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Beschreibung

Dieses Buch bietet Einblicke in die Arbeitsweise von Grow Together, einem wissenschaftlich evaluierten Ansatz zur Begleitung von hoch belasteten Familien. Ziel der Methode ist es, die transgenerationale Weitergabe von Traumata zu durchbrechen. Basierend auf einem beziehungs- und bindungsorientierten Ansatz werden Familien von der Schwangerschaft bis in die frü-hen Lebensjahre des Kindes begleitet. In diesem Buch werden anhand von Fallbeispielen methodische Zugänge, die zugrunde liegende Haltung und das Netzwerk vorgestellt. Es ist eine wertvolle Ressource für Fachkräfte, die Familien mit Babys professi-onell begleiten.

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Seitenzahl: 246

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Katharina Kruppa, Beate Priewasser (Hg.)

Grow Together – Zusammenwachsen von Anfang an

Beziehungsorientierte Begleitung von hochbelasteten Familien

Die Herausgeberinnen

Dr.inmed. Katharina Kruppa ist Kinderärztin und Psychotherapeutin, Gründerin und inhaltliche Leiterin von Grow Together, Lehrende an der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg und internationale Vortragende im Bereich frühe Kindheit.

Dr.in Beate Priewasser ist Entwicklungspsychologin, Psychotherapeutin und Leiterin des Forschungsinstituts sowie des Universitätslehrgangs Early Life Care an der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg, ein interdisziplinärer Ansatz zur Verbesserung der Versorgung am Lebensbeginn.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung Herausgeberinnen, der Beitragsautor*innen oder des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage 2025

Copyright © 2025 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

facultas Universitätsverlag, Stolberggasse 26, 1050 Wien, Österreich

www.facultas.at, [email protected]

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung

sowie der Übersetzung, sind vorbehalten.

Umschlagbild: © fotolia

Lektorat: Katharina Schindl, Wien

Satz: Wandl Multimedia Agentur, Groß Weikersdorf

Druck und Bindung: Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien

Printed in Austria

ISBN 978-3-7089-2570-7 (Print)

ISBN 978-3-99111-963-0 (E-Pub)

ISBN 978-3-99111-962-3 (E-Pdf)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

I Der Verein Grow Together im Überblick

Entstehungshintergrund

Unsere Zielgruppe: Familien im Fokus

Warum der Name „Grow Together“?

Ziele

Angebot und Säulen

II Die Grow-Together-Methode

„Die schönen Momente im Leben sind kostbar und rar“ Fallgeschichte einer betreuten Familie

1 Die Grow-Together-Haltung

1.1 Bindungs- und Beziehungsorientierung

1.2 Wertschätzung

1.2.1 Annahme

1.2.2 Respekt

1.2.3 Fürsorge

1.3 Empathie

1.4 Vertrauen

1.5 Ressourcen-Ausrichtung

1.6 Offenheit

2 Beziehungsarbeit im Zwangskontext

2.1 Zwangskontext: Du musst wollen!

2.2 Voraussetzungen der Beziehungsarbeit

2.3 Phasen der Betreuungsbeziehung

2.4 Nähe und Distanz

2.5 Das doppelte Mandat

3 Die Arbeit mit den Familien

3.1 Arbeit in Anwesenheit des Kindes

3.1.1 Mentalisieren

3.1.2 Sprachliches Begleiten

3.1.3 Spielen

3.1.4 Bindungs- und Explorationsbedürfnis

3.1.5 Lernen am Modell

3.1.6 Verstärken, was gelingt

3.2 Arbeit mit den Eltern

3.2.1 Umsorgende Fürsorge

3.2.2 Aktivierende Fürsorge

3.3 Arbeit in der Gruppe

3.3.1 Grow-Together-Gruppen

3.3.2 Kindergruppe

4 Das Ökosystem Grow Together – die Arbeit im Netzwerk

4.1 Das Grow-Together-„Dorf“

4.2 Interne Netzwerkakteur*innen und ihre Aufgaben

4.2.1 Die aufsuchende Arbeit im häuslichen Umfeld

4.2.2 Unsere Kindergruppe – die familienergänzende Betreuung

4.2.3 Die Grow-Together-Gruppen – Treffen am Marktplatz

4.2.4 Die Rolle der Männerbegleiter

4.2.5 Die Koordination der Praktikant*innen – und wie sie ausgebildet werden

4.3 Externe Netzwerkakteur*innen – das direkte Umfeld von Grow Together

4.3.1 Unsere Netzwerkpartnerin Nummer 1: die Wiener Kinder- und Jugendhilfe

4.3.2 Unverzichtbare Netzwerkakteur*innen: die Psychotherapeut*innen

4.3.3 Weitere Netzwerkpartner*innen – Kooperationen von hoher Bedeutung

4.3.4 Das Netzwerk nach dem Ende der Betreuung

4.4 Zusammenschauen im Team – Herzstück der Grow-Together-Methode

4.4.1 Das Kommunikationsnetzwerk in der Grow-Together-Struktur

4.4.2 Supervision – der hilfreiche Blick von außen

4.4.3 Die vielfältigen Modi der Kommunikation – Formen und Wege

4.5 Leiten und dem Verein vorstehen

4.5.1 Am Rande im Zentrum – die Rolle der inhaltlichen Leiterin

4.5.2 Die Aufgabe der kaufmännischen Leitung – der Halt von innen

4.5.3 Das Administrationsteam

4.5.4 Das Präsidium des Vereins Grow Together

5 Kinderschutz

III Qualitätskriterien

1 Professionalität der Fachkräfte

2 Strukturelle Rahmenbedingungen

3 Begleitforschung

Schlussbemerkungen

Autor*innenverzeichnis

Vorwort

Ich freue mich sehr über die Zusammenarbeit zwischen Katharina Kruppa und Beate Priewasser und das Entstehen des äußerst wichtigen und grundlegenden Buches „Grow Together – Zusammenwachsen von Anfang an“. Dieses Werk richtet sich an eine besonders vulnerable Gruppe in unserer Gesellschaft – psychosozial hoch belastete Familien. Es hat das Ziel, praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Hilfestellungen zu bieten, um Kindern und Familien in schwierigen Lebenslagen zu helfen und frühzeitig Unterstützung zu leisten.

Die Bedeutung dieses Themas kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, da die psychosoziale Belastung von Familien in Hochrisikosituationen ethische, gesellschafts- und gesundheitspolitische Dimensionen hat. Die Prävention und die Therapie von Frühtraumatisierungen sind von zentraler Bedeutung, um langfristige negative Auswirkungen auf das Kindeswohl zu verhindern. Dabei ist es entscheidend, bereits von Anfang an einen multi- und interdisziplinären Ansatz zu verfolgen, der sowohl präventive als auch therapeutische Maßnahmen umfasst, um eine nachhaltige Veränderung zu erzielen.

Das Konzept der Grow-Together-Methodik stellt einen allgemeingültigen Ansatz dar, der auf authentischen, tragfähigen und liebevollen Beziehungen basiert und somit einen ganzheitlichen Heilungsprozess fördert.

Die Kombination aus Erfahrung, Empathie und wissenschaftlicher Begleitung ist die Grundlage für dieses wertvolle Werk. Die Bedeutung des Buches reicht weit über die Theorie hinaus. Dieses praxisnahe, fundierte Konzept stellt eine wichtige Grundlage für alle Fachkräfte dar, die mit betroffenen Familien arbeiten.

Die Paracelsus Medizinische Universität Salzburg unterstützt und verbreitet dieses Konzept durch das Forschungsinstitut und den Universitätslehrgang Early Life Care mit. Als Pädiater bin ich überzeugt, dass Energie nicht nur aus der Ernährung und der Verbrennung von Nahrungsstoffen stammt, sondern auch aus den funktionalen, gesunden Beziehungen, die wir schaffen. Diese Erkenntnis spiegelt sich in der Methodik von GrowTogether wider.

Ich wünsche diesem Buch und seiner Anwendung viel Erfolg und eine breite Wirkung. Es ist ein Vorbild für die Zusammenarbeit vieler Professionen, die sich zum Wohle der Kinder von Anfang an engagieren. Möge es dazu beitragen, heilende und das Zusammenwachsen fördernde Effekte für viele betroffene Familien zu ermöglichen.

Salzburg, Jänner 2025

Prof. Dr. Wolfgang Sperl,

Rektor der Paracelsus Medizinischen Universität

Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde,

ehemaliger Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Salzburg,

Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde

Einleitung

Das Leben mit einem Säugling oder Kleinkind kann bereits für gefestigte und strukturierte Menschen eine große Aufgabe darstellen, für Eltern, welche früh traumatisiert wurden, ist es eine noch größere Herausforderung. Gleichzeitig ist in der Zeit rund um die Geburt eines Kindes die Motivation und Veränderungsbereitschaft der Eltern besonders hoch. Tiefgreifende Lebensveränderungen hin zu einem selbstständig gestalteten Leben werden möglich, sofern Familien entsprechend begleitet werden.

Der Verein Grow Together hat es sich zum Ziel gesetzt, Familien mit Säuglingen und Kleinkindern aus dem psychosozialen Hochrisikobereich beziehungs- und bindungsorientiert von der Geburt bis zum dritten Lebensjahr der Kinder zu begleiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde eine einzigartige Methode entwickelt, die regelmäßig wissenschaftlich überprüft und weiterentwickelt wird. Sie wird als „Grow-Together-Methode“ bezeichnet. Der Name deutet auf das Zusammenwachsen von Kindern und Eltern hin, auf das Wachstum, das in jeder Lebensphase und in jedem Menschen möglich ist, auf ein gemeinsames inneres wie äußeres Wachsen von Kindern, Eltern und Professionist*innen und letztendlich auf ein Zusammenwachsen von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten.

Die Grow-Together-Methode wurde als eine Herangehensweise zur Begleitung von psychosozial hoch belasteten Familien entwickelt, bei denen Störungen, Krisen und Probleme manifest geworden sind. Gleichzeitig ist sie in ihren Grundzügen für alle Familien sinnvoll, vor allem die Haltung, die der Methode zugrunde liegt. Sie basiert auf langjähriger psychotherapeutischer und sozialpädiatrischer Erfahrung und wird im ständigen Austausch mit Praktiker*innen und Klient*innen des Vereins weiterentwickelt. Der Einfluss von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dabei ebenso bedeutsam wie die Integration von theoretischen Gebilden unterschiedlicher psychotherapeutischer Schulen und Methoden.

In Kooperation mit dem Institut für Early Life Care der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg ist es gelungen, die Grow-Together-Methode in ihren Einzelheiten zu spezifizieren und in diesem Buch aufzubereiten. Es wurde ein qualitatives Forschungsprojekt durchgeführt, um ein tiefgreifendes Verständnis für die Wirkfaktoren, Handlungsweisen, die Haltung und das Gesamtsystem von Grow Together zu gewinnen. Unter Einsatz von verschiedenen Methoden der qualitativen Sozialforschung wurden insgesamt 30 Personen befragt. Dadurch konnten die diversen Perspektiven sowohl der Mitarbeiter*innen als auch der externen Vernetzungspartner*innen und der begleiteten Familien von Grow Together einbezogen werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in das vorliegende Buch, u. a. in Form von Zitaten der Befragten, integriert.

Das vorliegende Werk ist demnach das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen Grow Together und dem Institut für Early Life Care. Nach einer Einführung in das Buch durch einen Überblick über den Verein Grow Together in Teil I tauchen wir in Teil II direkt in die Grow-Together-Methode ein. In Kapitel 1 wird die Grow-Togetherspezifische Haltung dargelegt, welche als Fundament der Methode einen wesentlichen Beitrag zur konstruktiven Entfaltung der praktischen Tätigkeit leistet.

Die Ausrichtung auf authentische, tragfähige und liebevolle Beziehungen bildet dabei nicht nur einen zentralen Bestandteil der Haltung, sondern stellt auch eine Grundvoraussetzung dafür dar, dass die Begleitung überhaupt stattfinden kann. Das Erleben der Betreuungsbeziehung zu den Grow-Together-Begleitpersonen wird für die Eltern zum Modell für den eigenen Umgang mit ihrem Kind. Daher wird die Beziehungsarbeit als weitere Grundlage der Grow-Together-Methode beschrieben und vor dem Hintergrund der Arbeit im Zwangskontext in Kapitel 2 erläutert.

Kapitel 3 widmet sich spezifischen Techniken und Ansätzen, der Frage, wie Grow Together diese einsetzt, sowie deren Bedeutung für die spezifische Hochrisiko-Zielgruppe, die Grow Together begleitet.

Neben der Haltung, der Beziehungsarbeit und den speziellen Arbeitsweisen bildet zudem das Grow Together Netzwerk eine fundamentale Grundlage der Methode. Die von Grow Together betreuten Familien sind durch verschiedene Betreuungssettings im Einzel- und Gruppenkontext in ein tragfähiges Netzwerk eingebunden. Somit fungiert Grow Together als das „Dorf, das es braucht, um ein Kind großzuziehen“ (afrikanisches Sprichwort). Dieses „Ökosystem“ wird in seinen Einzelheiten in Kapitel 4 beschrieben.

Da das handlungsrelevante Wissen zum Thema Kinderschutz in der Arbeit im Hochrisikobereich unabdingbar ist, wird in Kapitel 5 ausführlich erläutert, wie Grow Together den Kinderschutz bestmöglich gewährleistet.

Der dritte Teil des Buches beschäftigt sich mit den Qualitätskriterien, die Grow Together auszeichnen, sowie den Maßnahmen, die es braucht, um die Qualität der Begleitung aufrechtzuerhalten. Das Buch endet mit Schlussbemerkungen.

Das vorliegende Buch gewährt somit einen praxisnahen und wissenschaftsbasierten Einblick in den Status quo der sich ständig weiterentwickelnden Grow-Together-Methode. Durch pseudonymisierte Fall- und Praxisbeispiele aus der realen Arbeit sowie Zitate aus Interviews der qualitativen Untersuchung wird die Arbeitsweise lebendig vermittelt. Gleichzeitig ist das Buch kein Ersatz für eine Ausbildung in der Methode, sondern ist als Ergänzung dazu zu verstehen. Insofern wendet es sich an alle, die mit Säuglingen und Kleinkindern arbeiten und die Anregungen und Ideen des Buches in ihrer Arbeit umsetzen wollen. Gleichzeitig dient es als ergänzendes Lehrbuch für alle, die in der Grow-Together-Methode ausgebildet werden, sei es im Rahmen des Early Life Care Studiums oder im Rahmen der praxisnahen Aus- und Weiterbildungen direkt bei Grow Together.

IDer Verein Grow Together im Überblick

Sonja Cejka, Erika Müller, Romy Hieblinger, Lin Burian, Beate Priewasser & Katharina Kruppa

„Wir wollen Familien jene Chancen geben, die ihnen das Leben bisher nicht gegeben hat.“ Zitat einer Grow-Together-Fachkraft

Entstehungshintergrund

Als leitende Ärztin einer Schreibaby-Ambulanz und Leiterin der Kinderschutzgruppe des Wiener Kinderspitals erlebte ich, wie immer mehr Familien aus psychosozialen Hochrisikokonstellationen in unsere Betreuung kamen. Dabei stellte ich fest, dass wir im Rahmen unserer Tätigkeit nur unzureichend auf die speziellen Bedürfnisse dieser hoch belasteten Familien eingehen konnten. Das bestehende ambulante Unterstützungsangebot erwies sich selbst bei Vernetzungen mit anderen Hilfsangeboten als nicht umfassend, flexibel und unterstützend genug, um den Bedarf an Begleitung, Therapie und dem erheblichen Kindeswohlgefährdungsrisiko in diesen Familien gerecht zu werden. Als Reaktion darauf gründeten wir im Jahr 2012 den Verein Grow Together. – Katharina Kruppa (Gründerin)

Unsere Zielgruppe: Familien im Fokus

Das Begleitungsangebot von Grow Together richtet sich an psychosoziale Hochrisikofamilien mit Säuglingen und Kleinkindern – an Eltern, die oftmals selbst in ihrer Kindheit Gewalt, Vernachlässigung und ein gestörtes häusliches Umfeld erlebt haben. Sie sind häufig von schwerwiegenden frühen Traumatisierungen betroffen. Diese traumatischen Erfahrungen aus der Kindheit führen oftmals zu psychischen Störungen und psychiatrischen Erkrankungen sowie zu einem Mangel an sozialer Unterstützung, Arbeitslosigkeit und Armut.1,2,3

Aufgrund ihres als auffällig empfundenen Verhaltens in der Gesellschaft machen die Eltern häufig die Erfahrung, dass sie als Teil eines sozialen Problems gesehen werden. Sie nehmen bei Grow Together teil, weil Institutionen der öffentlichen oder privaten Kinder- und Jugendhilfe (z. B. Jugendämter oder Mutter-Kind-Häuser) Sorge um das Wohl des (noch ungeborenen) Säuglings haben. Die Teilnahme bei Grow Together erfolgt demnach in der Regel nicht freiwillig – die Familien werden zu Klient*innen im Zwangskontext. Verweigern sie die Begleitung durch Grow Together, droht ihnen im schlimmsten Fall die Abnahme ihrer Kinder durch eine Inobhutnahme der Kinder- und Jugendhilfe (mehr zu den Besonderheiten einer Begleitung im Zwangskontext in Kapitel 2).

Die Folgen der frühen Traumastörung beeinflussen das Fühlen, Denken und Verhalten der von Grow Together begleiteten Eltern in erheblichem Maße und beeinträchtigen deren elterliche Kompetenzen. Da ihnen meist positive Bindungserfahrungen in ihrer eigenen Kindheit fehlen, können sie kaum auf hilfreiche Erfahrungen zurückgreifen, auf die sie in der Beziehung zu ihren eigenen Kindern aufbauen können. Oftmals wurden ihnen in der Vergangenheit bereits ihre Kinder abgenommen und diese wurden fremduntergebracht. Mit der Begleitung durch Grow Together möchten wir einerseits die Gefahr einer (erneuten) Kindeswohlgefährdung weitestmöglich verhindern und andererseits Familien die Möglichkeit geben, sicher und geborgen zusammenzuwachsen bzw. zusammen zu wachsen. Da sich die Schichtzugehörigkeit, die kulturellen Hintergründe, Werte, Normen und Ausdrucksweisen der betroffenen Familien oftmals von jenen der Begleitpersonen von Grow Together unterscheiden, eröffnen sich neue Räume, die für alle Beteiligten Wachstumsmöglichkeiten bereitstellen.

Adressant*innen der Interventionen durch Grow Together sind dabei nicht die Mutter, der Vater oder das Kind allein. Ziel ist vielmehr die Bezogenheit von den Eltern auf das Kind und umgekehrt – also der Aufbau einer positiven Eltern-Kind-Beziehung.

Seit der Gründung von Grow Together konnten bis April 2024 in Summe 68 Familien und insgesamt 82 Kinder im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe begleitet werden. Davon waren 65 % alleinerziehende Mütter (ohne Kontakt zum Vater des Kindes), bei den restlichen Familien war auch der leibliche oder soziale Vater mit in Betreuung. Darüber hinaus konnten 47 in den Familien lebende Geschwisterkinder und 2 von 34 nicht in der Familie lebenden Geschwisterkindern mit begleitet werden.

Das durchschnittliche Alter der begleiteten Eltern lag bei 30 Jahren. 11 % waren unter 20 Jahre alt, davon waren 3,4 % minderjährig. Die meisten Eltern waren zwischen 20 und 29 (47 %) sowie zwischen 30 und 39 (37 %) Jahre alt. Nur 5 % der Eltern waren über 40 Jahre alt.

Ein Großteil der betreuten Eltern (72 %) ist von ein bis vier verschiedenen psychopathologischen Diagnosen betroffen (54 % diagnostiziert durch Psychotherapeuten*innen oder Jugendhilfe; 18 % Verdachtsdiagnosen durch Grow Together oder zuweisende Stellen). Die Mütter haben hauptsächlich posttraumatische Belastungsstörungen (38 %), gefolgt von emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen (18 %). Bei den Vätern sind die häufigsten Diagnosen Abhängigkeitssyndrome (11 %) und Anpassungsstörungen (11 %).

Warum der Name „Grow Together“?

„Grow Together“ bedeutet übersetzt „zusammen wachsen“. Dieser Begriff trägt unterschiedliche Bedeutungen für den Verein:

•Zusammenwachsen im Sinne eines Bindungsaufbaus zwischen Eltern und Kind

• Zusammen wachsen im Sinne eines guten Heranwachsens der Kinder sowie einer positiven Entwicklung und des Lernens aller Beteiligten

•Zusammen wachsen im Sinne einer Überbrückung von gesellschaftlicher Trennung und einer Annahme einer gemeinsamen sozialen Verantwortung für das Wohlergehen von Kindern

Ziele

Die Begleitung durch Grow Together strebt folgende Ziele an:

• die Etablierung einer sicheren Eltern-Kind-Bindungsbeziehung,

• die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz mit besonderer Bezugnahme auf die elterlichen Belastungen,

• die Förderung der kindlichen Entwicklung in emotionaler, kognitiver und sozialer Hinsicht,

• die Sicherung des Kinderschutzes und die Prävention von Kindeswohlgefährdungen,

• die Prävention der intergenerationalen Weitergabe maligner (dysfunktionaler) Bindungsmuster,

• die Unterstützung der psychosozialen Stabilisierung der Eltern,

• die Anregung der sozialen Vernetzung der Klient*innen miteinander und

• die Förderung der Selbstständigkeit der Eltern, einschließlich einer Integration in den Arbeitsmarkt.

Angebot und Säulen

Um die beschriebenen Ziele zu erreichen, haben wir einen eigenständigen, beziehungs- und bindungsfokussierten Begleitungsansatz entwickelt. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Zeit um die Geburt eine äußerst sensible Phase sowohl für Kinder als auch für Eltern ist.4,5,6 Während dieser Zeit können in Hochrisikofamilien tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen möglich werden, sofern eine umfassende und langfristige Begleitung bereitgestellt und durchlaufen wird.7,8,9,10 Daher begleiten wir Familien bereits ab der 25. Schwangerschaftswoche bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Darüber hinaus bieten wir nach Abschluss der Begleitung Nachsorge an.

Unser Begleitungsangebot stützt sich dabei auf fünf Säulen: 1) aufsuchende Arbeit, 2) Gruppenangebote, 3) Kindergruppe, 4) Psychotherapie und 5) alltagspraktische Unterstützung (siehe Abbildung 1). Eine detailliertere Beschreibung dieser Säulen sowie von deren Zusammenspiel innerhalb des Grow-Together-Netzwerks erfolgt in Kapitel 4.

Abbildung 1. Die Grow-Together-Säulen

Aufsuchende Arbeit

Jeder Familie werden eine weibliche Familienbegleiterin und bei Präsenz eines (Stief-) Vaters zusätzlich ein männlicher Männerbegleiter zur Seite gestellt, die als verlässliche Bezugs- und Ansprechpersonen fungieren. Sie stehen im Zentrum der Betreuung und suchen die Familien ein- bis zweimal wöchentlich in ihrem häuslichen Umfeld auf. Hausbesuche ermöglichen es – direkt und alltagsnah –, mit den Klient*innen an den Themen ihrer jeweiligen Lebenswelten und Familienkulturen zu arbeiten. Oft stellen die Familienbegleiterinnen und Männerbegleiter für die Dauer der gesamten Betreuung die engsten Bezugspersonen der Familien dar. Mit ihnen bauen sie innerhalb des Grow-Together-Netzwerkes eine tiefe Verbindung auf, die über Krisen hinweg hält und bedeutende korrigierende Beziehungserfahrungen ermöglicht.

Gruppenangebote

Die Gruppenangebote sind wesentliche Entwicklungsräume, um neben den elterlichen Kompetenzen auch soziale Kompetenzen auf- und auszubauen. Ein bedeutendes Lernfeld wird durch die Gruppendynamik eröffnet, die sich zwischen den Klient*innen entfaltet und von Therapeut*innen begleitet und genutzt wird. Die Gruppenangebote finden in der Regel etwa ein- bis zweimal pro Woche statt und umfassen Eltern-Kind-Gruppen, Eltern-Skills-Trainings, einen Baby-Treff und Vätergruppen, in deren Rahmen kunsttherapeutische Projekte und gemeinsame Ausflüge etc. stattfinden. Von besonderer Bedeutung ist zudem die einmal jährlich stattfindende therapeutische Intensivwoche, in der Familien und Betreuer*innen gemeinsam in den Urlaub reisen. Auch nach Abschluss der Betreuung haben Familien die Möglichkeit, an ausgesuchten Gruppenangeboten teilzunehmen.

Kindergruppe

Unsere vereinsinterne Kindergruppe bietet hochqualitative familienergänzende Betreuung der Kinder ab ihrem ersten Geburtstag und ist verpflichtend regelmäßig zu besuchen. Mit einem Betreuungsschlüssel von maximal 3:1 fördern wir bedürfnis- und bindungsorientiert die verschiedenen Entwicklungsbereiche der Kinder und geben den Familien im geschützten Rahmen die Möglichkeit, ihr bisheriges Verhaltensrepertoire zu erweitern. Die Kindergruppe bietet Vorteile für Eltern und Kinder gleichermaßen: Während Eltern wertvolle Freiräume gewinnen, um sich zu erholen oder persönliche Angelegenheiten zu erledigen, können die Kinder in einer anregenden Umgebung mit großzügigen Räumen, vielfältigem Material und sozialen Lernmöglichkeiten mit Gleichaltrigen wachsen. Die Begleitung durch ein erfahrenes Team unterstützt sie in ihrer Entwicklung und trägt gleichzeitig dazu bei, die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken.

Psychotherapie

Elterliche Traumata stehen der Entwicklung einer gesunden Eltern-Kind-Bindung oftmals im Wege. In der verpflichtenden Einzeltherapie ist die Aufarbeitung und Integration traumatischer Erfahrungen über den gesamten Betreuungszeitraum hinweg möglich. In den wöchentlich stattfindenden Sitzungen wird ein externer Schutzraum geboten, in dem Klarheit über die „Gespenster aus dem Kinderzimmer“11 gewonnen werden kann. Die oftmals massiven Widerstände der Klient*innen können im Rahmen der therapeutischen Beziehung reduziert und abgebaut werden.

Alltagspraktische Unterstützung

Die alltagspraktische Unterstützung der Familien bei Grow Together erfolgt durch Praktikant*innen und ehrenamtlich Tätige, die neben den Familienbegleiterinnen ebenfalls Bindungspersonen für die Familien sein können. Sie stehen den Familien stärkend zur Seite, indem sie deren Alltag (etwa durch Babysitten, Spielplatzbesuche, Unterstützung bei Begleitwegen oder Behördenangelegenheiten) mehrmals wöchentlich entlasten. Dies geschieht stets unter engmaschiger Schulung, Anleitung und Betreuung durch hauptamtliche, erfahrene Fachkräfte von Grow Together.

Literatur

1. Black-Hughes, C., & Stacy, P. D. (2013). Early Childhood Attachment and Its Impact on Later Life Resilience: A Comparison of Resilient and Non-Resilient Female Siblings. Journal of Evidence-Based Social Work, 10(5), 410–420.

2. Boullier, M., & Blair, M. (2018). Adverse childhood experiences. Paediatrics and Child Health, 28(3), 132–137.

3. Gilbert, R., Widom, C. S., Browne, K., Fergusson, D., Webb, E., & Janson, S. (2009). Burden and consequences of child maltreatment in high-income countries. Lancet, 373(9657), 68–81.

4. Fonagy, P. (1998). Prevention, the appropriate target of infant psychotherapy. Infant Mental Health Journal, 19(2), 124–150.

5. Davis, E. P., & Narayan, A. J. (2020). Pregnancy as a period of risk, adaptation, and resilience for mothers and infants. Development and psychopathology, 32(5), 1625–1639.

6. Opendak, M., Gould, E., & Sullivan, R. (2017). Early life adversity during the infant sensitive period for attachment: Programming of behavioral neurobiology of threat processing and social behavior. Developmental cognitive neuroscience, 25, 145–159.

7. Suess, G., Bohlen, U., Carlson, E., Spangler, G., & Frumentia Maier, M. (2016). Effectiveness of attachment based STEEPTM intervention in a German high-risk sample. Attachment & Human Development, 18(5), 443–460.

8. Walter, I., Landers, S., Quehenberger, J., Carlson, E., & Brisch, K. H. (2019). The efficacy of the attachment-based SAFE® prevention program: a randomized control trial including mothers and fathers. Attachment & Human Development, 21(5), 510–531.

9. Firk, C., Dahmen, B., Dempfle, A., Niessen, A., Baumann, C., Schwarte, R., … Herpertz-Dahlmann, B. (2021). A mother–child intervention program for adolescent mothers: Results from a randomized controlled trial (the TeeMo study). Development and Psychopathology, 33(3), 992–1005.

10. Kohlhoff, J., Lieneman, C., Cibralic, S., Traynor, N., & McNeil, C. B. (2022). Attachment-Based Parenting Interventions and Evidence of Changes in Toddler Attachment Patterns: An Overview. Clinical Child and Family Psychology Review, 25(4), 737–753.

11. Fraiberg, S., Adelson, E., & Shapiro, V. (1975). Ghosts in the Nursery. Journal of the American Academy of Child Psychiatry, 14(3), 387–421.

II Die Grow-Together-Methode

Grow Together entwickelte auf Basis langjähriger Praxiserfahrung und unter Einbezug bindungstheoretischer Modelle die Grow-Together-Methode. Diese Methode ist ein eigenständiger und praxistauglicher Behandlungsansatz, der den Anforderungen von Therapie und Prävention in hoch belasteten Familien gerecht wird. Im Rahmen eines qualitativen Forschungsprojektes in Zusammenarbeit mit dem Institut für Early Life Care konnte die Grow-Together-Methode spezifiziert werden. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt sind, u. a. durch die Verwendung von Zitaten der befragten Fachkräfte und Familien von Grow Together, in die folgende Ausführung der Methode integriert.

Im Folgenden werden die Grundlagen der Grow-Together-Methode erläutert, welche sich aus der Grow Together-Haltung (Kapitel 1), der Beziehungsarbeit im Rahmen des Zwangskontextes (Kapitel 2), den spezifischen Techniken in der Arbeit mit den von Grow Together begleiteten Familien (Kapitel 3) und der Zusammenarbeit im Grow-Together-Netzwerk (Kapitel 4) zusammensetzen. Schließlich wird in Kapitel 5 der angemessene Umgang zur bestmöglichen Wahrung des Kinderschutzes behandelt.

Die nachfolgende Darstellung bietet einen Einblick in die Grow-Together-Methode, wobei zu beachten ist, dass Grow Together als lernende Organisation sich ständig im Wandel und in Weiterentwicklung befindet. Daher stellt die vorliegende Beschreibung den Status quo dar, der kontinuierlich aktualisiert und ergänzt wird.

„Die schönen Momente im Leben sind kostbar und rar“ Fallgeschichte einer betreuten Familie

Anna Schachner

Frau L. wird bereits seit über einem Jahr von Grow Together begleitet. Die Unterstützung durch Grow Together startete bereits zwei Monate vor der Geburt ihrer jüngsten Tochter M., nachdem sie die Kinder- und Jugendhilfe auf das Angebot aufmerksam gemacht hatte. Zuerst stand Frau L. dem Angebot etwas skeptisch gegenüber, wurde jedoch bald vom Gegenteil überzeugt.

„Ich habe mir eher gedacht, das ist irgendwie negativ, so Zweifel irgendwie. Das war dann genau das Gegenteil eigentlich. Ich habe mit der Zeit mehr und mehr dieses Vertrauen gewonnen in das, was sie für mich tun.“

Obwohl die Mutter die erste Zeit der Begleitung aufgrund der vielen Termine als intensiv beschreibt, ist sie für die frühe Unterstützung durch Grow Together sehr dankbar. Im Nachhinein hätte sie sich sogar gewünscht, bereits zu Beginn der Schwangerschaft Unterstützung zu erhalten, weil sie viele Herausforderungen ganz allein bewältigen musste. Derzeit lebt Frau L. gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter in einem Mutter-Kind-Heim. Zudem hat sie eine ältere Tochter, die allerdings fremduntergebracht ist.

Unterstützungssituation und Familienalltag

„Überall, wo ich irgendjemanden brauche, wo ich irgendwie anstehe – also da ist dann jemand eigentlich da.“

Die Familie wird einerseits mehrmals wöchentlich im Alltag durch eine Familienbegleiterin und eine Praktikantin unterstützt. Andererseits hat Frau L. mit ihrer Tochter M. den Baby-Treff besucht und besucht nun die Eltern-Kind-Gruppe von Grow Together. Den verpflichtenden Besuch der Eltern-Kind-Gruppe erlebt die Mutter als sehr hilfreich, da sie sich mit anderen Familien austauschen und dem eigenen Alltag etwas entfliehen kann.

„Man ist dann dort auch unter Leuten. Man kann Dinge austauschen, man kann reden und so. Da kommt man dann mal auch ein bisschen weg.“

Die Unterstützung im Alltag durch die Familienbegleiterin betrifft viele Bereiche. Sie reicht von Unterstützung bei behördlichen Fragen und die Begleitung bei Arztbesuchen bis hin zu gemeinsamen Aktivitäten, wie beispielsweise einem Besuch im Zoo, wo auch die ältere Tochter dabei sein kann.

Ergänzend zur Begleitung und zur Gruppe erhält Frau L. Psychotherapie aufgrund einer Depression und weitere Unterstützung durch eine Praktikantin von Grow Together, die ihr ihre Tochter M. immer wieder abnimmt und zur Kindergruppe bringt, damit Frau L. etwas durchatmen und die Zeit für sich nutzen kann. Diese Auszeiten tun ihr sehr gut, um wieder Kraft zu sammeln.

Nutzen und wahrgenommene Wirkung

Die Begleitung durch Grow Together wird als rundum positiv wahrgenommen. Frau L. erzählt, dass sie sich durch die Unterstützung von Grow Together weiterentwickeln konnte. Sie konnte für ihre Rolle als Mutter viel lernen, aber auch an einer liebevollen Beziehung zu ihrer jüngeren und auch älteren Tochter arbeiten. Die Begleitung hat ihr unter anderem dabei geholfen, die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen.

„Auch in Bezug auf die Kleine, man erkennt auch vieles, was man selbst nicht bemerken würde. Der Umgang oder auch diese Bindung manchmal, dass das auch schwer war. Dass man da einen Spiegel vorgehalten bekommt, dass man das selbst sieht. Dass man an sich selbst auch arbeitet, alles wieder so langsam, step by step lernt.“

Die Unterstützung durch Grow Together führte für die Mutter sogar so weit, dass sie das Gefühl hat, die Welt mit anderen Augen zu sehen, und ihrem Umfeld positiver begegnet. In der Vergangenheit hatte sie wenig Vertrauen in die Menschen, Grow Together konnte ihr dieses Vertrauen zurückgeben.

„Ich weiß nicht, wie die das machen, aber sie machen es irgendwie richtig. (lacht) Man kann davon viel lernen, wirklich. Man nimmt davon einiges an, dass man die Welt mit anderen Augen sieht, dass jeder Mensch einen Platz hat. Ich weiß nicht, man geht dann mit Menschen oder mit Dingen irgendwie anders um. Man sieht irgendwie anders. Sie verändern auf einer positiven Art und Weise.“

Als sehr wirksam wird von Frau L. wahrgenommen, dass ihre Begleitung immer ein offenes Ohr für sie hat und sehr verständnisvoll ist. Die Familienbegleitung gibt ihr das Gefühl, dass sie an sie glaubt. Die Gewissheit, die Familienbegleiterin kontaktieren zu können, wenn sie Fragen hat oder etwas braucht, hilft Frau L. über schwierige Situationen hinweg.

Auch für die ältere Tochter M. merkt sie eine positive Wirkung durch Grow Together: Insbesondere die Gruppenangebote unterstützen M. in ihrer Entwicklung. Die Mitarbeitenden von Grow Together können manchmal die fehlende Kraft, Zeit und Energie von Frau L. ausgleichen und dem Kind zusätzlich Halt im Alltag bieten.

Frau L. hat aufgrund der umfassenden Unterstützung das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein, das Team von Grow Together ist für sie wie eine Familie geworden. Sie fühlt sich wertgeschätzt und teilt mit Grow Together schöne Momente (gemeinsame Geburtstagsfeiern) oder wird in herausfordernden Situationen umsorgt (Unterstützung im Krankenstand).

„Das ist so wie eine Familie geworden. Sowas habe ich irgendwie noch nie so gehabt, was ich dort erlebt habe, von Grow Together oder dort auch von allen.“

Trotzdem ist es auch nicht immer einfach. So beschreibt Frau L., manchmal etwas „genervt“ von den vielen Terminen und manchen Anforderungen zu sein, wobei sie dies auf ihre eigenen Launen schiebt und nicht auf die Art der Begleitung.

„Man muss sich halt an alles gewöhnen. Also, ich habe mir gedacht: was, fünf oder vier Tage in der Woche? Also, es ist überhaupt nicht so viel, eigentlich.“

Zukunftsblick

In die Zukunft blickt Frau L. nun mit mehr Zuversicht, wobei sie sich wünschen würde, dass sie weiterhin im Alltag Unterstützung durch Grow Together erhält.

„Also, da denke ich mir dann, und was ist dann, wenn es zu Ende geht? Ich glaube auch nicht, dass die dann einfach weg sind. Ich glaube es, ich hoffe es.“

Abschließend macht Frau L. deutlich: die Momente mit den Kindern sieht sie als etwas ganz Besonderes – sie sind kostbar und rar. Aus diesem Grund möchte sie die Zeit genießen und an der Entwicklung der Kinder teilhaben. Grow Together ist ihr dabei eine große Stütze.

„Das sind wirklich die schönen oder auch die kostbaren Momente. Kostbar ist unbezahlbar eigentlich. Solche Sachen, die Familie, kannst du mit keinem Geld aufwiegen. Oder dieses Lachen, dein Kind lachen zu sehen oder zum Lachen zu bringen, das kannst du mit nichts auf der Welt vergleichen.“

1 Die Grow-Together-Haltung

Romy Hieblinger, Franziska Grillmeier, Sonja Cejka, Erika Müller, Katharina Kruppa & Beate Priewasser

Die Grow-Together-Haltung ist ein grundlegendes Fundament der Grow-Together-Methode. Dieser Haltung liegt ein Menschenbild zugrunde, welches sowohl das Verständnis von uns selbst als auch von unserer Umwelt prägt. Sie beeinflusst, wie wir unsere Klient*innen wahrnehmen, welche Rolle wir einnehmen und wie wir letztlich entscheiden und handeln.

In sämtlichen Bereichen unserer Tätigkeit – sei es im Umgang mit Klient*innen, in der Teamarbeit oder der Kooperation mit anderen Einrichtungen – durchdringt die Grow-Together-Haltung unser Vorgehen. Sie verbindet das interprofessionelle Team von Grow Together und ist somit in allen Einsatzfeldern von Familienbegleitung über Kinderbetreuung bis hin zu Väter- und Gruppenarbeit zu finden.

Die Grow-Together-Haltung entwickelte sich aus der Inspiration der humanistischen Haltungsmerkmale nach Rogers9 und ist zusätzlich geprägt vom Erkenntnisgewinn durch praktische Erfahrungen. Sie wurde und wird geformt durch wiederkehrende Reflexionsprozesse, bei denen wir uns gezielt mit der Grow-Together-Haltung und deren Implikation für praktisches Handeln befassen. Zuletzt war die Grow-Together-Haltung auch Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung, bei der u. a. die Haltungsmerkmale mittels Methoden der qualitativen Sozialforschung näher spezifiziert und geprüft werden konnten.

In diesem Kapitel beschreiben wir die Einstellungen, Überzeugungen und Werte, die der Grow-Together-Haltung zugrunde liegen. Dabei ist jedes einzelne dieser Haltungsmerkmale entscheidend und erst im Gesamtkontext wirkungsvoll. Auch durch alle weiteren Kapitel dieses Buches wird sich die Grow-Together-Haltung wie ein roter Faden ziehen und es wird deutlich werden, wie sie sich in ihren Ausdruckskomponenten manifestiert und in konkreten Handlungen sichtbar wird. Abbildung 2 gibt einen Überblick über alle Haltungsmerkmale (siehe S. 35).

Wissenschaftlicher Hintergrund zum Haltungsbegriff

Der Begriff der Haltung findet sich häufig sowohl in der psychologischen als auch in der pädagogischen Fachliteratur, in der Praxis sowie in Ausbildungskontexten. Trotz seiner selbstverständlichen Verwendung existiert bislang keine einheitliche Definition für diesen Begriff.1,2,3

Die Haltung stellt eine Beziehung zwischen kognitiven Komponenten (wie dem oft synonym benutzten Konstrukt der „Einstellung“) und Ausdruckskomponenten i. S. v. offen gezeigtem Verhalten dar und kann somit als Verkörperung des