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Menschen wie GötterIn ferner Zukunft haben die Menschen einen fernen Planeten besiedelt und sich durch gezielte Mutationen weiterentwickelt. Jetzt herrschen die „Ersten“, die bereits mutiert auf dem Planeten ankamen, über die Sterblichen wie die Götter des hinduistischen Pantheons. Sie unterdrücken jeden Fortschritt, rotten jeden Widerstand aus und halten ihre Nachfahren auf dem Niveau von Barbaren, um ihre Macht nicht zu gefährden. Doch eines Tages kehrt Mahasamatman, der Herr des Lichts, von seiner Festung im Himmel auf die Erde zurück – und stellt sich auf die Seite der Unterdrückten …
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Seitenzahl: 510
ROGER ZELAZNY
HERR DES LICHTS
Roman
Es heißt, dass er dreiundfünfzig Jahre nach seiner Befreiung aus der goldenen Wolke zurückkehrte, um noch einmal die Herausforderung des Himmels anzunehmen; die Ordnung des Lebens zu bekämpfen und die Götter, die diese Ordnung gefügt hatten. Seine Anhänger hatten um diese Rückkehr gebetet, obwohl ihre Gebete Sünde waren. Mögen die Begleitumstände auch außerordentlich gewesen sein wer einmal ins Nirvana eingegangen ist, ihn rühren keine Gebete mehr. Und doch beteten die in den Safranroben, dass Er-vom-Schwert, Manjusri, zurück zu ihnen kommen möge. Es heißt, dass der Bodhisattva sie erhört hat …
Der, dessen Begierden erstickt sind,
der gelöst ist von allen Wurzeln,
dessen Weide die Leere ist
ungezeichnet und frei
sein Pfad ist so unabsehbar
Wie der Flug der Vögel über den Himmel.
Dhammapada (93)
Seine Anhänger nannten ihn »Mahasamatman« und einen Gott. Er selbst jedoch ließ das »Maha-« und das »-atman« weg und nannte sich »Sam«. Niemals behauptete er, ein Gott zu sein. Freilich bestritt er es auch niemals. So wie die Dinge lagen, konnte beides nur von Schaden sein. Von Nutzen sein konnte allein sein Stillschweigen.
Deshalb umgab ihn ein Geheimnis.
Es war in der Regenzeit …
Es war mitten in der Zeit der größten Niederschläge …
Es war in diesen Regentagen, da die Gebete aufstiegen; aufstiegen nicht von geknoteten Gebetsschnüren oder sich drehenden Gebetsmühlen, sondern von der großen Gebetsmaschine im Kloster der Ratri, der Göttin der Nacht.
Die Hochfrequenzgebete zielten nach oben in die Atmosphäre hinein und noch über sie hinaus, zielten auf jene goldene Wolke, die Brücke der Götter heißt, die ganze Welt umspannt, des Nachts als ein bronzener Regenbogen am Himmel steht und der Ort ist, wo sich die rote Sonne am Mittag orange färbt.
Einige Mönche bezweifelten die Orthodoxie dieser Gebetstechnik, aber die Maschine war gebaut worden und wurde bedient von Yama-Dharma selbst, dem Ausgestoßenen aus der Himmlischen Stadt, von dem man sich erzählte, dass er vor vielen Zeitaltern auch den gewaltigen Donnerwagen Shivas gebaut hatte: jene Maschine, die die Wolken durchstößt; Feuer loht in ihrer Flugspur.
Obwohl in Ungnade gefallen, galt Yama noch immer als der Mächtigste unter den Baumeistern, aber man bezweifelte nicht, dass die Götter der Stadt ihn in den wirklichen Tod schicken würden, erführen sie von der Gebetsmaschine. Doch der wirkliche Tod war ihm ohnehin gewiss, wenn er in ihre Gewalt geriet, es bedurfte dazu nicht dieser neuen Ketzerei. Wie er diese Angelegenheit mit den Meistern des Karma regeln würde, war seine eigene Sache, aber niemand bezweifelte, dass er einen Ausweg finden würde, wenn es erst so weit war. Er war halb so alt wie die Stadt selbst, und es gab nicht mehr als zehn Götter, die sich an die Gründung der himmlischen Festung erinnerten. Er war bekannt für seine Weisheit, und es hieß, dass selbst Kubera ihm nachstand. Er war vertraut mit dem Allfeuer. Aber das waren noch seine weniger bemerkenswerten Eigenschaften. Berühmt war er für etwas anderes, von dem allerdings nur die Frauen zu berichten wussten. Groß von Gestalt, aber nicht übergroß, kräftig, aber nicht schwer, waren seine Bewegungen ruhig und fließend. Er kleidete sich in Rot und sprach wenig.
Er bediente die Gebetsmaschine, und der riesige Metalllotos, den er auf das Dach des Klosters gepflanzt hatte, drehte sich unermüdlich in seinem Lager.
Nieselregen fiel auf das Gebäude, den Lotos und den Dschungel am Fuß der Berge. In den vergangenen sechs Tagen hatte Yama viele Kilowatt Gebete geopfert, aber die Statik verhinderte, dass er in der Höhe gehört wurde. Mit unterdrückter Stimme belegte er die bekannteren unter den gegenwärtig herrschenden Fruchtbarkeitsgöttern mit Ausdrücken, die sich auf ihre berüchtigtsten Eigenschaften bezogen.
Donnergrollen antwortete seinen Verwünschungen, und der kleine Affe, der ihm half, kicherte: »Deine Gebete und Deine Flüche laufen auf ein und dasselbe hinaus, Yama, und das heißt auf nichts.«
»Hast du siebzehn Inkarnationen benötigt, um zu dieser Einsicht zu gelangen?«, fragte Yama. »Dann verstehe ich allerdings, warum du deine Tage immer noch als Affe verbringst.«
»Durchaus nicht«, sagte der Affe, der Tak hieß. »Obwohl mein Sturz weniger aufsehenerregend war als deiner, zeigt sich an ihm doch auch deutlich genug die persönliche Boshaftigkeit der Göttin …«
»Schluss!«, sagte Yama und wandte ihm den Rücken zu.
Es wurde Tak klar, dass er auf einen wunden Punkt gestoßen war. Auf der Suche nach einem neuen Gesprächsthema lief er zum Fenster, sprang auf das breite Fensterbrett und warf einen Blick zum Himmel.
»Drüben im Westen reißt die Wolkendecke auf«, sagte er.
Yama trat neben ihn, blickte in die angegebene Richtung, runzelte die Stirn und nickte.
»Mmm, ja«, sagte er. »Bleib auf deinem Platz und sag mir weiter, wie es aussieht.«
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