Geständnisse - Heinrich Heine - E-Book

Geständnisse E-Book

Heinrich Heine

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Beschreibung

In "Geständnisse" präsentiert Heinrich Heine eine durchdringende Sammlung autobiografischer Skizzen, die sowohl die emotionalen als auch die intellektuellen Schattenseiten seines Lebens beleuchten. Der literarische Stil des Werkes vereint Ironie, Lyrik und Prosa und reflektiert die Brüche und Widersprüche der Romantik sowie die sozialen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts. Heine gelingt es, seine innere Zerrissenheit und die Fragen der Identität und des Glaubens in eindringlichen Bildern und Schilderungen zu fassen, wodurch das Buch einen tiefen Einblick in das Leben und die Denkweise eines genialen Dichters bietet. Heinrich Heine (1797-1856), einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Kritiker, ist bekannt für seine politische Schärfe und seine leidenschaftlichen, oft melancholischen Werke. In "Geständnisse" spiegelt sich seine eigene Lebensgeschichte wider, geprägt von der Erfahrung der Emigration, Vorurteilen und der ständigen Suche nach einem Platz in der Welt. Seine skeptische Haltung gegenüber den sozialen und politischen Verhältnissen seiner Zeit und sein Streben nach Freiheit und Wahrheit treiben ihn an, seine Erlebnisse in einer Form zu verarbeiten, die sowohl autobiografisch als auch universal gültig ist. Dieses Buch ist ein unverzichtbares Werk für jeden, der sich für die tiefere Intimität der menschlichen Erfahrungen und die Herausforderungen der Schaffensprozesse von Künstlern interessiert. Heines "Geständnisse" lädt den Leser ein, die eigene Sensibilität zu hinterfragen und einen der komplexesten Geister der deutschen Literatur zu entdecken. Die Lektüre ist sowohl erhellend als auch bewegend und fordert dazu auf, über das eigene Dasein und die gesellschaftlichen Bedingungen nachzudenken.

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Heinrich Heine

Geständnisse

Ein lyrisches Echo des Freiheitskampfes: Persönliche Erfahrungen im politisch aufgeladenen 19. Jahrhundert
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2024
EAN 8596547843481

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text
Geschrieben im Winter 1854.
Vorwort.

Die nachfolgenden Blätter schrieb ich, um sie einer neuen Ausgabe meines Buches de l’Allemagne einzuverleiben. Voraussetzend, daß ihr Inhalt auch die Aufmerksamkeit des heimischen Publicums in Anspruch nehmen dürfte, veröffentliche ich diese Geständnisse ebenfalls in deutscher Sprache, und zwar noch vor dem Erscheinen der französischen Version. Zu dieser Vorsicht zwingt mich die Fingerfertigkeit sogenannter Uebersetzer, die, obgleich ich jüngst in deutschen Blättern die Original-Ausgabe eines Opus ankündigte, dennoch sich nicht entblödeten, aus einer Pariser Zeitschrift, den bereits in französischer Sprache erschienenen Anfang meines Werks aufzuschnappen und als besondere Broschüre verdeutscht herauszugeben, solchermaßen nicht blos die literarische Reputation, sondern auch die Eigenthumsinteressen des Autors beeinträchtigend. Dergleichen Schnapphähne sind weit verächtlicher als der Straßenräuber, der sich muthig der Gefahr des Gehenktwerdens aussetzt, während jene, mit feigster Sicherheit die Lücken unsrer Preßgesetzgebung ausbeutend, ganz straflos den armen Schriftsteller um seinen eben so mühsamen wie kümmerlichen Erwerb bestehlen können. Ich will den besondern Fall, von welchem ich rede, hier nicht weitläufig erörtern; überrascht, ich gestehe es, hat die Büberei mich nicht. Ich habe mancherlei bittere Erfahrungen gemacht, und der alte Glaube oder Aberglaube an deutsche Ehrlichkeit ist bei mir sehr in die Krümpe gegangen. Ich kann es nicht verhehlen, daß ich, zumal während meines Aufenthalts in Frankreich, sehr oft das Opfer jenes Aberglaubens ward. Sonderbar genug, unter den Gaunern, die ich leider zu meinem Schaden kennen lernte, befand sich nur ein einziger Franzose, und dieser Gauner war gebürtig aus einem jener deutschen Gauen, die einst dem deutschen Reich entrissen, jetzt von unsern Patrioten zurückverlangt werden. Sollte ich, in der ethnographischen Weise des Leporello, eine illustrirte Liste von den respectiven Spitzbuben anfertigen, die mir die Tasche geleert, so würden freilich alle civilisirten Länder darin zahlreich genug repräsentirt werden, aber die Palme bliebe doch dem Vaterlande, welches das Unglaublichste geleistet, und ich könnte davon ein Lied singen mit dem Refrain:

„Aber in Deutschland tausend und drei!“

Charakteristisch ist es, daß unsern deutschen Schelmen immer eine gewisse Sentimentalität anklebt. Sie sind keine kalten Verstandesspitzbuben, sondern Schufte von Gefühl. Sie haben Gemüth, sie nehmen den wärmsten Antheil an dem Schicksal derer, die sie bestohlen, und man kann sie nicht los werden. Sogar unsre vornehmen Industrieritter sind nicht bloße Egoisten, die nur für sich stehlen, sondern sie wollen den schnöden Mammon erwerben, um Gutes zu thun; in den Freistunden, wo sie nicht von ihren Berufsgeschäften, z. B. von der Direction einer Gasbeleuchtung der böhmischen Wälder, in Anspruch genommen werden, beschützen sie Pianisten und Journalisten, und unter der buntgestickten, in allen Farben der Iris schillernden Weste trägt mancher auch ein Herz, und in dem Herzen den nagenden Bandwurm des Weltschmerzes. Der Industrielle, der mein obenerwähntes Opus in sogenannter Uebersetzung als Broschüre herausgegeben, begleitete dieselbe mit einer Notiz über meine Person, worin er wehmüthig meinen traurigen Gesundheitszustand bejammert, und durch eine Zusammenstellung von allerlei Zeitungsartikeln über mein jetziges klägliches Aussehen die rührendsten Nachrichten mittheilt, so daß ich hier von Kopf bis zu Fuß beschrieben bin, und ein witziger Freund bei dieser Lectüre lachend ausrufen konnte: Wir leben wirklich in einer verkehrten Welt, und es ist jetzt der Dieb, welcher den Steckbrief des ehrlichen Mannes, den er bestohlen hat, zur öffentlichen Kunde bringt. –

Geschrieben zu Paris, im März 1854.