Genital Traffic - Hanna Eschenhagen - E-Book

Genital Traffic E-Book

Hanna Eschenhagen

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Beschreibung

Nele und Paul. Namen, die nach Durchschnittlichkeit klingen, eine Beziehung, die es ist und Sex, der es nicht mehr sein soll: Ein Paar in den Zwanzigern versucht, mit (S)experimenten von A wie Analplug bis V wie Vulvawatching endlich wieder frischen Wind in ihre Beziehung zu bringen. Man darf gespannt sein, ob Fesselspiele das Paar näher zusammenbringen oder Bukkakepartys das Schmiermittel sind, das eine gesunde Beziehung braucht, um reibungslos zu funktionieren.

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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2022

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DIE AUTORIN

Als kleines Mädchen war Hanna Eschenhagen ein hässlicher Bengel.

Abgeschieden und verstoßen von der stets auf Äußerlichkeiten bedachten Umwelt verschlang der unansehnliche Bub in seinem Kinderzimmer im beschaulichen Ostwestfalen-Lippe haufenweise Bücher und wurde exorbitant schlau.

Irgendwann hat die Pubertät ein bisschen Magic geschehen lassen und aus Zahnspangenboy Hans wurde Hotmaus Hanna. Intelligenz gepaart mit Cuteness; das Resultat dieser Kracherkombi liegt nun in euren Händen: Literarische Ergüsse der Extraklasse zu den ganz großen Gefühlen, der vermeintlich schönsten Nebensache der Welt und Chicken Nuggets.

VORWORT

Bücher über guten Sex, überwältigende Orgasmen und erfüllende Exkurse in die Fetischszenen dieser Welt gibt es viele. Eine nicht zu verachtende Anzahl an Menschen wird dabei aber vergessen – Menschen wie du und ich1, die mit mittelmäßigem Sex und durchschnittlich attraktiven Körpern das Leben bestreiten müssen. Menschen wie Paul und Nele, die Protagonisten dieses künstlerisch anspruchsvollen Werks.

1 vielleicht wie du, sicherlich nicht wie ich - ich habe einen traumhaften Körper samt prächtiger Vulva. Auch meine Gynäkologin sagt regelmäßig: „Frau Eschenhagen, Sie haben wirklich die schönste Scheide der Welt“, bevor sie mir zum Abschied einen Kuss auf den Venushügel haucht.

DANKSAGUNG

Ich möchte mich vor allem bei all den Menschen bedanken, die Inspiration und Muse für meine Texte waren. Ohne manche Begegnungen wäre meine Fantasie niemals so beflügelt worden.

Hinweis in eigener Sache

Manch einer dürfte sich an der einen oder anderen Stelle im Buch aus mir schleierhaften Gründen denken: „Das ist politisch völlig inkorrekt, vom ethischen Standpunkt aus betrachtet geradezu verwerflich.“

Diese imaginäre Person möchte ich darum bitten, stets folgende Geschichte im Hinterkopf zu behalten: Einst traf ich auf einer Party auf eine Person, die wegen eines kürzlich erfolgten Kieferbruchs ein Headgear trug und den gesamten Abend über nur durch einen Strohhalm essen und trinken konnte. Von Schmerzen gebeutelt und augenscheinlich darunter leidend, wie schlecht pürierte Lasagne schmeckt, machte der junge Mann einen desolaten Eindruck. Altruismus ist mein Lifestyle. Wohltätig und selbstlos, wie ich war – und noch immer bin - nahm ich ihn für eine Stunde in meine Obhut.

Die Menschen in meinem Umfeld bezeichnen mich seither häufig als Sankt Martin 2.0: Ich gab einem armen Menschen nicht etwa eine einzige erbärmliche Mantelhälfte, sondern gleich meine ganze Scheide.

An jenem Abend sammelte ich genügend Karmapunkte für dieses – und noch drei weitere Bücher dieser Art.

INHALT

Vorstellung Paul

Vorstellung Nele

Kennenlerngeschichte

Neles POV

Pauls POV

1.Dreisamkeit

Nachspiel Pauls POV

2. Logenplatz für Diego

Nachspiel Neles POV

3. You can leave your hat an

Nachspiel Pauls POV

4. Verflixt & zugek(n)otet

Nachspiel Pauls POV

5. Das rote Pferd

Nachspiel Neles POV

6. Spieglein, Spieglein in der Hand

Nachspiel Neles POV

Nachspiel Pauls POV

7. Arm aber sexy

Nachspiel Neles POV

8. Das Tauschgeschäft

Nachspiel Pauls POV

9. A little party never killed nobody

Nachspiel Neles POV

10. Vorhang auf!

Nachspiel Neles POV

Nachspiel Pauls POV

11. Talk dirty to me

Nachspiel Neles POV

12. Der kleine Tod

Vorstellung PAUL

Paul hat eine Abneigung gegen Wörter, die mit “sch“ anfangen. Nicht nur, weil “scheiße“ und “schlecht“ im Allgemeinverständnis vieler per se keine guten Wörter sind und das Wort “Scheide“ einen enormen Cringe-Faktor mit sich bringt, sondern vor allem, weil ihm der Zusatz “sch“ den Körpertyp versaut. Aus mächtig wird schmächtig – und Paul hat es versucht - aber kein Proteinriegel aus der Rossmann-Fitnessabteilung konnte ihm jemals zu breiteren Schultern verhelfen.

Paul hat aschblondes Haar, das er stets etwas zu lang trägt – ein bisschen wie Justin Bieber mit 14 Jahren. Er hat grau-grüne Augen und recht buschige Augenbrauen, seine Nase ist für einen Mann sehr klein und schmal. Seit er im Teenageralter gegen eine Laterne gelaufen ist und sich dabei die Nase gebrochen hat, durchbricht jedoch ein dicker Knubbel das ansonsten schmale Nasenbild. Paul hat sehr volle, fast sinnliche Lippen, auf die Nele manchmal neidisch ist und ist 1,79 Meter groß. Er weiß, dass viele Frauen keine Männer unter 1,80 daten würden – deshalb sagt er immer, dass er 1,82 misst. 1,80 sagen fast alle Männer, die zwischen 1,76 und 1,79 groß sind - ein absoluter Anfängerfehler. Auch Nele hat er noch nicht gesagt, dass er kleiner ist, als er stets behauptet.

Paul mag seine Kleidung praktisch und in der Anwendung zeiteffizient, deshalb trägt er zu Neles Leidwesen fast nur Klettschuhe und verwendet noch immer das Klettportemonnaie aus der fünften Klasse. Er versteht ihre Abneigung nicht: Während sie sich noch die Schuhe bindet, sitzt er schon fertig geklettet im Auto. Und wenn die Portemonnaies von 4-YOU so lange halten – wieso dann nicht auch weiterhin nutzen?

Paul ist sehr dünn, einzig um seine Brustwarzen herum hat sich etwas überschüssiges Gewebe angesammelt – es lässt seinen Brustbereich aussehen wie den eines pubertierenden Mädchens. Durchbrochen wird dieses Bild von recht langen, dunklen Haaren, die sich um seine hellaketchupflaschendeckelgroßen Brustwarzenhöfe winden. Paul entfernt die dunklen Kreise um seine Brustwarzen nicht – er findet, dass ihm diese eine gewisse Maskulinität verleihen; ein Attribut, das bei seinem Anblick sonst eher abwegig scheint. Brust, Beine und Arme sind bei Paul unbehaart, bis auf seine Flauschbrüste ist ansonsten nur noch der Pfad vom Bauchnabel bis zum Penis dicht bewaldet.

Pauls Hintern ist von einer Jugendsünde gezeichnet – bei dem Versuch, seinen Furz zu entzünden, gerieten die Haare rund um seine Rosette in Brand, was ihm lebenslange Brandnarben einbrachte. Jedes Mal, wenn ein Wetterumschwung bevorsteht, jucken die Narben recht kräftig. Dann kann Paul sich einen Tag lang kaum auf etwas anderes konzentrieren als auf seinen ihn piesackenden After.

Pauls Penis hat schlaff eine sehr lange Vorhaut, selbst in steifem Zustand bleibt ein Zipfel an der Penisspitze überstehen – wie die Darmpelle am Bratwurstende, an der man bei Verzehr unangenehm lange zu kauen hat. Sonst ist er aber recht zufrieden mit seinem Penis und findet, dass die leichte Krümmung seinem kleinen Freund Charakter verleiht.

Pauls größtes Hobby ist Wrestling – schon während der Arbeitszeit schaut er auf einem kleinen Fenster auf seinem Bildschirm Wrestlingshows, nach Feierabend verbringt er viel Zeit in Fan-Foren. Manchmal erregt ihn der wilde Kampf zwischen den muskelbepackten Männern, dann schämt er sich etwas und wundert sich über seine Gedanken. Paul sagt gerne, dass auch er wrestlen könnte, da der Kampf immerhin nur eine einstudierte Choreografie sei. Da ihm im Forum “Wilde Wrestlingfantasien“ noch nie jemand widersprochen hat, glaubt er weiterhin fest an seinen Traum.

Paul arbeitet als Bürokaufmann bei Edeka. Normalerweise kann er sich nicht besonders für seinen Beruf begeistern - es war einfach sehr praktisch, nach dem Abitur bei den Eltern wohnen zu bleiben und lediglich in den nächsten Ort fahren zu müssen. Jedes Jahr an Weihnachten, wenn Edeka einen neuen, herzerwärmenden Werbespot herausbringt, ist er aber kurzzeitig sehr stolz darauf, für dieses Unternehmen arbeiten zu dürfen und unterlegt sein Profilbild bei Facebook mit dem Banner “Wir lieben Lebensmittel“.

Vorstellung NELE

Nele ist 1,74 Meter groß - und wäre gern etwas kleiner, weil sie mit hohen Schuhen genauso groß ist wie Paul und dann auffällt, dass er bei der Größe schummelt. Sie hat hellblondes, recht dünnes Haar, das sie gern im Dutt trägt und hellblaue Augen. Da ihre Augenbrauen und Wimpern sehr hell sind, sieht es ungeschminkt so aus, als hätte sie keine – das lässt ihr Gesicht völlig konturenlos wirken und prädestiniert Nele für eine Schauspielrolle in der Serie “Club der roten Bänder“. Für ihre Körpergröße hat sie zwar recht kleine Brüste, dafür aber außergewöhnlich große Brustwarzen. Seit ihrer Abifahrt nach Lloret de Mar ist Nele stolze Besitzerin eines Bauchnabelpiercings. Deshalb trägt Nele gern sehr enge Tops und T-Shirts, die ihrem Figurtyp zwar nicht schmeicheln, dafür aber zulassen, dass sich nicht nur jedes Gramm Fett, sondern auch ihr Bauchschmuck abzeichnen kann.

Als Teenagerin hatte Nele – wie die meisten jungen Frauen – mit ihrem Selbstwertgefühl zu kämpfen: Nicht dünn genug, zu kleine Brüste, die Zähne nicht so strahlend-weiß wie in der Werbung, die Haare dafür strohiger – und die Haut: eine (un)reine Katastrophe. Einen echten Confidence-Boost erfuhr Nele, als der bekannteste Fotograf des ganzen Dorfes sie für ein Fotoshooting vor die Linse nahm. Zunächst mutete es Nele seltsam an, dass sie zu dem Shooting mit Harald in High Heels und Bikini kommen sollte; bei einem Kieswerk als Kulisse hätte Nele eher an ein angezogeneres Outfit gedacht. Als sie dann aber im Anschluss die Fotos von sich in den Händen hielt und zu ihrer Bestätigung nach Veröffentlichung des Stadtmagazins gleich vier Nachrichten von Männern mittleren Alters bekam, dass sie einen wirklich tollen Körper und eine äußerst sexuelle Ausstrahlung habe – da wusste Nele, dass sie alles richtig gemacht hatte. Außerdem hatte es ihr auch wirklich Spaß gemacht, für einen Tag ein Model zu sein, keck die Arme in die Hüften zu stemmen und sich im Sand zu wälzen.

Im Sommer trägt Nele Ballerinas, auch wenn sie weiß, dass die platten Schläppchen schon längst nicht mehr angesagt sind. Dafür macht sie sich im Winter gerne schick und trägt Stiefeletten mit einem kleinen Absatz, der bei jedem Schritt unangenehm laut klackert. Vom grundsätzlichen Erscheinungsbild her ist sie eher ein heller Typ – auch im Sommer wird sie nur rot, um dann wieder weiß zu werden. Neles Schamhaar ist längst nicht so dunkel wie das von Paul und da sie keinen starken Haarwuchs hat, entfernt sie meist nur die Haare, die aus ihrem Tankini hervorlugen könnten.

Mit ihrer Scheide ist Nele eigentlich ganz zufrieden – sie hat aber auch kaum Vergleichswerte. Manchmal klappt sie, bevor Paul sie nackt sieht, die äußeren über die inneren Schamlippen. Nele hat einmal gehört, wie ein Kumpel von Paul große Schamlippen als Truthahnhälse bezeichnete; seither hat sie Angst, dass auch ihre diesen undankbaren Spitznamen bekommen könnten.

Einen Orgasmus hatte Nele noch nie. Da Paul ihr aber einmal gesagt hat, dass die meisten Frauen sowieso nicht kommen können und es für den Geschlechtsverkehr auch nicht essenziell sei, dass die Frau zum Höhepunkt kommt, hat Nele ihr Dasein in der Orgasmuslosigkeit akzeptiert. Zumindest Paul kommt jedes Mal und das außerordentlich schnell; die Orgasmusbilanz des Paares ist also im Rahmen.

Sport mag Nele nicht besonders und das sieht man ihr auch an. Sie ist zwar nicht wirklich dick, “straff“ zählt jedoch auch nicht zu den Wörtern, die einem Betrachter ihres Körpers in den Sinn kommen. Manchmal sagt sie spaßeshalber, dass Puzzeln ihr Sport ist – immerhin tut ihr nach Stunden des verkrampften Kopfbeugens über dem Puzzletisch auch jeder Knochen im Körper weh. Die fertigen Puzzles rahmt Nele ein und hängt sie auf; mittlerweile ist schon eine beachtliche Bildersammlung zusammengekommen, deshalb nennt Nele ihren Flur auch gern “die Galerie“.

Ein weiteres Hobby von Nele ist das Handlettering, das sie erst kürzlich für sich entdeckt hat. Seither schickt sie viele süße Karten mit lustigen und nachdenklichen Sprüchen an ihre Freunde und Verwandte.

Nele arbeitet als Bankkauffrau. Nicht der spannendste Job, das weiß sie. Aber das Einkommen ist – am Aufwand gemessen – mehr als in Ordnung, sie konnte bei ihren Eltern wohnen bleiben, als sie in der Ausbildung war und darf bei der Arbeit schicke Anzughosen und Blusen tragen. Am Ende des Tages ziert stets ein Speckrand von Make-Up und Puder den Kragen der Bluse, da Nele Gesicht und Hals mindestens drei Hauttöne dunkler schminkt, um nicht allzu blass auszusehen.

Nele hätte gerne eine Katze, weil sie Katzen liebt und Katzenkratzbäume in Wohnungen wunderschön findet, leidet aber unglücklicherweise an einer extremen Tierhaarallergie. Als Ersatz für ein echtes Kätzchen hat sie sich eine kleine Ecke eingerichtet, in der sie alles rund um Katzen sammelt; Karten mit lustigen Sprüchen, Hello-Kitty-Fan-Artikel und Stofftiere. Das ist zumindest ein kleiner Trost, findet sie.

Die Kennenlerngeschichte Neles POV

Jonas kenne ich schon seit Ewigkeiten, das erste Mal gesehen habe ich ihn im Konfirmandenunterricht. Und genauso lange finde ich ihn auch schon ziemlich gut. Um ein kleines Zeichen zu setzen, habe ich mir damals den gleichen Spruch wie er zur Konfirmation herausgesucht; gefühlt war ihm das herzlich egal. Männer verstehen wenig von Romantik.

Danach sind wir uns kaum noch begegnet, in meinem Kopf und meinen Tagebüchern war Jonas aber nach wie vor präsent.

Zur Party anlässlich des 18. Geburtstags meiner Freundin Anne war Jonas ebenfalls eingeladen und ich witterte meine große Chance – endlich, nach Jahren des Wartens. Ich zog meine nigelnagelneue Blümchenbluse von New Yorker an, die bedingt durch ihren hohen Polyestergehalt zwar nach zwanzig Minuten nach Schweiß riechen dürfte, dafür aber einen gewagten Blick in meinen Ausschnitt erlaubte. Dazu kombinierte ich meine kleine mit Glitzersteinchen verzierte Umhängetasche und Ballerinas im gleichen Look. “All eyes on me“ sollte mein Motto des Abends werden.

Jonas kam etwa drei Stunden zu spät zur Party. Bis dahin hatte ich etwas Sektbowle getrunken und ein klein wenig getanzt – wegen der Müffelgefahr meiner Polyesterbluse aber nicht besonders wild. Zwischenzeitlich hatte ich Angst, dass er gar nicht kommen würde, dann stand er plötzlich direkt neben mir.

Ich nickte ihm cool zu: „Hey Jonas.“

Er nickte zurück. Ich ging zu den Bierzeltgarnituren, füllte zwei Becher mit Bowle und bahnte mir den Weg zurück zu ihm.

„Ey, du hast doch noch gar nichts getrunken, Jonas! Auf einen einmaligen Abend, Prost!“, sagte ich.

Ich drückte ihm schwungvoll einen der Plastikbecher in die Hand, wobei einiges an Bowle über seine Hände schwappte, und fügte ein “Woooh“ hinzu, als ich ihm zuprostete. Danach ging ich weg – wenn er Interesse haben sollte, dann würde er schon ankommen. Von der Tanzfläche aus warf ich ihm immer wieder Blicke zu, die er nicht mitzubekommen schien. Wenn er einmal in meine Richtung sah, bemühte ich mich auszusehen, als hätte ich eine großartige Zeit und gigantisch viel Spaß. Nach einer Dreiviertelstunde wurde es mir zu blöd – offensichtlich hatte er die Zeichen ebenso wenig verstanden wie damals im Konfirmandenunterricht. Ich ging wieder zu Jonas zurück, der im Gespräch mit zwei Jungs war, und rempelte ihn kumpelhaft an.

„Na, alles frisch, altes Haus?“, fragte ich und rempelte ihn gleich noch einmal an.

„Äh sag mal, Lina...“, begann Jonas.

„Nele“, warf ich ein.

„Oh sorry, also, Nele, kennst du schon den Paul?“, fragte Jonas und zeigte auf einen blassen, schmächtigen Jungen neben sich.

„Nee, aber ich kenn dich und that’s enough for now“, sagte ich augenzwinkernd.

Plötzlich fasste Jonas mich am Arm und beugte sich zu mir herunter. Endlich war es so weit. Ich drehte mein Gesicht zu ihm, schloss die Augen und spitzte die Lippen.

Sein Atem kitzelte mich am Ohr, als er anfing zu sprechen: „Ey, Nele, ich bin echt so gar nicht interessiert, null. Aber mein Kumpel Paul ist echt ein feiner Kerl und ich glaube er findet dich ganz gut. Okay? Übrigens riechst du schlimm nach Schweiß, geh mal besser ins Bad.“

Ich weiß noch, dass mir in dem Moment augenblicklich schlecht wurde – ich mir aber auf keinen Fall anmerken lassen wollte, wie weh mir seine Worte taten. Ich drehte auf der Stelle um und ging ins Badezimmer, um nach Deo zu suchen. Da ich keines finden konnte, griff ich zum Citrus-Badreiniger und sprühte mir damit jeweils zweimal unter jede Achsel. Was gegen Uringeruch und Schimmel hilft, sollte auch gegen Achselschweiß auf Polyesterstoff nicht machtlos sein. Ich schüttelte mein Haar, um ihm mehr Volumen zu verleihen und ging zurück auf den Dancefloor: Wenn einer nicht will, freut sich eben der Zweite. Zielstrebig ging ich auf den dünnen Freund von Jonas zu.

„Hey, ich bin Nele“, stellte ich mich vor.

„Ja, ich weiß. Ich bin Paul“, sagte Paul und ich glaubte, beim „ß“ ein kleines Lispeln zu vernehmen. Ob es an einem Sprachfehler oder seiner Zahnspange lag, war mir in diesem Moment egal.

„Wollen wir knutschen?“, fragte ich und Paul nickte.

Während unsere Zungen ihre Kämpfe austrugen, blickte ich hinüber zu Jonas. Es schien ihn tatsächlich nicht zu interessieren, was ich hier trieb; seltsam, in einem Film wäre er jetzt eifersüchtig geworden.

Paul und ich tauschten ICQ-Nummern aus und seither waren wir zusammen. Am Anfang chatteten wir sehr viel, spielten Zoopaloola und Slide-A-Lama, irgendwann trafen wir uns häufiger. Wir kuschelten, fütterten uns gegenseitig mit Ferrero Rocher und praktizierten Petting. Nach ein paar Monaten schliefen wir das erste Mal miteinander.

Mittlerweile sind wir seit acht Jahren zusammen. Nachdem wir beide mit dem Abi und unseren Ausbildungen fertig waren, zogen wir in eine gemeinsame Wohnung. Wir sind ein gutes Team, verstehen uns meist und Paul denkt an unserem Jahrestag und am Valentinstag sehr verlässlich an Blumen und Pralinen. Eigentlich gibt es also absolut keinen Grund zur Beschwerde, immerhin sind wir größtenteils ganz zufrieden – und darum geht es ja im Leben.

Als wir dann aber kürzlich eine Serie gesehen haben, in der es um eine offene Beziehung ging, fragten wir uns, ob wir wirklich gar nichts erlebt haben wollen, falls wir in naher Zukunft Kinder bekommen sollten. Und deshalb fassten wir den Entschluss, noch einmal richtig verrückt zu werden – und weg von unserem offensichtlich sehr gemäßigten Sexleben zu kommen.

Wir sprachen recht lange über diese Idee; vielleicht unser erstes langes Gespräch, seit wir uns kennen. Ein bisschen Angst hatten wir beide, dass uns die Sex-Experimente weiter auseinander- statt zusammenbringen könnten. Deshalb einigten wir uns darauf, alle Abenteuer gemeinsam zu erleben und nicht – wie es bei einer offenen Beziehung sonst meist der Fall ist – auf eigene Faust loszuziehen.

Ich bin gespannt, was die nächste Zeit mit sich bringt – und freue mich auf aufregende neue Erlebnisse – und vielleicht auch endlich mal einen Orgasmus.

Die Kennenlerngeschichte Pauls POV

Um ganz ehrlich zu sein, wollte ich einfach endlich mein erstes Mal haben. Immerhin war ich schon 19 Jahre alt und ich hatte keine Lust, mit 20 immer noch ungefickt, die Jungfrau des Abijahrgangs zu sein. Mit wem dieses erste Mal passieren würde, war mir relativ egal. Als mein Kumpel Jonas mir dann Nele vorstellte, dachte ich mir: Ach, wieso eigentlich nicht. Klar fand ich Madita mit den Riesenbrüsten aus der Parallelklasse ein paar Ecken heißer, aber wenn ich sie und mich realistisch einschätzte, dann musste ich mir eingestehen, dass wir einfach in grundverschiedenen Ligen spielten. Nele war also eher eine “Besser-eine-als-keine“-Lösung, mittlerweile bin ich aber zufrieden mit ihr und unserer Beziehung. Sie ist ein wirklich nettes Mädchen und wird bestimmt einmal eine gute Mutter und Hausfrau sein.

1. Dreisamkeit

“PauLe“ haben wir unser gemeinsames Tinderprofil genannt, eine Mischung aus Paul und Nele, das fanden wir ganz süß. “Offenes Mädchen für unser kleines Abenteuer gesucht“ stand im Profil – und erst einmal ist zwei Wochen lang gar nichts passiert. Dann hatten wir endlich ein Match: Joana, 24 Jahre alt, recht klein, vielleicht 1,62 Meter groß. Sie hat kräftigbraunes, sehr kurzes Haar und ein Septum – ich glaube, ihren Typ bezeichnet man als burschikos.