Frühstück gabs Überall - Wilhelm Eickhoff - E-Book

Frühstück gabs Überall E-Book

Wilhelm Eickhoff

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Beschreibung

Mehr als 25 Jahre war der Autor beruflich unterwegs in vielen Ländern und unterschiedlichen Kulturkreisen. Seine Erlebnisse, Begegnungen und Erinnerungen hat er nun aufgeschrieben. Seine Reisen führten ihn nach Skandinavien, Osteuropa, Singapur, Malaysia und nach Dubai. In 31 Geschichten werden Geschäftliche aber auch sehr private Erlebnisse erzählt. Manchmal abenteuerlich, teils skurril oft auch zum schmunzeln. Mit einem speziellen Blick auf die jeweiligen Situationen erzählen die Geschichten von völlig unterschiedlichen Menschen und Kulturen.

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Inhaltsverzeichnis

Irrwege

Bruno

Einer stört immer

Gelb

Hunger

Diese Dänen

Tauschgeschäfte

Torben

Diamanten

Mary

Ein altes Taxi

Da waren es nur noch fünf

Morgens in Lodz

Die Prüfung

Tatort Witnica

Angst

Magda

Magda 2

Budma

Minus 7 Grad

Airport

Über den Wolken

Dubai live

Rain

Freitag in Dubai

Omar

Kuala Lumpur

Mr. Wang

For man only

Der Fisch

Singapur

ES SIND DIE BEGEGNUNGEN MIT MENSCHEN, DIE DAS LEBEN LEBENSWERT MACHEN

Guy de Maupassant

1850 – 1893

IRRWEGE

Qualität, schnell und freundlich. Dieser Leitsatz war bereits seit vielen Jahren erfolgreich unsere Geschäftsgrundlage. Alle Mitarbeiter unserer Glaserei fühlten sich diesem Grundsatz verpflichtet und waren zu Recht stolz auf unseren guten Ruf. Große, teure Werbung konnten wir uns sparen. Die Mund zu Mund Propaganda hatte über die Jahre eine sehr positive und anhaltende Wirkung.

Und doch passierte es. Eines Morgens, ich war gerade im Büro angekommen, erreichte mich der Anruf eines Kunden, bei dem wir einige Tage zuvor neue Wärmeschutzgläser eingesetzt hatten. Beim Einbau der Gläser sollten unsere Monteure seiner Meinung nach nicht sorgfältig genug gearbeitet haben. Die Versiegelung sei an einigen Stellen zu dünn aufgetragen worden und daher bereits eingerissen. Das sollten wir doch bitte sofort nachbessern.

Wir waren also doch nicht fehlerfrei. Leider konnte so etwas immer mal wieder vorkommen. Also vereinbarte ich mit dem Kunden einen Termin bereits für den nächsten Vormittag, um den Mangel schnell zu beheben. Wir hatten für solche, wenn auch seltene Arbeiten, ein besonderes Auftragsformular.

Ich trug Adresse und auch die Telefonnummer unseres Kunden, sowie die vereinbarte Uhrzeit 8.30 Uhr vormittags, für die Nacharbeiten sorgfältig ein. In die Spalte Preis und Berechnung schrieb ich dick mit rot und auch sehr deutlich „Kulanzweg“, damit der Kunde nicht versehentlich noch eine Rechnung für die Nacharbeiten bekam. Als Entschuldigung nahm ich mir vor, der Kundin in den nächsten Tagen einen kleinen Blumenstrauß zu schicken.

Außerdem wollte ich nochmal nachprüfen, wer von unseren Mitarbeitern auf dieser Baustelle gearbeitet hatte. Es war wahrscheinlich ein Fehler passiert. Ich wollte wissen von wem und warum, um evtl. weitere zu vermeiden. Am nächsten Morgen erklärte ich Uwe, einem unserer sorgfältigsten Glasergesellen, die Situation und gab ihm das besondere Auftragsformular.

Ich bat ihn nach Abschluss der Arbeiten so schnell wie möglich zurück in die Werkstatt zu kommen. Es fehlten heute zwei Mitarbeiter und viel Arbeit war zu erledigen.

„Alles klar, Chef, ich mache so schnell wie möglich.“

Mit diesen Worten stieg Uwe in den Bulli. Als er vom Hof fuhr, rief er seinen Kollegen in der Werkstatt noch zu:

„In einer Stunde bin ich wieder da.“

Nach ca.1 ½ Stunden, ich hatte mir gerade einen Frühstückskaffee geholt, schaute einer der Kollegen aus der Werkstatt durch die Tür:

„Chef, wo bleibt der Uwe denn?“

„Der muss jeden Moment kommen, war ja nicht allzu viel zu erledigen“ entgegnete ich voller Zuversicht. Aber nach einer weiteren halben Stunde kam der nächste:

„Chef, der Uwe ist immer noch nicht wieder da. Jetzt wird’s langsam eng, wir brauchen ihn dringend.“

Ich war jetzt doch etwas besorgt und versprach:

„Ich ruf da schnell mal an und frag was los ist. Sag euch dann Bescheid.“

Gesagt getan, aber schon hatte ich eine, doch etwas ungehaltene Kundin am Telefon, die mit strenger Stimme verlauten ließ:

„Ich dachte, ich kann mich auf ihr Wort verlassen, aber so ist es wohl doch nicht. Es ist jetzt bereits halb elf. Wo bleibt denn euer Glaser? Mein Mann wartet auf der Baustelle und ist bestimmt schon sauer. Wir haben auch noch was anderes zu tun als auf euch zu warten.“

So richtig beruhigen konnte ich die Kundin nicht. Ich konnte aber auch nicht verstehen, wo Uwe abgeblieben war. Jetzt begann ich mir langsam Sorgen zu machen und überlegte, ob ich evtl. einen Kollegen hinterherschicken sollte, um nachzusehen, ob Uwe unterwegs etwas passiert war.

Die Geschichte hat sich im Jahr 1980 ereignet und Handys gab es damals noch nicht.

Uwe war eigentlich ein sehr zuverlässiger Mitarbeiter. Wie so oft kamen auch jetzt einige Telefongespräche dazwischen und schon war wieder eine halbe Stunde vergangen. Es war bereits Elf Uhr geworden und keine Spur von Uwe. Da sah ich ihn plötzlich mit dem Bulli wieder auf den Hof fahren. Na prima, dachte ich, dann ist ja noch mal alles gut gegangen.

Ich wollte schon den Kunden anrufen und nachfragen, ob denn jetzt alles in Ordnung sei und mich nochmals für die Verspätung entschuldigen. Da steckte Uwe seinen Kopf durch meine Tür.

„Komm rein, was war denn los? “ rief ich ihm zu, „ich ruf gerade den Kunden an, dass alles erledigt ist.“

Nun stürzte Uwe mit hochrotem Kopf aufgeregt ins Büro:

„Chef, leg bloß auf. Ich muss dir was sagen“

platzte er heraus. Neugierig und gespannt sah ich den, jetzt verlegen vor mir Stehenden an.

„Ist denn jetzt alles erledigt oder nicht?“ wollte ich wissen.

Uwe setzte sich auf einen Stuhl vor meinen Schreibtisch und sah mich schuldbewusst an, brachte aber kein Wort heraus.

Ich sah ihn auffordernd an: „Uwe was ist los?“

Ohne mich anzusehen, stotterte Uwe: „Chef, ich, ich, ich habe.“

Mehr brachte er nicht heraus. Er sackte förmlich in sich zusammen. Erneut setzte er an:

„Ich konnte doch, ich habe doch, es war doch, ich bin doch.“

Er brachte es nicht heraus. Da musste doch etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Ich blickte aus dem Fenster, ob evtl. der Bulli beschädigt war. Aber alles war OK.

Ich sah den jetzt schwitzenden, mit hochrotem Kopf vor mir sitzenden Uwe auffordernd an.

„Uwe raus damit, was hast du angestellt. Los jetzt, rede endlich.“

Uwe holte nochmal tief Luft und stand auf, kam dicht an den Schreibtisch heran, beugte sich zu mir herüber, sammelte seinen ganzen Mut und endlich klärte er mich über die ganze Katastrophe auf:

„Man Chef, ich habe doch überall gesucht und auch die Leute gefragt, aber ich habe diesen verdammten Kulanzweg nicht gefunden.“

BRUNO

LKW fahren, das war Brunos Berufswunsch schon als Kind gewesen. Kaum hatte er die Fahrprüfung bestanden, hatte er auch schon seinen ersten Job bei einer Spedition. Bruno war aber nicht einer dieser Trucker, die endlose Stunden und Kilometer auf der Autobahn zubrachten und dann einsam auf irgendeiner Raststätte übernachteten. Bruno war ein Familienmensch und gerne abends wieder zu Hause.

Durch einen Bekannten, der bei uns arbeitete, kam Bruno zu uns. Sein Job wurde es, täglich unsere Kunden im näheren Umkreis anzufahren und die bestellten Waren pünktlich auszuliefern. Brunos Traumjob! Stets gut gelaunt kam er zur Arbeit und war auch immer rechtzeitig wieder daheim. Zuverlässig, pünktlich, stets freundlich und hilfsbereit war er überall bei den Kunden sehr beliebt. Seinen Job erledigte er absolut verlässlich, mit Freude und Umsicht. Bruno liebte seine Arbeit. Fast jeden Samstag kam er morgens in die Firma, um seinen LKW zu putzen. Kleinigkeiten gleich zu reparieren und alle Funktionen zu prüfen, damit er am Montag wieder voll einsatzfähig und verkehrssicher war. LKW fahren, das war sein Leben.

In der letzten Zeit war mir aufgefallen, dass Bruno öfter etwas später als gewöhnlich von seinen Touren wieder zurückkam.

Bruno war aber kein Trödler, er war eigentlich immer bestrebt pünktlich Feierabend zu haben, um dann auf dem Heimweg in seiner Stammkneipe schnell noch ein paar Bierchen zu zischen.

Die oft späte Rückkehr musste also etwas mit seiner normalen Auslieferungstour zu tun haben. Mit der Zeit stellte sich dann leider heraus, dass unser Bruno auf Bitten der Kunden zusätzlich einige Sondertouren fuhr, um für sie zwischendurch schnell noch mal Material auf Baustellen anzuliefern.

Ein Sonderservice, den Bruno gegen ein entsprechendes Taschengeld und das Versprechen, es geheim zu halten, gern ausführte. Er konnte einfach nicht NEIN sagen und es waren ja auch alles gute Kunden, die zufrieden sein sollten, beruhigte Bruno sich. Dass seine Gutmütigkeit von einigen Kunden schamlos ausgenutzt wurde, kam ihm überhaupt nicht in den Sinn. Dieser besondere Service hatte jedoch bald ein jähes Ende. Als so ganz aus Versehen, aber doch genau mit Datum, befördertem Material, Zeitaufwand und Strecke, einige dieser heimlichen Sondertouren an besonders dreiste Kunden berechnet wurden. Ein paar Telefongespräche und die Auswertung des Fahrtenschreibers hatten genügt, um alle benötigten Daten zu bekommen.

Bruno musste sich plötzlich völlig überrascht und verschüchtert die empörten Fragen und Vorwürfe seiner speziellen Auftraggeber anhören. Aber ab dieser Zeit kam Bruno von seinen Touren wie gewohnt wieder rechtzeitig und planbar zurück. Die Kollegen bemerkten, dass er einige Tage lang besonders übelgelaunt und äußerst schweigsam seiner Arbeit nachging. Auch fragte er fast jeden danach, wer denn verantwortlich dafür sei Rechnungen zu schreiben und wo die alten Karten aus den Fahrtenschreibern aufbewahrt wurden.

Aber keiner konnte Bruno so richtig helfen. Die Kollegen hatten über den Flurfunk auch mitbekommen was passiert war und gaben sich völlig ahnungslos. Einige Wochen später, ich kam am frühen Nachmittag von einem auswärtigen Kundenbesuch zurück, sah ich plötzlich vor mir einen von unseren LKW. Es war Bruno, mit der ganzen Ladefläche voller Müll und Gerümpel.

Ich war doch sehr verwundert. Sollte Bruno etwa wieder rückfällig geworden sein? Neugierig folgte ich nun dem LKW quer durch die ganze Stadt und dann in Richtung Mülldeponie. Ich hatte genug gesehen und fuhr zurück zur Firma.

„Schickt doch Bruno mal zu mir ins Büro, wenn er von seiner Tour wieder da ist“ bat ich seine Kollegen.

Es dauerte noch fast eine Stunde bevor Bruno zaghaft durch die Tür kam und mich stumm und fragend ansah.

„Na Bruno, alles OK? War deine Tour zur Mülldeponie die letzte für heute oder ist noch was angefallen?“ fragte ich den, nun sichtlich verlegenen an sich heruntersehenden Mülltransporter.

„Ne ich bin dann gleich zurück in die Firma“ wurde unsicher aber doch erleichtert entgegnet.

„Wessen Müll war das denn überhaupt? Unser Müll kommt doch immer in den Container hinten auf dem Hof und wird auch abgeholt.“

Meine Frage brachte den Ertappten jetzt doch in Verlegenheit. Dachte ich zumindest.

„Weiß ich doch Chef. Das war ja auch kein Müll von uns. Das war mein Müll von zu Hause.“

Geständig war er ja. Diese absolute Selbstverständlichkeit und das für ihn durchaus logische seines Tuns war typisch für Bruno. Aber so ging es nun mal nicht. Hätte er gefragt, dann wäre so ein privater Transport nach Feierabend sicher möglich gewesen.

„Während der normalen Arbeitszeit entsorgst du deinen eigenen Müll mit dem Firmen LKW. Sag mal, geht’s noch? Erledige doch deine privaten Müllangelegenheiten demnächst nach Feierabend oder am Wochenende.“

Ermahnte ich Bruno nun etwas strenger. Vollkommen arglos, erstaunt und überrascht sah er mich an und schüttelte etwas verwirrt den Kopf. Dann kam seine, für ihn absolut logische Antwort

„Aber Chef, das geht doch gar nicht. Wie stellst du dir das denn vor, dann habe ich doch keinen LKW mehr.“

Aus seiner Sicht eine vollkommen logische und die einzige folgerichtige Antwort. Ein Telefonanruf kann bei Gesprächen wirklich störend sein. Aber jetzt klingelte es zur genau richtigen Zeit. Eine passende Antwort für Bruno wollte mir einfach nicht einfallen und außerdem musste ich mir doch das Grinsen verkneifen. Bruno hatte natürlich das klingelnde Telefon bemerkt und nutze die Gelegenheit.

„Ich will dann auch nicht mehr stören Chef. Geh ruhig ran.“

Und weg war er. Ob meine Ermahnung wirklich etwas bewirkt hat, weiß ich nicht genau. Vielleicht würde Bruno zukünftig nur etwas vorsichtiger werden.

Aber am nächsten Morgen, ich hatte mir gerade einen Frühstückskaffee gemacht, kam Bruno zu mir ins Büro gestürzt und stellte mir einen vollen Korb mit frisch gepflückten Kirschen auf den Tisch.

„Die sind alle für dich Chef. Ich hab nachgedacht. Du hast ja Recht. Krieg ich den LKW aber doch noch mal, wenn ich dich vorher frage?“

Er hatte es also doch verstanden und die Kirschen zeugten auch von Reue oder aber von versuchter Bestechung.

„Wenn du vorher Bescheid sagst und der LKW frei ist, geht das klar Bruno. Stell die Kirschen mal besser vorne ins Büro. Dann haben alle was davon.“

Bruno schnappte sich den Kirschenkorb wieder und an der Tür drehte er sich nochmal um: „Danke Chef, ich muss aber jetzt los. Meine Kunden warten schon.“

Als Auslieferungsfahrer war Bruno immer zuverlässig. Ich hoffte nur er macht nicht nebenbei noch mit den Kirschen Geschäfte.

EINER STÖRT IMMER

Einmal im Jahr versammelten sich neun Unternehmenschefs aus der Glasindustrie, um Gedanken auszutauschen und eine gemeinsame Gruppenstrategie auszuarbeiten. Gemeinsamer Einkauf, Marketing, technische Neuerungen und Produktentwicklung sollten besprochen werden. So stand es jedenfalls auf der Einladung. Als Tagungsort hatte Gunter, unser Kollege aus Schleswig-Holstein, ein Hotel in Tirol gebucht. Alle sagten ihr Kommen zu und so trafen sich im Spätsommer die Chefs, natürlich in Begleitung ihrer Ehefrauen, und auch einige der leitenden Mitarbeiter gutgelaunt zu dieser traditionellen wichtigen Arbeitstagung.

Das gut ausgestattete Hotel verfügte über einen Indoor-Pool, einen Tennisplatz, auch eine Disco war vorhanden. Die Küche war sterneverdächtig. Ein würdiger Rahmen, um die anstehende und sicher anstrengende Tagung gut zu verdauen. Gunter war mit der gesamten Planung betreut worden und erhielt ungeteiltes Lob für die Wahl dieses Hotels.

Bis zum Abend waren alle angekommen und hatten auch ihre gebuchten Apartments bezogen. Zum Abendessen traf man sich in einem, für uns reservierten Raum und wurde ausgiebig von der Küche verwöhnt.

Auch der gut sortierte Weinkeller des Hotels trug reichlich zum Gelingen eines fröhlichen Abends bei.

Der Kollege Erwin aus NRW versuchte zwischendurch immer wieder die Gespräche auf die geplante Tagesordnung zu lenken. Er möchte zusätzlich unbedingt noch über Betriebsvergleiche sprechen. Das sei überaus wichtig für ihn und auch für die gesamte Gruppe. Aber so richtig hörte ihm keiner zu. Das können wir morgen noch besprechen, war die einhellige Meinung. Es wurde noch ein langer Abend bzw. eine lange Nacht.

So gegen 9.00 Uhr am nächsten Morgen trudelten nach und nach alle Teilnehmer der Arbeitstagung im Frühstücksraum ein, um sich für den folgenden anstrengenden Tag ausreichend zu stärken. Mit nur einer Gegenstimme von dem Kollegen Erwin wurde dann beschlossen, eine Wanderung zu einer ca. 10 km entfernten bewirtschafteten Hütte zu unternehmen. Dort könnte gerastet werden und nach dem Verzehren der dort servierten, legendären Brotzeit, wäre man so gegen 17.00 Uhr wieder im Hotel. Das Abendprogramm könnte unterwegs noch besprochen werden. Nur Erwin versuchte frustriert mehrfach, mit Hinweis auf die doch gemeinsam vereinbarte wichtige Tagesordnung, zu unterbrechen und die Wanderung zu verhindern. Er scheiterte kläglich. Wenn auch leicht mürrisch, schloss er sich dann doch widerstrebend der gutgelaunten Wandergruppe an.

Wie geplant waren alle kurz nach 17.00 Uhr wieder im Hotel, verschwanden aber ausnahmslos erstmal in ihren Zimmern, um die Füße zu pflegen und sich mit dem ein oder anderen Pflaster zu versorgen.

Wie auf dem Rückweg vereinbart, trafen alle pünktlich im 19.00 Uhr im Restaurant wieder zusammen, um gemeinsam zu essen und wieder den nächsten Tag zu planen.

„Wir haben aber doch bereits eine Tagesordnung“ kam sofort der Einspruch von Erwin.

„Für morgen ist extra für uns ein Raum im Nachbarort in dem neuen Tagungshotel reserviert. Da sind wir ungestört und können uns auf die notwendigen wichtigen Punkte konzentrieren“

Gunter konnte sich das heimliche Grinsen nur mit Mühe verkneifen, als er das äußerst überzeugend verkündete.

„Aber wir müssen morgen unbedingt auch noch über den Betriebsvergleich sprechen.“ Erwin ließ einfach nicht locker.

Es wurde wieder ein langer Abend, der erst so gegen 02.00 Uhr in der Disco zu Ende ging. Daher war es nicht verwunderlich, dass nicht wie eigentlich vereinbar, alle um 9.00 Uhr zum Frühstück kamen, sondern Erwin allein am Frühstückstisch saß. Doch schon zwei Stunden später waren alle wieder fit und bereit zur Abfahrt in den Nachbarort zu dem neuen Tagungshotel.

Welch Zufall, das Tagungshotel stellte sich als Bowlingcenter heraus und zwei Bahnen waren für uns reserviert, für den gesamten Nachmittag incl. Imbiss. Erwin war fast am Verzweifeln und verließ stocksauer die Veranstaltung. Die restlichen Kollegen hatten auch ohne ihn viel Spaß. Klaus, der Kollege aus Niedersachsen wurde zum Bowling-König gekürt. Er hatte nun die Ehre, nach dem gemeinsamen Abendessen im Hotel einige Runden Bier und Wein zu spendieren. Wie zu erwarten, endete auch dieser Abend ca. 02.00 Uhr in der Disco. Erwin wurde an diesem Tag nicht mehr gesichtet. Doch am nächsten Morgen kam er wieder frohgelaunt zum gemeinsamen Frühstück.

Zusätzlich zu dem bereits alles umfassenden Frühstücksbuffet gab es heute auf Wunsch frisch am Grill zubereitete kleine Steaks. Wahlweise mit Pilzen, Zwiebeln oder auch mit Eiern. Genau das richtige für die doch etwas übernächtigte Mannschaft.

Es wurde beschlossen, heute einen Ruhetag einzulegen. Die Hotelanlage bot vielfältige Gelegenheit sich zu entspannen.

So wurde der herrliche Pool reichlich genutzt und die Sonnenliegen zum Relaxen ausgiebig belegt. Einige verabredeten sich auch zu einem Tennismatch.

Nur Erwin war nirgends zu sehen. Wie sich später herausstellte, hatte er in seinem Zimmer an einem Vorschlag für den Betriebsvergleich gearbeitet. Bereits während des gemeinsamen Abendessens nervte er wieder mit seinem Anliegen und war erst zufrieden, als ihm zugesichert wurde, morgen als erstes über seine Ideen zu diskutieren.

Pünktlich um 9.00 Uhr waren diesmal alle zum Frühstück erschienen. Auch heute gab es wieder die leckeren Steaks vom Grill. Ein echtes Highlight. Erwin nervte wieder durch seine ständigen Erinnerungen an den Betriebsvergleich. Aber um 11.00 Uhr trafen sich dann alle im reservierten Clubraum des Hotels und Erwin hatte endlich seinen großen Auftritt. Seine Vorschläge waren sehr präzise und wirklich gut durchdacht.

Einstimmig wurde der Vorschlag angenommen und Erwin damit beauftragt den Betriebsvergleich zu organisieren. Damit war dann auch der offizielle Teil der gemeinsamen Tagung abgeschlossen. Im Protokoll wurde ausführlich der Betriebsvergleich als Hauptpunkt der Tagesordnung erwähnt. Der gemeinsame Abend endete wie gewohnt gegen 02.00 Uhr in der Disco.

Erwin hatte den ganzen Abend genervt, indem er von einem zum anderen gegangen war und seine Gedanken und Vorschläge zur Durchführung der notwendigen Umfrage besprechen wollte. Erst durch das andauernde Einladen zu einem Drink auf das Gelingen und das Loben seiner Vorschläge, konnte er beruhigt werden. Prost Erwin! Die Drinks taten ihre beabsichtigte Wirkung.

Ab 11.00 Uhr war Erwin sternhagelvoll und wurde auf sein Zimmer verfrachtet. Am nächsten Morgen erschien er wie erwartet missgelaunt verspätet zum Frühstück.

Es war das letzte gemeinsame Frühstück und erst gegen 12.00 Uhr rüsteten sich alle zu Abfahrt, verabschiedeten sich herzlich voneinander und freuten sich bereits auf die nächste gemeinsame Arbeitstagung.

Gunter schrieb zum Abschied noch eine Danksagung in das Gästebuch des Hotels und bedanke sich nochmals besonders für das großartige Frühstücksangebot.

GELB

Es war auf der Rückfahrt von einem Geschäftstermin in Bayern. Wieder mal lag ein anstrengender Tag hinter mir. In der Nähe von Leipzig bog ich ab auf eine Raststätte, um mich ein bisschen zu bewegen und schnell einen Espresso zu trinken, um die aufkommende Müdigkeit zu vertreiben.

Auf dem Weg zum Restaurant kam mir ein fröhlich hopsendes kleines Mädchen entgegen. Grellbunt gekleidet und mit langen, zu Zöpfen geflochtenen blonden Haaren. Es blieb vor mir stehen, schaute mich fröhlich an und hielt mir einen großen grünen Luftballon unter die Nase.

„Guck mal, was ich hier habe?“ sagte sie frech und herausfordernd.

„Ist das vielleicht ein Luftballon?“ entgegnete ich vorsichtig und sah sie fragend an.

„Boah, natürlich, das sieht man doch“ kam sofort die patzige Antwort. „Und es ist auch der größte und schönste von allen.“

Gebührend bestaunte ich jetzt den Luftballon und fragte dann die Kleine: „Weißt du denn, welche Farbe dein Luftballon hat?“

Sie überlegte kurz, schüttelte aber dann den Kopf.

„Ich glaube er ist grün“ wollte ich helfen.

Das kleine Mädchen, es war sicher nicht älter als drei Jahre, schaute mehrfach zwischen dem Luftballon und mir hin und her.

Schließlich machte es ein sehr ernstes Gesicht und erklärte mit bestimmter Stimme: „Nein, mein Luftballon ist gelb!“

Ich musste schmunzeln und entgegnete: „Ich finde, er ist grün.“

„Neeee er ist geeelb“ rief die Kleine nun etwas lauter und stampfte mit den Füßen. In dem Moment kam ihre Mutter um die Ecke

„Na du bist mir ja eine, läufst weg und sprichst gleich fremde Männer an.“

Endschuldigend sah sie zu mir herüber und nahm ihre Tochter an die Hand: „Komm mit, wir gehen jetzt Eis essen.“

Fröhlich über diese kleine Begegnung den beiden nachsehend, ging ich nun weiter ins Bistro, um den geplanten Espresso zu genießen.

Einige Zeit später, auf dem Weg zurück zum Parkplatz, begegnete ich den beiden noch einmal. Das kleine Mädchen an der einen Hand von der Mutter gehalten und in der anderen immer noch ihren großen grünen Luftballon.

Als wir aneinander vorbeigingen, drehte sie mit trotziger Geste ihren Kopf zu mir und sagte triumphierend mit fester Stimme nur ein Wort:

„GELB!“

Dann sah sie wieder stolz geradeaus und ging mit ihrer lächelnden Mutter und dem Luftballon weiter zum Auto. Aber beim Einsteigen winkte sie mir dann doch nochmal zu. Sicher würde aus ihr mal eine durchsetzungsfähige und sehr bestimmende junge Dame werden.

HUNGER

Es waren wieder einmal drei anstrengende Tage gewesen. Kundentermine in Holland und nicht einer war so richtig erfolgreich. Eine Tour zum Vergessen. Immer noch leicht frustig und mieser Laune war ich jetzt auf dem Heimweg. Den ganzen Tag hatte ich noch nichts Vernünftiges gegessen. Das Frühstück heute Morgen im Hotel war auch nicht gerade ein Highlight gewesen.