Höhenflug & Tiefenrausch - Ria Karlotti - E-Book

Höhenflug & Tiefenrausch E-Book

Ria Karlotti

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Beschreibung

Sexbombe Julia versteht es, Männer zu manipulieren und für ihre Zwecke einzusetzen. Selbst der unnahbare Vorstandsvorsitzende Theo Kunnert ist ihren Reizen hilflos ausgeliefert. Unter den neidischen Blicken ihrer Konkurrentinnen steigt Julia innerhalb kürzester Zeit zur Chefsekretärin des Unternehmens auf. Das Blatt wendet sich, als der IT-Techniker Fabrizio in ihr Leben tritt und sie mit seinem unwiderstehlichen Charme in seinen Bann zieht. Erstmals erlebt Julia die Faszination der Unterwerfung. Mit einem Mal ist nicht mehr klar, wer an wessen Fäden zieht.

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Seitenzahl: 252

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Ria Karlotti

HöhenflugundTiefenrausch

Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
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Impressum

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2021 BY ELYSION BOOKS GMBH, LEIPZIG

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.dreamaddiction.de

LAYOUT &WERKSATZ: Hanspeter Ludwig

www.imaginary-world.de

ISBN (gedrucktes Buch) 978-3-96000-196-6

ISBN (ebook) 978-3-96000-197-3

1

»Hier wird Ihr Arbeitsplatz sein.« Die unscheinbare Endvierzigerin im mausgrauen Zweiteiler wies auf einen leeren Schreibtisch, der wie alle Arbeitsplätze in dem Großraumbüro durch Trennwände abgeschirmt war. In ihrer Koje würde sie zumindest ein gewisses Maß an Privatsphäre haben, stellte Julia befriedigt fest. Sie hatte schon Schlimmeres erlebt. Nachdem sie ihre Handtasche auf dem Bürostuhl abgestellt hatte, wandte sich erwartungsvoll an die ältere Kollegin.

»Werde ich jetzt dem Chef vorgestellt?«

Die Sekretariatsleiterin lächelte abschätzig. »Herr Kunnert interessiert sich nicht dafür, wer die Arbeit erledigt – Hauptsache, sie wird schnell und ordentlich ausgeführt! Ihre Ansprechperson hier bin ich, von mir erhalten Sie alle Anweisungen.«

Julia nickte unbehaglich. Der überhebliche Tonfall ihrer neuen Vorgesetzten stieß ihr sauer auf, und ein Chef, der kein Interesse an seinen Mitarbeitern zeigte, war auch nicht gerade das, was sie sich erhofft hatte.

Aber wer weiß, motivierte sie sich selbst, vielleicht entpuppt sich der Posten als das große Los. Geben wir der Sache eine Chance!

Höflich lächelnd nahm sie die Instruktionen der leitenden Sekretärin entgegen. Während Frau Marchert ihren zukünftigen Aufgabenbereich erläuterte, machte sich Julia auf einem Schreibblock Notizen, um alles in Erinnerung zu behalten.

Als mit einem Mal die Bürotür aufgerissen wurde, straffte sich die Haltung ihrer Vorgesetzten schlagartig. Das Stimmengewirr, das den Raum eben noch durchflutet hatte, verebbte, und eine unnatürlich wirkende Stille trat ein. Angesichts der plötzlich in der Luft liegenden Anspannung hob Julia überrascht den Kopf.

Im Türrahmen stand ein nicht unattraktiver Mann in einem eleganten anthrazitfarbenen Anzug mit dunkelrot gemusterter Seidenkrawatte. Er mochte Ende fünfzig sein und trug das einstmals dunkle, inzwischen aber weitgehend ergraute Haar zu einer sportlichen Kurzhaarfrisur geschnitten. Unter seinen zusammengezogenen Brauen blitzten die braunen Augen zornig. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, bis er an Frau Marchert hängenblieb. Sie erblasste.

»Wieso wurde das Protokoll der Vorstandssitzung nicht ausgeschickt?«, herrschte er die Sekretariatsleiterin an. »Ich habe es gestern Abend zum Versand freigegeben!«

»Bitte um Entschuldigung«, stammelte die Angesprochene und zog den Kopf ein wie ein gemaßregeltes Schulkind. »Ich wollte schnell die neue Sekretärin einschulen, damit sie gleich zu arbeiten beginnen kann. Aber wir sind fast fertig – ich werde das Protokoll sofort versenden!«

Ihre Antwort schien seinen Zorn ein wenig zu beschwichtigen. Seine Stirn glättete sich, und er warf Julia einen flüchtigen Blick zu.

»In Ordnung«, erklärte er kurz angebunden. »Aber in der nächsten halben Stunde geht die Mail hinaus.«

Während Frau Marchert noch eilfertig versicherte, dass dies selbstverständlich geschehen werde, verschwand er schon wieder in seinem Büro und zog die Tür energisch hinter sich ins Schloss.

Julia blickte ihre Vorgesetzte fragend an. Die schien es plötzlich sehr eilig zu haben, mit ihren Einweisungen zu einem Ende zu kommen. »Herr Kunnert wartet nicht gern«, erklärte sie entschuldigend. »Effizienz und Effektivität sind seine Maximen.«

Effizienz und Effektivität, soso. Julia ließ die Worte der Chefsekretärin auf sich wirken. Scheint eine dominante Persönlichkeit zu sein, dieser Herr Kunnert. Alle haben Angst vor ihm. Schlecht sieht er ja nicht aus – vielleicht lässt sich da etwas machen.

Aber solche Überlegungen mussten hintanstehen. Zunächst galt es, sich in ihre Aufgaben einzuarbeiten und im neuen Job zu bewähren.

Erst einmal effizient und effektiv werden. Dann sehen wir weiter!

Drei Wochen später war die Arbeit für Julia zur Routine geworden. Die junge Assistentin stellte nur ein kleines Rädchen im großen Getriebe des Vorstandssekretariats dar, und ihr Aufgabenbereich bedeutete keine intellektuelle Herausforderung für sie. Zu ihrem Bedauern bot er ihr auch kaum Gelegenheit, mit den Vorstandsmitgliedern in Kontakt zu kommen. Nur aus der Ferne sah sie Herrn Kunnert und die übrigen Damen und Herren der Geschäftsleitung an sich vorübereilen, ohne dass je einer von ihnen das Wort an sie richtete. Wenn sich etwas ändern sollte, musste sie von sich aus aktiv werden.

Entschlossen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, studierte Julia die Gewohnheiten des Vorstandsvorsitzenden. Dank seines strikten Zeitplans wiesen seine Arbeitstage schöne Regelmäßigkeit auf. Exakt um acht Uhr dreißig erschien er im Büro, jeden Tag frisch rasiert und vom Duft eines dezent-herben Aftershaves umweht. Selbst an den wenigen Tagen, an denen er weder externe Termine wahrnahm, noch Gäste zu Besprechungen empfing, trug er Anzug und Krawatte. Sofern er nicht auswärts zu Mittag aß, speiste er um genau zwölf Uhr fünfzehn in der Kantine, immer in der Gesellschaft von einem oder mehreren der übrigen Vorstandsmitglieder. Abends war er meistens noch anwesend, wenn Julias Dienstzeit um siebzehn Uhr endete. Wann er seinen Arbeitsplatz verließ, vermochte sie nicht zu beurteilen und hielt es vorerst für verzichtbar, Nachforschungen in diese Richtung anzustellen.

Dafür eruierte sie durch unauffälliges Befragen ihrer Kolleginnen die Umstände seines Privatlebens. Der Vorstandsvorsitzende war mit einer bekannten Modedesignerin verheiratet, über die Julia schon in der Zeitung gelesen hatte. Das Paar hatte zwei erwachsene Kinder und lebte in einer stattlichen Villa am Rande der Stadt. In seiner Freizeit, so erzählten sich die Sekretärinnen, besuchte Theo Kunnert den Golfplatz, spielte Tennis und trainierte im Fitnesscenter. Dies erklärte seine sportliche Figur.

»Wahrscheinlich muss er sich für seine Frau fit halten«, witzelte Kerstin vom Schreibtisch nebenan. »Sie ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, könnte aber sicher an jeder Hand zehn Männer haben. Hast du sie letzten Samstag in den Seitenblicken gesehen? Eine richtige Grande Dame.«

Julia nickte nachdenklich. Frau Kunnert war tatsächlich eine Ausnahmeerscheinung. Aber davon ließ sie sich nicht entmutigen, im Gegenteil! Herausforderungen erhöhten den Reiz der Jagd, und schwer zu erringende Siege erwiesen sich nach geschlagener Schlacht als besonderer Genuss. Mit der Grande Dame würde sie es schon aufnehmen!

Unbeirrt von ihrem eintönigen Arbeitsalltag entwarf Julia in den nächsten Wochen einen Schlachtplan. Sie hatte sich nichts Geringeres zum Ziel gesetzt, als den unnahbaren Vorstandsvorsitzenden zu verführen und gefügig zu machen – und wenn sie sich etwas vornahm, pflegte sie weder zu ruhen noch zu rasten, bis sie es erreicht hatte. In einem ersten Schritt galt es, Herrn Kunnerts Aufmerksamkeit auf sich zu lenken – angesichts der totalen Gleichgültigkeit, die er für sein Umfeld an den Tag legte, eine durchaus herausfordernde Aufgabe. Doch Julia vertraute auf ihre Fähigkeiten. Sie hatte schon so manche harte Nuss geknackt!

Tatsächlich gelang es ihr wenig später, ihrem Zielobjekt zumindest räumlich näher zu kommen. Dank ihres exakten Timings stieg sie eines Morgens gleichzeitig mit dem Vorstandsvorsitzenden in den Fahrstuhl ein. Das Gedränge von Mitarbeitern, die um diese Uhrzeit in Scharen zu ihren Arbeitsplätzen strebten, ermöglichte es ihr, sich dicht an ihn heranzuschieben und auf Tuchfühlung zu gehen. Ihr schweres Parfum musste ihm unweigerlich in die Nase steigen, und wie aus Versehen berührte sie mit der Hand seinen Arm. So nah rückte sie an ihn heran, dass sie seine Körperwärme spürte – trotzdem ließ er sich mit keiner Regung anmerken, ob er sie wahrnahm. Auf der fünften Etage verließ er die Fahrstuhlkabine, ohne sich auch nur ein einziges Mal nach ihr umgesehen zu haben.

Frustriert stapfte Julia in ihr Büro. Ihr erster Anlauf war eindeutig als Misserfolg zu verbuchen. Bisher hatte Theo Kunnert nicht einmal ihre Existenz zur Kenntnis genommen.

»Hat der Chef eigentlich hin und wieder Affären?«, fragte sie Kerstin scheinbar leichthin in einer Kaffeepause.

Die Angesprochene lachte hell auf. »Vergiss es, bei dem brauchst du es gar nicht zu versuchen! Daran sind schon andere vor dir gescheitert.« Mit einem belustigten Blick auf Julias knapp sitzendes Oberteil und den engen Minirock fügte sie spöttisch hinzu: »Da hilft dir nicht einmal dein sexy Outfit. Den Kunnert knackst du nicht!«

Verärgert presste Julia die Lippen zusammen. Nicht nur, dass die Kollegin sie durchschaut hatte – auch deren Einschätzung der Lage wirkte wenig ermutigend. Aber es war nicht Julias Art, sich abschrecken zu lassen.

Ich habe noch jeden Mann bekommen, den ich wollte – Theo Kunnert wird keine Ausnahme sein!

Am nächsten Tag blieb sie über ihre Dienstzeit hinaus im Büro. Frau Marchert, die als letzte der Sekretärinnen ihren Arbeitsplatz verließ, kam zu ihrem Tisch und sprach sie überrascht an. »Was machen Sie denn noch hier, Frau Trauner? Sind Sie nicht mit Ihrer Arbeit fertig geworden?«

Julia hatte sich vorsorglich eine Ausrede zurechtgelegt. »Doch, aber ich möchte mir noch einige Tabellen als Arbeitshilfe erstellen, damit ich den Überblick über die verschiedenen Sitzungstermine und Fristen bewahre.«

Ihre Vorgesetzte wirkte wenig angetan. »Ihnen ist klar, dass Überstunden nicht bezahlt werden? Sie erledigen das freiwillig und in Ihrer Freizeit.«

»Selbstverständlich!« Julia nickte unterwürfig und wünschte sich, die andere möge das Feld räumen.

Endlich war es so weit. Die Stille und das ungewohnte Halbdunkel verliehen dem Großraumbüro etwas Gespenstisches. Julia ließ die morbide Atmosphäre der sonst so vertrauten Umgebung einige Minuten auf sich wirken. Wohlig prickelnd machte sich Abenteuerlust in ihr breit. Schließlich erhob sie sich mit klopfendem Herzen und näherte sich Herrn Kunnerts Büro. Durch den Türspalt drang schwacher Lichtschein.

Bevor sie klopfte, zögerte sie. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie nie zuvor das Allerheiligste betreten hatte. Unaufgefordert beim Vorstandsvorsitzenden hereinzuschneien, kam einem Sakrileg nahe.

Sei nicht dumm!, schalt sie sich. Du klopfst jetzt an diese Tür und gehst hinein!

Auf sein genervt klingendes »Herein!« hin drückte sie die Klinke. Herr Kunnert saß am Schreibtisch und hieb auf die Tastatur seines Computers ein. Offenbar hatte er mit Frau Marchert gerechnet, denn bei Julias Anblick erschien ein überraschter Ausdruck auf seinem Gesicht.

»Ja bitte?«, fragte er – distanziert, aber nicht unfreundlich. »Was führt Sie zu mir?«

Er erkennt mich nicht!, wurde Julia bewusst. Obwohl ich seit Wochen vor seiner Zimmertür sitze!

»Ich …«, stotterte sie, »… ich arbeite in Ihrem Sekretariat. Ich wollte nur fragen, ob ich etwas für Sie tun kann – möchten Sie vielleicht einen Kaffee?«

Sie las an seiner Miene ab, dass er schon im Begriff war, abzuwinken und seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zuzuwenden, aber beim Wort »Kaffee« wurde er hellhörig.

»Ja bitte, Kaffee wäre eine gute Idee!« Er schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln.

»Sie trinken ihn schwarz mit Zucker?« Julia hatte sich gründlich auf ihren Einsatz vorbereitet.

Herr Kunnert nickte anerkennend. »Sie kennen sich ja bestens aus!«

Befriedigt nahm die junge Frau wahr, wie sein Blick rasch über ihren Körper wanderte. Sie hatte keinen Zweifel, dass ihm gefiel, was er sah: ihre vollen Brüste, deren Ansätze der weite Ausschnitt der rot geblümten Bluse großzügig freigab, die schlanke Taille, die ein eng sitzender Rock betonte und die langen Beine, die durch rote Pumps mit Stiletto-Absätzen perfekt in Szene gesetzt wurden. Kokett schüttelte sie ihre dunkelblonde Mähne.

»Natürlich! Es ist ja meine Aufgabe, Sie zufrieden zu stellen.«

Er nickte und bedankte sich, offenbar ein wenig verwirrt. Mit einem Hüftschwung machte Julia kehrt und stöckelte aus seinem Büro, um den Kaffee zuzubereiten. Dabei genoss sie die Gewissheit, dass sein Blick auf ihrem knackigen Po ruhte.

Ein erster Punktesieg!, gratulierte sie sich. Jetzt hat er definitiv registriert, dass es mich gibt!

Als sie wenige Minuten später zurückkehrte, in der Hand ein Tablett mit einer Tasse Espresso und einer kleinen Schale Plätzchen, war der Zauber allerdings schon wieder verflogen. Herr Kunnert starrte mit gerunzelter Stirn auf den Bildschirm und schien seine unmittelbare Umgebung auszublenden. Mit einer flüchtigen Handbewegung signalisierte er Julia, das Tablett auf seinem Schreibtisch abzustellen und sich zu entfernen.

»Danke schön. Sie können gehen«, murmelte er, ohne den Blick zu heben.

Nicht mit mir!

So einfach ließ sie sich nicht verscheuchen. Statt seinen Tisch zu umrunden und ihm die Tasse von der Seite zu reichen, wie es sich gehörte, blieb sie vor ihm stehen und beugte sich weit über die Tischplatte, wobei sie ihm gemeinsam mit Kaffee und Plätzchen ihr prall gefülltes Dekolletee geradezu auf dem Serviertablett anbot.

Die wohlkalkulierte Pose verfehlte ihre Wirkung nicht. Zu einer flüchtigen Dankesgeste ansetzend, hob Herr Kunnert den Kopf. Als sein Blick ihren Ausschnitt streifte, blieb er daran hängen, saugte sich an ihrem Busenansatz fest und verharrte an dieser gesellschaftlich äußerst unangebrachten Stelle. Julia triumphierte innerlich.

Jetzt wäre es ein Leichtes, ihn zu überrumpeln! Ein paar Handgriffe, und ich hätte ihn in der Tasche!

Aber sie rief sich zur Ordnung. Es waren langfristige Ziele, nicht schnelle Triumphe, die sie anstrebte. Sie würde diesen Weg wohlüberlegt Schritt für Schritt gehen und mit ein wenig Geduld und Durchhaltevermögen alles erreichen, was sie sich vorgenommen hatte.

Also schenkte sie ihrem Vorgesetzten nur ein aufreizendes Lächeln, machte auf dem Absatz kehrt und verließ hüftschwingend sein Büro.

Keine Sorge, Theo – ich komme wieder!

Zu ihrem Bedauern konnte sie das Experiment nicht gleich am nächsten Tag wiederholen. Solange sie unter Frau Marcherts Regiment stand, musste Julia unauffällig agieren und durfte keinen Verdacht erwecken. Daher blieb sie nur einmal in der Woche, jeweils an unterschiedlichen Tagen, länger in der Firma. Zumindest gab ihr das Gelegenheit, sich besser mit dem Tagesablauf des Vorstandsvorsitzenden vertraut zu machen und seine Routine bis ins kleinste Detail zu studieren.

Zunächst galt es, ihm zu einer angenehmen Gewohnheit zu werden. Während er bei Julias zweitem abendlichem Auftritt in seinem Büro noch einige Sekunden brauchte, um sie wiederzuerkennen, begrüßte er sie beim dritten Mal schon mit einem erfreuten Lächeln. Gerne nahm er an, was sie ihm offerierte – vom Espresso bis zu tiefen Einblicken in ihre Bluse.

Als sie ihn in der folgenden Woche aufsuchte, erlaubte sich Julia, den bis dahin höchstens dreißigsekündigen Kontakt ein wenig in die Länge zu ziehen. Nachdem sie seine Kaffeetasse und einen kleinen Teller mit einzeln abgepackten Täfelchen einer edlen Bitterschokolade vor ihm abgestellt hatte, verharrte sie in ihrer vornübergebeugten Position. Mit schüchterner Stimme sprach sie ihn an.

»Dürfte ich Sie etwas fragen, Herr Vorstandsvorsitzender?«

Ihrem Gegenüber bereitete es sichtlich Mühe, sich vom Anblick ihres Dekolletees loszureißen und auf ihr Gesicht zu konzentrieren.

»Natürlich – nur zu!«

Julia schlug schamhaft die Augen nieder.

»Stört es Sie, wenn ich abends bei Ihnen hereinschaue? Ich habe das Bedürfnis, Ihnen etwas Gutes zu tun – für eine kleine Stärkung zu sorgen – aber ich will Ihnen nicht lästig fallen.«

Er lachte, lehnte sich entspannt in seinem Bürostuhl zurück und ließ seinen Blick über ihren Körper wandern.

»Mir lästig fallen? Wie kommen Sie denn darauf, Frau … Frau …«

»Julia. Sagen Sie Julia zu mir.« Befriedigt fühlte sie ihre Wangen erröten. Sie liebte es, in ihrer Rolle aufzugehen! – »Aber nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht!«, fügte sie eine Sekunde später hinzu, die Augen wie vor Schreck geweitet.

Er grinste. »Es macht mir nichts aus – Julia.«

»Danke!« Sie seufzte erleichtert, schenkte ihm ein anmutiges Lächeln und richtete sich wieder auf, um ihm einen angenehmen Abend zu wünschen, und aus seinem Büro zu tänzeln – ein selbstzufriedenes Grinsen auf den Lippen.

Da das Eis nun gebrochen war, ließ sich Julia etwas länger Zeit, bevor sie ihren Vorgesetzten neuerlich aufsuchte. Sie hoffte, dass sie es sich in diesem Stadium bereits leisten konnte, ihn zappeln zu lassen. Zwar bestand ein gewisses Risiko, damit ihren bisherigen Erfolg zunichtezumachen und wieder bei ihm in Vergessenheit zu geraten, aber Julia vertraute auf ihr Gespür, auf das in solchen Situationen Verlass war. Und ihre Intuition sagte ihr, dass sie ihrem Ziel schneller nahekäme, wenn Theo Kunnert eine Weile auf das nächste Zusammentreffen warten müsste.

Ihr Instinkt behielt Recht.

»Julia!«, rief er erfreut aus, als sie eines mittwochabends sein Büro betrat. »Ich habe Sie schon vermisst! Ich habe mich sogar bei Frau Marchert nach Ihnen erkundigt.«

»Tatsächlich?« Julia riss die Augen auf. Ihre Überraschung war nicht gespielt. Mit einem so durchschlagenden Erfolg ihrer Taktik hatte sie nicht gerechnet!

»Das ehrt mich«, gab sie sich bescheiden. »Ich bin nicht absichtlich weggeblieben. Aber Frau Marchert achtet streng darauf, dass wir keine Überstunden leisten, deshalb gehe ich normalerweise pünktlich um siebzehn Uhr nach Hause. – Eigentlich bin ich ja ein Abendmensch«, ließ sie, einer plötzlichen Eingebung folgend, einen Versuchsballon steigen. »Mir wäre es durchaus recht, morgens später zu kommen und dafür bis achtzehn Uhr oder länger hierzubleiben. Aber das passt ja nicht mit den allgemeinen Dienstzeiten im Sekretariat zusammen.«

Theo Kunnert runzelte die Brauen und betrachtete sie nachdenklich.

»Nun«, meinte er bedächtig, »für mich wäre es durchaus von Vorteil, am Abend eine Sekretariatskraft anwesend zu haben. Dann bliebe nicht alles, was ich nach siebzehn Uhr fertigstelle, bis zum nächsten Morgen liegen. – Sie wären tatsächlich bereit, Ihre regelmäßige Arbeitszeit um eine oder zwei Stunden nach hinten zu verschieben?«

»Auf jeden Fall!« Julia nickte eifrig. Sie musste sich einbremsen, um sich ihre Begeisterung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Das lief besser, als sie zu hoffen gewagt hatte!

»Hervorragend, dann ist das abgemacht. Ich werde eine Änderung Ihres Arbeitsvertrags veranlassen. Frau Marchert soll sich um die Formalitäten kümmern. Wenn wir den Vertrag diese Woche unterschreiben, können Sie gleich am Montag mit der neuen Arbeitszeit starten.«

Julia strahlte ihn an. »Das wäre wundervoll!«

Er erwiderte ihr Lächeln. »In Zukunft werde ich also nicht mehr auf Sie verzichten müssen.«

»Oh nein!« Sie schüttelte den Kopf, dass ihre Locken flogen. »Ich werde Sie nach Strich und Faden verwöhnen!«

Bei der Chefsekretärin stieß die neue Regelung auf wenig Gegenliebe. Mit irritiertem Gesichtsausdruck wandte sie sich am nächsten Morgen an die junge Kollegin. »Herr Kunnert weist mich an, eine Änderung Ihres Arbeitsvertrags vorzubereiten. Sie arbeiten in Zukunft von zehn bis achtzehn Uhr dreißig – wie soll ich das verstehen?«

Julia hatte gute Lust, ihr ins Gesicht zu lachen. Aber sie verbiss sich die Genugtuung und antwortete mit Unschuldsmiene: »Der Herr Vorstandsvorsitzende braucht eine Sekretariatskraft im Büro, wenn er am Abend länger arbeitet. Und für mich passt es bestens, ich bin ein Abendmensch.«

Diese Antwort steigerte den Argwohn ihrer Vorgesetzten, statt ihn zu beschwichtigen.

»Und da wendet er sich ausgerechnet an die unerfahrenste Mitarbeiterin? Sie kennen sich mit den meisten Abläufen hier nicht aus. Andere wären dafür wesentlich besser geeignet.«

Julia schluckte die Beleidigung hinunter und beschränkte sich darauf, mit gespieltem Gleichmut die Schultern zu zucken. »Es hat sich eben so ergeben.«

Innerlich tobte sie.

Na warte nur, du alte Jungfer! Du wirst mich kennenlernen!

2

Wie der Vorstandsvorsitzende versprochen hatte, fand sie einen Tag später eine Änderung zu ihrem Arbeitsvertrag auf ihrem Schreibtisch vor. Nachdem sie das Dokument überflogen hatte, unterzeichnete sie es schwungvoll. Breit lächelnd überreichte sie es ihrer Vorgesetzten, die es mit eisiger Miene entgegennahm.

»Ihre neue Zeiteinteilung gilt dann ab Montag«, war alles, was Frau Marchert herausbrachte.

Die Nachricht sprach sich wie ein Lauffeuer in der Abteilung herum. Beim Mittagessen befragte Kerstin Julia mit unverhohlener Neugier.

»Stimmt es, dass deine Arbeitszeit nach hinten verlegt wird? Warum, was steckt dahinter? So etwas gab es bei uns nie, bisher hatten immer alle um siebzehn Uhr Dienstschluss, das war eine eherne Regel. Überstunden müssen der absolute Ausnahmefall bleiben – ich weiß nicht, wie oft ich diesen Spruch gehört habe, seit ich hier arbeite!«

»Ich leiste ja keine Überstunden«, beschwichtigte Julia. »Zum Ausgleich für das spätere Dienstende komme ich später ins Büro, unter dem Strich arbeite ich also genauso viele Stunden wie bisher. – Mach dir keine Gedanken, da steckt überhaupt nichts dahinter außer praktischen Erwägungen.«

»Fragt sich nur, wessen praktische Erwägungen das sind«, bemerkte Kerstin mit einem demonstrativen Blick auf Julias wagemutig geschlitzten Rock spitz.

Julia schenkte ihr ein überzeugend argloses Lächeln.

Du kleines Luder – bist ja nur neidisch, weil mir gelingt, woran ihr alle gescheitert seid. Und ich bin noch lange nicht fertig. Im Gegenteil, ich habe gerade erst begonnen!

Für diesen Abend hatte sie sich etwas Besonderes überlegt. Als sie das Büro des Vorstandsvorsitzenden zu ihrer täglichen Visite betrat, balancierte sie auf einem Tablett neben der Kaffeetasse einen kleinen Schokoladenkuchen. Herr Kunnert sah ihr erwartungsvoll entgegen. Sein Blick fiel auf das Servierbrett.

»Was haben Sie denn da für mich? Das duftet ja köstlich!«

»Selbst gebacken – zur Feier unserer neuen Form der Zusammenarbeit.« Mit schamhaft niedergeschlagenen Augen stellte Julia das Tablett vor ihm auf den Tisch.

Einige Sekunden lang wanderte sein Blick zwischen dem Leckerbissen vor ihm und den weiblichen Reizen seiner Mitarbeiterin hin und her. Dann gab er sich einen Ruck.

»Vielen Dank, Julia, das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Genießen wir die Leckerei doch gemeinsam! Für mich allein ist die Portion zu groß – schließlich will ich nicht aus der Form geraten.« Er lachte verlegen, und Julia stellte befriedigt fest, dass ein zartrosa Hauch seine Wangen überzog.

Er möchte mir gefallen – ausgezeichnet!

Diese Erkenntnis verlieh ihr Mut. Ungeniert ließ sie ihren Blick über seinen Körper schweifen, um ihm dann kokett zu versichern: »Keine Sorge – Sie scheinen in bester Form zu sein. Daran wird ein Stück Kuchen nichts ändern.«

Das Rosa seiner Wangen vertiefte sich schlagartig um etliche Nuancen, und in seine Augen trat ein Glanz, der Julia nur zu vertraut war. Der Moment, in dem die zentrale Steuerung eines Mannes vom Kopf in tiefer gelegene Regionen wanderte, ging nie unbemerkt an ihr vorüber. Wie beiläufig fasste sie an den herzförmigen Anhänger, der an einer Halskette baumelnd ihr großzügig geschnittenes Dekolletee betonte. Spielerisch ließ sie das Schmuckstück durch die Finger gleiten, drehte und wendete es und berührte dabei immer wieder ihren üppigen Brustansatz.

Dies übte hypnotische Wirkung auf ihren Vorgesetzten aus. Mit gebanntem Blick verfolgte er die Bewegungen ihrer Hand und leckte sich unwillkürlich die Lippen. Seine Geste nachahmend, ließ Julia ihre Zungenspitze für einen Moment über ihre Lippen gleiten. Genüsslich nahm sie wahr, dass Theo Kunnert daraufhin wie elektrisiert auf ihren Mund starrte. Die Atmosphäre im Raum verdichtete sich, die Luft zwischen ihnen schien zu flirren. Der Vorstandsvorsitzende öffnete leicht den Mund, und in seinen Augen las Julia den Drang, sich über den Tisch zu beugen und sie zu küssen. Schon neigte sie sich ihm unmerklich entgegen, als ein Ruck durch seinen Körper ging und er sich schlagartig straffte.

Wie aus einer Trance erwachend, räusperte er sich und riss den Blick von ihrem Gesicht los.

»Wo waren wir stehengeblieben?«, stammelte er. Seine Stimme klang heiser. »Ach ja, nehmen Sie sich doch bitte ein Stück Kuchen.«

Julia ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. »Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen«, entgegnete sie höflich. »Soll ich ihn mit auf meinen Platz nehmen, oder …?« Die Frage verhallte unvollendet im Raum.

»Nein, nein«, beeilte sich ihr Vorgesetzter zu versichern. »Holen Sie sich eine Tasse Kaffee und leisten Sie mir Gesellschaft. Eine kleine Arbeitspause haben Sie sich verdient.«

Julia nickte lächelnd und stöckelte davon, um seiner Aufforderung nachzukommen.

Als sie mit ihrer Kaffeetasse und einem Teller zurück in sein Büro kam, hatte Herr Kunnert den Kuchen und sich selbst von seinem Arbeitsplatz zum Besprechungstisch transferiert. In entspannter Haltung saß er auf einem Stuhl und lächelte ihr entgegen. Er schien sich wieder unter Kontrolle zu haben, dennoch war der Glanz nicht völlig aus seinen Augen gewichen.

Anstatt sich, wie es der Anstand geboten hätte, ihm gegenüber zu setzen, nahm Julia an der Schmalseite des Tisches Platz, wodurch sich ihre Knie beinahe berührten.

Herr Kunnert zog ihren Teller zu sich, hievte ein großzügig bemessenes Stück Kuchen darauf und legte ein etwas kleineres auf seinen eigenen. »Vielen Dank, dass Sie mich so verwöhnen«, sagte er und versenkte seine Gabel in dem flaumigen Gebäck.

Mit einem Augenaufschlag flötete Julia: »Nichts zu danken. Es ist mir ein Vergnügen.«

Nachdem der Vorstandsvorsitzende den ersten Bissen gekostet hatte, verdrehte er verzückt die Augen. »Der schmeckt ja noch wunderbarer, als er aussieht! Mein Kompliment! Haben Sie mir noch weitere Talente verschwiegen?«

Julia schmunzelte. »Das eine oder andere. Aber ich stelle gern alle meine Talente in Ihre Dienste.« Dabei sah sie ihren Vorgesetzten von unten herauf vielsagend an, was ihn neuerlich erröten ließ.

Während er sich den nächsten Bissen Kuchen in den Mund schob, tastete Julia mit dem Fuß unter dem Tisch vorsichtig nach seinem Bein. Jetzt galt es, mit Gefühl vorzugehen – nicht zu stürmisch, aber auch nicht so zurückhaltend, dass der Fisch wieder von der Angel glitt. Sachte, ohne ihn direkt zu berühren, streifte sie mit ihrer Schuhspitze den Saum seiner Hose. Wie erhofft reichte der Hauch einer Annäherung aus, um beim Objekt ihrer Begierde Wirkung zu erzielen. Julia nahm deutlich wahr, wie der Reiz, vom Knöchel ausgehend, durch seinen Körper flutete. Mit einem tiefen Blick zwang sie ihren Vorgesetzten, ihr ins Gesicht zu sehen. Dann schob sie sich die Kuchengabel in den Mund, schloss für einen Moment die Augen und seufzte leise. Betont langsam und genüsslich zog sie die Gabel zwischen den Lippen hervor und warf ihm einen aufreizenden Blick zu. Befriedigt stellte sie fest, dass er sie mit glänzenden Augen fixierte.

»Sündhaft gut, nicht wahr?«, hauchte sie.

Theo Kunnert schluckte und nickte. »Unwiderstehlich«, murmelte er und hob die Hand, als wollte er sie auf ihren Arm legen.

Mit klopfendem Herzen wartete Julia darauf, dass er sie berührte.

Gleich ist es so weit. Und dann …

Aber zu ihrer Enttäuschung hielt er in der Bewegung inne. Verlegen zog er die Hand zurück, wandte sich wieder seinem Kuchen zu und stopfte sich ein so großes Stück in den Mund, dass Julia den Eindruck gewann, er wolle das Tete-a-Tete möglichst schnell beenden.

Verdammt!, fluchte sie innerlich. Dieser Kunnert ist ein härterer Knochen, als ich angenommen hatte. Ist also doch etwas dran an der Geschichte von der uneinnehmbaren Bastion.

Frustriert sah sie zu, wie der Vorstandsvorsitzende den Rest seines Kuchenstücks in beeindruckendem Tempo vertilgte. Ihr selbst war der Appetit vergangen. Sie schob ihren Teller zur Seite und stand auf.

»Entschuldigen Sie, Herr Kunnert. Stört es Sie, wenn ich an meinen Arbeitsplatz zurückkehre? Ich habe noch viel zu erledigen bis Dienstschluss. Den Kuchen würde ich mir gern für später aufheben, falls es Ihnen recht ist.«

In seinem Blick mischte sich Enttäuschung mit Erleichterung.

»Natürlich, es liegt mir fern, Sie von der Arbeit abzuhalten.« Er lachte verlegen. »Packen Sie sich den Kuchen ein. Er schmeckt ausgezeichnet, wirklich!«

Resignierend nahm Julia ihren Teller und die halbvolle Kaffeetasse.

»Bis morgen, Herr Kunnert«, murmelte sie und verließ gedämpfter Stimmung sein Büro.

In dieser Nacht konnte sie lange nicht einschlafen. Obwohl sie sich einzureden versuchte, dass es am Wind läge, der an den Bäumen vor ihrem Fenster rüttelte, war ihr die eigentliche Ursache ihrer Schlaflosigkeit durchaus bewusst. Verwöhnt von ihrer Erfolgsquote bei Männern und ihren zunächst raschen Fortschritten bei Theo Kunnert hatte sie sich in dem Glauben gewiegt, schnell bei ihm landen zu können. Dass es um die Disziplin des Vorstandsvorsitzenden doch besser bestellt war als erwartet, empfand sie geradezu als persönliche Beleidigung.

Grübelnd wälzte sie sich im Bett. Woran mochte es liegen, dass Theo Kunnert ihr widerstand, wo er sich doch offensichtlich zu ihr hingezogen fühlte? Gehörte er etwa zu der seltenen Spezies Mann, die sich der ehelichen Treue verschrieben hatte? Oder verboten ihm seine Prinzipien, eine Affäre mit einer Mitarbeiterin einzugehen? Hatte er Sorge, sich dadurch zu kompromittieren? Bei diesem Gedanken schnaubte Julia leise.

Diese Befürchtung ist durchaus berechtigt – du wirst schon sehen.

Was auch immer der Grund für seine Zurückhaltung war, sie verletzte Julias weiblichen Stolz. Seit ihrer Teenagerzeit rühmte sie sich dafür, jeden Mann verführen zu können, den sie – egal aus welchem Motiv – begehrte. Grimmig schwor sie sich, sich von dem kleinen Rückschlag nicht entmutigen zu lassen. Sie würde Theo Kunnert schon dorthin bekommen, wo sie ihn haben wollte!

Ihre Gedanken wanderten zurück zum vergangenen Abend. Vor ihrem inneren Auge sah sie seine geröteten Wangen, und den glänzenden Blick, mit dem der Vorstandsvorsitzende sie gemustert hatte. Sie erinnerte sich daran, wie er unmerklich zusammenzuckte, als ihre Schuhspitze sein Hosenbein berührte. Allmählich kehrte ihre Selbstsicherheit zurück. Theo Kunnert war empfänglich für ihre Reize, so viel stand fest.

Ob er jetzt an mich denkt?

Diese Vorstellung behagte ihr. Genüsslich malte sie sich aus, wie er im Bett neben seiner Frau lag und in Tagträumen von ihr, Julia, schwelgte. Wahrscheinlich grübelte er darüber nach, wie der heutige Abend verlaufen wäre, hätte er seinem Impuls gefolgt und sie geküsst. Bestimmt träumte er davon, ihre weichen Lippen unter seinen zu spüren, mit der Zunge die Stelle zu ertasten, an der ihr Herzanhänger zwischen den Busenansätzen verschwand, ihre Brüste, die seinen Blick so magisch anzogen, zu berühren.

Ein wohliges Gefühl breitete sich in Julia aus. Ihre Hände fanden den Weg unter das Nachthemd, wanderten streichelnd und liebkosend über ihren Oberkörper, den Bauch, die Schenkel. Die Erinnerung an Theos gierigen Gesichtsausdruck, als seine Augen die Konturen ihres Körpers nachfuhren, sich an ihrem Mund festsaugten, an den Knöpfen ihrer Bluse rissen, ließ ihren Atem schwerer gehen. Unter ihrer Berührung richteten sich die Brustwarzen auf. Sie stimulierte sie mit kreisenden Bewegungen und stellte sich dabei die Erektion vor, die Theos Hose ausbeulte, während er sie mit Blicken verschlang. In Julias Unterleib setzte ein verheißungsvolles Ziehen ein. Bestimmt fasste sich auch Theo Kunnert in diesem Moment an den harten Penis und rieb ihn, ihr Bild vor Augen.

Immer tiefer in ihre Fantasie eintauchend, versenkte Julia die Hand zwischen ihren Schenkeln. Sie ertastete glitschige Feuchte, massierte die geschwollenen Schamlippen, reizte mit der Fingerkuppe ihre Klitoris. In Gedanken betrat sie Theos Schlafzimmer, trat auf das Bett zu, auf dem er sie nackt und erregt erwartete, setzte sich ohne Rücksicht auf die an seiner Seite schlummernde Ehefrau auf ihn und begann, ihn zu reiten.

Die Vorstellung, es neben seiner Frau mit ihm zu treiben, steigerte ihre Erregung. Leise stöhnend tastete sie in ihrem Nachtkästchen nach dem Vibrator. Wie von selbst glitt der Massagestab in sie hinein und versetzte ihr Inneres in wohltuende Schwingungen. Als der Klitoris-Sauger mit einem schlürfenden Geräusch ihre empfindlichste Stelle zu stimulieren begann, schnappte Julia nach Luft. Atemlos erhöhte sie die Vibrationsstärke und bewegte das Spielzeug kreisend zwischen ihren Schenkeln. Intensive Reize fluteten ihre Nervenenden und sandten Wellen von Erregung durch ihren Körper. Ihre Beine zuckten unkontrolliert, während der Vibrator pulsierend und saugend ihr Lustzentrum bearbeitete.

In ihrer Fantasie ritt sie den Mann unter sich immer härter; seine Hände krallten sich in ihre Brust, und sie rammte seinen Penis wieder und wieder in ihren Körper. Plötzlich schlug die Frau auf der anderen Seite des Ehebettes die Augen auf. Was sie sah, schien sie jedoch nicht zu erschrecken, sondern anzuturnen. Begierig, mit leicht geöffneten Lippen, beobachtete sie die Sexorgie, die sich unmittelbar neben ihr zutrug.

Diese Vorstellung gab Julia den Rest. Laut stöhnend bäumte sie sich auf, als der Orgasmus über ihr zusammenschlug. Wie eine Naturgewalt brandeten Krämpfe durch ihren Körper, versetzten ihre Gliedmaßen in Zuckungen, ließen sie wie unter Schmerzen wimmern.