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»Vorgedicht«, »Sterne zählen in der Nacht« und »Ein Gedicht, das mir zuflog« zählen heute zu den bekanntesten Werken der koreanischen Dichtung. Yun Dong-ju ist einer der beliebtesten Dichter Koreas. Er wird als einer der führenden Intellektuellen gegen Ende der japanischen Kolonialisierung angesehen, aber seine Gedichte stellen sich nicht explizit gegen die japanische Herrschaft auf der koreanischen Halbinsel, sie basieren auf Selbstreflexion und Empathie zu seinen Mitmenschen. Die frühen Gedichte vertreten oft eine kindliche Sicht auf die Dinge, später konzentrieren sich seine Werke auf das innere Ich und die eigenen Erfahrungen als Intellektueller, dem die koreanische Sprache und Kultur nur im privatesten Bereich zugestanden werden.
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Seitenzahl: 41
In ehrendem Gedenken an Professor Kih-Seong Kuh:
»Fragen Sie nicht so viel – lernen Sie es auswendig!«
Vorgedicht
Selbstbildnis
Ein junger Mann
Eine schneebedeckte Landkarte
Der Abend, an dem ich zurückkam
Das Krankenhaus
Ein neuer Weg
Straßen ohne Reklameschilder
Ein Morgen am Anbeginn der Zeit
Noch ein Morgen am Anbeginn der Zeit
Bis der Tag anbricht
Schreckliche Stunden
Das Kreuz
Der Wind weht
Eine traurige Verwandte
Mit geschlossenen Augen gehen
Noch eine andere Heimat
Der Weg
Sterne zählen in der Nacht
Weiße Schatten
Schöne Erinnerungen
Fließende Straße
Ein Gedicht, das mir zuflog
Frühling
Bekenntnis
Die Leber
Trost
Acht Seligpreisungen
Schlaflose Nächte
Wie der Mond
Pfefferschotenfeld
Impressionistisches Bild meines jüngeren Bruders
Palast der Liebe
Das Wunder
Eine regnerische Nacht
Gebirgswasser
Vermächtnis
Das Fenster
Das Meer
Der Biro-Gipfel
Nachmittag im Gebirgstal
Gedanken
Platzregen
Das Thermometer
Landschaft
Mondnacht
Markt
Nacht
Die Abenddämmerung versinkt im Meer
Der Morgen
Wäsche
Zerstörter Traum
Bergwald
An einem solchen Tag
Auf dem Berg
Ein sonniger Ort
Hühner
Herz (1)
Herz (2)
Die Tauben
Abenddämmerung
Südlicher Himmel
Blauer Himmel
Auf der Straße
Leben und Tod
Eine Kerze
Echo
Sonnenblumengesicht
Eine Grille und ich
Ein Säugling beim Morgengrauen
Sonnenlicht, Wind
Leuchtende Glühwürmchen
Beide
Reingelegt
Schnee
Spatzen
Schnittmuster für Strümpfe
Der Brief
Frühling
Wovon leben sie?
Der Schornstein
Regen bei Sonnenschein
Der Besenstiel
Das Dachziegelpaar
Bettnässers Landkarte
Küken
Eine Muschelschale
Winter
Turgenews Hügel
Yun Dong-ju
Möge es bis zum Tag, an dem ich sterbe,
nicht die geringste Schande geben,
wenn ich zum Himmel aufblicke.
Sogar unter dem Wind in den Blättern habe ich gelitten.
Mit einem Herzen, das die Sterne besingt,
will ich alles lieben, was sterben wird,
und den mir gegebenen Weg gehen.
Auch heute Nacht streift der Wind die Sterne.
20. November 1941
Ich gehe um den Berg, suche alleine den abgelegenen Brunnen am
Rand des Reisfeldes auf und schaue schweigend hinein.
Im Brunnen scheint hell der Mond, die Wolken ziehen vorbei, der
Himmel breitet sich aus und es weht der blassblaue Wind –
es ist Herbst.
Und da ist ein Mann.
Ich wende mich ab, irgendwie hasse ich diesen Mann.
Als ich daran denke, wegzugehen, erregt dieser Mann mein Mitleid.
Ich kehre zurück und sehe nach, dieser Mann ist noch immer da.
Wiederum hasse ich diesen Mann und wende mich ab.
Als ich daran denke, wegzugehen, vermisse ich diesen Mann.
Im Brunnen scheint hell der Mond, die Wolken ziehen vorbei, der
Himmel breitet sich aus und es weht der blassblaue Wind –
es ist Herbst
und da ist ein Mann wie eine Erinnerung.
September 1939
Hier und dort fällt der traurige Herbst Ahornblättern gleich tropfend herab. Der Frühling steht überall da bereit, wo die Ahornblätter abgefallen sind, und über den Ästen der Bäume breitet sich der Himmel aus. Wenn man in den ruhigen Himmel hinaufschaut, färbt er die Augenbrauen blau. Wenn man dann mit beiden Händen über die warmen Wangen streicht, sind auch die Handflächen blau befleckt. Ich schaue mir wieder meine Handflächen an. In den Linien meiner Hand fließt ein klarer Fluss, es fließt ein klarer Fluss und im Fluss ein trauriges Gesicht wie Liebe – es ist das schöne Gesicht von Sun-i. Der junge Mann schließt verzückt die Augen. Noch immer fließt der klare Fluss, das traurige Gesicht wie Liebe – es ist das schöne Gesicht von Sun-i.
1939
Am Morgen der Abreise von Sun-i fallen aus meinem sprachlosen Herzen große Schneeflocken, wie Traurigkeit bedecken sie die Landkarte, die sich draußen vor dem Fenster weithin ausbreitet. Niemand ist da, als ich mich im Zimmer umsehe. Wände und Decke sind weiß gestrichen. Schneit es etwa bis ins Zimmer? Kann es wirklich sein, dass Du so schnell wie eine verlorene Geschichte gegangen bist? Auch wenn ich die Worte, die vor der Abreise hätten gesagt werden sollen, nun in einem Brief niederschreibe, weiß ich doch nicht, wohin Du gehst, in welche Straße, welches Dorf, unter welches Dach. Wirst Du nur tief in meinem Herzen verbleiben? Deine Fußstapfen werden sofort wieder vom Schnee zugedeckt, ich kann ihnen nicht folgen. Wenn der Schnee schmilzt, werden überall, wo Du Deine Fußstapfen hinterlassen hast, Blumen blühen. Wenn ich zwischen den Blumen nach den Fußstapfen suche, schneit es in meinem Herzen während der ganzen zwölf Monate im Jahr.
12. März 1941