihr Kopf, wo genau sie einen Fehler gemacht hatte, obwohl da in den meisten Fällen so gar nichts war. Und genau das hinterließ jedes Mal eine riesige Emotionsblase, obwohl es eigentlich überhaupt nichts zum Darüber-nachdenken gab.
Es war nicht so, dass sie auf einmal auf der Suche nach dem Mann fürs Leben war, aber was im ersten Moment noch perfekt gepasst hatte, bereitete ihr völlig unvermittelt Bauchschmerzen. Ob nun sozial hypersensibel oder emotional mit riesigen Antennen ausgestattet, wie auch immer, es war schlichtweg unangenehm.
Ergo: Sie konnte keinen Mann kennenlernen und keinen aus ihrem Bekanntenkreis haben.
Was blieb also noch zur Auswahl?
Internetbekanntschaften? Nein, danke!
Wer wusste schon, was man sich da so ins Haus … beziehungsweise ins Hotelzimmer holte? Zugegebenermaßen, Amber hatte es sogar ein paarmal versucht. Aber irgendwie tummelten sich in solchen Foren auch nur Freaks. Vielleicht angelte sie sich zum Schluss noch einen Serienmörder?
Wenn also all die normalen Wege den perfekten Mann für eine Nacht zu finden ausschieden, blieb ihr doch schließlich nur noch eine Option. Sich einen Mann zu kaufen.
Einen Callboy eben, oder? Ein Blick auf ihre Armbanduhr bestätigte, dass genau 45 Minuten seit dieser Erkenntnis vergangen waren.
Fünfundvierzig Minuten, die sie neben schier endlosen Selbstgesprächen damit verbracht hatte, Callboy und Boston in ihre Suchmaschine einzugeben. Knapp 400.000 Ergebnisse hatten sie zugegeben genauso überfordert wie die reißerischen Überschriften der Websites.
Schlussendlich hatte sie beinahe blind auf eine der oberen Seiten geklickt. Die Seite war sehr dezent gehalten und gleich das erste Bild sehr ansprechend.
Zu sehen war nur der Bildausschnitt zwischen Nase und Leiste. Laut Beschreibung genug, um sich einen Eindruck zu verschaffen, und so zurückhaltend, dass die Privatsphäre der Models nicht gefährdet wurde.
Eindruck machte der breite Brustkorb, der ausgeprägte Sixpack und die starken Arme auf jeden Fall. Die Haut dieses Adonis war milchkaffeefarben. Dazu ein recht ansprechender Text, dass Mica ihr all ihre Wünsche erfüllen würde. Sehr unwahrscheinlich, denn solche Männer gab es nur in Büchern.
Weil man ja nicht gleich den ersten Gaul kaufen sollte, scrollte sie noch ein wenig nach unten. Gruselige Modelle. Fast alles dabei, von Omas Liebling, über den klassischen Welpen, bis hin zum Serienkiller. Ohne bis zum Ende zu scrollen, ging sie zurück zu Mica und speicherte die angegebene Telefonnummer.
Nach ungefähr eintausend Versionen ihrer Nachricht hatte sie die letzte noch immer geöffnet.
A: Hey Mica, hab deine Nummer von den Boston-Callboys. Hättest du spontan heute Abend Zeit?
Bevor sie es sich noch einhundertmal anders überlegen konnte, drückte sie auf Senden und warf das Handy zurück aufs Bett.
Alles halb so wild, versuchte sie sich und ihr rasendes Herz selbst zu beruhigen.
Immerhin ging es doch um nichts. Sollte sie irgendetwas falsch verstanden haben oder falsch formuliert haben, war es ganz egal! Da waren doch noch 400.000 Seiten mit anderen Männern, bei denen sie einen neuen Versuch starten konnte.
Während sie sich die halterlosen Strümpfe überzog, hörte sie das Vibrieren ihres Handys auf dem Bett.
Mitten in der Bewegung erstarrte sie, ehe sie ganz langsam den Strumpf weiter nach oben zog. Dann griff sie nach dem Telefon und öffnete die eingehende Nachricht von Mica.
M: Hey Babe, du hast Glück, ich habe heute noch nichts vor. Woran hast du gedacht?
Einen Moment starrte sie irritiert auf das Babe, ehe ihr auffiel, dass sie ihren Namen nicht dazu geschrieben hatte. Gut so, Mica brauchte ihn schließlich nicht zu wissen.
Nur was genau hatte sie denn geplant? Von unkompliziertem Sex einmal abgesehen. Sie sah sich in dem Hotelzimmer um, das sie für knapp einen Monat bewohnte, bis sie ihre neue Wohnung beziehen konnte. Die Minibar war gut bestückt und das Hotel bot 24-Stunden-Roomservice. Warum also sollten sie sich irgendwo anders treffen?
Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie zögerlich eine Antwort tippte.
A: Drinks im CB-Resorts und eine hoffentlich angenehme Nacht?
Ihr Herz pochte wie verrückt, während sie auf die Antwort wartete. Völlig unbegründet. Sie war der Kunde, sie musste sich eigentlich keine Gedanken machen.
Dennoch änderte es nichts an ihren Gefühlen, die sich genau deshalb in eine Mischung aus Trotz und Wut verwandelten.
Genervt warf sie das Handy zurück aufs Bett und zog sich das schwarze, knielange Kleid über. Schick, aber nicht overdressed und vor allem unkompliziert zum Ausziehen. Dann legte sie dezentes Make-up auf, bis das Vibrieren des Handys sie zusammenzucken ließ.
M: Hört sich gut an. Overnight wären 700 Dollar all inclusive. Könnte in zwanzig Minuten da sein.
Blinzelnd starrte sie auf das Display. 700 Dollar. Verdammt viel Geld. Aber schließlich las man ja auch andauernd, dass es sich wirklich lohnen würde, und Mica schrieb in seiner Beschreibung ja auch sehr optimistisch, dass er alle Wünsche erfüllen würde. Also warum nicht?
Sie setzte sich auf das Bett und lehnte sich mit dem Rücken an das Kopfteil. Jetzt oder nie, ein zweites Mal würde sie diesen Versuch bestimmt nicht wagen.
A: Okay. Zimmer 306.
M: Freu mich. Bis gleich, Babe.
Plötzlich wurde ihr ganz schwer auf der Brust. Das war … irgendwie krank. Wie viel tiefer konnte man denn noch sinken? Einen Mann für Sex zu bezahlen, weil man es nicht fertigbrachte, sich einfach einen One-Night-Stand aufzureißen?
Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die brennenden Augen.
Sie durfte jetzt nicht heulen. Er würde jeden Moment vor der Tür stehen. Was aber nichts daran änderte, dass sie sich fühlte, als wäre sie das letzte Stück Scheiße. Schwer vermittelbar, wie einer von Ellas alten Hunden. Oder nein, denn diese mussten niemanden dafür bezahlen, sie dann bei sich aufzunehmen.
Hör auf damit!, schimpfte sie sich selbst und setzte sich aufrecht hin.
Es war gar nicht so schlimm. Menschen auf der ganzen Welt machten das. Aus Bequemlichkeit oder was auch immer. Entschlossen ging sie zur Minibar und mixte sich einen Rum mit Cola.
Sie würde diese verdammten 700 Dollar voll ausnutzen. Die erste Mischung hatte sie bereits getrunken, während sie sich die High Heels anzog. Die zweite setzte sie gerade an die Lippen, als ihr Handy erneut vibrierte.
M: Ich bin da. Soll ich gleich hochkommen, oder brauchst du noch einen Moment?
Vollprofi, dachte sie und schloss die Augen im verzweifelten Versuch, die Unsicherheit zu vertreiben.
Es war doch genau das, was sie wollte. Einen Profi, einen Mann, der genau wusste, was er tat und bei dem sie einen Moment lang nicht nachdenken musste. Natürlich musste er dafür ein Profi sein. Wie auch nicht?
Mit zitternden Fingern tippte sie die Nachricht.
A: Komm hoch.
Den zweiten Drink trank sie auf Ex und hatte gerade noch Zeit, ihr Outfit zu überprüfen, als es schon an der Tür klopfte.
JUAN
Lässiges Lächeln, einen Arm am Türrahmen abgestützt und los. Äußerlich entspannt klopfte Juan an die Tür des Hotelzimmers. Sein Lächeln fiel aber schlagartig in sich zusammen, als er sah, wer genau ihm da die Tür öffnete.
"Amber?", fragte er völlig perplex. Wenn er einen Menschen nicht hinter dieser Tür erwartet hätte, dann sie. Was zum Teufel wollte sie hier?
Verwirrt sah er auf die Zimmernummer. Vielleicht hatte er sich vertan. 306, tatsächlich.
"Juan? Was … ähm … tust du hier?", fragte sie und klang sehr nervös. Sie drückte sich an ihm vorbei und sah den Flur entlang, als würde sie jemand anderen erwarten.
Jetzt erst bemerkte er das kurze, schwarze Kleid und die High Heels.
Wut stieg in ihm auf. War das verdammt noch mal ihr Ernst? Sie ließ ihn eiskalt abblitzen und bestellte sich dann einen Callboy?
"Ich glaube, du hast mich bestellt, Babe", raunte er absichtlich nah an ihrem Ohr.
Die Art, wie sie zusammenzuckte, bestätigte seinen Verdacht nur. Weil er auf gar keinen Fall Aufsehen in Cathrin Blacks Hotelflur erregen wollte, schlang er einen Arm um ihre Mitte und schob sie ins Zimmer.
Als er die Tür ins Schloss warf, zuckte sie erneut zusammen. Seine Kiefer mahlten, so sehr ärgerte er sich über Amber und ihre beschissene Idee, sich einen Callboy zu holen.
"Ich … ähm … du bist Mica?", fragte sie schließlich stotternd.
Juan legte seinen Kopf schief. "Bin ich. Enttäuscht?"
Amber schüttelte den Kopf und wich ungewöhnlich passiv zurück.
"Okay … das war ein Fehler. Sorry."
Die Art, wie sie sich nun vor ihm zurückzog, machte ihn nur noch wütender. Was zum Teufel sollte das alles? Sie hatte es doch bei Gott nicht nötig, sich einen Callboy zu bestellen.
Er sah ihr ganz genau an, dass sie ihn wieder loswerden wollte. Wahrscheinlich würde sie sich direkt im Anschluss einen anderen Callboy suchen.
Wie oft sie das wohl schon gemacht hatte? Und vor allem warum? Warum ließ sie ihn immer wieder auflaufen, wenn sie sich fast schon im gleichen Atemzug genau so einen Mann für viel Geld auf ihr Zimmer bestellte?
Ehe sie aussprechen konnte, was in ihrem hübschen Köpfchen vor sich ging, zog er sich die schwere Lederjacke aus und hängte sie an die Garderobe.
"Vergiss es. Die siebenhundert sind fällig mit Terminvereinbarung, also kannst du es auch ausnutzen", sagte er und wunderte sich beinahe selbst, wie verdammt kalt seine Stimme klang.
Es war die Wut, die sie mit dieser Aktion in ihm geschürt hatte. Irgendetwas in ihm hatte beschlossen, dass Amber ihm gehörte. Dass sein Mädchen sich einen Callboy bestellte, war ein Schlag in die Magengrube.
Sie sah ihn verdutzt an, als hätte er gerade verkündet, dass er am liebsten kleine Hundewelpen zum Frühstück aß.
"Du willst das wirklich durchziehen?", fragte sie dann und verschränkte die Arme vor der üppigen Brust. Er konnte nicht mehr zählen, wie viele hundert Mal er sich vorgestellt hatte, sein Gesicht und seinen Schwanz zwischen diesen großen Brüsten zu vergraben.
Allein der Gedanke, dass beinahe einer seiner Kollegen ebendieses Privileg gehabt hätte, machte ihn unglaublich sauer.
"Ich hätte dich auch so genommen, aber du wolltest mich ja lieber dafür bezahlen", platzte es aus ihm heraus, ehe er sein gekränktes Ego beherrschen konnte.
Auch Amber schien sich nicht sonderlich gut im Griff zu haben, denn schon in der nächsten Sekunde brannte ihre Ohrfeige auf seiner Wange.
Ihr erschrockenes, verletztes Keuchen und der beißende Schmerz in seinem Gesicht brachten seine Wut wieder unter Kontrolle. Langsam wandte er ihr den Blick zu. Sie starrte ihn aus schreckgeweiteten Augen an und hatte eine Hand vor den Mund geschlagen.
"O Gott … o Gott, es tut mir leid", keuchte sie und zitterte dabei leicht. Ohne weiter darüber nachzudenken, schlang er seine Arme um sie und zog sie mit einem Ruck fest an seine Brust.
"Nein, Cara, es ist meine Schuld. Ich war ein Arschloch", flüsterte er.
Er verfluchte sich selbst dafür, dass er so sehr an ihrem Stolz gerüttelt hatte, bis er sie völlig aus der Fassung gebracht hatte.
Amber war kühl, überlegen, selbstsicher. Er hatte ihren wunden Punkt gefunden und zielsicher hineingestochen. Nicht gerade die feine englische Art.
Er stützte sein Kinn auf ihren Scheitel und versuchte das Gefühlschaos in seinem Inneren zu sortieren. Er durfte sich jetzt nicht auf das völlig irrationale Bedürfnis konzentrieren, dass sie ihm gehören sollte. Denn das tat sie nicht, und sie war immer noch eine freie Frau, die tun und lassen konnte, was sie wollte.
Vielleicht hatte ihm das hier alles sogar ein klein wenig leichter gemacht? Vielleicht konnte er endlich herausfinden, warum zum Teufel sie sich mit Händen und Füßen gegen ihn wehrte, obwohl sie anscheinend doch nicht ganz abgeneigt gegenüber seinem Körper, Männern und Sex zu sein schien.
Als sie beide sich ein kleines bisschen erholt zu haben schienen, sagte er leise: "Okay, noch mal von vorn. ¡Buenas noches! Wie geht es dir, Cara?"
Er könnte schwören, dass sie kaum hörbar seufzte, doch als sie den Kopf in den Nacken legte, waren ihre Augen klar.
"Das ist keine gute Idee, Juan", sagte sie leise, beinahe bedauernd.
Er versuchte nicht erneut die Wut die Oberhand gewinnen zu lassen, sondern sachlich zu bleiben, als wäre sie wirklich nur ein x-beliebiger Job.
"Warum? Ich bin das, was du wolltest, bis auf die Tatsache, dass wir uns kennen … was es ehrlich gesagt sogar leichter macht", fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu.
Noch so ein Phänomen. Immer wenn er Amber ansah, wollte er lächeln. Den ganzen Tag über hatte er nicht das Bedürfnis dazu, aber sobald seine Gedanken zu ihr gingen, begannen seine Wangen zu zucken.
"Genau das ist doch das Problem. Eben weil wir uns kennen, ergibt sich daraus eine ganz andere Erwartungshaltung."
Juan ließ es zu, dass einer seiner Mundwinkel nach oben wanderte.
"Ich kann Freundschaft und Geschäft sehr genau auseinanderhalten, Babe. Wenn du darauf bestehst, bekommst du noch nicht einmal einen Freundschaftsrabatt."
Ihre Augen funkelten amüsiert. "Du würdest das tatsächlich abkassieren?"
Er zuckte die Schultern.
"Immerhin fehlt mir sonst das Einkommen einer ganzen Nacht."
Ihr Blick wurde forschend, aber auf dieses Thema würde er mit ihr ganz bestimmt nicht näher eingehen. Stattdessen beschloss er, sie mit seinem Körper zu überzeugen. Er beugte sich zu ihr und fuhr mit seinen Lippen spielerisch über ihre. Sie waren genauso weich, wie sie aussahen, schmeckten genauso verführerisch süß, wie er es sich ausgemalt hatte.
Ihre Hände schoben sich auf seine Hüften, streichelten ihn federleicht durch den dünnen Stoff des Shirts.
"Wie wärs damit", flüsterte er, weil sie noch immer zu zögerlich war. "Wir versuchen es einfach. Ohne Erwartungen. Es wird nichts an unserem Verhältnis ändern, versprochen."
Sie lehnte ihre Stirn an seine Brust. "Du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht stimmt", sagte sie leise, beinahe verzweifelt.
Juan legte ihr seine Arme um die Mitte, zog ihren Körper noch näher an seinen und wiegte sie dann im Rhythmus einer Melodie, die nur er hören konnte. Er würde verdammt noch mal alles dafür geben, endlich einen kleinen Schritt vorwärtszukommen. Amber geisterte schon viel zu lange durch seinen Kopf. Er wollte sie, unbedingt.
Sie legte den Kopf in den Nacken und sah lächelnd zu ihm auf. "Ich dachte, du tanzt nicht."
Er beugte sich zu ihr, verschloss ihre Lippen mit seinen und genoss diesen Kuss, den er sich seit so vielen Monaten wünschte.
Eine Hand auf ihrem prallen Hintern zog er sie noch näher an sich, schob ein Bein zwischen ihre Oberschenkel, bis ihre Mitte sich an ihm rieb. Dann küsste er sich von ihrem Mund ihren Kiefer entlang bis zu ihrem Ohr.
"Das ist kein Tanz, Cara, das ist Vorspiel", raunte er und presste sie noch fester an sich, als sie sich von ihm zurückziehen wollte.
Ihr Stöhnen war Antwort genug. Sie wollte ihn genauso wie er sie. Sein Verlangen pulsierte schmerzhaft in seinem Schwanz, und er musste sich beherrschen, nicht sofort über sie herzufallen. Immer wieder ermahnte er sich selbst, dass es um sie ging, dass das seine einzige Chance sein würde, Amber zu verführen.
Er griff in ihre Haare, bog ihren Kopf zurück und küsste sich ihren Hals entlang. Ihr Wimmern war Musik in seinen Ohren, trieb ihn weiter an und sorgte dafür, dass er ihren Körper wie im Rausch erkundete. Seine Finger fuhren die Linie von ihrem schlanken Hals entlang bis zum Träger ihres Kleides, den er ihr von der Schulter schob. Seine Lippen folgten dieser Spur, bis ihre Fingernägel sich auffordernd in seinen Nacken gruben.