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Nur eine Nacht will Hannah mit dem faszinierenden Leonidas Stathakis verbringen - eine Nacht voll Verlangen und Leidenschaft, um ihr gebrochenes Herz zu heilen. Nachdem ihr Verlobter sie betrogen hat, fühlt sie sich in Leos starken Armen begehrt und sinnlich. Doch die Nacht bleibt nicht ohne Folgen. Sofort bietet der vermögende Grieche an, sie zu heiraten. Allerdings nicht aus Liebe, sondern, um seinem Kind eine Familie zu geben. Denn Leo ist gebunden - an ein Versprechen, das er einer anderen gab. Und Hannahs Herz droht erneut zu zerbrechen …
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Seitenzahl: 204
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2019 by Clare Connelly Originaltitel: „The Greek’s Billion-Dollar Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2426 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Nicole Lacher
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733713928
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Viele Leute mochten Leonidas Stathakis um seinen zweiten Platz auf der Liste der vermögendsten Menschen dieser Welt beneiden, doch er wusste aus eigener Erfahrung, dass Geld ein schwacher Ersatz war für das, was wirklich im Leben zählte.
Milliarden auf dem Konto füllten nicht die Lücke und vertrieben auch nicht das schmerzhafte Ziehen, das zum ständigen Begleiter wurde, wenn man seine Liebsten hatte beerdigen müssen.
Reichtum vertrieb weder die Trauer noch die Schuldgefühle, die Qual oder das Gefühl der Ohnmacht, weil man die geliebten Menschen in Gefahr gebracht, bei der Aufgabe, sie zu beschützen, versagt hatte.
Dies war der vierte Silvesterabend ohne seine Familie. Das vierte Jahr, das lediglich mit Erinnerungen an seine Ehefrau, Amy, und seinen zweijährigen Sohn, Brax, endete.
Wie eine Ewigkeit fühlte es sich an.
Wenn er die Augen schloss, sah er Amy so deutlich vor sich, als stünde sie ihm gegenüber. Nie würde er ihr Lächeln vergessen … Als hätte sie in sich ein Streichholz entzündet, und das Glück würde förmlich aus ihr herausbersten.
Wie konnte jemand derart voller Leben und Vitalität einfach aufhören zu existieren? Trotz ihrer Stärke war sie am Ende so schwach gewesen, so zerbrechlich. Niedergemäht hatte man sie und Brax auf dem Weg zum Spielplatz. Welche Chance hatten ihre Körper gehabt gegen all das Blech mit einem Verrückten auf dem Fahrersitz?
Schimmernde rotbraune Haare und Augen mit dem Farbton des Meeres hinter diesem Hotel. Leonidas sah die lebendige Amy vor sich – und gleich darauf die tote.
Er würde Amy Stathakis niemals vergessen. Auch nicht das grausame Schicksal, das sie erlitten hatte – ermordet wegen der kriminellen Machenschaften seines Vaters. Dion Stathakis hatte Leonidas’ Familie und dessen Leben zerstört.
Unbändiger Zorn flammte in ihm auf. Er schloss die Finger fester um das Whiskyglas und fragte sich, wie viel Scotch er schon getrunken hatte. Nicht genug, um den Schmerz zu betäuben. Er brauchte mehr als ein paar schnelle Drinks in einer Bar, um sich dem ersehnten Zustand des vorübergehenden Vergessens auch nur anzunähern. Vor allem in Momenten wie diesen, wenn seine Erinnerungen am klarsten waren.
Um ihn herum wimmelte es von glücklichen, ausgelassenen, lauten Menschen. Anscheinend gefiel es den Leuten, das Ende eines Jahres und die Ankunft eines neuen zu feiern. Er konnte es nachvollziehen. Einst hatte er genauso empfunden – zusammen mit Amy das Leben gefeiert.
Heute hingegen glich jeder Tag einer Prüfung, die er bewältigen musste. Jedes Jahr war einfach etwas, das er überlebte – ohne Amy und Brax. Seine Existenz glich einem Verrat. Wie oft hatte er sein Leben opfern wollen, um seine Frau und seinen Sohn zurückzuholen? Er war der Sohn des Verbrechers. Er, Leonidas, hätte für Dions Schandtaten zahlen sollen. Nicht seine unschuldige Frau und sein wunderschöner Sohn.
Bitterkeit stieg in ihm hoch, so intensiv, dass sie ihn zu versengen drohte.
Er kippte den Scotch hinunter, und eine Kellnerin brachte ihm ein weiteres Glas zum Tisch, ohne dass er es bestellt hätte. Genau wie verlangt. Einer der Pluspunkte, die ihm als Besitzer dieser Bar vergönnt waren.
Als er den Kopf hob, um sich mit einem knappen Nicken zu bedanken, registrierte er leidenschaftslos, wie attraktiv die Kellnerin war. Blonde Haare, braune Augen, goldener Teint und blassrosa Lippen, mit denen sie ihn anlächelte. Eine gute Figur hatte sie auch. Früher hätte er eine Frau wie sie unwiderstehlich gefunden.
Heute tat er es nicht mehr.
Ja, er hätte den Anflug von Verlangen zulassen können, der in ihm aufkeimte. Er senkte den Blick auf ihre Brüste, erspähte die Andeutung von Spitze unter ihrer Baumwollbluse, und Begehren breitete sich in seinem Körper aus wie eine Feuersbrunst. Fast hätte er hier und jetzt in der Bar seines Fünfsternehotels auf Chrysá Vráchia eine Erektion bekommen.
Doch er erstickte den Impuls und wandte seine Aufmerksamkeit dem Scotch zu. Es verschaffte ihm Genugtuung, seinem Körper jegliche Befriedigung in dieser Hinsicht vorzuenthalten. Vier Jahre war es nun her. Vier Jahre ohne Amy, ohne mit einer Frau sexuelle Erfüllung zu finden. Und er hatte nicht vor, mit dieser Gewohnheit zu brechen …
Hannah war nicht mit der Absicht nach Chrysá Vráchia gekommen, ihre Jungfräulichkeit zu verlieren.
Sie befand sich auf dieser traumhaften griechischen Insel, weil sie unter Schock gestanden und aus Australien hatte fliehen müssen – vor ihrer kontrollsüchtigen Tante, ihrem Onkel und der Cousine, die für sie wie eine Schwester gewesen war. Bevor sie mit Hannahs Verlobtem geschlafen hatte.
Zwei Stunden, nachdem sie die beiden zusammen im Bett ertappt hatte, war sie am Flughafen angekommen und in das erstbeste Flugzeug gestiegen.
Damit war sie in diesem Paradies gelandet, von dem sie bereits so viel gehört hatte und das sie schon lange mit eigenen Augen sehen wollte. Goldfarbene Klippen, weiße Sandstrände, türkisfarbenes Wasser, üppige grüne Wälder … Der ideale Ort, um ihre Ersparnisse für die Flitterwochen durchzubringen und sich wieder zu fangen.
Offenbar gab es sogar hinter den dunkelsten Wolken einen Silberstreif am Horizont.
Nein, Hannah war nicht nach Griechenland gekommen, um ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Doch als ihr Blick immer wieder zu dem Mann auf der anderen Seite der Hotelbar glitt, spürte sie ein begehrliches Ziehen tief in der Brust – und noch etwas.
Rachedurst? Wut? Weder noch. Es war weniger primitiv, weniger berechnend.
Faszination.
Der Fremde hielt sein Glas in beiden Händen und schien zu grübeln. Er besaß eine dermaßen intensive Ausstrahlung, dass sich Hannahs Magen zusammenzog und ein ebenso neues wie reizvolles Verlangen durch ihren Körper flutete.
Angus hatte bis zur Hochzeit mit Sex warten wollen, und ihr war es recht gewesen. Sie hatte Angus geliebt. Es gemocht, wie er sie küsste und fest in den Armen hielt. Aber sie hatte sich nie wirklich nach ihm gesehnt. War nie bei seiner Berührung lustvoll erschauert oder hatte sich kurz vor dem Einschlafen seine Zärtlichkeiten ausgemalt.
Unbekümmert mit einem Mann zu schlafen, den sie nicht kannte – diese Vorstellung kam ihr vor wie die perfekte Reaktion auf die Tatsache, dass ihr Verlobter sie mit ihrer Cousine betrogen hatte.
Hannahs Magen krampfte sich zusammen, als Bilder von jenem Moment aufblitzten. Die Erinnerung war noch zu frisch.
Unabhängig davon machte der Mann den Eindruck, dass er in Ruhe gelassen werden wollte. Hannah beobachtete, wie eine Kellnerin an seinen Tisch trat und leise etwas sagte. Er schaute ihr nicht einmal in die Augen, als er antwortete. Stattdessen heftete er den Blick auf den tiefschwarzen Nachthimmel, den bald ein Feuerwerk erleuchten würde.
Mitternacht rückte näher, während Hannah gedankenverloren an ihrem Champagner nippte.
Noch nie hatte sie einen Mann angesprochen. Was sollte sie sagen? Dumme Idee. Hannah war dreiundzwanzig, und es gab einen Grund dafür, weshalb sie jämmerlich wenig Erfahrung mit dem anderen Geschlecht besaß.
Sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung.
Und sie konnte nicht einfach mit den Fingern schnippen, um ihre Persönlichkeit zu ändern, selbst wenn sie es gewollt hätte.
Also unterdrückte sie einen Seufzer. Wenn sie schon nicht richtig aus der Rolle fallen und einen One-Night-Stand mit einem Fremden haben würde, dann konnte sie es wenigstens ein bisschen tun und sich einen Schwips antrinken.
Sie hielt vergeblich nach einem Kellner Ausschau und stand auf, um sich am Tresen einen Drink zu holen. Als sie sich umdrehte, prallte sie gegen etwas unglaublich Hartes und Breites.
Fest wie Beton fühlte es sich an. Und es schien von so viel mühsam gezügelter Kraft erfüllt zu sein, dass Hannah fast in hohem Bogen nach hinten gefallen wäre.
Eine Hand schloss sich um ihren Arm und half ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden. Hannah sah hoch, direkt in die schwarz glänzenden Augen jenes Mannes, von dem sie in der vergangenen Stunde nicht den Blick hatte losreißen können. Er zog seine Hand zurück und rieb sich die rechte Schulter. Jetzt erst nahm sie wahr, dass auch ihre Schulter ein wenig schmerzte. Sie mussten zusammengeprallt sein – heftig.
„Sie sind es“, hauchte sie mit zittriger Stimme und versuchte zu schlucken, obwohl ihr Mund wie ausgetrocknet war.
„Ich bin es“, bestätigte er, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Sie sind wie eine Steinmauer“, entschlüpfte es ihr.
Der Fremde zog die Stirn kraus. So distanziert sah er sogar noch heißer aus. „Sind Sie verletzt?“
Mein Stolz ist verletzt. Mein Herz ist verletzt. Aber das wollte er ja gar nicht wissen. „Nein, alles in Ordnung.“ Hannah hatte keinen Schimmer, woher sie auf einmal den Mut nahm, der sie fortfahren ließ: „Aber ich sollte Ihnen wenigstens einen Drink spendieren. Weil ich Ihnen in die Quere gekommen bin.“
Streng blickte er sie an, während sie beklommen darauf wartete, dass er ablehnte, weil sie sich zum Narren gemacht hatte.
Sie biss sich auf die Unterlippe und wünschte, sie könnte ihre Worte zurücknehmen. Schweigend betrachtete der Mann sie. Mit jeder Sekunde, die verrann, schlug ihr Herz schneller. Sie fühlte sich, als müsste sie ertrinken.
„Nicht nötig“, erwiderte er schließlich, machte allerdings keine Anstalten, weiterzugehen.
Ein gutes Zeichen, hoffte Hannah. Ihre Finger bebten leicht, als sie sich die rotbraunen Haare hinter das linke Ohr steckte. Nachdenklich folgte der Fremde ihrer Geste mit dem Blick.
„Ich habe nicht geschaut, wohin ich gehe“, sagte sie.
„Ich auch nicht. In dem Fall sollte ich Ihnen einen Drink spendieren.“
Hannahs Herz vollführte einen Purzelbaum. Begehren packte sie wie eine hohe Woge und riss sie mit sich. „Wie wäre es, wenn ich diese Runde ausgebe und Sie die nächste?“ Sie zog eine Braue hoch. So etwas Draufgängerisches hatte sie noch nie zuvor gesagt, aber seit dem Anblick von Angus mit Michelle im Bett konnte sie nichts mehr in Verlegenheit bringen.
Er runzelte die Stirn noch etwas stärker. Dann nickte er kaum merklich. „Abgemacht, Miss …“
„Hannah.“ Ihre Stimme klang rauchig. Sie leckte sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe und registrierte, dass seine fast schwarzen Augen plötzlich heller glänzten.
„Hannah“, wiederholte er. Mit seinem griechischen Akzent hörten sich die beiden Silben ganz fremd an, so verheißungsvoll, dass es ihr durch und durch ging.
„Und Sie heißen …?“
Einen Moment lang schien er überrascht zu sein. „Leonidas.“
Genau so einen Namen hatte sie erwartet. Maskulin, aufregend und sexy. Er passte vollkommen zu diesem Mann.
„Sie haben einen Tisch?“ Hannah blickte zu dem, an dem er vorhin gesessen – und den sich inzwischen ein Paar geschnappt hatte. Sie fuhr herum und stellte fest, dass auch ihr eigener Tisch besetzt war.
„Ich war gerade auf dem Weg in mein Zimmer“, antwortete er langsam, noch immer mit einer senkrechten Falte zwischen den Brauen, als würde er es nur widerwillig sagen.
Sein fragender Unterton entging Hannah ebenso wenig wie die Tatsache, dass ihre Libido mittlerweile hellwach war. Verlangen pochte tief in ihrem Unterleib. Jäh wurde ihr ganz heiß. „So?“ Ob sie nun mit der Idee gespielt hatte, diesen Fremden zu verführen, oder nicht: Sie befand sich auf Neuland und lehnte sich extrem weit aus dem Fenster.
„Von dort aus hat man einen schönen Blick auf Athen. Vielleicht nehmen wir unsere Drinks auf meinem Balkon?“
Wollte er ihr tatsächlich die Aussicht zeigen, oder bot er ihr viel mehr an? Letzteres, hoffte sie und war fest entschlossen, es herauszufinden.
Es war verrückt. Absolut verrückt und unüblich für sie, aber sie konnte jetzt nicht vernünftig sein. Angus hatte ihr das Herz gebrochen, ihr Vertrauen zerstört. Sie war verletzt und brauchte die Bestätigung, dass sie begehrenswert war. Außerdem wollte sie erfahren, worum es beim Sex eigentlich ging.
Dieser Fremde mit seinem finsteren forschenden Blick und der geheimnisvollen grüblerischen Miene war alles, was sie wollte – für eine Nacht jedenfalls.
„Ich …“ Hier war er: ihr Moment der Wahrheit. Konnte sie es durchziehen?
Eine Frau zwängte sich hinter ihnen vorbei und stieß sie dabei gegen Leonidas. Zum zweiten Mal berührten sich ihre Körper. Wieder streckte er eine Hand aus, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Doch diesmal zog er sie nicht gleich wieder zurück, sondern schob sie ihr auf den Rücken und ließ sie dort. Hannah sah ihm in die Augen. Prompt kamen ihr Zweifel, denn auch er wirkte durcheinander und verunsichert.
„Ich will, dass du mit mir nach oben kommst.“ Er hörte sich an, als hätte dieses heftige Verlangen ihn überrumpelt.
Hannahs Puls raste. Auf einmal schien ihr das Blut wie Lava durch die Adern zu strömen, genauso glühend und unaufhaltsam. Sie wollte es auch. Mehr als alles andere.
„Ich komme gerade aus einer Beziehung“, hörte sie sich sagen, ohne zu ahnen, dass ihre grünen Augen ein wenig traurig dreinblickten. „Genau genommen war ich bis vor Kurzem verlobt. Ich bin nicht auf der Suche nach irgendetwas, du weißt schon, irgendetwas mehr als …“ Scheu wandte sie den Blick ab.
„Ich habe mit Beziehungen nichts am Hut“, erwiderte er leise. „Normalerweise auch nicht mit One-Night-Stands.“
Normalerweise.
Das Wort hing über ihnen wie eine Axt, deren Schneide jede Sekunde heruntersausen konnte. Hannah sah Leonidas wieder in die faszinierenden Augen. Er ließ die Hand, mit der er sie an sich presste, auf ihrer Wirbelsäule ein Stückchen emporwandern. In der Berührung lag etwas Besitzergreifendes, Fragendes, das ihre Erregung schürte.
„Ich auch nicht.“
„Theos, dafür bin ich wirklich nicht hergekommen“, murmelte er.
In seiner Stimme schwang eine Machtlosigkeit mit, die Hannah berührte. Wäre sie nicht in diesem überwältigenden Verlangen versunken, hätte sie vielleicht nachgehakt. Darauf bestanden, dass er ihr erklärte, was er meinte. Doch ihr Begehren hatte die Oberhand gewonnen, deshalb legte sie einen Arm auf ihren Rücken und schlang die Finger um seine. „Ich ebenso wenig.“
Seine Augen glitzerten, als könnte er ihr geradewegs in die Seele schauen. „Eine einzige Nacht“, sagte er und zog sie mit sich. Geschickt bahnte er ihnen einen Weg durch die Gästeschar zu den Glastüren, die in das Hotelfoyer führten. Die Leute wichen zurück, um diesem Mann Platz zu machen, der so viel Stärke ausstrahlte.
Du machst eine Riesendummheit, und du wirst sie bereuen, warnte eine Stimme in Hannahs Kopf. Gleichzeitig kam es ihr vor, als würden ihr Herz und ihre Libido applaudieren.
Das Hotel verdiente die fünf Sterne wahrlich mit seinem Boden aus weißem Marmor, den goldfarbenen Säulen, die drei Stockwerke in die Höhe ragten, und den riesigen Kristallleuchtern. In einer Ecke des Foyers spielte ein renommierter Pianist auf einem polierten Konzertflügel.
Als sie sich den Fahrstühlen näherten, neigte ein Hotelpage in Livree respektvoll den Kopf. „Guten Abend, Sir. Madam.“ Mit seiner behandschuhten Rechten drückte er den Knopf, um einen Fahrstuhl zu holen, während Hannah schweigend neben dem Mann wartete, dem sie eben erst begegnet war. Wenige Sekunden später glitten die Aufzugtüren auseinander, und Leonidas ließ sie vorgehen.
Unwillkürlich hielt sie die Luft an. Was sie vorhatte, war so unerhört, dass ihr der Kopf schwirrte. Als sich leise Zweifel meldeten, schloss sie die Augen und rief sich Angus’ Gesicht in Erinnerung, gerötet vom Sex mit Michelle. Prompt war sie wild entschlossen.
Nicht, dass sie diese zusätzliche Motivation gebraucht hätte – ihr Verlangen reichte vollauf, doch auch Zorn war ein guter Antrieb.
„Du bist nicht mehr verlobt?“, vergewisserte Leonidas sich.
Der Aufzug begann mit der Fahrt nach oben, doch das war nicht der Grund, weshalb ihr Magen nach unten zu sacken schien. „Nein. Ich habe meinen Ex-Verlobten – alle Verwandten und Freunde – zurückgelassen. Weit weg.“
„Bist du wütend?“
„Nein.“ Sie war es, und gleichzeitig war sie es nicht. In erster Linie war sie verletzt. Erschüttert. Und falls Wut mit hineinspielte, dann richtete die sich vor allem gegen sie selbst. Weil sie so dämlich gewesen war, Angus zu glauben. Ihn zu mögen. So sehr dem Ideal einer perfekten Zukunft nachzuhängen, dass sie die Gegenwart außer Acht gelassen und sich nicht gefragt hatte, ob ihr Verlobter sie glücklich machte.
Geräuschlos öffneten sich die Fahrstuhltüren. Vor Hannah lag ein riesiges Wohnzimmer. Sie brauchte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass dieser luxuriöse Ort die Penthouse-Suite sein musste.
„Wow“, stieß sie hervor. Hier sah es ebenso edel aus wie im Foyer – und noch dekadenter, weil man sich beim Einrichten nur am Geschmack eines einzigen Bewohners orientiert hatte. Blasse Farben dominierten – skandinavische Möbel in Cremetönen, Glas, Spiegel, Ausnahmen bildeten lediglich ein buntes Gemälde von Picasso und hohe Geigenfeigen mit dunkelgrünen Blättern in Kübeln.
Gläserne Schiebetüren führten zu einem Balkon, der einen spektakulären Fernblick auf Athen bot. Die antike Stadt schimmerte goldfarben und warm.
„Wunderschön“, murmelte Hannah.
Er nickte knapp, ging in die Küche und nahm eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank. Routiniert entkorkte er sie und füllte zwei Kristallflöten zur Hälfte. „Was führt dich nach Chrysá Vráchia, Hannah?“
Da war er wieder, der Klang ihres Namens aus seinem Munde. Als würde sein Akzent die beiden Silben küssen. Ihre Knie fühlten sich zittrig an. „Der Wunsch nach Veränderung. Und dich?“
Er verzog den Mund kaum wahrnehmbar, und in seine dunklen Augen trat ein merkwürdiger Ausdruck – einer, der tausend Fragen aufkommen ließ. „Routine. Ich komme jedes Jahr hierher.“
„Weshalb?“
Ohne zu antworten, trug er die Champagnerflöten durch den Wohnbereich und reichte Hannah eine.
Sie hatte den Eindruck, dass er mit sich selbst rang. Mit dieser Situation.
Und sie konnte es nicht nachvollziehen.
Wäre ihr eigenes Verlangen nicht übermächtig gewesen, hätte sie möglicherweise innegehalten und ihn gefragt, warum er sie dermaßen eindringlich ansah. Sie anstarrte, als könnte er ihre Seele entblößen.
„Gewohnheit“, meinte er nur und schluckte, sodass sich der Adamsapfel in seiner Kehle bewegte.
Hannah biss sich auf die Unterlippe. Als er den Blick auf ihren Mund senkte, wurde ihre Sehnsucht noch drängender, noch verzweifelter. Es war der helle Wahnsinn. Und absolut unausweichlich.
Draußen zuckte etwas Hellrotes am Himmel – leuchtend und prachtvoll, doch die beiden Menschen im Penthouse schauten nicht hin.
„Frohes neues Jahr“, sagte Hannah leise, unfähig, den Blick von Leonidas loszureißen.
Frohes neues Jahr? Er starrte die Frau an, die er in sein Penthouse gebracht hatte. Was zum Teufel war bloß in ihn gefahren? Seit vier Jahren machte er diese Pilgerreise. Um Amy seine Ehre zu erweisen. Um die Erinnerung an sie wachzuhalten.
Vier Jahre lang hatte er jeder begehrenswerten Frau widerstanden und den sexuellen Hunger seines Körpers ignoriert. Nur das, was er seiner Meinung nach Amy schuldete, war ihm wichtig gewesen.
Andererseits war keine andere Frau je mit ihm zusammengeprallt. Aus heiterem Himmel hatte sie ihn gerammt. Und in der Sekunde, in der er eine Hand um ihren Arm geschlossen hatte, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor, hatte sich sein Körper verkrampft vor lauter Bedürfnissen, die er nicht länger verdrängen wollte.
Er hatte geschworen, den Rest seines Lebens allein zu verbringen. Enthaltsam.
Für immer Amys Ehemann.
Doch während bunte Farben am Sternenhimmel jenseits der Fenster seines Penthouse explodierten, veränderte sich etwas in ihm. Als würde ihn eine uralte unsichtbare Macht antreiben. Ihm in Erinnerung rufen, dass Trauer und Manneskraft koexistieren konnten. Dass er Sex mit einer Frau haben durfte, ohne Amy zu betrügen.
Er hatte sie geliebt, auch wenn die Ehe problematisch und keiner von ihnen besonders glücklich gewesen war. Sie war seine Ehefrau, und er hatte ihr versprochen, sein Leben lang nur sie in seinem Herzen zu tragen. Lag der Verrat also nicht vielmehr darin, einer anderen Frau so tiefe Gefühle entgegenzubringen?
Was hatte Sex damit zu tun?
Nein, er schuldete es Amy nicht, sich seine Libido zu versagen. Das war eine Strafe.
Die Strafe dafür, der Sohn eines Kriminellen zu sein. Leichtsinnig gewesen zu sein. Er hatte gedacht, er könnte Dion Stathakis den Rücken kehren und sein Leben führen, ohne dass die Sünden seines Vaters auf ihn zurückfielen und zerstörten, was er besaß.
Leonidas hatte sich selbst bestraft, weil er es verdiente, diesen beißenden Schmerz zu spüren, der sich einstellte, wenn er sich erotische Freuden verbot. Dieses ständige pochende Verlangen.
Und eigentlich sollte er sich auch weiterhin bestrafen.
Aber Hannah hatte etwas an sich, das seinen Vorsatz ins Schwanken brachte, sogar elementar bedrohte. Er glaubte nicht an Engel und Gespenster, an Märchen oder Mythen. Trotzdem kam es ihm in diesem Moment fast so vor, als wäre sie ihm geschickt worden, wie ein winziges Teilchen seiner Seele. Wie die Verheißung, dass er eine Nacht schwach sein durfte und morgen dann dazu zurückkehren konnte, sich selbst zu hassen.
Im Tageslicht, wenn wieder ein Jahreswechsel vorbei war, konnte er sein qualvolles Leben fortführen.
Doch in dieser Nacht – oder was von ihr noch übrig war – durfte er vergessen. Entschlossen nahm er Hannah die Champagnerflöte ab und stellte sie mit seiner eigenen auf den Tisch. Er wusste, dass es kein Zurück gab. Was in den kommenden Stunden passieren würde, konnte er nicht ändern.
„Frohes neues Jahr“, erwiderte er und beugte den Kopf. Offenbar überraschte er sie damit völlig, denn sie schnappte leicht nach Luft und öffnete die Lippen, sodass er mit der Zunge tief in ihren Mund eindringen konnte. Er spürte, wie ihr Körper reagierte, schmeckte ihr Verlangen und hieß es mit seinem eigenen willkommen.
Nur diese Nacht würde er ein Sklave dieser einzigartigen Anziehungskraft sein. Danach konnte alles wieder seinen gewohnten Gang gehen …
Vielleicht hatte Hannah erwartet, dass Leonidas sie zärtlich küssen, ihren Mund langsam erforschen würde. Dies hier war jedoch kein bisschen zärtlich oder langsam. Es war ein leidenschaftlicher Kuss, der mit seiner Intensität den gesamten Raum zum Vibrieren zu bringen schien.
Sie stöhnte auf, die Lippen an seinen, während Lust in ihrem Körper emporloderte und das Kommando übernahm.
Dieser Kuss stellte alles in ihrem Leben auf den Kopf, rüttelte an seinen Grundfesten und verschob Grenzen. Sie klammerte sich an das Hemd des Mannes, dem sie eben erst begegnet war. Prompt küsste er sie noch ungestümer, verlangte mehr von ihr, ließ seine Zunge mit ihrer spielen und presste seine Gefährtin eng an sich.
Es war ein Kuss, der sie beide beherrschte – und dem Hannah sich vollständig hingab.
„Nur diese eine Nacht“, stellte er klar, ohne den Mund von ihrem zu lösen. In der nächsten Sekunde schlang er beide Arme fest um ihre Taille, hob Hannah hoch, setzte sich auf das Sofa und zog sie auf seinen Schoß. Ungeduldig schob er ihr Kleid höher und stöhnte frustriert, als er mit den Fingerspitzen auf ihren Baumwollslip stieß.
Dies war alles, was sie wollte – die Unverbindlichkeit, die perfekte Art und Weise, in der Leonidas sie verführte. Sie wollte keine Jungfrau mehr sein. Dreiundzwanzig Jahre alt zu sein und keine Ahnung von Sex zu haben … Das kam ihr lächerlich vor. Gleichzeitig sträubte sich alles in ihr gegen die Vorstellung, eine Beziehung einzugehen.
Sie würde nie wieder einem Mann vertrauen, nie Liebe wollen oder glauben, dass sie verliebt war. Und sie würde auch nie so töricht sein, sich selbst für liebenswert zu halten.
Aber Sex?
Das hier?
Das war Balsam für ihre Seele.
Sie ließ den Kopf in den Nacken sinken, während Leonidas ihr das Kleid auszog und zur Seite warf. Jetzt trug sie nur noch ihre Unterwäsche aus dünner Baumwolle, und es kümmerte sie nicht die Spur, dass dieser Mann, dem sie vor weniger als einer Stunde begegnet war, sie so sah.
Im Gegenteil: Sie fand es befreiend, sich dieser Stimmung – ihm – hinzugeben.
Bewusst war ihr das allerdings nicht, als er ihren BH aufhakte und achtlos zu Boden fallen ließ. Gleich darauf liebkoste er eine Brust mit der Zunge. Zunächst koste er sanft die pfirsichfarbene Haut um die Brustknospe herum, bis Hannah erregt bebte und die Oberschenkel um seine Hüften anspannte.
Jetzt schloss er die Lippen um die Brustspitze und begann an der zarten Haut zu saugen. Hannah glaubte, vor ihren Augen würden Sterne explodieren.