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Grausamkeit und Toleranz sind Begriffe, die in heutiger Zeit nicht recht zusammenpassen. Jedenfalls rühmen sich unsere westlichen Regierungen gerne ihrer Menschlichkeit und Toleranz, während mehr oder weniger feindlich gesinnte Autokratien wegen ihrer Grausamkeit und Intoleranz verurteilt werden. Die Begriffspaare anders zu kombinieren, ist definitiv nicht üblich. Oder kennen Sie ein Regime, das etwa als menschlich und intolerant tituliert wird? Manche Aspekte der Hunnen erscheinen uns vielleicht auch deswegen so fremd. Nahezu sämtliche Quellen vom Römischen Reich über Indien bis China betonen die außerordentliche Grausamkeit der hunnischen Völker – was den Verdacht nahelegt, dass diese tatsächlich grausam vorgingen. Auf der anderen Seite erlaubte es Attila allen Unterworfenen in seinem Reich, nach eigener Fasson selig zu werden. »Das war alles andere als ein totalitärer Staat«, urteilt Professor Falko Daim im Interview. Die Hunnen zeigten sich derart offen und tolerant, dass eine spezifisch hunnische Kultur und Religion heute kaum mehr auszumachen sind. Mit dieser Vorgehensweise standen sie nicht allein: Auch die Römer kombinierten vor ihrer Christianisierung erschütternde Grausamkeit mit hoher Toleranz. Völkermorde, Massenversklavungen und entsetzlich qualvolle Hinrichtungen gehörten zum Standardrepertoire. Zugleich gewährten Roms Behörden freie Religionsausübung, solange man dem Kaiser huldigte, also gleichsam auf dem Boden ihres Grundgesetzes stand. Hunnen wie Römer zeigen so, dass es machtvolle Herrschaftsmodelle gibt, die weit von unserem Erfahrungshorizont abweichen.-
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