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Jennifer Crusie - Tag und Nacht verrückt nach dir: Emily rast vor Wut: Ein Controller soll ihre Arbeit überwachen! Doch bald stellt sie fest, dass der attraktive Richard sie aus ganz anderen Gründen reizt... Liegen etwa Frühlingsgefühle in der Luft? Roxanne St. Claire - Leidenschaftliches Wiedersehen: Nach einer Liebesnacht ließ Bruce die junge Kendra sitzen. Jetzt ist er zurück - genauso umwerfend wie früher. Soll sie ihm noch eine Chance geben? In heißen Frühlingsnächten wird es sich entscheiden... Vicki Lewis Thompson - Küss mich und stell die Fragen später: "Tun wir so, als ob wir Sex haben!" Kyla presst sich eng an den gut aussehenden Fremden, um ihre Verfolger abzuschütteln. Wild klopft ihr Herz, allerdings nicht nur wegen der drohenden Gefahr! Jill Shalvis - Nimm mich, wie ich bin: Aus heiterem Himmel wird Ally gefeuert! Da kommt das Jobangebot ihrer Tante genau richtig. Sofort stürzt Ally sich in die neue Aufgabe - und erlebt einen aufregenden Frühling, als sie den sexy Chance trifft...
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Seitenzahl: 738
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen
Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten
mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen
Mehrwertsteuer.
Frühlingsherzen
Jennifer Crusie
Tag und Nacht verrückt nach dir
Roxanne St. Claire
Leidenschaftliches Wiedersehen
Vicki Lewis Thompson
Küss mich, und stell die Fragen später
Jill Shalvis
Nimm mich, wie ich bin
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright © 2014 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgaben:
Sizzle
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erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
The Sins Of His Past
Copyright © 2006 by Roxanne St. Claire
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
Fools Rush In
Copyright © 1993 by Vicki Lewis Thompson
erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
Chance Encounter
Copyright © 2001 by Jill Shalvis
erschienen bei: Harlequin Books, Toronto
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Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Redaktion: Mareike Müller
Titelabbildung: Thinkstock / Getty Images, Köln
Satz: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-95576-326-8
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Jennifer Crusie
Tag und Nacht verrückt nach dir
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Heike Warth
Ich will aber keinen Partner!“, erklärte Emily Tate grimmig. „Ich arbeite ausgesprochen gern allein.“ Sie hätte am liebsten mit der Faust auf den Schreibtisch geschlagen, glättete aber stattdessen nur ihre Kostümjacke. „Ich brauche keinen Aufpasser, George.“
Ihr Chef machte ganz den Eindruck, als sei er mit seiner Geduld langsam am Ende. Emily hob in einer automatischen Geste die Hand, um sich zu vergewissern, dass ihre Frisur auch saß und keine Strähne sich aus ihrem strengen Knoten selbstständig gemacht hatte. Ganz ruhig bleiben, befahl sie sich, auch wenn sie George Bartlett hätte eigenhändig erwürgen können.
„Schauen Sie sich das an, Emily.“ Er schob einen Ordner über den Tisch. „Ihr Kostenvoranschlag für die Paradise-Werbung – und das, was Sie dann tatsächlich dafür ausgegeben haben.“
Emily knetete ihre Finger. „Ja, ich weiß. Ich kenne die Zahlen auswendig. Aber wir haben trotzdem einen ziemlich großen Gewinn gemacht. Genau genommen hat Paradise dem Unternehmen mehr Geld gebracht als irgendein anderes Parfüm bisher. Die Bilanz ist mehr als positiv.“ Sie hatte dem Unternehmen ein halbes Vermögen gebracht. Aber das konnte sie nicht laut sagen. Bescheidenheit und Teamgeist galten hier als höchste Tugenden, und ein Verstoß dagegen war unverzeihlich.
George Bartlett lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah zu ihr auf. „Das ist nicht zu bestreiten.“
Emily fand ihn schwer erträglich. Er war klein, dick und kahlköpfig und besaß nicht annähernd ihren Verstand. Aber er lümmelte sich in ihrem Stuhl wie der Kaiser persönlich und kehrte den großen Sachverständigen heraus. Nur weil er zufällig ihr Vorgesetzter war. Der Gerechtigkeit halber müsste es eigentlich umgekehrt sein. Aber die Welt war nun einmal nicht gerecht. Sie seufzte.
„Emily“, sagte George jetzt warnend. „Wegen dieses letzten Projekts hätten Sie fast Ihre Stelle verloren. Das ist Ihnen doch klar?“
„Und Sie sind deswegen immerhin befördert worden“, gab sie zurück.
„Ja, weil wir zufällig Profit gemacht haben. Sonst wären wir nämlich beide gefeuert worden. Henry war nicht sehr glücklich über die ganze Sache.“
Henry Evadne war nie glücklich. Das hatte nichts mit ihr zu tun.
George beugte sich vor. „Ich möchte Sie als Mitarbeiterin nicht verlieren, Emily. Sie sind intelligent und haben einen sicheren Instinkt für den Markt. Darum beneide ich Sie. Aber wenn Sie bei diesem neuen Projekt den Finanzrahmen nicht einhalten, dann wird kein Profit der Welt Sie mehr retten, und wäre er noch so groß.“
Emily schluckte. „Ich werde innerhalb des Budgets bleiben. Keine Angst.“
„Das möchte ich Ihnen auch dringend raten, denn Sie werden ab jetzt mit Richard Parker zusammenarbeiten.“
„Und wer ist dieser Parker?“
„Unser neuer Finanzberater. Er hat sich die Kampagne für Paradise vorgenommen und analysiert. Seine Stellungnahme finden Sie im Ordner. Sie ist nicht allzu wohlwollend ausgefallen, wenn ich das sagen darf.“
„George, wie viel haben wir mit Paradise verdient?“, wollte Emily wissen.
„Knapp vier Millionen bis letzten Monat.“
„Und warum schickt man mir dann irgendwelche Besserwisser, die nichts anderes zu tun haben, als an mir herumzukritteln? Wo bleibt der Sekt stattdessen?“
George Bartlett schüttelte den Kopf. „Es hätte auch ein Reinfall werden können.“
„Ich produziere keine Reinfälle.“
„Es gibt immer ein erstes Mal“, prophezeite er. „Und wenn es so weit ist, dann sollte zumindest der vorgegebene Finanzrahmen nicht überschritten sein. Und um dafür zu sorgen, ist Richard Parker da. Er erwartet Sie um elf Uhr in seinem Büro.“
„In seinem Büro?“
„Ein Stockwerk höher, zwei Türen neben dem Präsidenten“, fügte George hinzu und lachte. „Von da oben hat man einen wunderbaren Ausblick über die Stadt.“
„Und warum findet dieses Treffen nicht in meinem Büro statt?“
„Emily, bitte.“
„Leitet er das Projekt oder ich? Ich lasse mir niemanden vor die Nase setzen, sonst kündige ich.“
„Nein, nein.“ George Bartlett hob die Hände. „Er ist nur für die finanzielle Seite zuständig, und Sie sind auch nicht die Einzige, die mit ihm zu tun hat. Er fungiert als Finanzberater für alle unsere Projekte. Keine Angst, Emily, er nimmt Ihnen nichts weg. Er wacht nur über die Ausgaben.“ Emilys Miene war ausdruckslos, aber ihr Blick sagte mehr als genug. „Bitte, Emily. Machen Sie keine Schwierigkeiten.“
Emily nahm sich zusammen. „Um elf in Mr Parkers Büro also.“
„Genau.“ George Bartlett war unverkennbar erleichtert.
Emily schlug die Tür zu und ließ sich in ihren Schreibtischstuhl fallen. Jane, ihre Sekretärin, folgte ihr etwas weniger temperamentvoll und setzte sich ihr gegenüber. Sie brach einen gefrorenen Schokoladenriegel in der Mitte durch und schob die eine Hälfte ihrer Chefin hin. „Die habe ich für Notfälle auf Vorrat“, erklärte sie.
„Und die stiehlt niemand?“, erkundigte Emily sich erstaunt.
„Die Leute wissen schließlich, dass ich für dich arbeite. Sie haben Angst, dass ich sie an dich verrate“, gab Jane zurück.
„Nein, im Ernst. Wie schaffst du das?“
„Ich bewahre die Schokolade in einer Dose mit dem Etikett ‚Spargel‘ auf“, verriet Jane und knabberte genüsslich an ihrer Riegelhälfte.
„Und bis jetzt wollte niemand wissen, was du im Büro mit gefrorenem Spargel willst?“, wunderte Emily sich und ließ ein Stückchen Schokolade auf der Zunge zergehen. Es schmeckte köstlich. Sie lehnte sich mit einem Seufzer zurück.
„Die denken wahrscheinlich alle, dass der Spargel für dich ist. Jedenfalls siehst du so aus, als würdest du dich nur von Obst und Gemüse ernähren.“ Jane betrachtete Emily mit einem Anflug von Neid. „Wieso nimmst du nie zu? Wir essen haargenau dasselbe, aber ich kämpfe ständig gegen meine Kilos, während du eher noch etwas zulegen könntest.“
„Frust“, behauptete Emily und biss ein winziges Stückchen von ihrem Schokoladenriegel ab. „Ich arbeite für engstirnige, frauenfeindliche Besserwisser.“
„Gleich für mehrere?“ Jane durchsuchte die Folie nach Schokoladenresten. „Hat George sich vermehrt?“
„Es sieht ganz so aus“, meinte Emily. „Sie haben mir einen Wachhund verpasst, dem ich jeden Pfennig belegen muss, den ich ausgebe. Richard Parker heißt er.“
„Oh!“ Jane stieß einen anerkennenden Pfiff hervor. „Den habe ich schon gesehen. Gar nicht übel, der Junge.“
„Einer dieser Anzugtypen?“
„Schon, aber was für einer! Ein Jammer, dass ich glücklich verheiratet bin“, bedauerte Jane. „Groß, dunkel, gut aussehend, umwerfend blaue Augen. Die weiblichen Angestellten und Führungskräfte stehen schon Schlange, um sich von ihm verführen zu lassen. Bis jetzt ohne Erfolg.“
„Ach, ja?“
„Ja. Er ist ein reines Arbeitstier und denkt an nichts anderes als an Bilanzen. Karen sagt, er ist immer noch hier, wenn sie nach Hause geht.“
„Wer ist Karen?“
„Die kleine Blonde vom zwölften Stock. Sie ist seine Sekretärin.“
„Freunde dich mit ihr an. Eine Spionin im feindlichen Lager ist immer nützlich.“
„Kein Problem.“ Jane leckte die letzten Schokoladenspuren von ihren Fingern. „Sie kennt kein größeres Vergnügen, als über ihren Boss zu reden.“
„Fein. Er könnte nämlich zum Problem für uns werden.“
„Und wie?“
„Er wacht über das Budget.“
„Und wir können nicht besonders gut mit Geld umgehen.“ Jane nickte weise. „Ein Glück, dass Paradise so erfolgreich war. Ein gewisses Risiko macht zwar Spaß, aber ich wäre nur ungern zusammen mit dir entlassen worden, und das wären wir bei einer Pleite.“
„Du wärst nicht entlassen worden“, sagte Emily. „George ist nicht dumm. Er hätte dich sofort als Sekretärin für sich geangelt.“
„Ich bin auch nicht dumm“, erwiderte Jane. „Ich bleibe bei dir. Schon als wir uns in der Highschool kennengelernt haben, war mir klar, dass du es weit bringen wirst und ich davon profitieren kann. Zusammen sind wir einsame Klasse. Ich weiche nicht von deiner Seite, bis du Präsidentin dieses Vereins geworden bist – und ich deine Sekretärin.“
„Warum machst du keine Fortbildung und wechselst in die Führungsetage?“, wollte Emily wissen. „Bei deiner Intelligenz.“
„Weil ich schlauer bin als du. Als Sekretärin sitze ich an einer Schlüsselstelle und muss vor dem großen Boss trotzdem keinen Bückling machen. Isst du eigentlich deinen Schokoladenriegel ganz allein auf?“
„Ja“, antwortete Emily gefühllos.
Jane kehrte zu ihrem ursprünglichen Thema zurück. „Ich darf also davon ausgehen, dass dieses Türenknallen eben Richard Parker galt?“
„Das könnte man so sagen, ja.“
„Ich weiß, wie du ihn in den Griff bekommst.“
„Und wie?“ Emily steckte sich das nächste Stückchen Schokolade in den Mund. Sie wollte diesen Richard Parker nicht in den Griff bekommen, sondern er sollte wieder verschwinden, sonst gar nichts. Jane war für sie wichtig, niemand sonst. Schließlich bestand sie nicht deshalb darauf, dass Jane so fürstlich bezahlt wurde, weil sie mit ihr befreundet war, sondern weil sie so kreativ war. Ihre eigene Position hatte sie ebenso Janes Verstand wie ihrem eigenen Verdienst zuzuschreiben.
„Du könntest ihn verführen“, schlug Jane jetzt vor.
Emily beschloss, Janes Verstand doch noch einmal einer näheren Überprüfung zu unterziehen. „Und warum sollte ich das tun?“
„Weil du einfach mehr aus deinem Leben machen musst. Du lebst ja praktisch im Büro und hältst dich nur zu Hause auf, um zu duschen und dich umzuziehen. Außer mir hast du praktisch keine Gesellschaft.“
„Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden.“
„Das ist nicht normal. Aber dieser Parker scheint genauso zu sein. Am besten wäre es, wenn ihr euch zusammentut. Er wird dir unendlich dankbar sein und sich in dich verlieben, ihr heiratet, und ich kaufe Strampelhosen und Spielsachen. Du willst die Schokolade doch nicht wirklich allein aufessen?“
„Doch“, erklärte Emily fest. „Und inwiefern hilft es mir, wenn ich Richard Parker heirate?“
„Sex hilft immer“, erklärte Jane praktisch. „Genau wie Schokolade.“
„Mir wäre am meisten geholfen, wenn niemand sich in meine Arbeit einmischen würde“, sagte Emily. „Dieser Kerl bindet mir die Hände.“
„Wie aufregend“, kicherte Jane.
„Sei nett zu Karen“, befahl Emily nach einem strengen Blick. „Und jetzt verbinde mich bitte mit Parker. Ich habe um elf Uhr eine Verabredung mit ihm und möchte mir vorher ein Bild von ihm machen.“
„Du hast eine Verabredung mit ihm, aha. Wie wäre es, wenn du deine Haare dazu offen trägst und diese Kostümjacke ausziehst? Und vor allen Dingen lass die Brille weg. Damit siehst du aus wie eine Eule.“
„Ich will wie eine Eule aussehen. Es war schwierig genug, mir hier Respekt zu verschaffen. Wenn ich anfange, mich auszuziehen, interessiert sich niemand mehr für mich.“
„Wollen wir wetten?“ Jane betrachtete ihre Freundin und Chefin. „Wenn ich so aussähe wie du, würde ich mich ständig ausziehen.“
„Das tust du ja jetzt schon“, meinte Emily ein wenig süffisant. „Hat Ben dich eigentlich jemals in Kleidern gesehen?“
„Aber selbstverständlich“, erwiderte Jane indigniert. „Bei der Hochzeit. Du warst doch dabei. Du hast den Trauzeugen geohrfeigt, wenn du dich erinnerst.“
„Du vergisst wirklich nie etwas.“
Jane stand auf und ging zur Tür. „Ich verbinde dich jetzt mit Parker. Sei nicht zu unfreundlich zu ihm. Ich werde mich mit Karen anfreunden, wenn du willst. Aber wir kommen weiter, wenn du ihren Boss verführst und nicht abschreckst.“
„Nur keine Hemmungen“, empfahl Emily ihr sarkastisch. „Opfere nur meinen Körper, um deinen Ehrgeiz zu befriedigen.“
„Unseren Ehrgeiz“, verbesserte Jane. „Im Übrigen ist es kein Opfer. Vergiss nicht, ich habe ihn gesehen.“
Emily verließ ihr Büro um fünf Minuten vor elf Uhr. Jane hatte in dem Bestreben, das Bild einer seriösen Sekretärin abzugeben, ihr Haar zu einem unordentlichen Knoten zusammengesteckt, den sie mit zwei Bleistiften mehr schlecht als recht gebändigt hatte.
„Du siehst grauenhaft aus“, sagte Emily, als sie auf den Lift warteten.
Jane nahm ihr die Brille von der Nase und setzte sie sich selbst auf. „Und jetzt?“
„Jetzt siehst du wie ein Käfer mit einer grauenhaften Frisur aus“, erwiderte Emily prompt. „Als wärst du einem Horrorkabinett entsprungen. Du kommst mir vor wie …“
In diesem Moment glitten die Lifttüren auf, und sie traten in die Kabine. Emily warf Jane einen Blick von der Seite zu und hatte Mühe, nicht zu lachen. Wenn die Besprechung schlecht lief, würde sie einfach ihre Sekretärin anschauen, und sie würde sich auf der Stelle wieder besser fühlen.
„Ein Glück, dass wir bei diesem Treffen nur zu dritt sind“, flüsterte sie Jane zu. „Denn jeder andere hätte sofort den Verdacht, dass du etwas im Schilde führst.“
Jane schob die Brille hoch. „Ich möchte Ihnen nur sagen, dass es eine Ehre für mich ist, für Sie zu arbeiten, Miss Tate.“
„Danke, Mrs Frobish“, erwiderte Emily. „Ihre Loyalität ist herzerwärmend.“
„Hast du noch ein Stück Schokoladenriegel für deine darbende Sekretärin übrig?“
„Nein.“
Jane schniefte.
Der Konferenzraum lag dem Lift direkt gegenüber. Sie hatten ihn kaum betreten, als Emily klar wurde, dass sie einem Irrtum erlegen war. Sie würden bei dieser Besprechung keineswegs nur zu dritt sein, sondern es waren noch sechs weitere Führungskräfte erschienen, von denen vier ihre Sekretärinnen mitgebracht hatten.
„Was soll das?“, flüsterte Emily Jane zu.
„Keine Ahnung“, gab Jane genauso leise zurück. „Aber ich bin froh, dass ich mitgekommen bin.“
„Ich auch. Halt mir den Rücken frei!“
Die Tür am anderen Ende des Raums ging auf, und Richard Parker trat ein. Er war groß, dunkel und zweifellos seriös. Und er war unbestreitbar der bestaussehende Mann, den Emily je gesehen hatte. Elegant war er und sehr geschmackvoll angezogen.
Sexy, dachte Emily. Der Mann ist eindeutig sexy. Alle Führungskräfte außer Emily erstarrten, und alle Sekretärinnen außer Jane lächelten lieblich. Richard Parker war die Personifizierung von Macht und Autorität – und Sex-Appeal. Aber das ist ihm nicht bewusst, vermutete Emily.
Er sah wirklich außerordentlich gut aus. Wäre sein Kinn weniger markant ausgefallen, man hätte ihn mit diesen leuchtend blauen Augen und den langen dunklen Wimpern, die so wenig zu einem seriösen Geschäftsmann passten, fast als hübsch bezeichnen können. Bei einer Frau würde dieses Aussehen mit Sicherheit gegen sie verwendet und als Zeichen mangelnder Kompetenz bewertet werden, dachte sie.
Richard Parker ließ den Blick durch den Raum schweifen, bis er an Emily hängen blieb. Sie war die Einzige, die ihn weder respektvoll noch begehrlich anschaute, sondern seinem Blick kühl und abschätzend begegnete, fast als sähe sie einen Feind in ihm.
Er schob die Augenbrauen hoch und ließ den Blick weiterwandern. Jane machte eine kleine Notiz und schob sie Emily zu. „Er ist nicht dumm“, hatte sie geschrieben, „aber du bist ihm gewachsen! Keine Angst.“
Emily schüttelte den Kopf. Jane überschätzte sie.
George Bartlett neigte sich zu ihr. „Was ist denn mit Jane los? Sie sieht so merkwürdig aus.“
„PMS“, flüsterte Emily zurück. „Prämenstruelles Syndrom.“ George nickte wissend.
Richard Parker sah mit einem Stirnrunzeln zu ihnen herüber. George errötete, und Emily hob fragend eine Augenbraue. Parker sah sie einen kurzen Moment verblüfft an, dann zuckte es um seine Mundwinkel.
Sieh da, sieh da, das wäre ja fast ein Lächeln geworden, dachte Emily. Vielleicht war er ja gar nicht so unnahbar. Das hieß, dass sie es womöglich wirklich mit ihm aufnehmen konnte.
„Ich habe Sie alle hergebeten, um mit Ihnen über das Finanzierungskonzept Ihrer neuen Vermarktungskampagne zu sprechen“, begann Parker. „Es ist ziemlich katastrophal.“
Einige der Führungskräfte wollten schon protestieren, überlegten es sich aber dann anders, andere wechselten die Farbe und senkten den Blick. Emily gähnte und sah auf ihre Armbanduhr.
„Langweile ich Sie, Miss Tate?“, erkundigte Parker sich.
„Aber keineswegs.“ Emily lächelte höflich. „Ich bin sicher, dass Sie bald zum Wesentlichen kommen werden.“
George Bartlett schloss die Augen.
„Das Wesentliche meiner Ausführungen, Miss Tate, besteht darin“, erwiderte Parker, ohne seine Stimme zu erheben, „dass Sie alle Ihren Ausgaberahmen überschreiten und deshalb die Profite, die die Gesellschaft machen könnte, beschneiden. Sie selbst haben Ihr Budget bei Ihrer letzten Kampagne um dreißig Prozent überzogen. Das ist eine Menge Geld, Miss Tate. Sie mögen der Ansicht gewesen sein, dass für Ihr Produkt kein Preis zu hoch war, aber da stimme ich mit Ihnen nicht überein. Sie hätten die Gesellschaft ein Vermögen kosten können.“
Emily lächelte ihn an. „Ja, vermutlich, aber es ist nicht passiert, Mr Parker. Ich habe einen Profit von fast vier Millionen Dollar gemacht, und zwar genau aus dem Grund, weil ich den Mut hatte, mein Budget um dreißig Prozent zu überschreiten.“
„Dazu gehört kein Mut, Miss Tate, sondern es ist lediglich ein Zeichen für mangelnde Disziplin. Und da komme ich ins Spiel. Ich werde für diese Disziplin sorgen.“
Sein Blick schloss alle Anwesenden ein. „Von jetzt an laufen sämtliche Ausgaben über mich, Kauforder eingeschlossen. Ich bin sozusagen Ihr Finanzminister, die letzte Instanz für alle finanziellen Angelegenheiten. Sie werden das Geld bekommen, das Sie für Ihre Projekte brauchen, und ich werde dafür sorgen, dass Sie nicht mehr ausgeben, als vorgesehen ist. Sie haben jetzt sicher einige Fragen zum Vorgehen. Ich darf also um Ihre Meldungen bitten.“
Er nahm Platz und lehnte sich zurück. Ein zustimmendes Gemurmel ging durch den Raum, und Versicherungen wurden abgegeben, dass seine Hilfe geschätzt werde und man sich auf die Zusammenarbeit mit ihm freue.
Emily kochte innerlich, auch wenn sie sich nichts anmerken ließ. Sie möge der Ansicht gewesen sein, dass für Paradise kein Preis zu hoch sei! Sie war nicht gewillt, sich in dieser Form von Parker abkanzeln zu lassen.
Jane schrieb auf ihren Block: „Mach ihn dir nicht zum Feind!“
Feind oder nicht, sie hatte nicht vor, sich von ihm dreinreden zu lassen. Wenn sie sich das von irgendjemandem gefallen ließe, wäre sie nicht an ihrer heutigen Position. Andererseits musste sie ja nicht unbedingt gleich auf Kollisionskurs gehen, sondern konnte sich kooperativ und höflich geben. Bei George Bartlett hatte sich das jedenfalls bewährt. Und hinter seinem Rücken taten sie und Jane dann genau das, was sie wollten. Wie kam sie also plötzlich dazu, diesem Mann so streitbar gegenüberzutreten?
Emily beobachtete Richard Parker, als Chris Crosswell von der Abteilung Forschung und Entwicklung seinen Bericht abgab. Er hörte höflich zu, nickte dann und wann, und am liebsten hätte sie ihm irgendetwas an den Kopf geworfen. Er hatte sie eindeutig herablassend behandelt und ihr nicht einmal zuhören wollen. Es war ganz klar: Er hielt sie für bedeutungslos. Aber dafür würde er bezahlen, und wenn er noch so gut aussah!
Ihre Augen waren schmal geworden, ohne dass es ihr bewusst geworden war. Und als seine Aufmerksamkeit zu ihr zurückkehrte, sah er unverhüllte Abneigung in ihrem Blick. Er hob seine Augenbrauen ein wenig, und dann lächelte er auf einmal, als sähe er sie zum ersten Mal. Es war ein Lächeln, das ihr sagte, dass er die Herausforderung angenommen hatte und sie als gleichwertige Gegnerin anerkannte. Offenbar war auch ihm bewusst, wie absurd diese Veranstaltung im Grunde war.
Es war das Lächeln eines Killers.
Emilys Augen wurden noch schmaler. Er würde mehr liefern müssen als nur ein Lächeln! Jane stieß sie an und schob ihr einen Zettel hin. „Warum lächelt er?“, stand darauf.
„Weil er weiß, dass ich mich über ihn ärgere. Das scheint ihn zu amüsieren“, flüsterte Emily.
„Dann ist er doch nicht so gescheit, wie ich dachte“, schrieb Jane zurück.
Emily nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit höflich wieder der Veranstaltung zu.
„Noch weitere Wortmeldungen?“ Parker sah sich in der Runde um, dann wandte er sich an Emily. „Miss Tate, Sie waren so schweigsam. Haben Sie irgendwelche Fragen?“
„Nein, danke. Ich habe alles erfahren, was ich wissen wollte.“
„Gut. Haben Sie jetzt Zeit für eine Besprechung?“
„Jetzt?“ Emily gab sich erstaunt. „Ich habe eine Verabredung zum Mittagessen. Aber ich könnte es um zwei Uhr möglich machen.“
„Ich werde meine Termine überprüfen. Meine Sekretärin wird dann Ihre Sekretärin anrufen.“ Er sah jetzt zum ersten Mal Jane an und schien zu erstarren.
Emily wagte nicht, seinem Blick zu folgen. „Fein“, sagte sie und stand auf. „Gibt es sonst noch etwas?“
Er blieb sitzen. „Nein. Sonst gibt es nichts mehr.“
„Danke.“ Und damit setzte Emily sich, Jane im Schlepptau, in Bewegung.
Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen, drehte Jane sich zu Emily um und nahm die Brille ab. „Das war dumm“, erklärte sie. „Wir gewinnen nichts, wenn wir ihn ärgern. Was ist los mit dir?“
„Er ist arrogant“, gab Emily zurück und drückte auf den Liftknopf.
„Alle da drin sind arrogant“, behauptete Jane. „Der Unterschied liegt darin, dass er Grund dazu hat.“
„Wie, bitte? Erzähl mir nur nicht, dass du auf dieses gottähnliche Getue hereingefallen bist.“
„Aber er hat recht“, sagte Jane. „Wir haben das Budget wirklich gewaltig überzogen. Die Kampagne hätte um einiges billiger sein können. Parker könnte dir da wirklich helfen.“
„Auf welcher Seite stehst du eigentlich?“, wollte Emily wissen.
„Auf unserer natürlich. Immer. Ich bin nur nicht sicher, ob er nicht vielleicht auch auf unserer Seite ist.“ Der Lift war gekommen, und sie stiegen ein. Jane gab Emily die Brille zurück. „Er mag dich.“
„Verschon mich mit deinen Theorien!“
„Wirklich. Er hat dich geradezu mit den Augen verschlungen – die im Übrigen wirklich unglaublich sind. Er beobachtet dich gern, und er findet dich süß.“
„Süß!“ Emily hätte sich fast verschluckt. „Süß! Der wird schon noch erleben, wie ‚süß‘ ich sein kann!“ Sie stürmte aus dem Lift den Korridor hinunter zu ihrem Büro und schlug die Tür hinter sich zu.
Eine Minute später erschien Jane mit ihrem Mantel über dem Arm. „Deine Verabredung zum Mittagessen ist da. Du hast mir versprochen, dass wir zum Chinesen gehen.“
„Die neue Werbekampagne müsste in jedem Fall billiger sein“, sagte Jane kurz darauf über ihrer dampfenden Reissuppe. „Das neue Parfüm ist billiger als Paradise, das heißt, dass auch die Gewinnspanne kleiner ist.“
„Nicht zwangsläufig.“ Emily aß einen Löffel Suppe. „Wir verkaufen nämlich mehr, und zwar an jüngere Frauen, die häufiger Parfüm verwenden. Unsere Werbekampagne wird einen großartigen Erfolg haben. Vorausgesetzt, ich werde nicht gezwungen, dieses lächerliche Budget einzuhalten.“
„Gib dem Mann eine Chance“, riet Jane. „Du musst nicht unbedingt den Krieg eröffnen.“
„Das ist auch gar nicht meine Absicht. Aber er muss wissen, dass ich das Feuer erwidern werde.“
Jane gab vorläufig auf. „Knoblauchhühnchen?“
„Nicht, wenn ich heute Nachmittag den Pfennigfuchser treffe. Hat Karen angerufen?“
„Ja. Zwei Uhr. Bei ihm.“
„Natürlich.“ Emily seufzte. „Neutraler Boden wäre mir lieber. Von jetzt an werden wir das Besprechungszimmer nehmen – auf unserem Stockwerk, nicht auf seinem.“
„Ich werde mein Bestes tun“, versprach Jane. „Krabben?“
„Ja“, erwiderte Emily fest. „Ich habe das dringende Bedürfnis, jemandem das Rückgrat zu brechen, und wenn es eine Krabbe ist.“
„Nachher gehen wir einkaufen“, entschied Jane. „Ich habe da einen unglaublichen pinkfarbenen Spitzenbikini gesehen …“ Sie unterbrach sich und sah an Emily vorbei.
„Meine Damen.“
Es war Richard Parker mit George Bartlett im Schlepptau. Natürlich muss George ihn ausgerechnet hierherschleppen, dachte Emily säuerlich. Der neue Boss muss ja unbedingt sofort eingeweiht werden, wo man am besten isst. Vermutlich bietet er ihm anschließend an, seine Sachen von der Reinigung abzuholen.
Sie sah auf und lächelte ein wenig angestrengt. „Mr Parker. Wie nett, dass Sie auch den Weg hierher gefunden haben.“
„Mr Bartlett hat mir versichert, dass man hier ganz ausgezeichnet isst.“ Er sah Jane an.
„Mr Bartlett hat recht.“ Emily widmete sich wieder ihrem Essen.
Jane lachte ihn an. „Schön, Sie hier zu treffen.“
„Mrs Frobish, nicht wahr? Miss Tates Sekretärin? Ich habe Sie nicht sofort erkannt.“
„Tja, das ist das Los von uns Sekretärinnen“, erwiderte Jane fröhlich. „Übersehen, unterbezahlt, kaum gewürdigt …“
„Unterbezahlt wohl kaum“, meinte Richard Parker. „Ihr Gehalt ist sehr großzügig, ist mir aufgefallen.“
Emily hielt den Blick gerade nach vorn geheftet. „Tatsächlich ist sie unterbezahlt“, sagte sie. „Und ich werde jeden Versuch, ihr Gehalt eventuell zu kürzen oder angemessene Erhöhungen in Zukunft abzulehnen, aufs Schärfste bekämpfen!“ Sie sah Richard Parker an. Ihr Blick war so hart wie ihre Stimme.
„Ich habe keineswegs die Absicht, mich da in irgendeiner Weise einzumischen“, meinte er ruhig. „Eine gute Sekretärin ist ihr Gewicht in Gold wert.“
„Gute Idee“, erklärte Jane sofort. „Ich betrachte das als Verhandlungsbasis für meine nächste Gehaltserhöhung. Vielleicht sollte ich zwei Portionen Krabben bestellen. Schließlich habe ich jetzt Grund zuzunehmen.“
Emily erwog kurz, Richard Parker mit ihrer Gabel zu piksen, aber dann entschied sie sich dagegen. Sie musste subtiler vorgehen.
„Ich sehe Sie um zwei Uhr bei mir, Miss Tate“, sagte er jetzt und ging weiter zu dem Tisch, den der Ober schon für ihn bereithielt. George Bartlett trottete hinter ihm her.
„Einen Augenblick hatte ich schon Angst, dass du ihn mit deiner Gabel erstichst“, sagte Jane. „Das wäre allerdings nicht sehr förderlich für deine Karriere. Trotzdem hätte mich diese Geste natürlich tief gerührt.“
„Ich muss aufhören, ihn zu hassen.“ Emily spießte eine Frühlingsrolle auf. „Schließlich muss ich mit diesem arroganten, egozentrischen Kerl zusammenarbeiten.“
„Siehst du?“, sagte Jane zufrieden. „Schon klingt Wärme aus deiner Stimme.“
Der Bikini war aus leuchtend pinkfarbener Spitze und mit Silberfäden bestickt, und Jane kaufte ihn. Das Oberteil bestand mehr oder weniger aus zwei winzigen, mit Rosen bestickten Körbchen, die von schmalen Satinträgern am Platz gehalten wurden, und das Höschen war ein Gebilde aus Bändern und ebenfalls Rosen. Der Bikini war der reine Luxus und sehr sexy, einfach ein Traum.
„Ben wird hingerissen sein“, prophezeite Jane begeistert. „Kauf dir doch auch so ein Ding und teste es an Richard.“
„An welchem Richard?“
„Richard Parker natürlich.“
„Nein, es würde ihm nicht gefallen.“ Emily betrachtete das Preisschild. „Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist nicht ausgeglichen. Manche Länder geben für ihre Verteidigung weniger aus.“
„Verteidigung hatte ich nicht gerade im Sinn. Ganz im Gegenteil.“ Jane bewunderte sich im Spiegel. „Ich hatte mehr an eine nahezu sofortige Kapitulation mit anschließender Invasion gedacht.“
Emily seufzte. „Das klingt verlockend.“
„Kauf dir doch auch so ein Teil.“
„Warum? Ich kenne niemanden, der an einer Invasion interessiert wäre.“
„Du irrst. Croswell von Forschung und Entwicklung spricht immer noch voller Leidenschaft von dir.“
„Croswell war ein Irrtum.“ Emily nahm einen rosa-silbernen Spitzenbüstenhalter in die Hand und sah ihn sehnsüchtig an. „Wenn er nur den geringsten Annäherungsversuch macht, gehe ich sofort zum Angriff über.“
„Also zurück zu Plan A. Richard Parker.“
Wenn er einfach seinen Mund halten würde, wäre er auszuhalten, dachte Emily. Er hatte immerhin einen traumhaften Körper und faszinierend blaue Augen, dazu einen klassisch geschwungenen Mund, der eine Frau durchaus schwach machen konnte.
Aber wenn er diesen Mund aufmachte, ging die ganze schöne Wirkung leider baden. „Nicht einmal über meine Leiche“, sagte sie fest. „Komm, gehen wir. Ich habe um zwei Uhr einen Termin.“
„Ich habe mir Ihr Konzept angeschaut“, begann Richard Parker. „Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist nicht ausgeglichen.“
„Ach? Das stellen Sie jetzt schon fest?“ Emily gab sich größte Mühe, ruhig zu bleiben. „Ich habe ja noch kaum angefangen.“
„Rubine!“ Er warf den Ordner auf den Tisch.
„Wir haben für Paradise mit Diamanten geworben. Das neue Parfüm ist aber für jüngere, modernere Frauen, zu denen Rubine besser passen. Frauen, die auch Klasse haben, aber weniger konservativ sind.“
„Akzeptiert.“ Er zuckte die Achseln. „Dann nehmen Sie eben künstliche Steine.“
„Die Rubine sollen fotografiert werden.“ Emily verschlang die Finger ineinander und knetete sie, bis die Knöchel weiß hervortraten. „Ich hatte nicht vor, die Flakons damit zu bekleben.“
„Können Sie sie nicht einfach mieten?“
„Einzelne Steine? Keine Ahnung.“ Emily dachte darüber nach, war aber nicht überzeugt. „Vielleicht könnten wir welche kaufen und dann wieder verkaufen. Ich habe allerdings nicht besonders viel Ahnung vom Edelsteingeschäft.“
„Ich schon. Und ich sage Ihnen, dass diese Idee Ihr halbes Budget auffrisst.“
„Edelsteine sind eine gute Investition.“ Emily zwang sich, die Hände voneinander zu lösen. „Wir würden kein Geld verlieren.“
Er schüttelte den Kopf. „Edelsteine gehören nicht in unser Ressort. Ich kann nur wiederholen: Mieten Sie sich welche.“
„Aber wir brauchen die Steine vielleicht für spätere Aufnahmen noch einmal. Wenn wir sie nur mieten, wäre nicht gewährleistet, dass wir dieselben bekommen. Außerdem gestalten wir damit häufig Sonderausstellungen. Das haben wir auch mit Paradise so gemacht und hatten viel Erfolg damit.“
Richard Parker lehnte sich zurück und sah sie ruhig an. „Ist das wirklich Ihr Ernst, oder wollen Sie einfach nur Ihren Dickkopf gegen mich durchsetzen?“
Hat er mir nicht zugehört? dachte Emily fassungslos. Oder hatte sie geklungen, als spielte sie irgendwelche Spielchen mit ihm? „Natürlich ist es mein Ernst. Und ich streite nie nur um des Streitens willen.“
Er wechselte das Thema. „War das heute Mittag ein Geschäftsessen?“
„Jane weiß mehr über das Unternehmen als Sie oder ich.“ Emily ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn Sie erst einmal länger hier sind, werden Sie das auch merken. Ich bespreche mich häufig mit ihr und schätze ihre Meinung sehr. Also: Ja, es war ein Geschäftsessen.“
„Mit dem Thema rosafarbene Spitzenunterwäsche?“ Er lächelte ein wenig süffisant.
Natürlich hatte er das mitbekommen. Emily erwiderte sein Lächeln süß. „Ich habe ihr gesagt, dass Sie eine entsprechende Investition sicher nicht für kosteneffektiv halten würden.“
„Ich sehe nicht alles unter dem Kostengesichtspunkt, Miss Tate.“ Sein Blick glitt auf ihren Blusenausschnitt.
Emily hob die Augenbrauen, und eine leichte Röte zog sich über sein Gesicht. Wer hätte das gedacht, der Mann hatte tatsächlich menschliche Züge. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für ihn. „Davon bin ich überzeugt, Mr Parker. Und ich hoffe, Sie sehen ein, dass es bei den Rubinen nicht einfach um Kosteneffizienz geht. Wir verkaufen Gefühle. Das Knistern und nicht das Feuerholz.“
Sie beugte sich über den Schreibtisch zu ihm. Es war ihr ernst, und sie wollte ihn überzeugen. „Kunststoff knistert nicht, Richard. Dafür brauchen Sie das Echte.“
Seine Augen hatten sich ein wenig geweitet, als sie ihn mit dem Vornamen ansprach. „Na, gut.“ Er räusperte sich. „Ich werde darüber nachdenken. Jetzt zum nächsten Punkt …“
Emily blieb etwa eine Stunde. Höflich zeigte sie sich mit einigem einverstanden, was ihr ohnehin nicht weiter wichtig war, bei anderen Punkten signalisierte sie mögliche Kompromissbereitschaft, sodass er, wenn es um die Punkte ging, die ihr wirklich am Herzen lagen, vielleicht nicht sofort abwehrte.
Sie hatte den Verdacht, dass er ihre Strategie ziemlich genau durchschaute, aber trotz allem blieb er geduldig. Am Ende der Besprechung musste Emily dann einsehen, dass sie gescheitert war: Alle Zugeständnisse waren von ihrer Seite gekommen, nicht von seiner.
Sie stand auf, und auch er erhob sich. „Wir werden einen weiteren Termin vereinbaren müssen“, erklärte er. „Wir sind nicht sehr weit gekommen.“
„Das würde ich nicht sagen.“ Emily versuchte sich in einem warmen Lächeln, scheiterte aber kläglich. „Ich glaube, wir haben eine sehr vernünftige Arbeitsbasis geschaffen.“ Sie hielt ihm die Hand hin. „Rufen Sie Jane an, wenn Sie Informationen brauchen. Sie ist immer auf dem Laufenden.“
Er hielt ihre Hand einen Moment fest, und sie versuchte, die davon ausgehende Wärme zu ignorieren. „Ich würde lieber alles mit Ihnen selbst besprechen. Es gehört zu meinen Prinzipien, mich grundsätzlich direkt an die zuständige Instanz zu wenden.“
„Dann kann ich Jane nur wärmstens empfehlen.“ Emily entzog ihm ihre Hand. „Sie organisiert mein Leben seit der Highschool.“
„Ich hatte gleich das Gefühl, als ob da mehr wäre als ein normales Angestelltenverhältnis zwischen Chefin und Sekretärin.“ Er kam um seinen Schreibtisch und begleitete sie zur Tür.
„Wir sind Partnerinnen.“
„Beneidenswert. Ich habe immer nur allein gearbeitet.“ Er blieb stehen. „Hätten Sie Lust, heute Abend mit mir zu essen? Dann könnten wir einige Punkte noch einmal durchsprechen. In einer entspannten Atmosphäre lässt sich vielleicht noch einiges klären.“
Er lächelte, und dieses Lächeln traf Emily so unvorbereitet, dass ihre Knie weich wurden. Hektisch versuchte sie, ihre Gedanken zu sammeln. Höchste Alarmstufe war angesagt. Dieses jungenhafte Lächeln war einfach entwaffnend und mehr als sexy.
„Tut mir leid“, krächzte sie. „Ich bin heute Abend schon verabredet.“
„Wieder mit Jane?“
„Nein, nein. Jane hat einen Mann und drei reizende Kinder zu Hause.“
„Und Sie?“
„Auf mich warten Abhandlungen über Kosteneffizienz.“ Emily öffnete die Tür. „Ich habe einen sehr strengen Finanzberater.“
Sie drehte sich nicht um, als sie den Korridor hinunterging, aber sie spürte, dass er ihr mit Blicken folgte.
„Wie ist es gelaufen?“, erkundigte Jane sich, als Emily zurückkam.
„Nicht besonders gut, aber auch nicht übermäßig schlecht.“ Emily streifte sich die Schuhe ab. „Ich hasse Strumpfhosen!“
Jane ließ sich nicht ablenken. „Ich weiß“, sagte sie nur. „Also, was war?“
„Ich habe mir wirklich große Mühe gegeben, verständig zu sein. Aber er hat mir dauernd nur gesagt, was ich zu tun habe. Manchmal hat er auch zugehört. Und einmal hat er auf meine Bluse geschaut und wurde rot dabei. Er hat mich zum Essen eingeladen.“
„Zieh etwas Aufregendes dazu an.“
„Ich habe selbstverständlich abgelehnt.“
„Völlig falsch.“ Jane setzte sich und legte die Arme auf Emilys Schreibtisch. „Schlaf mit ihm.“
„Ich soll meinen Körper für eine Werbekampagne verkaufen? Kommt nicht infrage!“, erklärte Emily entschieden.
Jane lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf über so viel Unverstand. „Zum Kuckuck mit der Werbekampagne. Denk lieber daran, was er für einen wundervollen Körper hat. Hast du dir seine Hände einmal angeschaut?“
Emily runzelte die Stirn. „Nicht bewusst.“
„Sie sind sehr sensibel. Und er hat Charme. Er mag vielleicht manchmal ein bisschen dickköpfig sein, aber er ist kein Barbar.“
„Nein, wohl nicht.“
Jane beugte sich vor und nahm Emilys Hand. „Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Du hast keine halbwegs ernsthafte Beziehung mehr gehabt, seit du diesen Croswell in die Wüste geschickt hast, und das war vor zwei Jahren. Schließlich wirst du nicht jünger. Alles, was dich interessiert, ist deine Arbeit. Und das, obwohl du gerade einen umwerfend aussehenden Mann kennengelernt hast. Der ist zwar genauso arbeitswütig wie du, aber er hat dich immerhin lange genug angeschaut, um dich daraufhin zum Essen einzuladen.“
Jane holte Luft. „Ihr wärt wirklich das ideale Paar. Wenn man von eurem Arbeitseifer auf den Sex schließen kann, dann steht dir das Paradies bevor. Er ist genau der richtige Mann für dich. Geh und kauf diesen Büstenhalter, bevor du zu alt wirst, um pinkfarbene Spitze zu tragen.“
„Dazu werde ich nie zu alt sein“, erwiderte Emily pikiert.
„Man könnte meinen, du wärst eine Greisin, wenn man dich hört. Für dich wären lange Unterhosen aus grauem angerautem Flanell das richtige Kleidungsstück.“
Emily seufzte und dachte ein wenig über Janes Vorwurf nach. Sie dachte über alles nach, was Jane sagte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich könnte mich nie in jemanden verlieben, der mir ständig sagt, was ich zu tun und zu lassen habe. Und genau das tut er.“
„Dann musst du ihn eben ändern“, befand Jane resolut und lehnte sich wieder zurück. „Er hat einen klitzekleinen Fehler, aber der Rest ist vollkommen. Du musst ihm eben beibringen, dass er dich nicht herumzukommandieren hat.“
„Mal sehen“, meinte Emily zögernd.
„Na, das ist wenigstens etwas.“ Jane stand auf. „Immer schön aufgeschlossen sein, das ist das Motto. Ich wette, dass er im Bett fantastisch ist.“
Ihn ändern, dachte Emily. Oder besser, mich selbst. Ich bin nur in dieser Lage, weil ich bescheiden, hilfsbereit und höflich bin und für einen eitlen, groben Kerl wie George Bartlett arbeite. Und jetzt habe ich auch noch diesen Richard Parker am Hals, diesen Pfennigfuchser.
Aber ein Pfennigfuchser, der ihre Knie weich werden ließ, wenn er sie anlächelte. Das hatte ihr noch gefehlt.
Schluss damit, befahl sie sich. Gleich morgen früh würde sie dafür sorgen, dass Richard Parker sie wie eine Partnerin und nicht wie eine Sklavin behandelte. Und dass er ihr zuhörte. Und ab morgen würde sie auch seinem Lächeln gegenüber immun bleiben.
Dieser Mann wird mir zuhören“, erklärte Emily Jane am nächsten Morgen. „Ich werde mich höflich und zugänglich zeigen, zur Zusammenarbeit willig, dabei stark und fordernd auftreten.“
„Aha.“ Jane war skeptisch.
„Ich werde ihn mit meiner Kompetenz beeindrucken.“ Emily schob das Kinn vor. „Und dabei offen und aufgeschlossen sein.“
In der nächsten Woche tat sie ihr Bestes, um ihren Worten Taten folgen zu lassen. Aber Richard ließ ihr keine Chance. Er befahl ihr, Unterlagen zu schicken, zitierte sie zu Besprechungen und ließ sie Konferenzen arrangieren, bis sie ihm die ganze Kampagne am liebsten vor die Füße geworfen hätte. Als sie dann am Freitagmorgen ins Büro kam und Jane ihr gleich als Erstes mitteilte, dass er sie zu sprechen wünsche, hatte sie endgültig genug.
„Da muss ich ihn leider enttäuschen.“ Sie knallte ihre Tasche auf den Schreibtisch. „Ich habe nämlich zu tun.“
„Höflich und zugänglich, willig zur Zusammenarbeit“, bemerkte Jane und drückte ihr eine Akte in die Hand. „Das ist seine Kostenschätzung. Sie wird dir nicht gefallen. Jetzt kommt es auf dich an. Sei nett zu ihm, aber mach ihm klar, dass er dir keine Anweisungen zu geben hat. Du weißt schon: höflich sein, aber in der Sache hart bleiben.“
„Was ist eigentlich aus deinem Plan geworden, dass ich ihn heiraten soll?“
„Das widerspricht sich doch nicht. Mit Ben habe ich es genauso gemacht. Ich war nett zu ihm, habe aber von Anfang an klargestellt, dass ich mich nicht von ihm herumscheuchen lasse.“
„Ben scheucht dich doch nicht herum.“
„Siehst du?“ Jane lachte. „Es funktioniert.“
Emily ging gerade die Kostenschätzungen durch, als Richard zu ihr ins Besprechungszimmer kam.
„Hier.“ Er schob ihr eine kleine schwarze Flasche hin, und sie sah zu ihm auf. „Das neue Parfüm. Versuchen Sie es. Ich möchte gern wissen, wie es riecht.“
So nicht, dachte Emily und schob das Fläschchen zurück. „Versuchen Sie es doch an sich selbst.“
„Ich habe es gestern schon probiert.“ Er legte einen Stapel Akten auf den Tisch und schlug die oberste auf. „Ich habe zweimal duschen müssen, um das Zeug wieder loszuwerden, bevor ich in die Firma fuhr.“
„Dann wissen Sie ja, wie es riecht.“ Damit entließ sie ihn und wandte sich wieder den Zahlen zu.
„Trotzdem. Ich möchte wissen, was Sie davon halten.“ Zum ersten Mal sah er sie richtig an, als er auf ihre Reaktion wartete.
Höflich und zugänglich.
Mit einem kleinen Seufzer öffnete Emily die Flasche, schüttelte ein paar Tropfen heraus und benetzte ihre Handgelenke und die kleine Stelle hinter ihrem Ohr. „Es riecht angenehm.“ Sie widmete sich wieder ihrer Arbeit.
„Nur ‚angenehm‘?“, wollte er wissen.
„Ich habe es nicht so mit Parfüm“, beschied sie ihn, und er lachte.
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