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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Ferien!« Laut hallte der Jubelschrei durch das Klassenzimmer. Daniela Bonnarzt schmunzelte, während die Buben und Madeln ihre Ranzeln packten. Die junge Lehrerin hob die Arme. »Einen Moment bitte noch.« Sie fixierte einen der Schüler, der es besonders eilig hatte und bereits zur Tür stürmte. »Patrick, das gilt auch für dich!« Sie wartete, bis er wieder an seinen Platz gegangen war. »So, ich wünsch' euch schöne Ferien, wenn ihr mit den Eltern in Urlaub fahrt, eine schöne Reise und hoffe, daß wir uns alle gesund und munter wiedersehen. Und jetzt ab mit euch.« Sie wartete, bis die Kinder hinausgelaufen waren, dann packte sie ihre Sachen zusammen und atmete erleichtert auf. Endlich Urlaub. Daniela konnte ihn gebrauchen. Lehrerin zu sein war zwar eine wunderschöne Arbeit, aber sie war auch mit Streß verbunden. Leuten, die ihr vorhielten, daß Lehrer eh' nur den halben Tag arbeiteten und dann auch noch soviel Ferien hatten, erwiderte sie nur, daß sie selber schuld hätten, diesen Beruf nicht ergriffen zu haben. Dann schüttelte sie nur noch den Kopf. Gegen manche Vorurteile kämpfte man eben vergebens. Dabei sah ihr Arbeitstag gänzlich anders aus, als die meisten ahnten. Der Wecker klingelte um sechs Uhr in der Früh. Um sieben mußte Daniela losfahren, pünktlich um acht begann der Unterricht.
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»Ferien!«
Laut hallte der Jubelschrei durch das Klassenzimmer. Daniela Bonnarzt schmunzelte, während die Buben und Madeln ihre Ranzeln packten. Die junge Lehrerin hob die Arme.
»Einen Moment bitte noch.«
Sie fixierte einen der Schüler, der es besonders eilig hatte und bereits zur Tür stürmte.
»Patrick, das gilt auch für dich!«
Sie wartete, bis er wieder an seinen Platz gegangen war.
»So, ich wünsch’ euch schöne Ferien, wenn ihr mit den Eltern in Urlaub fahrt, eine schöne Reise und hoffe, daß wir uns alle gesund und munter wiedersehen. Und jetzt ab mit euch.«
Sie wartete, bis die Kinder hinausgelaufen waren, dann packte sie ihre Sachen zusammen und atmete erleichtert auf. Endlich Urlaub. Daniela konnte ihn gebrauchen. Lehrerin zu sein war zwar eine wunderschöne Arbeit, aber sie war auch mit Streß verbunden. Leuten, die ihr vorhielten, daß Lehrer eh’ nur den halben Tag arbeiteten und dann auch noch soviel Ferien hatten, erwiderte sie nur, daß sie selber schuld hätten, diesen Beruf nicht ergriffen zu haben. Dann schüttelte sie nur noch den Kopf. Gegen manche Vorurteile kämpfte man eben vergebens. Dabei sah ihr Arbeitstag gänzlich anders aus, als die meisten ahnten.
Der Wecker klingelte um sechs Uhr in der Früh. Um sieben mußte Daniela losfahren, pünktlich um acht begann der Unterricht. In der Regel waren es fünf Stunden, die sie unterrichtete. Hinzu kam die Arbeitsvorbereitung, Vorlagen kopieren, Material sichten und Dienstbesprechungen. Wenn sie dann gegen zwei Uhr wieder zu Hause war, warteten Aufsätze und Diktate darauf, korrigiert zu werden, oft riefen, spät abends noch, Eltern an, und wirklich Feierabend hatte Daniela kaum vor acht, halb neun.
Allerdings hatte sie sich nie darüber beschwert. Lehrerin war ihr Traumberuf gewesen, und sie empfand es als etwas Schönes, jungen Menschen etwas beizubringen, sie zu formen und ihnen auch noch das nötige Rüstzeug für den späteren Lebensweg mitzugeben.
Das Privatleben jedoch blieb meistens auf der Strecke.
Auf dem Weg ins Lehrerzimmer begegnete ihr eine Kollegin.
»Puh«, ächzte Lilo Wegner, »das wär’ geschafft. Hast du deine Rasselbande auch schon in die Ferien entlassen?«
»Ja, und jetzt freu’ ich mich auf meinen Urlaub.«
»Wohin soll’s denn geh’n? Wieder in die Berge?«
Daniela nickte. Seit Jahren hatte sie stets dasselbe Urlaubsziel.
»Wird’s dir eigentlich net leid, dieses Sankt-Johann?« fragte Claus Rendel.
Die beiden Lehrerinnen hatten gar nicht bemerkt, daß der Kollege hinter ihnen ging und ihr Gespräch mit anhörte.
»Überhaupt nicht«, erwiderte die junge Frau. »Es ist immer wieder schön dort. Ich wand’re viel, auf den Almhütten wird man gut bewirtet und nirgendwo gibt’s so einen guten Bergkäs’, wie dort.«
»Ich weiß net«, meinte Lilo. »Mir wär’ das zu fad. Ich will dorthin, wo was los ist. Sonne, Strand und Meer.«
Sie stellte ihre Tasche ab und breitete die Arme aus.
»Mallorca, ich komme!«
Claus Rendel sah Daniela von der Seite her an.
»Schad’, daß wir net zusammen verreisen«, meinte er.
Die Lehrerin lächelte. Sie wußte, daß der Kollege schon lange ein Auge auf sie geworfen hatte, und während eines Kollegiumsausflugs hatten sie beim gemütlichen Zusammensein am Abend ziemlich heftig geflirtet. Doch während es für Daniela eher ein harmloser Spaß war, schien Claus mehr darin zu sehen. Immer wieder ließ er durchblicken, daß sie für ihn mehr war, als nur ein Flirt.
»Wohin fährst du denn?« erkundigte sie sich.
Er zuckte die Schulter.
»Weiß noch net«, antwortete er. »Ich hab’ mich noch gar net entschieden.«
Inzwischen waren die anderen Kolleginnen und Kollegen ebenfalls im Lehrerzimmer erschienen. Hildegard Bruns, die Schulleiterin, wünschte ihnen allen einen schönen und erholsamen Urlaub, dann leerte sich der Raum allmählich wieder. Hier und da wurde beim Hinausgehen noch ein Gespräch geführt, und bei allen war deutlich die gute Stimmung zu spüren, die der letzte Schultag auslöste.
Daniela setzte sich in ihren kleinen Wagen und fuhr vom Parkplatz hinunter. Die Grundschule, an der sie arbeitete, lag gut zehn Kilometer von ihrem Wohnort, bei Bad Kissingen, entfernt. Gut gelaunt summte sie die Melodie des Schlagers mit, der aus dem Autoradio erklang. Gleich morgen früh sollte es losgehen. Ihre Koffer waren schon gepackt, und sie freute sich darauf, sie alle wiederzusehen: Ria Stubler, die freundliche Pensionswirtin, den Brandhuber-Loisl, die alte Klatschtante, Maria Erbling, die mit ihrer spitzen Zunge immer wieder mal für große Aufregung sorgte, und natürlich Pfarrer Trenker, mit dem sie schon so manche Bergtour unternommen hatte.
Allerdings würde sie auch ihn wiedersehen – Andreas Waldner…
*
Im letzten Jahr hatte sie ihn kennengelernt, den jungen Bauern aus dem Wachnertal. Auf dem Tanzabend im Löwen waren sie sich näher gekommen, und aus einem anfänglichen Flirt wurde eine heftige Liebesbeziehung. Es war der schönste Urlaub, an den sich Daniela erinnern konnte, voller glücklicher Tage und ohne daran zu denken, was wohl morgen sei.
Als dann der Tag des Abschieds kam, schworen sie sich ewige Treue. Daniela versprach, gleich in den Herbstferien wiederzukommen. Beinahe jeden Tag schrieben sie sich Briefe, und die Telefonate, die sie führten, waren endlos.
Doch dann kam alles anders. In den Herbstferien konnte Daniela nicht nach St. Johann fahren, weil sie einer kranken Tante, der Schwester ihrer Mutter, helfen mußte, die nach einer Hüftgelenksoperation gepflegt werden mußte. Danach wurden die Briefe weniger und die Telefonate spärlicher, bis man schließlich gar nichts mehr voneinander hörte. Offenbar war die Entfernung zwischen St. Johann und dem fränkischen Bad Kissingen doch größer, als es der Beziehung eigentlich gut tat.
Daniela hatte das Haus erreicht, in dem sie im oberen Stockwerk eine Dreizimmerwohnung hatte. Sie stellte die Schultasche in den kleinen Raum, den sie sich als Arbeitszimmer eingerichtet hatte, und schwor sich, die Tasche wirklich nicht eher wieder anzufassen, bis die Ferien zu Ende waren.
Sie bereitete sich eine Kleinigkeit zum Mittag und setzte sich dann, mit dem Telefon in der Hand, auf das Sofa.
Elke meldete sich sofort. Seit sie zusammen die Schulbank gedrückt hatten, waren sie befreundet, und wenn die andere auch längst verheiratet und fortgezogen war, hielten sie doch immer noch engen Kontakt.
»Na, hast du’s endlich geschafft?« fragte Elke.
»Ja, ab sofort sind Ferien, und ich verschwende keinen Gedanken mehr an die Schule.«
»Na, wie ich dich kenn’, sind deine Koffer schon gepackt, und du bist schon in den Startlöchern. Wann soll’s denn endlich losgeh’n?«
»Gleich morgen früh. Ich freu’ mich schon sehr auf die Wochen in Sankt Johann.«
»Auf Sankt Johann, oder auf – ihn?«
Daniela schluckte.
»Na ja, ich weiß net so recht«, antwortete sie. »Wahrscheinlich werde ich ihn wiedersehen, aber bestimmt erinnert er sich gar net mehr an mich.«
»Unsinn!«
Die Stimme der Freundin klang entrüstet.
»Sag’ mal – du liebst ihn doch immer noch, oder?«
Diese Frage hatte sich die junge Lehrerin auch schon gestellt. Mehrfach, nicht erst heute. Ja, sie spürte, daß sie immer noch etwas für Andreas Waldner empfand, aber glauben, daß sie die Beziehung dort würden fortsetzen können, wo sie damals unterbrochen wurde, das konnte Daniela einfach nicht.
»Wart’ mal ab«, sagte Elke. »Wenn ihr euch erst einmal wieder gegenübersteht, werdet ihr schon merken, daß ihr euch immer noch liebt.«
»Vielleicht hat er längst eine and’re«, äußerte sie.
»Sonst hätt’ er sich ja mal melden können.«
»Das hast du aber auch net getan.«
»Stimmt«, gab Daniala zu. »Die Umstände eben.«
Sie seufzte schwer.
»Ach, es ist eben net einfach mit der Liebe.«
»Ich kann da net klagen«, lachte Elke. »Rolf liebt mich wie am ersten Tag.«
»Du Glückliche!«
Sie plauderte noch eine ganze Weile, ehe die Lehrerin das Gespräch beendete.
»Vergiß’ net, mir zu schreiben und mich auf dem neuesten Stand zu halten«, mahnte die Freundin.
»Das werd ich«, versprach Daniela und legte auf.
Den Nachmittag verbrachte sie mit den letzten Reisevorbereitungen. Unter anderem bat sie ihre Vermieter, ein freundliches, älteres Ehepaar, sich um die Zimmerpflanzen und den Briefkasten zu kümmern. Dann fuhr sie noch einmal in die Stadt, um ein paar Dinge einzukaufen, die sie für die Fahrt benötigte, tankte den Wagen auf und kaufte ein wenig für das Abendessen und den Proviant für die nächsten Tage ein.
Nach einem kurzen Blick in das Fernsehprogramm ging sie früh schlafen, und als die Lehrerin am Morgen darauf losfuhr, schliefen die meisten Menschen noch.
*
Es war früher Nachmittag, als Daniela das kleine Bergdorf erreichte. Der Verkehr auf der Autobahn war weniger schlimm, als sie angenommen hatte, und als sie später gemütlich über die Landstraßen fuhr, fühlte sie sich in rechter Urlaubsstimmung.
Ria Stubler begrüßte ihren Stammgast mit einer herzlichen Umarmung. In den Jahren, in denen Daniela hier Urlaub machte, hatte sich ein freundliches Verhältnis zwischen den beiden Frauen entwickelt. Die rührige Pensionswirtin sah in der Lehrerin immer so etwas, wie eine Tochter, die zu haben ihr nie vergönnt worden war. Längst duzten sich die beiden.
»Hab’ ich mein altes Zimmer wieder?« fragte Daniela.
»Natürlich. Was denkst’ denn? Ich hab’s extra für dich freigehalten.«
Sie brachten die Koffer hinauf. Ria erkundigte sich nach der Gesundheit von Tante Josefine, und freute sich, daß es der alten Dame inzwischen wieder sehr viel besser ging. Mit dem neuen Hüftgelenk tanze sie wie eine Achtzehnjährige, erzählte Daniela schmunzelnd.
Natürlich bedauerte sie, daß sie im letzten Jahr, in den Herbstferien, nicht hatte herkommen können, aber Tante Josefine war ihre einzige Verwandte, die sie noch hatte, und es wäre ihr unmöglich gewesen, in Urlaub zu fahren und die Schwester ihrer Mutter in dem Zustand allein zu Hause zu wissen.
»Pack’ in aller Ruhe aus«, meinte Ria Stubler. »Nachher kommst’ herunter und wir trinken Kaffee.«
»Etwa mit deinem tollen Hefezopf?«
»Aber natürlich. Ich weiß doch, wie gern’ du ihn magst.«
Der Zopf schmeckte ganz einfach himmlisch. Besonders mit der guten Almbutter und mit der hausgemachten Marmelade darauf.
Im Laufe der Zeit hatte es sich ergeben, daß Daniela nicht mit den anderen Gästen zusammen frühstückte, sondern immer mit Ria Stubler in deren Privaträumen. Außerdem ließ die Pensionswirtin nicht zu, daß die Lehrerin ihre anderen Mahlzeiten im Gasthaus einnahm. Mittagessen und Abendbrot aßen sie gemeinsam. Außer, wenn Daniela im Pfarrhaus eingeladen war, was während ihres Urlaubs häufig vorkam, denn dort war sie ein ebenso gern gesehener Gast, wie in der Pension.
»Wie geht’s dir?« wollte Ria wissen, als sie später bei Kaffee und Hefezopf zusammen aßen.
»Gut«, antwortete die Lehrerin. »Die Arbeit macht immer noch Spaß, auch wenn sie manchmal stressig ist. Gesundheitlich gibt’s keine Probleme, und jetzt, wo Ferien sind, kann’s gar net besser sein.«
Die Pensionswirtin beobachtete aufmerksam das hübsche Gesicht der jungen Frau. Daniela Bonnarzt war eine aparte Erscheinung, und ihre stets fröhliche Art hatte etwas Ansteckendes. Kaum jemand konnte sich erinnern, sie jemals in schlechter Laune erlebt zu haben.
»Und?« fragte Ria weiter, »wie sieht’s in der Liebe aus?«
Die Lehrerin zuckte die Schulter.
»Gibt’s immer noch kein Happy End zwischen euch?«
Daniela schüttelte den Kopf.
»Ich hab’ lang’ nix von ihm gehört. Siehst du ihn manchmal?«
»Ab und zu«, nickte Ria. »Nicht oft. Der Waldnerhof liegt ja net gleich um die Ecke.«
Natürlich hatte sie im letzten Jahr mitbekommen, was sich zwischen Daniela und Andreas entwickelt hatte. Sie bedauerte es sehr, daß die Beziehung wieder zu Ende gegangen war. Nichts hätte sich die liebenswerte Pensionswirtin mehr gewünscht, als daß es mit den beiden geklappt hätte, und Daniela für immer in ihrer Nähe geblieben wäre.
Allerdings hatte sie sich auch oft die Frage gestellt, ob es hätte gutgehen können, zwischen einer Lehrerin und einem Bauern.
Nach dem Kaffeetrinken half Daniela den Tisch abzuräumen. Ria mußte vorne, an der kleinen Rezeption, noch auf zwei andere Gäste warten.
»Ich lauf’ eben zum Pfarrhaus hinüber und sag’ guten Tag«, erklärte die Lehrerin.
»Bis später«, verabschiedete Ria sich. »Aber komm’ pünktlich zum Abendessen zurück. Es gibt was Besond’res…«
Daniela konnte es sich schon denken.
»Doch net etwa…?«
Die Wirtin nickte.
»Doch, gebratene Forelle mit Mandelbutter.«
Die Lehrerin strahlte.
»Ria, du bist eine Wucht!« rief sie begeistert und lief hinaus.
*
Es war schön, die vertrauten Straßen und Häuser zu sehen. Daniela schaute zur Kirche hinüber, wie oft hatte sie dort mit Pfarrer Trenker geplaudert! Sie überquerte die Straße und ging den Kiesweg hinauf.
»Grüß Gott, Herr Kammeier«, rief sie, als sie den Mesner sah, der mit Schubkarre und Rechen dabei war, die Grünanlage um das Gotteshaus herum zu säubern.
»Willkommen in Sankt Johann«, winkte Alois Kammeier zurück.
Sie klingelte an der Tür des Pfarrhauses und wartete ungeduldig ab. Ein Strahlen ging über das stets leicht gebräunte Gesicht des Geistlichen, als er sie erblickte.
»Daniela, da sind S’ ja. ich hab’ mich schon gefragt, ob S’ heut’ oder morgen ankommen.«