Glühwürmchen - Fireflies - Luciérnagas - Lucioles - Jürgen P. R. Tröster - E-Book

Glühwürmchen - Fireflies - Luciérnagas - Lucioles E-Book

Jürgen P. R. Tröster

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Beschreibung

Essays, Gedichte, Nonsensigkeiten 40 Momentaufnahmen unterschiedlichster Art und Kinetik. 33 Jahr und viel Nacht im Haar (Danke ´Silly`). Europäische Alltags Beobachtungen, die alle -glühwürmchengleich - in sich selbst leuchten, strahlen, vibrieren. Von ´Atlantis` bis ´Vespa`. Wenn Farben und Formen sicht zu Worten und Wolken wandeln. Champagner-Perlen für die Synapsen.

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INHALT:

1. Glühwürmchen

2. Atlantis

3. Balkon

4. Antennen

5. Bar

6. Behütet euch

7. Brüste

8. Entenhausen

9. Dusel

10. Fußball

11. Film / Liebe / Sex – Director´s Memo

12. Goofytown

13. Hitliste

14. Habitus

15. Irgendwie

16. Kann denn Liebe Sühne sein?

17. Königin

18. Leidenschaft

19. Maria Dolores

20. Mercedes

21. Mikrowelle

22. Nabel

23. Warum

24. Poco a poco

25. Quatsch

26. Reizverschluss

27. Sex (Part I)

28. Süden

29. Tränen

30. Unsichtbar

31. 37 Schritte zum Sein

32. Silikon

33. Sprotten

34. Vespa

35. Visitenkarten

36. Wolken

37. Wichtig

38. Yesterday

39. Zigaretten

40. Joker (88)

(Alle 1988 – 1991)

Glühwürmchen

… ist ein Aggregatzustand. Ein beinahe

vergessener.

Glühwürmchen haben irgendwie mit Glück zu tun,

mit dem Glück des sich Glücklich-Fühlens.

Sie sind die Walt-Disney-Variante verliebter

Meeresnacht und sagen unserer Zweieinheit:

Segen,

und fliegende Teppiche auf rosa Wolken und

(modern)

´you can get it if you really want, just try`.

Vierblättrige Kleeblätter sind Kitsch,

Schornsteinfeger geil und

Schweinchen fett,

Hufeisen werden in!!! Plastik!!! gegossen.

Glühwürmchen sind Holographie-LSD-Ahnen und

säuseln Dir:

Jetzt!

Dies ´Jetzt` wurde bislang weder von ´Glüh Peace`,

noch von anderen Schützern bemerkt. Und sind sie

doch arg vom Aussterben bedroht, wie das Jetzt.

Sind es imaginäre Perlen, die glühen?

Verirrte Spermamonaden, oder trunkene

Zwergennasen?

Nein, es sind ganz einfach Glühwürmchen,

wie Du und Ich – jetzt.

Es ist auch egal wie, wo, und warum sie glühen,

eigentlich strahlen sie ja,

Hauptsache, dass und jetzt.

(Für glühunerfahrene Leser: Glühwürmchen sieht

man am besten romantisch verliebt, ohne

Sonnenbrille, ohne Walkman et après).

Es gibt sie auch im Mittelgebirge, komischerweise

tauchen sie dort nur nach gelebter Liebe auf,

am Meer kann man sie manchmal sogar allein

sehen, aber dann nicht fühlen.

Frivole Geister behaupten sie würden uns

zuzwinkern, dabei senden sie nur den Code des

Sternes, den sie vertreten.

Des Sternes der unserer sein könnte,

merkten wir es nur.

Und Stereomerken ist so schwer.

Sie wiegen leise beim Walzer dahin und blinken

beim Fox, und wir vergessen Cha-Cha-Cha und

swingen im Tango mit, ja wohin?

Denken wir auch es seien die Minarettperlen

Atlantis’, so könnten sie uns unweigerlich in

neptunische Suizide ziehen. Weit gefehlt.

Glühwürmchen sind Leuchtwesen, wie wir,

nur leuchten sie im Meeresspiegel mehr.

Sie sind frei, zeitlos, damals und dann und heute

zündet sie keiner mehr an, und dann und wann, im

Stadtleben, ziehen sie uns magisch an und leben in

der Gicht und hast du sie nie gelebt,

bist Du ein armer Wicht.

( Maiglüher zu Zeiten des Filmfestivals in Cannes,

vermehrt am Gardasee und millionenfach wuselnd

in Rolfs Kathmandu, vis-à-vis des Swayambhu

Stupa‘ – immer nachts, versteht sich.)

Atlantis

Ich fühl dich so heiß, so zart und gierig.

Du kennst mich nicht und fühlst doch auch so.

Wir schwimmen beide, mit all den anderen, im Meer

der diffusen Sehnsüchte. Deinen Namen kenn’ ich

nicht, ob du blond, schwarz oder braun bist, weiß

ich nicht, ob groß oder klein.

Aber dass du von mir heute Nacht träumst, das

weiß ich, das fühl ich und irgendwann später treffen

wir uns, als ob es das erste Ma! wäre und merken

irgendwie, dass wir beiden zusammen sein sollen,

diese Nacht. Und freuen uns des Glücks, des

günstigen Schicksals, so als ob wir nicht lang

gelitten, gekämpft und gehofft hätten, mit all den

diffusen anderen.

In der Sehnsucht sind wir alle Drehbuchautoren,

sehen sie aus der Straßenbahn direkt auf den

Sozius fallen, oder uns im Regen gleichzeitig von

zwei Seiten ins selbe Taxi flüchten, oder einfach im

Sonnenuntergang auf einsamer Landstraße mit den

Autos zusammenstoßen, nach dem Motto ’das hat

aber bums gemacht’ - lach‘.

Das Leben ist besser, origineller, da werden zwei

dort zusammengeführt, wo beide an sich nicht

hinwollten, weil sie eigentlich im Urlaub oder auf

Geschäftsreise sein sollten und er - ´scheiße` - den

Flug verpasst und sie - ´oh no` - Ticket und Karte im

Taxi mit der Handtasche vergessen hat.

Trotz allem ist er gut rasiert und sie hat natürlich

irgendwie den Lippenstift gerettet und das führt

dann zu dieser wunderschön beiläufigen Realität

des Lachens, Espressi oder Schampus´,

die Welt scheint still zu stehen.

Tickets und Handtaschen sind vergessen.

So verschwinden jährlich tausende von Menschen

aus der westlichen Hemisphäre, Geheimbotschafter

von Atlantis, der Hauptstadt des Meeres der

Sehnsüchte.

Zusammengeführt auf eben dieser Insel, die sich

weder an Gold noch Erfolg, oder an der Zeit,

orientiert, reizparallel, aber sphärenversetzt,

weiterverliebt.

Kurzfristig hatte dieses Reich eine Druckausgleich

Kammer mit doppelter Wand, landaufwärts, die hieß

Berlin, da waren solche Begegnungen immer drin,

in Berlin. Da gab es Visa für das Land der

unbegrenzten Möglichkeiten, mit Blick auf das

Tempelhofer Flugfeld und schon vorab den X-Raybody-check, und das machte so richtig fernwehend.

Und in Neapel trugen sie Sonnenbrillen,

und in Dublin Hüte,

und in Paris ein Lächeln

und in St. Tropez im September Garnichts.

Balkon

Da gibt es einen Balkon, eine Freifläche, ein

Pflanzen Defilee, einen City-Meeting-Point, eine

Wäschehalde und Meditationsbühne mit Freiheit

und Blick.

(…nach leicht Azul und Innenleben).

Von innen kommt Gefühl, von außen Sirene, lässt

komischerweise an Musik, Tanz und Action denken:

Großvater, Großmutter, Tod, Verderben, Leid

bleiben subjektiv außen vor.

Also auf diesem Balkon, da könnte man abstürzen

ins Leben, in die Liebe, in das ´Mañana` oder in die

Pflanzen oder den Wodka oder den Joint oder die

Line oder den Witz oder den Blick oder den Himmel

oder die Architektur (kunterbunt, aber mit Stil)

………

Man kann, man sollte, man tut

(Frau auch, sowieso).

Das hat alles nichts mit Genet (1) zu tun, sondern

wir haben den Balkon als Lebensraum und

Aussichts- oder Einsichtspunkt des Lebens leider

aus den Augen verloren.

Also dieser Balkon, der da logischerweise nicht im

1. oder 2. liegt, sondern drüber, dieser Balkon hat

so eine kleine Leitstange, wie im Ballett oder auf

dem Blindenleitpfad und geht von einer Gitterstange

zur anderen.

Was sich an Festen da so abspielt, an

menschlichem Drumherum, auf diesen 10 m2 Lauf-

oder Liebes- oder Streitsteg, ist unglaublich.

Da hängen die Laken von der letzten Liebesnacht,

die Handtücher der letzten Dusche, da stehen

überfüllte Aschenbecher und leere Flaschen, die

Zeugen waren: intellektuelle Zeugen von

wesentlichen Nonsens Gesprächen und Fußhakeln

unterm Tisch und Blickkontakten und Trennungen,

aufgrund von stabileren Überlebenssituationen, na

ja und so weiter….

(1) Jean Genet: Der Balkon – Theaterstück

Antennen

Stellen wir uns die Erde als Kopf vor.

Die Häuserfronten als Stirn und darüber das immer

schütterer werdende Haar.

Das sind die Antennen.

Ein halbes Jahrhundert prägten sie das

Stadtpanorama, die Atico-Dach Partys, erste

sentimentale Schornstein Schmusereien.

Sie vermehrten sich, wurden Status Symbole, bis

die Mode umschwang. So etwa mit der Reggae

Music - Dreadlocks.

Andere Antennen kamen auf, die kleinen, einzelnen

Wetterverbindungen wurden gekappt und zur

großen Gemeinschaft-Antenne gebündelt. Genauso

wie die Gasflaschen ja auch zentralisiert wurden.

Einzelne wiederum aber begannen nun zu leben,

wussten genau London zu fixieren, wenn der

dementsprechende Radio-, falsch, Tuner-Befehl

vorlag. Automatische Sendererkennung hieß das.

Darauf folgte für die ersten Privilegierten das Kabel,

subversiv und glasklar –

auch im Stereobereich, Störanfälligkeit beinahe

gleich null, abgesehen von einigen

´Blaumilchkanalarbeitern` (1)

und - logo - dem Sender.

Mit der Sender Privatisierung und dem folgenden

Aufkauf der nationalen Fußball Vereinigungen,

bahnten sich die ‘Schüsseln’

(Parabol-Eternit-Empfänger) den Weg in die Dörfer.

Keine niedersächsische Holzbalken Fassade, keine

noch so schöne Lüftl-Malerei blieb ungeschoren.

Selbst der Aktionskreis ‘Unser Dorf soll schöner

werden’ schloss die Augen. Man kann sie auch

wunderbar verzieren, so wie den

blumenbepflanzten Autoreifen.

(Anhand der noch vorhandenen Profiltiefe ließ sich

der Kontostand des Hauseigners immer leicht

ermitteln. Bei den Geizigen ist dies aber per se

unmöglich).

Nur Blumen, die dürfen nicht rein in unsere

parabolischen Ohren. Lorbeerblätter, Eichelhäher

oder Ostermalereien sind jedoch durchaus erlaubt.

Eine Marktlücke für die Fa. Heitmann (Eierfarben).

Generell mutet es schon eigenartig an - die gute

alte Antenne hatte immerhin etwas Ätherisches,

etwas, dass über ‘Mainz, wie es singt und lacht’

hinaus ging.

Intellektuell, nachdenkend, geistiges Auge, während

´Parabol` mehr Ohr, Kopfhörer, Isolation und

Empfang pur assoziiert.

Wie stark der Einzelne vom Nachbarn isoliert ist,

kann man am Durchmesser, sprich der Programm

Vielfalt, erkennen. Wobei sich selbst bei Neureichen

Rückschlüsse auf die Empfangs Häufigkeit ziehen

lassen.

Dutzende von Bildhauern haben sie als Symbol

verwendet, steht sie doch für die größte

revolutionäre Evolution der Geistesgeschichte. Der

tiefgreifendsten Veränderung menschlichen

Miteinanders. Der Entdeckung des Feuers oder

besser des Feuerlöschers vergleichbar, will sagen

der Abstumpfung von Milliarden brennender Ideen

und Menschen.

Natürlich gibt es dieses Heer der Einsamen,

der Kranken, der Witwen, deren einziger (+/-)

Zeitvertreib angeblich das Fernsehen darstellt, aber

werden hier nicht Wirkung und Ursache miteinander

verwechselt? Gewiss ist das nicht ausschließlich,

aber doch zu einem erheblichen Teil dieser

Entwicklung, der Verbreitung des TV

zuzuschreiben.

Dafür kann jedoch die Antenne nichts, wie auch das

gute alte Radio ja seine Sendungen nicht dauernd

mit Werbejingles unterbricht.

Früher galt sie auch als ‚Blitzfänger‘, also eine dem

Leuchtturm diametral entgegengesetzte Wirkkraft.

Und wie steht es eigentlich mit den psychophysikalischen Auswirkungen der Radio- und

Fernsehstrahlen, die uns 24 Stunden pro Tag

durchfluten? Werden da evtl. Gemütsbewegungen

erzeugt, die wir bewusst gar nicht wahrnehmen?

(Da lacht der Physiker, aber bei Dürrenmatt (2)

haben wir ja dann auch nicht mehr gelacht).

Die Antenne jedenfalls beginnt ihr Leben als

Haupthaar schon eisgrau und endet erdig-rostig,

korrosionsbedingt natürlich.

Bleibt also die glatzköpfige, mit höherer Stirn

versehen Stadtlandschaftsarchitektur und nur in