Heidelberg und Umgebung - Erik Schreiber - E-Book

Heidelberg und Umgebung E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Je und je erstanden gottbegnadigte Persönlichkeiten, in welchen das beste Wollen und Können ihres Volkes und ihrer Zeit verkörpert erschien. Bewundernd und verehrend haben sich ihnen die Herzen der dankbaren Mit- und Nachwelt zugewandt, und Sage und Dichtung haben sie als ihre Lieblinge mit zauberhaftem Glänze verklärt. So scheint auch über manche Stätten die Natur das Füllhorn ihrer Reize und Segnungen in verschwenderischer Liebe ausgegossen zu haben, dass von jeher die Völker zu ihnen wie zu einem wunderthätigen Heiligtume wallfahrten und sich ein reicher Kranz von Sagen und Dichtungen um sie gewunden hat. Heidelberg gehört zu ihnen.

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Herausgeber

Erik Schreiber

Historisches Deutschland

Heidelberg

e-book 146

Historisches Deutschland - Heidelberg 037

© Saphir im Stahl 01.03.2023

Verlag Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Simon Faulhaber

Vertrieb: neobook

Das Wappen dient als Bildzitat und ist kein hoheitsrechtlicher Verstoß.

Bildmaterial nur im Buch.

Herausgeber

Erik Schreiber

Historisches Deutschland

Heidelberg

Heidelberg

und

Umgebung

von

Dr. Karl Pfaff

Professor am Gymnasium zu Heidelberg

Heidelberg

Verlag von J. Hörning

1897

Vorwort.

Die beiden ersten Ausgaben der vorliegenden Schrift erschienen in den Jahren 1885 und 1889 auf Anregung des verstorbenen Rates Albert Mays mit Unterstützung des Heidelberger Stadtrates als Heft 87 — 88 der Sammlung „Europäischer Wanderbilder“ bei Orell, Füssli & Cie. in Zürich. Bei der Abfassung derselben liehen dem Unterzeichneten freundlichen Rat ausser dem Obengenannten der gleichfalls verstorbene Dr. jur. Franz Mittermaier und die Herren Professor Dr. A. Koch und Dr. H. Stadtmüller hier.

Dass die vorliegende, dritte, umgearbeitete und erweiterte Ausgabe in Heidelberg gedruckt und verlegt und heutigen künstlerischen Anforderungen entsprechend illustriert werden konnte, dankt der Verfasser weitgehender Opferwilligkeit der städtischen Verwaltung.

Nächst dieser ist er der „Kommission für die Geschichte der Stadt Heidelberg“, insbesondere den Herren OberBürgermeister Dr. K. Wilckens, Direktor Dr. A. Thorbecke, Universitäts- bibliothekar Professor Dr. J. Wille und Stadtrat Friedrich Wolff, nicht minder den Herren Professor J. Henrici, Geh. Hofrat Professor Dr. O. Kariowa, Hofrat Professor Dr. F. Knauff, Bezirksbauinspektor J. Koch, Architekt F. Seitz, Oberingenieur Th. Walliser, Professor Max Wolf, Geh. Hofrat Professor Dr. K. Zangemeister und den Herren Direktoren der Institute und Kliniken der Universität Heidelberg, sowie Herrn Professor Dr. Schultheiss in Karlsruhe für gütigen Rat und thätige Mitarbeiterschaft zu aufrichtigem Danke dauernd verpflichtet. Für die allbekannte, zu keiner Stunde versagende Dienstbereitschaft der Grossh. Universitätsbibliothek zu Heidelberg und des Grossh. Generallandesarchives zu Karlsruhe darf auch der Verfasser freudig Zeugnis ablegen. Wertvoll war ihm auch die Förderung, welche er von den verschiedensten Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden erfahren.

Die Abschnitte „Die geologischen Verhältnisse“ und „Die Flora Heidelbergs und seiner Umgebung“ haben die Herren Professor Dr. A. Andreae, Direktor des Römer-Museums in Hildesheim, und J. Neuberger, Professor am Gymnasium zu Freiburg, verfasst und in liebenswürdigster, selbstlosester Weise dem Verfasser für diese Schrift zur Verfügung gestellt. Es sei ihnen auch an dieser Stelle der wärmste Dank hiefür ausgesprochen.

Freundliches und dankenswertes Entgegenkommen bewies Herr Photograph K. Lange in Heidelberg durch Ueberlassung einer Reihe seiner ausgezeichneten photographischen Aufnahmen von Heidelberg und Umgebung zum Zwecke der Vervielfältigung durch Heliogravüre bezw. Autotypie, sowie Herr Hofphotograph O. Suck in Karlsruhe durch Ueberlassung einer seiner trefflichen photographischen Aufnahmen Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs zu gleichem Zwecke. Die Grossh. Domänendirektion in Karlsruhe und die Verlagsbuchhandlung von A. Bergsträsser in Darmstadt gestatteten gütigst die Benützung des Schlossplanes, welcher dem von J. Koch und Fr. Seitz veröffentlichten Werke „Das Heidelberger Schloss“ beigegeben ist.

Verschiedene der den Illustrationen dieser Schrift zu Grunde liegenden photographischen Aufnahmen dankt Verfasser der gefälligen Beihilfe des Herrn Professors Dr. M, Wolf sowie mehrerer seiner ehemaligen Schüler, besonders der Herren Walther Erb und Franz Samuely. Bezüglich seiner eigenen photographischen Aufnahmen, welche, wie die eben erwähnten, zum Teil neue landschaftliche und architektonische Motive oder erstmalige Aufnahmen von Architektur- oder Skulpturdenkmälern darstellen, fühlt er sich den Herren Professor Dr. F. von Duhn und Apotheker M. Berberich für die erwiesenen Gefälligkeiten tief verpflichtet. Den Entwurf für das Bild der Einbanddecke schuldet Verfasser der Güte des Herrn Architekten Karl Hoffacker in Charlottenburg.

Schliesslich ist es dem Verfasser eine angenehme Pflicht, dem Verleger, Herrn Universitäts-Buchdrucker und Verlagsbuchhändler J. Hörning in Heidelberg, für das opferwillige Eingehen auf alle Wünsche bezüglich der Ausstattung dieses Werkes an dieser Stelle seinen Dank auszusprechen.

Möge diese Schrift durch Wort und Bild dazu beitragen, die alten Freunde Heidelbergs in ihrer Liebe zur Stadt zu stärken, neue Freunde ihr gewinnen.

Heidelberg, 1. April 1897.

Der Verfasser.

Inhaltsübersicht.

1. Einleitung

2. Geschichte Heidelbergs und der Pfalz

Konrad von Hohenstaufen, Pfalzgraf 1146. Ludwig I. von Bayern, 1. Pfalzgraf aus dem Hause Wittelsbach (1214 — 1231). Ruprecht. (1329 — 1390), der Begründer des pfälzischen Kulturstaates. — Ruprecht III. (1398— 1410), der deutsche König, Schöpfer von fünf Linien. Die „alte“ Kurlinie 1410 — 1559: Ludwig III. (1410 — 1436). Ludwig IV. (1436 — 1449). Friedrich I., der Siegreiche (1449 — 1476). — Philipp, der begeisterte Freund der Humanisten (1476 — 1508). — Ludwig V., der Friedfertige, der Haupt-Baumeister des Heidelberger Schlosses (1508 — 1544). Friedrich II., der Fürst einer Uebergangszeit (1544 — 1556). Otto Heinrich, der grosse Reformator in Kirche und Schule, der Mäcen der Künste und Wissenschaften (1556 — 1559). — Die Simmern'sche Linie 1556— 1685: Einführung der Lehre Calvins; über die Machtmittel der Pfalz weit hinausgreifende äussere Politik unter Friedrich III. (1559 — 1576), Johann Kasimir (1583 — 1592), Friedrich IV. (1592 — 1610) und Friedrich V. (1610 — 1632). — Die Katastrophe: Niederlage des Winterkönigs bei Prag. Schicksale Friedrichs V., der Pfalz und Heidelbergs im 30-jährigen Krieg. — Karl Ludwig, der tolerante „Wiederhersteller der Pfalz“ (1648 — 1680). Seine wirtschaftliche Thätigkeit. Neugründung Mannheims als Handelsplatz. Wiederaufrichtung der Heidelberger Universität. Seine äussere Politik: Vermählung seiner Tochter Elisabeth-Charlotte mit dem Herzog von Orleans, dem Bruder Ludwigs XIV. — Erlöschen der Simmernschen Linie mit Karl (1680 — 1685). Vertragswidrige Erbansprüche Ludwigs XIV. auf pfälzisches Land. Der Orleans'sche Krieg (1688 — 1697). — Louvois Urheber der planmässigen Verwüstung der Pfalz und Heidelbergs. Sein Werkzeug Melac. — Plünderung, Einäscherung und Zerstörung von Stadt und Schloss Heidelberg im Jahre 1689. — Wiederinstandsetzung Heidelbergs und des Schlosses, Feige (verräterische?) Uebergabe von Stadt und Schloss durch Hedersdorf im Jahre 1693. Zweite, völlige Zerstörung Heidelbergs und seines Schlosses: Heidelberga deleta. Der PYiede von Ryswick. — Die Kurfürsten der Neuburg'schen Linie: Philipp Wilhelm (1685 — 1690), Johann Wilhelm (1690 — 1716) und Karl Philipp (1716 — 1742). Katholische Reaktion. Streit um das Langschiff der Heiliggeistkirche. Verlegung der pfälzischen Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Urteil Lise-Lottes in ihren Briefen. — Pfalz-Sulzbach'sche Linie: Karl Theodor (1742 — 1799). Wirtschaftliche Scheinblüte. Verdienste um die Kunst. — Pfalz-Birkenfeld-Zweibrücken'sche Linie: Max Josef (1799 — 1803). Uebergang der rechtsrheinischen Pfalz mit Heidelberg und Mannheim an Baden: Der weise und edle Grossherzog Karl Friedrich von Baden, der zweite Gründer der Heidelberger Universität (1803 — 1811). Karl (1811 — 1818). Ludwig (1818 bis 1830). Leopold (1830 — 1852). Grossherzog Friedrich von Baden.

3. Die Stadt

Aelteste Siedelungen. Die Zeugen römischer Niederlassungen auf dem Boden des heutigen Neuenheimer und Bergheimer Stadtteiles. — Die Stadt „Heidelberg“ im Mittelalter zum ersten Male urkundlich erwähnt im Jahre 1196, und zwar als Besitz des Bistums Worms; gelangt samt der „oberen Burg“ (auf der Stelle der heutigen Molkenkur) als Lehen im Jahre 1225 an Ludwig, den ersten wittelsbachischen Pfalzgrafen. — Die ältesten Stadtteile: Bergstadt und Altstadt. Stadterweiterung unter Ruprecht IL: die Vorstadt. Aussehen Heidelbergs vor dem 30-jährigen Krieg. — Die Zerstörung im 30-jährigen, die Vernichtung im Orleans'schen Krieg. Wenige Reste aus der Zeit vor 1693. Die heutigen alten Stadtteile tragen das Gepräge des süddeutsch-italienischen Barockstiles des 18. Jahrh. — Stadterweiterung im 19. Jahrh.: das Rohrbacher, Speyrer, Bergheimer und Neuenheimer Stadtviertel. Einwohnerzahl. — Heidelberg eine gesunde Wohnstadt. Erfolgreiches Wirken der städtischen Verwaltung auch in sanitärer Hinsicht. — Die Ziffern der amtlichen Krankheits- und Sterbestatistik kein Einwand dagegen. — Natürliche Bedingungen für die günstigen sanitären Verhältnisse Heidelbergs: Geographische Lage. Klima. Mitteltemperaturen Heidelbergs im Vergleich zu Wiesbaden, Baden-Baden, Freiburg i. B.: Heidelberg ein Wohnort für Gesunde, ein klimatischer Kurort für Kranke der verschiedensten Art, besonders für Nervenleidende. — Heidelberg keine Regenstadt. — Heidelberg ein Hauptpunkt des Touristen- und Fremdenverkehrs, eine Congressstadt ersten Ranges. — Geistiges Leben in Heidelberg: Wissenschaft. Bildende Künste. Musik. Theater. Schulen. — Geselliges Leben. Sport. — Heidelbergs Einwohner: Die Heidelberger Pfälzer. Wesen. Sitte. (Der Sommertag.) Sprache. Der Pfälzer Dialektdichter K. G. Nadler.

4. Gang durch die Stadt

Der Bahnhof. Die Rohrbacher Strasse: Das Kaiserliche Post- und Telegraphengebäude. — Die Leopoldstrasse (Anlage): Der Neptunsgarten. Der Stadtgarten. Das Nadlerdenkmal. Das alte und neue Chemische Laboratorium. Das Physiologische Institut. Die Höhere Mädchenschule und das Lehrerinnenseminar. Die Heidelberger Privatsternwarte. Die (protestantische) Peterskirche und ihre Grabmäler. Die Grabengasse: Die Stadtpost. Das Museum. Die permanente Ausstellung des Kunstvereins. Die Universität mit der Aula. Das Archäologische Institut. Die Universitäts- bibliothek. Die Kaserne. Die Oberrealschule. Die (katholische) Jesuitenkirche. — Die Hauptstrasse: Der Ritter. Die Heiliggeistkirche mit dem Grabmal König Ruprechts. Das Rathaus. Das Karlsthor. — Die Steingasse: Die alte Neckarbrücke. Thorbau. Denkmäler. Aussicht (Brentano). Der Holländer Hof und der „Engere“. — Die Haspelgasse. Die Hauptstrasse. Die (protestantische) Providenzkirche. Die Hydrotherapeutische Anstalt. Der „Riese“. Der Friedrichsbau mit den Sammlungen des Mineralogisch-Geologischen Instituts. Die Anatomie. — Grenze der alten und der neuen Stadtteile. Charakteristik letzterer. — Pferdebahn. Strassen- dampfbahn. — Die Sophien Strasse: Das Botanische und das Zoologische Institut. — Die Gaisbergstrasse. Der Friedhof. — Die Rohrbacher Strasse. — Die Bergheimer Strasse: Die akademischen Kliniken und Institute: Augenklinik. Chirurgische Klinik. Zahnärztliches Institut. Medizinische Klinik. Apotheke. Poliklinik. Ambulatorische Klinik für Kehlkopf-, Rachen- und Nasenkranke. Pathologisch-anatomisches Institut. Luisenheilanstalt (Kinderklinik). Hygienisches Institut. Irrenklinik. Frauenklinik. Ohrenklinik. Der Botanische Garten. Privatkliniken. Reste römischer Niederlassungen auf dem Bergheimer (und Neuenheimer) Stadtviertel. — Der städtische Central-Schlacht- und Viehhof. Die Industrie Heidelbergs. — Die Sophienstrasse. Bismarckgarten. Bismarckdenkmal. Der Neckarstaden. Gymnasium. Die neue Brücke. Aussicht von derselben.

Seite 5. Die Universität

Gründe und Veranlassung der Stiftung der Universität durch Ruprecht I. im Jahre 1386. — Charakter aller Generalstudia, also auch des Heidelbergers. — Gründung. — Die Weihe am 18. Oktober 1386. — Organisation und Verhältnis der Universität zur Kirche und den Landesherren bedingend für ihre äussere und innere Entwicklung. — Materielle Grundlagen. — Inneres Leben im 14. und 15. Jahrhundert: Die Herrschaft der Scholastik. — Umgestaltung der Universität durch Otto Heinrich im Geiste des Humanismus und der Reformation. Bibliotheca Palatina. — Blüte der calvinischen Universität unter den Pfalz-Simmern'schen Kurfürsten. — Schicksale der Universität im 30-jährigen Krieg. — Wiederaufrichtung der Universität und ihre Blüte unter dem toleranten Karl Ludwig. — Die Jahre 1689 und 1693, — Stagnation der Universität im 18. Jahrhundert. — Neubegründung der Universität durch Karl Friedrich von Baden im Jahr 1803 (Ruperto-Carola) auf der Grundlage der Unabhängigkeit wissenschaftlicher Forschung von einseitig konfessionellem Standpunkte. — Heidelberg und seine Universität mit einem Schlage ein geistiges Centrum. Die Romantik in Heidelberg. — Geschichte der einzelnen Fakultäten bezw. Disziplinen im 19. Jahrhundert; Charakteristik ihrer hervorragendsten Vertreter. — Organisation der Universität in der Gegenwart. — Der Geist der akademischen Jugend Heidelbergs. Geschichte des korporativen Wesens innerhalb der Heidelberger Studentenschaft von Beginn bis zu Ende des 19. Jahrhunderts. Gegensätze und Versöhnung: Einheit der Heidelberger Studentenschaft. Studentische Sitte und Brauch. — Das 500-jährige Jubiläum der Universität im Jahre 1886.

6. Das Schloss

Die obere Burg (auf dem Molkenkurhügel) im Jahre 1225 erstmals urkundlich erwähnt, 1537 zerstört. — Zwei Burgen zu Heidelberg erstmals urkundlich erwähnt im Jahre 1303. — Die heutige Schlossruine. 1. Die Bauten vor Ludwig V. Aelteste Festungsanlage. Der Krautturm (Gesprengter Turm). Apothekerturm. Glockenturm. Ruprechtsbau. Reste der übrigen ältesten Wohnbauten. — 2. Die gotischen Bauten Ludwigs V. Der Frauenzimmerbau. Der Ludwigsbau. Wirtschaftsgebäude. Brunnenhalle. Bibliothekbau. — Zeughaus. Thorturm. Südwall. Westwall (Englischer Garten). Dicker Turm. Die späteren Festungsbauten. Stilistischer und technischer Charakter der Bauten Ludwigs V. — 3. Bau Friedrichs II.: Gläserner Saalbau. — 4. Die Renaissancebauten Otto Heinrichs, Friedrichs IV. und Friedrichs V. Der Otto-Heinrichsbau. Die der Zeit in ihm untergebrachte Städtische Kunst- und Altertümersammlung. Friedrichs IV. Bau. Friedrichs V. Bau (Englischer Bau). Der Schlossgarten. Die grosse Terrasse. Scheffeldenkmal. Der gotische Bau Johann Kasimirs, der Fassbau. — 6. Lie Bauten nach der Zerstörung in den Jahren 1689 und 1693. — Schicksale der Schlossruine im 19. Jahrhundert. Die lang erörterte Frage: Erhaltung der Ruinen als solcher oder Herstellung, mindestens der Renaissancepaläste? im Jahre 1895 mit Recht in letzterem Sinne entschieden.

7. Die Umgebung. Allgemeines. — I. Die Höhen links des Neckars. 1. Schloss, Molkenkur, Königstuhl, Sternwarte und Kohlhof. 2. Grössere Spaziergänge im Heidelberger Stadtwald links des Neckars. — II. Das Neckar-, Eisenz- und Schwarzbachthal. Stift Neuburg. Stiftsmühle. Ziegelhausen, Neckargemünd. Dilsberg. Neckarsteinach. Hirschhorn. Eberbach. Katzenbuckel. Zwingenberg. Hornberg. Mosbach, Sinsheim, Burg Steinberg, Wimpfen. Kochendorf. Heilbronn. Weinsberg. — Neidenstein. Neckarbischofsheim. — III. Der Odenwald. 1. Der Heiligenberg bei Heidelberg. 2. Die Bergstrasse. Handschuhsheim. Dossenheim. Schriesheim. Weinheim. Lindenfels. Heppenheim. Bensheim. Kloster Lorsch. Schönberg. Auerbach. Melibocus. Darmstadt. 3. Kleinere oder grössere Spaziergänge über die Höhen rechts des Neckars nach Orten der Bergstrasse oder des Neckarthales. Weisser Stein. Schönau. 4. Tagesausflüge nach entfernteren Punkten des Odenwaldes. Kailbach-Ernstthal-Schloss, Wald-Leiningen. Erbach. Michelstadt, Schloss Fürstenau, Einhardsbasilika zu Steinbach, Eulbacher Park. Feste Breuberg. — IV. Die Rheinebene und die Abhänge des Neckarhügellandes. Allgememes. Edingen. Seckenheim. Ladenburg. Mannheim. Schwetzingen. — Rohrbach. Leimen. Wiesloch. Bruchsal. Maulbronn. — V. Die bayrische Pfalz. — VI. Städte der weiteren Umgebung Heidelbergs. — VII. Mehrtägige Fusstouren.

8. Die geologischen Verhältnisse Heidelbergs und seiner Umgebung (von A. Andreae)

9. Die Flora Heidelbergs und seiner Umgebung (von J. Neuberger)

10. Schluss

Alt Heidelberg, du feine,

Du Stadt an Ehren reich.

Am Neckar und am Rheine

Kein' andre kommt dir gleich.

Stadt fröhlicher Gesellen,

An Weisheit schwer und Wein,

Klar ziehn des Stromes Wellen,

Blauäuglein blitzen drein.

Und kommt aus lindem Süden

Der Frühling übers Land,

So webt er dir aus Blüten

Ein schimmernd Brautgewand.

Auch mir stehst du geschrieben

Ins Herz gleich einer Braut,

Es klingt wie junges Lieben

Dein Name mir so traut.

Und stechen mich die Dornen,

Und wird mirs drauss zu kahl,

Geb ich dem Ross die Spornen

Und reit ins Neckarthal.

Scheffel

Einleitung.

Je und je erstanden gottbegnadigte Persönlichkeiten, in welchen das beste Wollen und Können ihres Volkes und ihrer Zeit verkörpert erschien. Bewundernd und verehrend haben sich ihnen die Herzen der dankbaren Mit- und Nachwelt zugewandt, und Sage und Dichtung haben sie als ihre Lieblinge mit zauberhaftem Glänze verklärt. So scheint auch über manche Stätten die Natur das Füllhorn ihrer Reize und Segnungen in verschwenderischer Liebe ausgegossen zu haben, dass von jeher die Völker zu ihnen wie zu einem wunderthätigen Heiligtume wallfahrten und sich ein reicher Kranz von Sagen und Dichtungen um sie gewunden hat.

Heidelberg gehört zu ihnen.

Hat doch, um Goethe für Alle sprechen zu lassen, „die Stadt in ihrer Lage und mit ihrer ganzen Umgebung, man darf sagen, etwas Ideales, was man sich erst deutlich machen kann, wenn man mit der Landschaftsmalerei bekannt ist, und wenn man weiss, was denkende Künstler aus der Natur genommen und in die Natur hineingelegt haben“.

Dem Auge wohl jedes Beschauers offenbart sich, dass in dem Rahmen eines leicht übersehbaren Raumes sich eine Fülle von Gegensätzen in Farben und Formen zu einem harmonischen Bilde vereinigen: Das enge Thal, die weite Ebene; die rebengeschmückten Hügel; die waldbekränzten Höhen; die grünen Fluten des Neckars, der silberblinkende Rhein; die ehrwürdige Schlossruine, die junge Stadt; die freundlichen Dörfer in der Nähe, der majestätische Dom in der Ferne, vor den lichtblauen Bergen der Hart.

Gelegen in dieser herrlichen Gegend, bildet Heidelberg ein inhaltschweres Blatt im Buche der Geschichte: Stadt und Universität stellen in ihrer Entwicklung bedeutende Abschnitte unseres Kulturlebens dar; die Trümmer des Schlosses gemahnen an die Geschichte längst entschwundener Geschlechter, erzählen, als ehrwürdige Zeugen, von jenen Zeiten, da der Glanz der alten Kaiserkrone verblasste, von den trüben Jahren schmachvoller Erniedrigung, aber auch von jenem glorreichen Tage, da der Kaiseraar der Hohenzollern mächtig in die Lüfte stieg.

Aus tausend Wunden blutete die Pfalz um ihren Glauben, durch Feindeshand sank hin die Stadt in Staub und Asche, das stolze Fürstenschloss zerfiel in Trümmer, ungeschirmt vom Vaterlande.

Auf den Hügeln, in dem Thale hat die gütige Natur die Spuren feindseliger Zerstörung rasch verwischt; ewig unverwüstlich lässt sie, die mit jedem Lenze sich verjüngt, immer wieder den reichsten Segen aus ihrem Schosse emporspriessen.

Geweckt und genährt durch sie hat die Regsamkeit und der Frohsinn der Bewohner aus Trümmern eine neue Stadt, aus Vernichtung neues Leben erstehen lassen.

Mitleidig hat der Epheu die klaffenden Wunden der Schlossruine umkleidet.

Und sie, „die gigantische, schicksalskundige Burg, nieder bis auf den Grund von den Wettern gerissen“, möchte sie jemand mit dem herrlichsten Schlosse vertauschen? Französische Kenner und Künstler haben an der Schwelle dieses Jahrhunderts den malerischen Charakter der Ruine, die kunstgeschichtliche Bedeutung ihrer Paläste geradezu neu entdeckt und wie eine Offenbarung verkündet und so durch ihre Bemühungen um die Erhaltung derselben, so viel an ihnen lag, wieder gut zu machen versucht, was ihre Väter an derselben verschuldet. Die nationale Wiedergeburt Deutschlands hat Herz und Sinn für die Denkmäler deutscher Kunst mächtig geweckt. Ehrwürdige Kaiserpfalzen sind aus dem Schutte erstanden, hehre Dome zur Vollendung gelangt. Auch dem Heidelberger Schlosse hat sich die Teilnahme von Fürst und Volk in reichstem Masse zugewandt; ihr werden künftige Geschlechter die Erhaltung der weltberühmten Renaissancepaläste, des Otto-Heinrichsbaues und des Friedrichsbaues, zu danken haben.

Und ist nicht auch die Universität, einem Phönix gleich, aus Nacht und Vernichtung stets zu neuem Glänze emporgestiegen? Welche Fülle von Gesichten aus dem Kultur- und dem politischen Leben dieser gesegneten Pfalz wie des gesamten deutschen Vaterlandes bietet sich unserem Blicke dar, wenn wir das Buch ihrer nun mehr als einhalbtausendjährigen Geschichte aufschlagen! Was diese älteste Hochschule unseres deutschen Reiches in diesem wechselvollen Zeiträume gewirkt und gelitten, was wir bei der Betrachtung einer so reichen Entwicklung empfinden, wer vermöchte dies treffender, wer ergreifender zu schildern, als der erhabene Spross Kaiser Wilhelms I., da er bei der ewig denkwürdigen Feier des fünfhundert jährigen Jubiläums am 3. August 1886 vor stolzer Festversammlung in der Aula der Universität also bezeugte:

„Begründet in der ersten Frühe unseres Kulturlebens hat die Heidelberger Universität alle die Schickungen an sich erfahren, welche dem deutschen Wesen im Ringen nach selbständiger Ausprägung verhängt gewesen sind. Sie hat abwechselnd geblüht und gewelkt, geduldet und gestritten um Glaubens- und Forschungsrecht, hat Trübsal und Exil ertragen, um endlich, gehoben von der starken und milden Hand ihres erlauchten Beschützers, die ehrenvollen Wunden mit dem Festkleidedes Sieges zu decken. Wie dem deutschen Volke, um dessen höchste Güter sie sich redlich verdient gemacht, so ist auch ihr erfüllt, was Jahrhunderte ersehnten. Ihr Ehrenschild strahlt glänzender in der Sonne des einigen Vaterlandes!“

Geschichte Heidelbergs und der Pfalz.

Die pfälzische Geschichte (Ludwig Häusser, Geschichte der rhein. Pfalz. 2. Bd. Heidelberg, bei Mohr, 1845.) beginnt 1146 mit der Ernennung Konrads von Hohenstaufen (Barbarossa's Bruder), des Herzogs in Rheinfranken, zum Pfalzgrafen. Mit Herzog Ludwig von Baiern, dem ersten Pfalzgrafen aus dem Hause Wittelsbach, tritt Heidelberg in die Geschichte der Pfalz ein: 1225 erhielt Ludwig die bisher bischöfliche Stadt von Worms zum Lehen. Er wie seine Nachfolger (ausser Rudolf I.) vergrösserten unter kluger Ausnützung der allgemeinen politischen Verhältnisse ihren Besitz und Einfluss; wenige so sehr, wie Ruprecht I.

Ruprecht I. war „einer der thatkräftigsten und achtungswürdigsten Reichsfürsten, dem aber noch mehr der Ruhm eines der besten und tüchtigsten Landesherren gebührt“. Nach langen Kämpfen errang er von seinem Oheim, Kaiser Ludwig dem Baier, 1329 den Vertrag von Pavia, durch welchen die Rheinpfalz staatsrechtlich von Bayern getrennt ward (bis 1777 getrennt blieb) und die selbstständige politische Entwicklung der Pfalz ermöglicht wurde; durch klugen Anschluss an Kaiser Karl IV. erwirkte er im Jahre 1356 die goldne Bulle, welche bestimmte, dass die Kurstimme mit allen Rechten samt dem Erztruchsessenamt unteilbares Eigentum der Pfälzischen Wittelsbacher sein sollte, und bewirkte, dass das pfälzische Haus in seinem Einfluss auf den Gang der deutschen Reichsgeschichte weitaus die bayrische Linie überragte. „Pfalz ist unter ihm gross geworden; er war ein musterhafter Verwalter seines Landes; seine 60-jährige Regierung war bereits von modernem Geiste berührt; er verschuf der geistigen Strömung in seinem Lande Eingang: 77 jährig, selbst ohne gelehrte Bildung, gründet er im Jahre 1386 die Universität Heidelberg. Ruprecht L ist der eigentliche Begründer des pfälzischen Kulturstaates“ (J.Wille, Ruprecht I., in: Ruperto-Carola, illustr. Festchronik zur V. Säkularfeier der Universität Heidelberg. Heidelberg, O. Petters, 1886, u. i. d. Allgem. Deutsch. Biographie.). In der herrlichen Statue „Ruprecht senior“ am „Friedrichsbau“ des Heidelberger Schlosses (sieh Abbildung Nr. 2) hat Meister Götz Wesen und Bedeutung des Fürsten in ergreifender Weise zum Ausdruck gebracht.

Ruprecht III. bestieg gar den deutschen Königsthron; der Riesenaufgabe, dem zerrütteten Reiche Ruhe und Ordnung wiederzugeben, war er nicht gewachsen, der Pfalz dagegen und seiner Residenzstadt Heidelberg ein väterlicher Fürsorger; in der Ahnenreihe des pfälzischen Fürstenhauses am „Friedrichsbau“ ragt auch sein mildes Bild; der entzückende Reichsadler an dem sogenannten „Ruprechtsbau“ deutet auf die doppelte Würde des Fürsten (Abbildung Nr. 3); die jetzige Heiliggeistkirche zu Füssen des Schlosses verdankt ihm ihre Entstehung.

Die Verteilung des Landes unter seine vier Söhne rief fünf Linien ins Leben, von denen die Der Reichsadler am Ruprechtsbau. „alte“ Kurlinie bis 1559, die Pfalz-Simmernsche bis 1685 regierte. Beide zählten Verschiedene in Heidelberg (1895) treffliche Regenten, deren Bedeutung und Wirken zum Teil weit über die Pfalz hinaus reichte.

Ludwig III. (1410 — 1436) ist durch seine Thätigkeit auf dem Konzil zu Konstanz (1414 — 1418) bekannt: ihm, als oberstem Richter des Reichs, kam die Sorge für die öffentliche Ordnung, die Ueberwachung des abgesetzten (dann auf dem Heidelberger Schlosse gefangen gehaltenen) Papstes Johann XXII., die Vollstreckung des Todesurteiles an Huss zu.

Ludwig IV. (1436 — 1449), „der biderbe, ehrliche und gottselige Fürst“, trat mit grossem Eifer für das Baseler Konzil und den von diesem gewählten Reformpapst Felix V. ein und wirkte auch in den Beziehungen zu Frankreich bedeutsam als deutscher Reichsfürst. Als nämlich das Reich der Verheerung des Elsasses durch die Armagnaken ohnmächtig zusah und die Kurfürsten von Mainz und Köln gar mit Frankreich liebäugelten, rückte Ludwig IV. von der Pfalz auf eigene Faust in das Elsass und brachte den Söldnern bei Illkirch eine bedeutende Niederlage bei. Gleichzeitig war er ein trefflicher Verwalter seines Landes, ein eifriger Förderer der Heidelberger Hochschule.

Wohl die volkstümlichste Gestalt unter den pfälzischen Fürsten war Friedrich I. (1449 — 1476), von seinem Volke der Siegreiche, von seinen Gegnern der „böse“, der „tolle Fritz“ genannt. Von allen Seiten angefeindet, vom Kaiser bedroht, vom Papste gebannt, obsiegte er, ein Meister im Kriege, mit seinem allezeit schlagfertigen Heere (besonders in der ruhmreichen Schlacht bei Seckenheim 1462) über alle seine Feinde, behauptete und mehrte den pfälzischen Besitz und ordnete ihn durch eine Menge segensreicher Gesetze und ein strammes persönliches Regiment. Erholung von so vielen Mühen suchte und fand er im häuslichen Kreise bei der hochgebildeten Clara Dettin von Augsburg, mit der er eine morganatische Ehe geschlossen, um seinem Neffen Philipp, für den er als Vormund eingetreten war, nicht die Aussicht auf die Nachfolge zu benehmen. Er, der eine so geachtete und gefürchtete Machtstellung errungen, liess sich im schlichten Büsserkleide in der Barfüsserkirche zu Heidelberg beisetzen. (Die Statue dieses Herrschers am Friedrichsbau darf auf Porträtähnlichkeit wohl keinen Anspruch erheben, bringt übrigens den Charakter desselben vortrefflich zur Geltung. Das in der Städt. Kunst- und Altertümersammlung auf dem Schlosse befindliche, als Friedrich I. bezeichnete Gemälde, eines der vorzüglichsten der Sammlung, ist nach Ansicht Professor H. Thode's nicht auf diesen Fürsten zu beziehen, weil es, nach dem Leben gemalt und der Richtung Dürer-Baldung nahestehend, erst im Anfang des XVI. Jahrhunderts entstanden sei. (Sieh Abbild. Nr. 4.))

Sein Neffe Philipp, der Aufrichtige (1476 — 1508), war ganz vom Drange nach friedlicher Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft erfüllt. Er eröffnete durch Berufung hochberühmter Gelehrter, wie Dahlberg, Agricola, Celtes, Reuchlin, dem Humanismus Zugang zur Pfalz und wirkte dadurch von seinem Musenhofe auf dem Schlosse zu Heidelberg aus auf das Geistesleben von ganz Deutschland in ausserordentlicherweise; nur an seiner eigenen Universität konnte er infolge des Widerstandes derselben dem neuen Geiste keine Stätte bereiten.

In den bald darauf in Deutschland hervorgetretenen religiösen und politischen Gegensätzen war der tüchtig gebildete Ludwig V. (1508 — 1544), der Hauptbaumeister des unteren Schlosses, unermüdlich auf Aussöhnung und Vermittlung bedacht. „Stets über den Parteien stehend, und vielfach von der Notwendigkeit der geistigen und politischen Strömungen überzeugt, hing er dennoch treu am Alten, von der Reformation wohl hauptsächlich durch die Verbindung religiöser und politischer Ideen abgestossen“. Nur notgedrungen nahm er gegen die Reichsritterschaft und seinen Vasallen Sickingen Partei; erst nach vielen Vermittlungsversuchen unterdrückte er kräftig den Bauernaufstand (1525), bewährte aber den Besiegten sofort die angeborene Milde. Wesentlich sein Einfluss führte 1532 und 1541 den Frieden zwischen Karl V. und den Protestanten herbei. Mit Recht rühmte die Inschrift seines einst in der Heiliggeistkirche errichteten Grabmales: Pacifici nomen meruit, nannten ihn seine Biographen den „Friedfertigen“. Sein Standbild schaut von den Trümmern des „Dicken Turmes“ auf die herrlichen Linden herab, die heute den von ihm errichteten „Grossen Wall“ beschatten.

Dem stäten Wesen Ludwigs ganz entgegengesetzt war das seines Bruders Friedrichs II. (1544 — 1556) und seiner ihm geistesverwandten, „drei Königreich starken“ Gattin, Dorothea von Dänemark, einer Enkelin Kaiser Karls V. Er liess sich nach Einführung protestantischer Neuerungen durch Karl V. zur zwangsweisen Zurückführung der alten Lehre bestimmen. Dies zwiespältige Wesen des einer Uebergangszeit angehörigen Herrschers verrät auch seine monumentale Schöpfung, der „Gläserne Saalbau“ des Heidelberger Schlosses; das schöne Allianzwappen desselben zeigt Abbildung 5.

Die nur dreijährige Regierung seines Neffen Otto Heinrich (1556 bis 1559) wirkte auf allen Gebieten epochemachend: der Geist der neuen Zeit kam in Religion, Kunst und Wissenschaft völlig zum Durchbruch. Ihm, der ganz Mann der Renaissance, ist keine Seite geistiger Thätigkeit fremd. Die klassischen Studien sind ihm völlig vertraut, Mathematik und Astronomie pflegt er als Kenner und Liebhaber; litterarisch thätig (vergl. das Tagebuch seiner -Orientreise v. J. 1521 und die Biographie seines Bruders), versucht er sich auch in der Herstellung mathematischer Instrumente. Im Verkehr mit Liebhabern (Fugger) und Künstlern (Vischer, Beham) sucht er Anregung und strebt dahin, durch reiche Aufträge die Kunst zu fördern. (Vergl. die Arbeiten Robert Salzers.)

Bloss drei Jahre waren ihm zur Regierung in der Rheinpfalz vergönnt: sie genügten zu einer vollständigen Reformation von Kirche und hoher wie niedrer Schule, deren segensreiche Folgen bis heute fortdauern. Zwei Denkmale, deren Würdigung wir den folgenden Abschnitten vorbehalten, haben seinem Namen auf immerdar Unsterblichkeit geliehen: die Bibliotheca Palatina (Der Kürze halber gebrauchen wir diese, durch die Gelehrten in Umlauf gebrachte Benennung; der amtliche Name war „Pfälzische Landesbibliothek“.)) und der Otto- Heinrichsbau. Mit ihm er losch die alte Kurlinie. Die Statue des Fürsten am Friedrichsbau wird in ihrer Wirkung wesentlich durch das Stahl gewand beeinträchtigt, das für die äussere Erscheinung des Trägers wenig glücklich gewählt ist; unsere Abbildung (Nr. 6) giebt das von B. Beham gemalte Porträt wieder.

„Es war einer der folgenreichsten Vorgänge der deutschen Geschichte, dass die beiden Wittelsbachischen Hauptlinien, die kurpfälzische und die bayrische, gegenüber der Reformationsbewegung nicht das gleiche Verhalten wie die übrigen weltlichen Stände des deutschen Reiches beobachteten, und dass die bayrischen Wittelsbacher (ähnlich dem Pfälzer Ludwig V.) durch die Sorge vor Ungehorsam und Auflehnung des Volkes gegen die Obrigkeit und Fürsten, infolge der neuen Lehre, und durch die Rücksicht auf ihre Territorialpolitik zum Festhalten an der alten Lehre bestimmt wurden“. Für die Pfalz im besonderen wurde der von dem Nachfolger Otto Heinrichs, Friedrich III. (1559 — 1576); dem ersten Kurfürsten der Pfalz-Simmernschen Linie, vollzogene Uebergang von der lutherischen zur calvinischen Lehre in politischer Hinsicht folgenschwer. Denn da (nach dem Urteil F. Stieves) (Beilage der Allgem. Zeitung 1892, Nr. 46.) der Calvinismus die Kurpfalz im Reiche vereinzelte und den schwersten Gefahren auszusetzen schien, wurde die kurpfälzische Regierung zu jener „unruhigen, angreifenden und ebenso verworrenen, als weit über ihre Machtmittel hinausgreifenden Politik getrieben, die in der Schlacht am weissen Berge (1620) ihren wohlverdienten Ausgang fand“.

Wenn Friedrich III. wirklich jedes politischen Verständnisses ermangelte, so war sein Eifer für die Lehre Calvins um so grösser. Auf das strengste überwachte er, auch persönlich, die Einführung der reformierten Lehre in der Pfalz, wie er besonders in Heidelberg und anderwärts alle von dem lutherischen Bekenntnis noch geduldeten Bilder und den Altarschmuck schonungslos aus den Kirchen entfernte, veranlasste Ursinus zur Abfassung des berühmten „Heidelberger Katechismus“ (Verschiedene Ausgaben desselben besitzt die Städt. Kunst- und Altertümersammlung auf dem Heidelberger Schlosse.) zog calvinistische Studenten aller Länder an die Heidelberger Universität, eröffnete den Hugenotten ein Asyl, deren einem, Belier, Heidelberg den den Stürmen von 1689 und 1693 entgangenen Renaissancebau des „Ritters“ dankt, und trat auch mit bewaffneter Hand in Frankreich und den Niederlanden für die bedrängten Glaubensgenossen ein. Unerschütterlich in seinem Glauben, verteidigte er ihn so unerschrocken vor Kaiser und Reich auf dem Tage zu Augsburg, wo ihm sein zweiter Sohn, Johann Kasimir, die Bibel nachtrug, dass der Markgraf von Baden ausrief: „Was fechtet ihr diesen Fürsten an? Er ist frömmer, als wir alle!“ Und mit solchem Eifer versenkte er sich in die dogmatischen Fragen, dass er „auf der Zusammenkunft protestantischer Fürsten zu Naumburg (1561)“ von allen allein „die Bedeutung der verschiedenen Auffassungen der Abendmahlslehre zu erkennen“ vermochte. Bei dem allmählich zu Tage tretenden Gegensatze des strengen und milden Calvinismus neigte er letzterem zu; nur einmal liess er sich durch seine Geistlichkeit zur Härte hinreissen: Bei der Verurteilung des wegen Arianismus angeklagten Pfarrers Neusser und des Inspektors Sylvan.

Johann Kasimir, welcher nach der gemäss dem Satze „cuius regio, eins religio“ alle Unterthanen treffenden lutherischen Reaktion unter Ludwig VI. (1576 bis 1583) für dessen minderjährigen Sohn Friedrich IV. die Regierung führte (1583 bis 1592), war auf der Bühne der europäischen Politik „ein ungeschickter und unglücklicher Spieler“ (er verband sich zum Schutze des Calvinismus mit Holland und den englischen und französischen Protestanten), als Landesherr aber verwaltete er sein Amt nach bestem Wissen und rettete die deutsche reformierte Kirche aus einer lebensgefährlichen Krisis.

Friedrich IV. (1592 — 1610) zeigte für die Bedürfnisse seines Landes Verständnis, auch an dem Leben und den Interessen der Hochschule nahm er persönlichen Anteil. Den Geist seiner Zeit spiegelt der unter ihm entstandene Friedrichsbau, das Wesen des Fürsten seih von J. Wille herausgegebenes Tagebuch aus den Jahren 1596 — 1599 wieder. (Die Porträtstauen Friedrichs III., Ludwigs VI., Johann Kasimirs und Friedrichs IV. schmücken die Nischen des Friedrichsbaues.)

Der Ausgang des Kampfes, den der mit Elisabeth von England vermählte Friedrich V., seinen Neigungen, der Politik seines Vaters und der Stimmung des Landes entsprechend, durch die Annahme der böhmischen Königskrone (28. September 1619) mit dem Hause Habsburg aufnahm, konnte wenig zweifelhaft sein. Standen ihm doch gegen den Kaiser, Liga, Spanien u. a. zur Deckung seiner Stammländer nur Truppen der 1608 zur „Union“ zusammengetretenen protestantischen Reichsfürsten und englisches Geld als Verbündete zur Verfügung. Sein Schicksal war besiegelt, als nach der auf die Schlacht am Weissen Berge bei Prag (8. November 1620) folgenden Achtserklärung die Union, deren Truppen bis dahin die rheinische Pfalz gegen den spanischen General Spinola verteidigt hatten, sich auflöste und der Besiegte vom Haag aus dem Kaiser nur unannehmbare Forderungen betr. Böhmen stellte. Trotzdem bevollmächtigte der „Winterkönig“ den Grafen Mansfeld, mit geworbenen Truppen den Kampf fortzusetzen; dieser zog von der Oberpfalz an den Rhein und brandschatzte bischöflich speyrisches und pfälzisches Gebiet, während sich General de Veere mit den pfälzischen und den angeworbenen holländischen und englischen Truppen in Mannheim und andern pfälzischen Städten hielt. Jetzt zog General Tilly aus der Oberpfalz zur Verfolgung Mansfelds herbei und beschloss mit dem spanischen General Cordova (November 1621) den Angriff auf Heidelberg. Der Winter hemmte einstweilen den Vollzug. Plötzlich schien der bei dem Mangel an Mitteln doppelt verzweifelten Sache Mansfelds und seines Herrn Rettung zu kommen. Aber die Hoffnung, welche das unerwartete Auftreten Christians von Braunschweig und des von frommem Eifer getriebenen Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach erweckte, wurde nach dem anfänglichen Erfolge Mansfelds bei Mingolsheim (Wiesloch); 27. April 1622, durch die Niederlagen jener beiden bei Wimpfen (6. Mai 1632) und Höchst völlig zunichte. Der aus dem Haag herbei geeilte Geächtete musste wieder das Land seiner Väter verlassen. Jetzt endlich konnte sich Tilly gegen die Festungen Heidelberg, Mannheim und Frankenthal wenden.

Die „Instruktion Ihrer königl. Majestät in Hispania an Don Spinola“ enthielt u. a. den Befehl, nach der Einnahme und Besetzung Mannheims „auff Heydelberg zu rücken, welches Stättlein, weil es schlecht verwahret, desto weniger Müh zu erobern kosten wird“. Die gleichzeitigen bildlichen Darstellungen von Stadt und Schloss Heidelberg und der Verlauf der Ereignisse bestätigen, dass die Ansicht des Feindes nur zu sehr begründet war: Ein Blick auf Merians Panorama vom Jahre 1620 (sieh Abbild. Nr. 7) zeigt das untere (heutige) Schloss und die Stadt wohl bewehrt mit Mauern und Türmen und durch Schanzen auf dem Hügel östlich des Fasanengartens (in der Gegend des heutigen Schlosshotels), auf dem kleinen Gaisberg (auf der Stelle des im Jahre 1537 durch eine Pulverexplosion zerstörten oberen Schlosses, wo heute die Wirtschaft „Molkenkur“), an den Abhängen des grossen Gaisberges (Trutzkayser und Trutzbayer), endlich am nördlichen Ende der (alten) Brücke, — ein die Festungswerke genau verzeichnender, wohl einst für Friedrich V. bestimmter Stadtplan vom Jahre 1622 (Vergl. Zangemeister in „Mittheilungen des Heidelberger Schlossvereins“, II. S. 290 und Tafel XXXVII.) bestätigt die Angaben des Merianschen Panoramas — aber unbegreiflicherweise waren die Schloss und Stadt völlig beherrschenden Höhen des Königsstuhles und des grossen Gaisberges nicht in das Befestigungssystem einbezogen und sogar die Vorwerke am Heiligen Berg, die „äusserste Schanz“, wieder aufgegeben worden. (Ueber die Festungswerke des Schlosses vergleiche den späteren Abschnitt „Das Schloss“.) Dazu kam, dass die Festungswerke, welche die Stadt im Westen, nach der Rheinebene zu, decken sollten, bei der Annäherung Cordovas im Jahre 1621 noch gar nicht vollendet waren; erst da „finge man an, wie wohl zu spat, diese Haupt- und Residentzstadt zu befestigen, die 1601 angefangene Mauren an der Vorstadt zu Ende zu bringen, und den neuen Wall ... vom Trutzkayser biss an den Necker mit grösserem Fleiss und Arbeit zu verfertigen ...“ Vielleicht war die Ueberzeugung von der Unhaltbarkeit des Platzes mit der Grund, dass schon 1620 bei dem Anrücken Spinolas „die meisten Räte, Professores, Studenten und reiche Bürger“ flohen und die Einnahme der Städte an der Bergstrasse durch Cordova im Jahre 1621 in Heidelberg noch grösseren Schreck hervorrief: „Die Universitäts- und Ratscollegia wurden zerstreut, die Professoren und fürnehmbsten Bürger flohen nach Bretten und änderst wohin“. In erfreulichem Gegensatze hiezu steht das Verhalten des Kommandanten Heinrich von der Merven, welcher auf Tillys Aufforderung zur Uebergabe (28. Oktober 1621) die schriftliche Erklärung abgab: Friedrich V. habe die Pfalz General de Veere übergeben und dieser ihm die Stadt Heidelberg vertraut, „die ich auch mit der Hülff Gottes bis an den letzten Tropffen meines Bluts vor allem Gewalt gedenck zu beschützen. So nun E. G. oder jemands anders Lust oder Appetit möchten haben hievon ein Prob zu nemmen, sollen dieselben befinden ..., dass die Guarnison in dieser königl. Residentz-Statt nit weniger von courage ist, als die Frankenthaler gewesen seyn“. (Relatio obsidionis Heidelbergensis. Das ist: Kurtze unparteyische Erzehlung der Belägerung und Einnehmung der Stadt Heydelberg. Franckfurt 1622.)

Tilly verwüstete im Frühjahr 1622 zunächst die Umgebung Heidelbergs, nahm Rohrbach, Wiesloch, Sinsheim und Neckargemünd, belagerte vergebens die von Barth. Schmid tapfer verteidigte Bergfeste Dilsberg] und eröffnete am 1. Juli 1622 den Angriff auf Heidelberg. Nach einem misslungenen Versuch, vom Heiligenberg aus die Stadt zu nehmen, verlegte er am 8. Juli sein Hauptquartier von Handschuhsheim nach Leimen, behufs Blokade der Stadt, und am 23. August nach Wiebhngen a. N. Jetzt begann Tilly gleichzeitig im West, Süd und Ost, am Trutzkayser, vom grossen Gaisberg aus und oberhalb des Fasanengartens, anzugreifen, erfuhr aber tapferste Gegenwehr ... „Den 31. ist das Glockenläuten und Uhrenschlagen in der Statt abbestellt worden und haben die Bayrische wider mit Anbruch des Tages durch ihre Stücke den Belagerten ein guten Morgen gebotten und seynd ... zween Soldaten in der Kettengassen durch eine halbe Carthaunekugel die Köpff hinweg geschmissen worden, welche die ersten gewesen, so durch das Geschütz umbgebracht; Nachts umb 10 Uhren wider dapffer mit Stücken Fewer in die statt geben; folgende Tag haben die Bayerische ihre Approchen mit Ausswerffung der Lauffgräben und Linien unten am Berg her zwischen den Weingarten und der Rohrbacher Strass gegen der Statt zu und gegen dem Eckbollwerck bey dem blawen Thum (am heutigen Gymnasium) unnachlässlich continuirt und ziemlich nahe kommen, ungeacht die Belagerten der ends zu underschiedlichen mahlen aussgefallen und sie von dannen getrieben“. Die Belagerten erwiderten unter der umsichtigen Leitung des Kommandanten das Feuer aufs heftigste und machten Ausfall auf Ausfall; was half aber alle Bravour, als es den Feinden gelang, ihre Geschütze auf den Gipfel des Gaisbergs und auf den Königstuhl zu bringen, und sie von oben herab die Festungswerke und Vorwerke in Trümmer schössen, und vollends, als Tilly noch bedeutende Verstärkung an Geschützen und Mannschaft erhielt?

Am 6. September ging „der Generalsturm zugleich an allen Kanten und Schantzen der Statt mit viel hundert Leytern und stätiger Erfrischung und Sekundierung der Stürmenden wiederumb an, der in die zwo Stund lang gewehret, und haben sich zwar die Belagerten dapffer gewehret, besonders die Engel- und Niderlander uff dem Fasanengarten ... und dann die Niderlander und Teutschen uff dem alten Schloss, also dass sie an diesen zweyen Orten gäntzhch ablassen und weichen müssen, wie nit weniger uff der Batterie am Necker vor der Speyrpforten, da sich die Landtschadische Company also dapffer gehalten, dass sie die Bayerischen ... weit ins Feld hinauss getrieben und verfolgt hat“. Unterdessen ward aber der ganzlich zerschossene Trutzbayer und Trutzkayser genommen, der Südwestwall erstiegen und die dortigen Verteidiger gleichzeitig vom Gaisberg aus mit einem Hagel von Geschossen überschüttet; „also die Belagerte der ends, weil sie insgemein zu so weitläufftiger Statt und Fortificationen zu schwach, auch durch unnachlassiges, langes Wachen gantz ermattet gewesen und kein Entsatz oder Umbwechsel gehabt, theils erlegt, theils verjagt wurden“, bemächtigten sich die Bayrischen der Vorstadt und drängten sofort in die Altstadt nach, „da mehrteils Bürger ihre Posten verlassen und uff ihre Zunfftstuben umb zu deliberiren zusammengeloffen ...“ Von der Merven bot sich jetzt „zu Verhütung der Plünderung und Niederhawung des Volcks zu parlamentiren“ an, ward aber abgewiesen.

„Ist also das Plündern mit Massacrirung und Vergiessung vieles unschuldigen Bluts mit Däumelung, Knebelung, Brügelung, Peinigung und Rantzionirung der Innwohner, mit Hinwegführung der Weiber und Jungfrawen, mit Abbrennung vieler Gebäw der Statt ... bis in den 3. Tag hinauss continuirt worden“. Der Rest der Besatzung hatte sich mittlerweile mit dem Kommandanten aufs Schloss gezogen. Auf entsprechende Anfrage Tillys erwiderte von der Merven, „seine Intention were, wans möglich wäre, das Schloss noch 10 Jahr zu defendiren“ und verwies ihn im übrigen an den Höchstkommandierenden Veere in Mannheim. Da dieser die Entscheidung völlig Merven anheim stellte, auf Entsatz aber nicht zu hoffen war, beschloss dieser mit seinem Kriegsrat, „ein ehrlichen Accord zu treffen“.

Die von Tilly zuerst aufgesetzten „Articul kamen dem Herrn Gubernatori etwas frembd und unreputirlich vor“; er erklärte, „lieber zu sterben und sich eher in tausendt Stücker zerhawen zu lassen, ehe er solchen Accord eingehen wolte“. Schliesslich gestand Tilly zu, dass nach Uebergabe von „Schloss samt Geschütz, Munition u. s. w., Mobilien, Brieffliche Urkunden und Documenten, Kleinodien, was Ihrer F. G. Herren Pfaltzgraffen und Princessin dero F. Gemahl zuständig, dem Herrn Gubernatorn, allen dessen Obristen u. s. w., auch gemeinen Soldaten mit fliehenden Fahnen, brennenden Lunden, Kugeln im Mund, Ober- und Underwehr, auch ihrem Sack und Pack ... freyer Pass vergünt sey und zu dem Abzug sicher Geleit ... Der Sieger stellte von der Merven und seinen Leuten, die er zum Schutz vor seiner eigenen Soldateska ritterlich bis Weinheim geleitete, beim Abschied das Zeugnis aus, „dass er bey seinem Gubernament gethan hab wie ein redtlicher tapffer Cavallier thun solle und dass er solchen seinen Fleiss und Tapfferkeit allenthalben Zeit lebens rühmen wolte“. Viele seiner Soldaten wunderten sich aber sehr über die geringe Anzahl der Abziehenden und äusserten, „dass es ein Schand wehre, dass sie sich von so einer handtvoll Volcks so lange Zeit über hetten auffhalten und quelen lassen“.

Der Einnahme Heidelbergs folgte die von Mannheim und die Uebergabe von dessen Feste Friedrichsburg; Frankenthal widerstand einstweilen, und so liess Tilly, „weilen in der Pfaltz alles verderbet, verwüstet und verzehret“, sein Heer z. T. in der Wetterau Winterquartiere beziehen; März 1623 ergab sich auch Frankenthal und damit war die ganze Pfalz unter spanischer und bayrischer Botmässigkeit.

Am 25. Februar 1623 ward Herzog Maximilian von Bayern feierlich mit der (pfälzischen) Kurwürde belehnt und mit der Verwaltung der Kurpfalz betraut. Er begann sich alsbald häuslich einzurichten; an die flüchtigen Städter war schon 1622 der Befehl zur Rückkehr ergangen, an die Bauern, ihr Feld zu bestellen; die Güter der Fernbleibenden wurden eingezogen. Bald begann, wie in der ganzen Pfalz, so besonders in Heidelberg als „der Calvinisten fürnembsten Asyl und Ketzernest“, die katholische Restauration: 1623 wurden die reformierten Pfarrer in Heidelberg vertrieben, 1624 „alle Pfarrer in der Pfalz wie auch die Professores in Heidelberg abgesetzt“, 1625 „die pfältz. Unterthanen, Jung und Alt, gezwungen zur Messe zu gehen ...; wer sich nicht bequemen wollte, musste seine Güter verkaufen, den zehenden Pfenning zurücklassen und die Pfaltz mit dem Rücken ansehen“. (... „nur einige wenige zogen davon“.) 1628 überliess Kaiser Ferdinand die Oberpfalz endgültig Maximilian von Bayern. (Von der Wegführung der Bibliotheca Palatina nach Rom als Geschenk jenes an den Papst und von den Schicksalen der Hochschule überhaupt während des 30-jährigen Krieges berichten die folgenden Abschnitte „Gang durch die Stadt“ und „die Universität“.)

Mittlerweile wurden, da es durch Schuld beider Parteien zu keiner friedlichen Lösung der Restitutionsfrage Friedrichs V. kam, in Deutschland und Europa die feindlichen kirchlichen und politischen Mächte nach einander in den Kampf gezogen. Es folgte die niedersächsische und dänische Episode des grossen Krieges, die Friedrich so wenig sein Land zurückbrachten, als die nie ruhenden verwickelten diplomatischen Verhandlungen Englands, Hollands, Frankreichs und Spaniens unter sich und mit dem deutschen Kaiser sowie den Kurfürsten. Doch wurde 1630 die Aechtung des Pfalzgrafen insofern aufgehoben, als ihm der Kaiser freien Aufenthalt in Deutschland gestattete.

Da trat im Jahre 1631 Gustav Adolf auf den Plan, welcher Friedrich V. schon 1620 seine Teilnahme zugewendet hatte und nun, durch Vermittlung Richelieus durch England unterstützt, gleichfalls die Wiederherstellung der Pfalz in sein Programm aufnahm. Friedrich V. begleitete vom Januar bis -September 1632 den Siegeszug des Schwedenkönigs von Frankfurt bis München, sah auch die ganze Pfalz mit Ausnahme Heidelbergs von dem Feinde gesäubert, musste aber schliesslich erfahren, dass Gustav Adolf ihm für die Wiedereinsetzung in sein Land gleich unerträgliche Bedingungen stellte, wie zuvor der Kaiser, so die Duldung der Lutheraner. Der Fall des Heldenkönigs in der Schlacht bei Lützen versetzte den Hoffnungen wie dem Leben des unglücklichen Fürsten den Todesstoss. Er starb am 31. Oktober 1632, nachdem er, wie sein Vater, nur ein Alter von 36 Jahren erreicht. Gebildeter und von grösserem Pflichtbewusstsein durchdrungen als Friedrich IV., hatte auch er der „Gabe der Beharrlichkeit in der Arbeit und der Selbständigkeit im Urteil und Willen“ ermangelt, weshalb denn auch unter ihm, wie unter jenem, die eigentliche Regierung von den Räten geführt worden. Schwer hat er für seine Fehler gebüsst, zu allem Leid noch von seinen Gegnern mit bitterm Hohn in Wort und Bild verfolgt:

„Ich bin der König von kurtzer Zeit,

Mein Reich ist gleich der Fasstnachtfreud,

Wann d' Fasstnacht aus, geht Fasten an.

Vor König, jetzt ein armer Mann“.

(Eingangsstrophe von „Palatini Königreich in der Fasten“; vergl. R. Wölkau, Der Winterkönig im Liede seiner Zeit, Deytsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft II, 1889. (Zahlreiche Bildnisse der Familie des Winterkönigs bewahrt die Städtische Kunstund Altertümersammlung auf dem Schlosse.)

Sympathisch war er Mit- und Nachwelt durch sein inniges Verhältnis zu seiner Gattin, der zu Fromm er auf dem Nordwall- des Heidelberger Schlosses den einfachschönen „Englischen Bau“ errichtete, der zu Ehren noch heute die „Elisabethenpforte“ am Eingang zu den Linden des „EngHschen Gartens“ ragt. Das stolzeste Werk seines Architekten Salomon de Gaus, der berühmte Hortus Palatinus, dessen Ansicht Abbildung Nr. 8 zeigt, zerfiel, nie vollendet, noch bei Lebzeiten des Bauherrn in Trümmer. Von den dreizehn Kindern, mit denen die Ehe Friedrichs V. und Elisabeth Stuart gesegnet war, ist ausser Karl Ludwig, dem ältesten Sohne, Prinz Rupert der Kavalier durch überaus wechselvolle Schicksale und technische Erfindungen berühmt geworden; neben ihm Elisabeth, Pfalzgräfin bei Rhein, die Schülerin des Philosophen Cartesius, Aebtissin zu Herford, und Sophie, Kurfürstin zu Hannover, die Freundin Leibnitzens. (Zahlreiche Bildnisse der Familie des Winterkönigs bewahrt die Städtische Kunst und Altertümersammlung auf dem Schlosse.)

Am 15. Mai 1633 überrumpelten die Schweden unter Abel Moda die Stadt Heidelberg und zwangen 26, Mai 1633 das von 500 Mann verteidigte Schloss durch Beschiessung von den beherrschenden Höhen, zum Teil unter Benützung der Laufgräben Tillys, zur Uebergabe. (Theatrum Europaeum B. III S. 67, 382, 510 u. s. w.)

Im Juni 1633 schloss Oxenstierna mit dem Vormunde Karl Ludwigs einen Vertrag, der die Unterpfalz Schweden völlig in die Hand gab, Duldung der Lutheraner, enges Bündnis mit Schweden und nur im Friedensfalle völlige Restitution des Pfalzgrafen bestimmte.

Die Ruhe währte nur kurze Zeit. Nach dem Sieg der Kaiserlichen über Bernhard von Weimar und Horn bei Nördlingen ergossen sich im September 1634 die flüchtigen Schweden in die Pfalz; die Sieger folgten auf dem Fuss und „Neapolitaner und Croaten hielten übel haus und haussten unmenschlich mit Mann und Weib“. Jetzt traten die Franzosen als Verbündete der süddeutschen protestantischen Fürsten auf und mehrten durch ihre Angriffe auf pfälzische Städte nur die Pein der Bewohner: Die Vorstadt von Heidelberg ward 16. November 1634 von den Kaiserlichen überrumpelt, die Altstadt nach Breschelegung neben dem Diebs- (Hexen-)Turm genommen; nach vergeblicher Belagerung des Schlosses und ausgiebigem Plündern, Morden und Brennen in der Stadt ziehen sie ab, um 13. Dezember 1634 ebenso vergeblich gegen Schweden und Franzosen den Angriff aufs Schloss zu erneuern. Endlich gelingt es ihnen, am 27. Juli 1635 unter Gallas Oberbefehl das Schloss durch Blokade zur Uebergabe zu zwingen, und nachdem alsbald alle lutherischen und reformierten Pfarrer vertrieben, ward Ende des Jahres 1635 die ganze Pfalz dem Kurfürsten von Bayern „auf ewig“ übergeben. Teuerung, Hungersnot. Pest, Ruhr, entsetzliche sittliche Verwilderung war die Gefolgschaft dieses kulturvernichtenden Krieges; man mag im „Theatrum Europaeum“ nachlesen, wie die armen Pfälzer in den Jahren 1635 — 1638 ihr Leben gefristet; nicht blos auf dem Friedhofe zu Worms musste man die Toten vor den Lebenden schützen! Man begreift kaum, wie überhaupt in dieser Zeit (1638 — 42) die schreckliche Soldateska beider Gegner in dem ausgesogenen Land sich zu halten vermochte. Die 1644 zu Münster und Osnabrück eröffneten Friedensunterhandlungen hinderten nicht, dass im gleichen Jahre die Franzosen wiederum bis zur Bergstrasse streiften, Ladenburg „contri- buierten“, Mannheim einnahmen, um es bald darauf wieder an die Bayern zu verlieren, dass Bensheim und Weinheim wieder von den Bayern, Frankenthal von den Kroaten besetzt und geplündert ward, dass 1645 bei Heidelberg zum Schrecken der Einwohner eine Musterung von 32.000 Schweden, Franzosen und Hessen stattfand und der Kampf zwischen diesen und den Kaiserlichen in der Unterpfalz bis zum Jahre 1648 fortdauerte.

Der Westfälische Friede errichtete für Pfalzgraf Karl Ludwig eine achte Kurwürde und räumte ihm die Unterpfalz (Rheinpfalz) ein; die erste weltliche Kurwürde nach Böhmen und die Oberpfalz verblieben endgültig Bayern.

Die Regierungszeit Karl Ludwigs (B. Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs d. Gr. 1648 — 1740. 2. B. Berlin, Grote. 1892 — 93. — Eberhard Gothein in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. Bd. I, III, IV und Bad. Neujahrsblätter Nr. 5.) (1648 — 1680) ist „eine der merkwürdigsten Epochen der deutschen Kulturgeschichte, ein Zeugnis für die unverwüstliche Lebenskraft des deutschen Volkes“. Hohe staatsmännische Begabung, eine gründliche und vielseitige, holländisch-englische Bildung, „welche damals das Geistesleben der obern Gesellschaftskreise zu beherrschen begann und bei den Männern und Frauen des pfälzischen Fürstenhauses eifrige Pflege fand“, die Läuterung seines Charakters, den die Schicksale seiner Eltern und eigne Lebenserfahrung bewirkten, ein tiefes, in Holland imd England gewonnenes Verständnis für wirtschaftliche Fragen jeder Art, nicht zuletzt eine seltene Thatkraft, Pflichttreue und haushälterische Sparsamkeit — alle diese Eigenschaften liessen ihn vom Schicksal wie berufen erscheinen, in aufgeklärtem absolutem Regiment Kurpfalz aus tiefstem Elend zu neuer materieller und geistiger Blüte zu erheben. Mit Recht wird er „als der Vorläufer der Richtung“ bezeichnet, „die in der freien Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte und in der Beschränkung des Staates auf gesetzgeberische Massregeln das Wesen wirtschaftlichen Fortschrittes sieht“. Es liegt eine erschütternde Tragik darin, dass die herrliche Blüte, welche die auf grosse Ziele gerichtete und gewissenhaft auf das kleinste eingehende, fast vierzigjährige friedliche Kulturarbeit dieses Fürsten so wunderbar zur Entfaltung gebracht, durch die furchtbaren Stürme, welche derselbe Herrscher durch seine äussere Politik ahnungslos heraufbeschworen, in einem halben Dezennium wie durch eine eisige Frühlingsnacht jäh, erbarmungslos vernichtet wurde. Es reizt, der reichen Thätigkeit dieses Fürsten, dessen charakteristische Züge Matham nach einem Gemälde G. Honthorsts trefflich wiedergegeben (sieh Abbild. Nr. 9), im Einzelnen nachzugehen!