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Von Sokrates über Alexis Sorbas bis Papandreou haben die Griechen stets gewusst, was gut ist: leben und genießen – aber nicht unbedingt selbst bezahlen! Sollen wir diese Weisheit verurteilen? Das wäre dumm. Viel mehr Spaß macht es, sie nachzuahmen! Wir können von den Griechen lernen! Fangen wir gleich damit an. Egal ob im Büro, bei der Parkplatzsuche oder in der Liebe – Griechifyer profitieren, während andere die Arbeit machen.
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Seitenzahl: 89
Dietmar Bittrich
Griechify your life
Kostenlos das Leben genießen
Mit Illustrationen von Stefan Stutz
Rowohlt Digitalbuch
Dieses Buch ist ein Liebesbekenntnis. Es handelt von der Liebe zu allem Griechischen. Es ist ein Bekenntnis zur Lebenslust. Denn genau das verkörpert Griechenland. Dieses Land ist unermesslich wohltuend für Europa. Es hat sich nicht der Arbeit verschrieben, sondern der Daseinsfreude. Nicht der Pflichterfüllung, sondern dem Genuss. Wie nachahmenswert ist das gerade für uns Deutsche!
Viel ist in letzter Zeit gemäkelt, gemosert, gekrittelt worden. Man vermisse den griechischen Beitrag, das Engagement. Was Griechenland denn beisteuere zur Europäischen Gemeinschaft? Ja, das ist doch offensichtlich: Heitere Sinnesfreude! Die Hingabe ans Vergnügen! Die Fähigkeit, das Leben als Geschenk zu nehmen! Soll dieser Beitrag puren Glücks etwa nicht von den anderen finanziert werden? Aber natürlich! Und zwar zu hundert Prozent!
Und wir persönlich, Sie und ich, die wir auch mehr genießen und weniger arbeiten wollen, wir können kein besseres Vorbild finden als die liebenswerten Bewohner dieses sonnigen Landes. Wie viel können wir von ihnen lernen! Zum Beispiel Soziales: Wie man Beziehungsnetze knüpft und die Zahl seiner Vettern und unterstützungswürdigen Verwandten vermehrt. Oder im Job: Wie man das Lob den anderen überlässt und sich selbst der Entspannung widmet. Wie man Arbeit delegiert, und zwar jede einzelne Fingerkrümmung. Wie man die eigenen Leistungen auf ein Minimum herunterfährt, denjenigen jedoch, die irrtümlich noch etwas tun, den Zeitarbeitern und Praktikanten, aufmunternd zuprostet, wenn es sein muss mit Ouzo. Wie man die sogenannte Meistbegünstigungsklausel in Anspruch nimmt – und natürlich wie man es schafft, Rente ab dreißig zu beziehen.
Wie das zu erlernen ist? Durch entspanntes Blättern in diesem Buch. Der Entschluss zu seiner Entstehung reifte im Mai dieses Jahres am Strand von Santorin. Dort sah ich Urlauber und Einheimische einen Mann umringen, der Figuren und heitere Szenen in den Sand zeichnete. Die Leute lachten, sie riefen Freunde herbei, fotografierten, einige spendeten sogar. Der Mann im Sand karikierte Papandreou und weitere Helden einschließlich einiger Anwesender.
Als ich merkte, dass er ein wenig Deutsch verstand, kamen wir ins Gespräch. Er hieß Stefanos Stutzikles. Bald stellte sich heraus, dass wir manches gemeinsam hatten: Seine Großmutter stammte von Naxos; meine von Karpathos. Beide waren wir schon mal mit einer Fähre untergegangen; er vor Paros, ich vor Serifos. Für Griechen gehört so etwas zum Alltag, für einen Ausländer bleibt es ein besonderes Erlebnis. Nun waren wir unabhängig voneinander nach Santorin gekommen, um eine für Reporter arrangierte Tauchfahrt mitzumachen: zu einem der berühmtesten Wracks der Ägäis, zur «Sea Diamond». In grüner Tiefe, im Licht unterwassertauglicher Scheinwerfer, erspähten wir den weißen Bug des Kreuzfahrtriesen am Hang eines unterseeischen Gebirges.
Damals beschlossen wir, dieses Buch zu machen. Denn die Havarie dieses Schiffes ist typisch für die Lebensfreude der Griechen. Für die Bergung des Wracks klagten die Bürger von Santorin erfolgreich Finanzen ein. Die Reederei überwies fünfzig Millionen Euro. Dieses Geld fand sogleich Verwendung: bei Familienfesten und zur Verbesserung privater Fuhrparks, zur Verfeinerung von Wohnungseinrichtungen, zur Versorgung Verwandter, zum Feiern und ganz allgemein zum Glücklichsein. Als es aufgebraucht war, mahnten die Einheimischen die Europäische Union zur Unterstützung, das Wrack sei schließlich nicht ungefährlich! Und tatsächlich, weiteres Geld floss herein und fließt noch immer.
Können wir uns etwas aneignen von diesem unbeschwerten Anzapfen fremder Ressourcen? Aber ganz bestimmt! Wenn Ämter und eitle Europakommissare unbedingt zahlen wollen, darf man nicht widersprechen. Unendliche Gelder stehen zur Verfügung bei Regierungen, Konzernen, Behörden, Firmen. Gelder, die einem Naturgesetz entsprechend dorthin fließen, wo das Glück wohnt. Ab jetzt zu uns. Wir brauchen bei den Griechen nur ein wenig abzuschauen, zum Beispiel, wie man Investitionen auf das eigene Konto umlenkt.
Oder wie man entspannende Pöstchen in Beratung, Gutachten, Forschung bekommt. Wie man das Gesetz der Produktivität aushebelt, und zwar ökologisch nachhaltig. Wie man von Zielen und Visionen redet und dafür tief und erholsam durchschläft. Wie man sich aus allem raushält, nur nicht aus der Pause. Wie man lange bürokratische Wege durch kleine Aufmerksamkeiten entscheidend abkürzt. Wie man charmant Verantwortung abschiebt. Und noch so vieles mehr!
Begraben wir den Neid und folgen wir unseren Freunden aus dem Süden! Begreifen wir, was die alten Weisen von Siffokles bis Pädophilokles bereits gelehrt haben: Ums Leben geht es, nicht ums Arbeiten. Nicht darum, sich zu verschleißen für ein Glück in vager Zukunft. Sondern darum, ohne den mindesten Verschleiß sofort und hier glücklich zu sein. Kostenlos genießen – das ist es, was allen zusteht, die ihr Leben griechifizieren. Fangen wir gleich damit an!
Dietmarios Bittriklos
Vetternwirtschaft in die Social Networks verlagern
Auch der beste Computer leidet, wenn daran gearbeitet wird; vom Menschen ganz zu schweigen.
Sifis Mathiopoulos, staatlicher Beauftragter für die Sicherheit am Arbeitsplatz
Griechify-Tipp Schonen! Computer schonen, Körper schonen, Geist schonen. Eine vergleichende Studie zur Bildschirmarbeit überraschte im April 2011 die «Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen». Erste Überraschung: Das griechische Wort Ergonomie (ergon – Arbeit, nomos – Regel) ist im Land seiner Herkunft unbekannt. Zweite Überraschung: Bei griechischen Büroangestellten finden sich europaweit die geringsten Belastungen durch Bildschirmarbeit! Maushand, Sehnenscheidenentzündung, Karpaltunnelsyndrom und all die Symptome an Nacken, Schultern, Augen, die in Mitteleuropa als «Repetitive Strain Injury Syndrom» bekannt sind, tauchen in Hellas kaum oder gar nicht auf. «Von allen Europäern gehen die Griechen am besten mit ihren Computerarbeitsplätzen um», folgert der heimische Experte Sifis Mathiopoulos. Zugleich jedoch verzeichnet das Land eine vielbeachtete Aktivität: Bildschirmschoner laufen hier am längsten und am häufigsten, in Regierungsbüros gewöhnlich den ganzen Tag über. Der Sicherheitsexperte: «Im Schonen sind wir Griechen Spitze.» Und wir bald auch! Wo nicht pausenlos Bildschirmschoner laufen können, rät der Forscher dazu, mehrere Chatfenster zu öffnen, um Aktivität vorzutäuschen. «Abonnieren Sie außerdem Feeds und Tweets, studieren Sie die Bewegungen der griechischen Fußballnationalmannschaft, verlagern Sie Ihre Vetternwirtschaft ins Netzwerk und loggen Sie sich im Hängematten-Modus bei Social Games ein.»
Zeitmanagement zum Wohle aller
Wer andere warten lässt, gibt ihnen Gelegenheit, ganz zu sich selbst zu finden.
Antonis Mavros, Geschwindigkeitsforscher
Griechify-Tipp Zur Entschleunigung beitragen. Eine europaweite Studie kam im Frühjahr 2011 zu einem positiven Ergebnis für Griechenland. Hier wird den Menschen am meisten Gelegenheit gegeben, ganz zu sich selbst zu finden. Während in Resteuropa, vor allem in den mittleren und nördlichen Ländern, den Menschen per «Zeitmanagement» noch die letzte Muße genommen wird, gewährt man ihnen in Griechenland die ursprüngliche Freiheit. Hier muss niemand zum Zug eilen, er kommt ohnehin nicht. Die Fähre legt später ab oder ist bereits gesunken. Die U-Bahn steht. Und wer unbedingt ein Flugzeug bekommen will, setzt sich einfach ins Auto und fährt persönlich zum Zielflughafen. Er sieht dann auch mehr. «Entschleunigung ist bei uns keine hohle Phrase», erklärt Antonis Mavros, um dessen Lehrstuhl in Santorini putzige Spinnen ihre Netze weben. «Bei uns lieben die Menschen lange Schlangen auf Ämtern und Behörden. Sie lernen neue Gesichter kennen, können sich austauschen und geben kleinen Tieren Gelegenheit, sich der Brutpflege hinzugeben.» In Mitteleuropa sei es ein fragwürdiges Zeichen von Wichtigkeit, andere warten zu lassen; in Griechenland eine höfliche Geste. «Demjenigen, mit dem wir verabredet sind, gewähren wir Wartezeit, damit er die Zeitlosigkeit des inneren Friedens genießt.» Danke. Hat geklappt.
Globale Erwärmung in Pausen ummünzen
Unter dieser Sonne kann niemand lange tätig sein! Dieses Klima, große Götter, habt ihr zur Muße nur geschaffen.
Anakreon, griechischer Lyriker
Griechify-Tipp Griechisches Klima importieren. Seit der griechische Bärenspinner, ein Schmetterling, frei flatternd im Erzgebirge angetroffen wurde, seit die Smaragdeidechse es ins Allgäu geschafft hat, seit Salamanderarten, die Stachelmaus und griechischen Hornottern ins Rheintal eingewandert sind, muss auch dem eingeregnetsten norddeutschen Sommeropfer klar sein: Es wird wärmer. «Es wird sogar richtig griechisch», frohlockt der nach Köln ausgewanderte Meteorologe Jorgi Sotiropoulos. Dann fehlen eigentlich nur noch Riesenwespen, Skorpione, Aspisvipern, Sandflöhe und Hakenwürmer, und wir haben Griechenland komplett bei uns. Der Vorteil: Das häufigste Erlebnis deutscher Griechenland-Touristen kann jetzt ohne Flug und Hotelkosten komplett zu Hause genossen werden – der Kreislaufkollaps. Stiche in der Herzgegend, kleine Ohnmachten, Krampfanfälle und Durchblutungsstörungen gehörten bislang zu den bevorzugten Reisekrankheiten auf der Balkanhalbinsel. Sie werden dort von Touristen häufiger erlebt als in jedem anderen Land Europas. Doch von jetzt an ist die Reise nicht mehr nötig. Stattdessen darf die telefonische Entschuldigung beim Arbeitgeber lauten: «Es liegt am Klimawandel, genau denselben Schwächeanfall hatte mein Mann vor zwei Jahren auf Rhodos! Jetzt sind wir auch hier so weit. Es ist wirklich schlimm!» Der Arbeitgeber wird seufzen, kann aber im Gegenzug von der EU Gelder für klimatisch benachteiligte Regionen verlangen.
Mitreisende wirksam abschrecken
Jeder Hellene hat das Recht auf unbelästigte frohe Fahrt in der Eisenbahn.
Nektarios Kratos, Frühpensionär der Griechischen Eisenbahnen
Griechify-Tipp