Gestern kam eine Ohnmacht... - Franz  kafka - E-Book

Gestern kam eine Ohnmacht... E-Book

Franz kafka

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Phantastisches und Unheimliches, Paradoxes und Absurdes: Kafka beschreibt die unglaublichsten Sachverhalte nüchtern und minutiös. Grenzbereiche werden ausgeleuchtet, existenzielle Grund- oder Ausnahmesituationen in unvergessliche Bilder gefasst. Seine Texte haben die gleiche Intensität wie Träume. »Es ist das Schicksal und vielleicht auch die Größe dieses Werks, dass es alle Möglichkeiten darbietet und keine bestätigt« (Albert Camus).

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Franz Kafka

[Gestern kam eine Ohnmacht …]

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

[Gestern kam eine Ohnmacht …]

Gestern kam eine Ohnmacht zu mir. Sie wohnt im Nachbarhaus, ich habe sie dort schon öfters abends im niedrigen Tor gebückt verschwinden sehn. Eine große Dame mit lang fließendem Kleid und breitem mit Federn geschmückten Hut. Eiligst kam sie rauschend durch meine Tür, wie ein Arzt der fürchtet zu spät zum auslöschenden Kranken gekommen zu sein. »Anton«, rief sie mit hohler und doch sich rühmender Stimme, »ich komme, ich bin da.« In den Sessel auf den ich zeigte ließ sie sich fallen. »Hoch wohnst Du, hoch wohnst Du«, sagte sie stöhnend. Tief in meinem Lehnstuhl nickte ich. Zahllos hüpften vor meinen Augen die Treppenstufen auf, die zu meinen Zimmern führten, eine hinter der andern, unermüdliche kleine Wellen. »Warum so kalt?« fragte sie, zog ihre langen alten Fechterhandschuhe aus, warf sie auf den Tisch und sah mich den Kopf geneigt augenzwinkernd an. Mir war als sei ich ein Spatz, übe auf der Treppe meine Sprünge und sie zerzause mein weiches flockiges graues Gefieder. »Es tut mir von Herzen leid, daß Du Dich nach mir verzehrst. Oft schon sah ich aufrichtig traurig in Dein abgehärmtes Gesicht, wenn Du im Hof standst und zu meinem Fenster aufblicktest. Nun ich bin Dir nicht ungünstig gesinnt und hast Du auch mein Herz noch nicht, so kannst Du es doch erobern.«

Anhang

Editorische Notiz

Textgrundlage: Franz Kafka, ›Schriften, Tagebücher, Briefe‹, Kritische Ausgabe, herausgegeben von Jürgen Born, Gerhard Neumann, Malcolm Pasley, Jost Schillemeit und Gerhard Kurz, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1982ff. Entstehung: Januar und Februar 1917. Druckvorlage: Handschrift.

Daten zu Leben und Werk

1883

3. Juli: Franz Kafka wird in Prag als ältestes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka und seiner Frau Julie, geborene Löwy, geboren.

 

1889–1893

Besuch der Deutschen Volks- und Bürgerschule am Fleischmarkt in Prag.

 

1893–1901

Besuch des humanistischen Deutschen Gymnasiums in der Prager Altstadt. Abschluss mit dem Abitur.

 

1901

Im Herbst Beginn des Studiums an der Deutschen Universität Prag, zunächst kurz Chemie, dann Jura; nebenbei kunstgeschichtliche Studien.

 

1902

Sommersemester: Studium der Germanistik, Wintersemester: Fortsetzung des Jurastudiums. Erste Begegnung mit Max Brod.

 

1903

Im Sommer: Staatsprüfung in Rechtsgeschichte, anschließend Sanatoriumsaufenthalt zunächst bei Dresden, dann in Südböhmen.

 

1904

Beginn der Arbeit an Beschreibung eines Kampfes.

 

1905

Im Sommer Sanatoriumsaufenthalt in Zuckmantel, ab Winter regelmäßige Zusammenkünfte mit den Freunden Max Brod, Oskar Baum und Felix Weltsch.

 

1906

Volontariat in einem Rechtsanwaltsbüro. 18. Juni: Promotion zum Dr. juris.

Ferien in Zuckmantel, ab Herbst einjährige Rechtspraxis, zunächst am Land-, danach am Strafgericht.

 

1907

Arbeit an Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. Ab Herbst Aushilfskraft in den »Assicurazioni Generali« in Prag.

 

1908

Juli: Eintritt als Aushilfsbeamter in die »Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag«. Engere Freundschaft mit Max Brod. Erste Publikation von acht Prosastücken (aus dem späteren Band Betrachtung) in der von Franz Blei herausgegebenen Zeitschrift ›Hyperion‹.

 

1909

Zahlreiche Dienstreisen und Ferienreise mit Max und Otto Brod an den Gardasee. Arbeit an Die Aeroplane in Brescia, Beginn der Tagebuchaufzeichnungen.

 

1910

Ernennung zum »Anstaltscopist«. Besuch von sozialistischen politischen Veranstaltungen. Ferienreise mit Max und Otto Brod nach Paris.

 

1911

Zahlreiche Dienstreisen und Ferienreise mit Max Brod nach Oberitalien und Paris, Sanatoriumsaufenthalt bei Zürich. Kafka wird stiller Teilhaber der Asbestfabrik seines Schwagers. Freundschaft mit dem jiddischen Schauspieler Jizchak Löwy, Beschäftigung mit dem Judentum.

 

1912

Im Sommer Reise mit Max Brod nach Weimar, abschließend Sanatoriumsaufenthalt im Harz. Arbeit an der ersten Fassung von Der Verschollene (Amerika). Im August lernt Kafka Felice Bauer kennen. Versuch der Familie, ihn zur Beaufsichtigung der ihm verhassten Fabrik des Schwagers zu zwingen. Er schreibt Das Urteil (September) und Die Verwandlung (November/Dezember). Betrachtung erscheint.

 

1913

Beförderung zum »Vizesekretär«. Besuch bei Felice Bauer in Berlin. Im September Reise zum »Internationalen Kongreß für Rettungswesen und Unfallverhütung« nach Wien. Weiterreise über Triest und Venedig an den Gardasee, ins Sanatorium nach Riva. Der Heizer erscheint. Das Urteil erscheint im Jahrbuch ›Arkadia‹.

 

1914

Besuche bei Felice Bauer in Berlin, Gegenbesuch in Prag. 1. Juni: Verlobung mit Felice Bauer in Berlin. 12. Juli: Entlobung. Danach Reise mit Ernst Weiß ins Ostseebad Marielyst (Dänemark). Beginn der Arbeit an dem Roman Der Proceß. Oktober: In der Strafkolonie entsteht.

 

1915

Wiedersehen mit Felice Bauer. Reise mit der Schwester Elli nach Ungarn. Im Juli Sanatoriumsaufenthalt bei Rumburg. Kafka erhält von Carl Sternheim den mit der Verleihung des Fontane-Preises verbundenen Geldbetrag. Die Verwandlung erscheint.

 

1916

Juli: Kafka verbringt 10 Tage mit Felice Bauer in Marienbad. Die Buchausgabe von Das Urteil erscheint. Öffentliche Lesung (In der Strafkolonie) in München. Arbeit an den Erzählungen von Ein Landarzt.

 

1917