Harry in love - Christina Masch - E-Book

Harry in love E-Book

Christina Masch

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Beschreibung

Isabel Canningham - das nette Mädchen von nebenan - lebt ein recht bescheidenes Leben, in dem nicht viel Spektakuläres passiert. Doch sie ist damit vollends zufrieden und glücklich. Das Wichtigste für sie ist, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Und dies tat es auch bis zu dem Tag, als sie mit dem Dritten in der Thronfolge, Prinz Harry, zusammenprallt ... Während sie ihm lediglich all ihren Zorn um die Ohren pfeffert, kann er ihr nur eines entgegenbringen: Zärtlichkeit. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Missverständnis das nächste jagt. Doch Harry gibt nicht auf und setzt schlussendlich alles auf eine Karte: Den Kuss, in dem seine gesamte Liebe liegt! Kann Prinz Harry das Herz seiner Auserwählten erobern?

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Seitenzahl: 979

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Inhalt

Impressum 3

In Erinnerung an Karl-Heinz Stelzer 4

Prolog 5

Kapitel 1 12

Kapitel 2 20

Kapitel 3 26

Kapitel 4 39

Kapitel 5 51

Kapitel 6 66

Kapitel 7 87

Kapitel 8 103

Kapitel 9 112

Kapitel 10 128

Kapitel 11 146

Kapitel 12 181

Kapitel 13 209

Kapitel 14 226

Kapitel 15 255

Kapitel 16 297

Kapitel 17 323

Kapitel 18 363

Kapitel 19 400

Kapitel 20 421

Kapitel 21 443

Kapitel 22 477

Kapitel 23 503

Kapitel 24 526

Kapitel 25 554

Kapitel 26 566

Kapitel 27 581

Kapitel 28 594

Kapitel 29 602

Danksagung (Quellenverzeichnis) 623

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99130-059-5

ISBN e-book: 978-3-99130-060-1

Lektorat: Mag. Eva Reisinger

Umschlagfoto: Swevil, David Benton, Designprintck, Votsis Panagiotis | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

In Erinnerung an Karl-Heinz Stelzer

Meinem ehemaligen Deutschlehrer & Tutor,

der es in seiner ganz eigenen Art und Weise geschafft hat,

nicht nur mein Interesse an der deutschen Sprache zu wecken,

sondern dem Reiz zu erliegen,

mit ihr in ihrer ganzen Vielfältigkeit zu spielen.

Danke, ich werde Sie nie vergessen!

Prolog

Buckingham Palast, Ende Oktober 2010

Prinz William, der mit der Diplomatentochter Jane Miller seit gut vier Jahren verheiratet war, saß mit seiner kleinen Tochter Marybeth, die alle nur liebevoll Marie nannten, in ihrem Kinderzimmer. Während er aus einem dicken Märchenbuch Dornröschen vorlas, spielte Marybeth mit ihrem Teddy und gähnte herzzerreißend. „Na, ich glaube, es wird Zeit für Deinen Mittagsschlaf“, sagte William.

Marie verzog ihren Mund zu einer Schnute und sah ihren Vater mit großen dunklen Kulleraugen an. „Ich mag aber nicht, bin nicht müde!“

„So, so. Und was war das eben gerade: Wolltest Du mich etwa mit Deinem großen Mund auffressen?“, witzelte William, während er seine Tochter zu sich auf den Schoß zog und in die Arme nahm.

Marybeth strahlte. „Au ja, Papi auffressen; ich bin der Wolf!“, schrie Marybeth und drückte ihrem Vater einen feuchten Schmatz auf die Wange. William verzog das Gesicht.

Langsam liefen seine Finger über Maries Bein und wanderten dabei zu ihrem Bauch, den William nun kitzelte. Seine Tochter lachte aus vollem Herzen. William lachte mit, ehe er wieder ernst wurde: „Trotzdem muss auch ein kleiner Wolf Mittagsschlaf halten. Sonst hat er zum Kaffee Bauchweh und kann kein Stück von Uromis leckerem Kuchen stibitzen.“

„Doch!“, widersprach Marybeth. William schüttelte mit trauriger Miene den Kopf und sah seine Tochter dabei eindringlich an. Marybeth machte einen Schmollmund und wollte erneut widersprechen, als es plötzlich klopfte. Überrascht schauten beide zur Zimmertür.

„Ja, bitte.“

Prinz Harry betrat den Raum. „Was denn, schläft unsere kleine Prinzessin etwa noch immer nicht?!“

William seufzte lang und anhaltend. „Nein, Marybeth ist überhaupt nicht müde.“

„Aber ihr Vater dafür umso mehr“, scherzte Harry, da William just in diesem Moment selbst gähnen musste.

„Papi schlafen! Papi schlafen!“, schrie Klein Marie putzmunter.

„Also, ich weiß zwar nicht, was Du falsch machst, aber Jane hat keine Probleme Marie flink ins Bett zu stecken“, stellte Harry trocken fest.

„Danke für die Blumen, Brüderchen“, erwiderte William. „Aber wenn Du der Meinung bist, Du kannst es besser, dann bitte schön! – Marie, heute bringt Dich Dein Onkel ins Bett! Wie findest Du das?“

„Au ja; aber ich bin doch gar nicht müde!“

William lachte.

Harry knurrte.

William grinste seinen Bruder provozierend an, welcher darauf natürlich sofort ansprang. Er nahm die Herausforderung an und wandte sich nun an seine kleine Nichte, die er liebte als sei sie seine eigene Tochter: „Aber Du musst doch schlafen, damit Du morgen auch durchhältst.“

Fragend sah Marybeth ihren Onkel an.

„Weißt Du denn nicht, was morgen ist?“

„Geburtstag!“, schrie Marie begeistert.

„Richtig. Und weißt Du schon, was Du Dir wünscht; was möchtest Du geschenkt bekommen?“, fragte Harry weiter und setzte sich in einen Sessel.

„Harry!“, brummte William ernst.

„Was? Ich habe noch kein Geschenk und da wollte ich meine Nichte einfach einmal fragen, was sie gerne hätte.“

William verdrehte die Augen, da er genau wusste, was seine Tochter jetzt darauf antworten würde. „Ein Pferd!“

Überrascht sah Harry in die Runde. „Du wünscht Dir also ein Pferd? Aber dafür bist Du doch noch viel zu klein!“, versuchte Harry seine Nichte zu beschwichtigen.

„Gar nicht, werde vier!“, gab Marybeth erhobenen Hauptes von sich und zählte vier Finger an ihrer rechten Hand ab und zeigte sie ihm dann. Harry musste unweigerlich schmunzeln.

„Na schön, komm mal her, kleine Prinzessin! Ich verspreche Dir, wenn Du jetzt ganz schnell einschläfst, dann bekommst Du morgen ein Pferd, das Dir ganz alleine gehört. Na, wäre das was?“, fragte Harry begeistert. Marybeth bekam ganz große Augen, strahlte über das ganze Gesicht und lief schnell zu ihrem Onkel herüber.

Er nahm sie auf den Arm und wollte sie nun zu ihrem Bettchen bringen, doch schon protestierte Marie von Neuem. „Vorher fliegen!“

William musste kichern, denn seine Tochter konnte wirklich hartnäckig sein, und das mit ihren kaum vier Jahren. Währenddessen zuckte Harry nur mit den Schultern, hob seine Nichte hoch über den Kopf und ließ sie durchs Zimmer fliegen. Marybeth lachte abermals aus vollem Herzen.

„Achtung, Papa, weg da! Der Düsenjet Marie setzt zur Landung an!“, rief Harry und ließ Marie sogleich aufs Kinderbett plumpsen und griff nach der Tagesdecke.

Abermals protestierte Marybeth. „Bin nicht müde! Ich will zu meiner Mama!“, jammerte sie. Harry seufzte.

„Na, den Mund wohl zu voll genommen, was?“, piesackte William seinen Bruder.

Doch Harry grinste bereits schon wieder, denn er hatte eine Idee: „Okay, kleine Prinzessin, wir gehen jetzt zu Deiner Mama und schauen, was sie macht. Wenn Deine Mutti schläft, legst Du Dich neben sie und schläfst auch, einverstanden?“ Marybeth sah ihren Onkel stirnrunzelnd an. „Und wenn Deine Mum nicht schläft, dann brauchst Du heute keinen Mittagsschlaf machen. Na, wäre das was?“

Marybeth’ Augen fingen sogleich vor Freude wieder an zu strahlen. William sah derweil entsetzt seinen Bruder an. Doch dieser nickte nur wissend. „Wir müssen jetzt aber ganz leise sein, falls Deine Mami schläft. Also psssst!“

Marybeth legte sich beide Hände auf den Mund, während Harry sie wieder auf den Arm hob. Gemeinsam gingen sie auf leisen Sohlen ins angrenzende Schlafgemach von William und Jane. Und wie sollte es auch anders sein, lag Jane auf dem Bett und schlief. Prompt wollte Marybeth protestieren und zog abermals den Mund zu einer Schnute.

„Hey! Wer wird denn da weinen wollen? Mami schläft und jetzt schläfst auch Du, kleine Lady!“, sagte Harry bestimmend.

Widerwillig krabbelte Marybeth auf das große Ehebett ihrer Eltern und kuschelte sich an ihre Mutter, die instinktiv einen Arm beschützend über ihre Tochter legte. Sanft strich Harry seiner Nichte noch einmal übers Haar und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. William tat es ihm gleich; noch bevor sich seine Tochter in irgendeiner Form beschweren konnte. Auf leisen Sohlen verließen sie anschließend das Zimmer.

„Mann, war das ein hartes Stück Arbeit!“, seufzte Harry erleichtert.

William nickte zustimmend. „Woher hast Du eigentlich gewusst, dass Jane schläft? Ich dachte eben, ich verhör mich, als Du Marybeth Deinen genialen Vorschlag unterbreitet hast!“

„Jane, war bereits auf der Couch unten im Salon eingenickt. Als ich das sah, habe ich ihr vorgeschlagen, dass sie sich lieber oben ins Bett legen sollte, da unten die ganzen Vorbereitungen für morgen laufen und Jane dort keine wirkliche Ruhe finden würde“, erklärte Harry gelassen. „Außerdem kann sie so auch viel besser neue Energie tanken.“

„Die werden wir wohl auch brauchen, wenn Du vorhast, Marybeth ein Pferd zu schenken! Sag mal, was hat Dich denn geritten?“, schimpfte William auch sogleich.

„Bleib cool, Brüderchen. Als ich sagte, dass ich ihr ein Pferd schenke, habe ich nicht eine Minute an ein echtes gedacht. – Für wie blöd hältst Du mich eigentlich?“, beschwerte sich Harry.

„Bei Dir weiß man nie! Auch mit Deinen sechsundzwanzig Jahren hast Du täglich neue Flausen im Kopf“, stellte William schmunzelnd fest.

Harry grinste und zuckte gelassen mit den Schultern.

„Und an was für ein Pferd hast Du nun gedacht?“, nahm William das Gespräch wieder auf.

„An ein Schaukelpferd aus Holz natürlich; was denn sonst???“, war Harrys knappe Antwort. „Obwohl, wenn Du Dich daran erinnern möchtest, haben wir in Marybeth’ Alter schon regelmäßig auf dem Rücken eines Ponys gesessen.“

Entsetzt blickte William seinen Bruder an. „Wir müssen aber nicht unbedingt in die Fußstapfen unserer Eltern treten!“

„William, beruhige Dich, ich weiß sehr wohl, dass Marybeth gesundheitlich eingeschränkt ist. Ich werde sie schon keiner Gefahr aussetzen!“, beschwichtigte Harry seinen Bruder. „Und wenn Du mich jetzt bitte entschuldigen möchtest? Ich habe noch ein Geschenk zu besorgen und es ist bereits halb drei; ich möchte pünktlich zum Nachmittagstee wieder hier sein.“ William nickte und schon war Harry weg und ließ seinen Bruder allein im Flur stehen.

Hastig wollte Prinz Harry in den – nun schon bereits fünften – Spielzeugladen, in der Hoffnung, endlich sein versprochenes Geburtstagsgeschenk für Marybeth zu bekommen. In allen vorherigen Spielzeugläden gab es zwar Schaukelpferde, doch keines war aus Holz, sondern nur aus schäbigem Plastik! In seiner Eile sah er nicht, dass zur gleichen Zeit jemand anderes aus dem Laden treten wollte und so rannte er frontal und mit aller Wucht in eine junge Frau. Alles, was sie auf dem Arm getragen hatte, verstreute sich nun auf dem Bürgersteig.

„Sie verdammter Idiot! Haben Sie keine Augen im Kopf? Wieder mal typisch!“, wütete die junge Dame auch sofort. Abrupt blieb Harry stehen und wandte sich, überrascht von der Heftigkeit der Worte, der am Boden hockenden Frau zu. Sie war ungefähr im gleichen Alter wie er, hatte rappelkurzes, rabenschwarzes Haar und einen perfekten, jedoch zierlichen Körper. Harry hatte das Gefühl, als sei er einer Erscheinung seiner Träume begegnet.

„Was starren Sie mich so an? Statt zu glotzen könnten Sie sich wenigstens entschuldigen!“, schimpfte die Dame heftig weiter, ohne wirklich nach oben geschaut zu haben. Harry schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Hatte er sich gerade verhört? Nein, sie konnte keine seiner Wunschvorstellungen von einer Frau sein. Denn so würde sie sonst nicht mit ihm sprechen. Außerdem, was erlaubte sie sich eigentlich? Es war zwar nicht nett von ihm gewesen, sich nicht zu entschuldigen, doch so eine heftige Reaktion gegenüber einem Mitglied der englischen Königsfamilie war zu viel des Ganzen!

Prompt wollte sich auch sein Bodyguard mit einmischen. Doch Harry winkte ab. Stattdessen richtete er nun selbst eigene Worte an die junge Frau: „Ich entschuldige mich, dass ich Sie nicht gesehen habe und in Sie hineingerannt bin. Doch nichtsdestotrotz könnten Sie Ihre Worte auch etwas weniger zynisch äußern!“

„Warum sollte ich, schließlich stehen Sie doch noch immer nur herum, statt eventuell so viel Anstand zu haben und mir zu helfen!“, schleuderte sie ihm erneut ihre Schimpftirade entgegen.

„Sie scheinen nicht zu wissen, wen Sie vor sich haben!“, konterte nun auch Harry gereizt.

Kurz vor einer Explosion stehend, erhob sich die Frau vom Boden und schmetterte Harry erneut sarkastisch ihre Worte entgegen: „Und wenn Sie der Englische Prinz höchstpersönlich wären, wäre es mir …“ Entsetzt hielt sie in ihren Worten inne.

„Ja, was wäre es Ihnen???“, fragte Harry provozierend.

Die junge Frau starrte entsetzt, mit großen Augen und offenem Mund die Königliche Hoheit an. Erwartungsvoll sah Harry ihr ins Gesicht und grinste dabei selbstgefällig. Daraufhin drehte sich das Mädchen abrupt auf dem Absatz um und rannte die Straße hinunter. Harry stand da und schaute ihr mit gemischten Gefühlen hinterher. Fragend sah sein Bodyguard ihn an. „Soll ich eine Überwachung der flüchtigen Person veranlassen?“ Harry schaute überrascht zu seinem Wachhündchen. Doch plötzlich grinste er verschmitzt und nickte.

Während sein Befehl ausgeführt wurde, betrat Harry nun in aller Ruhe den Spielzeugladen. Da es eh schon nach vier war, konnte er sich jetzt auch Zeit lassen. Und er hatte Glück! In dem Spielzeugladen bekam er das, was sein Herz begehrte: Ein wunderschönes, aus Eiche geschnitztes Schaukelpferd. Aber nicht solch ein steifes, plattes, wie er es früher einmal hatte. Nein, es sah mit seinem schwarzen Fellüberzug sogar aus wie ein echtes Pferd. Dazu passend hatte es einen knallroten Ledersattel und rotes Lederzaumzeug. Harry lächelte, als er den Laden verließ. Er konnte sich seine Nichte schon bildhaft darauf sitzend vorstellen.

Als er zum Auto hinüberlief, blendete ihn auf einmal ein greller Lichtstrahl, der jedoch von unten herkam. Sein Blick fand auf dem Bürgersteig einen runden Holzsockel, auf dem eine silberne Plakette befestigt war. Er hob ihn auf und las die darauf eingravierten Worte:Möge der kleine weiße Schwan meine Enkelin stets treu begleiten. Egal, wohin der Weg sie führt! In Erinnerung, Nanni.Ganz automatisch ließ Harry seinen Blick erneut über das Gehwegpflaster schweifen. Um ihn herum lagen mehrere kleine Glas- und Keramiksplitter und eine Walze mit mehreren Vertiefungen und Erhöhungen aus Metall. Zu seinen Füßen befand sich eine zerbrochene Spieluhr. Harry ahnte, wem diese Spieluhr gehört hatte: Zwei faszinierend dunkelgrün funkelnde Augen, die ihm nicht wieder aus dem Kopf gehen sollten. Wehmütig hob er die Musiktrommel auf und steckte sie neben den Holzsockel in seine Jackentasche.

Kapitel 1

Seit einer geschlagenen Woche hatte Isabel das Gefühl, dass sie verfolgt wurde. Egal, wo sie auch hinging, der schwarze Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen BY–47 FGH war auch dort. Erst dachte sie, sie bilde es sich nur ein. Doch heute Morgen gab es keinen Zweifel mehr daran. Denn seit gestern Abend, als sie nach Hause gekommen war, konnte sie den Mann in dem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite von ihrem Schlafzimmerfenster aus gut beobachten. Er hatte nicht einmal in der ganzen Nacht das Fahrzeug verlassen und sein Blick war stets auf ihre Tür gerichtet. Isabel wurde wütend, denn sie vermutete, wer der Auftraggeber war. Prompt konfrontierte sie ihren Beobachter mit ihrer Erkenntnis: „Sagen Sie mal, sind Sie es nicht langsam leid, mir überallhin zu folgen? Sie können Ihrem Boss mitteilen, dass er Sie wieder abziehen kann. Sie wissen ja nun, wo ich wohne und wo ich arbeite. Also verschwinden Sie endlich! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen. Das, was ich gesagt habe, habe ich auch so gemeint!“ Dann machte Isabel auf dem Absatz kehrt; drehte sich aber sogleich noch einmal kurz um und sagte: „Ach übrigens, ich gehe jetzt zur Arbeit …“ Irritiert sah sie der Wachposten an, doch er sagte nichts.

Als sie zurück zum Haus lief, konnte sie sehen, wie der Mann den Wagen startete und fortfuhr. Mit einem selbstgefälligen Lächeln machte sich Isabel auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle. Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Denn kaum bog sie auf dem Heimweg in die Straße zu ihrer Wohnung ein, konnte sie schon von weitem den schwarzen Mercedes stehen sehen. All ihre verflogene Wut kam sofort wieder zurück und mit großen, harten Schritten ging sie schnurstracks auf das Auto zu. „Entweder haben Sie oder Ihr Chef etwas an den Ohren; das grenzt ja schon fast an Nötigung! Machen Sie, dass Sie wegkommen oder ich rufe die Polizei!“, schrie Isabel den jungen Mann am Steuer an. Doch er verzog noch nicht einmal eine Miene. Stattdessen hob er nur fragend eine Augenbraue und sah Isabel ungläubig ins Gesicht.

Leicht irritiert erwiderte sie sein fragendes Gesicht.

„Glauben Sie wirklich, die Polizei würde etwas dagegen unternehmen, dass ich hier stehe?“, richtete der Wachposten ruhig und offen seine Worte an Isabel. Entsetzt starrte sie ihn an. „Es tut mir leid, aber ich tue auch nur meinen Job und befolge die mir aufgetragenen Befehle.“

Isabel schloss die Augen und seufzte tief. „Na schön, Sie scheinen wirklich der falsche Ansprechpartner für mich zu sein. Dann, bitte, fahren Sie mich zu Ihrem Auftraggeber!“, sagte Isabel bestimmend und setzte sich spontan in das Auto hinter den Fahrer.

Überrascht drehte er sich zu ihr um. „Was, jetzt?!“

„Nein, morgen; sofort natürlich!“, schrie Isabel den armen Mann erneut an. Verunsichert startete er den Wagen.

Am Buckingham Palast angekommen, bat der junge Mann Isabel, so lange im Auto zu warten, bis man sie holen komme würde. Und noch ehe sie dem widersprechen konnte, machte sich der Herr schleunigst auf den Weg zum Prinzen.

Nach geschlagenen zehn Minuten wurde Isabel von einem Bediensteten in einen Raum geführt. Doch auch dort wurde sie noch eine ganze Weile sich selbst überlassen. Sie hatte somit genug Zeit, sich in dem Raum umzusehen: Zu ihrer Rechten befand sich an der Wand der Eingangstür ein Kamin. An der rechten Wand ging dann eine zweite schmale Tür ab. Isabel nahm an, dass sie zu einem Nebenzimmer führte. Geradeaus, ihr gegenüber, stand ein großer, schwerer, mahagonifarbener Schreibtisch, auf dem sich neben verschiedenen Schreibutensilien auch ein Computer befand. Vor dem Tisch standen zwei breite schwarze Ledersessel und linkerhand im Zimmer gab es drei große Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten. Vor der Fensterfront gab es eine kleine Sitzecke, an der gut sechs Personen für eine Besprechung Platz hatten. Als Isabel diese Fakten bewusstwurden, dachte sie, sie sei in das Arbeitszimmer der Queen geführt worden. Prompt verflog ihre Wut und dafür traten Panik und Angst an deren Stelle. Was sollte sie sagen, wenn die Queen plötzlich ihr gegenüberstand und zu wissen wünschte, was sie von Prinz Harry wollte??? Unsicher sah sich Isabel um. Sollte sie, solange sie noch Zeit dafür hatte, wieder verschwinden?

Kaum reifte dieser Gedanke zu einer Tat heran, rannte sie auch schon Prinz Harry direkt in die Arme. Irritiert wich sie vor ihm zurück und blieb erst stehen, als ihr einer der Sessel den weiteren Fluchtweg versperrte. Verängstigt sah Isabel Prinz Harry an. Doch er war weder wütend noch überrascht. Gelassen schloss er die Türen hinter sich und lehnte sich dagegen. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, wartete er geduldig, bis Isabel ihren ersten Schrecken verdaut hatte.

„Sie wollten mich sprechen?“, waren daraufhin seine ersten, ruhigen Worte. Doch statt einer Antwort starrte sie ihn noch immer ungläubig an. „Miss Canningham? So war doch Ihr Name, wenn ich mich recht entsinne?“, wandte Harry weiter seine Worte an Isabel. Doch noch immer erfolgte keinerlei Reaktion von ihr. Langsam schritt Harry durch den Raum und begab sich hinter seinen Schreibtisch. „Wollen wir uns nicht setzen?“, fragte er und tat es dann einfach. Isabel schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe sie sich zaghaft in den rechten Sessel ihm gegenüber setzte.

„Nun, Miss Canningham, was kann ich für Sie tun?“, fragte Harry, sich keiner Schuld bewusst, und schon entfachte er damit erneut die angestaute Wut in Isabel. Prompt sprang sie wieder auf.

„Sie verlogenes Scheusal, Sie wissen ganz genau, warum ich hier bin! Sie lassen mich doch seit einer Woche beschatten; finden Sie das lustig? Ich nicht! Also unterlassen Sie das, sonst werde ich Anzeige gegen Sie erstatten!“, schrie es sofort aus Isabel heraus.

Harry stützte derweil seine Ellenbogen auf die Stuhllehnen und verschränkte die Hände. „Miss Canningham. Bitte verzeihen Sie, dass mein Beobachter sich so unschicklich verhalten und somit versehentlich Ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Er sollte lediglich ein wachsames Auge auf Sie haben und mich darüber unterrichten, wo Sie hingehen und ob Ihr Weg Sie dabei eventuell zur Presse führen würde“, erklärte Harry ruhig.

„Was interessiert es Sie, wo ich hingehe, geschweige denn was ich gegebenenfalls mit der Presse zu tun habe?“, fragte Isabel erbost.

„Nun, ich werde es einmal so ausdrücken: Ich kann es mir nicht erlauben, schon wieder mit irgendwelchen schlechten Schlagzeilen in den Klatschspalten der Illustrierten zu stehen, das würde das Herz meiner Großmutter nicht verkraften.“ Fragend sah Isabel zum Prinzen herüber. „Die Queen ist nicht mehr die Jüngste und jede unnötige Aufregung würde ihr schaden“, erklärte Harry weiter.

„Das ist nicht mein Problem; es ist doch Ihr eigenes Verschulden, wenn Sie sich nicht zu benehmen wissen! Da sind ja meine Kinder noch besser erzogen als Sie!“

Entsetzt sah Harry Isabel an. „Ihre Kinder? Wie viele haben Sie denn?“

„Fünf“, war Isabels knappe Antwort.

Harry stand der Mund offen. „Für so alt habe ich Sie noch gar nicht gehalten …“

„Was fällt Ihnen ein?!“, schrie Isabel empört.

Harry erschrak, denn er hatte seinen Gedanken laut ausgesprochen. Er errötete prompt. „Bitte verzeihen Sie, so war das nicht gemeint! Aber ich schätze Sie nicht älter als achtundzwanzig; eher jünger“, offenbarte Harry ehrlich.

„Ich bin fünfundzwanzig. Und es sind nicht meine eigenen Kinder, sondern ich betreue sie nur. – Ich bin Tagesmutter.“

Harry fing an zu lachen. Irritiert sah Isabel herüber. Sie wusste nicht, was es da zu lachen gab.

Nachdem sich Harry wieder beruhigt hatte, entschuldigte er sich erneut bei Isabel. Mit einer einfachen Handbewegung wischte sie das Missverständnis vom Tisch. Im Gegenzug dafür kam Harry wieder auf das ursprüngliche Thema zurück: „Wollen Sie sich nicht doch wieder setzen?“

„Nein, danke, ich stehe lieber! Zumal ich davon ausgehe, dass sich unser Gespräch eh jeden Moment erledigt hat …“

„Ich kann also davon ausgehen, dass Sie sich nicht an die Presse wenden werden?“

„Warum sollte ich? Es wird wohl kaum jemanden interessieren, dass Sie ein ungehobelter Klotz mit einem unmöglichen Benehmen sind und auch noch die Frechheit besitzen, in die Privatsphäre anderer einzudringen.“, stellte Isabel leichtfertig fest.

„Wenn Sie das so sehen …“, begann Harry, hielt jedoch dann inne.

„Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie nicht der Widerling sind, den Sie doch so gerne nach außen kehren?!“, schrie es daraufhin ganz automatisch aus Isabel heraus.

Doch statt einer Antwort von Harry kam eine Antwort von einer Person hinter ihr: „Ich glaube, Sie vergreifen sich gerade im Ton, junge Dame! Es wäre angebracht, wenn Sie sich jetzt bei Seiner Hoheit entschuldigen und danach die Räumlichkeiten schleunigst wieder verlassen“, sagte die Queen todernst.

Aus Isabels Gesicht war jegliche Farbe gewichen. Abrupt drehte sie sich um, machte einen sehr tiefen, ehrfurchtsvollen Knicks vor der Queen und entschuldigte sich aufrichtig. Als sie sich wieder erhob, zierte ein dunkles Rot ihre Wangen und alles, was Isabel jetzt noch wollte, war weglaufen! Doch noch ehe Isabel den Raum verlassen konnte, hatte Harry auch schon nach ihrem Arm gegriffen und hielt sie fest. Völlig apart starrte Isabel den Prinzen an, während er mit seiner Großmutter sprach: „Grandma. Miss Canningham hat keinen Grund sich zu entschuldigen. Es war ihr gutes Recht, so mit mir umzuspringen. Denn ich bin derjenige, der sich ihr gegenüber zuvor unmöglich benommen hat. Wir waren gerade dabei, über die umständlichen Vorkommnisse zu sprechen und darüber eine gütliche Einigung zu finden.“

Isabel klappte überrascht die Kinnlade herunter. Denn sie hatte mit allem, nur nicht damit gerechnet. Die Queen sah mürrisch zwischen beiden hin und her und entschied sich, vorerst nichts weiter dazu zu sagen und verließ stattdessen, ohne ein weiteres Wort, wieder den Raum.

Auch nachdem die Queen bereits einige Minuten lang das Zimmer wieder verlassen hatte, standen Harry und Isabel noch immer vor dem Schreibtisch und starrten sich gegenseitig an; jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Isabel war die Erste, die ihre Stimme wiederfand: „Hätten Sie die Güte mich loszulassen? Sie tun mir weh!“

„Verzeihung, das wollte ich nicht!“, flüsterte Harry und strich sanft über Isabels Arm. Heftig, so als hätte sie sich verbrannt, entriss Isabel Harry ihren Arm. Ergebend hob Harry beide Hände in die Höhe und gewährte einige Schritte Abstand zwischen ihm und ihr. Isabel war darüber dankbar und beruhigte sich langsam wieder.

„Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie einen ungehobelten Klotz genannt habe. Sie können, wenn Sie wollen, auch recht anständig sein.“

„Danke für die Blumen“, erwiderte Harry und ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass nur Worte Ihre Meinung über mich so schnell ändern können?!“

Prompt wurde Isabel knallrot.

Harry nutzte ihre Verlegenheit aus und betrachtete Isabel eindringlich. Sie hatte etwas Magisches an sich! Ihre kurzen, pechschwarzen Haare waren ein krasser Gegensatz zu ihrer schneeweißen Haut. Doch am interessantesten fand Harry noch immer ihre katzenartigen Augen. Sie waren von einem solch dunklen Grün, dass man zweimal hinschauen musste, um sich zu vergewissern, dass man sich nicht versah. In ihren Augen spiegelte sich das Grün der Wiesen wider. Ihre langen, dunklen Wimpern ließen sie schüchtern und unantastbar wirken. Jedoch ihr dunkelroter Mund lud zum Küssen ein.

Wieder einmal völlig perplex über seine eigenen Gedankengänge sagte Harry als Nächstes: „Ich weiß zwar nicht, was ich verbrochen habe, dass Sie solch eine abwertende Haltung mir gegenüber haben – abgesehen von dem Zwischenfall vor dem Spielzeugladen vergangene Woche –, aber sicher werden Ihre Gründe schon stichhaltiger Natur sein …“

Unsicher sah Isabel auf den Teppichboden zu ihren Füßen. Ein zaghaftes „Verzeihung“ kam über ihre Lippe, ohne dass sie dabei aufsah.

„Miss Canningham. Nicht Sie müssen sich entschuldigen, sondern ich mich bei Ihnen! Als Gentleman hätte ich mich erkundigen müssen, ob ich Ihnen wehgetan habe, als ich in Sie hineingerauscht bin. Ich hätte mich dafür entschuldigen müssen und eben Ihre Sachen aufheben sollen, statt Ihnen nur dabei zuzusehen. Gegebenenfalls hätte ich auch Ihre zu Bruch gegangenen Habseligkeiten anstandslos ersetzen müssen.“ Verwirrt sah Isabel den Prinzen an. „Sie haben schon Recht, ich habe mich wie ein Idiot benommen. Ich hatte es eilig und habe nur an meinen Status gedacht“, erklärte Harry sachlich und ruhig weiter, während er um den Schreibtisch herumging und ein Schubfach öffnete. „Leider kann ich eine Sache nicht wieder anstandslos ersetzen“, sagte er und schob dabei den kleinen Holzsockel und die Musikwalze über den Tisch.

Als Isabel die Reste ihrer Spieluhr sah, fing sie unweigerlich an zu weinen. Sofort war Harry zur Stelle und zog sie, keinen Widerspruch duldend, in seine Arme. „Es tut mir leid!“, flüsterte er.

„Harry, kannst Du mir bitte einmal sagen, was Du jetzt schon wieder … angestellt hast???“, kam es plötzlich von der Tür. Es war Prinz William und er sah ungläubig auf das Bild, welches sich ihm bot: Eine unbekannte junge Frau, weinend in den Armen seines Bruders. Sofort riss sich Isabel von Harry los und ohne William eines Blickes zu würdigen, rannte sie aus dem Raum. Fragend sah William erst der jungen Dame hinterher und dann zu seinem Bruder herüber. Harry lehnte am Schreibtisch und strich sich mit den Händen durchs Haar. „Willst Du mir irgendetwas hierzu sagen; oder solltest Du nicht viel lieber ihr hinterher?“, fragte William.

Harry schüttelte resigniert den Kopf und warf sich in den Sessel, auf dem vor kurzem noch Isabel gesessen hatte. William schloss die Türen und setzte sich zu seinem Bruder. „Ist sie der Grund für Elisabeth’ Wutausbruch?“, fragte William sogleich. Harry verdrehte entnervt die Augen und berichtete dann, was ihm in der letzten Woche widerfahren war.

Nachdem sich William die ganze Geschichte angehört hatte, kam er nur zu einer einzigen Erkenntnis: Sein Bruder empfand etwas für die junge Dame, was sein Herz höher schlagen ließ! Harry stritt dies natürlich sofort energisch ab, doch sein schmerzerfüllter Blick strafte seine Worte lügen. Ausgerechnet die Frau, die ihm wie eine Erscheinung seiner innersten Träume begegnet war, hatte er nicht nur beschämt, sondern ihr auch noch Leid zugefügt, das er nicht wieder lindern konnte. Harry seufzte verzweifelt. Prinz William dagegen gab das neue Sorgenkind noch nicht gänzlich auf, denn so hatte er seinen Bruder noch nie erlebt! „Hey, Harry, Kopf hoch, das wird schon wieder. Lass ihr etwas Zeit …“

Harry lachte bitter auf. „Die Worte kommen mir irgendwie bekannt vor. Waren es nicht genau dieselben Worte, die Dad verwendete, als Du die Bande zwischen Dir und Jane aufzugeben drohtest?“

William schmunzelte. „Gerade deswegen sage ich sie Dir ja! Und wie Du jeden Tag selbst sehen kannst, hat sich das Kämpfen gelohnt: Ich bin mit Jane glücklich verheiratet und verliebt wie am ersten Tag.“

Harry schloss die Augen und wollte seinen Kopf auf die Tischplatte legen, dabei stieß er mit der Hand an die Musikwalze. Abrupt setzte er sich wieder auf und nahm sie in die Hand. Geistesabwesend drehte er an der kleinen Kurbel. Obwohl sich die Walze in ihrer Verankerung drehte, ertönte keine Melodie, da die Klangnadel abgebrochen war. Harry seufzte erneut lang und anhaltend.

Als er zu seinem Bruder herüberschauen wollte, war dieser jedoch nicht mehr da. William hatte zwischenzeitlich den Raum verlassen, um Harry mit seinen Gedanken allein zu lassen.

Kapitel 2

Isabel lag zu Hause auf ihrem Bett und ihr kam das alles reichlich merkwürdig vor: Erst rannte sie mit einem der Söhne des Prinzen von Wales zusammen, dann beschimpfte sie ihn auch noch auf eine ganz unschöne Art und nun hielt sie ein Kündigungsschreiben ihrer Kindertagesstätte in den Händen. Aber nicht, dass sie ihre Arbeit verlor; nein, die Räumlichkeiten, in denen sie die fünf Kinder betreute, wurden ihr aufgekündigt, da das Haus zum Abriss von der Britischen Krone persönlich freigegeben wurde. Isabel glaubte noch immer, sie hätte sich verlesen, als sie nun schon zum x-ten Mal das Schreiben las. Und alles nur, weil sie den Prinzen beschimpft hatte??? Isabel wurde wütend, auf sich, auf Prinz Harry und natürlich auch auf die ganze Monarchie. Warum konnte die nicht einfach abgeschafft werden?Was tun die auch schon den ganzen lieben langen Tag, außer das hart erarbeitete Geld der Bürger unnütz zu verschwenden?!

Mit diesen Gedanken und einer Menge Wut im Bauch traf sich Isabel kurz darauf mit ihrer besten Freundin Anabel zum Training im Fitnessstudio.

„Sag mal, Isa, welche Laus ist Dir denn über die Leber gelaufen? Du hast ja eine Laune, die ist ja nicht zum Aushalten. Gab’s Stress zu Hause; macht Dein Vater wieder Stunk? Oder ist was auf Arbeit passiert?“, fragte Anabel, die vergeblich versuchte einen der ihr entgegen geschmetterten Squashbälle zu bekommen, nach einer Weile.

„Nein, zu Hause ist ausnahmsweise mal alles bestens; mir ist nur die Jonesstreet gekündigt worden“, erklärte Isabel so nebensächlich, als sei nichts vorgefallen.

„Dir ist was?!“ Abrupt hielt Anabel im Spiel inne und prompt traf ein harter Schmetterball ihren Oberschenkel. „Autsch!“

„Entschuldige, ich glaube, es ist besser, wenn wir für heute aufhören zu spielen. Ich bin nicht gut drauf.“

„Das merke ich! Aber nun noch einmal ganz von vorn: Wieso ist Dir die Jonesstreet gekündigt worden?“

„Keine Ahnung! In dem Brief stand nur: Es tut uns leid. Aber da Sie eine der letzten drei Mieter sind, die in dem einsturzgefährdeten Haus verweilen, müssen wir Ihnen zum nächsten Monat kündigen. Hochachtungsvoll, die Majestäts-Wohnungsbaugesellschaft“, erklärte Isabel.

Noch immer sah ihre Freundin sie ungläubig an. „Ich denke, das Haus ist denkmalgeschützt? Das können die doch nicht einfach so abreißen und einsturzgefährdet sieht das Haus nun überhaupt nicht aus! Da gibt es in London ganz andere Häuser, bei denen du schon Angst haben musst, überhaupt daran vorbeizugehen; es könnte ja sein, es erschlägt dich währenddessen …“, stellte Anabel in den Raum.

„Ist doch jetzt auch egal, ob das Haus einsturzgefährdet ist oder nicht, ich muss dort jedenfalls raus und weiß nicht wohin! Wenn das mein Vater hört, kriegt der doch gleich wieder einen Anfall: ‚Erst das mit der Friseurin, dann die Sache mit dem Medizinstudium und jetzt das mit dem Kindergarten. Du bist doch nicht mehr ganz bei Trost! Wo soll ich nur das ganze Geld für all Deine verrückten Einfälle herkriegen? Entweder Du lernst etwas Anständiges oder ich schmeiße Dich raus!‘ – Ach verdammt, warum immer ich?!“, jammerte nun auch Isabel und war den Tränen nahe.

Tröstend legte Anabel den Arm um ihre beste Freundin und versuchte sie aufzumuntern: „Schmeiß nicht gleich die Flinte ins Korn, ruf am besten morgen einfach einmal bei der Wohnungsbaugesellschaft an und frage nach, ob das Haus wirklich abgerissen werden soll. Soweit Du weißt, steht es unter Denkmalschutz. Außerdem sollen sie Dir sagen, wie sie sich das vorstellen, denn eigentlich müssten sie Dir neue Räume für Deine Arbeit zur Verfügung stellen. Man kann nicht einfach so ohne Ankündigung jemanden aus einem Haus werfen. – Miete hast Du doch gezahlt, oder?!“

„Natürlich habe ich die Miete bezahlt! Das meiste von meinen Einnahmen geht doch genau dafür drauf. Das ist doch auch der Grund, warum ich überhaupt noch bei meinen Eltern wohne!“, erklärte Isabel leicht gereizt.

„Ich dachte, Du lebst wegen Deiner Mutter noch zu Hause“, gab Anabel kleinlaut von sich.

„Auch.“

„Entschuldigen Sie, spielen Sie noch oder ist die Squashhalle frei?“, kam es plötzlich von der Tür.

„Nein, wir gehen. Sie können rein“, sagte Anabel. „Na los, Isa, lass uns noch einen Kaffee trinken gehen und morgen lade ich Dich zum Kino ein, einverstanden? Ich finde, Du musst auf andere Gedanken kommen.“

Am nächsten Abend trafen sich Isabel und Anabel vor dem Kino und sie beschlossen, in die Sneak-Preview zu gehen. Denn beide fanden die sonstige Auswahl der angebotenen Filme nicht gerade toll, und so ließen sie sich einfach überraschen. Eine Überraschung war nicht nur der neue Actionfilm, der in die Kinos kommen sollte, sondern auch die Gäste der Filmvorführung. Denn kein geringerer als Prinz Harry sah sich mit seinen Freunden ebenfalls die Vorvorstellung an.

Isabels Begeisterung hielt sich wahrlich in Grenzen. Und kaum nahmen die fünf jungen Männer nebst zwei Bodyguards zwei Reihen hinter ihnen die Plätze ein, stand Isabel auch schon wieder auf und ging. Anabel verstand kein Wort und wollte ihrer Freundin hinterherlaufen. Doch Isabel blockte ab und drängte ihre Freundin zum Bleiben: „Die Karten waren teuer genug! Ich gebe Dir nächste Woche das Geld wieder, versprochen.“

„Isabel, das Geld ist mir doch egal! Was ist los; ist doch toll, dass wir gemeinsam mit dem Prinzen im Kino sitzen dürfen!“, schwärmte Anabel.

„Na, dann viel Spaß“, sagte Isabel und ging. Verwirrt sah Anabel ihrer Freundin hinterher.

Nach der Vorstellung ging Anabel nach Hause und rief sofort Isabel an: „Hey Isa, Du hast echt was verpasst! Prinz Harry und seine Freunde haben nur Blödsinn angestellt! Erst schmissen sie mit Popcorn, dann warfen sie mit Papierkügelchen und zum Schluss machten sie unanständige Geräusche. Wir waren alle nur noch am Lachen und Abfeiern; keiner hat mehr auf den Film geachtet …“

„Schön für Dich, wenn Dir der Film gefallen hat“, sagte Isabel.

„Sag mal, hast Du mir eben gerade nicht zugehört? Ich sagte …“

„Doch, habe ich, aber mich interessiert nicht, was der Prinz gemacht oder nicht gemacht hat; ich weiß auch so, dass der sich nicht benehmen kann!“, kam es gereizt und desinteressiert von Isabel.

„Kann es sein, dass Du den Prinzen nicht sonderlich leiden kannst?“

„Schon möglich.“

„Oh Isa … Da bist Du wohl eine der wenigen, die so empfinden!“

„Kannst ihn ja heiraten, wenn Du magst!“

„Isa?! Der kann doch bestimmt auch nichts für Deine Kündigung.“

„Und wenn doch?!“

„Was, gehört ihm etwa die Wohnungsbaugesellschaft?“, fragte Anabel ungläubig.

„Keine Ahnung. Ist mir, ehrlich gesagt, auch ziemlich egal.“

„Entschuldige, Isabel, ich albere hier herum und Dir geht’s voll schlecht. Dabei wollte ich Dich eigentlich nur ein wenig aufmuntern.“

„Ich weiß und ich danke Dir auch dafür. – Annie, sei mir bitte nicht böse, aber ich will jetzt schlafen. Der Abend war ätzend genug“, gestand Isabel.

„Was ist passiert?“, fragte Anabel daraufhin.

„Mein Vater hat das Kündigungsschreiben gelesen.“

„Oh nein! Und nun?“

„Meckert er schon den ganzen Abend herum und stellt mich als einen Nichtsnutz hin. Er meint, ich wäre unfähig einen Job länger als ein halbes Jahr durchzuhalten.“

„Das ist doch gar nicht wahr! Isabel, bitte lass Dich nicht von ihm runtermachen, hörst Du? – Sehen wir uns morgen zum Tanz? Dann können wir uns besser unterhalten als jetzt hier am Telefon. Ich hol Dich ab! Okay?“

„Okay, Annie. Dann bis morgen.“

„Ja. Gute Nacht, Isa.“

Am nächsten Tag holte Anabel ihre Freundin am späten Nachmittag von der Arbeit ab und gemeinsam gingen sie zum Fitnessstudio, wo sie in einer Tanzgruppe Freestyle tanzten. Währenddessen unterhielten sie sich über die Äußerungen von Isabels Vater und Anabel versuchte alles, um Isabel das Gefühl zu geben, kein Loser, sondern ein großartiger Mensch und eine wunderbare Freundin zu sein: „Hast Du zwischenzeitlich mit der Wohnungsbaugesellschaft gesprochen?“ Isabel nickte. „Und was haben die gesagt?“

„Dass sie mir nicht weiterhelfen können: Das Haus sei nicht denkmalgeschützt und kann damit abgerissen werden und somit seien sie angeblich auch nicht verpflichtet, mir neue Räumlichkeiten zu stellen; da sie dies ja erst vor kurzem getan haben. Gerne würden sie sich aber darum kümmern, jedoch kann ich jetzt schon damit rechnen, dass ich die dortigen Mieten nicht zahlen kann“, gab Isabel geknickt von sich.

„Hey Isa, lass bitte den Kopf nicht hängen; wir finden schon noch was! Hast Du eigentlich schon mit den Eltern Deiner fünf kleinen Rabauken gesprochen? Vielleicht haben die ja auch noch eine Idee, wo Du hinziehen könntest? Schließlich ist es doch auch in ihrem Interesse, dass ihre Kinder gut versorgt sind, während sie arbeiten gehen! Ich denke kaum, dass sie gewillt sind, sich schon wieder eine neue Tagesmutti zu suchen. Zumal die Bezahlung sicherlich woanders auch eine andere wäre?!“

„Nein, ich habe ihnen die Hiobsbotschaft noch nicht kundgetan. Ich konnte nicht! Ich wusste nicht, was ich sagen sollte! Schließlich sind wir ja gerade einmal knapp sieben Monate in den Räumen und jetzt kann ich ihnen doch nicht einfach so sagen: ‚Tut mir leid, aber ich muss hier raus und weiß noch nicht wohin. Ab sofort müssen Sie also zusehen, wo Sie Ihre Bälger lassen …‘“

„Isabel! So, natürlich nicht!“, rief sofort Anabel aufgebracht. „Du kannst doch schließlich nichts dafür! Sage ihnen einfach, wie die Fakten sind und versucht gemeinsam eine Lösung zu finden. Ich helfe Dir natürlich auch gerne dabei. Die Eltern Deiner Kinder sind doch keine Unmenschen. Wenn sie Dich nicht für fähig gehalten hätten, hätten sie ihre Kids doch gleich woanders untergebracht“, beschwichtigte Anabel ihre Freundin.

„Die haben mir ihre Kinder doch nur deshalb anvertraut, weil sie meine Mutter kennen und sie ihnen leid tut. Mehr nicht! Jetzt, wo ich keine Bleibe habe, werden sie sich schön rausreden können und selbst wenn ich innerhalb kürzester Zeit neue Räume für einen angemessenen Preis finden sollte, werden sie mir ihre Kinder nicht wieder geben: ‚Dieses ganze Hin und Her ist nicht gut für die Kleinen. Tut uns leid, da wo sie jetzt sind, sind sie gut aufgehoben und wir müssen uns keine Gedanken machen, ob morgen nicht schon wieder ein Raumwechsel bevorsteht!‘“, kam es abermals frustriert von Isabel.

Anabel seufzte tief. Sie wollte ihrer Freundin helfen und wusste doch nicht wie.

Kapitel 3

Es waren seit der Mietraumkündigung zwei Wochen vergangen und wie jeden Donnerstag trafen sich Anabel und Isabel zum Tanzen. In zwei Wochen sollte ein Tanzwettbewerb stattfinden, in dem die besten Freestyle-Tänzer gekürt werden sollten. Und Isabel und Anabel hatten sich vor gut drei Monaten vorgenommen, zu ihnen zu gehören. Doch Isabel ging es von Tag zu Tag schlechter. Sie hatte zwischenzeitlich mit den Eltern ihrer fünf Betreuungskinder gesprochen und zwei der Kinder waren schon am nächsten Tag nicht mehr gekommen. Die anderen drei Elternpaare hatten sich bereiterklärt, sich umzuhören, ob sie jemanden kennen, der Isabel neue Räumlichkeiten zu einem fairen Preis anbieten könnte. Doch bislang ergab sich diesbezüglich noch nichts und langsam, aber sicher wurde die Zeit knapp. Anabels Bruder, Alexander, hatte angeboten, die Möbel so lange in seiner Garage unterzustellen, bis Isabel wieder etwas Neues gefunden hatte.

Isabel war allen dankbar für ihre Hilfe. Doch sie war nun an einem Punkt angelangt, an dem sie selbst daran zweifelte, dass noch alles gut werden würde. Nichtsdestotrotz ließ sie sich nicht unterkriegen und freute sich sehr darüber, als Anabel ihr völlig aufgedreht gestand, dass sie zwei Karten für das Rockfestival am nächsten Wochenende von ihrem Chef – als kleine Belohnung für ihren tatkräftigen Arbeitseinsatz – bekommen habe und Isabel herzlich dazu einlud, mit ihr gemeinsam dorthin zu gehen. Und kaum war es Samstag, sieben Uhr, als sich auch schon die Türen zum Wembley-Stadium öffneten und Tausende von jungen Leuten in den Innenraum der Arena stürmten, um an einer der größten vorweihnachtlichen Rockpartys teilzunehmen, die in England stattfanden. Über die Hälfte des Konzerts erlebten Isabel und Anabel in völliger Euphorie und sie tanzten, sangen und hüpften mit all den anderen Verrückten.

Doch kurze Zeit später begrüßte der Moderator der Veranstaltung einen Ehrengast und es war kein geringerer als Prinz Harry. Während Anabel es amüsant fand, erneut dem Prinzen über den Weg zu laufen, sank Isabels Stimmung in den Keller und sie gab ein wenig begeistertes „Der schon wieder!“ von sich. Irritiert blickte Anabel zu ihrer Freundin herüber. Doch Isabel reagierte nicht darauf.

Nachdem sich der Prinz unter die illustren Konzertanhänger gemischt hatte und somit aus Isabels Blickfeld verschwunden war, kam auch ihre gute Laune wieder und erneut hüpften, tanzten und sangen sie, zusammen mit den anderen, fleißig mit. Als sich Isabel jedoch dann auf einmal spontan umdrehte, um ein paar Photos von den Massen hinter sich zu machen, entdeckte sie dabei unverhofft erneut Prinz Harry, der nur wenige Meter hinter ihnen stand und ebenfalls euphorisch dem Konzert beiwohnte. Prompt sank ihre Stimmung erneut auf den Nullpunkt.

Anabel war wie vom Blitz getroffen, als ihr Isabel daraufhin verkündete, dass sie jetzt – mitten im Konzert – gehen musste. „Was? Aber warum? Heute ist Samstag! Komm, Isa, tu mir das nicht an!“, flehte Anabel.

„Es geht aber nicht anders, Annie! Bitte entschuldige.“

„Was ist denn los? Wenn Du schon vorher gewusst hast, dass Du nicht das ganze Konzert mitmachst, hättest Du es mir doch auch sagen können und ich wäre mit Alex hierhergegangen!“, erklärte Anabel leicht enttäuscht.

„Ich wusste ja nicht, dass ich jetzt schon gehen muss …“

„Hä?! Könntest Du Dich bitte einmal genauer ausdrücken? Ich verstehe nämlich überhaupt kein Wort! Was ist passiert; oder wen hast Du gesehen, dass Du der Meinung bist, dass Du jetzt sofort gehen musst?!“ Langsam wurde Anabel wütend.

„Prinz Harry“, war alles, was daraufhin von Isabel kam.

„Was?!“ Statt einer weiteren Antwort zeigte Isabel in Harrys Richtung und nun hatte auch Anabel ihn wieder entdeckt. „Ja, und?!“, fragte Anabel weiter.

„Ich ertrage seine Nähe nicht.“

„Mensch, Isa, lass Dir doch von dem nicht den Spaß verderben. Du bleibst jetzt hier! So weit kommt es noch, dass Du wegen dem davonrennst! Ich will jetzt Party machen undDumachst mit!!!“, bestimmte Anabel noch immer wütend. Isabel wollte erneut protestieren. Doch Anabel fuhr ihr sofort über den Mund: „Wenn Du jetzt gehst, dann kannst Du unsere Freundschaft als beendet betrachten! Ich reiße mir doch nicht ständig den Hintern für Dich auf und als Dank dafür kriege ich nur einen Tritt! Lass doch den ollen Prinzen einfach links liegen; wir finden schon noch neue Räume für Dich! Außerdem, was schaust Du auch nach hinten? Vorne ist die Bühne und dort spielt auch die Musik!“

Isabel kam nicht umhin, zu bleiben. Doch die Stimmung blieb angespannt, auch nachdem sie Prinz Harry nicht mehr hinter sich stehen sah. Er schien sogar überhaupt nicht mehr da zu sein …

Die gedrückte Stimmung hielt auch weiterhin an, als Isabel gut eine Woche später dann tatsächlich aus den Räumen in der Jonesstreet heraus musste, ohne eine neue Betriebsadresse angeben zu können. Notgedrungen mussten nun auch die übrig gebliebenen drei Kinder an andere Tagesmütter abgegeben werden. Niedergeschlagen saß Isabel in ihrem Zimmer und war seit drei Tagen dort nicht mehr herausgekommen. Auch ans Telefon ging sie nicht; selbst Anabel sollte der Weg zu ihr verwehrt bleiben. Doch dies ließ Anabel nicht lange auf sich sitzen. Denn heute war der 8. Dezember, der Mittwoch, an dem in der angesagtesten Disco von ganz London, demClub Five, der Freestyle-Wettbewerb auf dem Programm stand.

„Komm, Isabel, beweg Deinen Hintern! Wir haben nicht ganze vier Monate damit verbracht, uns eine verdammt schwere und anspruchsvolle Tanzchoreographie auszudenken, damit sie nun niemand sieht! Soll all der Schweiß und all der Muskelkater umsonst gewesen sein? Nein. Also, hoch mir Dir, sonst prügle ich Dich aus Deiner Ecke!“, schimpfte Anabel sofort los. Unweigerlich fing Isabel bei der Vorstellung an zu schmunzeln. „Na, siehst Du, geht doch! So, und jetzt machen wir uns noch ein wenig hübsch, so dass uns auch sogleich die Juroren zu Füßen liegen; und dann geht’s Abmarsch in den Club …“

Gut zwei Stunden später waren beide seelisch und physisch bereit für ihren Auftritt und so fuhren sie gegen zehn Uhr abends zum Wettbewerb. Kaum betraten sie die Disco, mussten sie sich auch sogleich in die Liste der Tanzwütigen eintragen und bereits zwanzig Minuten später waren sie auch schon an der Reihe. Sie gaben alles und waren mit ihrer gezeigten Choreographie zufrieden. Isabel konnte sogar lachen und tanzte ausgelassen mit Anabel, nachdem sie sich einen Cocktail genehmigt hatten, unbeschwert zur Musik, während sie den anderen Kandidaten bei deren Vorführungen zuschauten.

Drei Stunden später war die Siegerehrung. „Es ist erstaunlich, wie viele, und vor allem wie viele gute bis sehr gute Tänzer – dazu auch noch größtenteils weibliche Kandidaten – England vorzubringen hat. Leider kann den Hauptpreis von fünfhundert Pfund und vier Gratisstunden in einer der renommiertesten Tanzschulen in London natürlich nur ein Team gewinnen. Und dieses Jahr hat gewonnen??? Es sind zwei Newcomerinnen … Die Startnummer Acht: Isabel und Anabel! Wenn die zwei ‚Glöckchen’ einmal vortreten möchten?“, sagte Toni, der DJ.

Völlig überrascht sahen sich die beiden Mädchen an. Doch schon wurden sie von den anderen begeistert in die Mitte der Tanzfläche geschoben, wo sie sich ihren Preis abholen durften. Doch der Preis wurde nicht wie erwartet von der Jury übergeben, sondern von keinem geringeren als Prinz Harry. Anabel strahlte und wisperte: „Euer Hoheit, so sieht man sich wieder.“

Harry grinste und wollte nunmehr Isabel ihren Preis überreichen, doch sie würdigte ihn keines Blickes. Somit ergriff Harry einfach ihre Hand und drückte ihr den Gutschein regelrecht mit den Worten „Herzlichen Glückwunsch, viel Spaß bei den Gratisstunden. Tanz so weiter, es macht Spaß, Dir dabei zuzusehen“ in die Hand. Mit einem verbissenen Gesicht nahm Isabel gezwungenermaßen ihren Preis von Harry entgegen. Anschließend wollte sie wieder einmal die Flucht ergreifen. Doch dazu kam es vorerst nicht, denn das Publikum verlangte, dass die zwei Sieger noch einmal ihre Choreographie tanzten. Isabel entglitten jegliche Gesichtszüge. Doch sie kam nicht umhin, dem Wunsch Folge zu leisten.

Harry grinste selbstgefällig und beobachtete Isabel während des Tanzes ganz genau. Doch kaum hatte ihr Tanz ein Ende gefunden, machte Isabel, dass sie fortkam. Entnervt verdrehte Anabel die Augen.

„Was ’n mit der?“, fragte auch sogleich Toni.

Anabel zuckte nur mit den Schultern und entschuldigte sich für das unmögliche Benehmen ihrer Freundin beim Prinzen.

Leicht geknickt nickte Harry, ehe auch er sich aus dem Staub machte. Doch sein Weg führte ihn nicht etwa zu sich nach Hause, sondern direkt zu der Wohnung von Isabel. Er musste unbedingt einmal mit ihr reden!

Leicht nervös klopfte Harry an ihre Haustür. Überraschenderweise wurde ihm sofort geöffnet. Doch statt Isabel stand ein Herr mit bereits ergrautem Haar vor ihm. „Sie wünschen?“, kam es knapp von dem stämmigen Mann mittleren Alters.

„Guten Abend, Mister Canningham?“, sagte Harry.

„Ja, der bin ich! Was wollen Sie, Euer Hoheit? Zu Isabel? Dies kann ich Ihnen leider nicht gewähren. Ich möchte Sie bitten, dass Sie meine Tochter in Ruhe lassen!“, erklärte Mister Canningham.

„Das kann ich leider nicht, denn ich müsste einmal mit ihr sprechen“, erwiderte Harry.

„Ich weiß nicht, ob Sie die simplen Worte eines einfachen Bürgers nicht verstehen, vielleicht überhören Sie sie aber auch einfach nur oder Sie bilden sich etwas auf Ihren schönen Titel ein? Doch, so oder so, sage ich es Ihnen jetzt noch einmal: Meine Tochter ist für Sie tabu!!!“

„Bitte verzeihen Sie, wenn ich diesen Eindruck auf Sie mache. Ich habe Sie schon verstanden. Doch auch ich darf mich wiederholen: Ich muss dringend einmal kurz mit Ihrer Tochter sprechen … Bitte!“, bat Harry erneut. Doch statt einer weiteren Antwort wurde ihm daraufhin einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen. Harry schloss die Augen und seufzte tief. Was sollte er nur machen? Er fühlte sich elend und völlig missverstanden. Doch ihm blieb keine andere Wahl als unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu fahren.

Als Harry im Buckingham Palast ankam, war es zwei Uhr. Doch er konnte nicht schlafen, ständig sah er Isabel geistig vor sich, wie ihre dunkelgrünen Katzenaugen ihn böse anfunkelten, und so begab er sich in die Bibliothek. Doch auch dort fand er keine Ruhe. Er war seiner Traumfrau begegnet und schon ging alles nur noch schief: Statt ihr Rosen schenken zu können rannte sie ständig vor ihm weg! Als er darüber nachsann, fing er an zu lachen. Hatte William nicht das Gleiche mit Jane damals durchgemacht? Und hatte er nicht einmal gesagt, dass er bei solch einem Terz nicht mitmachen würde? Tja, so konnten sich Meinungen ändern. Und schon machte sich Harry, mitten in der Nacht, auf den Weg zu seinem Bruder, der zurzeit in seiner Stadtwohnung in Kensington verweilte.

Völlig verschlafen öffnete William die Tür und war nicht sonderlich überrascht darüber, Harry davor stehen zu sehen. Harry hatte des Öfteren solche Anwandlungen, einfach aus Langeweile seinen Bruder mitten in der Nacht aus dem Bett zu holen. Doch ein Blick in dessen Gesicht und William wusste, weswegen Harry hier war. „Du hast sie wieder einmal getroffen?“, waren auch sogleich seine Worte, ehe sich beide in die Wohnstube begaben. Harry nickte. „Und es verlief erneut anders als gewünscht?“ Abermals nickte Harry. „Geht es auch etwas genauer, denn es ist mitten in der Nacht und ich lag bereits friedlich schlafend in meinem Bett!“, beschwerte sich William.

„Entschuldige. Ja, ich habe Miss Canningham vorhin unverhofft wiedergesehen. Sie war imClub Five. Doch als ich ihr gegenübertrat, machte sie, dass sie wegkam.“

„Was hast Du denn zu ihr gesagt?“, fragte William noch nicht ganz wach.

„Nichts. Ich habe ihr nur gratuliert und ihr einen Gutschein überreicht.“ Verwirrt sah William Harry an. „Sie hat mit einer Freundin den Freestyle-Wettbewerb gewonnen. Sonst wäre sie mir im Club wahrscheinlich auch überhaupt nicht aufgefallen“, erklärte Harry sachlich.

Noch immer fragend sah William seinen Bruder an. „Und Du hast wirklich nichts weiter zu ihr gesagt?“

„Nein! Das sagte ich doch bereits! Aber nachdem sie gegangen war, bin ich ihr gefolgt.“

„Oha! Und was ist dann passiert?“ Jetzt war William hellwach.

„Nicht viel. Sie war nach Hause gegangen. Doch statt mit ihr sprechen zu können erklärte mir ihr Vater, dass ich mich zum Teufel scheren soll.“ Erneut sah William seinen Bruder irritiert an.

Harry seufzte. „Ich habe wohl keinen guten Eindruck bei Miss Canninghams Eltern hinterlassen?!“

„Aber sie kennen Dich doch gar nicht!“, erklärte William verärgert.

„Ich denke, Miss Canningham wird ihren Teil dazu beigetragen haben.“

„Na, toll!“

„Wills!“, ermahnte Harry seinen Bruder.

„Was? So wie mir scheint, hat die junge Dame es selbst faustdick hinter den Ohren. Das kommt fast einer Beleidigung nahe!“, stellte William klar.

„Was kommt einer Beleidigung nahe?“, kam es plötzlich von der Wohnzimmertür. Es war Jane, die ebenfalls noch recht verschlafen den Raum betrat. Harry seufzte.

„Oh, wir haben mal wieder nächtlichen Besuch!“, begrüßte Jane ihren Schwager.

„Hallo, Jane. Bitte verzeih, dass ich Eure Nachtruhe störe.“

„Ach, das geht schon in Ordnung; wäre ja nicht das erste Mal …“, sagte Jane leicht süffisant.

„Ich glaube, es ist besser, wenn ich wieder gehe“, stammelte Harry.

„Nein, Du bleibst!“, bestimmte William.

Überrascht sah Jane ihren Mann an. Wenn William Harry seinen Willen aufzwang, dann hatte das schon etwas zu bedeuten. „Was ist los?“, fragte sie daher auch sogleich.

„Es geht um Miss Canningham“, erklärte William knapp.

Jane nickte und setzte sich auf die Sessellehne zu ihrem Mann. Sie sah dabei jedoch weiterhin fragend zu Harry. Harry musste unweigerlich schmunzeln. „Ich habe sie heute wiedergetroffen und es verlief nicht ganz so, wie es hätte sein können.“

„Hast Du sie wieder einmal in die Enge getrieben?“, fragte Jane ernst.

„Jane!“, rief William entsetzt. Harry sah überrascht in die Runde.

Nun war es William, der tief und lang anhaltend seufzte. „Nein, Harry hat diesmal gar nichts gemacht, er wurde gleich an der Tür abserviert.“

„Oh … Ich würde sagen, da wollte Dich jemand nicht sehen“, stellte Jane leichtfertig fest.

„Danke, Darling, aber so weit waren wir auch schon.“

„Hach Gott! Ist ja schon gut, ich lass die Herren der Schöpfung wieder allein! Ich dachte nur, ich könnte vielleicht aus der Sicht einer Frau etwas dazu beitragen. – Falls Du Dich, mein lieber Mann, eventuell daran erinnern möchtest, dass es auch bei uns einmal eine Zeit gab, wo ich vor Dir davongerannt bin und Dich am liebsten zum Teufel gejagt hätte?! Gut möglich, dass es der jungen Lady ähnlich ergeht? Oder wie fändest Du es, erst eine ganze Woche von jemandem Dir völlig unbekannten verfolgt zu werden. Und kaum bist Du ihn los, taucht er anscheinend an jeder Straßenecke doch wieder auf!“, warf Jane schnippisch in den Raum, ehe sie sich erhob, um zu gehen.

Prompt zog William sie wieder auf seinen Schoß. „Entschuldige, Darling. – Ja, Du könntest Recht haben, was Miss Canningham betrifft“, überlegte William.

Harry fuhr sich verzweifelt mit den Händen durchs Haar. „Und was mache ich jetzt? Oder was kann ich machen, damit Miss Canningham, oder besser gesagt Isabel – so lautet nämlich ihr schöner Vorname – mich doch noch anhört?“

„Hmmm? Wie wäre es, wenn Du ihr einen Brief schreibst?“, schlug Jane vor. Fragend sahen beide Männer sie an. Jane schmunzelte. „Was? Es wäre eine Möglichkeit,Isabel – ohne dass sie mit Harry persönlich sprechen muss – mitzuteilen, warum, wieso, weshalb er wie gehandelt hat und eben, was ihm daran liegt, noch einmal mit ihr persönlich zu sprechen.“

„Und was ist, wenn ihr Vater den Brief abfängt?“, fragte Harry ängstlich.

„Wenn Du den Brief über einen Boten übergeben lässt, der ihn nur ihr persönlich aushändigen darf, denke ich, wird sie ihn auch bekommen. Was sie dann aber damit macht, steht in den Sternen. Doch vielleicht wirft sie ihn ja nicht gleich ungelesen in den Müll und antwortet Dir stattdessen bestenfalls“, erklärte Jane weiter. „Und wenn Du ganz viel Glück hast, schreit Dir als Antwort auch nicht gleich ein großes fettes ‚Nein‘ entgegen.“

„Wenn doch, dann weißt Du auf jeden Fall, woran Du bist. Und auch, wenn es noch so schmerzlich ist, wirst Du sie dann wohl oder übel vergessen müssen“, setzte William Janes Gedanken fort.

Harry seufzte, was sich jedoch in ein Gähnen verwandelte.

„Okay, ich denke, mehr gibt es vorerst dazu nicht zu sagen, und Du, Harry, machst jetzt, dass Du ins Bett kommst! Das Gästezimmer erwartet Dich bereits.“ Damit schloss Jane das nächtliche Gespräch.

„Jane?“

„Ja?“

„Danke“, waren Harrys einfache Worte darauf.

„Hey, schon gut. Als Gegenleistung erwarte ich jedoch, dass Du übernächsten Samstag Deine Nichte zum Kinderrummel begleitest!“

William fing prompt an zu lachen, während Harry – sich ergebend – Kopf und Schultern sinken ließ und nickte. Jane strahlte und hauchte ihrem Lieblingsschwager einen Kuss auf die Wange.

Als Jane am nächsten Morgen von der Toilette kam, es war gerade erst halb sechs, hörte sie ein seltsames Rascheln aus dem Gästezimmer. Vorsichtig öffnete sie die Tür und war überrascht, Harry völlig bekleidet am Sekretär sitzen zu sehen. „Guten Morgen, Harry. Darf ich fragen, was Du da machst?“

Um Harry herum lagen auf dem Boden und auf dem Schreibtisch jede Menge Papierknäuel. Harry seufzte und warf den Stift auf den Tisch. „Ich versuche einen Brief zu schreiben.“

„An Miss Canningham?”

Harry nickte.

„Und seit wann sitzt Du da schon?“, fragte Jane bereits erahnend.

„Seit ich den Raum betreten habe.“

„Aja! Und wie sieht es mit etwas Schlaf aus?“

Harry musste daraufhin sogleich gähnen.

„Kaffee?“

„Hast Du schon welchen fertig?“, fragte Harry überrascht und sah auf seine Armbanduhr.

Jane lachte. „Nein, aber ich setze welchen auf. Kommst Du mit in die Küche?“ Harry folgte ihr.

Während der Kaffee durch die Maschine lief, setzte sich Harry auf die Eckbank am Giebelfenster und unterhielt sich leise mit Jane.

„Schon was auf Papier gebracht oder alles nur Entwürfe?“

Harry grinste müde. „Mehr oder weniger. Ich schreibe was und verwerfe es dann aber doch gleich wieder. Ich weiß irgendwie nicht, wie und wo ich anfangen soll. Geschweige denn wie ich das, was mir durch den Kopf geht, in Worte fassen soll. Es klingt alles irgendwie so aufgesetzt.“

„Wie wäre es denn auch erst einmal mit einer Mütze Schlaf, ausgeruht sind Deine Gedanken garantiert geordneter. Falls nicht, schreib doch erst einmal alles nur runter, ohne Punkt und Komma. Erst einmal alles nur heraus aus dem Kopf. Danach kannst Du immer noch sortieren und überlegen, was von dem, was Dir so durch Kopf ging, Du ihr mitteilen willst“, schlug Jane vor.

„Eigentlich ist mein Problem ja gar nicht das, was ich Isabel schreiben will, sondern immer die Überlegung, was sie auf das ein oder andere erwidern würde“, gestand Harry kleinlaut.

„Oh, Harry, Dich hat es ganz schön erwischt, was?! Doch nichtsdestotrotz kannst Du nicht beeinflussen, wie Isabel auf Deine Zeilen reagieren wird. Daher sei einfach nur Du selbst: Sei ehrlich zu ihr und vor allem auch zu Dir! Du wirst sehen, wenn sie den Brief liest und Dich verstehen will, wird sie sich schon irgendwie bemerkbar machen.“

Harry seufzte. Jane schob ihm daraufhin einen großen Pott Kaffee vor die Nase und reichte ihm Briefpapier und Füller. Danach ließ sie Harry allein in der Küche zurück. Harry nahm einen Schluck von dem Kaffee und atmete noch einmal tief durch, ehe er erneut zu Stift und Papier griff und seine Gedanken einfach niederschrieb.

Drei Stunden später betrat William die Küche und war überrascht, seinen Bruder schlafend am Küchentisch vorzufinden. Vor ihm lagen mehrere beschriebene Blatt Papier. William nahm sich die Freiheit heraus und griff nach den Zetteln und las einen nach dem anderen durch. Nun endlich schien er zu begreifen, was Harry bewegte.

Die letzten drei Blatt Papier waren dann auch der Brief an Miss Canningham:

Isabel,

ich weiß nicht, ob Du bereits nach dem dritten Wort wieder aufgehört hast zu lesen oder ob meine Worte überhaupt bei Dir Gehör finden.

Ich weiß auch nicht, ob der Brief nicht schon längst durch den Reißwolf gewandert ist oder nur in irgendeiner Ecke zerknüllt herumliegt.

Ich hoffe, nichts von dem ist der Fall. Stattdessen hoffe ich, dass Du Dir die Zeit nimmst und meine Zeilen liest. Es sind Gedanken, die mir auf der Seele brennen und vielleicht kannst Du sie auch ein wenig verstehen … Denn dieser Brief scheint mir die einzige Möglichkeit zu sein, mich Dir mitzuteilen, nachdem Dein Vater mich letzte Nacht recht forsch der Tür verwiesen hat. Ich kann es sogar nachvollziehen, denn bislang verlief irgendwie so ziemlich alles anders als erwartet; falls man das überhaupt so bezeichnen kann?

Isabel. – Ein wirklich schöner Name …

Es tut mir übrigens leid. Es tut mir leid, dass bei unserem ersten Aufeinandertreffen Deine Spieluhr zu Bruch gegangen ist. Ich weiß, ich kann dies unmöglich wieder gut machen und noch weniger kann ich die Zeit zurückstellen, was ich am liebsten täte.

Ich denke, für uns beide war dies kein guter Tag. Ich war in Eile und Du schienst auch schon vor meinem Rempler gereizt. Ich war dann nur noch das I-Tüpfelchen des Ganzen.

Ich möchte mich diesbezüglich auch noch einmal in aller Form bei Dir entschuldigen.

Und auch, wenn Du mich für einen arroganten Pinsel hältst, muss ich dazu sagen, dass ich Dir nur deshalb nicht geholfen habe, weil ich so perplex über Deine Ausdrucksweise und Deine Schimpftiraden war: So hatte noch nie jemand mit mir gesprochen – nicht einmal meine Großmutter! Du hast mich einfach so verwirrt, dass ich nur wie ein kleiner dummer Junge daneben stehen und Dich anstarren konnte.

Das mit Deiner Spieluhr habe ich auch erst viel später mitbekommen, als ich über ihre Reste gestolpert bin. Es befinden sich noch immer der Holzsockel und das Spieluhrmagazin in meinem Besitz. Ich würde sie Dir gerne persönlich wiedergeben.

Beim letzten Mal wurden wir ja leider dabei unterbrochen.

Apropos letztes Mal:

Es muss Dir wirklich schon sehr merkwürdig vorkommen, dass egal, wo Du hingehst oder hinschaust, ich ständig Deinen Weg kreuze …

Eines sei Dir aber versichert, es ist alles nur reiner Zufall; keine Angst, ich verfolge Dich nicht und lasse Dich auch nicht mehr beschatten! Das gestern im Club war auch nur ein Zufall.

Ich bin recht oft dort, da ich den Besitzer zu meinem Freundeskreis zählen darf. Er war auch derjenige, der vorgeschlagen hat, dass ich den Hauptpreis überreichen soll. Ich muss gestehen, als ich erfuhr, wer gewonnen hat, konnte ich dem auch nicht widerstehen.

Bitte verzeih!

Und falls ich Dich etwas zu grob angefasst haben sollte, tut es mir leid. Aber Du hattest keinen Grund davonzulaufen! Ich wollte Dir wirklich nur Deinen Preis übergeben und Dir gratulieren.

Übrigens, ich kann mich nur wiederholen: Du tanzt gut. Es hat mir sehr gefallen, was Du und Deine Freundin vorgeführt habt. Ich hoffe, Du lässt den Gutschein nicht verfallen. Denn nicht ich habe ihn gesponsert, sondern der Club! Ich war dort gestern auch nur ein Gast.

Aber das nur nebenbei.