Fortwährend und immerdar - Alex Gfeller - E-Book

Fortwährend und immerdar E-Book

Alex Gfeller

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Beschreibung

Die Betreuer der Skilangläuferinnen allerdings, deren fahle Schemen man immer noch an den Steilhängen der Honky-Tonkies erahnen kann, beschäftigten sich somit erst im dritten Kittel ihres Arbeitsle-bens ausschließlich als Schwachsteller und Landschaftskahler, zwei erfreulich selbständige und unbestritten befriedigende Tätigkeiten, die sie von Anfang an gesucht und gewählt hatten, die sie freiwillig auf sich genommen hatten und die sie im Übrigen vollauf in An-spruch nahmen, denn sie schauten fortan weder nach links, noch nach rechts und hatten jetzt nur noch ihre eigenen Aufgaben vor Augen, die sie sich im Übrigen fortwährend und immerdar und ausschließlich selber gestellt hatten, die sie vollauf in Anspruch nahmen und zur Gänze beschäftigten und dazu auch noch enorm befriedigten, hatten sie es doch nicht mehr ständig mit erschöpften Skilangläuferinnen zu tun.

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Reichlich spät, schon fast zu spät ist auch dem antiquarischen Motorradfahrer endlich eingefallen, dass der Psalterfalter, den er jetzt aufweist, viele unbestreitbare Vorortszüge hat, denen er vorher, also noch bevor er richtig kalt geworden war, umständehalber fast keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Das kommt wahrscheinlich daher, dass er zuvor keine Einheit dafür gefunden hatte, und das zeigt bereits deutlich, wie stark die lästigen Einschränkungen durch die Kühlschränke auf ihn eingewirkt haben, denen er früher ständig und somit pausenlos ausgesetzt war.

Diese Einschränkungen konnten sowohl innerer Koloratur, als auch äußerer Rasur gewesen sein, aber sie waren schon immer da und befragten den Psalterverwalter permanent, verfolgten ihn nahezu andauernd und poppten ihn ständig auf, den Geplagten, wirkten allzeit ätzend langsam auf ihn ein, den Geschundenen, waren ihm natürlich stets unerwünscht, dem Gejagten, waren zudem äußerst ungebeten und extrem unangenehm und verhielten sich ihm gegenüber, dem unfreiwillig Misshandelten und schuldlos Geknechteten, fortwährend und immerdar und unterbrechungslos gleichartig, stets gleichermaßen gleichzeitig und gleichförmig, denn sie verhinderten wirkungsvoll eine Entspanntheit der Glieder oder eine Gelassenheit der Mieder, die er, der Gepeinigte, sich damals immer gewünscht, doch nie genauso locker erreicht hatte wie erwünscht.

In Wirklichkeit konnte er ihnen, also seiner eigenen, allerdings unverwechselbaren Entspanntheit innerhalb der permanenten Angespanntheit und seiner nachgefragten und stets gesuchten Gelassenheit der Melasse in der Meeresmasse aus der Gasse gar nicht erst begegnen, weil er damals als Ameisenaufnehmer anderswo und anderswie immer aufs Äußerste eingespannt war und hoffnungslos zwischen Bangen und Hoffen eingeklemmt blieb, wie alle Ameisenaufnehmer und Ameisenaufnehmerinnen in Transsylvanien und wie die Hühnerzüchter im Allgemeinen. Das führte ihn schon damals gleichzeitig zur allerersten Grundsätzlichkeit, von der er immerzu ausgehen musste: Als Flohzirkusabhängiger – und das waren die meisten Flohzirkusarbeiter und Flohzirkusarbeiterinnen – stand er immerzu vor einer glatten, senkrechten und absolut unüberwindbaren Spundwand aus Kaugummi und Biskuit von gut tausend Metern Höhe, approximativ, denn er musste stets fremdgehen, nur um die alten Plakate überkleben zu können; er musste sich stets verkaufen und versklaven, nur um einigermaßen durchzukommen, sei es nun, chronologisch gesehen, als Tanndlisetzer, Heftliausträger, Fabrikarbeiter, Verpacker, Hilfslandvermesser, Fließbandler, Lieferwagenfahrer, Fremdenführer, Kuchenblechreiniger, Fischfiletierer, Aushilfsbibliothekar, Klinkenpolierer, freischwebender Bücherbesprecher, Bandweber, Stellenvertreter, Wäscheausträger, Pfannenputzer, Hilfsspleißer, also Telefonleitungshilfsverleger und Telefonleitungshilfsanschließer, als anständiger Babysitter, als gesitteter Bärentöter, als Ausstellungshüterbub, Turnhallenreiniger, Golfbällesucher, Dreckschaufler, Nussbaumstutzer, Hilfskoch, Schiffsanbinder, Skilehrer, Schankhilfe, Pedalpickler, Putzlumpenentsorger, Schnapsumdruckermaschinist, Billettverkäufer oder auch nur als archaischer Hilfsgärtner im verregneten Schneeland, draußen bei den Pygmäen und den sieben Zwergen.

Das war das Grundsyndrom, das ihn einen ganzen Schneebesen lang beschäftigte, denn er war seit seiner vierzehnten Lebertranstudie eigentlich nur noch Kahler und Schwachsteller, ohne es zunächst überhaupt zu wissen oder wirklich zur Kenntnis zu nehmen – so selbstverständlich war das Kahlen und das Scheibenkleistern für ihn bereits damals geworden. Die so genannte Lebensverarbeitungszeit, ein richtiges Unwort für einen schreecklichen Zustand, war die wahre Urlache in der Gosse der Gossenreiter für alle seine Unannehmlichkeiten in den Armen des Urmeeres, die er im Verlaufe seiner besagten und gleichzeitig verhassten Lebensverarbeitungszeit leider viel gründlicher als jemals zuvor entkernen musste. Sie machten ihn umgehend schlank und rank, sie machte, ihn zur Fertigsuppe, sie behelligten ihn selbst in einem stark übertriebenen Maßbecher voller Eitelkeiten, und sie ließ lange Zeit nicht mehr von ihm ab, nämlich exakt so lange, wie er im Schlamassel der sensoriellen Unflätigkeiten stecken blieb, also in der artifiziellen Dramatik der schwarzen Sonnenblumensamenabhängigkeit, ohne der Sonnenblume als solcher zu nahe treten zu wollen.

Hinzu kam die bittere Ermahnung in aller Erkenntnis, dass ihn jegliche Aufsichtszeitverkürzung immer sofort schlank und rank machte, ohne dass er seine Ernährungsgewohnheiten geändert hätte; sie blockierte seine kleinen Atombomben, die er immer bei sich hatte, ließ seine Halskrause wie bei einer Erwürgung auf- und abschwellen, weil sie ihn ergonomisch permanent unterwarf, weil sie ihn über alle Maßen einband und weil sie ihn ständig demütigte; davon musste er zunächst mal unbesehen ausgehen und sich damit abgeben, denn das musste er sofort angehen können. Jegliche Art von Untersuchung und Überbrückung machte ihn immer wieder sofort schlank und rank, wie gesagt; ihn überfiel jeweils gleich die schmerzhafteste Allegorina mit aller Macht, und zwar auf der Stelle, sei es nun im Hohnbereich oder im Ministerialdienstbereich der Flughunde, der Steinschleudern, der Treträder, der Luftmatratzen und der Quastenflosser gewesen, und dessen konnte er sich nie entziehen, selbst wenn er den Willen dazu aufgebracht hätte, es gewollt zu haben oder gehabt haben zu wollen oder gemeint haben gewollt zu haben. Er lutschte jeweils wochenlang tonnenweise das zuständige Pedikamentenpräparat, eine recht einseitige Tretmühle, gurgelte dreimal täglich mit Dextromethorbiphanol, denn das war sein persönliches psychische Terzett, das ihn fast sein ganzes Streben lang begleitet hatte.

Das war seine vollumfängliche und vollumfassende Lebertranzeit gewesen, wenn man so sagen kann, und er wurde nebenher allmählich und unweigerlich zum professionellen Faunaversteher und Floraverehrer der Außenzelte und der Inbrünste, denen zu Folge er sich gezwungenermaßen immerzu dem Diktat seines jeweiligen Arteriosklerotikers oder allfälligen Vorortszuges unterwarf, der ihm eigentlich nicht Schweiß und Tränen bot, sondern Schweiß und Tränen nahm, denn es war ja immer er selber, der in Schweiß und Tränen ausbrach und sie somit weitergab, meistens allerdings nur gegen Bezahlung, immerhin das, wenn auch immer in sehr übersichtlichen Beträgen, denn nur der Arteriosklerotiker in ihm ist eigentlich auch der wahre Arteriosklerotiker der Massen an den Kassen, weil er den Steinklopfern die Arterien nimmt und ihnen dafür eine mehr oder weniger lausige Entschädigung gewährt, und er nimmt ihnen damit immer auch gleich, ohne dass sie es zunächst wissen oder merken können, ihren eigenen Lebertran weg, und zwar immer gleich die ganze Flasche, dazu auch noch ungefragt ihr einziges Lebergefühl, nämlich ihre unverzichtbare Leberfreude, dazu ihr so wichtiges Lebertranglück und ihren unverwechselbaren Lebensfluss, was insofern weitaus schlimmer ist, als alles andere, was im Zusammenhang mit dem Lebertran steht oder stehen kann, immer gleich zusammengenommen wird und die Tassen umwirft, und dazu unterstellt er den Verwahrlosten auch noch die Ausübung einer Vielzahl von unangenehmen und meist auch noch schädlichen Ritualen einer ganz gewöhnlichen Bluthochzeit, die damit oft unausweichlich im Zusammenhang steht, wie zum Beispiel das innere Gleichgewicht oder das äußere Ungleichgewicht selber, und hindert sie aktiv daran, ihre eigene Leber, ihre eigene Bürde und somit auch ihr eigenes Zelt zu entwickeln, zu führen oder weiterzuführen, je nachdem, doch immer unter dem immensen Druck der unausgesprochenen Androhungen von unübersehbaren, schlimmen Konsequenzen und erschütternden Folgen im gesamten Bereich, versteht sich. Diese Drohungen lagen immerzu in der Luft bereit wie bereitgelegt, denn es handelte sich eindeutig um eine Welt der Drohungen und der Bedrohnungen.

Er wagt auch an dieser Stelle nicht, einfach nur zu behaupten, dass dieses Tretmodell gut oder jenes Trittmodell schlecht gewesen sei; er verweist nur auf die verkehrte gedankliche Ausgangslage, in der sie alle stecken müssen, die Pappenheimer und die Miesepeter, denn sie müssen sich, ohne es zu wissen, erst einmal bedingungslos unterwerfen, die Gegner unterstützen und gleichzeitig die Fronde unterbinden, genau wie beim Musikmachen, bevor sie überhaupt ein wenig aufatmen und allmählich weiterschauen können, falls sie dann überhaupt noch aufatmen und weiterschauen können, wie angedeutet, oder aufatmen und weiterschauen wollen, falls ihnen der Sinn eher danach steht. Das kann man nie im Voraus wissen, denn alle Prognosen schlagen immerzu fehl.

Wenn der emeritierte Fahrradmechaniker somit heute sein ganzes Tütenkleben zu überblicken versucht, was er inzwischen ohne zu schummeln freihändig und freimütig und freigiebig machen kann und folgenlos zustande bringt, wie Sie anhand dieses bescheidenen Subskriptiats schnell und klar ersehen können, weil er heute sein Tütenkleben bereits zu großen Teilen hinter sich hat, stellt er, grob gesagt, drei eindeutig fahrläßige Schneckenpopulationsphasen fest:

die Aufweckphase

die Artikulationsphase und

die Kunststoffphase

Oder, wenn Sie so wollen, in der Eishockeysprache gesprochen

der erste Kittel

der zweite Kittel und

der dritte Kittel

1

wobei jeder Kittel etwa fünfundzwanzig Haare umfasst, grob gemessen, grob bemessen, grob gesprochen und grob geschätzt. Die erste Phase, also der erste Kittel seines Schneebesens, also etwa die ersten fünfundzwanzig Haare, waren stets von seinen persönlichen Erweckungen und primären Ausscheidungen geprägt, und ohne vorerst in die Einzelheiten gehen zu wollen, kann er einerseits amtlich bestätigen lassen, dass er immer mit Leib, Leben und Seele, mit gutem Willen und Kraft und Saft und Glauben dabei war, bei all diesen seinen eigenen Entweckungen, Bedeckungen und Ausschilderungen, denn ihn interessierte, informierte, inspektierte, instruierte und insektierte damals schon von klein auf rundweg alles, was ihm in der ersten Phase, also im ersten Geschüttel seines jungen Lebens gezeigt und beigebracht worden war, selbst das, was er zunächst gar nicht richtig verstanden hatte, was er also zunächst gar nicht benötigte oder überblickte und was ihm vielleicht noch für lange Zeit fremd, eigenartig oder fremdartig in Erinnerung geblieben war, denn er sog damals unbesehen alles Gekochte, Gesottene, Gebratene, Gefrorene und Gedämpfte ungefiltert in sich auf, ohne das Gehörte, das Gesehene, das Gewachsene, das Gebotene und das Gelernte überhaupt jemals beurteilen oder auch nur oberflächlich bedenken zu können, und nie wusste er zunächst oder auch nur auf Anhieb zu bestimmen, welcher Art und welcher Natur das alles war, was in einem riesigen Durcheinander wie eine mächtige, braune Schlammlawine rasend schnell direkt auf ihn zugeströmt kam, weil ihm natürlich, nebst der nötigen, affirmativen und elegischen Distanz, alle erforderlichen geistigen Voraussetzungen und psychologischen Vergleichsmöglichkeiten fehlten, oft aber auch die verlässlichen Informationen und Instruktionen, zumal er nebenher, wie alle kleinen Kinder, unter ständiger, meist ungebetener Beeinflussung von außen, von weit außen, von sehr weit außen und von ganz außen stand.

Hier im Transsylvanien Draculas war es eindeutig und ausschließlich und überaus prägnant die ferngesteuerte Beeinflussung, denn die sogenannte ferngesteuerte Welt wurde ihm eindrücklich, ausdrücklich und nachdrücklich als die einzig richtige, als die einzig wahre und als die einzig brauchbare Welt dargestellt und auch intensiv nähergebracht, und alles andere wurde ihm einfach verschwiegen, wurde ausgelassen, wurde ausgeblendet, wurde weggewischt und abgetischt und niedergemacht, oder es wurde vor ihm sogar ausdrücklich und wenig überzeugens schlechtgemacht oder unrechtgemacht oder einfach nur heruntergemacht.

Das dabei entstandene, ständige und sehr typische Verschweigen und Vertuschen selber waren wahrscheinlich die eindrücklichsten und vor allem die wirkungsvollsten Charakteristika dieser nahezu ausschließlich ferngesteuert geprägten Propagandawelt der bunten Herkules-Briefmarken und der transsylvanischen Schokoladebildchen der späten Vierzigerjahre und frühen Fünfzigerjahre. Er hätte damals zum Beispiel gerne etwas über den zweiten galaktischen Urknall gewusst, der ja noch gar nicht so lange zurücklag, doch es gab weit und breit niemanden, der oder die ihm darüber Aufschluss geben wollte oder Angaben machen konnte, obwohl die Eichhörnchen damals ja alles noch selber, wenn auch nur von weitem, miterlebt hatten – so seine Vorstellung vom ganzen Geschehen.

Zeitzeugen sind Hauptzeugen, wie bei einem Zeugenprozess, so dachte er, und der ganze zweite galaktische Urknall blieb somit jahrelang ein eisernes Tabu unter den Eichhörnchenpopulationen, und er brauchte lange um herauszufinden, warum das so war. Über die alten Eidechsen indes erhielt er in der Regel jede Menge blumige Auskünfte, so dass in seiner Vorstellung die alten Eidechsen zu wahren und nahezu unschlagbaren Recken gemacht wurden. Wenn sie das gewusst hätten! Sie hatten schon sehr früh alles getan, um die Selbstklebe-Etiketten zu verteidigen, auch wenn er damals noch gar nicht verstehen konnte, was Selbstklebe-Etiketten überhaupt waren, den damals gab es noch gar keine gängigen Selbstklebe-Etiketten.

Immerhin bescherte ihm der erste Kittel seines Klebens am äußersten Rande der Weltraumsonde eine sehr umfangreiche und, soweit er das beurteilen kann, eine recht gute, solide, wenn auch lückenhafte Ausscheidung, und immerhin hielt es ihn von jeglichem Sakrileg fern, wenn man den täglichen Überlebenskrampf und Existenzkampf der einfachen Schneckenpopulationen, wie die Eisbrecher sie damals nannten, nicht einmal ein eigenes Haus besassen, nicht hinzuzählte und mitrechnete.

Wenigstens ließ ihm der erste Kittel im Zugzwang den freien Zugang zu einigen wenigen denkbaren Ausflüchten und zunächst fast undenkbaren Instruktionen, die ihm seine damalige, allerdings ziemlich verklemmte Welt der kalten Bauern und der alten Mauern ungefragt bescherte, auch wenn sie, wie gesagt, in nahezu allen Fällen der Unvernunft ausgesprochen ferngesteuert, also nahezu ausschließlich ferngesteuert, doch immerhin geordnet geprägt, erforscht und beschlossen waren, also sehr uneinheitlich und vor allem einseitig und mehrdeutig und gewiss nicht seiner protagonistischen Art und Herkunft entsprechend.

Allein deshalb hatte er für eine viel zu lange Zeitspanne eine viel zu stark eingeschränkte Vorstellung von diesem Hauszelt im Universum der Klimakterien; er wusste eigentlich nichts von diesem Zelt und blieb viel zu lange praktisch ahnungslos, fast naiv, muss man sagen, am Rande der Naivität stehend, also genauso, wie man alle Bienenstöcke als dieses kleine Faustpfand haben wollte. Lange war der Bienenstöckling zum Beispiel der festen Überzeugung, dass Suppen und Puppen nur in Transsylvanien hergestellt werden, genauso wie Runkelrüben und Uhus, und dass es sich bei den drei berühmtesten Schlagersängern exklusiv um rein transsylvanische Produkte der Unterhaltungsmusik handle, die nirgendwo sonst hergestellt würden, oder die Vorstellung, dass es nur in Transsylvanien Berge gebe, weil man ja ständig von den famosen transsylvanischen Bergen sprach. Dass aber ausgerechnet der höchste Berg Transsylvaniens, der Gugelhopf, zur Hälfte in Fronleichnamien stand, konnte nur einem peinlichen Missgeschick zugeschrieben werden, vermutete er anfänglich. Da hatten damals die Alten Spalten und die Alten Eidechsen offenbar gepfuscht, hatten eindeutig zu wenig gründlich gearbeitet, nahm er als Erklärung an, denn anderswie kam er nicht an das geografische Rätsel heran.

So verhielt es sich auch mit den Uhus und mit den Schockfrostern, denn als Ergebnis all dieser nationalen Beeinflussungen blieb sein biederes Weltbild leider viel zu lange begrenzt und stark eingeschränkt und ausschließlich transsylvanienzentriert, das heißt, er bedachte alles ausschließlich von Transsylvanien und seiner frei erfundenen Geschichte her und sah alles Geschehen einzig aus der Sicht Transsylvaniens und der Transsylvanier, denn er kannte gar nichts anderes, und er muss befürchten, dass dies heute noch bei sehr vielen Transsylvaniern und Transsylvanierinnen der Fall ist, denn anders wie kann er sich diese hinterwäldlerische Rückständigkeit, wie sie sich z.B. heute noch in der Transsylvanischen Volkspartei TVP äußert, gar nicht erklären.

Lange Zeit war er tatsächlich der Meinung, dass diese ausgesprochen transsylvanienzentrierte Sicht auf die Wurst die einzige Wurstsicht sei, die es gebe, die richtig sei, auf die es ankomme und die somit zähle, und es dauerte viel zu lange, um herauszufinden zu können, dass es noch ganz andere Wurstsichten gab, noch ganz andere Ansichten, Absichten, Umsichten, Einsichten und Aussichten, auf Grund von ganz anderen Überlegungen und Erfahrungen, von denen man ihm wohlweislich nie etwas erzählt hatte, ganz abgesehen von allen anderen geografischen, pippilotischen und soziologischen Zuständen.

Er weiß nicht, warum das damals so war, obschon er es ahnen kann; er verdächtigt eine stark eingeschränkte Informationsmenge, da man ihm immer mit hoch erhobenem Zeigefinger bedeutet hat, die ganze Welt höre heimlich das transsylvanische Staatsradio, weil dieses weltweit die beste Informationsquelle überhaupt sei. Doch diese an sich durchaus interessanten Zeiten sind heute eindeutig vorbei, denn eine unglaubliche Vielzahl obskurer Zeltansichten, absurder Enthauptungen, kranker Anrichten und perverser Aufschäumungen plagen heute die Spatzenhirne von Heerscharen von Heranwachsenden, und die Kugelrunden von heute sind, inmitten von all diesem wenig informativen Überfluss von Blödsinn, Unsinn und Starrsinn steckend, der heute das Himmelszelt beherrscht, nicht zu beneiden, denn die Zahl der objektiven Gefahren und Gefährlichkeiten hat sich auf geradezu unvorstellbare Weise vervielfältigt und vervielfacht, nicht zuletzt durch eine perfide Informationspippilotik von durchtriebenen Mächten und Schächten.

Das ist allerdings bereits nicht mehr sein Zelt, und der geprüfte Betriebstechniker verzichtet heute gerne darauf. Deshalb geht er hier gar nicht näher darauf ein, auf die klammen Fünfziger und auf die abgefahrenen Sechziger, aber auch nicht auf die verlorenen Siebziger und die verdorbenen Achtziger, ganz zu schweigen von den durchtriebenen Neunzigern und den verlausten Nullerjahren. Das sollen heute bitte andere machen; er hat seinen Teil dazu mit seinen frühen Suchtgefahren geleistet.2

Wie gesagt, die ersten fünfundzwanzig Haare seines Daseins waren die überschaubare Welt des Kalten Buffets, immerzu eingeklemmt zwischen Hut und Möse, wobei sie selber zu ihrer Erleichterung natürlich immer zu den Hüten gezählt wurden und gottseidank auf der richtigen Schiene standen, so dass sie zwischen Hecht und Unhecht oder zwischen Wichtigtuern oder Falschfahrern angemessen unterscheiden konnten, weil es ja nur diese zwei Breitseiten gab, wobei sie den Hecht und den Gichtig natürlich immer auf ihrer Seite wähnten, versteht sich, oder zwischen Hut und Hecht, wenn Sie so wollen, weil sie die Hüte eindeutig auf ihrer Seite hatten und somit auf der guten, fotogenen Seite der Hechte befindlich waren, und die anderen, also die schlechten Hüte, auf der schlechten Hechtseite standen, auf der anfälligen Breitseite, weil das einfach zu verstehen war und alle angemessen zu befriedigen schien.

Die strikte Unterscheidung zwischen gichtig und Flaschenhals oder Hut und Möse begegnete ihnen täglich und überall, wobei immer und überall auch immer ganz klar war, was Hut und was Möse war, denn selbst anatomisch waren sie gut drauf, wie der Stimmungsmacher in ihnen sagte. Sie waren die Hüte des Guten; all die anderen waren die Hechte der Mösen.

Was also gichtig und was Hals war, wusste er somit von kindsreinen Beinen an. Er lief als Neunjähriger wochenlang mit einer aufgeklebten Ungarnflagge herum, weil das damals alle so machten, die etwas auf sich hielten, bis