Häuptling Sioux auf Reisen - Cornelia de Schutter - E-Book

Häuptling Sioux auf Reisen E-Book

Cornelia de Schutter

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Beschreibung

Der Hund Sioux, liebevoll Pypys (Püpüs) genannt, erzählt im ersten Teil des Buches seine Sichtweise von einem 4 Monat langen Trip im VW Bus durch Frankreich, Portugal und Spanien. Pypys, ein franz. Vorstehhund ist durch und durch von sich überzeugt und schildert die Geschichten aus seiner eigenen, äußerst amüsanten, Sichtweise. Er erlebt allerhand spannende Geschichten. Pypys ist furchtbar schnell beleidigt, stellt allerhand Unfug an und hat nicht immer Spaß auf der Reise. Er ist ein sehr selbstständiger, gewitzter Hund. Mit seinen 12 Jahren ist er sicher, immer richtig zu handeln und alles zu wissen. Im zweiten Teil des Buches schildert Conny, seine Besitzerin und Partnerin von Pirmin den Trip aus ihrer Sicht. Conny steht oft zwischen ihrem Freund und ihrem Hund. Mann und Hund haben grundsätzlich verschiedene Meinungen. So ein Männerding eben... In der Erzählung wird klar, dass das Leben mit einem Jagdhund welcher nicht jagdlich geführt wird, nicht immer ein Zuckerschlecken ist. Aber auch, dass Pypys seine eigenen Entscheidungen trifft und oft unvorhergesehen handelt. Das macht nicht nur Freunde.... Im dritten und letzten Teil kommt Pirmin zu Wort. Männertypisch ist aus seiner Sicht, der Trip in 3 Sätzen vollständig erzählt.

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil 1

Mein Name ist Sioux. Ich bin ein Hund. Eine französische Braque Saint Germain, seines Geschlechtes ein stolzer Rüde und sehr von mir überzeugt. Das ist aber auch kein Wunder, wird mir doch nachgesagt, meine Rasse sei einst alleine für den französischen König gezüchtet worden.

In mir steckt jede Menge englischer Pointer. Ich bin 11 Jahre alt und top fit. Mann nennt mich intern liebevoll Pypys (Püpüs). Das bedeutet wohl soviel wie „kleiner Floh“. Ich springe und hüpfe wie ein Floh übers Feld, ausgelassen und voller Tatendrang.

Oft höre ich „der kleine Dreckarsch geht so schnell nicht kaputt“. Ich sehe das als Kompliment. Mit Vorliebe wälze ich mich in einem frischen Wildhaufen und freue mich über diesen überaus charmanten Duft. Ich verteile ihn dann sofort bei meinem Rudel. Somit gelingt es mir dann meist, mein Auto, meine Wohnung sowie meine Rudelmitglieder zu kennzeichnen. Pirmin, mein angeblicher Rudelführer, kann das nicht ausstehen. Was soll ich sagen....der pure Neid! Meine Rudelsmitgliedsdame Conny, übrigens das einzigste Mädchen bei uns, regt sich darüber nicht auf. Ich sitze fast täglich neben ihr im Auto auf dem Beifahrersitz und wenn ich mich frisch einparfümiert habe, öffnet sie die Fenster damit sich unser Rudelgeruch besser in der Stadt verteilen kann. So weiß jeder „Vorsicht, Pypys kommt“. Wenn Conny mich fragt „Warum hast du das denn wieder getan“? schaue ich sie an und denke „das ist halt so ein Männerding“.

Kurze Info zu meinem Rudel: Pirmin ist Tätowierer. Er hat ein mobiles Tattoostudio und fährt zu seinen Kunden nach Hause.

Ich mag das sehr. Denn dann beginnt MEINE, zum Teil sehr sehr wichtige Arbeit: Die Wohnung bewachen. Ich drehe meine Runde und schaue zuerst in der Küche vorbei. Ich durchstöbere den Müll, sorge für Mülltrennung und sortiere. Essbares vernichte ich sofort und auf der Stelle. Conny und Pirmin pressen täglich frische Gemüsesäfte, den Trester hole ich raus auf den Boden und fresse alles was mir schmeckt. Desweiteren hole ich mir die Eierschalen, Käserinde usw. Plastikmüll schnüffel ich nach Resten ab und lege das Plastik ebenfalls auf den Boden. Müll sortiert. Ich schlabbere aus meinem Wassernapf und spüle mein Maul gut durch. Damit verteile ich viel von dem Wasser um den Napf herum und putze direkt den Boden. So sorge ich dafür dass meine Trinkstelle rundum sauber bleibt. Kleine Essensreste in den Wassertropfen weiche ich mir damit auf, am Nachmittag mag ich das ganz gerne als kleine Zwischenmalzeit.

Nach dieser Schwerstarbeit brauche ich einige Stunden Schlaf.

Während des Schlafes bekomme ich Blähungen von der Gemüseverdauung. So wissen alle die nach Hause kommen, dass ich den Müll aufgeräumt habe.

Ich schlage mehre Fliegen mit einer Klappe Je nach Wetterlage, sprich weder zu heiß, noch zu kalt, begleite ich Conny oft zur Arbeit. Sie ist Schornsteinfegerin und ich mag es nicht so gerne wenn sie alleine fährt. Sie ist unser Mädchen und braucht Schutz. Ich liege dann den ganzen Tag auf dem Beifahrersitz und stalke jedes Haus in dass sie geht.

Dauert es sehr lange, befürchte ich etwas Schlimmes und springe rüber auf den Fahrersitz. Ich warte weitere bange Minuten. Im Falle einer Flucht können wir so schneller los. Ich weiß wie man Auto fährt, ich beobachte das seit Jahren.

Bisher musste ich noch nie einschreiten. Manchmal stellt sie mir einen Kaffee hin. Ich weiß, dass er für mich ist, wenn der Deckel auf dem Becher fehlt. Sie meckert zwar, wenn ich den Kaffee gesoffen habe, aber wirklich böse ist sie nie mit mir, ich habe mein Mädchen gut im Griff.

Im großen und ganzen machen wir zwei fast alles zusammen.

Wir arbeiten zusammen, wir joggen zusammen (bis vor kurzer Zeit bin ich Halbmarathon mit ihr gelaufen, aber jetzt, wo sie älter wird, schafft sie das nicht mehr). Ich wecke sie jeden morgen, gleich gegen 5.30 Uhr. Ich passe auf, dass sie nicht verschläft. Sicherheitshalber tue ich das auch sonntags. Ich bin ein sehr konsequenter Hund, liebe es, am frühen Morgen in den Wald zu gehen. Noch war keiner da, und ich bin der erste der alles markiert! Abends tue ich das nochmal, ich pinkel über die Nachrichten der anderen Rüden und schlabbere an den Tröpfchen der Damen, um festzustellen welche für mich die Beste ist.

Pirmin spielt am frühen Morgen „toter Hund“, ihn wecke ich nicht.

So, nur noch eins zu mir....den Namen Pypys finde ich nicht so toll, deshalb reagiere ich da so gut wie nie drauf. Wenn sie mich rufen, lege ich meine Schlappohren eng an den Kopf und höre nichts mehr. Ignoranz ist eine meiner größten Stärken!

Jetzt aber zum Grund meines Buches. Ich gehe auf Reisen. Sie sagen, es wird toll, und ich werde viele viele Abenteuer erleben. Wir fahren mit unserem VW T3 Bulli.

Das Auto ist schon über 40 Jahre alt. Nun, wir werden sehen. Ich habe mein Plätzchen direkt an der Tür. So kann ich über alles wachen.

Die Tage vor der Abreise stehen an, ich fühle das. Sie räumen sehr viel aus der Wohnung raus, das passt doch gar nicht alles in den Bus. Meinen schönen Balkon haben sie komplett abgeräumt, als würden wir ausziehen, nur mein Außenplatz steht noch. Ich war heute Abend mit am Bus, mein Bett steht noch nicht drin, alles andere scheint schon fertig. Eine große neue Matratze, Bettzeug, Kleidung, Outdoorutensilien, es scheint als wäre alles bereit. Nur für den Hund....da sehe ich nichts. Am Schluss haben sie geschwindelt und nehmen mich gar nicht mit??? Das würden sie doch nicht tun, oder etwa doch? Pirmin vielleicht, aber Conny fährt nicht ohne mich. Aus reinen Sicherheitsgründen renne ich jedes mal mit zur Wohnungstür damit sie mich bloß nicht vergessen. Ich höre wie Conny sagt „Super, das Futter für Pypys hat gerade gereicht, jetzt ist es leer“. Wie bitte?? Ich habe nichts mehr zum Fressen? Das hört sich nicht gut an.

Aber nun der Gipfel. Sie zersägen mein Bett!!!! Sie verkleinern es! Ich versuche, das zu verhindern, springe immer wieder darauf, kämpfe um mein Hab und Gut, immer wieder verscheuchen sie mich, sie schimpfen, ich solle doch warten.

Ich warte nicht!

Ich habe kein Futter mehr, mein Bett nehmt ihr mir nicht. Sie sägen, sie reißen, ich bin hilflos und verzweifelt, sie sind zu zweit, ich ganz alleine, alleine und kraftlos, ohne Fressen. Ich durchschaue sie, sie nehmen mich nicht mit! Sie WOLLEN mich nicht mehr. Völlig entkräftet kugel ich mich auf dem letzten kleinen Teppich ein, den sie in der Wohnung haben liegen lassen. Kaum größer als ich selbst. Das ist alles, was ich noch habe. Ich winsel ganz leise, so leise dass sie es nicht hören. Sie sollen nicht wissen wie es mir geht. Mein Bett wurde aus der Wohnung getragen, sie haben es zersägt, damit es in den Mülleimer passt. Das weiß ich ganz genau. Pirmin hat sich einfach zum Schlafen hingelegt, Conny packt. Soll sie doch. Sie packt für ein Nimmerwiedersehen. Sioux der Hund wird vergessen. Ohne Futter, ohne Bett, ganz alleine in der Wohnung zum Sterben zurückgelassen. Sie lassen mich verrotten, verhungern, verdursten. Solange der Toilettendeckel oben bleibt, bleibt mir noch ein bisschen Wasser, damit verzögere ich meinen qualvollen Tod. Ich erinnere mich, vorgestern war Connys Mutter hier, hat den Briefkastenschlüssel geholt. Sie kommt nicht in die Wohnung, sie wird mich nicht finden. Pirmins Schwester Christine war hier, hat den Wohnungsschlüssel geholt, alle 3,4 Wochen soll sie mal nach dem Rechten sehen. Sie wird mich nur noch als Skelett finden. Ja, so einfach geht das mit den Menschen, man hört es doch immer wieder wie andere Hunde sagen „Du, der Hund da drüben wurde im Wald gefunden, ausgesetzt an einem Baum, der andere dort, der ist gar nicht mehr da, der immer so viel gebellt hat und um Hilfe gerufen hat, der wurde ins Tierheim gebracht ect ect. Aber all das ist harmlos im Vergleich zu dem was mit mir passieren wird. Hund ohne Futter, ohne Wasser, ohne Bett in der Wohnung zurückgelassen. Mein Schicksal wurde besiegelt. Nach 11,5 Jahren wird Sioux der Hund nicht mehr gewollt.

Mein Seufzer hallt durch die ganze Wohnung. Ich weine. Ich schließe meine Augen, wenn schon, dann soll es schnell gehen.

Ich bleibe liegen und warte auf den Tod. Ich bin ein sehr sehr unglücklicher Hund.

Es ist 2.00 Uhr nachts. Ich höre wie Pirmin aufsteht, soll er, er hat gewonnen. Jetzt ist er ganz alleine der Chef, ich habe keine Kraft mehr.

Conny steht auf, soll sie doch. Ich wedele nicht, ich hebe mein Köpfchen nicht. Ich bleibe auf meinem Sterbeteppich, ich habe ihnen mein Hinterteil zugedreht, das ist mein letzter Protest. Vielleicht erinnern sie sich irgendwann daran.

Und jetzt gehen sie einfach, inkl. Kühlbox, frisch aufgebrühten Kaffee (ich erinnere mich so gerne an den letzten Kaffee den ich im Auto gesoffen habe, das waren noch Zeiten), sie nehmen ihre Papiere und schließen die Wohnungstür hinter sich.

Verräter!! Schämt Euch! Wie könnt ihr nur? Der „Dreckarsch, welcher so schnell nicht kaputt geht“ geht nun in die ewigen Jagdgründe ein. Sioux der Hund verabschiedet sich kläglich und einsam.

Im Halbschlaf höre ich, wie die Wohnungstür noch mal aufgeht, wohl was vergessen ihr Arschlöcher.

„Komm Pypys, mein Bub, es geht los, auch für dich. Los auf, du alte Schlafmütze“ Ich traue meinen Ohren nicht, das muss der Wasser.- und Futtermangel sein, ich halluziniere.Höre Connys Stimme, mein Wunschdenken. „Ja, was ist denn los? Schlafen kannst du im Bulli“ Ich öffne meine Augen, keine Halluzination, Conny steht an der Tür. Sie meint es ernst.

Kein Mensch kann fühlen was ein kleines Hundeherz fühlt wenn es merkt, dass es nicht vergessen wurde. Ich springe hoch, alle 4 Pfoten werfe ich in die Luft, so schnell bin ich. Ich winsel vor Freude, „pssst, nicht so laut, Pypys, der Rest vom Haus schläft“. Mir egal, ich dampfe los was das Zeug hält, nein, ich brauche keine Leine, ich weiß ganz alleine wohin ich muss. Ich weiß wo der Bus steht. Ich rase die Treppe runter, Conny schüttelt lachend den Kopf, machs gut Sterbeteppich, leck mich doch. Ich lebe, ich werde weiter leben. Ich heize über den Parkplatz, ab zum Auto, die Seitentür ist geöffnet, ich muss laut lachen....da steht meine Reisebox und in ihr drin liegt, ja was wohl, mein Bett. MEIN BETT!! Sie haben es verkleinert damit es in die Box passt, aber mein wunderschönes orthopädisches Hundebett, da ist es. Sie meinen es ernst. Ich bin dabei! Pypys fährt mit, egal wohin. In den Süden, in den Norden, mir alles egal. Mein Leben ist toll. Ich werde euch beschützen, weiterhin den Müll für euch sortieren, ich wecke euch früh morgens, damit wir den Tag nicht versäumen. Ich bin ein sehr sehr glücklicher Hund.

….......ihr Arschlöcher!! Wollt ihr mich schmoren? Ein Brathuhn aus mir machen? Ein Spanferkel? Es ist heiß. Sehr sehr heiß, die Kühldecke, die ihr mir gegeben habt, nützt nichts.

Heute morgen um 6.30 Uhr holt ihr mich aus dem Auto, na endlich. Was glaubt ihr denn wie lange ich schlafe? Pirmin geht mit mir eine Runde, Männergeschäfte machen, wie er das nennt. Wie so oft will er mir sagen, wo ich hingehen darf und wohin nicht. Auf sein „nicht da drüben rein“, gehe ich erst recht „drüben rein“ und stürze in einen Zaunrest, ich mache den Frosch. Himmel, tut das weh, warum warnt mich niemand?

Kann er sich nicht klar ausdrücken? „Vorsicht, Hund, da droht Gefahr“? Trotzdem springe ich aus dem Graben, ich zeige ihm nicht meinen Schmerz, ich warte bis ich Conny sehe, dann fange ich an zu humpeln. „Schau, was er wieder mit mir gemacht hat, dein Göttergatte, Er möchte mich beseitigen, die Konkurrenz auslöschen“ Conny kümmert sich rührend um mich, sie tastet mich ab, küsst meinen Kopf, und gibt mir Wasser. Ich habe Schmerzen und gehe wieder in mein Bett. Alle drei schlafen wir. Und während des Schlafes merke ich, dass es immer heißer wird.

Es ist 11.30 Uhr als man mich erneut aus meinem kleinen Backofen befreit. Ich dampfe über ein Feld, bzw. ich möchte los dampfen, aber dann erinnert mich mein Schmerz in den Beinen an meine Froschlage vom frühen Morgen, ich muss langsam machen.

Trotzdem bin ich einigermaßen zufrieden, ich bekomme Futter, endlich frisches kaltes Wasser und lege mich unter den Bus in den Schatten. Ich höre ihrem Gespräch zu und erfahre, wir sind in Reutte, Österreich, hier war ich doch schon einmal. Lange her, aber ich vergesse nichts.

Leider bleiben wir nicht hier, es geht direkt weiter. Wir halten an einem „Fressnapf“ an, und Conny nimmt mich mit hinein.

OK, ich nehme das hier, von dem hier ein bisschen, und das da hinten, das nehme ich auch. Ohne zu nörgeln steige ich wieder in meine Box, mein Futtervorrat ist gut gefüllt, mir kann nichts passieren. Dachte ich. Als wir über den Brennerpass fahren, ändere ich meine Meinung. Noch nie im Leben, wirklich NOCH NIE wurde ich dermaßen gequält. Die Sonne brutzelt, sie verbrennt mich. Da helfen auch die Pausen nichts, sie kühlen mich, überschütten mich mit kalten Wasser, sie lassen mich im Schatten liegen, aber immer wieder muss ich in die Box. Das ist der schlimmste Tag meines Lebens. Ich sehne mich zurück zum Sterbeteppich, dann wäre schon alles vorbei.

Es ist fast 22.00 Uhr als diese Tortur endet. Ich bin fix und fertig, mir gefällt es hier nicht, egal wo wir sind. Ich entdecke andere Campingfahrzeuge. Ein Campingplatz, das ist doch kein Abenteuer. Für mich bedeutet das, an der Leine zu bleiben, keine Freiheit. In der Sonne schmoren. Ich fange an zu nörgeln, mache meinem Unmut Luft. Meine Beschwerde kommt nicht gut an. Ich soll bitte ruhig sein, sagen sie. Nö, bin ich nicht. Ich bin komplett unzufrieden und das sollen sie wissen. Ich drehe jetzt richtig auf. Ich bin NICHT still. So einfach geht das nicht.

Diese Gesamtsituation passt mir nicht. Conny läuft jetzt mit mir los, ein Nachtspaziergang also, ok, ich komme mit. Wenn sie nochmal los möchte, muss ich auf sie aufpassen. Aber ICH gehe vor, ich habe sie an der Leine und marschiere in die einzige Richtung, welche ich erkennen kann. Ich spitze meine Ohren, Vorsicht ist geboten. Ich höre da ein Geräusch, ich kenne es, aber ich kann es noch nicht einordnen. Moment mal....jetzt fällt es mir ein, kombiniert mit dem Geruch würde ich sagen, ich bin am Wasser und ich höre Wellen. Das kenne ich von der Ostsee, habe ich euch schon gesagt was für ein begnadeter Schwimmer ich bin? Ich bin ein Wellenbrecher, ein Seehund.

Ich glaube tatsächlich, in der Dunkelheit Wasser zu erkennen, das wäre ja wunderbar, ganz nach meinem Geschmack.

„Schau, Pypys, der See“. See? Was ist das? Meine Pfoten tauchen ein, ooooh herrlich erfrischend, ich nehme eine Schnauze voll. Schmeckt gar nicht salzig. Mein vor Hitze geschundener Körper ist dankbar, und ich gehe langsam voraus, meine Leine ist nicht mehr da. Ich bin frei!! Und in der Dunkelheit erkenne ich da hinten etwas, was im Wasser hin und her schaukelt. Da will ich hin. Pirmin sagt oft „Die Neugier bringt diesen Hund irgendwann um“. Ja, vielleicht irgendwann, aber nicht heute. Und ZACK, schon bin ich „on the Way“. Ich paddele los, immer weiter und weiter und weiter.

Ich bin da. Eine Heulboje. Mit der Pfote schlage ich ab.

Geschafft, ich drehe um und schwimme zurück. Aber nur um kurz Luft zu holen, und direkt wieder los, Bahnen schwimmen, hin zur Boje, zurück zum Ufer, hin zur Boje, zurück zum Ufer.

Leider nur 2x, dann ist Sense für heute. Wir gehen zum Bus, ich muss mich noch trocknen, was bei der Hitze, selbst heute Nacht, aber schnell geschieht. Meine Unzufriedenheit ist wie weggeblasen, sie haben mich ans Wasser gebracht. Glücklich und dankbar schlafe ich ein.

Der nächste Tag ist wieder sehr sehr heiß, aber ich jammere alle 2 Stunden, dann geht einer mit mir schwimmen und ich kühle runter. Ich scheine der einzige Hund zu sein, der so etwas tut. Das bestätigt mich selbstverständlich in meiner Ansicht, dass ich hier der Campingchef bin. Ich belle aufgeregt, sobald ich am Wasser bin. Das zieht erst einmal die Aufmerksamkeit aller auf mich. Wenn ich die habe, paddele ich los, ich tut so als würde ich den Stock nicht sehen den sie mir ins Wasser geworfen haben. So drehe ich also eine Extrarunde, nun kann mich jeder bewundern. Für den Fall, dass es immer noch welche gibt, die mich nicht sehen, gebe ich beim Schwimmen laute, gurrende Geräusche von mir. Somit wissen alle: Sioux der Hund ist da! Ich lebe von nun an an einem großen See und übernachte unter Olivenbäumen, es hätte mich echt schlimmer treffen können.

Was soll ich sagen... es kam schlimmer!! Wir reisen ab. Jetzt wo ich alles im Griff habe, mich einlebe, es mir sehr gut gefällt, packen sie den Bus und wir fahren in die Nacht hinein.

Gefühlt fahren wir die ganze Nacht durch. Unser Bulli fährt nicht sehr schnell, wisst ihr. Bergauf kackt er völlig ab.

Scheinbar ist er überladen, aber an mir kann es nicht liegen, ich wiege gerade mal 28kg, obwohl ich recht groß bin, ich bin halt sportlich und schlank. Ich hänge während der Fahrt so meinen Gedanken nach und schlafe irgendwann ein. Es ist ein bisschen frisch heute Nacht und die Luft ist auf einmal furchtbar schlecht. Ich höre wie sie davon reden wie lange dieser Tunnel ist. Ich habe keine Ahnung wovon sie reden, aber mir wird schlecht. Und dann stoppen wir, in letzter Sekunde, mein Magen dreht sich und ich muss kacken. Als wir aussteigen, trifft mich direkt der Schlag, Himmel, ist das kalt. Aber die Luft ist herrlich, ich kann schon den Morgen und die langsam aufgehende Sonne riechen. Also mache ich mich direkt an die Arbeit. Ich pinkel überall hin, versuche innerhalb der kurzen Zeit das ganze Gebiet zu markieren. Sehr gerne würde ich jetzt alles erkunden, aber wir gehen schlafen und sie wachen ewig nicht auf. Ich fange an zu jammern und wecke sie. Es wird Zeit! Als ich raus komme, reiße ich meine Hundeaugen auf, wow, wie schön es ist. Ich sehe einen Berg, graue Felsen. Mit Schnee bedeckt. Einen herrlich grünen Wald, gut duftende Kiefern und Tannen und genau da laufen wir rein. Ich renne frei, es ist toll. Pirmin ruft mich, und ich sause zurück. Ich habe einen guten Tag heute. Ich höre wie er sagt „Guck mal, kaum sind wir in Frankreich, hört er plötzlich, der kleine Dreckarsch“. Oohhhlalalalaaa, in Frankreich bin ich also, Mademoiselle, ce vo plae....ja, ich kann wenn ich will. Deshalb gefällt es mir also so gut. Der Franzose ist daheim.

Und während ich so durch den Wald dampfe, überfällt mich ein Gedanke, was wenn....oh weh, was wenn...was wenn wir nur hier sind, weil sie mich in Frankreich aussetzen wollen? Erst neulich hab ich irgendwo ein Gespräch aufgeschnappt, es ging um einen Hund, den hat man auch mit in den Urlaub genommen und ihn dann einfach ausgesetzt. Autotür auf, Hund raus, Auto weg. Mir wird es ganz anders zumute und ich renne zurück. Ich lasse sie nicht aus den Augen, ich muss vorsichtig sein, darf nicht an die bedingungslose Liebe glauben. Immer wachsam sein, im Hinterkopf. Sie lächeln mich zwar an, aber was tatsächlich in ihnen vorgeht, das weiß ich ja auch nicht.

Und so kommt es, dass ich ihr Gespräch belausche. Sie erinnern sich an die Zeit als sie schon einmal hier waren. Wie bitte? Wann soll das gewesen sein? Wieso weiß ich da nichts davon. Schließlich war ICH noch nicht hier. Sie schwärmen von Mont Blanc und dem Ort Chamonix. Vor 6 Jahren, sagen sie. 6 Jahre? Da war ich gerade mal 5. Und jetzt dämmert es mir....damals dachte ich auch sie hätten mich ausgesetzt. Sie nannten das Tierpension, ich nannte es die Hölle. Als sie mich endlich dort rausholten und ich einen riesigen Sack Futter im Auto sah, dachte ich, sie waren unterwegs um Verpflegung für mich zu besorgen und ich hatte sie direkt wieder geliebt. Jetzt aber, am heutigen Tag, bricht erneut mein Hundeherz. Denn soeben wurde mir klar, dass ich belogen wurde. Sie waren hier.

Hier an diesem wunderschönen Ort, ohne mich. Ich bin sehr traurig, ich kann nichts dafür, meine Schlappohren hängen, und ich trottel müde hinter ihnen her. Ich möchte alleine sein, in mein Bett, den Schmerz weg schlafen. Scheinbar bemerken sie meine Trauer, denn wir fahren auf einen, zugegeberner maßen, sehr schönen Platz, bauen auf, und ich bekomme mein Bettchen in eine Ecke unter den Bäumen. Mir gefällt es, aber ich möchte heute nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Ich drehe ihnen, mal wieder, mein Hinterteil zu, und mit einem sehr tiefen Seufzer schlafe ich beleidigt ein.

Am nächsten Morgen ist Conny sehr früh wach, ich habe draußen übernachtet. Es war herrlich und ich möchte nicht mehr motzig sein. Die Sonne steht schon am Himmel der in einem wahnsinnig tollen blau erstrahlt. Als ich sehe wie sie meine Joggingleine holt, habe ich den ganzen Groll in mir vergessen. Wir joggen einen kleinen Berg runter, vorbei an einem kleinen Bach und wunderschönen Bergblumen, hinab in einen tollen Park. Ich erkenne satte grüne Wiesen, Gänseblumen, sogar Schmetterlinge fliegen hier. Wir rennen den ganzen Weg bis nach Chamonix, über eine Brücke unter der ein wilder, lauter Bach donnert (er macht mir ein bisschen Angst) und den ganzen Weg auf der anderen Seite wieder zurück. Auf dem Rückweg kommen wir an einem kleinen See vorbei, er scheint mir nicht sehr tief zu sein, Seerosen schwimmen darauf, und Conny möchte spielen. Sie wirft einen Stock ins Wasser und ich tue ihr den Gefallen, springe hinein.

Sehr erfrischend. Ich hole den Stock raus. Das tut sie 3,4 mal.

Ich habe das Spiel noch nie verstanden und habe jetzt auch keine Lust mehr, ich habe Hunger. Ich kläffe also wild herum als der Stock erneut fliegt und sause einfach davon. Wenn sie weiterspielen möchte, soll sie selbst ins Wasser springen, für mich ist Schluss. Zurück auf dem Platz traue ich meiner Nase kaum, ich schnüffel erneut, aber ich behalte recht. Frische Kartoffeln, extra für mich. Sie haben also ein schlechtes Gewissen weil sie mich vor Jahren in die Hölle geschickt hatten und machen es wieder gut. Heute bin ich ein sehr glücklicher Hund, ein Franzose in Frankreich, in einer wundervollen Natur und mit frischen französischen Kartoffeln.

Ich freue mich auf die nächste Zeit. Wir besteigen einen Berg zusammen, sehr steil und anstrengend für die beiden. Der Weg ist sehr geröllhaltig, und Conny lässt mich nicht von der Leine, ich muss sie führen und teilweise hochziehen. Auf halber Strecke, in etwa, machen wir ein Picknick und schauen uns den gegenüber liegenden Mont Blanc an. Ich liege entspannt unter einem Baum und genieße mein Hundeleben, während die beiden im Gras sitzen und schwitzen.

Den Abstieg versucht Conny alleine. Sie macht mich von der Leine und ich heize voraus. Ich bin noch lange nicht müde und erinnere mich an ein kleines Wasserbecken, das ich aus den Augenwinkel beim Aufstieg entdeckt hatte. Dort springe ich hinein und kühle meinen warmen Bauch, lösche meinen Durst.

Im Großen und Ganzen brauche ich die Beiden nicht, ich käme wunderbar alleine zurecht. Leider traut sich Conny nicht ohne mich durch den Ort zu laufen, und sie leint sich wieder bei mir an. Ich bringe sie wohlbehütet zurück zum Campingplatz. Ein sehr schöner Tag liegt hinter mir. Ja, man könnte sagen, ich bin zufrieden.

Die Tage hier sind heiß, aber nicht ganz so wie am Anfang, wir können bis in den Vormittag hinein Unternehmungen machen, dann erst wieder am Abend. Wir gehen zusammen nach Chamonix und essen französischen Käse, sie trinken französischen Wein dazu, ich bleibe mal bei einem erfrischenden Wässerchen. Den Käse mag ich aber auch sehr.

Dazu 1,2 Träubchen. Ich weiß wie es sich als Franzose gut leben lässt. Ich kannte mal einen Hund der jeden Tag Bier trank. Er wurde sehr krank und war Alkoholiker. Ich bin zu gesundheitsbewusst um mir ich das anzutun.

Leider geht es auch von hier irgendwann wieder weiter, und wieder fahren wir am frühen Abend, nur 2 Stunden. Wieder an einem See, das tun sie für mich, ich brauche Abkühlung.

Hier ist es allerdings ein bisschen langweilig, und ich fange an zu nörgeln. Ich nörgele in der Regel so lange, bis man etwas mit mir unternimmt. Nun, heute hatte ich damit keinen Erfolg, und ich lande in meiner Box :-(

Das gibt mir die Zeit, wieder genau hinzuhören was sie erzählen. Wir können von hier aus die Pyrenäen sehen. Den Begriff kenne ich nur zu gut. Pirmin sagt oft „Bracke Pyrenäe, das sei die Hunderasse, welche ihm ursprünglich so gut gefallen hatte, bis ich kam. Er erwähnt dann immer, dass dieser andere Hund bestimmt nicht so eine Katastrophe gewesen wäre, wie ich.

Ich bin sehr eifersüchtig auf diesen Hund. Wenn ich diese Woche in den Pyrenäen den ersten Bären verscheucht habe, wird er seine Meinung ändern und erkennen, was für ein unglaublicher Kraftprotz ich bin......

….....ich war eine Bracke Pyrenäe, für ca. 30 Minuten. Alles