Hauptsache Meerblick - Elke Stern - E-Book

Hauptsache Meerblick E-Book

Elke Stern

4,9

Beschreibung

Die amüsanten Kurzgeschichten beschreiben heitere, kuriose oder ärgerliche Erlebnisse des mobilen Reisens, die sich innerhalb und außerhalb des rollenden Zuhauses zugetragen haben bzw. zutragen können. Menschliche Schwächen und seltsame Verhaltensweisen, besonders auch die eigenen, die meist in einem ungewollten Ereignis enden, werden enttarnt und humorvoll beschrieben. Obwohl viele Orte und Urlaubsziele in Europas Küstenregionen erwähnt werden, ist dieses Buch kein Reiseführer im herkömmlichen Sinne, kann aber dennoch den einen oder anderen Reisetipp vermitteln und sollte, als unterhaltsame Lektüre, auf keiner Reise fehlen.

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Seitenzahl: 180

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The worst day at the beach

is better than

a good day at work!

Dieses Buch ist meinem verstorbenen Ehemann gewidmet, der mit seiner Lebensfreude, mit viel Humor und Improvisationstalent mein bester Begleiter im Leben und auf Reisen gewesen ist und der, trotz schwerer Erkrankung, nie seinen Optimismus verlor.

Inhaltsverzeichnis

Fernweh-Dialog

Wasser in Sicht

Highway-Hotel

Strandgeflüster 1

Heilig’s Blechle

Bettgeflüster 1

Pizza und Lambrusco

Eine Schwarze, eine Blonde

Italien – der Sonne wegen

Strandgeflüster 2

Schwergewichtige Giovanna

Italien – der Sterne wegen

Canossa ist keine Insel

Unbeschadet zurück

Mordsee

Bettgeflüster 2

Gestank oder Wohlgeruch

Abstrakte Kunst

Unglaubwürdig

Verbotenes Terrain

Nette Leute

Erblich bedingt

Die Einladung

Frankreich, Frankreich

Auf Abwegen

Unsichtbare Schönheit

Reise-Dialog1

Auto zu klein

Wein schmeckt fein

Der Mond von Sete

Du kommst hier nicht rein!

Das Propeller-Problem

Hitze der Großstadt

Wunsch des Wagens

Sie schießen wieder!

Geniale Idee

Charme und Schokolade

Kolossale Fassungslosigkeit

Frischer geht nicht

Nur zwei Produkte

Hund, Maus und Elefant

Naturgewalt

Rotwein für Alle

Reise-Dialog2

Der letzte Tag

Das Diesel-Mobil

Brot-Debakel von St. Tropez

Wind-Problem

Bettgeflüster 3

Der Anruf

Vom Atlantik zum Mittelmeer

Reise-Dialog3

Rette Frauchen

Sketch on the Beach

Bettgeflüster 4

Purer Luxus

Kunst und Düfte

Glück gehabt

Die Stechmücke

Wie kann man nur…

Zugabe:

Ute von der Route

Ein Wort zu den Fotos

Beginn der Foto-Dokumentation

Fernweh-Dialog

Schatz: „Du, ich höre es schon.“

Ich: „Was hörst Du denn?“

Schatz: „Das Rufen!“

Ich: „Welches Rufen?“

Schatz: „Du solltest es eigentlich auch hören.“

Ich: „Was? Das Rufen?“

Schatz: „Ja. Es ist sehr deutlich.“

Ich: „Leise oder laut?“

Schatz: „Es wird immer lauter.“

Ich: „Wer sollte denn da rufen?“

Schatz: „Das Meer!“

Ich: „Ach, sag bloß. Und, was ruft das Meer?“

Schatz: „Kommt schnell hierher!“

Ich: „Ja, jetzt höre ich es auch. Was kann man da machen?“

Schatz: „Dem Ruf folgen! Wir fahren über Ostern in den Süden!“

Ich: „Gute Idee! Aber morgen ist ja schon Grün-Donnerstag!“

Schatz: „Richtig! Wir fahren morgen los! Dann sind wir nämlich noch vor der großen Reisewelle, die am Karfreitag einsetzt, am Strand.“

Ich: „Dann gehe ich jetzt Auto einräumen und Betten beziehen!“

Wasser in Sicht!

Das bittere Leben manch anderer Geschäftsinhaber trifft auch uns: mit einem geschlossenen Geschäft lassen sich keine Geschäfte machen, der Verlust von Einnahmen ist das Ergebnis. Aus diesem Grund ist nur ein Kurzurlaub möglich. Aber immerhin: acht Tage raus, in die Sonne, ans Wasser.

Am Donnerstag früh, nachdem wir auch die Lebensmittel noch im Kühlschrank untergebracht haben, starten wir unsere Tour Richtung Italien. Nur noch wenige Stunden bis zur toscanischen Küste. Wir können es kaum erwarten, denn, es ist warm südlich der Alpenregion, sehr warm, eigentlich sogar heiß! Der kleine Ventilator in der Fahrerkabine ist zwar sehr bemüht, die Temperatur im Fahrzeug angenehmer zu machen, bleibt jedoch ziemlich erfolglos und verwirbelt nur die Luft. Erstes Aufatmen, sobald wir die Küstenregion erreichen, dann noch wenige Meter, zweimal abbiegen und …

„Wir sind daaaa!“ ruft Schatz, während er den Wagen parallel zum Strand abstellt.

Unsere Hündin Sunny hat ihren Schlafplatz verlassen und wartet, dass ich endlich die Türe öffne. Damit sie nicht direkt aus dem Wagen springt, mache ich also erstmal den oberen Teil der Seitentüre auf. Sunny sieht nach draußen, erblickt das Meer und ist vor Freude kaum mehr zu halten. Sie quiekt, macht wilde Luftsprünge und freut sich, als würde sie uns sagen wollen: „Seht nur dort: Wasser in Sicht!“

Ein solches Verhalten haben wir zuvor bei ihr noch nie erlebt, aber in diesem Moment wird uns klar: Sunny ist eine richtige ‘Wasserratte’. Und somit haben wir auch von tierischer Seite die Bestätigung: wir müssen noch viel öfter ans Meer fahren!

Highway-Hotel

Der Wetterbericht hat nicht gelogen und wie von uns erhofft, können wir unseren ersten Urlaubstag an der See bis in den späten Nachmittag im Freien verbringen, am Wasser spazieren gehen, mit dem Hund zwischen den Dünen toben oder einfach nur in der Sonne sitzen.

Glücklich und zufrieden stellen wir - mehrfach an diesem Tag - gemeinsam fest, dass unsere Entscheidung, dieses Wohnmobil zu kaufen, vollkommen richtig war. Wir sind zwar noch nicht perfekt ausgestattet, aber so lässt es sich erst einmal leben, ist unser Resümee.

Auch unsere Hündin Sunny, ein Bernersennen-Mix, freut sich, dass sie endlich in einem - ihrer Größe angemessenen - Auto ausreichend Raum findet und sich nicht mehr mit dem engen Rücksitz des PKW begnügen muss. Von nun an liegt sie während unserer Fahrten immer im Fußbereich des Fahrerraumes, den Kopf bequem auf der Stufe zwischen Wohnbereich und Fahrerkabine abgelegt, genau dort, wo die Vibrationen des Dieselmotors am besten zu spüren sind. Sobald der Motor jedoch gedrosselt wird, weil wir einen Parkplatz, eine Tankstelle oder unser Ziel erreichen, steht sie auf, blickt aus dem Fenster, um zu prüfen, wo wir sind und ob wir uns bereits am Meer befinden.

Am Abend gibt es selbstverständlich, weil wir ja in Italien sind, ein Spaghetti-Gericht, dazu Rotwein, den wir auf dem Weg hierher noch eingekauft haben. Wir reden und reden, während es draußen dunkel wird. Schatz hat mittlerweile eine Liste begonnen und notiert Dinge, die uns im Auto noch fehlen: FAHRTENBUCH, KLEBEBAND, SCHMUTZFANGMATTE, KERZEN, KERZENHALTER, TEELICHTER, SPIELKARTEN, SCRABBLE-SPIEL.

„Sollen wir jetzt mal testen, ob wir in unserem Hochbett überhaupt schlafen können“ fragt Schatz zu vorgerückter Stunde. „Gute Idee!“ ist meine Antwort, während ich bereits beginne, die Schuhe auszuziehen. „Ich liege hinten“ gebe ich lachend von mir und klettere die drei Sprossen der Metall-Leiter hoch, um das Bett im Alkoven zu erreichen. Kurz darauf krabbelt auch Schatz nach oben. Dank der Fenster an allen drei Seiten unseres Alkovens haben wir von hier oben einen tollen Überblick. „Das ist doch genial“ höre ich meinen Liebsten schwärmen „genau so habe ich mir das vorgestellt: von meinem Bett aus kann ich das Wasser sehen, das Rauschen des Meeres und die Möwen hören. So muss das sein!“ Ich gebe ihm Recht: dieses Erlebnis lässt sich kaum steigern.

Inzwischen liege ich auf dem Rücken und kann jetzt sogar den Sternenhimmel durch das Fenster sehen. Eingekuschelt in meine Bettdecke lasse ich Gedanken kommen und gehen. Eine Fernseh-Serie aus meiner Kindheit kommt mir in den Sinn: ‚Urmel aus dem Eis’, gespielt von der Augsburger Puppenkiste. Der Waran namens ‚Wawa’ bewohnt eine große leere Muschelschale, deren obere Hälfte sich öffnen und schließen lässt. Sein Freund ‚Ping’, der Pinguin ist allerdings etwas neidisch auf diese besondere Behausung und legt sich selbst gerne dort hinein, sobald Wawa nicht da ist. Der Pinguin hat, wie alle Tiere in dieser Sendung, einen liebenswerten Sprachfehler: er kann die Buchstaben ‚sch’ nicht aussprechen und ersetzt diese stattdessen mit ‚pf’. Spontan zitiere ich einige Zeilen aus der Story und ahme den Sprachfehler nach:

„Und die Sonne geht auf und unter und zieht über mich hinweg.

Und der Mond geht auf und unter und zieht über mich hinweg.

Und die Sterne gehen auf und unter und ziehen über mich hinweg.

Und ich liege in meiner Mupfel…eine pföne Mupfel ist das hier. Komm Pfatz, lass uns kupfeln!“

Schatz blickt mich zunächst irritiert an, bis er versteht, was meine Worte bedeuten und bricht dann in lautes Lachen aus. Seit diesem Augenblick nennen wir unser Wohnmobil - in albernen und kindlichen Momenten - Reise-Mupfel; ansonsten bekommt es den Namen Highway-Hotel.

Strandgeflüster

Ich: „Wer war das?“

Schatz: „Was ist passiert?“

Ich: „Die Schokolade liegt in der Sonne und ist total geschmolzen.“

Schatz: „Meine Schuld. Habe vergessen, sie wieder in den Kühlschrank zu legen. Überhaupt: es ist alles MEINE Schuld. Ich nehme

Alles auf mich - egal, was passiert.“

Ich: „Auch, wenn ich vergesse, nachts das Fenster zu schließen?“

Schatz: „Meine Schuld!“

Ich: „Und wenn irgend etwas am Auto kaputt geht?“

Schatz: „Meine Schuld!“

Ich: „Wenn wir während des gesamten Urlaubs nur Regen haben?“

Schatz: „Auch meine Schuld!“

Ich: „Das ist ja praktisch!“

Schatz: „Gilt aber nur für dieses Jahr.“

Ich: „Und dann?“

Schatz: „Im kommenden Jahr ist dann Alles DEINE Schuld.“

Ich: „Wenn Du während Reparaturarbeiten Deine neues Hemd ruinierst?“

Schatz: „Deine Schuld!“

Ich: „Wenn wir uns während der Reise verfahren?“

Schatz: „Du bist schuld.“

Ich: „Wenn der volle Kaffeebecher umfällt?“

Schatz: „Ist dann DEINE Schuld.“

Ich: „Damit könnte ich leben.“

Schatz: „Ein Jahr später habe ICH dann wieder die General-Schuld für alle Missgeschicke, die passieren.“

Ich: „Geniale Lösung; so machen wir das!“

Fortan wurde bei uns nie wieder darüber diskutiert, wer warum was falsch gemacht haben könnte. Gedankenloses Tun oder irrtümliches Handeln, dummes Verhalten oder absurde Allüren sind damit zwar nicht ausgeschlossen, bieten aber keinen Grund mehr, darüber zu streiten. Es funktioniert wirklich!

Heilig’s Blechle

Urlaub macht müde. Ein schöner Luxus, den wir an unseren Urlaubstagen in Anspruch nehmen ist: Mittagsschlaf. Auch an diesem Oster-Sonntag beschließen wir gegen 13.00 Uhr eine Mittagspause und liegen kurze Zeit später bereits in unserem Alkoven-Bett. Durch Zufall haben wir vor drei Tagen diesen schönen Lido an der toskanischen Küste gefunden und parken an der Uferstraße, mit Blick auf das Meer und den Sandstrand.

Die etwa zwei Kilometer lange Chaussee besteht aus zwei Fahrbahnen, die in der Mitte durch einen schmalen Grünstreifen getrennt sind. Die Straße leitet den Autofahrer zunächst an der so genannten ‚Fressmeile’ mit Cafés, Restaurants und Shops vorbei, um ihn dann, durch die Wendeschleife am Ende der Promenade, auf die Fahrspur in entgegen gesetzter Richtung zu führen, welche dann genau parallel zum Strand verläuft. Auf der gesamten Strecke sind neben der Fahrbahn ausreichend Parkflächen eingezeichnet. Es ist Anfang April und somit noch keine Saison für Langzeit-Touristen. Außer uns parken auch nur drei bis vier weitere Wohnmobile und ein paar PKW auf den dafür vorgesehenen Flächen. Während ich mir vorzustellen versuche, wie es hier wohl in den Sommerferien zugehen mag, fallen mir die Augen zu und selig befinde ich mich schon im Schlummerland.

‚Peng’ - eine Autotür knallt zu. ‚Peng’ – das Geräusch einer weiteren Autotüre. Dann noch einmal, nur heftiger: ‚Plopp’ und wieder ‚Plopp’. Kurze Zeit später werden zwei weitere Autotüren zugeschmettert. Stimmengewirr setzt ein, von dem ich allerdings nur Bruchstücke verstehen kann. „Buon giorno, Franco. Buon giorno, Bella mia. blablablablablabla „Ahh, la mare! blablabla“, „Pineta blablablablabla“, „blablabla domenica“ “blablabla Mama” Kindergejammer ergänzt die Geräuschkulisse und ein heftiges „blablabla basta!”. An Schlaf ist nicht mehr zu denken und ich sehe, dass es meinem Schatz genauso geht. Wir grinsen uns an und er meint „Sehr temperamentvoll, diese Italiener!“ „Das wird doch wohl nicht ein ganzer Reisebus sein?“ versuche ich die Situation, ohne sie sehen zu können, weil die Rollos an den Fenstern geschlossen sind, einzuschätzen. „Nicht einer! Eine ganze Busflotte scheint das zu sein!“ entgegnet Schatz amüsiert.

Wieder das ‚Blech-trifft-Blech-Geräusch’ - aha, eine Autotüre wird zugeknallt - und noch eine mit lautem ‚Peng’. Währenddessen draußen weiter parliert wird, begleitet durch viel Gelächter und ‚Peng’ (noch mal eine Autotüre). „Oh, heilig’s Blechle!“ stöhne ich „was machen die da bloß?“ „Mach Dir keine Gedanken“ versucht Schatz mich zu beruhigen, „alles ganz normal. Wir sind hier in Italien!“

Na gut, denke ich, dann eben heute keine Mittagspause, verlasse das Bett, ziehe meine bequeme Freizeitkleidung wieder an und öffne die Rollos, um die vermutliche Reisebusflotte sehen zu können. „Duuuu, Schaaaatz! Da ist kein einziger Reisebus angekommen“ verkünde ich verwundert, als ich sehe, dass lediglich zwei PKW vor unserem Fahrzeug parken; drum herum versammelt die - offensichtlich - gesamte Familie, bestehend aus Oma, Opa, der erwachsenen Tochter (Mama) mit ihrem Mann (Papa), deren drei Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren (Brüderchen, Schwesterchen und großer Bruder) sowie vier weitere erwachsene Personen (ich vermute, es handelt sich um Onkel und Tante sowie Cousin und Cousine). „Verblüffend, wie viel Lärm so ein paar Leute machen können“ stelle ich fest. „Ach, ist gleich vorbei, wenn sie alle zum Strand gehen“ beruhigt Schatz mich.

„Glaubst Du wirklich daran, dass die zum Strand gehen? Sieh nur mal, wie sehr die Frauen sich ‚herausgeputzt’ haben, richtig festlich gekleidet, sogar mit Kostüm und eleganten Pumps; mit solchen Stilettos geht doch niemand an den Strand…“ konstatiere ich und fühle mich in meiner bequemen Urlaubskleidung etwas deplatziert, bestaune jedoch etwas neidvoll die wunderschönen hochhackigen Schuhe der Frauen. „Warte nur ab“ antwortet Schatz wieder und wir verfolgen gespannt den Fortgang der Szene.

Onkel fällt ein, dass er eine Zigarette rauchen möchte, öffnet die Türe seines PKW, holt die Tabakwaren aus dem Fahrzeug und wirft danach mit einem ‚Peng’ die Türe zu. Nachdem er sich eine Zigarette zwischen die Lippen gesteckt hat, natürlich nicht, ohne seinen Redefluss zu unterbrechen, bemerkt er, dass sein Feuerzeug noch im Auto liegt. Autotür auf, Feuerzeug raus, ‚Peng’, Autotür wieder zu.

Zeitgleich erteilt Brüderchen seiner Schwester eine Ohrfeige; nicht fest, sondern einfach nur, um sie zu provozieren. Schwesterchen ist sauer und reagiert mit einem Tritt gegen sein Schienbein, was bei Brüderchen nun aggressives Verhalten, gepaart mit hysterischem Geschrei, auslöst. Der große Bruder ist völlig genervt, macht Autotüre auf, setzt sich gelangweilt ins Fahrzeug und ‚Peng’ knallt Autotüre zu.

Oma, die mich in ihrem hellblauen Kostüm und der auffälligen, aber gut gewählten Kopfbedeckung leicht an Queen Elisabeth von England erinnert, sucht etwas in ihrer Handtasche, spricht mit Opa, der sich daraufhin Richtung Kofferraum des hinteren Autos begibt: Kofferraumdeckel auf; durchsucht den Kofferraum, blickt zwischendurch immer wieder auf, um am Gespräch der anderen Familienmitglieder teilzunehmen, findet schließlich das Gesuchte und gibt es Oma. ‚Plopp’ Kofferraumdeckel zu!

So geht es eine ganze Weile. Schatz und ich amüsieren uns mittlerweile köstlich und wie gebannt setzen wir unsere Studie zum Thema ‚menschliches Verhalten am Lido’ fort. Inzwischen können wir - nur aufgrund des hörbaren Geräusches - erkennen, ob eine Seitentüre oder ein Kofferraumdeckel zugeschlagen wird: Seitentüren klingen wie ‚Peng’, Kofferraumdeckel eher wie ‚Plopp’.

Nach etwa fünfzehn Minuten scheint es so, dass man nun bereit ist, an den Strand zu gehen (auch großer Bruder, nun mit einem Fußball im Arm, hat das Auto wieder verlassen, natürlich mit lautem ‚Peng’ beim Zuschmeißen der Türe) und der ganze Pulk entfernt sich gemächlich von den Autos am Straßenrand. Schwesterchen, jetzt wieder große Dame mimend, trägt stolz ihre Barbiepuppe und so allerlei Puppenzubehör in ihren kleinen Händen und Brüderchen streitet sich mit großem Bruder um den Ball. Mama tut einen prüfenden Blick zum Himmel und stellt fest, dass es möglicherweise bald regnen könnte. Daraufhin tritt Papa den Rückweg zu seinem geparkten Fahrzeug an (Gott sei Dank sind es nur etwa zehn bis zwölf Schritte), schließt den Kofferraum auf, hebt den Kofferraumdeckel hoch und blickt ratlos in den Gepäckraum seines Wagens, bis er den Schirm findet, diesen triumphierend in die Höhe hält, damit Mama sehen kann, dass er ihn gefunden hat, schmeißt mit dem typischen dumpfen Blechgeräusch den Deckel zu und eilt dem Rest seiner Familie hinterher.

Zwischenzeitlich hat Opa sich seines Mantels entledigt; ist doch zu warm heute; nee, nicht über den Arm hängen; lieber ins Auto legen, und so begibt auch er sich zurück zu seinem PKW, hat aber mittlerweile schon mehr als zwanzig Meter zu laufen, begegnet unterwegs Papa, der ihm wild mit den Armen fuchtelnd ein paar Worte zuruft und erreicht schließlich sein Fahrzeug. Seitentüre aufschließen, Türe öffnen, Mantel rein werfen, Türe zuwerfen ‚Peng’. Greift sich mit der Hand an die Stirn, ah ja, da war noch was: Türe wieder auf, Oberteil von Opa verschwindet im Fahrzeug, taucht wenige Augenblicke später wieder auf, die lederne Kameratasche mit dem langen Tragegurt hängt er sich nun quer über seinen Oberkörper, schmeißt Türe (mit dem nun schon bekannten Geräusch) zu und beginnt, dem Rest der Familie, so schnell es geht, zu folgen. Wer schon einmal durch eine Dünenlandschaft mit trockenem, weichem und tiefem Sand gestapft ist, weiß, dass jeder Schritt mühsam und ein schnelles Fortkommen kaum möglich ist.

Auf halbem Weg kommt ihm, die vormals perfekt frisierte Cousine entgegen, mit mittlerweile vom Wind völlig zersausten Haaren, man sieht ihr an, dass ihr das Laufen mit den Stöckelschuhen im Sand keinen Spaß macht, aber die Frisur, die Frisur… Am Auto eingetroffen, öffnet sie die Türe und setzt sich hinein und ‚Peng’ - Türe zu. Aha, denke ich, hat sich wohl entschlossen, im Wagen zu bleiben. Falsch gedacht, denn Cousine öffnet nach zwei Minuten die Türe des Autos, steigt mit größtmöglicher Grazie aus; ein großes Kopftuch mit buntem Blumenmuster verhüllt nun ihre Frisur; prüfend wirft sie einen letzten Blick in den an der Autotüre befestigten Außenspiegel, ist offensichtlich mit dem Ergebnis zufrieden, wirft Türe zu - ja, genau mit diesem Ton der zuknallenden Seitentüre!, hält Ausschau nach dem Rest der Familie am Strand und macht sich sogleich - laut fluchend - auf den beschwerlichen Weg mit Stöckelschuhen durch den Sand dem Meer entgegen.

Schatz und mir laufen bereits die Tränen vor Lachen. „So, jetzt ist aber wirklich Ruhe. Ich denke, nun haben sie es endlich geschafft“ sage ich hoffnungsvoll zu meinem Schatz.

Aber nein, man mag es kaum glauben, was ist das denn? Onkel! Ja, auch Onkel befindet sich nun plötzlich auf dem Rückweg zum Wagen, den Regenschirm, welchen Papa noch vor wenigen Minuten holen musste, hat er locker über seinem gebeugten Arm hängen. „Aah“ bemerke ich lachend, gibt wohl doch keinen Regen!“

Onkel hat jetzt aber schon eine Wegstrecke von mehr als fünfzig Meter zurückzulegen und ich bedauere ihn etwas. Er erreicht sein Fahrzeug, schließt Kofferraum auf, legt Schirm hinein, schmeißt Kofferraumdeckel mit lautem ‚Plopp’ zu, geht zur Seitentüre und öffnet diese, setzt sich hinein und lässt Türe offen stehen. „Huch, was ist jetzt los? Das ist ja wohl kein echter Italiener oder?“ amüsiert sich Schatz noch, während das deutlich hörbare ‚Peng’ uns zu erkennen gibt: Jetzt: Türe zu!

Wir rätseln, was Onkel wohl in seinem Fahrzeug machen wird und haben die verrücktesten Theorien, noch immer mit Lach-Tränen im Gesicht und Muskelkater im Bauch. Nach wenigen Minuten öffnet sich die Autotüre wieder, Onkel tritt auf die Straße. „Oh, sieh mal“ und ich stupse meinem Schatz in die Seite „an so etwas hatten wir gar nicht gedacht in unseren Überlegungen“. Onkel trägt in der linken Hand eine bereits geöffnete Flasche Vino Rosso, mit der anderen Hand balanciert er einen Stapel Pappbecher, besorgt darauf achtend, dass der mittlerweile stark auffrischende Wind die Becher ihm nicht entreißen möge. Schwungvoll und sportlich kickt er mit seinem rechten Fuß die Autotüre (Peng!) zu, verharrt eine Sekunde: oh, abschließen… geht nicht, weil keine Hand frei, klemmt sich die Pappbecher unter den linken Arm, da er ja in der Hand dieses Armes bereits die Weinflasche hält, - nein es wird kein Wein verschüttet! - zieht den Autoschlüssel aus der Hosentasche und verschließt das Fahrzeug.

Jaaa, es kommt, wie zu erwarten war: leider, leider haben sich die meisten der Pappbecher verselbständigt, sind zu Boden gegangen und vollführen nun, angespornt durch den Wind, einen wilden Tanz über die gesamte Straßenbreite. Nachdem Onkel den Autoschlüssel in der Hosentasche versenkt hat, nimmt er die verbliebenen Becher in seine nun wieder freie rechte Hand, prüft grob die Stückzahl der restlichen Trinkgefäße und beschließt, dass drei Becher reichen müssen. Suchend hält er Ausschau nach dem Rest seiner Familie, die nur noch als Winzlinge in wenigstens zweihundert Metern Entfernung auszumachen sind und begibt sich abermals auf den Weg Richtung Wasser. Ich bin nicht sicher, ob die Weinflasche noch voll ist, als er dort eintrifft…

„Hah! Endlich geschafft! Wird auch Zeit! Ich kann nicht mehr“ pruste ich mit letzter Kraft heraus und bin um Fassung bemüht, breche aber direkt wieder in Lach-Gebrüll aus, als es - dieses Mal hinter unserem Wohnmobil - abermals laut ‚Peng’, ‚Peng’, kurze Pause und … ‚Plopp’ macht.

Tagestouristen kommen und fahren wieder, manche zeigen ähnlich auffälliges Benehmen wie soeben beschrieben, andere sind weniger extrem.

Übrigens: auch in Deutschland ist das Autotüren-Phänomen zu finden. Insbesondere bei Wohnmobil-Reisenden, die einen Kastenwagen mit seitlicher Schiebetüre fahren (das Geräusch dieser Türen übertrifft Alles!). Aber das ist eine andere Geschichte.

Wir haben jedenfalls unendlich großen Spaß über den gesamten Nachmittag und versuchen vorauszuahnen, wer wie oft seine Autotüren öffnen und zuknallen wird.

Meine Anerkennung gilt jedoch den außerordentlich modebewussten italienischen Frauen. Soviel Stil und Eleganz bei einem Strandspaziergang habe ich bisher in keinem anderen Land feststellen können.

Um dem zu erwartenden Touristenansturm am Ostermontag zu entgegen, fahren wir an diesem Tag ins Landesinnere, erkunden dort die wunderschönen Landschaften der Toscana und besichtigen die Stadt Pisa mit dem schiefen Turm.

Bettgeflüster 1

Ich: „Hiiiiiilfe!“

Schatz: „O Gott, was ist passiert?“

Ich: „Ein Tier!“

Schatz: „Musst Du mich deswegen so erschrecken?“

Ich: „Ein großes Tier!“

Schatz: „Wo denn?“

Ich: „Dort, am Fenster.“

Schatz: „Ich sehe nichts.“

Ich: „Doch, sieh nur. Gleich fällt es über mich her.“

Schatz: „Ach, ist bestimmt eine kleines Spinnchen.“

Ich: „Ich will es nicht so genau wissen.“

Schatz: „Wie viele Beinchen hat es denn, das Tier?“

Ich: „Keine Ahnung. Ich will mir das nicht ansehen.“

Schatz: „Ich sehe immer noch nichts.“

Ich: „Hilfe, es greift mich gleich an!“

Schatz: „Ich sehe mir das mal aus der Nähe an.“

Ich: „Nicht gucken - nur wegmachen!“

Schatz, bewaffnet mit einem Papiertaschentuch, muss nun unter seiner Bettdecker hervor und zum Fenster am Fuß-Ende kriechen.

Schatz: „Mein Gott! So ein kleines Spinnchen. Ich schenke ihr mal die Freiheit.“

Pizza und Lambrusco

Regen, nichts als Regen, schon seit gestern. Sicher, Regen ist gut und wichtig, aber muss es denn so ‚kübeln’? Und ausgerechnet jetzt, wenn wir nur ein paar freie Tage haben und diese in der Sonne verbringen wollen? Ach, das Leben kann so ungerecht sein!