Großvaters Weihnachtsgeschichten - Leo Tolstoy - E-Book

Großvaters Weihnachtsgeschichten E-Book

Leo Tolstoy

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Beschreibung

Drei Weihnachtsgeschichten aus früheren Zeiten Die Geschichte von dem armen Schuhmacher, der das Jesuskind gebührend empfangen wollte Die Geschichte von einem traditionellen Weihnachtsfest in den Bergen – mit einigen Pannen Die Geschichte von dem allerersten Weihnachtsbaum

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Seitenzahl: 23

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Großvaters Weihnachtsgeschichten

Hrsg. C. Erpenbeck

Drei Kurzgeschichten

Papa Panovs Weihnachtsfest

Leo Tolstoy (1828-1910)

Weihnachten in Winkelsteg

Peter Roseggerl (1843-1918)

Der allererste Tannenbaum

Hermann Löns (1866-1914)

Machandel Verlag

Cover: C.Erpenbeck

Haselünne

2022

ISBN 978-3-95959-361-8

Papa Panovs Weihnachtsfest

Leo Tolstoy

Es war Heiligabend, und obwohl es erst Nachmittag war, gingen die Lichter in den Geschäften und Häuser in dem kleinen russischen Städtchen an, da der kurze Wintertag fast vorüber war. Der alte Papa Panov, der Schuhmacher der Stadt, trat aus seinem Laden und warf einen letzten Blick umher. Die Geräusche von Freude, die hellen Lichter und der schwache, aber köstliche Geruch von Weihnachtsessen erinnerte ihn an vergangene Weihnachtszeiten, als seine Frau noch lebte und seine eigenen Kinder klein waren. Sein normalerweise fröhliches Gesicht sah jetzt traurig aus. Doch er ging mit festem Schritt zurück ins Haus, ließ den Rollladen herunter und setzte eine Kanne Kaffee auf den Herd, um sie zu erwärmen. 

Papa Panov las nicht oft, doch an diesem Abend holte er die große, alte Familienbibel hervor und, mit dem Zeigefinger langsam die Zeilen entlangfahrend, las er wieder einmal die Weihnachtsgeschichte. Er las, wie Maria und Joseph, müde von ihrer Reise nach Bethlehem, kein freies Zimmer in der Herberge fanden. „Ach nein!”, seufzte Papa Panov, „wären sie doch zu mir gekommen! Ich hätte ihnen mein Bett gegeben und hätte das Baby mit meiner Decke zudecken können, um es zu wärmen.” 

Er las weiter über die drei Weisen, die gekommen waren, um das Baby Jesus zu sehen und ihm prächtige Geschenke zu bringen. Papa Panov war betrübt. „Ich habe kein Geschenk, das ich ihm geben könnte“, dachte er traurig. Doch plötzlich strahlte sein Gesicht. Er legte die Bibel beiseite, stand auf und streckte seinen langen Arme, um an das Regal hoch oben in seinem kleinen Zimmer zu kommen. 

Papa Panov lächelte zufrieden. Ja, sie waren genauso gut, wie er sie in Erinnerung hatte, die besten Schuhe, die er jemals gemacht hatte. „Diese hätte ich Ihm gegeben”, entschied er sich. Nun fühlte er sich müde, und je weiter er las, desto schläfriger wurde er. Ehe er´s sich versah, war Papa Panov tief und fest eingeschlafen. 

Er träumte, es sei jemand in seinem Raum, und er wusste sofort, wie üblich in Träumen, wer die Person war. Es war Jesus. „Du hast dir gewünscht, Mich zu sehen, Papa Panov?“, sagte Er freundlich, „dann halte morgen nach mir Ausschau. Morgen ist Heiligabend, und ich werde dich besuchen. Aber schau genau hin, denn ich werde dir nicht sagen, wer ich bin.“ 

Als Papa Panov endlich erwachte, läuteten die Glocken und ein schmaler Lichtstrahl fiel durch den Rollladen. „Ach du liebes bisschen!“, sagte Papa Panov, „es ist Weihnachten!"