Geschichten und Anekdoten - Heinrich Von Kleist - E-Book

Geschichten und Anekdoten E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Ein Zusammenstellung einiger der besten Geschichten und Anekdoten von Heinrich von Kleist: Neben einer nächtlichen Geistererscheinung geht es u.a. um die preußische Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt gegen Napoleon im Jahr 1806, eine Eheschließung unter sonderbaren Umständen am Hofe zu Neapel und einen erbitterten Zweikampf zweier Ritter um eine Dame. Heinrich von Kleist (1777-1811) gehörte einem altpommerschen Adelsgeschlecht an, hatte jedoch trotz günstiger Voraussetzungen Zeit seines Lebens mit Problemen zu kämpfen und beging schließlich Selbstmord. Einerseits als Vertreter der Aufklärung verstanden, wird er auch oft der Weimarer Klassik und Romantik zugeordnet. Seine bekanntesten Werke sind u.a. "Die Marquise von O...", "Der zerbrochene Krug", "Michael Kohlhaas" und "Das Erdbeben von Chili".

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Seitenzahl: 34

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Heinrich von Kleist

Geschichten und Anekdoten

 

Saga

Geschichten und AnekdotenCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © , 2020 Heinrich von Kleist und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726755732

 

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Kleine Geschichte, die sich zu meiner Zeit in Italien zutrug

Am Hofe der Prinzessin von St. C ... zu Neapel befand sich im Jahr 1788 als Gesellschafterin oder eigentlich als Sängerin eine junge Römerin, namens Franzeska N ..., Tochter eines armen invaliden Seeoffiziers, ein schönes und geistreiches Mädchen, das die Prinzessin von St. C ... wegen eines Dienstes, den ihr der Vater geleistet, von früher Jugend an zu sich genommen und in ihrem Hause erzogen hatte. Auf einer Reise, welche die Prinzessin in die Bäder zu Messina und von hier aus, von der Witterung und dem Gefühl emer erneuerten Gesundheit aufgemuntert, auf den Gipfel des Ätna machte, hatte das junge, unerfahrene Mädchen das Unglück, von einem Kavalier, dem Vicomte von P..., einem alten Bekannten aus Paris, der sich dem Zuge anschloss, auf das abscheulichste und unverantwortlichste betrogen zu werden; dergestalt, dass ihr wenige Monden darauf bei ihrer Rückkehr nach Neapel nichts übrigblieb, als sich der Prinzessin, ihrer zweiten Mutter, zu Füssen zu werfen und ihr unter Tränen den Zustand, in dem sie sich befand, zu entdecken. Die Prinzessin, welche die junge Sünderin sehr liebte, machte ihr zwar wegen der Schande, die sie über ihren Hof gebracht hatte, die heftigsten Vorwürfe; doch da sie ewige Besserung und klösterliche Eingezogenheit und Enthaltsamkeit für ihr ganzes künftiges Leben angelobte und der Gedanke, das Haus ihrer Gönnerin und Wohltäterin verlassen zu müssen, ihr gänzlich unerträglich war, so wandte sich das menschenfreundliche, zur Verzeihung ohnehin in solchen Fällen geneigte Gemüt der Prinzessin; sie hob die Unglückliche vom Boden auf, und die Frage war nur, wie man der Schmach, die über sie hereinzubrechen drohte, vorbeugen könne? In Fällen dieser Art fehlt es den Frauen, wie bekannt, niemals an Witz und der erforderlichen Erfindung; und wenige Tage verflossen: so ersann die Prinzessin selbst zur Ehrenrettung ihrer Freundin folgenden kleinen Roman.

Zuvorderst erhielt sie abends, in ihrem Hotel, da sie beim Spiel sass, vor den Augen mehrerer, zu einem Souper eingeladenen Gäste einen Brief: sie erbricht und überliest ihn, und indem sie sich zur Signora Franzeska wendet: „Signora,“ spricht sie, „Graf Scharfeneck, der junge Deutsche, der Sie vor zwei Jahren in Rom gesehen, hält aus Venedig, wo er den Winter zubringt, um Ihre Hand an. — Da!“ setzt sie hinzu, indem sie wieder zu den Karten greift, „lesen Sie selbst: es ist ein edler und würdiger Kavalier, vor dessen Antrag Sie sich nicht zu schämen brauchen.“ Signora Franzeska steht errötend auf; sie empfängt den Brief, überfliegt ihn, und, indem sie die Hand der Prinzessin küsst: ,,Gnädigste,“ spricht sie: „da der Graf in diesem Schreiben erklärt, dass er Italien zu seinem Vaterlande machen kann, so nehme ich ihn, von Ihrer Hand, als meinen Gatten an!“