Heidelberg hat was! - Siegfried Rodat - E-Book

Heidelberg hat was! E-Book

Siegfried Rodat

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Beschreibung

18 Paare erzählen, wie sie in "Heidelberg ihr Herz verloren" und ihre Liebe gefunden haben. In allen Geschichten spielt Heidelberg, die Stadt der Dichter und Denker, aber auch die Stadt der Liebe und Romantik eine wichtige Rolle.

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Inhaltsverzeichnis

Was sind verlorene Herzen?

Vorgeschichte

Ein Bündnis für ewig

Annette und Oliver

Liebeserklärung auf dem Philosophenweg

„Heidelberg hat mich gefangen gehalten – zutiefst gekrallt“

Heidelberg ist ein Kleinod, das man nicht beschreiben kann

Zwei verlorene Herzen in Heidelberg, die nicht alleine altern wollen

Im Sprachlabor das Herz verloren

Rosenmontag 1958 im Badischen Hof in Hendesse

Sie verloren ihre Herzen unter der Theaterbühne

Von der Pfalz nach Heidelberg

Bei Christina Elsässer und Ulrich Maier ist Zeit belohnte Liebe!

Im Kurierraum des Europäischen Hofs verloren sie ihr Herz

Das „Cafasö“, ein geschätztes Lokal der 50-er Jahre

Die Lebensliebe im Schwimmbad am Tiergarten

Ihr beschwerlicher Weg zum verlorenen Herzen in Heidelberg

Eine Rose der Liebe, eine Rose der Freude, eine Rose für Tanja - jedes Jahr.

„Aber den Blonden würde ich nehmen!!!!!“

Ein Kater entscheidet über das Ja oder Nein der Ehe

Eine Nachbetrachtung

Was sind verlorene Herzen?

In Heidelberg treffen sich unzählige Touristen aus der ganzen Welt. Von morgens bis nachts schlendern diese durch die abwechslungsreiche Hauptstraße zur jung gebliebenen Alt-Stadt, genießen die Ansicht auf das weltbekannte, zerstörte, aber würdevolle Schloss oder blicken von diesem Schloss in das liebliche Neckartal - und sind dann restlos entzückt.

Es gibt keinen Deutschen, der das Lied „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“ nicht kennt. Und es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen, die sich hier kennen gelernt haben - und auch dann ihr Herz an den jeweils anderen verloren haben – und als Ausgleich dafür das Herz des jeweils anderen fanden.

Natürlich verliert und findet man kein Herz, es sind die imaginären Bilder, die eingebildeten Vorstellungen, die durch die unerwartete Liebe total aus dem Ruder gelaufen sind. Verlorene Herzen – gefundene Liebe ist der wahre Ausdruck einer neuen, vielleicht noch unbekannten Lebenssituation, die den Unerfahrenen gänzlich unters Wasser zieht. Dann strampelt er mit Armen und Beinen, um wieder Boden unter den Füßen zu finden, und will schnell wieder nach oben.

Verlorene Herzen haben eine unermesslich starke Auswirkung auf den ganzen Körper, auf den Verstand, auf die Seele und auf das körperlich schlagende Organ Herz, das vor Glück sich zu „überschlagen“ droht. Hinter einem verlorenen Herzen wird immer mehr ein Zugewinn für das Leben spürbar, der an sich mit keinem seelischen Wohlgefühl zu übertreffen ist. Ein verlorenes Herz versetzt einen Menschen knapp vor die Schwelle des Wahnsinns, ein verlorenes Herz ist wie ein Abendhimmel mit drei Monden – oder vielleicht sogar ein (Kurz-)Abonnement der Glückseligkeit.

Du hast dein Herz in dem Sinne deswegen verloren, weil „Das Herz seine eigenen Gründe hat, die der Verstand nicht begreift“, (Blaise Pascal) und weil „Im Herzen eines Menschen der Anfang und das Ende aller Dinge ruht“ (Leo N. Graf Tolstoi) sowie „Es eine himmlische Empfindung ist, seinem Herzen zu folgen.“ (Johann Wolfgang von Goethe) Es sind die vielfältigen ungeschriebenen Gesetze der Liebe, die sich bei jedem anders auswirken und möglicherweise in der Ansicht Friedrich Hebbels gipfeln: „Über alles hat der Mensch Gewalt, nur nicht über sein Herz.“ Und Giacomo Casanova denkt gänzlich anders wenn er feststellt, dass „die Vernunft des Herzens größte Feindin ist.“

Die Erinnerung, in Heidelberg sein Herz verloren zu haben, lässt die Betroffenen wehmütig, aber auch stolz an diese romantischen Zeiten mit großer Leidenschaft zurückdenken – und ein mit Freude gefülltes Gedächtnis das gemeinsame Erleben noch einmal gefühlvoll und schwärmerisch nachvollziehen, ohne die die glückliche Zweisamkeit nicht möglich gewesen wäre.

Knut Schimmel

Heidelberg, im März 2018

Vorgeschichte

Unerwartet, spannend und manchmal gesteuert von geheimen, wohlwollenden Kräften geht es fast in jeder dieser Geschichten zu. Menschen allein sind die Protagonisten, die etwas erleben, was alle mal wahrnehmen wollen: Das Glück neben sich zu spüren, zu wissen, dass es das Glück fühlbar wirklich gibt. In Heidelberg, in der Stadt, in der man nun auch nachweislich sein Herz verlieren kann, paaren sich Glück und verlorene Herzen zu einer Gemeinschaft, deren Empfinden sich mit Wucht auf die Verliebten auswirken kann.

Die Idee, wie sich das nun wirklich verhalten hat mit den verlorenen Herzen in Heidelberg, hatte Siegfried Rodat, weil er sich fragte, dass es sie noch heute irgendwo geben muss, doch wo sind sie? Man muss sie eben finden. Dann lernte er Knut Schimmel in seinem Kurs „Kommunikation im Alltag“ auf der Akademie für Ältere kennen. Knut Schimmel hat sich durch Geschichten schreiben und andere kleine Werke schon etwas geübt, so dass diese Hürde nicht mehr so schwierig zu nehmen war.

Die beiden schlossen sich nach einigen Monaten zusammen, erhielten bei Anica Edinger von der Rhein-Neckar-Zeitung einen Termin und kurz darauf stand auch schon ein Artikel in dieser Zeitung: „Wer hat sein Herz verloren?“ Das Ergebnis dieses fein formulieren Artikels waren siebenunddreißig Antworten von einst und aktuell verlorener Herzen.

Dies ist damit das erste Buch, in dem sich die Autoren mit den betroffenen Paaren unterhalten haben und deren Erlebnisse hier authentisch wiedergeben. Wir haben jedem einzelnen oder den Ehepaaren unsere Erstaufzeichnung zur Überprüfung vorgelegt, damit sie sich von der Korrektheit und Wahrheit überzeugen konnten – oder auch Ergänzungen hinzuzufügen oder Unpassendes streichen konnten. Damit haben wir auch ein Teil der Verantwortung an die Betroffenen selbst weitergeben.

Es ist schön und gut, wenn Gedanken sich auf schriftlichem Wege so weitererzählen lassen und wir danken deswegen allen hier erwähnten Zeitgenossen/innen (aber auch denjenigen, die hier nicht namentlich auftauchen) für ihre (Gast-) Freundlichkeit, Offenheit und Auskunftsfreude sehr herzlich. Wir waren von dieser Haltung sehr überrascht, aber auch sehr angetan, weil dieses Erlebnis eines der wichtigsten im Leben eines Menschen ist. Die Erinnerungen und Gefühle, die vielen Details, die das Kennenlernen mal beschleunigten, manchmal aber auch in kritischen Situationen alles zu kippen drohten, die tauchten oft noch einmal blitzartig auf, so dass sich bei diesen Interviews eine immer fröhliche und angenehme Stimmung und damit eine sehr angenehme Atmosphäre ergab.

Im März 2018

Knut Schimmel Siegfried Rodat

Ein Bündnis für ewig

Herr Cornelius war einer der ersten, der auf den Zeitungsartikel „Haben Sie Ihr Herz verloren“ antwortete – und zwar mit einer imposanten Story. Seiner Liebesgeschichte hat er ein Foto vorangestellt. Es zeigt seine Frau sowie ihn selbst. Untertitelt hat er es mit den Worten:

Für immer Anna

Ja, Anna.

Die Kalender standen damals auf 1968……

Herr Cornelius versteht es, von Anfang an zu fesseln. Seine Geschichte ist authentisch und dies spürt man bei jedem Satz. Der Leser steigt unmittelbar in die beschriebenen Szenen ein, wird sozusagen ein stummer Zeuge eines geschichtsträchtigen Moments: nämlich dem Beginn einer lang anhaltenden Liebe im romantischen Heidelberg. Und das Ende dieser Geschichte ist ja erst der wahre Anfang, denn dort steht zu lesen: …Es nahm ein gutes Ende, ein sehr gutes, nämlich keins. Denn nachdem Anna an jedem Abend in meinen Armen lag, begann ein Tagesende, wie es schöner und besser nicht möglich ist. Nach nur zwei Monaten beschlossen wir zu heiraten, der Rest ist Geschichte. 2019 werden wir Goldene Hochzeit feiern.

Das Foto der beiden aufrecht gestellten Eheringe beendet seine bewegende Liebesgeschichte.

Vorerst konnten wir das Ehepaar Cornelius nur über diesen Text wahrnehmen, leider noch nicht persönlich kennen lernen. Wie mag ein solches Paar auf andere wirken, ein Paar, das sich nicht alleine der Liebe verschrieben hat, sondern auch die alltägliche Liebe zu leben versucht, die einer noch größeren, umfassenderen Liebe angehört?

Ich als Autor hüte mich, in diesen „Liebestext“ einzugreifen, denn ich bewundere diesen Text, die Formulierungen des Schreibers, wenn er die Gefühle, die Sehnsucht und die Befürchtungen beschreibt, die damit einhergehen, wenn man die Frau des Lebens gefunden hat.

Wir waren nun beim Ehepaar Cornelius. Atmosphäre lässt sich zumeist mehr erfühlen als beschreiben. Ich möchte meinen Eindruck so formulieren:

Hier spürt man: Diese beiden führen ein Bündnis für ewig. Und dies sehr lebendig.

14. Januar 2018

Frau und Herr Cornelius

Für immer Anna

Ja, Anna.

Die Kalender standen damals auf 1968. Für Außenstehende war es wahrscheinlich ein gewöhnlicher Tag, für mich jedoch gab es in den zwei Jahrzehnten meines bisherigen Lebens nichts, was nur annähernd so bedeutend war wie die letzten einundzwanzig Stunden.

Lassen Sie mich davon erzählen.

Es war kurz vor 18 Uhr. Ich ging an besagtem Tag auf dem Heidelberger Bismarckplatz auf und ab und schaute aufgeregt und hochgestimmt zugleich hinüber zu der Ladentür einer besonderen Boutique. In wenigen Minuten käme Anna aus diesem Laden und stünde dann auf dem Trottoir der Sofienstraße. Gewiss würde sie nach mir suchen, doch wohl kaum damit rechnen, was sie stattdessen zu sehen bekäme.

Da ich - ein junger Mann mit zeitgemäß langer Mähne - die Heidelberger Gepflogenheiten nicht kannte, wusste ich freilich auch nichts über das Verhalten der hiesigen Polizei. Würde sie einschreiten oder sich um wichtigere Dinge kümmern? Immerhin demonstrierte und rebellierte man in jenen Wochen unentwegt. Die 68er waren aktiv.

Ich erinnere mich noch gut. Alles war bis zu dem Abend davor im grünen Bereich: das frühe Aufstehen, mein Job mit den Freunden und die kurze Fahrt von Mannheim nach Heidelberg. Der Tag verlief ohne besondere Vorfälle, dann jedoch geschah das Wunder, traf ich aus heiterem Himmel heraus auf jenes Mädchen, auf Anna. Und schon dieses allererste Treffen mit ihr brachte mich völlig aus dem Gleichgewicht, denn mit einem Schlag schien mich etwas umzuwerfen, zu blenden und zu umklammern. Ich spürte eine Art Starkstrom in mir, jede Zelle meines Körpers war elektrisiert. Alles war auf einmal ungeheuer euphorisch. Und dies, obwohl der Abend so gewöhnlich begann, denn ich wartete mit meinen Freunden ja nur in der Bergheimer Straße vor dem Capi-Keller auf ein paar Mädchen, als sie inmitten einiger Gefährtinnen plötzlich vor mir auftauchte. Das war zunächst alles. Mehr geschah nicht. Sie stand bloß neben mir und tat weiter nichts, als da zu sein. Ein wirklich bezauberndes Wesen, dachte ich: klein, zerbrechlich, ungeheuer süß, aufgeweckt und ausgelassen, dazu noch blond und ja, auch sehr erotisch. Noch während sich die meisten von uns berieten, wo wir unsere Tour durch die Altstadt beginnen sollten, hatte ich nur dieses eine Mädchen im Auge: Anna.

Wie auch immer: Der Abend hatte wie stets begonnen, wenn wir uns gemeinsam dazu aufmachten, ein neues Viertel zu erkunden. Meine saarländischen Freunde und ich verdienten uns nämlich tagsüber im Mannheimer Hafen ein paar Mark als Lagerarbeiter, denn wir waren in jenen Monaten alle arbeitslos, wollten aber nicht wie viele nur auf das Arbeitslosengeld warten, sondern selbst was tun. Wenn wir also die Schiffe entladen und unseren Lohn erhalten hatten, suchten wir die angesagten Lokalitäten der Umgebung auf: Musikschuppen, Kneipen und Kinos. Freilich waren auch Mädchen dabei, eben die, die man bei jenen Aktionen auf die Schnelle kennenlernte. Als wir Mannheim erobert hatten, nahmen wir Heidelberg ins Visier. Hier war es anfangs ebenso unverfänglich und leicht wie in Mannheim: Ein wenig plaudern, lachen und angeben und schon hatte man ein paar Mädchen an der Angel, die mit uns um die Ecken zogen. Doch dann kam Anna, meine Anna. Und ich verliebte mich innerhalb von nur wenigen Stunden in sie. Nie hätte ich bis dahin gedacht, dass mir so etwas passieren könnte, ausgerechnet mir, dem Rock ´n Roller, dem Verrückten, für den mich meine spießigen Verwandten hielten, dem Fantasten, dem Weltverbesserer mit seinen Flausen im Kopf, so sie sagten - und dennoch traf es zu.

Da stand mir also Anna gegenüber, sah mich an, lächelte, sagte ein, zwei Sätze und schon verlor ich den Boden unter den Füßen. Alles wankte, alles schwankte mit einem Mal, alles drehte sich im Kreis. Nein, ich war nicht betrunken, hatte auch zuvor an keinem Joint gezogen oder zu viel Kaffee getrunken. Es gab keine logische Erklärung, doch irgend etwas riss mich von den Füßen. Dieses Gefühl von Sturmflut im Kopf. Jede Zelle meines Körpers bestätigte mir zugleich, dass mir da ein Mädchen gegenüberstand, das dermaßen anders war, als alle anderen, von denen ich jemals glaubte, sie seien von Bedeutung.