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Heinrich Heines "Memoiren über seine Jugendzeit" ist eine fesselnde und zugleich introspektive Reflexion über die prägenden Jahre des Autors. In einem eloquenten und oft melancholischen Stil beschreibt Heine seine Kindheits- und Jugenderinnerungen, die von der kulturellen und politischen Atmosphäre des 19. Jahrhunderts geprägt sind. Seine Sprache ist durchzogen von Ironie und Tiefsinn, wodurch der Leser einen einzigartigen Einblick in die innere Welt des Poeten erhält. Die Memoiren sind sowohl ein autobiografisches Zeugnis als auch ein literarisches Dokument, das die zeitgenössischen Strömungen der Romantik und des Realismus miteinander verknüpft. Heinrich Heine, einer der bedeutendsten deutschen Lyriker und Essayisten, wurde 1797 in Düsseldorf geboren. Sein Werdegang war von zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt, die ihn entscheidend beeinflussten. Heines kritische Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Herkunft und seiner Rolle in einer sich wandelnden Gesellschaft spiegelt sich in seinen Memoiren wider und legt die Grundlagen für sein späteres Werk. Die Spannung zwischen Sehnsucht und Realität wird in seinen Erinnerungen spürbar, die die innere Zerrissenheit des Autors erfassen. "Memoiren über seine Jugendzeit" ist eine zeitlose Einladung, die Komplexität des menschlichen Lebens zu erkunden und sich mit den Fragen von Identität und Zugehörigkeit auseinanderzusetzen. Für Leser, die sich für autobiographische Literatur und die Entwicklung eines der größten Dichter Deutschlands interessieren, ist dieses Buch ein unverzichtbares und bereicherndes Werk.
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Ich habe in der That, theure Dame, die Denkwürdigkeiten meiner Zeit, in so fern meine eigne Person damit als Zuschauer oder als Opfer in Berührung kam, so wahrhaft und getreu als möglich aufzuzeichnen gesucht.
Diese Aufzeichnungen, denen ich selbstgefällig den Titel Memoiren verlieh, habe ich jedoch schier zur Hälfte wieder vernichten müssen, theils aus leidigen Familienrücksichten, theils auch wegen religiöser Skrupeln.
Ich habe mich zwar seitdem bemüht, die entstandenen Lakunen nothdürftig zu füllen, doch ich fürchte, postume Pflichten zwingen mich, meine Memoiren vor meinem Tode einem neuen Autodafé zu überliefern, und was alsdann die Flammen verschonen, wird vielleicht niemals das Tageslicht erblicken.
Ich nehme mich wohl in Acht, die Freunde zu nennen, die ich mit der Hut meines Manuskriptes und der Vollstreckung meines letzten Willens in Bezug auf dasselbe, betraue; ich will sie nicht nach meinem Ableben der Zudringlichkeit eines müßigen Publikums und dadurch einer Untreue an ihrem Mandate bloßstellen.
Eine solche Untreue habe ich nie entschuldigen können; es ist eine unerlaubte und unsittliche Handlung, auch nur eine Zeile von einem Schriftsteller zu veröffentlichen, die er nicht selber für das große Publikum bestimmt hat. Dieses gilt ganz besonders von Briefen, die an Privatpersonen gerichtet sind. Wer sie drucken läßt oder verlegt, macht sich einer Felonie schuldig, die Verachtung verdient.
Nach diesen Bekenntnissen, theure Dame, werden Sie leicht zur Einsicht gelangen, daß ich Ihnen nicht, wie Sie wünschen, die Lektüre meiner Memoiren und Briefschaften gewähren kann.
Jedoch, ein Höfling Ihrer Liebenswürdigkeit, wie ich es immer war, kann ich Ihnen kein Begehr unbedingt verweigern, und um meinen guten Willen zu bekunden, will ich in anderer Weise die holde Neugier stillen, die aus einer liebenden Theilnahme an meinen Schicksalen hervorgeht.
Ich habe die folgenden Blätter in dieser Absicht niedergeschrieben, und die biographischen Notizen, die für Sie ein Interesse haben, finden Sie hier in reichlicher Fülle. Alles Bedeutsame und Charaktristische ist hier treuherzig mitgetheilt, und die Wechselwirkung äußerer Begebenheiten und innerer Seelenereignisse offenbart Ihnen die Signatura meines Seyns und Wesens. Die Hülle fällt ab von der Seele, und du kannst sie betrachten in ihrer schönen Nacktheit. Da sind keine Flecken, nur Wunden. Ach! und nur Wunden, welche die Hand der Freunde, nicht die der Feinde geschlagen hat!
Die Nacht ist stumm. Nur draußen klatscht der Regen auf die Dächer und ächzet wehmüthig der Herbstwind.
Das arme Krankenzimmer ist in diesem Augenblick fast wohllustig heimlich und ich sitze schmerzlos im großen Sessel.
Da tritt Dein holdes Bild herein, ohne daß sich die Thürklinke bewegt, und Du lagerst dich auf das Kissen zu meinen Füßen. Lege Dein schönes Haupt auf meine Kniee und horche ohne aufzublicken.
Ich will dir das Märchen meines Lebens erzählen.
Wenn manchmal dicke Tropfen auf Dein Lockenhaupt fallen, so bleibe dennoch ruhig; es ist nicht der Regen, welcher durch das Dach sickert. Weine nicht und drücke mir nur schweigend die Hand.
Anmerkung des Herausgebers. Die „theure Dame“ dieses Eingangs der Memoiren ist vielleicht nur eines jener Phantasiegebilde, an welche Heine sich so oft in seinen Werken, nicht blos in seinen Gedichten, wendet. Vielleicht aber ist es auch eine der Frauengestalten, welche Heine auf seinem Krankenlager zuweilen durch
ihre tröstende Gegenwart erfreuten, und zunächst wäre alsdann an die
„Mouche“
zu denken, dieselbe räthselhafte Frau, welche vor einigen Wochen unter dem Namen
„Camilla Selden“
(jedenfalls einem Pseudonym) ihre Erinnerungen an Heine’s letzte Lebenstage veröffentlicht hat. Da aber die „Mouche“ erst im October 1855 mit Heine bekannt geworden, so ist wegen des wahrscheinlich früheren Beginns dieser Memoiren mit Sicherheit auch hierüber nichts zu sagen. Aus den ersten Worten des Manuscriptes ließe sich noch auf eine andere Freundin Heine’s schließen, nämlich auf die
Prinzessin Christina Belgiojoso
, eine um die jungitalienische Bewegung hochverdiente Frau, in deren Hause in Paris Heine in besseren Tagen als willkommener Gast häufig verkehrt hatte. Das Manuscript nämlich, welches jetzt lautet: „Ich habe in der That, theure Dame“ etc., weist die, wieder ausgestrichenen, Correcturen auf: statt „theure“ – „erlauch…“, und statt „Dame“ – „Seele“. An die „Mouche“ hätte Heine schwerlich die Feder zu einem „erlauchte“ angesetzt. Die vorstehende Widmung ist foliirt von Seite 1 bis 5. Auf der Rückseite des ersten Blattes steht das Brouillon eines bisher noch nie gedruckten Gedichtanfangs; es ist ein erster Entwurf, der nur die flüchtigen Gedanken festhalten sollte und noch der Durcharbeitung im Einzelnen bedurft hätte. Correcturen finden sich darin, wie in Allem, was Heine geschrieben, außerordentlich viele. Die Strophen lauten:
„Manch kostbar edle Perle birgt Der Ocean; manch schöne Blume Küsst nie ein Menschenblick nur stumme Waldeinsamkeit schaut ihr Erröthen Und trostlos in der Wildnißöde Vergeudet sie die süßen Düfte.[5] Wenngleich tobsüchtig dort der Wind Die Fluten peitschet, daß sie heulen, Und ihnen straks zu Hülfe eilen Entsetzlich gähnend aus den Tiefen Die Ungethüme, die dort schliefen – –“
Die weiter unten folgende Fortsetzung des Memoirenmanuscripts, beginnend mit den Worten: „Welch ein erhabenes Gefühl“ etc. fängt an auf S. 32. Es fehlen also in unserem Manuscripte die Blätter 6 bis 31. Was ist aus ihnen geworden
? – Die Antwort lautet: Heines Bruder
Maximilian
(vor einigen Jahren gestorben) hat nach dem Tode des Dichters, bei einer Durchsicht des literarischen Nachlasses, gegen den Willen der Wittwe Heine’s den Anfang dieser Memoiren im Kaminfeuer verbrannt! Verbrannt aus ähnlichen Beweggründen, aus denen Gustav Heine die ihm verpfändeten Memoiren verheimlicht, aus denen andere Verwandte Heine’s, so z. B. seine Nichte, die
Prinzessin della Rocca
, sich ängstlich bemühen, über Heine’sche Familienfragen die lächerlichsten Entstellungen zu verbreiten. Maximilian Heine und die übrige Verwandtschaft des großen Dichters hat es nämlich als einen Schimpf empfunden, daß er, sammt ihnen allen, aus einer verarmten jüdischen Familie herstammt! Das ist der sehr durchsichtige Grund dieser Geheimnißkrämerei und Unwahrhaftigkeit, welche sich in allen Handlungen und Schriften von Heine’s Verwandten mit Bezug auf ihren weltberühmten Blutgenossen offenbaren. Heinrich Heine hat sicher im Eingang seiner Lebensschilderung offen und ehrlich, wie es sich ziemte, über seine bescheidene Herkunft gesprochen; er hat wahrscheinlich auch dem alten Märchen von der
adeligen
Herkunft seiner Mutter ein Ende gemacht. Heine’s Mutter war die Enkelin des reichen Juden Isaak in Düsseldorf, der von seinem früheren Wohnsitz in Holland
van Geldern
(nicht
von
Geldern) hieß. Sie selbst wie ihr Vater sind bis an ihr Ende Juden geblieben. Ganz dasselbe gilt von Heines väterlichem Großvater und Vater. Maximilian Heine hat in seinen viel mehr Dichtung als Wahrheit enthaltenden „Erinnerungen an Heinrich Heine“ (Berlin 1868) von einem seinem Großvater mütterlicherseits, Isaak van Geldern, verliehenen „Adelsbrief“ gefabelt; kein wahres Wort an der Sache, wie Strodtmann längst nachgewiesen. Dasselbe gilt von Moritz
„von“