Geschäftsmodelle richtig bewerten - Georgiy Michailov - E-Book

Geschäftsmodelle richtig bewerten E-Book

Georgiy Michailov

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Beschreibung

Wertschöpfungspotenziale gezielt erkennen Nichts ist für die Ewigkeit! Das gilt besonders für Geschäftsmodelle. Sie müssen regelmäßig überprüft und an sich verändernde Marktumfelder angepasst werden. Dazu sollten sich Unternehmen immer wieder 5 zentrale Fragen stellen: • Verfügen Sie über eine robuste Wertpositionierung durch USP und Wettbewerbsstellung? • Ist das Wertangebot Ihrer Produkte auf den optimalen Kundennutzen ausgerichtet? • Funktioniert Ihre Wertschöpfung, indem Sie Produkte maximal effizient herstellen? • Nutzen Sie die Möglichkeiten zur Wertabschöpfung durch realistische Kalkulationen und profitable Bepreisung? • Wird Ihre Wertdisziplin durch kaufmännische Steuerung und die Unternehmensführung konsequent eingehalten? Prüfen Sie mithilfe der im Buch enthaltenen Selbsttests Ihr Geschäftsmodell auf Herz und Nieren, lassen Sie sich von Best Practices zu gezielten Wertsteigerungen inspirieren und setzen Sie Restrukturierungsprojekte mit den praxistauglichen Anleitungen aus dem Arbeitsteil um.

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Georgiy Michailov, Volker Düsberg

Geschäftsmodelle richtig bewerten

Wertsteigerungspotenziale in 5 Schritten erkennen: Ein Arbeitsbuch

Campus Verlag Frankfurt/New York

Über das Buch

Wertschöpfungspotenziale gezielt erkennenNichts ist für die Ewigkeit! Das gilt besonders für Geschäftsmodelle. Sie müssen regelmäßig überprüft und an sich verändernde Marktumfelder angepasst werden. Dazu sollten sich Unternehmen immer wieder 5 zentrale Fragen stellen:• Verfügen Sie über eine robuste Wertpositionierung durch USP und Wettbewerbsstellung?• Ist das Wertangebot Ihrer Produkte auf den optimalen Kundennutzen ausgerichtet?• Funktioniert Ihre Wertschöpfung, indem Sie Produkte maximal effizient herstellen?• Nutzen Sie die Möglichkeiten zur Wertabschöpfung durch realistische Kalkulationen und profitable Bepreisung?• Wird Ihre Wertdisziplin durch kaufmännische Steuerung und die Unternehmensführung konsequent eingehalten?Prüfen Sie mithilfe der im Buch enthaltenen Selbsttests Ihr Geschäftsmodell auf Herz und Nieren, lassen Sie sich von Best Practices zu gezielten Wertsteigerungen inspirieren und setzen Sie Restrukturierungsprojekte mit den praxistauglichen Anleitungen aus dem Arbeitsteil um.

Vita

Georgiy Michailov und Dr. Volker Düsberg verbindet eine über zehnjährige Geschäftsbeziehung. Michailov, Geschäftsführer und Partner des im Turnaround Management führenden deutschen Beratungsunternehmens Struktur Management Partner GmbH (SMP), und Düsberg, Strategieberater, Journalist und Autor, haben im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit dem »SMP Wertkreislauf« einen wertorientierten Geschäftsmodellansatz entwickelt, den sie in diesem Buch einem breiten Publikum als praxiserprobtes Konzept zur effektiven Analyse, Ausrichtung und Kommunikation von Geschäftstätigkeiten an die Hand geben möchten.

Georgiy Michailov, seit rund zwanzig Jahren als Berater und Beirat erfolgreich, gewann 2016 mit seinem Team die Handelsblatt-Auszeichnung für die beste operative Restrukturierung des Jahres; 2020 wurde Struktur Management Partner als »Bester Berater des Jahres 2020« im Rahmen des TOP CONSULTANT-Wettbewerbs ausgezeichnet.

Dr. Volker Düsberg entwickelt seit über dreißig Jahren ganzheitliche Kommunikations- und Markenstrategien und setzt sie mit seiner Agentur ü,ö. Strategie und Design auch um. Er erhielt zahlreiche nationale und internationale Werbe- und Designauszeichnungen und beschäftigt sich seit 2002 vorzugsweise mit Unternehmenskommunikation und Corporate Identity.

Inhalt

Einleitung

Vom Wert der Wertorientierung Leitfragen für die Ausgestaltung eines unternehmensspezifischen und wettbewerbsdifferenzierenden Geschäftsmodells

»Fünf ist Trümpf«. Oder Ganzheitlichkeit schlägt Einzelbetrachtung

Die Wert-Kennzahlen einer hoch profitablen Unternehmenstätigkeit

(Vorläufige) Definition »Geschäftsmodell«

Der wertorientierte Geschäftsmodellansatz von Struktur Management Partner

Kapitel IGeschäftsmodelle im Praxistest:  Jeder hat eins, jeder braucht eins

1. Implizite und explizite Geschäftsmodelle

2. Zum Unterschied von Strategie und Geschäftsmodell

1. Neugierde

2. Fantasie

3. Rationalität

4. Anstrengung

Strategieentwicklung

3. Die fünf typischen impliziten Geschäftsmodelle unternehmerischer Tätigkeit

4.Typ 1: Der Kundenbeglücker

Die Geschichte

Das implizite Geschäftsmodell

Ansätze für ein wertschaffendes Redesign

5.Typ 2: Der Permanenterfinder

Die Geschichte

Das implizite Geschäftsmodell

Ansätze für ein wertschaffendes Redesign

6.Typ 3: Der Sparfuchs

Die Geschichte

Das implizite Geschäftsmodell

Ansätze für ein wertschaffendes Redesign

7.Typ 4: Der Größenfetischist

Die Geschichte

Das implizite Geschäftsmodell

Ansätze für ein wertorientiertes Redesign

8.Typ 5: Der Alleskönner

Die Geschichte

Das implizite Geschäftsmodell

Ansätze für ein wertschaffendes Redesign

9.Fazit: Was typischerweise explizit schiefgelaufen ist

Kapitel II»Wert«:  Die zentrale Größe unternehmerischer Tätigkeit

1. Wertermittlung

A. Individualisierung

B. Zugang statt Besitz

C. Vervielfältigung der Zugangswege

2. Wertvernichtung

Indikatoren für Wertvernichtung

Die dreißig größten Wertvernichter

3. Werterzeugung

Die elf größten Werterzeuger

4. Werteorientierte Unternehmensführung

Basiswerte einer werteorientierten Unternehmensführung

Kapitel IIIDer wertorientierte Geschäftsmodellansatz »SMP Wertkreislauf«:  Ein dynamisches Abbild eines dynamischen betriebswirtschaftlichen Prozesses

1. Basis: Die Wertstrategie und der dynamische Kreislauf

2. Marktlogik: Die Wertpositionierung

Unique Selling Proposition

(Wert)versprechen

Aussage 1, Automobil der Zukunft, kritische Würdigung:

Aussage 2, Energieversorger, kritische Würdigung:

Aussage 3, Gesundheitsunternehmen, kritische Würdigung:

Aussage 4, Pharmaunternehmen, kritische Würdigung:

Aussage 5, Finanzdienstleister, kritische Würdigung:

Aussage 6, Hersteller von Elektrofahrzeugen, kritische Würdigung:

Aussage 7, Stahlhersteller, kritische Würdigung:

Aussage 8, Technologiekonzern, kritische Würdigung:

Aussage 9, Medizinhersteller, kritische Würdigung:

Aussage 10, Logistiker, kritische Würdigung:

3. Margenfenster: Das Wertangebot

1. Produktgruppen

2. Kundengruppen

3. Produkt-/Kundenkombinationen (Segmente)

Werte und Wert, materialisiert im Wertangebot

Die Bedeutung von Positionierung und Markenreputation für das Wertangebot

Der Zusammenhang von Produktqualität und Servicequalität für das Wertangebot

4. Mensch-Maschine-Potenziale: Die Wertschöpfung

Schnittstellenmanagement aus integrierter Kunden-, Portfolio- und Prozessperspektive

Qualitätsmanagement verstanden als das Heben von vorhandenem Innovations- und Performancepotenzial

Lieferantenmanagement verstanden als integraler Bestandteil der Wertschöpfungsarchitektur

Leistungs- und Ergebnismanagement verstanden als Spiegel des eigenen Exzellenzanspruchs

1.Automatisierungsgrad

2.Digitalisierungsgrad

1.Perspektive organisationale Flexibilität und Agilität

2.Perspektive Skalierungspotenziale

5. Markenstärke: Die Wertabschöpfung

zu 1., Kundenerwartungen

zu 2., positive, für die Zahlungsbereitschaft entscheidende »Mehrwert-Überraschungen«

zu 3., maximale Zahlungsbereitschaft

6. Managementqualität: Die Wertdisziplin

zu 1., Strukturen

zu 2., Faktor Mensch

zu 3., Unternehmensperformance als Steuerungsgröße

zu 1., Profitabilität

zu 2., Return on Capital Employed (ROCE)

zu 3., Net Promotor Score (NPS)

zu 4., Markt- und Marktentwicklungspotenziale

Kapitel IVIhr Arbeitsbuch:  (Re-)Design eines wertorientierten Geschäftsmodells

1.Ausgangsfrage für Wertdimension eins: Wo liegt Ihr Problem?

Wertkriterium 1, Knowhow

Wertkriterium 2, Kreativität

Wertkriterium 3, Konkurrenzsituation

Ihr (mögliches) Wertversprechen

Zur Auswertung des Selbsttests, Teil 2

2. Grundsatzfrage für Wertdimension zwei: Womit verdienen Sie Ihr Geld?

Wertkriterium 1, PRODUKTE/PRODUKTGRUPPEN

Wertkriterium 2, Märkte, Vorbemerkung

Wertkriterium 2, MÄRKTE

Wertkriterium 3, Segmente, Vorbemerkung

Wertkriterium 3, Segmente

Ihre (möglichen) PORTFOLIOVERSPRECHEN

3. Anschlussfrage für Wertdimension drei: Wie verdienen Sie Ihr Geld?

Wertkriterium 1, Kernstärken

Wertkriterium 2, Operative Exzellenz

Wertkriterium 3, Flexibilität, Vorbemerkung

Wertkriterium 3, Flexibilität

Ihre (möglichen) WERTSCHÖPFUNGSVERSPRECHEN

4. »Gretchenfrage« für Wertdimension vier: Was machen Sie anders?

Wertkriterium 1, MARKENNUTZEN

Zur Auswertung Ihres Selbsttests »Markennutzen«

Wertkriterium 2, MARKENREPUTATION

Wertkriterium 3, MARKENINTELLIGENZ

5. Zukunftsfrage für Wertdimension fünf: Wie bleiben Sie erfolgreich?

Wertkriterium 1, STRUKTUREN

Wertkriterium 2, MENSCHEN

Wertkriterium 3, PERFORMANCE

6. Fazit. Zur Aussagekraft des von Ihnen bestimmten Gesamtstatus‹

Kapitel AusblickUnd nun?  Zehn wertschaffende Empfehlungen für Stakeholder und Geschäftsführer/Innen

Erstens: Intuition und Daten

Zweitens: Nachfrage und Angebot

Drittens: Können und Wissen

Viertens: Wert und Preis

Fünftens: Organisation und Menschen

Sechstens: Identität und Unternehmen

Siebtens: Orientierung und Kunden

Achtens: Kern und Kompetenz

Neuntens: Mythos und Wahrheit

Zehntens: Freude und Friede

Verwendete Literatur

Einleitung

Vom Wert der Wertorientierung Leitfragen für die Ausgestaltung eines unternehmensspezifischen und wettbewerbsdifferenzierenden Geschäftsmodells

Zur Einstimmung auf das Thema dieses Buches, das Thema »Wert und seine Bedeutung für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit«, möchten wir Sie zunächst vertraut machen mit einer Zahl, die uns durch das gesamte Buch begleiten wird: die Zahl 5. Die Fünf ist dabei nicht willkürlich gewählt, sondern hat sich bei der Ausarbeitung unserer Wertsystematik (Geschäftsmodell) als die Orientierungsgröße herausgestellt, die das weite Feld des Werteschaffens und -vernichtens am besten strukturiert. Zur Erläuterung beginnen wir mit den fünf Fragen, die sich jede Unternehmerin und jeder Geschäftsführer immer und immer wieder stellen sollte, um das eigene Unternehmen profitabel managen zu können.

Erstens: Wie setzt sich der Wert Ihres Unternehmens zusammen und welche Assets ermöglichen Ihnen ein Wertangebot (Marktportfolio), das eines oder mehrere Kundenbedürfnisse besser befriedigt als der Wettbewerb? Man könnte diese Ausgangsfrage als WERT-SCHÄTZUNG bezeichen. Schätzung deswegen, weil die Bedeutung der eigenen Betriebsmittel, des Knowhows und des Engagements der Belegschaft, die wertschöpfenden Prozesse, Verfahren und Kundenbeziehungen sowie das daraus resultierende Marktangebot stets relativ zu den Fähigkeiten und Assets des Wettbewerbs zu sehen und zu bewerten sind. Damit aus solchen Einschätzungen belastbares Wissen wird, empfiehlt sich eine sorgfältige Markt-, Wettbewerbs- und Kundenanalyse. Doch diese Aktivitäten reichen bei weitem nicht – selbst wenn sie zu branchenrelevantem Benchmarking und vorzüglichen Daten über Zielgruppen, Kaufentscheidungen und Markenpräferenzen führen. Denn noch wichtiger als solch »belastbares« Wissen sind Ihre Kenntnisse um die eigenen Stärken und die Eigenarten, also die eigenen Arten und Weisen der Umwandlung von Ressourcen in Nutzen für Ihre Kunden!

Diese, teilweise über Generationen entwickelten und erworbenen Fähigkeiten sollten Sie sich und Ihren Mitarbeiter/Innen bewusst machen, sorgfältig auf ihr Markt- und Margenpotenzial hinterfragen und dann verfeinern, erweitern oder revidieren – denn sie sind die eigentliche Existenzberechtigung Ihres Unternehmens!

Überdies verweist das schöne deutsche Wort »Wertschätzung« neben der Bedeutung von materieller Bewertung durch Vergleich (= Bestimmung des Gewinnpotenzials) noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt, nämlich auf die emotionale Bedeutung, die Menschen anderen Menschen oder Gütern zuschreiben – Attraktivität zum Beispiel. Geht es um diese emotionale Seite bei der Bewertung eines Angebots, treten neben die Kunden und deren Erwartungen und Bedürfnisse auch jene der eigenen Mitarbeiter/Innen. Denn auch und gerade diese müssen ihre Firma, ihre Produkte und ihre Arbeit lieben, um erstklassige Resultate für ihre/Ihre Kunden zu erzielen. Es geht an dieser Stelle also um den – weniger schön formulierten – »Faktor Mensch«, insbesondere um seine Leidenschaften, seine Kreativität und seine Erwartungen und Träume. Diese zu kennen, zu antizipieren und zu bedienen ist wahrscheinlich das »wertvollste« Resultat, das man in unternehmensinternen »Wert-Schätzungs-Meetings« erzielen kann – mögen diese nun Strategie-, Design-Thinking- oder auch Zukunfts-Workshops heißen. Bedeutsam sind solche Workshops, weil man in ihnen »imaginierte Zukünfte« (Jens Beckert) entwirft und in der Folge zu realisieren sucht. Dabei sollte folgende Regel gelten:

Unternehmen sollten ihre Erfolgsdynamik weniger aus der Vergangenheit ableiten, auch »wenn die Pfadabhängikeit unternehmenshistorischer Prozesse wie das Besetzen einer marktführenden Position oder der Aufbau stabiler Liefer- und Kundenbeziehungen wichtige Voraussetzung ist. Viel bedeutsamer ist es jedoch, die ungewisse und damit nicht greifbare Zukunft durch Imaginationen, also fiktionale Bilder, zu beschreiben und ihr so in den Augen der verschiedenen Anspruchsgruppen, hier insbesondere der Mitarbeiter, Greifbarkeit und Transparenz zu verleihen.

Purpose [formulierte Ziele und Sinnstiftung] als Prinzip beantwortet auf allen Steuerungsebenen die Frage, was wünschenswert ist und was erreicht werden kann, wenn die Beteiligten gemeinschaftlich das Notwendige dafür tun. Im Sinne der Performativität derartiger Bilder wird damit die Realisierung der imaginierten Zukunft erst ermöglicht« (Prof. Dr. Barbara Weißenberger, in FAZ vom 6. April 2020, S. 18). Weniger professoral formuliert: WERT-SCHÄTZUNG ist Strategieentwicklung auf Basis der eigenen Stärken, Unternehmenswerte und einer kreativen Marktantizipation.

Zweitens: Wenn Sie jede(s) Ihrer Produkte und Dienstleistungen gedanklich in diejenigen Eigenschaften zerlegen, die für einen Kunden bedeutsam sind und für die er folglich auch bezahlt, welche Eigenschaften wären dies (Beispiele: Neuheit, Preis/Leistung, Technik, Handling, Qualität, Komfort, Design und Ähnliches)? Die Bedeutsamkeit dieser Frage ließe sich mit WERT-HIERARCHIE angemessen umschreiben. Und, Zusatzfrage: Welches Wertversprechen dem Kunden gegenüber ließe sich daraus ableiten? (Beispiele: »Aus Erfahrung gut.« »Vorsprung durch Technik.« »Was die Haut zum Leben braucht.«) Dass diese Art der Beschäftigung mit dem Kunden und seinen Vorlieben, seinen präferierten Touchpoints und seiner Zahlungsbereitschaft nicht nur Marktforschungs- und Marketing-Experten überlassen werden sollte, versteht sich hoffentlich von selbst. Insbesondere das Hierarchisieren dieser Einsichten und Erkenntnisse unter Verbesserungsaspekten, sprich Wertgesichtspunkten, ist Sache der Geschäftsleitung. Vor allem auch deshalb, weil sie als Basis für die Bereinigung oder Erneuerung bestimmter Produktgruppen, Produktspezifikationen und Serviceangebote dienen sollte.

Noch ein Wort zu der unserer Erfahrung nach enorm unterschätzten Bedeutung von Wertversprechen für ein (Marken-)Produkt oder eine Unternehmensmarke. Wie oft haben wir in erstaunte Gesichter geblickt, wenn wir danach gefragt oder gar die These vertreten haben, auch ein B2B-Unternehmen werde von seinen Kunden wie eine »Marke« erlebt und mit entsprechenden Zuschreibungen versehen – und sollte sich solche Zuschreibungen deshalb proaktiv selbst beigeben. Nun ist ein Unternehmens- und/oder Markenversprechen das eine; ein Wertversprechen hingegen ist etwas ganz anderes, noch besseres.

Nehmen wir das Beispiel Verlagswesen, weil es nicht besonders sexy klingt und sich auch so präsentiert. Der vielleicht renommierteste deutsche Verlag gibt sich folgende Zuschreibung:

C.H. Beck – Der Publikumsverlag. Literatur – Sachbuch – Wissenschaft.

Was soll das sein? Eine Branchenkennung (»Publikumsverlag«). Und eine Aufzählung der (drei) verlegten Publikationsgattungen. Ist das ein Versprechen? Nein, der Verlagsname und die Veröffentlichungen sprechen offensichtlich für sich selbst und bedürfen keines Versprechens gegenüber den Lesern. Schade.

Zweites Beispiel, wieder aus dem Verlagswesen:

Springer. Verlagsexpertise seit 1842.

Versprechen? Verspricht, alt zu sein.

Drittes, viel besseres Beispiel:

Diogenes-Bücher sind weniger langweilig.

Dieser Schweizer Traditionsverlag klingt gar nicht alt. Dafür scheint er zu wissen, was (seine) Leser suchen: spannende Bücher! Klarer Fall von Wertversprechen. Warum? Weil »Spannung« im Zusammenhang mit Literatur einen (Mehr-)Wert für den Leser bietet.

Letztes, bestes Beispiel:

Verlag Klaus Wagenbach. Der unabhängige Verlag für wilde Leser.

Nun, dieser Verlag scheint eine ganz bestimmte Zielgruppe im Blick zu haben und adressiert sich und seine Veröffentlichungen entsprechend: Der Hinweis auf die Unabhängigkeit ist ein Qualitäts-, kein Auflagenversprechen. Der Hinweis auf die wilde (politisch unkorrekte und also unabhängige) Leserschaft macht neugierig auf Autoren, Themen und Erzählformen. Klarer Fall von Wertversprechen.

Kenner der Verlagsszene werden nun vielleicht den Kopf schütteln und darauf verweisen, dass C.H. Beck in dieser Reihe der profitabelste und Klaus Wagenbach der am wenigsten profitable Verlag ist. Aber ist das ein Argument für Langeweile und mangelnde Kreativität? Hoffentlich nicht. Da halten wir uns lieber an ein sehr altes Wertversprechen unserer Eltern: »Tue Gutes und rede darüber!« Oder, etwas moderner: »Think different.«

Die WERT-HIERARCHIE eines Verlages, der mit seinen Publikationen den Markt »machen« möchte, könnte – beispielhaft – etwa wie folgt aussehen: 1. Überraschung (Neuheit des Angebots); 2. Anspruch (hinsichtlich Autoren und Themen); 3. Spannung (ungewöhnliche Genres); 4. Seriosität (professionelles Lektorat); 5. Tradition (soweit vorhanden).

Drittens: Welche Funktionen und Prozesse Ihrer Wertschöpfung tragen explizit dazu bei, die Kundenerwartungen (Wertversprechen) besser zu erfüllen als der Wettbewerb? Diese Kernstärken und Kernprozesse nennen wir WERT-TREIBER.

Der beste, allerdings am schwierigsten zu schöpfende Werttreiber heißt »Kreativität«. Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich vorzustellen (»Imagination«, »Vision«), was Kunden oder potenzielle Kunden (Schaffung eines neuen Marktsegments) besonders bewegt, wenn sie sich für oder gegen Produkt oder Marke A oder B entscheiden. Die naheliegende Antwort »der Preis!« überzeugt nicht wirklich. Vielmehr geht es immer um die »Preiswürdigkeit« von A im Vergleich zu beispielsweise B und C. Das bedeutet, dass Sie sich in die Psyche Ihrer Kunden hineinversetzen, also deren Erwartungen und Wünsche kennen sollten. Eine Erwartung kann ein »Preis-Anker« sein (»Ich zahle nicht mehr als 5 Euro!«); Kundenwünsche sind allerdings – bewusst oder unbewusst – immer orientiert an Werten – Werten wie Wertigkeit, Wirksamkeit und Wohlgefühl – noch stärker aber an Werten wie Cleverness, Convenience oder coolem Design! Dabei ist es egal, ob es sich etwa um ein T-Shirt von Kik oder Chanel handelt; oder um eine Werkzeugmaschine aus Deutschland oder aus China; um ein Parfum namens »Cool Water« oder »Eau Sauvage«; oder auch um ein vermeintliches Me-too-Produkt wie Salz oder Zucker. (Denn selbst daraus kann man, wie die Marken Bad Reichenhaller und Südzucker gezeigt haben, sehr margenstarke Markenprodukte aufbauen und entwickeln.)

Was meinen wir, wenn wir in diesem Zusammenhang (WERT-TREIBER) von Kernstärken und Kernprozessen sprechen? Zum einen sind mit Kernstärken die besonders stark ausgeprägten Fähigkeiten eines Unternehmens oder seiner Mitarbeiter/Innen gemeint, die absolut gelten, also unabhängig sind von den Branchenbesonderheiten, die ein Unternehmen kennen und managen muss. Damit ist zunächst das organisationale Knowhow gemeint, das sich in einem Orga- und Prozessdesign widerspiegelt, welches Schlüsselressourcen, Schlüsselpartner und Schlüsseltechnologien unter Produktivitätsgesichtspunkten optimal orchestriert.

Dazu gehört zweitens ein Qualitätsmanagementsystem, dessen Standards sich an den Kundenerwartungen orientieren, nicht an willkürlich gesetzten Kennzahlen. Absolute Kernstärken von Unternehmen sind überdies kontinuierlich und systematisch verfolgte Lern- und Verbesserungsprozesse von Mitarbeitern, Führungskräften und Teams, die unter Performancegesichtspunkten erhoben und kommuniziert werden, sich an der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit orientieren und so zur dauerhaften Verbesserung der Marktstellung beitragen.

Schließlich, aber nicht endlich (vergleiche hierzu vertiefend Kapitel IV), sollte zu den absoluten Kernstärken eines Unternehmens eine Kultur gehören, die – insbesondere technologische – Innovationen liebt und die Bereitschaft jedes Mitarbeiters und jeder Mitarbeiterin fördert, die eigenen Produkte und Dienstleistungen aus voller Überzeugung zu vermarkten, zu vertreiben und selbst zu nutzen. Wie Sie dieser ersten, unvollständigen Auflistung unschwer entnehmen können, sind die genannten und gewichteten Kernstärken fast ausschließlich soft skills, also das, was man unter Wissens-, Sozial- oder auch Vertrauenskapital subsummieren könnte. Anders gesagt: Fähigkeiten und Problemlösungskompetenzen, die dem – neudeutsch formulierten – Purpose-Prinzip folgen. Purpose als Prinzip der Unternehmenssteuerung zielt also maßgeblich auf das Vertrauen, das Kunden und Mitarbeiter/Innen in die Produkte des eigenen Unternehmens haben sollen. »Dazu gehört beispielsweise, glaubwürdige und belastbare interne Prozesse zu etablieren, die signalisieren, dass Spielräume bei der Entwicklung und Produktion von Vertrauensgütern gerade nicht zum Nachteil der Kunden ausgenutzt, sondern vielmehr die gesellschaftlichen Verpflichtungen gegenüber den Anspruchsgruppen ernsthaft wahrgenommen werden. Die dadurch verursachten höheren Ausgaben sind nichts anderes als Investitionen in ein immatrielles Vertrauenskapital, dessen Rendite zusätzliche finanzielle Gewinne durch höhere Preisbereitschaft oder stärkere Kundenbindung im Vergleich zu Wettbewerbern sind, die ein solches Vertrauenskapital eben gerade nicht aufbauen« (Prof. Dr. Barbara Weißenberger, in: FAZ vom 6. April 2020, S. 18). Damit aus solchen sozialen Werten (Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Wissen, Können, Qualitätsbewusstsein, Lernfähigkeit, Kultur) materieller, monetärer Wert (beispielsweise »Gewinn«) entstehen kann, bedarf es allerdings einiger belastbarer Parameter, an denen sich die Leistungserbringung zu orientieren hat.

Viertens: Gefragt und zu identifizieren ist deshalb ein originärerWERT-MASSSTAB, dem ein Unternehmen in seiner Geschäftstätigkeit folgen will oder folgen muss (um profitabel sein zu können). Die Ausgangsüberlegung hierfür lautet schlicht: Welche Alternativangebote hat ein Kunde, wenn ihm unser Angebot zu teuer ist (Stichwort »Preiswürdigkeit«) – und was zeichnet diese aus? Ein solch notwendiger Wertmaßstab hat also primär die Wettbewerber oder die Marktgegebenheiten und -besonderheiten im Blick.

Noch wichtiger als die Frage »Was machen unsere Wettwerber besser?«, erscheint uns an dieser Stelle allerdings die Frage »Was machen wir nicht so gut?«. Mögliche Antworten: Wir sind falsch positioniert, sprich: in den falschen Produkt-Markt-Segmenten vertreten. Wir produzieren und/oder distribuieren zu teuer. Unsere Portfoliostruktur erschließt sich dem Kunden nicht, verfügt über kein imagebildendes Lead-Produkt und schon gar nicht über unwiderstehliche Kundenbindungsangebote. Wir besitzen kein (ausreichendes) Unternehmens- oder Markenprofil. Wir differenzieren uns nicht klar und wahrnehmbar genug vom Wettbewerb. Unsere vermeintlichen Produkt- und/oder Servicevorteile sind nicht gefragt oder werden falsch/gar nicht kommuniziert. Kurz, wir verfügen nicht über das unter Profitabilitätsgesichtspunkten so wichtige Vertrauenskapital beim Kunden. Noch kürzer gefasst. Wir verfügen über kein wertorientiertes Geschäftsmodell!

Was tun? Zeitgemäße Antwort: Mithilfe digitaler Medien die für ein Geschäftsmodell-Redesign relevanten internen (Aufbau- und Ablauforganisation) und externen (Kunden- und Markt-)Daten generieren, vernetzen, analysieren und visualisieren, um darauf aufbauend Mehrwert zu generieren, »zum Beispiel über neue Dienstleistungen, verbesserte Prozesse oder neue Funktionalitäten von Produkten« (Gassmann/Sutter (Hg.) 22019:13). Vorteil: Solche »Digitalisierungsinitiativen sind fast immer funktions-, bereichs- und oft unternehmensübergreifend. Es muss über die bestehenden Grenzen hinweg zusammengearbeitet werden. (…) Das Denken in Geschäftsmodellen fördert die Überwindung von Silogrenzen, da ein Problem immer ganzheitlich angegangen werden muss. (…) Oft reicht [ein] Team nicht aus, die gesamte Organisation muss »energetisiert« werden, um eine Transformation erfolgreich durchzuführen.

Hier helfen zwei Strategien nach Heike Bruch: »Winning the Princess« oder »Killing the Dragon«. Bei der ersten Strategie wird aufgezeigt, wie sich beispielsweise das Kundenerlebnis durch die Digitalisierungsinitiative komplett neu definieren lässt, die Loyalität der Kunden zunimmt und das Unternehmen begeisterte Fans generiert. Bei der Drachenstrategie wird plastisch die Bedrohung aufgezeigt, zum Beispiel durch neue Fintech-Unternehmen in der Finanzindustrie, welche die Industrie revolutionieren. Gleichzeitig wird klargemacht, dass sich das eigene Unternehmen wehren und gewinnen kann, wenn alle Kräfte zusammen spannen. Beide Strategien erhöhen die positive organisationale Energie im Unternehmen und reduzieren interne Grabenkämpfe ohne Wertsteigerung« (Ebd.:15).

Ob nun mit oder ohne digitale Mittel (am besten mit beiden!), entscheidend für Wohl und Wehe eines Unternehmens, noch dazu, wenn es sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet, sind seine Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit. Das führt uns zum letzten Punkt unseres »Wertfragen-Quintetts« zum Auftakt dieses Buchs.

Fünftens: Welche Innovationsansätze (Markttrends, neue Ideen, neue Technologien, bessere Steuerungsinstrumente) stellen die Profitabilität Ihres Angebots nachhaltig sicher? Gefragt ist die WERT-HALTIGKEIT Ihrer Leistungserbringung und -bepreisung. »Werthaltigkeit« klingt nicht zufällig wie Nachhaltigkeit in der Schaffung von Wert und Werten. Nun gibt es zahlreiche Gründe, die für unternehmerische Erfolge in Frage kommen: ein hervorragendes Produkt oder eine herausragende Dienstleistung, eine außergewöhnlich effiziente Fertigung, eine geniale Sortiments- und/oder Vermarktungsstrategie oder auch eine einzigartig profitable Plattform-, Sourcing- oder Vertriebsidee.

Allerdings: Dauerhaft erfolgreich, weil besonders flexibel, anpassungsfähig und zukünftige Entwicklungen zielgerichtet antizipierend, sind unserer Erfahrung nach nur ganzheitliche also integrierte wertorientierte Geschäftsstrategien und -modelle. Warum ist das so? Weil nur ein konsequent befolgter »Wert«-Ansatz beide Dimensionen einer Unternehmenstätigkeit angemessen berücksichtigt: den betriebs- und leistungswirtschaftlichen (zahlen- und faktenbasierten) sowie den emotionalen (psychologisch-imagebildenden) Aspekt. Denn »Wert« (erstklassiges Preis-Leistungsverhältnis) und »Werte« (emotionale Begehrlichkeit) sind die beiden Seiten menschlicher Bedürfnisbefriedigung. Und diese beiden Seiten gelten für die Mitarbeiter eines Unternehmens ebenso wie für seine Kunden. Deshalb ist es die tagtägliche Aufgabe der Unternehmensführung, dafür Sorge zu tragen, dass beide Anspruchsgruppen dauerhaft Mehrwert produzieren oder konsumieren können. Dazu gehört unternehmensintern die Sicherstellung der operativen Exzellenz in der Wertschöpfung gemäß zuvor festgelegter Zielwerte. Gleichzeitig ist es Aufgabe des Führungsteams, eine optimale Finanzierungsstruktur für das Unternehmen zu finden, um eben diese Zielwerte strategiekonform und risikoadäquat erreichen zu können. Um sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Profitabilität des Unternehmens zu gewährleisten, gilt es, ein ebenso kreatives wie effektives Innovationsmanagement zu betreiben. In dessen Zentrum sollte der Kunde mit seinen Bedürfnissen und Wünschen stehen, das heißt, die dauerhafte Schaffung eines zu monetarisierenden Kundenmehrwerts ist die zentrale Aufgabe des Innovationsmanagements.

Voraussetzung hierfür ist die konsequente Fokussierung des Unternehmens auf seine vorhandenen Stärken. Bei unseren Projekten stellen wir hingegen regelmäßig fest, dass sich die meisten Unternehmen nahezu ausschließlich mit der Beseitigung ihrer Schwächen beschäftigen, statt sich ihren ausgewiesenen Stärken zu widmen. Dabei sind gerade die oft über Jahrzehnte gewachsenen Stärken eines Unternehmens die Schlüsselressourcen, die vom Wettbewerb weder schnell noch günstig kopiert werden können. Sie gilt es deshalb bewusst zu machen, zu kultivieren und gezielt auszubauen, um so seine Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren und monetarisieren zu können. Die stärkste Ausprägung tatsächlicher und möglicher Alleinstellungsmerkmale ist in der Regel im Kerngeschäft des Unternehmens zu finden. Das Kerngeschäft oder Kernsortiment definieren wir dabei nicht über Umsatzanteile oder Mengengrößen, sondern über den anteiligen Ressourceneinsatz und den Anteil an der Gesamtprofitabilität. Als Richtwerte mögen folgende Kennzahlen dienen: Das Kernsortiment trägt zu mindestens 70 Prozent der Profitabilität bei, und 70 Prozent des Ressourceneinsatzes entfallen auf das Kernsortiment.

»Fünf ist Trümpf«. Oder Ganzheitlichkeit schlägt Einzelbetrachtung

Diese fünf grundlegenden Wert-Fragen sind es, die unseres Erachtens als Leitfragen für die Ausgestaltung eines unternehmensspezifischen Geschäftsmodells dienen sollten. Denn ihre Beantwortung sensibilisiert die Verantwortlichen für die fünf großen operativ wichtigen Themenkomplexe Kernkompetenzen (Positionierung, USP, Markenfit), Außenwahrnehmung (Kernsortiment, Lead Product, Marktstrategie), Leistungsmerkmale (Produktentwicklung, Produktion, Vertrieb), Preisgestaltung (Marge, Pricing, Angebotsausgestaltung) und Managementqualität (Führung, Innovationsmanagement, Finanzen, Abb. 1).

Abb. 1Dimensionen zur Bewertung eines Geschäftsmodells (beispielhafte Anwendung: Maschinen- und Anlagenbau)

Darüber hinaus adressieren sie aber auch gleichermaßen den Kunden, die Profitabilität sowie die Nachhaltigkeit des Marktangebotes. All diese Aspekte sind Wertaspekte: Kunden-Mehrwert, Leistungserbringungs-Mehrwert, Mehrwert durch konsequente Umsetzung der Ertragsstrategie. Deshalb ist unser Geschäftsmodellansatz ein wertorientierter Ansatz (Kapitel III). Sein Vorteil besteht darin, dass er jedem Unternehmer ein hervorragend geeignetes Instrumentarium zur (Selbst-)Bewertung der eigenen Geschäftstätigkeit an die Hand gibt. Denn mithilfe einiger zentraler Wertdimensionen – Sie ahnen es, es sind genau fünf – lassen sich nicht nur operative Versäumnisse identifizieren; vor allem lassen sich mögliche Ertragshebel und -potenziale bestimmen.

Unser Modell empfiehlt sich so als wirksamer Leitfaden für die Stakeholder zur Restrukturierung ihrer Organisation und ihrer Prozesse (Kapitel IV). Aber auch Start-Upper finden in ihm ein ebenso nützliches wie umfassendes Hilfsmittel zur Ausgestaltung ihres einzigartigen Geschäftsmodells. Dass unser Geschäftsmodellansatz besonders praxistauglich ist (Stichwort »Arbeitsbuch«), verdankt er der Tatsache, dass er das Resultat aus vier Jahrzehnten Beratungstätigkeit und deren Umsetzung im Alltag ist. Als Restrukturierungs- und Turnaround-Profis haben wir uns in dieser Zeit intensiv mit dem Management von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Geschäftsmodellen auseinandergesetzt (aber auch mit theoretischer und sehr theoretischer Literatur über Geschäftsmodelle). Aus der Analyse von etwa 750 Praxisprojekten haben sich dabei fünf wesentliche strategische Wertdimensionen herauskristallisiert, die wir Ihnen in diesem Buch so pragmatisch, anwendungs- und also umsetzungsorientiert wie möglich vorstellen möchten. Unserem Arbeitsschwerpunkt »Identifizierung und Eliminierung von Verlustursachen in Unternehmen« entsprechend zeigt sich dabei, dass Unternehmen, die in eine wirtschaftliche Krise geraten sind, mindestens eine der strategischen Wertdimensionen nicht oder nicht mehr beherrschen. Und: Je mehr Wertdimensionen sie nicht beherrschen, desto tiefgreifender ist der Krisenzustand.

Bevor wir uns gleich (Kapitel I, 1. und 2.) mit der Frage beschäftigen, was wir unter einem Geschäftsmodell verstehen und wie sich dieses zur Strategie eines Unternehmens verhält, möchten wir uns noch einmal etwas eingehender mit dem »Wertbegriff« an sich auseinandersetzen (vertiefend dazu Kapitel II). Auch hierzu möchten wir Sie wieder bitten, mithilfe unserer »magischen Fünf« den Bedeutungsumfang von Wert ganzheitlich zu erfassen.

Erstens:Was ist Ihnen die Loyalität Ihres besten Freundes wert?

Zweitens:Was ist Ihnen Ihre Lieblingsuhr oder Ihr Lieblingsauto wert?

Drittens:Welchen Wert messen Sie Ihrer Gesundheit bei?

Viertens:Wie wichtig ist Ihnen der Wert der Freiheit?

Fünftens:Welche Wertsteigerung hat Ihr Aktiendepot in den letzten 24 Monaten erzielt, und wie sieht es mit der Höhe der Dividende aus?

Verstehen Sie, worauf wir hinaus möchten? Die Antwortet lautet: Vielleicht noch wichtiger als der faktische Tauschwert eines Gutes (Preis) ist die Wertschätzung (Bewertung), die Sie einer Sache, einem Bedürfnis oder einer Beziehung entgegenbringen. Warum ist das an dieser Stelle und in diesem – betriebswirtschaftlichen – Kontext von Bedeutung?

Nun, weil es sich bei der Schaffung, Zuschreibung und Realisierung von Wert eben nicht nur um ein materielles, monetäres Phänomen handelt, sondern ganz wesentlich um ein soziales! Nicht nur, dass man zu Recht zwischen subjektivem, objektivem und funktionalem Wert unterscheidet; viel bedeutsamer scheint uns, dass »Wert« und »Werte« gleichermaßen normative Eckpfeiler unseres sozialen und also auch ökonomischen Miteinanders sind. Das bedeutet, dass wir uns individuell, vor allem aber auch in Gemeinschaft an ihnen orientieren, ihnen nachstreben, auf sie setzen. Die folgenden Beispiele mögen dies bestätigen oder illustrieren.

Beispiel »Wertschöpfung«: Die Werte, um die es hier vor allem geht, heißen »Effizienz«, »Produktivität« oder auch »operative Exzellenz«. Sie heißen aber auch »Zuverlässigkeit«, »Flexibilität« sowie »Lernen und Verbessern« – allesamt in erster Linie soziale Werte!

Beispiel »Wertabschöpfung«: Hier geht es um Kalkulationen, Margen, Preissetzungen. Aber geht es nicht noch viel mehr um (Marken-)Reputation, Begehrlichkeit, soziale Anerkennung und Status? Wir denken, darum geht es vor allem dann, wenn man ein Preispremium anstrebt!

Wir denken, dass an diesen Beispielen sehr deutlich wird, wie wichtig der sozial-fundamentale Anteil unseres Wertverständnisses ist oder sein sollte. Und dabei haben wir noch gar nicht über die wertschaffende Kraft einer Unternehmenskultur, über Markenloyalität, die Glaubwürdigkeit und den Erlebniswert (psychologischer Mehrwert) von Unternehmensmarken und Markenwelten gesprochen.

Kurzum, in diesem Buch soll es weniger um betriebswirtschaftliches Basiswissen inklusive Bewertungsfragen und -methoden gehen, als vielmehr darum, wie man mit Markt- und Menschenkenntnis für Kunden ebenso Mehrwert (USP) schaffen kann wie für das eigene Unternehmen (marktunübliche Profitabilität). Wie es sich für das Buch von Turnaround- und Restrukturierungsprofis gehört, wollen wir darüber aber auch nicht die harten Wert-Kennzahlen aus den Augen verlieren. Es sind deren … genau, fünf. Denn Spaß macht das ganze Geschäftsmodell-Designen und -Redesignen doch nur dann, wenn seine Umsetzung sich an folgenden Wertparametern orientiert:

Die Wert-Kennzahlen einer hoch profitablen Unternehmenstätigkeit

Eine Bruttoumsatzrendite (Jahresüberschuss vor Steuern/Umsatz) von > 8 Prozent.

Ein Free Cashflow (operativer Cashflow abzüglich Investitionen und Kapitaldienst sowie Gesellschafterausschüttungen), der deutlich positiv sein sollte.

Ein Nettoverschuldungsgrad (Verhältnis Nettoverschuldung zu EBITDA) < 2.

Eine Verschuldungsquote von Fremdkapital zu Eigenkapital, die nicht > 2:1 sein sollte.

Eine Eigenkapitalrendite (EBT/Eigenkapital) von > 30 Prozent.

Warum sind solche, zugegeben sehr schwierig zu verallgemeinernden Kennzahlen wichtig? Weil sie Ihnen die Freiräume für unternehmerisches Handeln verschaffen, die Sie in einer zunehmend unberechenbaren Welt benötigen, um Krisen zu überstehen und jederzeit »Chef im Ring« zu bleiben. Unternehmerischer Chef im Ring ist man aber nur dann, wenn Eigentum, Einfluss und Entscheidungsgewalt nicht von Dritten herausgefordert oder gar kontrolliert werden. Dies zu verhindern bedeutet, sich der relevanten Kennzahlen 1–5 bewusst zu sein. Ein gewollter Nebeneffekt einer solchen Corporate-Finance-Strategie ist die Steigerung des Unternehmenswertes.

»Die Vorstellung, Wertsteigerung müsse Ziel eines Unternehmens sein, ist falsch. Ihr liegt die gefährliche Verwechslung von Investor und Unternehmer zu Grunde«, sagt der Management-Guru Fredmund Malik (Manager Magazin vom 6.11.2001). Stattdessen, schreibt Malik, müsse es Zweck eines Unternehmens sein, wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Und das sei nur möglich, wenn es sich nicht am Shareholder Value ausrichte, sondern am Customer Value. »Wenn man schon mit Wertsteigerung operieren will, dann muss es Wertsteigerung für den Kunden sein«, so Malik.

Nun, abgesehen davon, dass ein anderer Management-Guru, Hermann Simon, dies ganz anders sieht (»Die Überlegenheit des Shareholder-Value-Konzeptes, also der langfristigen Gewinnorientierung [etwa] gegenüber kurzfristiger Gewinnmaximierung, wird wissenschaftlich bestätigt.« Simon 2020:79), so ist doch festzuhalten, dass weder Gurus noch Normalsterbliche bestreiten würden, dass Kundenorientierung (Customer Value) und langfristige Gewinnorientierung (und in der Folge Unternehmenswertsteigerung) sich nicht ausschließen. Mit Blick auf die Mehrzahl zumindest der deutschen Unternehmen, also jene, die nicht als Aktiengesellschaften geführt werden, wäre Maliks teils berechtigte Investorenschelte unseres Erachtens um folgende These zu erweitern: Relevant für den Unternehmenswert sind allein die zukünftigen Erträge. Diese wiederum sind nur auf Basis einer realistischen Unternehmensplanung zu bestimmen. Hierfür bedarf es der Analyse der aktuellen Unternehmenssituation, der Festlegung von Zielen (und Zielwerten!) sowie geeigneter Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele. Geht man nun – realistischerweise – davon aus, dass Unternehmensverantwortliche bestrebt sind, ihre zukünftigen Erträge im Vergleich zu den heutigen Ist-Werten zu steigern, und unterstellt beispielhaft, dass dies gelänge, dann müsste konsequenterweise die Basis der Ertragssteigerung, nämlich die operative Unternehmenstätigkeit, kurz: das Unternehmen, ebenfalls wertvoller, weil produktiver, geworden sein. Die zentrale Frage ist dann: Wie ist die Ertragssteigerung konkret möglich geworden? Und: Wieviel Gewinn oder Cashflow lässt sich mit dieser offensichtlich erfolgreichen Geschäftstätigkeit zukünftig erzielen? Die erste dieser beiden Fragen zielt auf die Art und Qualität des Geschäftsmodells; die zweite auf dessen Nachhaltigkeit – also auf seine (Wert-)Strategie. Beginnen wir mit dem Geschäftsmodell.

(Vorläufige) Definition »Geschäftsmodell«

Wir verstehen unter einem Geschäftsmodell die auf das Wesentliche reduzierte Beschreibung einer komplexen ökonomischen Unternehmensrealität, mit deren Hilfe ein Unternehmen seine Strategie operationalisiert und die Werterzeugung für seine Kunden bestimmt. Ein Geschäftsmodell ist also ein Modell zur effektiven Analyse, Ausrichtung und Kommunikation der Geschäftstätigkeit. Dies bedeutet für die Analyse und Verbesserung der Unternehmensaktivitäten vor allem zweierlei:

a)

Alle internen (Aufbau- und Ablauforganisation) und externen (Markt, Wettbewerb, Lieferanten) Strukturen und Prozesse sind daraufhin zu hinterfragen, ob sie einen eindeutigen Kundennutzen schaffen oder nicht.

b)

Das Produkt- und/oder Dienstleistungsangebot (Portfolio) ist so auszugestalten, dass ein oder mehrere Kundenbedürfnisse besser als vom Wettbewerb und dabei profitabel befriedigt werden.

Das heißt in der Konsequenz, dass die Kernkompetenzen, die Leistungsmerkmale und die Markenwahrnehmung eines Unternehmens oder seiner Marken, Produkte und Dienstleistungen sowie deren Preisgestaltung ebenso wie die Managementqualität danach bewertet werden sollten, ob sie nachhaltig profitable Ergebnisse versprechen. Anders gesagt: ob sie dauerhaft Wert schaffen. Das leitet über zu unserem eigenen, wertorientierten Geschäftsmodellansatz.

Der wertorientierte Geschäftsmodellansatz von Struktur Management Partner

Wie bereits betont, konzentrieren wir uns in unserer Arbeit insbesondere auf das Thema Realisierung von Wert, also auf einen praxistauglichen Geschäftsmodellansatz, da wir als umsetzungsorientierte Turnaround-Manager vor allem an operativen Erfolgen interessiert sind. Das heißt nun aber nicht, dass die Strategie eines Unternehmens unwichtig wäre – ganz im Gegenteil! Nach unserem Verständnis sollte die Unternehmensstrategie die klar definierte Ausrichtung des Unternehmens auf Basis festgelegter quantitativer und qualitativer Zielwerte benennen, also eine Wertstrategie sein. Entscheidend für den Unternehmenserfolg und damit die Beurteilung der Qualität einer Unternehmensstrategie ist aber letztlich die Frage, mithilfe welcher operativen Dimensionen tagtäglich Wert geschaffen oder aber – leider allzu häufig – vernichtet wird.

Diese Dimensionen sind für uns die fünf Elemente unseres wertorientierten Geschäftsmodellansatzes:

Eine unternehmensspezifische und wettbewerbsdifferenzierende Wertpositionierung.

Ein daraus stringent abgeleitetes Wertangebot.

Eine das Wertangebot gleichermaßen effektiv wie effizient sicherstellende Wertschöpfung.

Eine ebenso innovative wie profitable Wertabschöpfung.

Die sämtliche Wertdimensionen (Elemente 1–4) aktiv managenden Führungspersonen und -instrumente, deren positive Ergebnisse wir unter dem Begriff Wertdisziplin fassen.

Wie die Abbildungen 2 und 3 zeigen, folgt unser Geschäftsmodellansatz einer systematischen Vorgehensweise, die mit der Wertpositionierung beginnt, sich in einem dynamischen Kreislauf fortlaufend rückkoppelt und so einen gleichermaßen gesteuerten wie adaptiven Wertstrom beschreibt.

Abb. 2Grundsatzfragen zur Bewertung und Ausgestaltung eines nachhaltig profitablen Geschäftsmodells

Abb. 3Der wertorientierte Geschäftsmodell-Ansatz »SMP Wertkreislauf« mit Wertstromfokus

Der zentrale Aspekt sämtlicher möglicher Konfigurationen ist dabei die Wertorientierung der diversen Funktionen. Deshalb nennen wir unseren systemisch-dynamischen Geschäftsmodellansatz »SMP Wertkreislauf«.Und wie jeder vom Menschen initiierte Kreislauf besitzt auch unser SMP Wertkreislauf zwei zentrale Bezugspunkte: die Wertpositionierung als Input-Instanz sowie die Wertdisziplin eines Unternehmens als Output-Instanz. Gibt die Wertpositionierung als Verdichtung der Wertstrategie die operative Ausrichtung vor, so soll die Wertdisziplin dafür Sorge tragen, dass sämtliche Wert-Elemente so zusammenwirken, dass stets eine strategiekonforme und profitable Geschäftstätigkeit sichergestellt ist. Dazu bedarf es einer aufmerksamen und kompetenten Unternehmensführung, einer konsequenten Steuerung und – nicht zuletzt – eines kundenorientierten Innovationsmanagements. Als zu steuernde wertrelevante Bezugspunkte dienen dabei das Wertangebot, die Wertschöpfungs- sowie die Wertabschöpfungsmaßnahmen des Unternehmens.

Nun, jetzt wissen Sie, was Sie in diesem Buch erwartet: Viel praxisgesättigte Theorie und noch mehr theoriegesättigte Praxis.

Wir wünschen Ihnen also viele praxisrelevante Erkenntnisse bei der Lektüre der folgenden vier Kapitel!

Kapitel IGeschäftsmodelle im Praxistest: Jeder hat eins, jeder braucht eins

»Jemand Bestimmtes zu sein ist die Grundlage für eine Beziehung mit Kunden.«

(Baars 2018:224)

1. Implizite und explizite Geschäftsmodelle

Es ist schon merkwürdig: Gestandene Geschäftsführer und erfahrene Manager kommen ins Grübeln, wenn man sie nach ihrem Geschäftsmodell fragt. »Haben wir eines?« »Brauchen wir eines?« Und: »Was ist das überhaupt, ein Geschäftsmodell?« Merkwürdig an solchen und ähnlichen Aussagen ist das durch sie zum Ausdruck gebrachte fehlende Problembewusstsein der Befragten. Denn dieselben Gesprächspartner würden auf die Frage, wie sich ihre Produkte und Dienstleistungen in wettbewerbsintensiven Märkten behaupten können, ob sich ihre Preisvorstellungen problemlos durchsetzen lassen oder ob sich ihre Wertschöpfung quasi von selbst profitabel einstellt, vermutlich viel Spezifisches und Allgemeines zu berichten wissen. Solche Fragen sind es allerdings, die – sinnvollerweise – nicht isoliert voneinander und situativ, sondern regelmäßig, systematisch und ganzheitlich beantwortet werden sollten. Ein solch systematisch-ganzheitliches Vorgehen aber bezeichnen nicht nur (Wirtschafts-)Wissenschaftler, sondern vor allem auch Management-Praktiker als modellhaft. Modelle haben in diesem Verständnis und Kontext den Sinn, mit ihrer Hilfe die eigene Geschäftstätigkeit ständig kritisch hinterfragen und mithilfe von zuvor als ergebnisrelevant definierten Bezugsgrößen Verbesserungen herbeiführen zu können. Dass ein solches, (selbst-)kritisches Hinterfragen von Planungsannahmen, Marktentwicklungen, Ertrags- und Kostenstrukturen zum Manageralltag einer jeden Führungskraft gehören sollte, wird – hoffentlich – niemand bestreiten. Allein, es führt nicht automatisch zu positiven Geschäftsergebnissen und verhindert schon gar nicht, dass Tag für Tag Unternehmen sämtlicher Branchen und Größen von Entlassungen, (Teil-)Verkäufen und Insolvenz bedroht sind. Die Frage, die sich deshalb vor Abfassung dieses Buches für uns gestellt hat, lautete schlicht: Könnte ein richtig motivierter und ausgestalteter Geschäftsmodellansatz dazu beitragen, dass weniger Unternehmen in solch bedrohliche Schieflagen geraten? Die Antwortet nach Abfassung des Buches lautet: eindeutig ja! Warum?

Erstens: Weil er (der Geschäftsmodellansatz) seinen Anwendern Klarheit verschafft. Klarheit über sämtliche relevanten Dimensionen einer wertschaffenden Geschäftstätigkeit.

Zweitens: Weil er seinen Anwendern Transparenz verschafft. Transparenz über sämtliche relevanten Kennzahlen zur Lenkung und Steuerung der Unternehmenstätigkeit – gefragt und zu bewerten sind dabei unternehmensinterne ebenso wie marktseitige Indikatoren!

Drittens: Weil er seinen Anwendern immer neue Einsichten verschafft. Einsichten in die Zusammenhänge und Wechselwirkungen einander bedingender Wertdimensionen.

Viertens: Weil er, unternehmens- und branchenspezifisch ausgestaltet, ein ideales Frühwarnsystem für sämtliche Unternehmens- und Funktionsverantwortlichen darstellt.

Fünftens: Weil er, derart ganzheitlich modelliert und anwendbar, die Grundlage bildet für eine gezielte, sprich wirksame Strategieentwicklung und – in deren Folge – für situationsadäquate Redesigns der Unternehmensorganisation, der Portfolio- und der Preisgestaltung sowie der Marktaktivitäten.

Vor diesem Hintergrund fragt man sich, warum es immer noch zahlreiche Eigentümer und Unternehmensführungen gibt, die meinen, auf solch ein explizit ausbuchstabiertes und anwendungsorientiertes Werkzeug wie ein Geschäftsmodell verzichten zu können. Versuch einer Antwort: Vielen sogenannten »Praktikern« erscheint ein »Modell« generell zu abstrakt, zu theoretisch, zu akademisch. Sie setzen stattdessen auf ihre »Erfahrung«, ihre Markt-, Lieferanten- und Kundenkenntnisse, sprich auf ein implizites Geschäftsmodell.

Warum dieser »Pragmatismus« nicht nur sehr subjektiv, sondern auch gefährlich ist, zeigen wir in diesem Kapitel anhand von fünf Fallstudien aus unserer fast vierzigjährigen Restrukturierungstätigkeit.

Diese fünf typischen impliziten Geschäftsmodelle mögen jedem Leser und jeder Leserin verdeutlichen, warum »gut gemeint« auf Dauer nicht ohne »gut gedacht« auskommt oder warum »gut gemacht« im Geschäftsleben immer zweierlei bedeuten sollte: einen Mehrwert für die Kunden und einen Mehrwert für sich selbst zu realisieren – beides in dem Wissen, dass die Welt sich ständig verändert und sich mit ihr auch die ehedem erfolgreichsten Strategien. Der Mehrwert für den Kunden drückt sich objektiv in dessen hoher Loyalität und Zahlungsbereitschaft aus, der Mehrwert für den Anbieter in einer überdurchschnittlichen, cash-unterlegten Profitabilität!

Kommen wir zurück auf den schlechten Ruf, den »Modelle« generell bei vielen Menschen und bei einigen Unternehmenslenkern besitzen oder auf den Vorwurf, Modelle seien zu theoretisch, sprich: wirklichkeitsfern, um in der Praxis von Nutzen sein zu können. Diese Befürchtung möchten wir mit zwei Argumenten ausräumen. Erstens: »Damit ein Modell aussagekräftig ist und Vorhersagen treffen kann, darf es gerade keine Kopie des Wirklichen sein. (…) Wenn ein Modell eine Kopie wäre, hätte es keinen Nutzen, da man dann gleich das Wirkliche direkt beobachten könnte« (Gabriel 22019:225). Wem das zu philosophisch klingt, der möge die Modell-Definition des (praktischen) Philosophen verstehen und würdigen: »Ein Modell ist .. eine vereinfachte Darstellung einer wirklichen Situation. Es betont wesentliche Zusammenhänge, die nicht direkt augenfällig sind« (Ebd.:224). Nun, was sagen Sie dazu? Ein Modell bezieht demnach seinen Nutzen gerade aus der Tatsache, dass es nicht versucht, die (Unternehmens- und Markt-)Realität möglichst vollständig abzubilden, sondern stattdessen wesentliche Zusammenhänge betont, die nicht direkt augenfällig sind.

Wenn Sie auch diese Argumente nicht überzeugen, ahnen Markus Gabriel und die Autoren dieses Buches schon, warum nicht: »Ist nicht alles viel zu komplex, um in Modellen und Simulationen auch nur ansatzweise erfassbar, berechenbar und vorhersagbar zu sein?« (Ebd.:231.) Klare Antwort: Ja, genau so ist es! Doch was folgt daraus? Etwa, dass wir der Komplexität des Wirklichen als Unternehmer und Manager mit »Trial-and-Error-« Methoden begegnen sollten? Keine gute Idee in einem globalisierten, dynamischen Weltwirtschaftsgeschehen (»VUKA-Welt«)!

Machen wir also das Beste aus dieser Situation, und widmen wir uns modellhaft den wesentlichen Zusammenhängen einer, Ihrer Unternehmenstätigkeit, um so einen wertschaffenden Nutzen zu bewirken. Da wir diese Zusammenhänge ausführlich in Kapitel III dieses Buches behandeln werden, möchten wir uns an dieser Stelle zunächst auf einige unseres Erachtens bedeutsamen Zusammenhänge jeder Geschäftstätigkeit konzentrieren, die nicht direkt augenfällig, aber enorm wertschaffend sind. Denn die Wertorientierung unseres Geschäftsmodellansatzes ist ja gerade sein Spezifikum. Wie bereits in der Einleitung dieses Buches betont, verstehen wir unter »Wert« sowohl die quantitativen wie die qualitativen Aspekte einer profitablen Unternehmenstätigkeit. Einfacher formuliert: Kein Wert ohne Werte (mehr dazu in Kapitel II). An dieser Stelle unserer Ausführungen scheint es uns geraten, Sie mit den quantitativen, den Finanz-Wert-Kennzahlen vertraut zu machen, die für uns objektiv Auskunft darüber geben, ob ein – implizites oder explizites – Geschäftsmodell nachhaltig profitabel ist oder nicht. Um sie nachvollziehbar, also explizit zu entwickeln, greifen wir zurück auf die zu Anfang dieses Kapitels formulierten fünf Nutzenvorteile eines »richtig« ausgestalteten Geschäftsmodells.

Erstens, die Dimensionen einer wertschaffenden Geschäftstätigkeit:

Diese sind die Wertpositionierung, das Wertangebot, die Wertschöpfung, die Wertabschöpfung sowie die Wertdisziplin eines Unternehmens. Bezieht sich die Wertpositionierung auf die tatsächliche oder angestrebte Marktstellung, so ist mit Wertangebot das Portfolio gemeint, dessen Produkt-Markt-Segment-Logik der Wertpositionierung entsprechend unter Wirtschaftlichkeits- und Erlösgesichtspunkten ausbuchstabiert und in der Wertschöpfung materialisiert werden muss. Die Qualität der Wertschöpfung drückt sich ihrerseits nicht zuletzt darin aus, wieviel Investitionspotenzial sie dem Unternehmen dank Best-of-benchmark-Produktivität ermöglicht. Ob das Marktangebot oder seine Herstellung, Distribution und Vermarktung tatsächlich nachhaltig wertschaffend sind, zeigt sich in der Wertabschöpfung. Denn sie gibt Auskunft über die tatsächliche, weil cash-unterlegte Profitabilität des Unternehmens. Ist diese gut oder sehr gut, so ist es auch seine Wertdisziplin. Da diese wiederum das Resultat der Managementqualität von Eigentümern und Geschäftsführung ist, lässt sie sich schlussendlich danach objektivieren, wie hoch die Kreditwürdigkeit (Bonität) des Unternehmens ist.

Zweitens, die relevanten Finanzkennzahlen zur Lenkung und Steuerung der Unternehmenstätigkeit:

Nun sind »Wert-« und »Werteangaben« stets relativ, in der Ökonomie in der Regel relativ zu den Besten einer Branche und/oder Marktnische (»Best-of-benchmark«). Gleichwohl gibt es einige Kennzahlen, die den profitablen Umgang mit Kapital und anderen Ressourcen sehr belastbar dokumentieren. Da ist zum einen die Eigenkapitalrendite, die ein Unternehmen seinen Gesellschaftern erwirtschaftet. Mit Blick auf unsere oben etablierten Wertdimensionen ist die Eigenkapitalrendite diejenige Finanzgröße, die am objektivsten Auskunft über die Qualität der Wertpositionierung eines Unternehmens oder seiner Marke(n) gibt. Gut bis sehr gut ist diese dann, wenn die Eigenkapitalrendite über 30 Prozent liegt. Die zweite belastbare Kennziffer in unserem Zusammenhang ist die Bruttoumsatzrendite, die ein Unternehmen mit seinem Produkt- und Dienstleistungsportfolio erzielt. Liegt sie über 8 Prozent, handelt es sich um ein veritables Wertangebot.

Kommen wir zur Wertkennzahl für die Wertschöpfung. Wie gut diese ist – in der Regel unabhängig von der Branche und dem jeweiligen Marktumfeld –, drückt sich für uns insbesondere im Nettoverschuldungsgrad (Net Debt/ EBITDA) des Unternehmens aus. Ist dieser kleiner 2, gehört es mit Sicherheit zu den Besten.

Wie gut das Angebot eines Unternehmens wirklich ist, zeigt sich darin, wie gut seine Preis- und Margenstrategie aufgehen. Die aussagekräftigste Wertkennzahl in diesem Fall ist ein deutlich positiver Free-Cashflow, der am Ende eines Bilanzierungszeitraums gegeben sein sollte, wenn dem Unternehmen eine erstklassige Wertabschöpfung gelungen ist. Schließlich lässt sich die Wertdisziplin eines Unternehmens oder seiner Führung daran ablesen, welche Verschuldungsquote im Verhältnis Fremdkapital zu Eigenkapital sie ausweist. Liegt dieser bei 2/1 oder besser, ist dies gut oder sehr gut.

Drittens, die Wechselwirkungen einander bedingender und dynamisierender Wertdimensionen:

Beginnen wir wieder mit der Wertpositionierung. Deren Güte zeigt sich am Ende eines Geschäftsjahres in der Höhe der erzielten Eigenkapitalrendite, haben wir geschrieben. Das ist richtig und wichtig – abgerechnet wird schließlich zum Schluss –, aber für die Formulierung einer echten Wertpositionierung nur bedingt hilfreich. Denn die Rendite steht, wie gesagt, am Ende eines Geschäftsjahres, die Qualität der Positionierung sollte an seinem Anfang stehen – und damit auch am Anfang der Geschäftsmodellausgestaltung. Denn die Wertpositionierung ist neben der Wertdisziplin der zentrale Bezugspunkt sämtlicher unternehmerischer Aktivitäten. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen ohne