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Diese Grabstätten aus aller Welt und deren Relikte werden Sie an Ihrem Verstand zweifeln lassen:
unverweste Leichname, verstörende Inschriften, Grabbeigaben, die jeder Vernunft widersprechen.
Reinhard Habeck, der Experte auf dem Gebiet der geheimnisvollen Mysterien, begibt sich auf eine Reise zu den Gräbern, die es nicht geben dürfte. Rätselhafte Grabstätten, die sich allen rationalen Erklärungen entziehen und unser nur scheinbar gesichertes Weltbild ins Wanken bringen.
Reinhard Habeck legt überzeugende Indizien dafür vor, dass in diesen Gräbern wenig so ist, wie es scheint. Mitreißend, wie es für ihn typisch ist, führt er den Leser durch das Labyrinth des Unerklärlichen. Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube für all jene, die mehr über unsere fantastische Realität wissen wollen, die oft jenseits des Vorstellbaren liegt. Fasziniert machen wir Bekanntschaft mit ...
Kühn in der Recherche, sachlich in der Schlussfolgerung, packend in der Sprache, verknüpft Reinhard Habeck die Fäden des Unerklärlichen. Schritt für Schritt enthüllt sich dem Leser eine rätselhafte Wirklichkeit. In ihr gibt es
Eine aufregende Expedition in die mysteriöse Wirklichkeit!
Mit einem Vorwort von Luc Bürgin
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
IN MEMORIAM
Iris Mayer-Findig (1958 –2019) und Andreas Findig (1961–2018), dem literarischen Vater der »Perry-Rhodan-Lausbiber«, der »Vor der Flut« den »Himmel von Hinten« erforschte, dabei den »Stern mit Schluckauf« entdeckte, »Die Inseln aus dem Hut« zauberte und mir voraus in »Gagarins Galaxie« eilte.
Zum Geleit: War alles ganz anders?
»Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.«
Alfred Polgar (1873–1955), österreichischer Schriftsteller
Nein, Albert Einstein war kein schlechter Schüler. Ebenso wenig glaubten die Menschen im Mittelalter, dass die Erde eine Scheibe sei. Walt Disneys »Bambi« war kein Reh, sondern ein junger Hirschbock. Die chinesische Mauer lässt sich allen gegenteiligen Internetgerüchten zum Trotz nicht vom Mond aus erspähen. Die alten Römer ließen keine Sklaven in ihren Galeeren rudern, sondern Legionäre oder Matrosen. Die Wikinger trugen keine Helme mit Hörnern. Und Keuschheitsgürtel im Mittelalter? Gab es ebenfalls nicht. Alles nur moderne Mythen!
Wer wie ich als Journalist seit Jahrzehnten derlei liebevoll gehegte Legenden der Geschichte in Buch- oder Heftform entzaubert, macht sich wenig Freunde, verletzt mitunter sogar religiöse Gefühle und muss mit empörten Reaktionen rechnen. Obwohl sich längst blitzsauber dokumentieren lässt, dass Kolumbus nicht der erste, sondern der letzte aller Entdecker der Neuen Welt gewesen sein dürfte, Mutter Theresa leider alles andere als eine Heilige war, Robin Hood oder Klaus Störtebeker im besten Fall räuberische Schurken bleiben und Martin Luther seine Thesen nie an die Kirchenpforte von Wittenberg geschlagen hat, glaubt die Öffentlichkeit lieber weiterhin das Gegenteil. Weil es ihr auf der Schulbank so eingetrichtert wurde. Es ist zum Verzweifeln!
Mein geschätzter Autorenkollege Reinhard Habeck rauft sich mitunter ebenfalls seine letzten Haare. Im italienischen Val Camonica hat er in den vergangenen Jahren bislang unbekannte Petroglyphen entdeckt und dokumentiert. Der entzückte Aufschrei der UNESCO blieb ihm leider verwehrt. Dennoch zwängt er sich weiterhin in kaum bekannte unterirdische Erdställe im Alpenraum, deren Enge jedem Riesen das Fürchten lehrt – im Bewusstsein, dass so manche Rätselstätte »vor unserer Haustüre« mehr Fragen aufwirft als etwa das britische Stonehenge. Schier unermüdlich interviewt er Heimatforscher, Museumskuratoren oder Geistliche, um ihnen Unbekanntes über die letzten Mysterien unserer Welt zu entlocken. Und dennoch hat er als ungläubig Staunender von vielen Geheimnissen in unseren Kirchen oder Klöstern längst mehr Ahnung als so mancher gläubig Betende.
Wer seiner Zeit voraus ist, gewinnt keinen Blumentopf. Dem Entdecker der Ursache des Kindbettfiebers Ignaz Semmelweis (1818–1865) wurden erst Jahre nach seinem tragischen Tod in der Psychiatrie grandiose Statuen gewidmet. Alfred Wegeners Kontinentaldrift-Theorie gelang erst nach dessen Ableben im Jahr 1930 der Durchbruch. Die ersten Automobile von Carl Benz? Wurden im 19. Jahrhundert von empörten Zeitgenossen als »Teufelsgefährte« beschimpft und verschmäht. Und Sigmund Freuds psychiatrische Thesen? Wurden von namhaften deutschen Gelehrten noch 1910 als »Sache für die Polizei« oder »moderne Form des Hexenwahns« verunglimpft.
Auch Lehrmeinungen haben ein Verfallsdatum. Insofern kann man Reinhard Habecks neuestes Sammelsurium umstrittener Gräber- und Götterrätsel fasziniert studieren oder skeptisch zerzupfen, aber keinesfalls ignorieren. Außer man gehört zu den Ewiggestrigen, die nichts mehr dazulernen wollen. Ich wünsche meinem Freund von ganzem Herzen jede Menge Leser und weiterhin viel Entdeckerglück auf seinen Forschungsreisen.
Luc Bürgin, Basel (Schweiz), im Juni 2019
In eigener Sache
»Geh mit der Zeit, aber komme von Zeit zu Zeit zurück.«
Stanisław J. Lec (1909–1966), polnischer Aphoristiker
Liebe Leserin, lieber Leser!
Sie beginnen gerade im Buch Gräber, die es nicht geben dürfte zu lesen. Ob es der Titel war, das makabre Thema oder die Lesertreue zum steinalten Autor, irgendetwas hat Sie dafür begeistert oder zumindest neugierig gemacht. Dafür ein herzliches Dankeschön!
In den letzten Jahren war ich mit verschiedenen literarischen Projekten befasst. Jetzt, nach einer längeren Pause, folgt die Fortsetzung einer erfolgreichen Buchreihe, die 2008 mit Dinge, die es nicht geben dürfte ihren Anfang nahm. Damals hatte ich spektakuläre Artefakte aus Museen und Privatsammlungen vorgestellt, die immer noch voller Rätsel sind. Es folgten Bücher über mysteriöse »Bilder«, »Kräfte«, »Texte« und zuletzt »Wesen«. Der vorliegende Band über geheimnisvolle Gräber ist der sechste Titel dieser Reihe und insgesamt mein 25. Sachbuch über Grenzgebiete des Wissens.
Ich erinnere mich zurück an meine ersten Schritte und Abenteuer als junger Autor. Seltsam, mir kommt es vor, als wäre es erst gestern gewesen, anno 1982 im zarten Alter von 20 Lenzen. Mein Erstlingswerk Licht für den Pharao löste hitzige Kontroversen aus, besonders in ägyptologischen Fachkreisen. Damals stellte ich gemeinsam mit meinen inzwischen verstorbenen Wiener Co-Autoren Peter Krassa und Dipl.-Ing. Walter Garn eine kühne These zur Diskussion: Verfügte die Priesterschaft im alten Ägypten bereits über profunde elektrotechnische Kenntnisse? Die ältere Leserschaft wird sich dunkel an die »Glühlampen von Dendera« erinnern, vielleicht sogar Publikationen darüber gelesen haben.
Seither sind bald 4 Jahrzehnte ins Land gezogen. Meinen Beruf als ausgebildeter Landvermesser hatte ich schon früh an den berühmten Nagel gehängt. Als Phänomene-Detektiv auf den Fährten ungeklärter Entdeckungen zu wandeln, fand ich weitaus reizvoller. Dabei ist es geblieben. Die Faszination am Unfassbaren begleitet mich unbeirrt. Fast täglich stolpere ich über brisante Geschichten oder ungelöste Rätselfragen, die mir keine Ruhe lassen. Ich bin dem Schicksal dankbar dafür. Ungelöstes hält bekanntlich den Verstand lebendig. Mein großes Glück: Elvira, meine langjährige Lebensgefährtin, teilt mit mir diese Leidenschaft. Zu zweit bereisen wir die wundersamen Schauplätze dieser Welt und haben viel schier Unglaubliches erleben und entdecken dürfen. Bei der Vorrecherche zu diesem Buch war das nicht anders.
Etwas hat sich in all den Jahren aber doch verändert. Ich habe es dieser Tage bemerkt, und es bereitet mir ein klein wenig Sorge: Das Alter ist da! Wäre es einfach zur Tür hereinspaziert, ich hätte mich umgedreht und wäre davongelaufen. Aber es hat sich langsam herangeschlichen, freundlich und unauffällig. Mit jedem Jahr, das wir älter werden, rückt auch der Gedanke an das Unausweichliche näher. Der Tod, der gerne ungeladen kommt, gehört zum Leben. Jede Nacht, in der wir seit Geburt an schlafend im Traumland verweilen, ist eine leise Vorbereitung aufs Sterben. Wir spüren, dass unser Dasein ein Ablaufdatum hat. Irgendwann, irgendwie.
Die meisten Menschen verdrängen die Auseinandersetzung mit dem Exitus. Die Vorbereitung auf den Tod gilt als gesellschaftliches Tabu. Aber das Unumstößliche holt uns eines Tages heim. Besonders schmerzlich dann, wenn es die Liebsten berührt, die uns im Leben wichtig waren und uns begleitet haben. Was uns von der Steinzeit bis in die Gegenwart an das Lebensende erinnert, sind ungezählte Gräber und Bestattungsriten aller Kulturkreise rund um den Globus. Im Angesicht der Sterblichkeit fragen wir uns: Haben wir die uns gegebene Lebenszeit sinnvoll genutzt? Und was erwartet uns »drüben«? Begleiter für viele Menschen ist der Glaube. Kehren wir dorthin zurück, wo es weder Raum noch Zeit gibt? Streifen wir mit dem Tod einfach unsere irdische Kleidung ab und tauschen sie gegen eine neue? Spuken unsere feinstofflichen Energien noch irgendwo in anderen Welten herum? Stimmt es, dass Totgesagte länger leben? Ist alles Zufall oder Bestimmung? Erfahren wir jenseits unserer Vorstellung eine Wiedergeburt? Oder ist nach dem Hinscheiden endgültig alles vorbei?
Gevatter Tod hat viele Gesichter. Menschen sterben durch Unfall, Krankheit, Gewalt oder Altersschwäche. Manche sterben durch die eigene Hand. Am Ende liegen unsere Überreste nicht immer, aber in den meisten Fällen eingeäschert in der Urne oder verfallen im Sarg zu Staub. Warum aber sollte es Gräber nicht geben dürfen, wie es der Titel dieses Buches benennt? Schauderhafte Bilder kommen einem in den Sinn: Völkermorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, verstümmelte Terrortote und qualvolle Opfer von Serienkillern. Diese Gräueltaten des »vernunftbegabten« Homo sapiens dürfte es in der Tat nicht geben, doch sie existieren seit Menschengedenken. Den Horror und die Schande unserer Zivilisation zu dokumentieren, obliegt den Zeithistorikern. Sie sind dafür die berufenen Experten.
Genozide und Blutrausch habe ich zwischen den Buchdeckeln ausgespart. Freilich, wenn Tote und Grabstätten das Thema sind, kommt man nicht ganz ohne Berührungen mit dem Schrecken davon. Mein Interesse galt vorrangig aber anderen Absonderlichkeiten: mysteriösen Mumien, nicht verwesten Körpern, merkwürdigen Leichnamen, ungeklärten und kuriosen Todesfällen, unterirdischen Grüften, ungeöffneten Hügelgräbern und unverstandenen Votivgaben. Das Themengebiet dieser Geheimnisse ist uferlos. Ich musste eine strenge persönliche Auswahl außergewöhnlicher Fälle und Funde treffen. Als Autor hofft man natürlich, die repräsentative Kollektion findet Gefallen. Die meisten in diesem Buch vorgestellten Gräber, Grabbeigaben und Mumien können vor Ort oder in Museen überprüft und besichtigt werden. Die jeweiligen Kontakte und Quellen habe ich genannt.
Sollte es mir gelungen sein, mit Gräber, die es nicht geben dürfte Leser und Leserinnen dazu anzuregen, selbst als »Sonntagsforscher« oder Hobby-Archäologe auf Entdeckungsreise zu gehen, hat das Buch seinen Sinn erfüllt.
Die Toten rufen uns. Folgen wir ihnen zu den schaurig-schönen Grabstätten in aller Welt. Dabei erfahren wir allerlei unheimliche Überraschungen, die zum Staunen zwingen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende Lesereise!
Sehr herzlich
Reinhard Habeck, Wien im Juni 2019
Steinmumie in Pompeji.
(Foto: Reinhard Habeck)
»Denn hinderlich, wie überall, ist hier der eigne Todesfall.«
Wilhelm Busch (1832–1908), deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller; aus Der Maulwurf, 1874
Thema:
Unverweste Leichen.
Fundstätten:
Weltweites Phänomen. Bevorzugt in sehr trockenen Wüstenregionen, eisigen Permafrostgebieten, säurehaltigen Moorböden, salzhaltigen Mineralien oder luftdicht verschlossenen Grabhügeln und Särgen.
Besonderheit:
Mumien sind einzigartige Archive der Menschheit. Infolge spezieller klimatischer Bedingungen, etwa extremer Trockenheit oder kalter Zugluft, kann der Verwesungsprozess von Leichen frühzeitig zum Erliegen kommen. Das geschieht selten, aber vielfältig. Selbst über Jahrtausende hinweg wurden Mumien auf natürliche Weise nahezu unversehrt konserviert. Der »Mann aus dem Eis«, besser bekannt als Ötzi, ist wohl der berühmteste Fund. Eine langfristige Leichenkonservierung kann ebenso mittels besonderer künstlicher Mumifizierungstechniken herbeigeführt werden. Der Totenkult im alten Ägypten ist das bekannteste Beispiel dafür. Einige Unverweste, egal ob auf natürlichen oder künstlichen Wegen mumifiziert, geben der Wissenschaft immer noch Rätsel auf. Wer waren die Toten? Warum und wie wurden sie konserviert? Woran sind sie gestorben?
Zeitabschnitt:
8000 v. Chr. bis heute.
Besichtigung (Auswahl):
The National Museum of Greenland, Nuuk, Grönland (Thule-Permafrost-Mumien); Südtiroler Archäologiemuseum, Bozen, Italien (Gletschermumie Ötzi); Museum of the Weird, Austin, Texas, USA (Imitation »Eismensch von Minnesota«); Archäologiepark Pompeji, Neapel, Italien (zu Vulkanstein erstarrte Mumien); Museum Silkeborg, Silkeborg Kommune, Dänemark (Moorleiche Tollund-Mann); Iranisches Nationalmuseum, Teheran, Islamische Republik Iran (Salzmumien); Museum Hunan, Pinyin, Changsha, Provinz Hunan, Volksrepublik China (unversehrter Leichnam der Marquise von Dai); Katakomben von Cappuccini, Palermo, Sizilien (»Schönste Mumie der Welt«); Kapelle Espace Bernadette Soubirous (ehem. Kloster Saint-Gildard), Nevers, Département Nièvre, Frankreich (unverweste Heilige); Wallfahrtskirche St. Thomas am Blasenstein, Bezirk Perg, Oberösterreich, Österreich (»luftgeselchter Pfarrer«).
Was geschieht mit uns nach dem Tod? Unternimmt die Seele eine Reise in eine andere Welt? Wer vermag es mit Gewissheit zu sagen? Wir wissen lediglich, dass der Körper zerfällt und dem Kreislauf der natürlichen Verwesung unterliegt. Stirbt ein Mensch, kommt es zur Totenstarre, die sich nach 2 bis 3 Tagen auflöst. Dann beginnt ein mehrmonatiger Fäulnisprozess, üblicherweise nach der Bestattung in einem Sarg. Dabei bildet sich der Gegensatz zu zartem Rosenduft: Ammoniakgas und Schwefelwasserstoff. Schließlich werden Fleisch, Organe und Haut von gefräßigen Bakterien und Pilzen zersetzt – der Leichnam wird kompostiert. Nach etwa 4 Jahren liegt in der Totenkiste nur noch das Skelett. Die Zersetzung der Knochen dauert bei Gräbern im Alpenraum, je nach Säurecharakter des Erdbodens, meist 20 bis 25 Jahre. Später sind vom Verstorbenen im Grab meist nur noch Zähne und Knochenfragmente vorhanden. Allmählich zerfallen auch diese zu Staub, und wir begreifen: Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen.
Normalerweise. Doch nicht jeder tote Körper zerbröselt. Durch extreme klimatische Bedingungen kann ein Verwesungsprozess stark verlangsamt oder sogar zum Stoppen gebracht werden. Trockene Hitze, Dauerfrost, Luftabschluss oder Pech und Asphalt bieten ideale Bedingungen für die Konservierung von Leichen. Bakterien beißen hier ins Leere. Der Beerdigte wird zur Mumie, im heißen Wüstensand genauso wie im sauerstoffarmen Moorwasser. Selbst im gerichtsmedizinischen Alltag stößt man gelegentlich auf eine »natürliche Zufallsmumie«. Das weiß auch der Molekularbiologe Dr. Jan Kiesslich von der Universität Salzburg: »Wir untersuchen immer wieder Fälle, wo jemand teils Monate oder sogar Jahre tot in seiner Wohnung gelegen hat – hier sind vereinzelt völlig trocken mumifizierte Körper vorgefunden worden.«
Ein besonders langes Ablaufdatum hat Tiefgekühltes. Damit verbindet sich der uralte Menschheitstraum vom Aufwachen aus dem Tod. Jedes Kind kennt Grimms Märchen von Dornröschen, das in stetiger Jugend und Schönheit – genauso wie Schneewittchen – in einem Glassarg schlief, bevor es nach 100 Jahren wieder die Augen öffnete. Heute nutzt jeder Haushalt wie selbstverständlich das Tiefkühlfach, um Lebensmittel lange Zeit unbeschädigt und genießbar zu erhalten. Was noch fehlt, ist die Reanimation, wie es uns Science-Fiction-Filme vorzeigen, wenn die Crew eines Raumschiffes nach einer langen interstellaren Reise aus dem Tiefschlaf erwacht. Oder wenn ein Fantasy-Held als künstlicher Avatar weiterlebt.
Kälte ist auch die Hoffnung »kryonisierter« Menschen. Weltweit sind es einige Hundert Personen, die sich nach ihrem Tod von Kryonik-Instituten in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad einfrieren haben lassen. Bizarr: In einigen Fällen sind es nur Köpfe und Gehirne, die in tiefgekühlten Edelstahltanks aufbewahrt werden. Die Eingefrorenen sind mausetot, aber sie vertrauen darauf, dass die Medizin in naher Zukunft sie wiederbeleben wird. Was den Medizinern derzeit noch Mühe bereitet: Wie kann verhindert werden, dass durch das Einfrieren Organe, Gehirn und Körperzellen zerstört werden? Und wie taut man die Konservierten unbeschadet wieder auf? Geschieht es zu schnell, bilden sich Eiskristalle um die Zellen und schädigen diese irreparabel. Passiert es zu langsam, zersetzt sich das bereits aufgetaute Gewebe.
Inzwischen ist man der Lösung des Problems einen Schritt näher gekommen. 2001 wurde die »Vitrifikation« erfunden, ein Verfahren zum eisfreien Gefrieren. Dabei wird im Augenblick des Todes der größte Teil des Wassers im Körper durch eine Lösung namens »Supercool« ersetzt. Auch in der Wiederbelebung sehen Forscher eine neue Chance, etwa durch winzige Nanoroboter, die kranke oder abgestorbene Zellen im Körper reparieren sollen. Neue Aussichten werden ebenso der Methode des »Tissue Engineering« gegeben, mit der schon heute künstliches Gewebe mit menschlichen Stammzellen gezüchtet werden kann. Für Anhänger der Kryonik ist es allemal besser, auf den Fortschritt in der Medizin zu setzen, als madig zu verwesen. Ob diese Zuversicht gerechtfertigt ist, wird die Zukunft zeigen.
Leichen im Eis können sich auch ohne künstliche Nachhilfe über Jahrtausende hinweg nahezu unversehrt erhalten. Mutter Natur liefert dafür spektakuläre Beispiele. Der Klimawandel hat seinen Anteil daran. In eiskalten Regionen taut der gefrorene Boden immer weiter auf. Was zum Vorschein kommt, sind vermehrt Knochen und Kadaver aus prähistorischen Zeiten. Grabstätten sind davon nicht ausgenommen.
1970 wurde auf der Sankt-Lorenz-Insel in der Beringsee ein konservierter weiblicher Leichnam gefunden. Er ist der bislang älteste aus der Arktis und stammt aus der Zeit um 400 n. Chr. Für mediale Aufmerksamkeit sorgten 1972 acht Mumien aus Nordwestgrönland, die in Felsgrotten der aufgelassenen Siedlung Qilakitsoq entdeckt wurden. Das Besondere: Es sind sechs Frauen und zwei Kinder, die auf natürliche Weise mumifiziert wurden. Die vollständig mit Anorak und Pelzen bekleideten Toten gehören zur Thulek-Kultur, den direkten Vorfahren der Inuit. Sie starben gemäß der Altersdatierung vor rund 550 Jahren. Es bleibt rätselhaft, weshalb die Frauen und Kleinkinder getrennt von ihren Männern und ebenso isoliert von der Gemeinde beerdigt wurden. Die anfängliche These, wonach die Menschen beim Kentern eines Bootes ums Leben kamen, konnte nicht bestätigt werden. Viel mehr spricht dafür, dass die Frauen in unterschiedlichen Zeiten in die Gräber gelegt worden sind. Gewebeanalysen bestätigten, dass es drei Generationen einer Familie waren, die vermutlich an unterschiedlichen Krankheiten starben. In einem Grab unter Steinen geschützt lagen vier Frauen gemeinsam bestattet, bedeckt mit Tierhäuten. Auf ihnen abgelegt fand sich ein sechs Monate alter Junge in fester Winterkleidung. Sein Körper ist derart lebensnah erhalten, dass die Archäologen zunächst dachten, es wäre eine Puppe. Die Wahrheit bekümmert: Da das Baby keine Verletzungen aufweist, halten es Archäologen für wahrscheinlich, dass es lebendig mit seiner verstorbenen Mutter bestattet wurde. Das gleiche grausame Schicksal könnte das ältere der beiden Kleinkinder, ein 4-jähriger behinderter Junge, erlitten haben. Seltsam, der Inuit-Name des Fundplatzes Qilakitsoq heißt ins Deutsche übersetzt: »Der Himmel ist niedrig.« Eine passende Bezeichnung für eine unheimliche Grabstätte. Drei Frauenmumien und das liebevolle »Püppchen« sind im National Museum of Greenland in Nuuk ausgestellt.
550 Jahre alte Inuit-Kindermumie aus dem Permafrost.
(Foto: Wikimedia Commons/Choffa)
Weit ältere und wiederum erstaunlich gut konservierte Mumien sind aus Sibirien bekannt. In mehreren Gräbern aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. fanden Archäologen unverweste Leichen mit intakten Weichteilen. Eine besonders merkwürdige Mumie wurde im Sommer 2006 im Permafrost der nordwestlichen Mongolei entdeckt. Damals war der deutsche Prähistoriker Professor Hermann Parzinger und seine Mitarbeiter vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Berlin sowie russische und mongolische Kollegen mit der Untersuchung von Eiskurganen befasst. Kurgane sind künstliche Grabhügel, die bis zu 5 Meter hoch sein können. Die ältesten wurden bereits in der Jungsteinzeit vor 12 000 Jahren errichtet, die jüngsten stammen aus dem Mittelalter. In Sibirien und dem Altaigebirge liegen viele noch ungeöffnete Gräber »eingefroren« im Permafrost.
Als Parzinger und sein Team die Kammer eines etwa 2500 Jahre alten Grabhügels öffneten, erblickten sie die fast vollständig erhaltene Eismumie eines skythischen Reiterkriegers in kompletter Montur. Der Mann trug einen prächtigen Pelzmantel und einen vergoldeten Kopfschmuck. Mit im Grab lagen zwei gezäumte Pferde sowie Schmuck, Gefäße und ein Kompositbogen. Diese spezielle Jagdwaffe besteht aus mehreren Materialien und garantierte dem Schützen den größtmöglichen Wirkungsgrad. Die Funde wurden an der Universität in Göttingen analysiert. Die Ergebnisse sind eigenartig: Der 1,67 Meter große Mann starb etwa sechzigjährig an »Arthrose und einem unklaren knochenfressenden Prozess«. Sein Gesicht ist zertrümmert, sein Körper tätowiert und die Eingeweide fehlen. Sie wurden dem Krieger vor der Bestattung fein säuberlich entfernt. Irgendwer, vermutlich Stammesangehörige, hatten den Verstorbenen außerdem mit Quecksilber (!) übergossen. Wollte man die Leiche vor dem Zerfall künstlich schützen, ohne zu ahnen, dass dieser Vorgang ohnedies durch den Permafrostboden auf natürliche Weise geschieht?
Wesentlich häufiger als Menschen im Eis werden »gefriergetrocknete« Tierkadaver entdeckt. Die berühmtesten Funde betreffen komplett konservierte Mammuts, wo sogar der Mageninhalt noch verblüffend gut erhalten war. Wüsste man es nicht ganz genau, könnte man bei einigen dieser bis zu 50 000 Jahre alten Geschöpfe annehmen, dass ihr Tod erst vor wenigen Tagen erfolgte. Die bisher am besten erhaltene Mumie ist ein Wollhaar-Mammutkalb, das im Mai 2007 auf der russischen Jamal-Halbinsel vom Eis befreit wurde. Das Rüsseltier wurde »Ljuba« getauft und wird im Shemanovskiy Museum in der nordsibirischen Stadt Salechard aufbewahrt.
Unterdessen ist es japanischen Wissenschaftlern von der Kindai University gelungen, Zellkerne aus Mammutkadavern zu aktivieren! Damit kamen die Genetiker einem utopisch anmutenden Ziel näher: der Wiederbelebung ausgestorbener Eiszeit-Elefanten! Nach dieser »Jurassic-Park-Idee« wird DNA eines im Frost eingefrorenen Mammutbabys per Gentechnik in das Erbgut seines nächstlebenden Verwandten eingebaut, nämlich dem asiatischen Elefanten. Das heißt, aus einer Elefanten-Eizelle wird der Zellkern entfernt und stattdessen die Mammut-DNA injiziert. Danach wächst in einer künstlichen Gebärmutter das Mammutbaby heran.
Selbst wenn die Geburt gelingen sollte, bleibt ungewiss, ob das geklonte Mammut überleben kann und sich in die Natur einfügen lässt. Forscher vom Food and Agriculture Research Centre of Aragon klonten vor Jahren ausgestorbene Wildziegen, deren Erbgut in das von Hausziegen eingeschleust wurde. Nach 57 Versuchen kamen sieben Ziegen zur Trächtigkeit, sechs der Tiere erlitten eine Fehlgeburt, und nur eine Ziege trug den Klon aus. Er starb kurz nach der Geburt, weil ein Lungenflügel missgebildet war. Bei Experimenten mit »Mammofanten« wäre das Risiko weitaus größer.
In gut konservierten Mammutkadavern konnten Proben flüssigen Blutes gewonnen werden.
(Foto: Wikimedia Commons/Ben2)
Dessen ungeachtet wird an mehreren Universitäten und in Forschungslabors tatkräftig an der Rückzüchtung der Eiszeit-Giganten »gebastelt«. Entsprechendes Erbmaterial steht den Molekular- und Zellbiologen jedenfalls zur Verfügung. Aus Südkorea ist bekannt, dass die Organisation Sooam Biotech Research Foundation in Seoul bereits seit 2012 mit der Auferstehung der Mammuts befasst ist. Das Institut klont für wohlhabende Kunden auf Bestellung Hunde und andere Haustiere. Zur Sachlage des »Mammutprojekts« gibt sich der Pressesprecher und Biologe Wang Jae Woon wortkarg: »Der Stand des Projekts ist geheim!«
Über kurz oder lang: Die Rückkehr ausgestorbener Tierarten wird kommen. Dazu ein pikantes Gedankenspiel: Forscher stoßen im Permafrost irgendwann auf den Leichnam eines unversehrten Neandertalers mit intakten Zellkernen. Wie würde die Welt der Wissenschaft auf den Sensationsfund reagieren? Angenommen, die Klontechnologie wäre bis dahin so weit fortgeschritten, dass mithilfe einer Leihmutter ein wiederbelebter Urmensch-Klon geboren werden könnte. Nach heutigem Wissensstand Zukunftsfantasie. Aber in 50 Jahren? Wären dann für alle Zeiten Rückzüchtungsversuche ein Tabu?
Die Ethik verbietet gegenwärtig Klonexperimente mit menschlichem Erbgut. Die Methode zur Erzeugung eines oder mehrerer genetisch identischer Menschen wurde von der UNESCO und der Biomedizinkonvention des Europarates verboten. Aber welcher »Dr. Mabuse« hält sich in den Geheimlabors einer militärischen Staatsgewalt daran? Im August 2014 wurde beispielweise aus China bekannt, dass dort mindestens dreißig Embryos als Quelle für Stammzellentherapie geklont wurden. Damit haben sich die Chinesen in die Führungsriege der Forscher gestellt, die intensiv am Klonen arbeiten. In jüngster Zeit häufen sich heikle Berichte aus der Volksrepublik. Im November 2018 schreckte die Geburt zweier genetisch veränderter Babys die internationale Fachgemeinde auf. Im selben Jahr präsentierten Neurowissenschaftler der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai fünf lebensfähige Kopien von Java-Affen. Das Ergebnis des geglückten Klonversuchs wurde in der chinesischen Fachzeitschrift National Science Review veröffentlicht. Ist die Sorge berechtigt, dass hinter den Kulissen längst schon an ganz anderen fragwürdigen Forschungsprogrammen gebastelt wird?
Im Sommer 1967 sorgte der »Minnesota Iceman« für mediale Aufregung. In den USA wurde auf Jahrmärkten ein 1,78 Meter großes affenartiges Geschöpf gezeigt, das eingefroren in einem Eisblock lag. Kryptozoologen vermuteten in der dicht behaarten Gestalt einen »Neandertaler« oder »Bigfoot«. Das Wesen wurde offenbar erschossen. Darauf deuteten Verletzungen am linken Auge und die weggerissene Rückseite des Kopfes hin. Präsentiert wurde das Kuriosum von dem Aussteller Frank Hansen aus Altura in Minnesota. Er beteuerte, dass der »Iceman« nicht sein Eigentum sei, sondern die Leihgabe eines »anonymen öffentlichkeitsscheuen Millionärs aus Kalifornien«. 1968 wurde das haarige Wesen von zwei Wissenschaftlern genauer unter die Lupe genommen. Der amerikanische Anomalistiker Ivan T. Sanderson (1911–1973) und der belgisch-französische Kryptozoologe Dr. Bernard Heuvelmans (1916–2001) kamen zu dem Schluss, dass es sich beim Eismann um eine echte Kreatur aus Fleisch und Blut handelte. Heuvelmans veröffentlichte dazu einen Wissenschaftsbeitrag und gab dem Affenwesen den neuen Namen Homo pongoides.
Zur Herkunft gibt es verschiedene, teils abenteuerliche und sich widersprechende Angaben. Nach Heuvelmans These soll es sich um einen »Affenmenschen der Neuzeit« gehandelt haben, der ursprünglich aus den Urwäldern von Vietnam stammte. Tatsächlich berichtet die heimische Bevölkerung immer wieder von Begegnungen mit einem geheimnisvollen »Waldmenschen«, der »Nguoi Rung« genannt wird. Nachdem der »Minnesota Iceman« angeblich in Vietnam erschossen wurde, soll sein Kadaver nach Amerika geschmuggelt worden sein. Dazu hätte einer der »body bags« gedient, in denen getötete amerikanische Soldaten aus dem Vietnam-Krieg in die USA transportiert wurden. Anders die tollkühne Version von Frank Hansen. Demnach hätte eine Truppe russischer Walfänger den Körper mitsamt seinem Eisblock im Ochotskischen Meer bei Kamtschatka treibend gefunden. Es gibt noch die Variante der Amerikanerin Helen Westring, die in Medien behauptete, sie habe die Kreatur 1966 bei einem Jagdausflug in der Nähe von Bemidji in Minnesota getötet.
Als der »Iceman« zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte, wurden Wissenschaftler der Smithsonian Institution auf ihn aufmerksam, doch zu einer Untersuchung kam es nie. Auch das FBI, das amerikanische Bundesamt für Ermittlungen, interessierte sich für die Kreatur, da man einen Mordfall befürchtete. Kurz darauf war der Mann im eisigen Sarg so plötzlich aus der Schaubude von Frank Hansen verschwunden, wie er aufgetaucht war. Angeblich deshalb, weil der unbekannte Eigentümer im Hintergrund es so forderte. Als der »Iceman« Monate später wieder zum Vorschein kam, gab Hansen bekannt, es wäre nur eine Latex-Imitation des echten Eismenschen. Beobachter, die beide Gestalten gesehen hatten, bestätigten ihr unterschiedliches Aussehen.
Dann verkündete 1981 der Kostümbildner und Figurenhersteller Howard Ball, er habe den »Iceman« aus Gummi hergestellt. Motiv war die möglichst lebensechte Rekonstruktion eines Urmenschen. In der Folge blieb das Kunstprodukt jahrzehntelang verschollen. Es soll in dieser Zeit in einem Kühlschrank des Ausstellers Frank Hansen gelegen haben. Als Hansen verstarb, wurden die Exponate seiner Schaubude versteigert. Im Februar 2013 entdeckte der Texaner Steve Busti aus Austin den »Gummi-Yeti« bei eBay. Er erwarb das Schaustück für 20 000 US-Dollar für sein Museum of the Weird. In diesem unheimlichen Kuriositätenkabinett fand das obskure Relikt einen passenden Platz zwischen falschen und echten Mumien, Schrumpfköpfen, Filmmonstern und Wachsfiguren.
Das angebliche Original des Eismann von Minnesota ist nie wieder aufgetaucht. Skeptiker nehmen an, dass der Mann im Eisblock und die Gummipuppe miteinander identisch sind, es also immer nur dieses eine Latexmodell gab und die ganze Angelegenheit von Anfang an ein gerissener Schwindel war. Das wäre die vernünftigste Erklärung. Was bei dieser grotesken Geschichte trotzdem irritiert: Wie konnten die anerkannten Forscher Sanderson und Heuvelmans auf so einen plumpen Trick hereinfallen? Beschworen sie doch glaubhaft, dass sie bei ihrer Begutachtung durch das Eis hindurch sogar Verwesungsgeruch wahrgenommen hätten. Bernhard Heuvelmans hielt schriftlich fest: »Wir haben diese Kreatur drei Tage lang sehr sorgfältig untersucht und waren zu Beginn äußerst misstrauisch. Die Möglichkeit einer Fälschung musste ich in meinen Notizen in Betracht ziehen, aber nach den Untersuchungen kann ich versichern, dass wir nicht getäuscht worden sind.«
Irgendwie seltsam, aber so ist es dokumentiert.
Wenn spektakuläre Mumienfunde nicht ins bisher vertraute Geschichtsbild passen, bekommen sie von zweifelnden Geistern vorschnell das Etikett »Fälschung« verpasst. Nicht anders erging es der bekanntesten Gletschermumie der Welt, dem Mann vom Hauslabjoch in den Ötztaler Alpen, der salopp »Ötzi« genannt wird. Entdeckt wurde der Leichnam vom deutschen Ehepaar Erika und Helmut Simon, die als Urlauber am 19. September 1991 im Hochgebirge unterwegs waren. Beim Abstieg von der Finailspitze erblickten sie kurz nach Mittag den mumifizierten Körper, der teilweise aus dem Schmelzeis herausragte. Für einen Wimpernschlag der Geschichte gab der Gletscher die Mumie frei, just zu dem Zeitpunkt, als die Simons bei der Fundstelle vorbeikamen. Nur wenige Tage später wäre Ötzi wieder zugeschneit gewesen. Helmut Simon dachte beim Anblick der Gletscherleiche zunächst an eine weggeworfene Kleiderpuppe, doch dann erkannte seine Frau Erika erschrocken: »Mei, des is jo a Mensch!« Die Simons vermuteten einen Bergsteiger oder Skifahrer, der vor Jahren oder Jahrzehnten hier oben ums Leben kam. Geistesgegenwärtig machte Helmut Simon ein Foto. Es war auf seinem Film die letzte Aufnahme, die bald darauf als »Foto des Jahres« um die Welt ging.
Das Einmalige an diesem Zufallsfund: Es ist ein Mensch aus der Jungsteinzeit, der mitten aus dem Leben gerissen, in vollständiger Kleidung und Ausrüstung auf 3210 Meter Höhe fast intakt konserviert wurde. Die Altersdatierung ergab: Ötzi starb vor 5300 Jahren, etwa mit 46 Lenzen. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Monumentalbauten der Pyramiden in Ägypten oder der Megalithtempel von Stonehenge noch viele Jahrhunderte in der Zukunft.
Ötzis Mumifizierung (siehe die Rekonstruktion Abb. 4 im Farbteil) ist ein Sonderfall: Eisleichen sehen gewöhnlich anders aus. Ihre Körperfette werden in sogenanntes Fettwachs umgewandelt, trocknen langsam aus und umschließen den Körper wie einen Panzer. Voraussetzung dafür ist eine feuchte Umgebung mit geringer Sauerstoffzufuhr. Das trifft bei Ötzi nicht zu. Für sein Greisenalter wirkt der Leichnam erstaunlich gut erhalten. Zu gut für den Dokumentarfilmer Michael Heim und den Fotografen Werner Nosko. Sie fragten sich, warum die Mumie vom tonnenschweren Gletscher nicht zermalmt wurde. Sie fanden es auch seltsam, dass Extrembergsteiger Reinhold Messner kurz nach der Entdeckung am Fundort auftauchte. In ihrem 1993 erschienenen Buch Die Ötztal-Fälschung behaupteten die Autoren frech, die Gletscherleiche sei eine ägyptische Mumie. »Yeti-Sichter« Messner oder unbekannte Witzbolde hätten Ötzi ins Eis gelegt. Ein abstruser Vorwurf, der rasch widerlegt wurde. Wir wissen heute, dass die Gletschermumie in einer Felsmulde lag. Die günstige Geländeform schützte Ötzi vor den ungeheuren Kräften des Eises, das sich im Laufe der Zeit über die Felsrippen legte.
Ötzi ist ein Glücksfall für die Wissenschaft. Kaum ein Leichnam wurde je gründlicher von Heerscharen an weltweiten Forschern in Millimeterarbeit untersucht. Biologen, Pathologen, Anatomen und Genetiker sezierten ihn mittlerweile nach Strich und Faden bis zur kleinsten Zelle. Was seit seiner Entdeckung vor bald 30 Jahren alles an kuriosen Begebenheiten und Erkenntnissen publik wurde, ist nicht enden wollend. Viele Vorfälle sind kaum zu glauben. Von ewiger Ruhe keine Rede. Der Mann aus dem Eis kann einem leidtun. Einige Kostproben seiner facettenreichen Leidensgeschichte im Folgenden kurz gefasst:
Stümperhafte Bergung
23. September 1991: Bereits die Bergung der Leiche verlief pannenreich. Hautabschürfungen und Knochenbrüche durch heftige Bearbeitung mit Pickel, Skistock und Presslufthammer. Die Schäden werden später als »Tierfraß« gedeutet. Das Einpacken in einen Plastiksack samt vermeintlichem Gerümpel geschieht äußerst grob. Weil der Bogen für das Einsacken zu groß ist, wird er gebrochen. Unsanft geht es weiter: Der Bestatter im Gebirgsdorf Vent bricht Ötzis linken Arm, um ihn in einen Sarg legen zu können. Ötzis Kupferbeil wird indes auf 100 Jahre geschätzt. Dann folgt die Überführung im Leichenwagen zum Anatomischen Institut der Universität Innsbruck. Gerichtsmediziner Professor Rainer Henn erklärt zur fraglichen Identität des Toten: »Er ist mit Sicherheit tot.« Pathologen sind geneigt, den Fund zur Bestattung freizugeben, da bei alten Leichen kein Mörder am Leben und juristisch zu belangen ist.
Vorwärts in die Steinzeit
September 1991: Um alle Bedenken auszuräumen, wird in der Universität Innsbruck der Prähistoriker Professor Konrad Spindler informiert. Er erkennt, dass der Mann aus dem Eis aus grauer Vorzeit stammen muss. Nach einer Begutachtung mit Kollegen weiß er es wenige Tage später genauer: Der leblose Körper ist 4000 Jahre alt, stammt aus der Bronzezeit. Dann die Korrektur: Die Klinge seiner Axt ist aus Kupfer. Der Fremde muss mindestens 4600 Jahre alt sein. Bald steht fest: Er hat sogar 5300 Jahre auf dem Buckel. Der Eismann kommt aus der Jungsteinzeit! Eine Weltsensation!
»Hodenlose« Frechheit
1990er-Jahre: Erste Untersuchungen sorgen für Gerüchte: Angeblich sei Ötzi kastriert gewesen. Eine falscher Verdacht, wie sich später herausstellt. Ötzi ist ein ganzer Kerl. Die Hoden sind nur ausgetrocknet und vom Eis oder unsachgemäßer Bergung platt gedrückt worden.
Wem gehört Ötzi?
2. Oktober 1991: Jeder will die Leiche. Italiener und Österreicher erheben Anspruch auf den Sensationsfund. Erst eine Neuvermessung des Grenzverlaufs stellt klar: Die Eismumie lag 93 Meter jenseits der österreichischen Grenze auf Südtiroler Boden. Ob nun in Nordtirol oder in Südtirol, Ötzi wurde auf jeden Fall in Tirol entdeckt. So oder so, er ist und bleibt ein gestandener Homo tyrolensis.
Verschwundene und ergänzte Relikte
Ende der 1990er-Jahre: Einige Ötzi-Teile werden mittlerweile vermisst. Zu Untersuchungszwecken gelangten Proben an Institute und Spezialisten in aller Welt, ohne dass sie exakt dokumentiert worden sind. Da darf es nicht verwundern, wenn hinterher manche als verschollen gelten. Nicht weniger skandalös: In Ötzis Körper findet sich ein 3 Zentimeter langes Stück Titan. Es ist bei der Endoskopie nach dem Bruch eines Instrumentes im Körper vergessen worden.
Riskante Überführung
16. Januar 1998: Ötzis vorläufig letzte Reise vom Innsbrucker Universitätsinstitut nach Südtirol. Der Transport erfolgt unter großen Sicherheitsvorkehrungen der Polizei. Grund sind Anschlagsdrohungen anonymer Aktivisten, die eine Überführung sabotieren wollen. Die Brennerautobahn wird gesperrt. An der Staatsgrenze wird die wertvolle Fracht von italienischen Sicherheitsleuten übernommen und nach Bozen geleitet. Dort sind alle Ampeln auf Rot gestellt. Fahren darf nur der Ötzi-Konvoi. Über eine geheim gehaltene Route geht es zum eigens eingerichteten Archäologiemuseum und einer speziellen Kühlzelle. Dort wird die Mumie bei minus 6 Grad Celsius und 98 Prozent Luftfeuchtigkeit für die Nachwelt konserviert. Besucher können seither durch ein kleines Sicherheitsglas einen flüchtigen Blick auf Ötzi werfen.
Schon zu Lebzeiten todgeweiht
Umfassende Studien belegen, dass Ötzis Krankenakte sehr lang ist: Knochenbrüche, Erfrierungen, Karies, Parodontose, Laktoseintoleranz, Peitschenwürmer im Darm und ein hartnäckiger Fußpilz. Seine Cholesterinwerte sind alles andere als gut. Zudem hat er eine fortgeschrittene Borreliose, hervorgerufen durch einen Zeckenbiss. Er litt sehr wahrscheinlich an Magengeschwüren. Arterienverkalkungen sind ebenfalls nachweisbar. Ötzi dürfte kurz vor einem tödlichen Herzinfarkt oder Hirnschlag gestanden haben.
Reiseapotheke
Der Mann vom Hauslabjoch wusste um seine angegriffene Gesundheit. Er führte eine Vielzahl an Arzneimitteln bei sich, die er zur Linderung seiner diversen Krankheiten geschluckt hatte. Dazu gehörten Birkenpolypore, die entzündungshemmende und antibiotische Eigenschaften haben. Hinweise fanden sich auch in Ötzis Magen. Spuren von Adlerfarn weisen darauf hin, dass er zur Bekämpfung von Darmparasiten eingenommen wurde.
Alpine Akupunktur
Ötzi trägt 49 Linien- und Kreuz-Tätowierungen, die in sechzehn Gruppen angeordnet sind. Sie entstanden durch kleine Hautschnitte, die dann mit Holzkohle eingerieben wurden. Das wurde erst im Jahre 2015 entdeckt. Radiologische Gewebeanalysen enthüllten außerdem, dass sich diese Hautmarken genau an jenen Stellen befinden, wo körperliche Abnutzungserscheinungen festgestellt wurden. Das Verblüffende: Die meisten Tattoos liegen punktgenau auf klassischen Akupunkturmeridianen! Ötzis Tätowierungen waren nicht einfach Schmuck, sondern Folgen einer medizinischen Behandlung gegen Gelenk- und Rückenschmerzen. Erstaunlich, denn die bisherige Lehrmeinung besagt, dass diese therapeutische Heilmethode vor 3000 Jahren im Reich der Mitte erfunden wurde. Kamen Alpenbewohner den Chinesen zuvor?
Ungeklärter Mordfall
Sommer 2001: Woran starb Ötzi? Gehirntumor, epileptischer Anfall, Altersschwäche oder Erfrierungstod? Spekuliert wurde viel. Das Wichtigste wurde lange übersehen: Forscher in Südtirol fanden, was den Kollegen in Innsbruck bei früheren Röntgenbildern entgangen war, nämlich eine 2 Zentimeter (!) lange Pfeilspitze in seinem linken Schulterblatt. Damit war bewiesen, Ötzi ist ermordet worden! Doch wieso blieben Pfeil und Wunde fast 10 Jahre lang unentdeckt? Trotz nahezu 600 Untersuchungen von 120 Fachleuten ist niemandem etwas aufgefallen. Eine Blamage ohne Beispiel (siehe Farbteil Abb. 3 u. 4).
Lebendrekonstruktion der Gletschermumie vom Hauslabjoch mit angedeuteten Tätowierungen, ausgestellt im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen, Italien.
(Foto: Wikimedia Commons/Thilo Parg)
Die letzten Stunden
Im Juni 2018 stellte sich heraus, dass Ötzi kurz vor seiner Ermordung noch einige seiner Werkzeuge und Waffen nachgeschliffen hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach fiel Ötzi einem Komplott zum Opfer. An seinen Waffen wurde Menschenblut entdeckt, das nach DNA-Analysen von mehreren Menschen stammen soll. Ötzi weist eine Reihe von Verletzungen auf, die ihm in einem Nahkampf mindestens 24 Stunden vor der Ermordung zugefügt wurden, darunter tiefe Schnittwunden an der rechten Hand. Eine Fraktur an der rechten Schläfe sowie ein Schädelhirntrauma entstanden hingegen erst kurz vor seinem Tod. Ob durch einen Schlag auf den Kopf oder einen Sturz infolge des Pfeilschusses, konnte nicht geklärt werden. Da der Pfeil in Ötzis Schulter aber vermuten lässt, dass er eine starke Blutung bewirkte, ergibt sich als letzte Todesursache ein Kreislaufschock und langsames Verbluten.
Ötzis lebende Verwandte
Fantasy: 1994 behauptete die Autorin Renate Spickermann in ihrem Buch Ich war Ötzi, sie sei die Reinkarnation Ötzis. Fakt: 2011 wurde Ötzis Erbgut entschlüsselt. Seine mütterliche Vorfahrenlinie dürfte bald nach ihm ausgestorben sein, die väterliche Linie ist heute noch in Europa zu finden. 2013 fanden Forscher per Genanalyse Verwandte: 19 Männer aus Tirol gehören der gleichen genetischen Untergruppe an.
Als Kult-, Film-, Comic- und Medienstar hat Ötzi »überlebt«. Ob dem Gletschermann die Vermarktung von Ötzi-Pizza bis zu Schoko- und Marzipan-Ötzis schmecken würde, darf allerdings bezweifelt werden. Der Steinzeitler hätte gute Gründe, sich an all jenen zu rächen, die seine Totenruhe störten. Dazu passt eine unheimliche Serie von Todesfällen, die zwischen den Jahren 1992 bis 2005 für Aufregung sorgte. Mindestens acht Menschen, die bei der Bergung oder mit Studien intensiv mit der Gletscherleiche befasst waren, starben auf merkwürdige Weise. Spekulationen über einen »Ötzi-Fluch« geisterten durch die Medienlandschaft.
Als Ersten erwischte es den Gerichtsmediziner Univ.-Prof. Dr. Rainer Henn (1928–1992), der Ötzi unsanft aus dem Eis befreite. Er verunglückte tödlich mit dem Auto. Ein prominentes »Opfer« war Univ.-Prof. Dr. Konrad Spindler (1939–2005), der die erste wissenschaftliche Publikation über den Mann im Eis publizierte. Er starb an einer seltenen Erkrankung des zentralen Nervensystems, dessen Ursache bisher unbekannt ist.
Auch der Ötzi-Entdecker Helmut Simon (1937–2004) blieb nicht verschont: Am 15. Oktober 2004 brach er ausnahmsweise allein zu einer harmlosen Wanderung am Gamskarkogel im Gasteinertal auf. Seine Frau Erika blieb inzwischen im nahe gelegenen Kurhotel in Bad Hofgastein. Als ihr Mann nach Stunden immer noch nicht wiederaufgetaucht war, alarmierte sie die Gendarmerie. Trotz ausgedehnter Suchaktion mit hundert Einsatzkräften blieb Helmut Simon verschollen. 3 Wochen später wurde seine Leiche gefunden. Der Ötzi-Entdecker hatte sich verirrt, war unglücklich ausgerutscht und in den Tod gestürzt.
In den letzten Jahren ist der Fluch um Ötzi verstummt. Es gibt aber immer noch misstrauische Zeitgenossen, die meinen, man möge den Ur-Tiroler endlich begraben. Sicher ist sicher.
Spätestens seit Ötzi wissen wir, dass eisige Kälte den natürlichen Verwesungsprozess stoppen kann und eine menschliche Leiche gefriergetrocknet nahezu unversehrt über Jahrtausende erhalten bleibt. Dass dieser Konservierungsprozess ebenso entgegengesetzt möglich sein kann, nämlich durch extrem hohe Hitzeeinwirkung, überrascht dann doch. Als Laie würde man annehmen, dass von Menschen, die von einer Feuersbrunst mit Hunderten Hitzegraden umhüllt werden, nicht viel übrig bleibt. Eine Ausnahme bilden die Steinmumien der antiken Stadt Pompeji am Golf von Neapel. Es sind die bizarren Vesuv-Opfer des verheerenden Vulkanausbruchs im Jahre 79 n. Chr.
Der bis dahin als erloschen geglaubte Feuerberg brachte innerhalb weniger Stunden Zerstörung und tausendfachen Tod. Eine Eruptionssäule stieg 32 Kilometer hoch in die Stratosphäre, und ein gewaltiges Wolkengebilde verdunkelte die Sonne. Bimsstein regnete 3 Tage lang vom Himmel herab und begrub neben Pompeji die blühenden Städte Herculaneum, Stabiae und Oplontis unter einer 6 Meter hohen Schicht aus Lavaschlamm und Asche. Historiker gehen davon aus, dass damals mindestens 16 000 Menschen grauenhaft ums Leben kamen. Anders als in den Nachbarorten, die zum Teil näher am Krater des Vesuvs liegen, wurden in Pompeji seltsamerweise keine Skelette geborgen, sondern bisher rund 2000 steinerne Mumien. Um ihre Körper bildete sich eine Art Gussform und konservierte diese im Augenblick ihres Todes.
Lange Zeit hatten Archäologen geglaubt, dass die meisten Menschen von Pompeji an der Aschewolke des Vesuvs erstickt seien. Was damit nicht zusammenpasste, ist der Vergleich mit heutigen Erstickungsopfern, die im Todesmoment verkrampft zu Boden fallen. Die Bewohner Pompejis dagegen wurden teilweise sitzend gefunden oder in einer plötzlich zu Stein verwandelten Bewegung. Um das Rätsel zu lösen, wurden im Jahre 2015 erstmals Steinmumien mit modernen 3-D-Computertomografen durchleuchtet. Das Resultat verblüffte die Forscher: Etliche Tote unter den Steinhüllen waren nicht verbrannt und skelettiert, sondern samt versteinerter Haut und Muskeln perfekt erhalten. Auch andere, bis dahin sicher geglaubte Annahmen über die Pompeji-Opfer erwiesen sich als falsch. Viele Forscher gingen davon aus, dass die Toten »vorwiegend sehr alt, sehr jung, gebrechlich oder Frauen« gewesen sind, weil sie – so der Verdacht – vor der Feuersbrunst nicht mehr rechtzeitig flüchten konnten. Die Daten ergeben jedoch einen normalen Querschnitt der Bevölkerung. Kein Lebewesen blieb von der Höllenwalze verschont, weder Kinder, Frauen, Männer noch Tiere.
Untersuchungen an Knochenresten machten zudem deutlich, dass viele Menschen von einstürzenden Dächern erschlagen wurden. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung starb jedoch an der Gluthitze pyroklastischer Wolken. Das sind gefährliche bis zu 800 Grad Celsius heiße Lavaströme aus Gasen und geschmolzenem Gestein. Selbst zum Ersticken blieb hier keine Zeit. Unter dem Brüllen des Vesuvs raste die tödliche Lawine in der Geschwindigkeit eines Intercity-Expresses heran und hinterließ überall nur verbrannte Erde. Die Pompejaner hatten keine Chance, dem Inferno zu entkommen.
CT-Scans und Erbgutanalysen stellten noch andere Dinge auf den Kopf: Zum Beispiel war ein Gipsabdruck eines 1963 am Platz des Forums gefundenen Opfers wegen des vorstehenden Bauches als »Die Schwangere« bekannt. Die Befunde der Scans konnten das widerlegen: Die Person war weder schwanger noch eine Frau! Oder zwei am Boden liegende Steinmumien, die sich liebevoll umarmten. Die als »Liebespaar von Pompeji« bekannten Leichen sind nicht, wie gedacht, Mann und Frau oder zwei Frauen, sondern zwei eng umschlungene Männer. Andere Tote offenbarten unter Lasertechnik nicht nur kariesfreie Gebisse, Knochengerüste, Muskeln und versteinerte Haut, sondern ebenso dick gewobene Kleidung. Daraus schließen einige Forscher, dass der Vesuv vielleicht gar nicht am 24. August ausgebrochen ist, sondern erst später im Herbst. An der Tragödie ändert das freilich nichts.